Überexpression der Lipase aus Pseudomonas aeruginosa und physiologische Charakterisierung der Foldasefunktion Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Naturwissenschaften der Fakultät für Biologie der Ruhr-Universität Bochum angefertigt am Lehrstuhl für Biologie der Mikroorganismen vorgelegt von Diplom-Biologe Frank Rosenau aus Sprockhövel Tag der mündlichen Prüfung: 14.1.2001 Bochum 2001 Meiner Mutter Herrn Priv. Doz. Dr. Karl-Erich Jäger gebührt mehr als der an dieser Stelle übliche Dank. Ich danke ihm für seine freundschaftliche Kollegialität, die permanente Unterstützung und die lehrreichen Jahre. Es war eine grosse Erfahrung, einen Wissenschaftler kennenzulernen, für den der Begriff „Doktorvater“ mehr als nur ein Wort ist. Herrn Prof. Dr. Matthias Rögner danke ich für die Übernahme des Korreferats und danke ihm für manche Diskussion. Mein besonderer Dank gilt Frau Dr. Susanne Wilhelm für ihre Tatkraft und die Hilfe, die daraus erwächst. Die Gespräche mit ihr und die Diskussionen waren oft richtungsweisend und aufmunternd für mich. Danke für die beste Unterstützung in allem, die man sich wünschen kann. Bei den Mitarbeitern der „Pseudomonas“-Gruppe möchte ich mich für das gute Arbeitsklima und die Hilfsbereitschaft bedanken. Dies ganz besonders bei Frau Annette Zacharias für so manche Hilfe. Ich danke Herrn Prof. Dr. Dieter Haas, Frau Dr. Cornelia Reimmann und Herrn Dr. Bernard Berger von der Universität Lausanne für die freundliche Aufnahme in der Schweiz im Jahre 1998 und die gute Zusammenarbeit in dieser Zeit. Den Herren Prof. Dr. Jan Tommassen, Priv. Doz. Dr. Wilbert Bitter und Herrn Mohammed El Khattabi danke ich für die drei schönen Monate in Utrecht im Frühjahr 1999, die tiefen Einblicke in die Welt der Sekretion, die Zusammenarbeit bei den Foldasen und die anregenden Diskussionen Frau Prof. Dr. Marina Lotti und Frau Dr. Claudia Alquati danke ich für die freundliche Aufnahme in Mailand und die Zusammenarbeit in dem Pseudomonas fragi Projekt. Dank gebührt „meinen“ Diplomanden für ihr Vertrauen in meine Ideen. Sie waren für mich der Anlass, über den wissenschaftlichen „Tellerrand“ des eigenen Projektes zu sehen. Danke also an die heutigen und künftigen DiplombiologInnen mit denen ich arbeiten durfte: Sandra Rösmann, Melanie Schäfer, Anja, Seuter, Martina Eller, Minou Sharihari, Mathias Ryszka, Gisela Friedrich, Anke Beselin, Silke Heckmann, Denis Tielker, Annette Smolski und Daniela Janosch. Allen Mitarbeitern von Herrn Prof. Dr. W. Klipp, Herrn Prof. Dr. W. Hengstenberg und Herrn Prof. Dr. W. Rüger gilt mein Dank für das gute Arbeitsklima und die interessanten Diskussionen. Abschliessend, aber besonders herzlich, sei meinen Lieben gedankt für die Hilfe und Unterstützung während der ganzen Zeit. Besonders mein Vater hat vieles für mich erst möglich gemacht. Danke. Veröffentlichungen Jaeger, K.-E., Schneidinger, B., Rosenau, F., Werner, M., Lang, D., Dijkstra, B.W., Zonta, A. & Reetz, M.T. (1997) Bacterial lipases for biotechnological applications. J. Mol. Catalys. B: Enzymatic 3:3-12 Rosenau, F., Liebeton, K. & Jäger, K.-E. (1998) Überexpression extrazellulärer Enzyme in Pseudomonas aeruginosa. Biospektrum 4:38-41 Rosenau, F. & Jäger, K.-E. (2000) Bacterial lipases from Pseudomonas: Regulation of gene expression and mechanisms of secretion. Biochimie 82:1023-1032 Wilhelm, S., Rosenau, F. & Jaeger, K.-E. (2001) Proteinsecretion in Gram-negative bacteria and Pseudomonas aeruginosa. FEMS Microbio. Lett. eingereicht zur Veröffentlichung Rosenau, F., Heckmann, S., Stratmann, M., Wingender, J., Flemming, H.C., Schmidt, R. & Jäger, K.-E. (2001) The extracellular lipase LipC affects cell motility, cell surface hydrophobicity and biofilm architecture of Pseudomonas aeruginosa. Proc. Natl. Acad. Sci. USA, eingereicht zur Veröffentlichung Posterpräsentationen Rosenau, F., Eller, M. & Jäger, K.-E. (1999) Production of lipase from Pseudomonas aeruginosa in a nonpathogenic host. Biospektrum: Sonderausgabe zur Jahrestagung der VAAM, Göttingen Rosenau, F., Zacharias, A. & Jäger, K.-E. (2001) Regulatory elements within the intergenic region of the Pseudomonas aeruginosa lipase operon uncouple expression of foldase and lipase. Book of Abstracts, Pseudomonas 2001, Brüssel Tielker, D., Rosenau, F., Grützmacher, S. & Jäger K.-E. (2001) Cloning, overexpression and purification of two lectins from Pseudomonas aeruginosa. Book of Abstracts, Pseudomonas 2001, Brüssel Wingender, J., Tielen, P., Strathmann, M., Flemming, H.-C., Heckmann, S., Rosenau, F. & Jäger, K.-E. (2001) Extracellular enzymes in Pseudomonas aeruginosa biofilms. Book of Abstracts, Pseudomonas 2001, Brüssel Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Verzeichnis Abbildungen und Tabellen Abkürzungsverzeichnis 1. Einleitung IV VI 1 2. Material und Methoden 2.1 Bakterien und Plasmide 2.2 Oligonukleotide 2.3 Chemikalien, Enzyme und Antiseren 2.4 Anzucht der Bakterien 2.5 Präparation von Plasmid-DNA 2.6 Präzipitation von DNA durch Alkohol / Isopropanolfällung 2.7 Konzentrationsbestimmung von DNA 2.8 Agarosegelelektrophorese 2.9 Elution von DNA aus Agarosegelen 2.10 In vitro-Rekombination von DNA 2.11 Sequenzierung von DNA 2.12 Transformation von Escherichia coli mit Plasmid-DNA 2.13 Übertragung von Plasmid DNA durch Konjugation 2.14 Erzeugung von Mutanten in P.aeruginosa 2.15 Transkriptionsstart-Bestimmung durch "Primer extension"-Analyse 2.16 Gewinnung von Kulturüberständen 2.17 Herstellung von Gesamtzellextrakten (GZE) 2.18 Herstellung von Späroplasten 2.19 Herstellung der Periplasma-, Cytoplasma- und Membranfraktion 2.20 Enzymtests 2.22 Präzipitation von Proteinen 2.23 Denaturierende SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE) 2.24 Immunodetektion der Lipase (LipA) oder der Foldase (LipH) 2.25 Färbung der PVDF-Membran (Matsudaira, 1989) 2.26 Computerprogramme und Online-Datenbanken 19 19 21 22 22 23 23 24 24 24 24 25 25 25 25 26 27 27 27 27 28 28 28 29 29 29 3. Ergebnisse 3.1 Entwicklung eines Expressionssystems zur Produktion der Lipase aus P. aeruginosa im heterologen Wirt Pseudomonas putida 3.1.1 Pseudomonas putida transkribiert die xcp-Gene aus Pseudomonas aeruginosa 3.1.2 Der Xcp-Sekretionsapparat aus P. aeruginosa ist in P.putida funktionell 3.1.3 Produktion und Stabilität der P. aeruginosa Lipase in P. putida 3.1.4 Stabilität der Foldase 30 30 30 32 34 36 I Inhaltsverzeichnis 3.2 Überexpressionssysteme zur Produktion der Lipase aus P. aeruginosa im homologen Wirt 3.2.1 Konstruktion von Expressionsstämmen zur T7-RNA-Polymerase abhängigen Expression der Lipase 3.2.2 Produktionsleistung der Expressionsstämme 38 B. Der Einfluss der Foldase LipH auf die Physiologie der Lipaseproduktion 41 3.3 Die LipH-Expression beeinflusst die Lipaseproduktion 3.3.1 Die intergenische Region enthält verschiedene repetitive Sequenzen 3.3.2 Konstruktion von IR-Varianten 3.3.3 Das GTG-Translationsinitiationskodon limitiert die Expression des lipH-Gens 3.3.4 Die Steigerung der lipH-Expression erhöht die Synthese sekretierter Lipase 3.3.5 Die Überexpression des lipH-Gens in trans zu einem episomal kodierten Lipaseoperon erhöht die Lipaseproduktion 3.3.6 Die LipH-Überexpression steigert die Lipaseproduktion auch im Wildtypstamm Die zelluläre LipH-Konzentration reguliert die Lipaseexpression 3.4.1 Die 5'-untranslatierte Region (UTR) ist Voraussetzung für die LipH-abhängige Regulation 3.4.2 LipH-steigert die Lipaseexpression posttranskriptionell 3.4.3 Sequenzanalyse und Homologievergleich von Foldaseproteinen: Bedeutung des Membranankers von LipH 3.4.4 Konstruktion von LipH-Varianten mit Lokalisation im Zytoplasma oder Periplasma 3.4.5 Im Periplasma lösliches LipH-Protein aktiviert Lipase in vivo 3.4.6 Die Membranverankerung ist Voraussetzung für die LipH -abhängige Steigerung der Lipaseexpression 3.4.7 Die Aktivierung der Lipase LipC erfordert die Membranverankerung von LipH 41 41 Das lipH-Gen kann unabhängig von lipA exprimiert werden: Das Lipaseoperon besitzt zusätzliche lipH-spezifische Promotoren 3.5.1 Die lipA-Promotorregion ist in einer ChpA-Mutante nicht funktionell 3.5.2 Die ChpA-Mutante synthetisiert LipH und sekretiert enzymatisch aktive Lipase 3.5.3 Die extrazelluläre Lipaseaktivität in der ChpA-Mutante beruht auf LipC 3.5.4 Das Foldasegen lipH wird unabhängig von lipA transkribiert 57 3.4 3.5 38 39 43 44 45 46 47 48 48 49 50 53 54 55 56 57 58 59 60 II Inhaltsverzeichnis 3.5.5 Die intergenische Region beinhaltet einen lipH-spezifischen Promotor 3.5.6 Bestimmung des Transkriptionsstarts für den lipH-spezifischen Promotor 62 63 4. Diskussion 64 5. Zusammenfassung 95 6. Literatur 97 7. Anhang III Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen Seite 3 Abb. 1 Erweiterter Homologievergleich der Lipasen der Familie I.1 und I.2 Abb. 2 Regulation der Lipase-Genexpression in P. aeruginosa 7 Abb. 3 Mechanismen zur Sekretion von Lipasen Gram-negativer Bakterien. 12 Abb. 4 .Sekretion und Faltung der Lipase aus P. aeruginosa 17 Abb. 5 Genetische Organisation der xcp-Gene aus P. aeruginosa 30 Abb. 6 Transkriptionsaktivität des xcpR-Promotors in P. putida BMTU 650 31 Abb. 7 Sekretion der Lipase durch den P. aeruginosa Xcp-Apparat im heterologen Wirt P. putida 33 Abb. 8 Kinetik der Lipaseproduktion in P.putida 34 Abb. 9 Verteilung der Lipaseaktivität nach 14 und 24h Wuchsdauer 35 Abb. 10 Stabilität der Lipase in Kulturüberständen von P. putida 35 Abb. 11 Stabilität der Foldase in Abhängigkeit von der Expression der Lipase und des Xcp-Apparats 36 Abb. 12 Übersicht der Expressionsstämme mit induzierbarer T7-RNA-Polymerase 39 Abb. 13 Expression der Lipase in P. aeruginosa PABST7.1. 40 Abb. 14 Sequenzwiederholungen in der intergenischen Region des Lipaseoperons. 41 Abb. 15 42 Abb. 16 Maskierung der Ribosomenbindestelle durch Sekundärstrukturen der mRNA in der intergenischen Region Varianten der IR Abb. 17 Effekt der IR auf die lipH-Expression 44 Abb. 18 Einfluß der IR-Varianten auf die Lipaseproduktion 45 Abb. 19 Effekt der Foldaseüberexpression auf die Lipaseproduktion 46 Abb. 20 Lipaseproduktion im WT-Stamm bei Überexpression von lipH 47 Abb. 21 Einfluß der UTR im Plasmid pUCPLip1X und der Überexpression von lipH in trans 48 Abb. 22 Transkriptionsaktivität der lipA-Promotorregion bei Überexpression von lipH 49 Abb. 23 Erweiterter Homologievergleich der Foldasen 51/52 Abb. 24 Subzelluläre Lokalisation der LipH-Varianten 54 Abb. 25 Lipaseaktivität nach in vivo Faltung mittels der Foldasevarianten 55 Abb. 26 Wirkung der LipH-Varianten bei Überexpression im WT-Stamm 56 Abb. 27 Aktivierung der Lipase LipC durch die LipH-Varianten 57 Abb. 28 58 Abb. 29 Wuchskurve und ß-Galaktosidaseaktivitäten einer lipA-Promotor-lacZ-Fusion im P. aeruginosa PAO1 undeiner ChpA-Mutante Lipolytische Aktivität und LipH-Produktion der ChpA-Mutante 59 Abb. 30 Die ChpA-Mutante produziert LipC 60 Abb. 31 Promotoraktivität interner Fragmente des Lipaseoperons 61 Abb. 32 Lipaseproduktion von P. aeruginosa PAFRGmP 62 Abb. 33 Transkriptionsstartbestimmung des IR-internen Promotors 63 Abb. 34 Vorhersage von "coiled-coil"-Domänen in XphA und XcpP 87 Abb. 35 Sequenzvergleich der potentiellen lipA-internen Promotoren (int.1-int.3) mit RpoNabhängigen Promotoren aus P. aeruginosa und verschiedenen Konsensussequenzen 91 43 IV Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Seite 19 Tab. 1 Übersicht verwendeter Bakterienstämme. Tab. 2 Liste der verwendeten Vektoren und Plasmide mit weitem Wirtsbereich. 20 Tab. 3 Liste der verwendeten Vektoren und Plasmide für E.coli. 21 Tab. 4 Übersicht der verwendeten Oligonukleotide. 21 Tab. 5 Konzentration der, zur Selektion eingesetzten Antibiotika. 23 Tab. 6 Mengenangaben für SDS-Polyacrylamidgele verschiedener Prozentigkeit. 28 Tab. 7 Vergleich der Expressionsraten der T7-Expressionsstämme 39 Tab. 8 Sequenzmerkmale verschiedener Lif-Proteine 53 Tab. 9 Beispiele für bakterielle Gene mit posttranskriptioneller Regulation der Genexpression 78 V Abkürzungen Abkürzungen äM Ampr AS ASD bp Cmr CP CP/PP dNTP EDTA GEP Gmr GSP GZE h IM IPTG IR kDa Kmr KÜ Lif LPS M min MM MTB nt O.D. orf PAGE pNPP PP RBS SDS SDS-PAGE Smr/Spr SS TCA Tcr Upm UTR Wt äußere Membran Ampicillin-Resistenz Aminosäure/n Anti-Shine-Delgarno Basenpaar/e Chloramphenicol-Resistenz Cytoplasma Cytoplasma/Periplasma Desoxynucleosidtriphosphat Ethylendinitrilotetraacetat "general export pathway" Gentamycin-Resistenz "general secretory pathway" Gesamtzellextrakt Stunde/n innere Membran Isopropyl-β-D-Thiogalaktosid Intergenische Regio n Kilo Dalton Kanamycin-Resistenz Kulturüberstand Lipase spezifische Foldase Lipopolysaccharid Membran/en Minute/n Minimalmedium "main terminal branch" Nucleotide optische Dichte "open reading frame", offener Leserahmen Polyacrylamid-Gelelektrophorese para-Nitrophenyl-Palmitat Periplasma Ribosomen-Bindestelle Natriumdodecylsulfat SDS-Polyacryamid-Gelelektrophorese Streptomycin-/Spectinomycin-Resistenz Signalsequenz Trichloressigsäure Tetracyclin-Resistenz Umdrehungen pro Minute untranslatierte Region Wildtyp VI 1. Einleitung Einleitung Die Zahl mikrobieller Lipasen, die kloniert und biochemisch charakterisiert werden steigt ständig an. Die Regulation der Genexpression wird dabei genauso untersucht, wie eventuell involvierte Sekretionsmechanismen. Die Analysen der 3D-Struktur sollen Aufschluss über funktionelle Aspekte der Lipasefunktion liefern. Das Interesse an dieser Enzymklasse spiegelt sich in der Flut von Originalarbeiten und Übersichtsartikeln wider, die sich mit der Molekularbiologie, der biochemischen Charakterisierung, 3D-Strukturaufklärung und biotechnologischen Anwendungsaspekten von Lipasen prokaryontischen und eukaryontischen Ursprungs befassen (Alberghina und Lotti, 1998; Jäger et al., 1994; Gosh et al., 1996; Rubin und Dennis, 1997a,b; Jäger etal., 1997; Ortaggi und Jäger, 1997; Kazlauskas und Bornscheuer, 1998; Schmid und Verger, 1998; Jäger und Reetz, 1998; Jäger et al., 1999; Rosenau und Jäger, 2000). Bakterien produzieren verschiedene Klassen von Enzymen mit lipolytischer Aktivität, darunter Carboxylesterasen (EC 3.1.1.1) und Lipasen (EC 3.1.1.3), die im Unterschied zu ersteren längerkettige und somit wasserunlösliche Triacylglycerolester als Substrat akzeptieren. Carboxylesterasen und Lipasen gehören häufig zu der grossen Enzymfamilie der Serin-Hydrolasen (Derewenda & Derewenda, 1991), auch α/β Hydrolasen genannt (Ollis et al., 1992; Nardini & Dijkstra, 1999), welche u.a. auch verschiedene Proteasen und andere Hydrolasen beinhaltet (Pelletier & Altenbuchner, 1995). Diese Familie ist durch das Vorhandensein einer katalytischen Triade (Blow, 1990), also drei Aminosäureresten in ihrem aktiven Zentrum charakterisiert, die an der Katalyse beteiligt sind. Die Triade besteht aus einer nucleophilen Aminosäure, dem essentiellen Serin (Brenner, 1988), einer sauren Aminosäure, meistens Aspartat oder auch Glutamat, und einem konservierten Histidin (Brady et al., 1990; Schrag et al., 1991). Bemerkenswert ist ein Konsensusmotiv Gly-X1-Ser-X2-Gly um den nucleophil aktiven Serin-Rest. Dieses Konsensusmotiv liegt in einem für SerinHydrolasen typischen β-ε-Ser-α-Motiv vor und scheint erforderlich zu sein, um die notwendigen sterischen Vorausetzungen für die Katalyse zu gewährleisten (Ollis et al, 1992). Die typische Serin-Hydrolase katalysiert die Hydrolyse einer Esterbindung durch einen nucleophilen Angriff der Hydroxyl-Gruppe des Serins im aktiven Zentrum auf das CarbonylKohlenstoffatom (Brady et al., 1990; Jäger et al., 1994). 1 1. Einleitung Bakterielle Lipasen finden steigende Beachtung vor allem aus zwei Gründen: 1. sie dienen pathogenen Bakterien als Virulenzfaktoren und 2. sie sind die Enzymgruppe, die als Biokatalysatoren für verschiedene biotechnologisch relevante Prozesse das vielseitigste Anwendungspotential bieten. Arpigny und Jäger identifizierten 1999 in verschiedenen frei verfügbaren Datenbanken 47 verschiedene Lipasen bakteriellen Ursprungs und klassifizierten sie anhand von Sequenzhomologien in sechs verschiedene Familien. Familie I besteht aus 22 Proteinen, die wiederum in sechs Subfamilien untergliedert sind, wobei zu den Subfamilien I.1 und I.2 die zuvor beschriebenen sog. Gruppe 1 und Gruppe 2 Lipasen aus der Gattung Pseudomonas (Jäger et al., 1994) gehören. Diese werden in einer Operonstruktur jeweils zusammen mit einem für sie spezifischen intermolekularen Chaperon, dem sog. Lif-Protein (lipase specific foldase) kodiert. Diese Lipasen werden von der Bakterienzelle über den sog. Typ IIMechanismus sekretiert, während die Lipasen der Subfamilie I.3 den Typ I- Sekretionsmechanismus benutzen. Ziel dieser einleitenden Übersicht soll es im Folgenden sein, einen Überblick über das heutige Wissen um die zellulären Mechanismen zur Produktion enzymatisch aktiver, extrazellulärer Lipasen durch Gram-negative Bakterien zu geben. Als prototypisches Enzym der LipaseSubfamilie I.1 (Arpigny und Jäger, 1999) wird die Lipase LipA aus Pseudomonas aeruginosa besondere Beachtung finden. 2 1. Einleitung Abb. 1 Erweiterter Homologievergleich der Lipasen der Familie I.1 und I.2 (Arpigny & Jäger, 1999). Die Aminosäuresequenzen oder gegebenfalls die Nucleotidsequenzen (nt) sind zugänglich unter folgenden "accession" Nummern: P. aeruginosa LipA, CAA44997; P. alcaligenes A37025 (nt); P. spec KFCC10818 LipK, AAD22078; Vibrio cholerae O17 LipA, CAA68639; P. aeruginosa LipC, AAC34733; Acinetobacter calcoaceticus RAG1 LipA, AAD29441; A. calcoaceticus BD413 LipA, CAA56780; P. wisconsinensis LpwA, AAB53647; P. fragi LipA, CAC07191; Burkholderia glumae LipA, CAA49812; B. cepacia LipA, AAA50466; P. fragi LipB, E04513(nt); Xylella fastidosa 9a5c, AAF83991. 3 1. Einleitung A. Regulation der Lipasegenexpression Anlass, die Produktion von Lipasen durch Mikroorganismen zu untersuchen, ist häufig der biotechnologische Anwendungsaspekt. Hierbei ist es hauptsächlich von Interesse, hohe Ausbeuten zu erzielen, so dass erheblicher Forschungsaufwand z.B. in die Entwicklung von Kulturmedien oder in die empirische Beschreibung von Bedingungen investiert wird, die die Produktion von Lipase induzieren oder verbessern (Jäger et al., 1994; Kok et al., 1996). Zusätzlich vermögen chemische Zusätze wie einige Lipide (Tanaka et al., 1999b), Polysaccharide oder Detergentien (Winkler und Stuckmann, 1979; Schulte et al., 1982) die Lipaseausbeute günstig zu beeinflussen. Die molekularen Mechanismen, die die Verbesserungen der Produktionsleistung auf der Ebene der Regulation bewirken, sind in den meisten Fällen jedoch unbekannt. Die Freisetzung enzymatisch aktiver bakterieller Lipasen in das Kulturmedium stellt sich als ein komplexer Vorgang dar, an dem die verschiedensten zellulären Vorgänge beteiligt sind. Angefangen bei der Transkription entsprechender Strukturgene, über die Translation der resultierenden mRNA bis zur Translokation des Proteins über die Zellmembran, bzw. über innere und äussere Membran im Falle Gramnegativer Bakterien, kann jeder Schritt einer Regulation durch die Zelle unterliegen. Die Regulation der Genexpression bakterieller Lipasen ist nur an wenigen Beispielen untersucht worden. Zum Beispiel produziert das insektenpathogene Bakterium Xenorhabdus nematophilus, das im Darmtrakt des Nematoden Steinernema carpocapsae vorkommt eine Lipase, deren Biosynthese durch N-β-Hydroxybutanoyl-Homoserin-Lacton (HBHL) stimuliert wird, welches als sog. Autoinduktor des lux-Operons aus dem Leuchtbakterium Vibrio harvey (Dunphy et al., 1997) bekannt ist. Dies erlaubt den Schluss, dass die X. nematophilus Lipase einer „Quorum sensing“-Regulation unterliegt. Als „Quorum sensing“Regulation werden Prozesse bezeichnet, die als Antwort auf die Zelldichte innerhalb der betroffenen Bakterienkultur die Genexpression beeinflussen (Withers et al., 2001). Zahlreiche Gram-negative Bakterien besiten sog. Autoinduktoren, die von LuxI-homologen Autoinduktor-Synthetasen konstitutiv produziert werden und als extrazelluläre Signalstoffe wirken. Diese Autoinduktoren sind der Klasse der acylierten Homoserinlactone zuzuordnen und aktivieren durch Bindung dazugehörige LuxR-homologe Regulatorproteine („R“Proteine), die ihrerseits dann Zielgene entweder induzieren oder reprimieren. Bemerkenswerterweise wurde das sog. „Flagellen Master Operon“ flhDC als ebenfalls essentiell für die Biosynthese von Lipase in X. nematophilus beschrieben. 4 1. Einleitung Inaktivierung des flhD Gens durch Insertion einer Resistenzkassette führte zum Verlust jeglicher extrazellulärer Lipaseaktivität, ein Effekt, der mit dem flhDC Operon in trans komplementiert werden konnte (Givaudan und Lanois, 2000). Dies lässt den Schlusss zu, dass die Produktion und die Sekretion der Lipase in X. nematophilus sowohl durch eine „Quorum sensing“-Regulation als auch durch FlhD koordiniert reguliert wird. In dem humanpathogenem Bakterium Burgholderia cepacia (ehemals Pseudomonas cepacia) führt die Inaktivierung eines luxR-homologen Gens zu einer signifikanten Reduktion in der Genexpression sowohl der extrazellulären Lipase, als auch anderer Virulenzfaktoren (Lewenza et al., 1999). Die Zugabe zellfreier Kulturüberstände verschiedener klinischer B. cepacia Isolate zu einer wachsenden B. cepacia Kultur bewirkte entweder eine Induktion der Lipaseexpression in einer früheren Wuchsphase oder eine gesteigerte Lipaseproduktion, was auf das Vorhandensein von Autoinduktoren (AI) schliessen lässt. Die AI waren aber nicht in allen diesen Kulturüberständen durch einen Biotest nachweisbar, welcher darauf beruht, die von Autoinduktoren abhängige Synthese des Farbstoffs Violacein in einer Autoinduktordefizienten und farblosen Mutante des Indikatorbakteriums Chromobakterium violaceum wiederherzustellen. Wahrscheinlich produziert B. cepacia mindestens zwei verschiedene Autoinduktorspezies, die beide an der „Quorum sensing“-Regulation von Virulenzassoziierten Proteinen beteiligt sind (Weingart und Hooke, 1999). In P. aeruginosa wurden mindestens zwei LuxR/I-homologe Systeme beschrieben (Pesci und Iglewski, 1999; Winson et al., 1999). Der Transkriptionsaktivator RhlR (synonym VsmR) wird durch N-butyrylHomoserin-Lacton aktiviert, welches von der Synthetase RhlI (VsmI) gebildet wird und kontrolliert die zelldichteabhängige Bildung eines natürlichen Emulgators aus P. aeruginosa, des Rhamnolipids (Ochsner et al., 1994; Ochsner und Reiser, 1995), wie auch die Produktion einiger extrazellulärer Enzyme (Brint und Ohman, 1995; Latifi et al., 1995). Untersuchungen mit einer lipA::lacZ-Reporter-Genfusion zeigten, dass auch die Lipaseexpression einer Regulation durch das RhlR/I-System unterliegt, wobei die Expression des Lipasegens lipA aber wahrscheinlich nicht direkt durch RhlR aktiviert wird (Schneidinger, 1997; Düfel, 2000). Für B. cepacia und P. aeruginosa, die einzeln oder in Koexistenz, Lungen von Patienten mit der Erbkrankheit Cystischer Fibrose persistierend infizieren können, wurde eine durch Autoinduktoren vermittelte „Interspezies Kommunikation“ postuliert, über die Gene potentieller Virulenzfaktoren reguliert werden (McKenney et al., 1995). Eine solche Strategie zur koordinierten Expression der jeweiligen Lipasen und anderer Virulenzfaktoren durch extrazelluläre und zelldichteabhängige Signalmoleküle könnte pathogenen Bakterien verschiedener Spezies eine effizientere Besiedlung eines Wirtes ermöglichen. 5 1. Einleitung Acinetobacter calcoaceticus, ein Gram-negatives Bodenbakterium, produziert verschiedene lipolytisch aktive Enzyme, darunter auch LipA, eine extrazelluläre Lipase (Kok et al., 1995a). Der Einfluss zahlreicher physiologischer Faktoren auf die Expression des Lipasegens lipA wurde hier mittels einer chromosomal integrierten transkriptionalen lipA::lacZ-Genfusion untersucht. So wirkten Fettsäuren, als Reaktionsprodukte der Spaltung von Triolein durch die Lipase, als effiziente Inhibitoren der Expression von lipA (Kok et al., 1996). Erklärt wurde dies mit der möglichen Existenz eines noch nicht identifizierten Regulators, der durch Bindung von Fettsäuren aktiviert, als Repressor für das Lipasegen wirkt (Kok et al., 1996). Als das wahrscheinlich am intensivsten untersuchte Beispiel für die Regulation einer Lipase aus Gram-negativen Bakterien ist das Lipase-Operon aus P. aeruginosa anzusehen. Die Transkription des aus den Genen lipA (Lipase) und lipH (Lif-Protein) bestehenden Operons vom Promotor P1 erfordert das Vorhandensein des alternativen Sigma-Faktors δ54 (Jäger et al., 1996). Im Rahmen einer Dissertation (Düfel, 2000) konnte dieses Ergebnis durch Primer– Extension-Analysen bestätigt werden und darüberhinaus die Existenz eines zweiten, 330 Basenpaare stromaufwärts von P1 gelegenen Promotors P2 gezeigt werden (Düfel, 2000). Da zur Transkriptionsinitiation an δ54-abhängigen Promotoren spezifische Transkriptionsaktivatoren notwendig sind (Shingler, 1996), wurde die Existenz eines lipasespezifischen Regulators LipR postuliert (Jäger et al., 1996). Die Charakterisierung einer P. aeruginosa Tn5-Transposonmutante mit erheblich reduzierter P1 Promotoraktivität führte zur Identifikation des Gens lipR, das für einen Transkriptionsaktivator kodiert und Teil eines sog. „Zweikomponenten“-Regulationssystems ist (Düfel, 2000). Das Strukturgen lipQ für die zweite notwendige Komponente liegt im Stromaufwärtsbereich von lipR und kodiert für eine putative signaltransduzierende Sensorkinase. Die Beteiligung dieses Zweikomponentensystems an der transkriptionellen Regulation der Lipaseexpression konnte anhand von Untersuchungen mit transkriptionellen lipA::lacZ-Reportergenfusionen gezeigt werden. Während in lipQ/R-negativem Hintergrund die lipA-Transkription deutlich reduziert war, war sie in Stämmen, die das Zweikomponentensystem überexprimierten ebenso gesteigert, wie auch die resultierende extrazelluläre Lipaseaktivität (Düfel, 2000). Welches Signal das LipQProtein transduziert, ist hierbei allerdings noch nicht klar. Ein kürzlich publiziertes Zweikomponentensystem, bestehend aus den Proteinen CbrA und CbrB („catabolic regulation“), das als zentraler Regulator von Abbauwegen zur Verwertung verschiedener Kohlen- und Stickstoffquellen identifiziert wurde (Nishijyo et al., 2001), ist mit dem LipQ/RZweikomponentensystem identisch (F. Rosenau & K.-E. Jäger, unveröffentlicht). 6 1. Einleitung In die transkriptionelle Regulation der lipQ/lipR-Gene ist das ChpA-Protein involviert, das im Zusammenhang mit der Biosynthese der TypIV-Pili aus P. aeruginosa identifiziert wurde und Homologien zu den CheR-Proteinen der Enterobacteriaceae besitzt (Stover et al., 2000; www.pseudomonas.com) und wahrscheinlich multiple Virulenz-assoziierte Funktionen reguliert (C. Withchurch & J. Mattick, persönliche Mitteilung). In einem ChpA-negativen Stamm war die Transkription der lipQ/lipR-Gene vollständig reprimiert und infolge dessen auch keine Aktivität der Lipasepromotoren nachweisbar (Düfel, 2000). Darüberhinaus wurde die Beteiligung des „globalen Aktivatorproteins“ GacA an der Regulation der Lipase beschrieben (Reimmann et al., 1997). Überproduktion von GacA führte zu einer erheblichen Zunahme extrazellulärer Lipaseaktivität. Als Teil eines anderen Zweikomponentensystems, dessen zugehörige Sensorkinase das GacS-Protein ist (Brinkman et al., 2001), fungiert GacA als Aktivator verschiedener Virulenzgene in P. aeruginosa, wahrscheinlich indem es die „Quorum-sensing-Kaskade“ aktiviert (Reimmann et al., 1997). Somit kommt dem GacS/GacA-Regulationssystem eine entscheidende regulatorische Rolle für die Pathogenität von P. aeruginosa zu (Tan und Ausubel, 2000). Abbildung 1 gibt eine Übersicht über die Regulation der Lipase-Produktion in P. aeruginosa. GacA RhlR/I lipQ lipR lux-box ? LipQ P P LipR σ 54 Signal -Umwelt -Sekretion / Faltung lip lif P 2 UAS P 1 Abb. 2 Regulation der Lipase-Genexpression in P. aeruginosa (modifiziert nach Rosenau und Jäger, 2000). Die „Quorum-sensing“-Kontrolle wird von dem globalen Regulator-Protein GacA vermittelt, das die Transkription des „Quorum-sensing“-Aktivators RhlR aktiviert. RhlR seinerseits aktiviert möglicherweise durch Bindung an eine putative lux-Box die Transkription des LipQ/R-Zweikomponentensystems. Die Sensorkinase LipQ wird durch ein bisher nicht bekanntes Signal, also möglicherweise durch Umweltstimuli oder periplasmatische Faktoren, die die Faltungs- oder Sekretionseffizienz widerspiegeln, aktiviert. Der Transkriptionsaktivator LipR bindet nach seiner Aktivierung durch LipQ an eine „upstream activation sequence“ und aktiviert so am Promotor P1die δ54-abhängige Transkription des Lipase-Operons. Die Lipase wird von dem Strukturgen lip, die spezifische Foldase von dem lif-Gen kodiert. Die physiologische Bedeutung des Promotors P2 ist noch nicht bekannt. 7 1. Einleitung Kürzlich wurde ein weiterer Aspekt der Lipaseregulation in P. aeruginosa entdeckt. Für die Produktion enzymatisch aktiver, extrazellulärer Lipase bedarf es einer korrekten Faltung des Proteins im Periplasma der Bakterienzelle als Voraussetzung für eine effiziente Sekretion über die äussere Membran. An diesem Prozess sind verschiedene zusätzliche Proteine beteiligt, darunter auch die Lipase-spezifische Foldase (Lif-Protein) und zum Dsb-System (von Disulphide Bond Formation) gehörende Proteine. In einem dsbA-negativen P. aeruginosa-Stamm wurde eine um 90% reduzierte extrazelluläre Lipaseaktivität beschrieben (Urban et al., 2001). Dies wurde zumindest teilweise durch eine verminderte Transkription des Lipasegens erklärt, da eine lipA::lacZ-Reportergenfusion in diesem Stamm eine signifikant geringere Promotoraktivität aufwies (Urban, 2000). Ein solches System könnte das Verhältnis korrekt gefaltener/aktiver zu missgefaltener/inaktiver Lipase detektieren und diese Information in das Cytoplasma transduzieren, wo eine Adaptation der Lipaseexpression an die Exportrate stattfände (Rosenau und Jäger, 2000). Eine zelldichteabhängige Regulation scheint somit in pathogenen Bakterien ein bedeutsamer Mechanismus zur Steuerung der Lipase- wie auch der Expression anderer Virulenzfaktoren zu sein, wobei andere regulatorische Elemente der Zelle eine Anpassung der Lipaseproduktion an verschiedene Umwelt- oder Wuchsbedingungen ermöglichen können. B. Mechanismen zur Sekretion lipolytischer Enzyme Alle bekannten bakteriellen Lipasen sind extrazelluläre Enzyme, deren Produktion eine Translokation über die Cytoplasmamembran in Gram-positiven und, zusätzlich, in Gramnegativen Bakterien durch das Periplasma und die äussere Membran erfordert. Im Moment sind drei Haupttransportwege bekannt, die eine Sekretion von Proteinen aus Gram-negativen Bakterien erlauben (Binet et al., 1997; Pugsley, 1992b und 1993; Hueck, 1998; Filloux et al., 1998). Sie wurden numerisch Typ I, II und III benannt, wobei die sog. TypI- und TypIISekretionsmechanismen diejenigen sind, über die der Grossteil bakterieller Lipasen sekretiert wird (Abb.2). 8 1. Einleitung Ein-Schritt-Sekretionsmechanismen ABC-Exporter (TypI-Sekretion) Die Lipasen aus P. fluorescens (Duong et al., 1994; Kawai, et al., 1999) und Serratia marcescens (Akatsuka et al., 1995; Li et al., 1995) besitzen keine typische aminoterminale Signalsequenz, weisen aber ein carboxyterminales Exportsignal auf, das essentiell für die Sekretion des Proteins durch einen ABC-Exporter ist (Binet et al., 1997). ABC-Protein vermittelte Exportsysteme stellen den sog. TypISekretionsmechanismus dar und bestehen aus drei Proteinen, die in der inneren bzw. der äusseren Bakterienmembran lokalisiert sind. Eine in der inneren Membran lokalisierte, wahrscheinlich das System energetisierende, ATPase gehört dabei zu der namensgebenden ABC- (ATP-binding cassette) Superfamilie eukaryontischer und prokaryontischer Proteinexporter (Pugsley, 1992a). Das sog. MFP-Protein (Membrane-fusion-protein) ist ein Protein der inneren Membran mit einer grossen hydrophilen periplasmatischen und einer Carboxyterminalen Domäne, die wahrscheinlich mit der äusseren Membran interagiert. Die dritte Komponente dieses Systems ist ein Protein der äusseren Membran, welches die Translokationspore darstellt. Die Lipase aus S. marcescens ist das wahrscheinlich bestuntersuchte Beispiel für eine auf dem TypI-Weg sekretierte Lipase, der sich in diesem Fall aus dem ABC-Protein LipB, dem MFP LipC und dem äusseren Membranprotein LipD zusammensetzt. Es gilt als sicher, dass der Sekretionskomplex Kontaktstellen zwischen innerer und äusserer Membran vermittelt und dadurch eine das Periplasma durchspannende Translokationspore bildet, so dass sekretierte Proteine ohne das Vorkommen von periplasmatischen Intermediaten in einem Schritt über beide Membranen transportiert werden (Wandersman, 1996; Binet et al., 1997). TypIII-Sekretion Ebenfalls um einen Ein-Schritt-Mechanismus handelt es sich bei dem TypIII-Sekretionsmechanismus, der hauptsächlich von pathogenen, Gram-negativen Bakterien genutzt wird, um Virulenz vermittelnde Effektorproteine in das Cytoplasma eukaryontischer Zielzellen zu injizieren (Cornelis und Wolf-Watz, 1997; Hueck, 1998; Anderson und Schneewind, 1999; Cornelis, 2000). Der Sekretionsapparat ist homolog zu dem Flagellenapparat und besteht aus einem Komplex von mindestens 17 Proteinen (Hueck, 1998; Young et al., 1999; MacNab, 1999). Er vermittelt die Sekretion von Effektorproteinen über drei Membranen, da ausser den beiden bakteriellen Membranen auch die Zellmembran der Zielzelle überbrückt werden muss. Der TypIII-Sekretionsmechanismus scheint jedoch zur Sekretion von Lipasen nicht realisiert zu sein. 9 1. Einleitung Zwei-Schritt-Sekretionsmechanismen Sekretion über die innere Membran Die meisten der bekannten Lipasen aus Gram-positiven wie Gram-negativen Bakterien zeichnen sich durch aminoterminale Signalpeptide als potentielle Substrate für Sec-homologe Sekretionskomplexe aus. Hierbei handelt es sich um Translokasekomplexe, die in E. coli aus den Membranproteinen SecY, E und G gebildet werden und durch die Proteine SecD und F stabilisiert in der inneren Membran lokalisiert sind (Duong et al., 1997; Duong & Wickner, 1997). Ähnliche Translokasekomplexe existieren auch in Gram-positiven Spezies wie B. subtilis (Simonen und Palva, 1993). Der Grossteil sekretorischer Proteine wird mit Hilfe dieses Sec-Proteinkompexes über den sog. GEP (general export pathway) sekretiert (Pugsley, 1993). Substratproteine werden hierbei bereits während der Translation durch das cytoplasmatische Chaperon SecB erkannt und an einer vollständigen Faltung gehindert. SecB vermittelt auch die Bildung eines Komplexes aus der SecA-ATPase und dem zu sekretierenden Präprotein, welcher schliesslich mit der SecY/E/G-Translokationspore interagiert. Hier erfolgt unter ATP-Verbrauch und unter Abspaltung des Signalpeptids die Translokation des Substratproteins als ungefaltene Polypeptidkette (Danese und Silhavy, 1998; Driessen et al., 1998). Die Proteinfaltung erfolgt anschliessend im Periplasma (Tommassen et al., 1992; Pugsley, 1993), oder im Falle Gram-positiver Bakterien im extracytoplasmatischen Raum. Alternativ zum GEP können Proteine mit stark hydrophoben Signalpeptiden in einem frühen Stadium der Translation statt von SecB von einem sog. SRP (signal recognition particle) gebunden werden (Ulbrandt et al., 1997; Stroud und Walter, 1999). Die Bindung des Substratproteins an die Sec-Translokase erfolgt dann über das SRP-Rezeptorprotein FtsY (Valent et al., 1998; Scotti et al, 1999). Dieser Weg wird vorwiegend von Membranproteinen ohne ausgedehnte periplasmatische Domänen benutzt (Fekkes und Driessen, 1999; van Geest und Lolkema, 2000) und ist für den Transport bakterieller Lipasen nicht beschrieben. Sekretion über die äussere Membran Autotransporter Im Falle Gram-negativer Bakterien müssen extrazelluläre Proteine nach der Passage über die innere auch die äussere Bakterienmembran überwinden. Die Klasse der sog. Autotransporterproteine ist hierzu in der Lage, ohne auf spezielle Exportapparate 10 1. Einleitung angewiesen zu sein. Alle bisher beschriebenen Proteine dieser Art werden von pathogenen Bakterien sekretiert und man nimmt an, dass sie an deren Virulenz beteiligt sind. Sie weisen eine distinkte Zwei-Domänenstruktur auf, wobei die aminoterminalen Domänen sehr unterschiedliche enzymatische Aktivitäten aufweisen. Die carboxyterminale Domänen weisen untereinander starke Homologien auf und sind für den autonomen Transport verantwortlich, indem sie durch einen noch nicht vollständig geklärten Mechanismus eine porenähnliche Struktur in der äusseren Membran bilden. Durch diese erfolgt anschliessend die Sekretion der enzymatisch aktiven aminoterminalen Domäne (Henderson et al., 1998 und 2000). Ein lipolytisch aktives Enzym, dass auf diesem Wege sekretiert wird, ist das EstAProtein aus P. aeruginosa (Wilhelm et al., 1999; Wilhelm, 2001). TypII-Sekretion Das pathogene Bakterium P. aeruginosa gilt als ein Modellorganismus der Proteinsekretion, da hier die drei Hauptsekretionsmechanismen zur Sekretion zahlreicher Virulenzfaktoren realisiert sind (Nicas und Iglewski, 1984; Jäger, 1994; Govan und Deretic, 1996). Die grösste Bedeutung kommt hierbei dem sog. TypII-Sekretionsmechanismus zu, einem Zwei-Schritt-Prozess, über den, neben den Elastasen LasA und LasB, den Phospholipasen PlcH und PlcN, der alkalischen Phosphatase und dem Exotoxin A auch die Lipasen LipA und LipC sekretiert werden (Andro et al., 1984; Tommassen et al., 1992; Pugsley, 1993; Filloux et al., 1998; Martinez et al., 1999). Der erste Schritt in dem auch als MTB (main terminal branch) des GSP (general secretory pathway) bezeichneten (Pugsley, 1993; Russel, 1998) Prozess, ist meistens die bereits beschriebene Signalpeptid-abhängige Translokation des sekretorischen Proteins über die Cytoplasmamembran durch den Secabhängigen GEP. Der zweite Schritt, der abschliessende Export über die äussere Membran, erfolgt über einen aufwendigen Multi-Protein-Komplex, der in P. aeruginosa aus mindestens 12 verschiedenen Xcp-Proteinen besteht, die von zwei entgegengesetzt transkribierten Operonen kodiert werden (Tommassen et al., 1992; Filloux et al., 1998). Der Xcp-Apparat zeigt starke Homologie zu dem Transmembran-Komplex der Typ IV-Pilus-Biogenese (Hobbs und Mattick, 1993), so dass heute auch mechanistische Homologien angenommen werden (Filloux et al., 1998; Sandkvist et al., 2001). Zentrale Komponente, ist hierbei die aus 12 XcpQ-Untereinheiten bestehende Pore (Bitter et al., 1998; Brok et al., 1999) der äusseren Membran, die auch Sekretin genannt wird. Durch den wahrscheinlich reversiblen Aufbau einer Pilus-ähnlichen Struktur aus den sog Pseudopilin-Proteinen XcpT, XcpU, XcpV und XcpW (Bally et al., 1992) wird das Substratprotein durch das Sekretin geschoben. Durch den Einbau des weiteren Pseudopilins XcpX (Bleves et al., 1998) kommt es zum Abbruch des Sekretionsprozesses und zur Reorganisation des Xcp-Apparats. 11 1. Einleitung Die Faltung sekretorischer Proteine erfolgt im Periplasma unter Mitwirkung periplasmatischer Faltungsmediatoren (s.u) unter Bildung enzymatisch aktiver periplasmatischer Intermediate (Hamood et al., 1990; Pugsley, 1992b; Frenken et al., 1993a/b; Lu et al., 1993; BortoliGerman et al., 1994; Hardie et al., 1995; Braun et al., 1996). In verschiedenen Exoproteinen wurden Sequenzbereiche identifiziert, die für den Export nach dem TypII-Mechanismus notwendig sind (McVay und Hamood, 1995; Lu und Lory, 1996; Sauvonnet und Pugsley, 1996; Lindeberg et al., 1998), doch konnte noch kein allgemeingültiges Signal für den Transport über den Xcp-Apparat oder homologe Apparate identifiziert werden. Wahrscheinlich ist jedoch ein in der Tertiärstruktur des vollständig gefaltenen Substratproteins festgelegtes Sekretionssignal, wobei dessen spezifische Erkennung durch den Xcp-Apparat vermutlich durch die Proteine XcpP und XcpQ erfolgt (A. Filloux, persönliche Mitteilung). Prä-Lipase Cytoplasma Sec im Xcp Apparat p äm Reife Lipase ABC-Transporter (type I) GSP (type II) Extrazelluläres Medium Autotransporter Abb. 3 Mechanismen zur Sekretion von Lipasen Gram-negativer Bakterien (modifiziert nach Rosenau und Jäger, 2000). Lipasen aus P. fluorescens und S. marcescens werden in einem Ein-Schritt-Mechanismus (ABCExport) sekretiert (Binet et al., 1997). Der TypII-Mechanismus, wird von den Lipasen LipA und LipC aus P. aeruginosa benutzt und stellt nach der Sec-Apparat-abhängigen Translokation über die innere Membran (iM) ins Periplasma (P) den abschliessenden Schritt des Proteinexports dar. Homologe Systeme zum Proteinexport existieren auch in anderen Lipase-produzierenden Bakterien. Das lipolytische Enzym EstA aus P. aeruginosa wird nach der Translokation ins Periplasma über eine proteineigene carboxyterminale Autotransporterdomäne über die äussere Membran (äM) transportiert (Wilhelm et al., 1999). 12 1. Einleitung C. Periplasmatische Faltung Unspezifische Faltungshelfer Viele exportierte Proteine, darunter auch die Lipasen der Subfamilien I.1 und I.2 enthalten Disulfidbrücken, die im Periplasma gebildet werden. Die Bildung von Disulfidbrücken im Periplasma wird von einem komplexen System aus Enzymen mit Thiol:DisulfidOxidoreduktase und –Isomerase-Aktivitäten, dem sog. Dsb-System (disulphide bond formation) vermittelt (Raina und Missiakis, 1997; Missiakis und Raina, 1997), dem allgemein eine grosse Bedeutung für die korrekte Faltung von Exoproteinen beigemessen wird (Peek und Taylor, 1992; Pugsley, 1992b; Bortoli-German et al., 1994; Shevchik et al., 1995; Okamoto et al., 1995; Urban et al., 2001). Die Rolle der DsbA-Oxidoreduktase und der DsbCIsomerase bei der Bildung extrazellulär aktiver Lipase wurde von Urban et al. kürzlich beschrieben. Eine DsbA-deffiziente Mutante von P. aeruginosa zeigte eine im Vergleich zum Wildtyp um 90%, eine DsbA/DsbC-Doppelmutante eine um 99% reduzierte extrazelluläre Lipaseaktivität und –Menge (Urban et al., 2001). Die Rolle von Disulfidbrücken auf die Aktivität und die Sekretionseffizienz von Lipasen wurde an zwei verschiedenen Modellen untersucht. Die Lipase aus Aeromonas hydrophila wird nach dem TypII-Mechanismus sekretiert und enthält eine Disulfidbrücke (Brumlik et al., 1997). Der Austausch beider hieran beteiligter Cystein-Reste gegen Serin-Reste hatte zwar keinen Einfluss auf die Aktivität oder die sekretierte Menge des Enzyms, doch war die Lipase weniger stabil (Brumlik et al., 1997). Wie die A. hydrophila-Lipase enthält die P. aeruginosa-Lipase zwei Cysteinreste, die eine intramolekulare Disulfidbrücke bilden (Jäger et al., 1993; Nardini et al., 2000; Liebeton et al., 2001; Urban et al., 2001). Lipase-Varianten mit Austauschen von einem bzw. zwei Cysteingegen Serin-Reste wurden in P. aeruginosa deutlich schlechter sekretiert, konnten aber nach Expression in E. coli in vitro unter Einsatz der spezifischen Foldase LipH mit der selben Effizienz aktiviert werden, wie das Wildtypenzym. Jedoch waren die modifizierten Lipasen auch hier weniger stabil und anfälliger gegen proteolytische Degradierung (Liebeton et al., 2001). Eine Bedeutung für die Stabilität der Lipase im Periplasma wurde dort lokalisierten Proteasen zugewiesen. Sieben Gene für putative periplasmatische Proteasen aus P. aeruginosa wurden inaktiviert und die resultierenden Stämme auf intra- bzw. extrazelluläre Lipaseaktivität untersucht. Es wurden sowohl Mutanten identifiziert, die eine gesteigerte 13 1. Einleitung extrazelluläre Lipaseaktivität aufwiesen, als auch solche mit reduzierter extrazellulärer, aber signifikant erhöhter intrazellulärer Lipaseaktivität (Windgassen, 2000). Neben den DsbB-Proteinen sind auch Peptiddyl-Prolyl-cis/trans-Isomerasen (PPIasen) am periplasmatischen Faltungsprozess beteiligt (Missiakas und Raina, 1997; Danese und Silhavy, 1998), die die Isomerisierung einer Peptidbindung zwischen einem Prolin- und dem vorangehenden Aminosäurerest von trans in die energetisch ungünstigere cis-Konfiguration (Brandts und Lin, 1986) katalysieren. Für E. coli sind die PPIasen RotA, SurA, FklA und FklB beschrieben, denen vor allem eine Funktion bei der Faltung von Proteinen der äusseren Membran zugeschrieben wird (Liu und Walsh, 1990; Missiakas et al., 1996; Rahfeld et al., 1996). Die enzymatisch aktive und extrazelluläre Lipase aus P. aeruginosa enthält eine solche cis-Bindung (Nardini et al., 2000), jedoch ist nicht bekannt, ob zu ihrer Ausbildung die Aktivität von PPIasen notwendig ist. spezifische Faltungshelfer Um eine stabile Konformation zu erlangen, brauchen einige nach dem TypII-Mechanismus exportierte Proteine die Aktivität spezifischer Faltungshelfer. Die LasB-Protease aus P. aeruginosa besitzt hierfür ein Propeptid, das als intramolekulares Chaperon die Faltung des Enzyms vermittelt, aber nicht Bestandteil der reifen Elastase (LasB) ist (McIver et al., 1995; Braun et al., 1996 und 1998; Kessler et al., 1998). Lipasen der Subfamilien I.1 und I.2 benötigen für ihre Faltung intermolekulare Chaperone, die spezifischen Foldasen, oder Lif-Proteine genannt werden (Jäger et al., 1994 und 1999; Rosenau und Jäger, 2000) (Abb. 3). Diese Lif-Proteine sind normalerweise in einer Operonstruktur mit dem dazugehörigen Lipasegen kodiert und wurden in P. aeruginosa (Iizumi et al., 1991; Chihara-Siomi et al., 1992; Ihara et al., 1992; Wohlfahrt et al., 1992; Oshima-Hirayama et al., 1993), P.wisconsinensis (Hazbon et al., 2001), B. cepacia (Jörgensen et al., 1991), B. glumae (Frenken et al., 1993a/b), A. calcoaceticus (Kok et al., 1995b; Sullivan et al., 1999) und Vibrio cholerae (Ogierman et al., 1997) identifiziert. Eine Ausnahme hierfür ist die zweite extrazelluläre Lipase LipC aus P. aeruginosa, die kein individuelles Lif-Protein besitzt, sondern durch das zur Lipase LipA gehörende LipH-Protein aktiviert wird (Martinez et al., 1999; Friedrich, 2001). Mit Ausnahme der Lipase aus P. alcaligines, die bei Expression im heterologen Wirt E. coli durch das Lif-Protein aus P. aeruginosa aktiviert werden kann (El Khattabi et al., 1999), ist die Wirkung der Foldasen spezifisch für die korrespondierende Lipase. Durch Verwendung von Hybridfoldasen konnte 14 1. Einleitung gezeigt werden, dass ein carboxyterminaler, 138 Aminosäurereste grosser Bereich die Spezifität der Foldase aus B. glumae vermittelt (El Khattabi et al., 1999). Die Rolle der Lif-Proteine bei der Faltung von Lipasen ist aufgrund der engen Kopplung der Faltung an die anschliessende Sekretion nur schwer in vivo zu untersuchen (Rosenau und Jäger, 2000). Jedoch haben hauptsächlich Expressionsstudien in heterologen Wirtsbakterien und biochemische Methoden wie chemisches "crosslinking" und verschiedene Untersuchungen zur Aktivierung von Lipasen in vitro Informationen zur Interaktion zwischen Lipasen und Foldasen ergeben, wobei die Lipase/Lif-Systeme aus B. cepacia, B. glumae und P.aeruginosa die Modellsysteme darstellen. Diese Foldasen sind mit einer aminoterminalen hydrophoben Domäne in der inneren Membran verankert, wobei der grösste Teil des Proteins zum Periplasma orientiert ist (Frenken et al., 1993a; Schneidinger, 1997). Aminoterminale Modifikationen oder Verkürzungen führen nicht zu einem Verlust der Aktivität, was zeigt, dass dieser Membrananker nicht für die Funktion der Foldasen notwendig ist (Shibata et al., 1998a; Quyen et al., 1999). In welchem stöchiometrischen Verhältnis Lipase und Foldase in vivo vorliegen müssen um eine quantitativ optimale Faltung der Lipase zu gewährleisten, ist nicht bekannt, doch lassen "crosslinking" Studien auf ein 1:1-Verhältnis (Shibata et al., 1998a), Ergebnisse aus Rückfaltungstests auf ein 1:4-Verhältnis schliessen (Ihara et al., 1995). Sowohl die Bildung von Komplexen zwischen Foldase und Lipase (Shibata et al., 1998a), wie auch der eigentliche Aktivierungsprozess des Enzyms sind hierbei Calciumabhängig (Schneidinger, 1997; Seuter, 1998; Shibata et al., 1998a). Bei der Expression des Lipase-/Foldase-Systems aus B. cepacia konnte demonstriert werden, dass im heterologen Wirt E. coli vorliegendes Lif-Protein ohne weitere nachfolgende Synthese Lipase aktivieren konnte, deren Expression später induziert wurde (Aamand et al., 1994). Bei der Umkehrung der selektiven Expressions-Induktion, konnten weder bereits im Periplasma befindliche Lipase aus B. cepacia, wie auch aus P. aeruginosa, durch nachträgliche Produktion von Foldase Protein aktiviert werden (Aamand et al., 1994; Rösmann, 1998). Bemerkenswert ist, dass die Lif-Proteine aus B. cepacia und P. aeruginosa ebenso mit hoher Affinität native, aus Kulturüberständen gereinigte Lipase binden (Hobson et al., 1995; Ihara et al., 1995; Schneidinger, 1997). Für die native Lipase aus P. aeruginosa wurde darüberhinaus sogar eine Inhibierung der Lipaseaktivität in Gegenwart von gereinigtem Lif-Protein beschrieben (Schneidinger, 1997). Zur Zeit ist noch nicht völlig geklärt, an welchem Punkt der Faltung einer Lif-abhängigen Lipase die Aktivität der Foldase notwendig ist, um eine effiziente 15 1. Einleitung Aktivierung des Enzyms zu gewährleisten. Auch ist nicht vollständig verstanden, wie der Komplex aus Foldase und Lipase nach Beendigung der Lipase-Faltung in vivo aufgelöst wird. Die vom Sec-Apparat vermittelte Translokation über die innere Membran erfordert einen ungefaltenen Zustand des sekretorischen Proteins (denBlaauwen und Driessen, 1996; Driessen et al., 1998), so dass die Interaktion zwischen Lif-Protein und Lipase wahrscheinlich unmittelbar nach oder bereits während der Sec-abhängigen Translokation der ungefaltenen Lipase erfolgt. El Khattabi et al. wiesen kürzlich dem Lif-Protein aus B. glumae die Funktion eines sog. „sterisches Chaperons“ zu, dass im Faltungsprozess der Lipase eine abschliessende Konformationsänderung zum aktiven Zustand vermittelt. Bei Rückfaltungsexperimenten mit denaturierter Kulturüberstandslipase wurde ein Intermediat nachgewiesen, dass durch biophysikalische Methoden nicht von der aktiven Konformation der Lipase unterscheidbar war, selber aber keine enzymatische Aktivität besass. Erst durch Zusatz der Foldase erlangte dieses durch Selbstfaltung entstandene Intermediat enzymatische Aktivität (El Khatabi et al., 2000). Die Stabilität der Interaktion ermöglicht methodische Ansätze wie die Koimmunopräzipitation (Hobson et al., 1995), die chromatographische Reinigung in vitro formierter Komplexe (Shibata et al., 1998b) oder Affinitätsblotting (Schneidinger, 1997; Seuter, 1998, Friedrich, 2001). Die Dissoziation ebenfalls in vitro gebildeter Komplexe aus der Lipase und dem Lif-Protein aus Pseudomonas sp. 109 soll durch einen „lipase activation factor“,eine niedermolekulare Verbindung, gefördert werden, die aus Ganzzellextrakten dieses Stammes isoliert (Tanaka et al., 1999a) und kürzlich als reduziertes Glutathion identifiziert wurde (Tanaka et al., 2000). Die Mechanismen, die in vivo die Auflösung von Lipase/ Foldase-Komplexen bewirken sind allerdings ebensowenig bekannt, wie die exakte räumliche Lokalisierung des Lif-Proteins in der inneren Membran. Durch chemisches "crosslinking" in vivo (A. Filloux, persönliche Mitteilung) und Fluoreszenz-QuenchingMessungen mit gereinigten Komponenten (P. van Gelder, persönliche Mitteilung) konnten allerdings Hinweise erbracht werden, dass das Lif-Protein aus P. aeruginosa mit Proteinen des Xcp-Apparats interagiert, so dass möglicherweise das Exportsignal nicht nur in der Lipase selbst, sondern in der Struktur des Lipase-/ Foldase-Komplexes festgelegt ist (Filloux et al., 1998; Sandkvist et al., 2001) und die Dissoziation des Komplexes Folge einer Erkennung durch den Sekretionsapparat sein könnte. 16 1. Einleitung ss lip lif Lipase-Operon ss im Sec p Lif Proteasen Lip Secretions-Apparat äm Dsb Reife Lipase Abb. 4 Sekretion und Faltung der Lipase aus P. aeruginosa (modifiziert nach Rosenau und Jäger, 2000). Die als Präprotein mit einem Signalpeptid von 26 AS Länge (SS; dicke schwarze Linie) synthetisierte Lipase wird über einen Sec-abhängigen Mechanismus über die innere Membran (iM) transportiert. Nach Abspaltung des Signalpeptids und Interaktion mit der spezifischen, membranverankerten Foldase (Lif) erfolgt die Faltung des Enzyms in eine enzymatisch aktive, sekretionskompetente Konformation. Dieser Prozess wird von periplasmatischen Faltungsmediatoren begünstigt, darunter die Dsb-Proteine, die die Ausbildung von Disulfidbrücken katalysieren. Missgefaltene Lipasemoleküle werden wahrscheinlich von einem System periplasmatischer Proteasen degradiert. Es ist nicht bekannt, ob die periplasmatische Faltung bzw. Degradation stattfindet, während die Lipase noch komplexiert mit der inneren Membran vorliegt, oder erst nach der Auflösung des Lipase/Lif-Komplexes. Die abschliessende Sekretion des reifen Enzym über die äussere Membran (äM) erfolgt über einen in P. aeruginosa aus den sog. Xcp-Proteinen gebildeten TypIISekretionsapparat. 17 1. Einleitung Ziele der Arbeit Die Lipase aus Pseudomonas aeruginosa besitzt ein grosses biotechnologisches Potential als Biokatalysator für verschiedenste Anwendungen. Die Regulation der Genexpression und der physiologischen Vorgänge, die zur Produktion enzymatisch aktiver und in das extrazelluläre Medium sekretierter Lipase führen sind nicht vollständig verstanden. Ein essentieller Schritt ist die periplasmatische Faltung und der nachfolgende Export über die äussere Membran. Es sollte in dieser Arbeit demonstriert werden, dass die Produktion enzymatisch aktiver und sekretierter Lipase in einem nicht humanpathogenen Wirtsbakterium prinzipiell möglich ist. Hierbei war von Interesse, inwieweit der aus 11 verschiedenen Proteinen bestehende XcpExportapparat in nah verwandten Organismen funktionell ist. Dabei stand es im Mittelpunkt des Interesses, die Produktion der Lipase in dem heterologen Wirt zu charakterisieren, um gegebenenfalls eine Produktion des Enzyms in industriellem Massstab zu ermöglichen. Für Anwendungen im Labormassstab sollte ein Überexpressionssystem entwickelt werden, dass eine effiziente Überexpression enzymatisch aktiver extrazellulärer Lipase erlaubt, etwa zur Durchmusterung von Bibliotheken modifizierter Lipasegene. Das Lipaseoperon weist einige strukturelle Besonderheiten auf genetischer Ebene auf, deren Bedeutung für die Physiologie der Lipaseproduktion untersucht werden sollte, darunter die 49 Nukleotide umfassende intergenische Region. Es sollte daher untersucht werden, welchen Einfluss die intergenische Region auf die Expression der Foldase besitzt. Ferner sollte untersucht werden, ob das Foldaseprotein einen limitierenden Faktor für die Lipaseproduktion darstellen kann. Gegebenenfalls sollte diese Limitierung näher charakterisiert werden. Dies sollte auch mit Hinblick auf eine potentielle Steigerung der Lipaseproduktion geschehen. Dabei sollten auch Mechanismen untersucht werden, die regulatorisch auf die Lipase- und Foldaseproduktion wirksam sind. Die lipasespezifische Foldase LipH ist unter nativen Bedingungen über eine Transmembrandomäne in der inneren Membran verankert. Die physiologische Bedeutung dieser Membranverankerung sollte im Hinblick auf die Lipaseproduktion in vivo untersucht werden. 18 2. Material und Methoden 2. Material und Methoden 2.1 Bakterien und Plasmide Tab. 1 Übersicht verwendeter Bakterienstämme Stamm Genotyp E. coli JM109 F’ traD36 lacIq ∆(lacZ)M15 proAB Yanisch-Perron et al. (1985) /e14-(McrA-) ∆(lac-proAB) thi r gyrA96 (Nal ) endA1 hsdR17 (rK- mK+) relA1 supE44 recA1 E. coli JM101 F’ traD36 lacIq ∆(lacZ)M15 proAB Yanisch-Perron et al. (1985) ∆(lac-proAB) thi supE1 E. coli S17-1 thi pro hsdR-M+ mit chromosomal integriertem [RP4-2-Tc::Mu:Kmr: :Tn7, Tra+ Trir Strr] Simon et al. (1983) E. coli DH5α φ80dlacZ∆M15recA1 endA1 gyrA96 thi-1 hsdR17 (rK-, mK+) supE44 relA1 deoR ∆(lacZYAargF) U169 Hanahan (1983) P. aeruginosa PAO1 Wildtyp Holloway et al. (1979) P. aeruginosa PABS1 ∆lipA/H Schneidinger (1997) P. aeruginosa PASCH I estA::ΩSmr/Spr Schäfer (1998) P. aeruginosa PASCH II ∆lipA/H, estA::Ω Smr/Spr Schäfer (1998) P. aeruginosa chpA-lipC- ChpA::Tetr, lipC::Gmr diese Arbeit P. aeruginosa lipC- lipC::Gmr diese Arbeit P. aeruginosa PAFR T7.7 lipA::T7-RNA-Polymerase P. aeruginosa PAFR T7.7 L lipA::T7-RNA-Pol lasB::Kmr Rosenau et al. (1998), diese Arbeit diese Arbeit P. aeruginosa PABST7.1 P. putida BMTU650 ∆lipA/H; mit chromosomal integriertem D180-Tetr lacIq T7RNA-Polymerase ∆lipA/H lipC::Gmr; mit chromosomal integriertem D180Tetr lacIq T7-RNA-Polymerase Insertion ΩGmr zwischen lipAStopkodon und IR Wildtyp P. aeruginosa 2B18 pilD(xcpA)::Tn5 P. aeruginosa PABST7.1C P. aeruginosa ΩGmP Referenz/Bezugsquelle Rosenau et al. (1998), diese Arbeit diese Arbeit diese Arbeit Roche-Diagnostics, Penzberg, Deutschland Strom et al. (1991) 19 2. Material und Methoden Tab. 2 Liste der verwendeten Vektoren und Plasmide mit weitem Wirtsbereich. Plasmide mit weitem Wirtsbereich pUCPKS/ SK pBBR1MCS pML5(B+) pEB1 pBR22b pLAFR3 pAX24 pML5xcpR pMLlipA pMLAH(PE) pMLlipA(PP) pMLAH(AE) pMLlipH pUCPLip1 pUCPLip1X pUCPL7 pBBL7 pBBL7IR-O pBBL7IR-2 pBBL7IR-SD pBBL7IR-SL pBBL7SS pBBL7-CP pBBL8 pBBL8IR-O pBBL8IR-2 pBBL8SS pBBL8-CP genetische Eigenschaften Referenz ColE1-SF Ampr lacZα Plac PT7 Cmr mob lacZα Plac PT7 lacZYA mob Tcr (2. BamHISchnittstelle) pUCP+Mini-D3112-Element, lacIq induzierbare T7-RNA Polymerase Cmr mob lacIq PT7Φ10 IncP1, λcos, rlx, Tcr pLAFR3+12,5kb chromosomale DNA (P.a.) mit xcp-Gen cluster pML5+ScaI/PstI-Fragment, 417 bp, PxcpR pML5+XhoI/PaeI Fragment, PlipA pML5+PaeI/Eco47 Fragm. 5'∆lipA,lipH pML5+PaeI/PpuMI Fragm. 5'∆lipA pML5+ AgeI/Eco47 Fragm. 5'∆lipA, lipH pML5+PpuMI/Eco47 Frag. IR lipH pUCPKS+XmnI/SmaI-Fragment, 2,8 kb, lipA/H, Plac XhoI-Fragment, 4,8 kb, lipA/H pUCPKS+XmnI/SmaI-Fragment, 2,8 kb, lipA/H, PT7 pBBR1MCS+XmnI/SmaI-Fragment, 2,8 kb, lipA/H, Plac pBBL7 mit GTG→ATG Austausch lipH pBBL7IR-O + verbesserte RBS pBBL7IR-O potentieller stem-loop der IR deletiert pBBL7IR-O potentieller stem-loop der IR verlängert pBBL7, Membrananker lipH durch SS ersetzt pBBL7, Membrananker lipH deletiert pBBL7 ∆lipA pBBL8 mit GTG→ATG Austausch lipH pBBLIR-O + verbesserte RBS pBBL8, Membrananker lipH durch SS ersetzt pBBL8, Membrananker lipH deletiert Watson et al. (1996) Kovach et al. (1994) Labes et al. (1990) Brunschwig & Darzins, 1992 diese Arbeit Friedemann et al., 1982 Filloux et al., 1990 diese Arbeit Düfel, 2000 diese Arbeit diese Arbeit diese Arbeit diese Arbeit diese Arbeit diese Arbeit diese Arbeit Düfel, 1995 diese Arbeit diese Arbeit diese Arbeit diese Arbeit diese Arbeit diese Arbeit Schneidinger, 1997 diese Arbeit diese Arbeit diese Arbeit diese Arbeit Tab. 3 Liste der verwendeten Vektoren und Plasmide für E. coli. 20 2. Material und Methoden Plasmide für E. coli. pME3087 genetische Eigenschaften ColE1, oriT, mob, tetA tetR Referenz Voisard et al., 1994 pMELipT7 pME3087+lacIq-T7-RNA-Pol::lipA, lipH Rosenau et al., 1998 pSUP202 ColE1, mob, Ampr, Cmr, Tcr Simon et al., 1983 pSUPAGmH pSUP202+ lipA, ΩGmr in PpuMI, lipH diese Arbeit pBCSK ColE1, PT7 PT3 Plac lacZα Cmr Stratagene, Heidelberg pLip3-S pBluescript+XmnI/SmaI Fragm. lipA/H Schneidinger, unveröffentlicht 2.2 Oligonukleotide Tab. 4 Übersicht der verwendeten Oligonukleotide. Die aufgeführten Oligonukleotide wurden bei der Firma Interactiva, Ulm bestellt. Name IR-O+ IR-O- DNA-Sequenz (5’→3’ bzw. 3'→5' Richtung) und eingefügte Beschreibung Erkennungssequenzen für Restriktionsendonukleasen und überhängende Enden 5'CTAGATAGGACCCCGGCCGGGGCCTCGGCCCCGGCCCTTTCCC originale IR; XbaI + NdeIGGAAGCCCCCTCA3' Überhang 5'TATCCTGGGGCCGGCCCCGGAGCCGGGGCCGGGAAAGGGCCT originale IR; XbaI + NdeITCGGGGGAGTAT3' Überhang IR-2+ 5'CTAGATAGGACCCCGGCCGGGGCCTCGGCCCCGGCCCTTTAA GAAGGAGATATACA3' IR-2- 5'TATCCTGGGGCCGGCCCCGGAGCCGGGGCCGGGAAATTCTTC CTCTATATAT3' modifizierte RBS; XbaI + NdeI-Überhang modifizierte RBS; XbaI + NdeI-Überhang IR-SD+ 5'CTAGATAGGACCCCCTTTCCCGGAAGCCCCCTCA3' Haarnadeldele tion; XbaI + NdeI-Überhang IR-SD- 5'TATCCTGGGGCCGGCCCCGAAAGGGCCTTCGGGGGAGTAT3' Haarnadeldele tion; XbaI + NdeI-Überhang IR-SL+ 5'CTAGATAGGACCCCGGCCGGGGGGGGCCTCGGCCCCCCCCGG Haarnadel CCCTTTCCCGGAAGCCCCCTCA3' verlängert; XbaI + NdeIÜberhang IR-SL- 5'TATCCTGGGGCCGGCCCCCCCCGGAGCCGGGGGGGGCCGGGA Haarnadel verlängert; AAGGGCCTTCGGGGGAGTAT3' XbaI + NdeIÜberhang PE LipH1 PE LipH2 5'GCGGAGGCTGCTGGCGGGGCGTGG3' 5'CTTTGCTGCAGGGGCTCTTCGCC3' 2.3 Chemikalien, Enzyme und Antiseren Alle verwendeten Chemikalien wurden in p.A.-Qualtität bei folgenden Firmen bezogen: 21 2. Material und Methoden Sigma (Deisenhofen), Roche Diagnostics (Mannheim), Biomol (Hamburg), Merck (Darmstadt), Riedel de Haën (Seelze), Roth (Karlsruhe) und Serva (Heidelberg). Antibiotika wurden bei den Firmen Serva, Sigma und Gerbu (Geilberg) gekauft. Restriktionsendonukleasen wurden von den Firmen MBI Fermentas (St. Leon-Rot), Gibco BRL (Eggenstein), New England Biolabs (Schwalbach) und Stratagene (Heidelberg) bezogen. Weitere Enzyme wurden von Sigma (Trypsin, Lysozym), MBI Fermentas (T4-DNA-Ligase, Ribonuclease A, T4-DNA-Polymerase) und Stratagene (Pfu-DNA-Polymerase) gekauft. Medienkomponenten von den Firmen Difco (Detroit, USA), Gibco BRL und Oxoid (Wesel) fanden Verwendung. Der Antikörper, Ziege-Anti-Kaninchen-Meerrettich-Peroxidase-Konjugat, wurde von der Fa. BioRad (München) bezogen. 2.4 Anzucht der Bakterien Alle Nähr- und Testmedien wurden 20 min bei 121°C und 200 kPa autoklaviert. Hitzelabile Komponenten wurden sterilfiltriert (Millipore-Membranfilter, Porendurchmesser 0,25 o. 0,45 µm) und dem Medium (≤60°C) nachträglich zugesetzt. 2.4.1 Nährmedien Im folgenden werden Flüssigmedien beschrieben, wurden von diesen Medien Agarplatten benötigt, so wurden falls nicht anders beschrieben, 15 g/l Agar zugegeben. LB-Medium (Sambrook et al., 1989) 10 g/l Trypton; 10 g/l NaCl; 5 g/l Hefeextrakt. 2 x LB-Medium Die Inhaltsstoffe des LB-Mediums, ausser NaCl, werden verdoppelt. M9-Medium (Sambrook et al., 1989) Lösung I 40 g/l Glucose Lösung II 20 g/l MgSO4 • 7 H2O Lösung III 2 g/l CaCl2 x 2 H2O Lösung IV 70 g/l Na2HPO4 • 2H2O; 30 g/l KH2PO4; 5 g/l NaCl; 10 g/l NH4Cl Die Lösungen werden getrennt autoklaviert und in folgenden Mengen eingesetzt: 10% (v/v) Lsg. I; 1% (v/v) Lsg. II; 1% (v/v) Lsg. III; 10% (v/v) Lsg. IV LB/M9 Medium (Sambrook et al., 1989) 50 % (v/v) 2x LB-Medium und die o.g. Mengen des M9-Mediums werden vermischt. NB-Medium (Sambrook et al., 1989) 8 g/l Pepton; 4 g/l NaCl Trypton-Phosphat-Medium (TP) (Moore et al., 1993) 20g/l Pepton, 2g/l Na2HPO4, 1g/l KH2PO4, 15g/l Hefeextrakt 2.4.2 Testmedien α-Komlementations-Agar (Sambrook et al., 1989) 1 ml 100 mM IPTG in 70% (v/v) Ethanol; 3 ml 2% (w/v) X-Gal in DMF; 300 ml LB-Agar IPTG und X-Gal wurden vor Gebrauch jeweils frisch angesetzt. Tributyrin-Agar (Kok et al., 1993) 7,5 ml Tributyrin und 0,75g Gummi arabicum ad 15 ml A. dest. Mischen, mit Ultraschall (3 min, 75 W, 100%) das Tributyrin emulgieren und zu 500 ml autoklaviertem NB-Agar (60°C) geben. Skim Milk Agar 5% (w/v) Magermilchpulver (30 min, 105°C) in LB-Agar. Proteaseaktivität zeigt sich durch 22 2. Material und Methoden klare Hofbildung um die Bakterienkolonie. 2.4.3 Kultivierung von Bakterien E. coli und P. aeruginosa wurden bei 37°C und P. putida bei 30° in LB-Medium kultiviert. Gegenüber dem Wildtyp veränderte oder plasmidtragende Bakterien wurden unter Selektionsdruck angezogen. Tab. 5 Konzentration der, zur Selektion eingesetzten Antibiotika Ampicillin Carbenicillin Chloramphenicol Gentamycin Irgasan Kanamycin Streptomycin Spectinomycin Tetracyclin für E. coli [µg/ml] 100 100 50 15 --50 50 50 50 für P. aeruginosa /P. putida [µg/ml] [µg/ml] ----500 --350 450 30 --25 25 ----100 --100 --100 100 Kulturvolumina bis 5 ml wurden in Reagenzgläsern im Brutroller und grössere Volumina in Erlenmeyerkolben auf einem Rundschüttler bei 180-220 Upm inkubiert. Als Übernachtkulturen (ÜK) wurden Ansätze bezeichnet, die mindestens 16 h bebrütet wurden. Hauptkulturen wurden aus ÜK auf eine O.D.580nm = 0,05 beimpft. Die Zelldichte einer Kultur wurde durch Trübungsmessung in einem Spektralphotometer bei einer Wellenlänge von 580 nm bestimmt Als Referenz diente das entsprechende Medium. Testkulturen wurden von Stammplatten mit Einzelkolonien bzw. mit verdünnten Flüssigkulturen beimpft und 15-48 h unter Selektionsdruck auf entsprechenden TestAgarplatten bei 37°C bebrütet. Für Gefrierkulturen wurden 1,3 ml einer ÜK mit 0,1ml DMSO vermischt und bei -80°C gelagert. 2.5 Präparation von Plasmid-DNA Die Standard-Präparation von Plasmid-DNA erfolgte nach der Methode der alkalischen Lyse (Birnboim & Doly, 1979) oder durch das Mini-/Midipräp. Kit der Fa. Qiagen (Hilden). Zur Mini-/Midi-Präparation von Plasmid-DNA wurden die mitgelieferten Puffer der Fa. Qiagen verwendet und nach den Angaben des Herstellerprotokolls vorgegangen. 2.6 Präzipitation von DNA durch Alkohol / Isopropanolfällung Salzige Nucleinsäurelösungen wurden mit 0,7 Volumen Isopropanol bei RT versetzt, gemischt und zentrifugiert (13000 Upm, 30 min, RT). Das Sediment mit 70% Ethanol gewaschen und die DNA nach erneuter Zentrifugation getrocknet und in A. dest. oder TEPuffer resuspendiert. 2.7 Konzentrationsbestimmung von DNA Die Konzentration von DNA in wässriger Lösung wurde spektralphotometrisch (Ultrospec II 23 2. Material und Methoden GeneQuant; Pharmacia, Freiburg) bestimmt. In Agarosegelen erfolgte die Mengenabschätzung der DNA anhand der 1,6 kb Bande des Molekulargewichtsstandards (1 kb-ladder, Gibco BRL). Nach Herstellerangabe enthält diese Bande 10 % der insgesamt eingesetzten MarkerDNA. Bei einer DNA-Gesamtmenge von 333 ng entfallen auf die 1,6 kb-Bande 33 ng. 2.8 Agarosegelelektrophorese (Sambrook et al., 1989) Zur Trennung von DNA-Fragmenten bis 1 kb Grösse wurden Gele mit einer Agarosekonzentration von 1,5% verwendet. Grössere Fragmente wurden in 0,4-0,8%igen Agarosegelen aufgetrennt. Die entsprechende Agarosemenge wurde eingewogen und in gewünschtem Volumen von 0,5fach TBE-Puffer (1x: 89 mM Tris/HCl pH 8,3; 89 mM Borat; 2,5 mM EDTA) durch Erhitzen in der Mikrowelle gelöst. Zur Anfärbung der DNA wurde 1µl Ethidiumbromidlösung (0,5% (w/v) Ethidiumbromid) pro 10 ml Gel-Lsg. zugegeben. Die Elektrophorese wurde mit 0,5x TBE- Laufpuffer durchgeführt. Vor dem Auftragen wurden die DNA-Proben mit DNA-Probenpuffer [5x: 100 mM EDTA, 44% (v/v) Glycerol, 0,05% (w/v) BPB] versetzt. Der DNA-Molekulargewichtsstandard "1kb-Leiter" Fa. Gibco BRL (Eggenstein) wurde mit aufgetragen. Die Agarosegele wurden mit der Videodokumentationsanlage "Gel Print 2000i (MWG Biotech, Ebersberg) dokumentiert. 2.9 Elution von DNA aus Agarosegelen (Vogelstein & Gillespie, 1989) Zur Elution von DNA aus Agarosegelen wurde das "NucleoSpin" Extrakt der Fa. MachereyNagel verwendet. Zur Isolierung des gewünschten DNA-Fragments wurde dieses aus dem Agarosegel ausgeschnitten und eluiert. Die Elution der DNA erfolgte nach den Angaben des Herstellers unter Verwendung der mitgelieferten Puffer und Lösungen. 2.10 In vitro-Rekombination von DNA 2.10.1.Hydrolytische Spaltung von DNA durch Restriktionsendonukleasen Zur gezielten hydrolytischen Spaltung von Phosphodiesterbindungen innerhalb spezifischer Basensequenzen von DNA wurden ausschliesslich Restriktionsendonukleasen des Typs II (DNA-Bindungsstelle ist identisch mit Schnittstelle) eingesetzt. Um eine vollständige Hydrolyse zu gewährleisten, wurden pro µg DNA 5 U der entsprechenden Endonuklease in den Restriktionsansatz eingesetzt und 2 h bei benötigter Temperatur inkubiert. Für optimale Reaktionsbedingungen wurde der vom Hersteller mitgelieferte Puffer eingesetzt. 2.10.2 Hybridisierung von Oligonukleotiden zu doppelsträngiger DNA Synthetische Oligonukleotide zur Erzeugung modifizierter intergenischer Regionen wurden in äquimolaren Verhältnissen gemischt, im Thermocycler durch 10 min Inkubation bei 96 °C vollständig denaturiert, dann bei 60°C für 1 h inkubiert und abschliessend binnen 1h langsam auf RT abgekühlt. 2.10.3 Ligation von Vektor- und Fragment-DNA Die Ligation von DNA-Fragmenten und entsprechend hydrolysierter Vektor-DNA wurde durch die T4-DNA-Ligase katalysiert. Die Ligase ist in der Lage, unter Hydrolyse von ATP die kovalente Verknüpfung benachbarter 3´-Hydroxy- und 5´-Phosphatenden doppelsträngiger DNA-Moleküle zu bilden. Das Enzym wurde nach Herstellerprotokoll im mitgelieferten Puffer eingesetzt und 2 h bei RT inkubiert. Die Vektor- und die zu inserierende DNA wurden im molaren Verhältnis von 1:3 eingesetzt. 2.11 Sequenzierung von DNA 24 2. Material und Methoden Die Sequenzierungen wurden als Auftragsarbeit am Lehrstuhl für molekulare Neurobiochemie (Ruhr-Universität-Bochum) oder von IIT Biotech/Bioservice, Zentrales Isotopenlabor, Universität Bielefeld durchgeführt. 2.12 Transformation von Escherichia coli mit Plasmid-DNA (Hanahan, 1983) LB-Medium wurde mit 0,02 Volumen Mg2+- Mix (je 500 mM MgCl2 und MgSO4) versehen und aus einer E.coli ÜK beimpft. Bei Erreichen einer O.D.580nm= 0,5 wurden die Zellen geerntet (3 min, 8000 Upm, 4°C), in halbem Volumen eiskaltem Transformationspuffer (100 mM CaCl2, 50 mM RbCl2, 40 mM MnCl2) resuspendiert und 30 min auf Eis inkubiert. Nach erneuter Zentrifugation wurde das Zellsediment dann in einem Zehntelvolumen TMF aufgenommen. Die kompetenten Zellen wurden nach Zugabe von 20% (v/v) Glycerol bei 80°C eingefroren. Kompetente Zellen wurden zu der DNA gegeben und 30 min auf Eis inkubiert. Nach dem Hitzeschock (42°C; 3 min) wurden 0,7 ml LB-Medium zugegeben, für 0,5 3 h (je nach Art der Antibiotikaresistenz und des Replikationsursprungs) bei 37°C inkubiert und anschliessend auf den entsprechenden Selektivagarplatten ausplattiert. Gleichbehandelte Bakterienansätze denen keine DNA zugesetzt wurde, dienten als Negativ-Kontrolle. 2.13 Übertragung von Plasmid DNA durch Konjugation Zur Einbringung von Plasmid-DNA in P.aeruginosa wurde die Methode der biparentalen Konjugation angewendet. Die konjugierbaren Plasmide (mit mob-Genen) wurden in den Stamm E. coli S17-1 transformiert, in dem die Transfer-Gene (tra-Gene) chromosomal integriert vorliegen. Die Anzucht erfolgte für E. coli bis zur logarithmischen Wuchsphase (O.D.580nm 0,5-0,7) und für P. aeruginosa bei genau 43°C ü.N. (Ianenko et al., 1983). 5 ml der Flüssigkultur des Rezipientenstamms und 2 ml des Donorstamms wurden vermischt und zentrifugiert (10 min, 8000 Upm, 4°C). Das Zellsediment wurde resuspendiert und auf eine LB-Agarplatte gegeben. Der Konjugationsansatz wurde 4 h oder über Nacht bei 37°C bebrütet, danach in 1 ml steriler Saline (0,9 % (w/v) NaCl) resuspendiert. Jeweils 0,1 ml des Bakteriengemisches wurden unverdünnt, bzw. in verschiedenen Verdünnungen auf SelektivAgarplatten plattiert. Zur Kontraselektion von E. coli wurde Irgasan (25µg/ml) eingesetzt. 2.14 Erzeugung von Mutanten in P.aeruginosa 2.14.1"Allelenaustausch" (verändert nach Voisard et al., 1994) Durch insertion selektierbarer Antibiotikaresistenzkassetten inaktivierte Gene wurden in die in P. aeruginosa nicht replizierenden (Suizid) Vektoren pME3087 oder pSUP202 subkloniert. Die resultierenden Mutageneseplasmide wurden durch konjugativen Transfer mittels E. coli S17.1 in P. aeruginosa-Ausgangsstämme eingebracht. Die Transkonjuganden wurden auf LBAgarplatten mit beiden Antibiotika selektiert gegen die das Mutageneseplasmid Resistenz verlieh, gegen den Donorstamm wurde mit Irgasan selektiert. Durch mehrmalige Anzucht ohne Selektionsdruck und anschliessender Selektion auf die Antibiotikaresistenz der im Zielgen inserierten Resistenzkassette wurden Mutanten isoliert, die das zweite Rekombinationsereignis durchgeführt hatten. Der Verlust des Vektoranteils wurde durch Gegenselektion überprüft und die Mutante phänotypisch charakterisiert. 2.14.2 Zufällige Integration durch Phageninfektion 25 2. Material und Methoden (Darzins & Casdaban, 1989; Brunschwig & Darzins, 1992) P. aeruginosa CD10 mit dem Plasmid pEB1 wurde durch Hitzeinduktion des Prophagen D3112 bei 42°C lysiert und so ein Gemisch aus Partikeln des Phagen und des verpackten Plasmids gewonnen. Das Lysat wurde zweimal sterilfiltriert. Eine ÜK des Lipase/ Foldasenegative Stamm P. aeruginosa PABS1 wurde mit 1/10 Volumen des Lysats für 2 h bei RT inkubiert und dann in Verdünnungen auf Tetrazyklinhaltigen LB-Agarplatten ausplattiert. Resistente Klone wurden mehrfach auf dem selben Medium vereinzelt und dann durch Anzucht in Flüssigmedium bei 42 °C auf das Vorhandensein des Phagen überprüft. 2.15 Transkriptionsstart-Bestimmung durch "Primer extension"-Analyse 2.15.1 Isolierung von Gesamt-RNA Die Isolierung von Gesamt-RNA erfolgte modifiziert nach Chomczynski & Sacchi (1987) durch saure Guanidinium-Thiocyanat-Phenol-Chloroform- Lösung direkt aus Bakterien. Zellen aus 5 ml einer Kultur wurden geerntet (5', 13000UpM, 4°C) und in 500µl "total RNA isolation reagent" (Biomol, Hamburg) resuspendiert, 5 min inkubiert, mit 100 µl Chloroform versetzt und zentrifugiert (10', 13000UpM, 4°C). Die RNA-enthaltende wässrige Phase wurde abgenommen und die RNA mittels Isopropanol (400µl) gefällt, 2x gewaschen (je 10', 13000UpM, 4°C), getrocknet und in 20µl DEPC(Diethylpyrocarbonat)-behandeltem Wasser aufgenommen, und bei -80°C gelagert. 2.15.2 "Primer extension" Analyse (modifiziert nach Myöhänen und Wahlfors, 1993) Alle benutzten Geräte wurden durch 2xiges autoklavieren und alle Lösungen duch Einsatz von DEPC RNAse-frei gemacht. Zunächst wurde mit der Gesamt-RNA (2.15.1) die Anlagerung der spezifischen, markierten Oligonukleotide (primer) (PELipH1/2, 2.2) durchgeführt. Der Reaktionsansatz (10µl) enthielt 5-10 µg RNA, 50 pmol primer, 2 µl "annealing"-Puffer (1,25 M KCl, 10 mM Tris-HCL, 1 mM EDTA, pH 7,9) und 1 µl RNAse-Inhibitor. Der Ansatz wurde zunächst denaturiert (10', 85°) und anschliessend 2h bei 40-55°C (Schmelztemperatur primer -15°C) inkubiert zur Anlagerung der primer. Die reverse-Transkriptase Reaktion wurde durch Zugabe von 24µl "primer-extension-Mix" (0,5 U SuperscriptTM reverse Transkriptase,330µM dNTPs, 20 mM DTT, 10mM MgCl2, 20 mM Tris-HCl, pH 8,3) gesartet und 45 min bei 37°C inkubiert. Die Präzipitation der RNA erfolgte durch Ethanol (300µl, 100%, 20 min, -80°C) mit anschliessender Zentrifugation (15 min, 13000 UpM, 4°C) und wurde nach Trocknung bei RT in 7,5 µl TE (10 mM Tris-HCl, 1 mM EDTA, pH 7,5) aufgenommen und 15 min bei 65°C gelöst. Nach Zugabe von 6 µl ALF-Stop-Mix (Pharmacia, Freiburg) wurden die Ansätze eingefroren (-20°C) oder weiter verwendet. Die Detektion und Referenzsequenzierung wurde als Auftragsarbeit durchgeführt (Lehrstuhl für Molekulare Neurobiochemie, Ruhr-Universtiät Bochum). Die Auswertung erfolgte mittels der "ALFwinTM" Evaluation software (Pharmacia). 26 2. Material und Methoden 2.16 Gewinnung von Kulturüberständen Die Zelldichte einer Flüssigkultur (10 ml Kulturvolumen, 24 h bei 37°C gewachsen) wurde bestimmt (O.D.580 nm) und die Zellen durch Zentrifugation (5 min, 7500 Upm) geerntet. Der Überstand wurde abgenommen, im Bedarfsfall sterilfiltriert (Schleicher und Schüll, NC45 Membranfilter, 0,45µm Porendurchmesser) und/oder konzentriert (Amicon, Centricon 10) und sofort verwendet oder bis zur weiteren Verwendung bei -20°C gelagert. Das Zellsediment wurde für die Herstellung von Gesamtzellextrakt verwendet. 2.17 Herstellung von Gesamtzellextrakten (GZE) Das unter 2.14 gewonnene Zellsediment wurde in Puffer (100 mM Tris/HCl, pH 8,0) gewaschen (5 min, 7500Upm). Dann nochmals im gleichen Puffers aufgenommen und anschliessend einer Ultraschallbehandlung unterzogen (Branson-Sonifier W250, 2 min, Leistungszyklus 50 %, 20 Watt). Das Volumen wurde bis zum entnommenen Probenvolumen (2.14) mit Waschpuffer aufgefüllt. Bei grossen Kulturvolumina wurde der GZE mittels zweier Passagen (1500 psi) durch eine "French-Press" (SLM-AMINCO Version 5.0, SLM Instruments Int., Urbana, USA) gewonnen. Der GZE wurde in Enzymtests eingesetzt oder bis zur weiteren Verwendung bei -20°C gelagert. 2.18 Herstellung von Späroplasten (Witholt et al., 1976) 200 mg Zellen (Trockengewicht, exponentielle Wuchsphase) wurden in 20 ml Puffer A (100 mM Tris-HCl pH 8,0; 20% [w/v] Saccarose) resuspendiert und 5 min bei RT inkubiert. Dann wurden 20 ml Puffer B (Puffer A + 5 mM EDTA) und 2 mg Lysozym zugegeben und für 30 min bei RT inkubiert. 2.19 Herstellung der Periplasma-, Cytoplasma- und Membranfraktion (Pedrotta & Witholt, 1999) Die generierten Sphäroplasten wurden für 20 min zentrifugiert (10000xg) und der Überstand wurde als Periplasmafraktion bezeichnet. Die sedimentierten Sphäroplasten wurden in 15 ml Puffer C (100 mM Tris-HCl pH 8,0; 20 mM MgCl2) resuspendiert und DNAse (0,01 mg/ml) zugefügt. Die Späroplasten wurden mittels zwei Passagen durch eine "French-Press" aufgeschlossen, Zelltrümmer durch Zentrifugation (10 min, 5000xg) entfernt. Gesamtmembranen wurden durch Ultrazentrifugation (2 h, 250000xg) sedimentiert und der resultierende Überstand als Cytoplasmafraktion genutzt. Die Membranen wurden in 5 ml Puffer D (50 mM KPi, pH 7,2) resuspendiert. 2.20 Enzymtests 27 2. Material und Methoden 2.20.1 Bestimmung der Lipaseaktivität (Winkler & Stuckmann, 1979) In basischer Lösung adsorbiert abgespaltenes p-Nitrophenol Licht der Wellenlänge λ = 410 nm. Die O.D.410nm ist somit ein Mass für die Aktivität der Lipase. Substratemulsion: 207 mg Natriumdesoxycholat, 100 mg Gummi arabicum, 90 ml Sörensen Phoshatpuffer pH 8,0 (Lösung A: 8,9 g/l Na2HPO4, Lösung B: 0,68 g/l KH2HPO4 [A:B ⇒ 17:1]); 30 mg pNP Palmitat in 10 ml Isopropanol. Pro Reaktion wurden 2,5 ml Substratemulsion mit 20-100 µl Probe vermischt und für 15 min bei 37°C inkubiert. Anschliessend wurde die O.D.410nm der einzelnen Ansätze im Spektralphotometer (Zeiss PMQ II) gemessen. Angegeben werden die Werte als relative Aktivität, wobei die O.D.410 nm auf 1 ml Probenvolumen und auf die Zelldichte (O.D.580nm) bezogen ist (O.D.410nm/O.D.580nm*ml). 2.20.2 β-Galaktosidase Aktivität Die Aktivität der β-Galaktosidase wurde in Toluol-permeabilisierten Zellen mit oNitrophenyl-β-D-Galaktopyranosid (ONPG) als Substrat im Spektralphotometer (NovaspecII, Pharmacia) bei einer Wellenlänge von 420 nm nach Miller (1992) bestimmt. 2.21 Bestimmung von Proteinkonzentrationen Proteinkonzentrationen wurden nach der Methode von Bradford (1976) im Spektralphotometer "Novaspec" (Pharmacia) bestimmt. Als Referenz diente Rinderserumalbumin (BSA). 2.22 Präzipitation von Proteinen (Peterson, 1977) Proteinproben wurden mit 0,1 Volumen Natriumdesoxycholat-Lösung (1% w/v) vermischt und mit 0,1 Volumen 70%iger (w/v) Trichloressigsäure versetzt und 5 min auf Eis inkubiert. Nach der Zentrifugation (30 min, 13000 Upm) wird das Sediment 2 mal mit 80%igem Aceton gewaschen und getrocknet. 2.23 Denaturierende SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE) (nach Laemmli, 1970) Tab. 6: Mengenangaben für SDS-Polyacrylamidgele verschiedener Prozentigkeit (Sambrook et al. 1989). Lösungen Sammelgel 3,9% 30% Acrylamid, 0,8% N-N‘-Methylenbisacrylamid 0,65 ml 1,5 M TrisHCl (pH 8,8), 0,4% SDS ----0,5 M TrisHCl (pH 6,8), 0,4% SDS 1,25 ml A. dest. 3,05 ml 10 % (w/v) APS 25 µl TEMED 5 µl Trenngel 10% 5 ml 3,75 ml ----6,25 ml 50 µl 10 µl Die Elektrophorese wurde in einem diskontinuierlichen Gelsystem, in einer "Mini Protean Dual Slab Cell"der Fa. BioRad durchgeführt. Die Proben wurden in 10 µl Probenpuffer [50 mM Tris-HCl, 10 % (v/v) Glycerol, 4 % (w/v) SDS, 2 % (v/v) ß-Mercaptoethanol, 0,03 % (w/v) BPB, (pH 6,8)] aufgenommen und 10 min bei 95°C gekocht. Die Elektrophorese erfolgte bei einer konstanten Spannung von 120 V für ca. 45 min im Elektrophorese-Puffer [ 25 mM Tris, 192 mM Glycin, 0,1 % (w/v) SDS, pH 8,3]. Proteine wurden mit Coomassie Briliant Blue R-250 der Fa. Serva (Heidelberg) gefärbt. 28 2. Material und Methoden 2.24 Immunodetektion der Lipase (LipA) oder der Foldase (LipH) Die Immunodetektion der Lipase/Foldase erfolgte nach Auftrennung der Proteine in einem denaturierenden SDS-Polyacrylamidgel. Die Proteine wurden mittels einer Transferapparatur der Firma BioRad (Mini Trans-Blot Elektrophoretic Transfer Cell), auf eine PVDF-Membran (Fa.Milipore) übertragen (Wilson & Yunan, 1989). Die Übertragung erfolgte 15 min bei 150 mA und weitere 20 min bei 300 mA konstanter Stromstärke in Dunn-Carbonat-Puffer (10 mM NaHCO3, 3 mM Na2CO3, 20 % (v/v) Methanol) (Dunn, 1986). Anschliessend wurde die PVDF-Membran mindestens 1 h in TBST [50 mM Tris-HCl (pH 6,8), 150 mM NaCl, 1 mM MgCl2, 0,2 % (v/v) Tween 20] mit 2% (w/v) Milchpulver blockiert. Die Lipase/Foldase wurde mit einem indirekten Enzym-Immunoassay nachgewiesen. Der Kanninchen-Anti-LipA/LipH Antikörper wurde in einer Verdünnung von 1:80000/1:200000 und der Zweitantikörper ZiegeAnti-Kaninchen-Meerrettich-Peroxidase-Konjugat in einer Verdünnung von 1:5000 eingesetzt. Der Nachweis durch das ECL-System (Enhanced Chemiluminescence Western Blotting detection system, Amersham Buchler, Braunschweig) erfolgte nach den Angaben im Herstellerprotokoll. Die Dokumentation erfolgte über die Belichtung eines Röntgenfilmes. 2.25 Färbung der PVDF-Membran (Matsudaira, 1989) Nach der Detektion wurde die Membran 15 min in TBST gewaschen und anschliessend 30 min in der Färbelösung (50 % (v/v) Methanol, 0,1 % (w/v) Coomassie Brilliant Blue R) inkubiert. Zur Entfärbung des Hintergrundes wurde die Membran 10 min in der Entfärbelösung (50 % (v/v) Methanol, 10 % (v/v) Essigsäure) gewaschen. 2.26 Computerprogramme und Online-Datenbanken Die Analyse von DNA- oder Aminosäuresequenzen wurden mit den Programmen "CLONE Manager for Windows 4.1" (Scientific and EducationalSofware), "DNA STAR" (Lasergene) und PSORT (http.//www.psort.nibb.ac.jp) (Nakai & Horton, 1999) durchgeführt. Homologievergleiche wurden mit dem BLAST-Algorithmen des NCBI-Servers (http://www.ncbi.nlm.nih.gov) (Altschul et al., 1990 und 1997) und dem MATCH-BOX Server (http.//www.fundp.ac.be) durchgeführt. In dieser Arbeit wurden Ergebnisse mit Hilfe einer Videodokumentationsanlage oder einer Digaitalkamera digitalisiert und elektronisch in diese Arbeit eingebunden. Im Verlauf der Datenerfassung und Datenverabeitung wurden keine inhaltlichen Veränderungen der Abbildungen vorgenommen. 29 3. Ergebnisse 3. Ergebnisse 3.1 Entwicklung eines Expressionssystems zur Produktion der Lipase aus P. aeruginosa im heterologen Wirt Pseudomonas putida 3.1.1 Pseudomonas putida transkribiert die xcp-Gene aus Pseudomonas aeruginosa Zur Produktion der Lipase aus P. aeruginosa sollte ein Expressionsstamm entwickelt werden, der auf einem Wirtsbakterium der Sicherheitsstufe 1 basiert. Hierzu sollte in dem Stamm P. putida BMTU650 der für die Sekretion der Lipase über die äussere Membran notwendige Xcp-Apparat aus P. aeruginosa rekonstituiert werden. Der TypII-Sekretionsapparat aus P. aeruginosa besteht aus 11 Proteinen, deren Gene in zwei divergent transkribierten Operons organisiert sind (Abb.5) und einer zelldichteabhängigen Regulation unterliegen (Chapon-Herve et al., 1997). Essentiell ist daneben auch eine durch das xcpA/pilD-Gen kodierte spezielle Prepilinpeptidase/ Methyltransferase (Bally et al.,1992). Da P. putida ebenfalls eine XcpA-homologe Prepilinpeptidase besitzt (de Groot et al., 1994), sollte die Ausbildung eines funktionellen TypII-Exportapparates möglich sein, sofern die 11 P. aeruginosa xcp-Strukturgene in P. putida exprimiert werden. Eine Voraussetzung hierfür ist eine effektive Erkennung der Promotoren die die Expression der xcp-Gene kontrollieren. Um zu zeigen, dass diese gewährleistet ist, wurde zunächst exemplarisch die Promotoraktivität des vor dem xcpR-Gen lokalisierten Promotors anhand einer episomal kodierten transkriptionalen Reportergenfusion untersucht. ScaI PstI Q P P P PR pML5XcpR R S,T,U,V,W,X,Y Z lacZ 417 bp Abb. 5 Genetische Organisation der xcp-Gene aus P. aeruginosa. Die Strukturgene sind in zwei divergent transkribierten Operonen angeordnet (Operon P-Q und Operon R-Z). Vergrössert gezeichnet ist die interoperonische Region mit den Promotoren PP und PR, die auf einem 417 bp grossen ScaI/ PstI-Fragment in dem lacZ-Fusionsplasmid pML5XcpR enthalten ist. Der xcpR-Promotor PR kontrolliert hierbei die Transkription des lacZ-Gens. Aufgrund dieser transkriptionellen Fusion, kann die zelluläre ßGalaktosidase-Aktivität als Mass für die Promotoraktivität herangezogen werden. 30 3. Ergebnisse Das Plasmid pML5xcpR trägt ein 417 bp grosses internes DNA-Fragment aus dem P. aeruginosa xcp-Gencluster, auf dem sowohl der stromaufwärts des xcpP-Gens, wie auch der divergent orientierte xcpR-Promotor lokalisiert sind. Die Orientierung ist hierbei so, dass der xcpR-Promotor unmittelbar vor dem promotorlosen lacZ-Gen lokalisiert ist (Abb.5) und somit eine intrazelluläre ß-Galaktosidase-Aktivität als Mass für die Transkriptionsaktivität dieses Promotors dienen kann. Das Fusionsplasmid und der Leervektor pML5 wurden durch Konjugation in den Stamm P. putida BMTU650 eingebracht und wuchsphasenabhängig die Aktivität des Reportergens bestimmt. Die in Abb.6 dargestellten Wuchskurven wurden aufgenommen und parallel dazu die intrazelluläre ß-Galaktosidaseaktivität bestimmt. Die zu Beginn der Wuchsphase gemessene ß-Galaktosidaseaktivität resultiert wahrscheinlich aus einer intrazellulären Akkumulation der sehr stabilen ß-Galaktosidase in den spätstationären Vorkulturen. In der logarithmischen Wuchsphase sinkt die Aktivität, bedingt durch den Verdünnungseffekt der sich teilenden Bakterien, dann zunächst ab. Am Übergang zwischen spätlogarithmischer und früher Stationärphase wurde ein Maximum von 129 Miller Units erreicht, danach, also in der Stationärphase und besonders in der späten Stationärphase sank die ß-Galaktosidaseaktivität stark ab. Insgesamt sind die gemessenen (Transkriptions-)Aktivitäten von maximal 150 Miller Units als gering zu bewerten, decken sich aber mit der Promotorstärke von PR, die im homologen Wirt bei voller Induktion beschrieben wurden (Chapon-Herve et al., 1997). 10 ß -G a l. sp e z. ß -Ga l.-A ktiv itä t [M ille r Un its ] Z e lld ic h t e 15 0 1 10 0 0 ,1 50 0 Zelldic hte [O.D.580n m] 20 0 0 ,0 1 0 2 4 6 8 25 30 W u ch s da u er [h ] Abb. 6 Transkriptionsaktivität des xcpR-Promotors in P. putida BMTU 650. Die dargestellte ßGalaktosidaseaktivität ist die Differenz aus den Werten der episomalen Transkriptionsfusion (pML5XcpR) und der Hintergrundaktivität der Leervektorkontrolle (pML5). Die Zelldichte und die ßGalaktosidaseaktivität wurden in drei unabhängigen Experimen bestimmt und als Mittelwert dargestellt, wobei die Fehlerbalken die Standardabweichung angeben. Die Kultivierung erfolgte in LB-Medium bei 30°C. 31 3. Ergebnisse Im Unterschied zur Situation in P. aeruginosa bewirkt der xcpR-Promotor in P. putida zwar eine effektive Transkriptionsinitiation, scheint aber nicht zelldichtereguliert zu sein, da der hierfür typische deutliche Anstieg der ß-Galaktosidaseaktivität am Übergang zwischen logarithmischer und stationärer Wuchsphase nicht beobachtet wurde. 3.1.2 Der Xcp-Sekretionsapparat aus P. aeruginosa ist in P.putida funktionell Anhand des Promotors des xcpR-Gens wurde demonstriert, dass im heterologen Wirt P. putida die Strukturgene für den TypII-Sekretionsapparat effektiv transkribiert werden. Zur Ausbildung eines funktionellen Xcp-Apparates müssen jedoch auch alle weiteren posttranskriptionellen Prozesse in adäquater Weise gewährleistet sein. Darüberhinaus war unklar, ob neben den 12 in P. aeruginosa klar identifizierten Genprodukten weitere bisher unbekannte Faktoren für den Aufbau oder die Funktion des Xcp-Apparates notwendig sind. Daher wurde untersucht, ob ein Plasmid, das nur die in Abb. 5 dargestellten 11 xcpStrukturgene trägt, eine Sekretion der P. aeruginosa-Lipase durch P. putida erlaubt. Dabei handelt es sich um das Plasmid pAX24, ein Derivat des Cosmids pLAFR3, das ein ca. 20 kbp grosses Fragment des P. aeruginosa-Chromosoms beinhaltet, auf dem die zwei xcp-Operons lokalisiert sind. Ferner wurde das Plasmid pBBL7 benutzt, das ein 2,8 kbp XmnI/SmaIFragment enthält, das für das komplette lipA/lipH aus P. aeruginosa kodiert (Düfel, 1995). Dieses basiert auf dem Plasmid mit weitem Wirtsbereich pBBR1MCS (Kovach et al., 1994) und erlaubt unter transkriptioneller Kontrolle des lac-Promotors die konstitutive Expression des Lipaseoperons. Der Leervektor pLAFR3 wie auch pAX24 wurden durch Konjugation in P. putida BMTU650 eingebracht. Ebenso wurden parallel dazu jeweils die Plasmide pBBR1MCS als Leervektorkontrolle, bzw. pBBL7 als Lipaseexpressionsvektor in die erhaltenen Stämme eingebracht. Die Abb. 7 A zeigt, dass in Kulturüberständen von P. putida nur dann Lipaseaktivität nachweisbar war, wenn episomal sowohl das Lipaseoperon, als auch pAX24 mit den xcpGenen vorhanden waren. Während unter diesen Bedingungen nach 24 h Wuchsdauer eine spezifische Lipaseaktivität von 36 nkat/ml/O.D.580nm gemessen wurde, war in dem Kontrollstamm, der nur die zwei Leervektoren enthielt, eine zu vernachlässigende Aktivität nachweisbar. Dies galt auch für Stämme, in denen zwar entweder das P. aeruginosaLipaseoperon oder die xcp-Gene vorhanden waren, jedoch nicht die entsprechende zweite Komponente. Die Befunde der Aktivitätsmessungen decken sich hierbei mit den Ergebnissen des immunologischen LipA-Nachweises der entsprechenden Kulturüberstände (Abb.7 B). Während in keinem der Kontrollstämme ein Signal auftrat, wurde in dem Expressionsstamm, 32 3. Ergebnisse der in Kombination beide Expressionsplasmide trug, eine der Lipase entsprechende Bande nachgewiesen. [µkat/ml/O .D.580nm A A spez. Lipaseaktivität 40 spez. Lipaseaktivität [nkat/ml/OD580nm] 30 20 10 0,0 1 0 5 0,1 1 5 0,0 2 7 1 2 3 4 - - + + - + - + 0 xcp-Gene lipA/lipH-Operon B Lipase C Foldase Abb. 7 Sekretion der Lipase durch den P. aeruginosa Xcp-Apparat im heterologen Wirt P. putida. In den Wildtypstamm P. putida BMTU650 wurden die Plasmide pBBL7 bzw. pAX24 durch konjugativen Transfer eingebracht. Das Expressionsplasmid pBBL7 trägt das komplette Lipaseoperon bestehend aus den Genen lipA und lipH („lipA/H +“)aus P. aeruginosa unter transkriptioneller Kontrolle des in Pseudomonas spec. konstitutiven lac-Promotors, pAX24 trägt die 11 xcp-Strukturgene aus P. aeruginosa („xcp +“). Als Kontrollen dienten Stämme, die ausser einem dieser Plasmide den jeweils anderen Leervektor pBBR1MCS bzw. pLAFR3 trugen. Der als Negativkontrolle eingesetzte Stamm enthielt nur die beiden Leervektoren. Die Bakterienstämme wurden 14 h bei 30°C in LB-Medium kultiviert. A. Die Lipaseaktivität in Kulturüberständen wurde mit pNPP als Substrat bestimmt. Dargestellt sind die Mittelwerte aus drei unabhängigen Messungen, wobei die Fehlerbalken der Standardabweichung entsprechen. B. Immunologischer Nachweis der extrazellulären Lipase. Es wurden Volumina der Kulturüberstände aus A. eingesetzt, die einer O.D.580 von 0,15 entsprachen. Nach SDS-Page und Transfer der Proteine auf eine PVDF-Membran erfolgte der Nachweis der Lipase mit dem Lipase-spezifischen Antiserum Lip4 in einer Verdünnung von 1:80000. C. Immunologischer Nachweis des Foldase-Proteins LipH. Es wurden GZE der Zellen aus A. benutzt, die einer O.D.580 von 0,15 entsprachen. Der Nachweis erfolgte mit einem LipH-spezifischen Antiserum in einer Verdünnung von 1:200000. Dies zeigt zum einen, dass der P. putida eigene Xcp-homologe Apparat nicht in der Lage ist, die P. aeruginosa-Lipase als heterologes Substrat zu sekretieren. Zum anderen ist das Vorhandensein des Lipaseoperons und der 11 xcp-Gene ausreichend für den Aufbau eines funktionellen Xcp-Apparates in P. putida und eine effiziente Lipasesekretion. Interessanterweise war reproduzierbar die intrazelluläre Konzentration des Foldaseproteins ebenfalls in Stämmen am höchsten, die einen funktionellen Xcp-Apparat besassen und aktiv Lipase sekretierten (Abb. 7 C). 33 3. Ergebnisse 3.1.3 Produktion und Stabilität der P. aeruginosa Lipase in P. putida P. putida synthetisiert einen funktionellen, heterologen Xcp-Apparat aus P. aeruginosa über den enzymatisch aktive Lipase in das Kulturmedium sekretiert wird. Damit konnte erstmalig gezeigt werden, dass für die in vivo Rekonstitution des Exportapparates ausser den 11 in P. aeruginosa bekannten xcp-Genen und der in diesem Fall durch das Wirtsbakterium bereitgestellten XcpA-homologen Prepilinpeptidase keine weiteren zellulären Faktoren aus P. aeruginosa notwendig sind. Im Hinblick auf eine potentielle Anwendung dieses Expressionssystems sollte nun der zeitliche Verlauf der Lipaseproduktion und die unter Laborbedingungen in einem Standardmedium erzielbare Ausbeute untersucht werden. Hierzu wurde die in Abbildung 8 dargestellte Wuchskurve aufgenommen, in der die extrazelluläre Lipasemenge durch Aktivitätsmessung und immunologischen Nachweis des Proteins bestimmt wurde. Die extrazellulär detektierbare Lipaseaktivität erreichte hierbei nach einer Wuchsdauer von 14 h ein Maximum von etwa 0,3 mg/l, wobei auch im Westernblot zu diesem Zeitpunkt das stärkste Signal auftrat. Zu späteren Zeiten war bei nahezu konstanten Zelldichten eine signifikante Abnahme sowohl der Aktivität als auch der Proteinmenge zu verzeichnen. Die Lipase liegt im Kulturüberstand von P. aeruginosa in hochmolekularen Aggregaten vor (Stuer et al., 1986), was mit einer Assoziation des Enzyms mit LPSMolekülen erklärt wird (K.-E. Jäger, unveröffentlicht). 400 Z elld ich te Lip as e 300 1 200 0.1 100 0.01 Wuchsdauer 0 [h] Lipaseausbeute [µg/l] A. Zelldichte [O.D.5 80 ] 10 0 2 4 6 8 10 14 24 B. Abb. 8 Kinetik der Lipaseproduktion in P. putida. P.putida BMTU650 mit den Plasmiden pBBL7 und pAX24 wurde in LB-Medium bei 30°C für 24h kultiviert. A. Zeitlicher Verlauf der extrazelluläre Lipaseaktivität und Zelldichte. Dargestellt sind die Mittelwerte aus drei unabhängigen Experimenten, wobei die Fehlerbalken die Standardabweichung zeigen. B. Immunologischer Nachweis des Lipaseproteins in Kulturüberständen.34 3. Ergebnisse rel. Lipaseaktivität [%] Darüberhinaus 120 bei unterschiedlichen 14 h Kulturbedingungen im homologen Wirt der Anteil 24 h 80 frei im Medium und extrazellulärer, aber an die 60 Zelloberfläche gebundener Lipase (K.-E. Jäger, 40 unveröffentlicht). Eine denkbare Bindung solcher 100 20 Lipase-LPS-Aggregate an die Zelloberfläche in der 0 GZE spätstationären KÜ Abb. 9 Verteilung der Lipaseaktivität nach 14 und 24h Wuchsdauer. P.putida (pBBL7/ pAX24) wurde in LB-Medium bei 30°C kultiviert.Nach 14 und 24h wurde die Lipaseaktivität von Kulturüberständen und Ganzzellextrakten bestimmt. Die Aktivitäten der 14h-Proben wurden als 100% angenommen. Dargestellt sind die Mittelwerte dreier Versuche mit der Angabe der Standardabweichung durch die Fehlerbalken Wuchsphase müsste zu einer gleichzeitige Abnahme der Lipaseaktivität im Kulturüberstand und Zunahme in GZE führen. Wie Abb. 9 zeigt, war dies nicht der Fall. Während in Kulturüberständen die Lipaseaktivität zwischen 14 h Wuchsdauer und Erreichen der spätstationären Phase (24 h Wuchsdauer) auf etwa 1,7% der ursprünglichen Menge zellgebundene Aktivität abnahm, in war GZE zu die beiden Zeitpunkten gleich. Sowohl der P. putida WT als 100 rel. Lipaseaktivität [%] variiert auch die Expressionsstämme mit den Plasmiden 90 pAX24 80 und/oder pBBL7 zeigten auf Proteasenachweis- („Skim-milk“-) Agarplatten eine geringe proteolytische Aktivität (ohne Abbildung). 70 LB KÜ nat. KÜ inakt. 60 Ein weiterer plausibler Grund für die Reduzierung der Lipaseaktivität war daher, dass die sekretierte 50 0 4 8 12 16 Inkubationsdauer [h] Abb. 10 Stabilität der Lipase in Kulturüberständen von P. putida. Kulturüberstände von P. putida (pBBL7/ pAX24) nach 14h und P. putida (pBBR1MCS/ pAX24) nach 24h Anzucht wurden im gleichen Volumenverhältnis gemischt und die Lipaseaktivität nach Inkubation bei 30°C verfolgt. Als Kontrolle dienten Ansätze denen nur LB-Medium zugesetzt wurde. Die Gewinnung hitzeinaktivierter KÜ (KÜ inakt.) erfolgte durch 10 min Kochen nativer KÜ (KÜ nat.) bei 96 °C. Dargestellt sind die Mittelwerte dreier Versuche, Fehlerbalken zeigen die Standardabweichung Lipase im Kulturüberstand instabil war und möglicherweise durch extrazelluläre Proteasen degradiert wurde. Um den möglichen Einfluss dieser proteolytischen Aktivität auf die Stabilität bereits sekretierte Lipase zu überprüfen, wurden zellfreie KÜ des Expressionsstammes P. putida (pBBL7/pAX24) nach 14 h Wuchsdauer mit KÜ des Kontrollstammes P. putida (pBBR1MCS/pAX24) nach 24 h Wuchs im gleichen Volumenverhältnis gemischt und die verbleibende Lipaseaktivität bei 30°C über weitere 16 h verfolgt. In Kontrollansätzen, denen statt des Stationärphasen- 35 3. Ergebnisse KÜ lediglich frisches LB-Medium zugesetzt wurde, blieb die xxxxxxxxxxxxxxxxx Lipaseaktivität über diesen Zeitraum annähernd unverändert (Abb. 10). Demgegenüber führte die Zugabe des unbehandelten nativen Stationärphasen-KÜ zwar nicht zu einem vollständigen Verlust der Lipaseaktivität, jedoch zu einer deutlichen Abnahme der Restaktivität auf 69% des Ausgangswertes nach 16 h. Dieser Effekt blieb aus, wenn der eingesetzte Stationärphasen-KÜ zuvor hitzeinaktiviert wurde (KÜ inakt., Abb. 10). Diese Befunde zeigen, dass die beobachtete Abnahme der Lipaseaktivität und Proteinmenge in KÜ auf Faktoren zurückzuführen ist, die von P. putida (pBBR1MCS/ pAX24) in der spätstationären Wuchsphase sekretiert werden, wobei es sich aufgrund der nachgewiesenen Hitzeinaktivierbarkeit wahrscheinlich um sekretierte Proteasen handelt. 3.1.4 Stabilität der Foldase Als Erklärung für die Abnahme der extrazellulären Lipaseaktivität in der Stationärphase kam neben der nachgewiesenen Instabilität der bereits sekretierten Lipase eine Abnahme der Expression bzw. Sekretion in Frage. Aufgrund der in Abb. 7 dargestellten Befunde stellte sich darüberhinaus die Frage, inwieweit die intrazelluläre Produktion bzw. Stabilität des LipH-Proteins vom Vorhandensein der Xcp-Proteine abhängig war. Da durch Western-BlotAnalysen in GZE der Expressionsstämme zu keiner Wuchsphase intrazelluläre Lipase nachgewiesen werden konnte (ohne Abb.), wurde zur Klärung der Frage, ob in der Stationärphase das Lipaseoperon überhaupt noch exprimiert wird, auf den Nachweis des zur in vivo-Aktivierung der Lipase notwendigen LipH-Proteins als Indikator zurückgegriffen. Hierzu wurden P. pudida pBBL8/pAX24 und pBBL7/pLAFR3 über 24 h in LB Medium kultiviert und das LipH-Protein zu verschiedenen Zeitpunkten der Wuchskurve mittels Western-Blot-Analyse von GZE nachgewiesen. Wie aus Abb. 11 zu ersehen ist, war das LipH-Protein zu jedem Zeitpunkt intrazellulär nachweisbar. - xcp-Gene + xcp-Gene LipH pBBL7 (+lipA) LipH pBBL8 (-lipA) 2 6 14 24 2 6 14 24 Stunden Abb. 11 Stabilität der Foldase in Abhängigkeit von der Expression der Lipase und des Xcp-Apparats. Die Anzucht der Bakterien erfolgte für die angegebenen Zeiten bei 30°C in LB-Medium. Die Plasmide pBBL7 bzw. pBBL8 kodierten für das komplette Lipaseoperon bzw. nur für das lipH-Gen. Dargestellt ist die Immunodetektion des LipHProteins in GZE. Zu beachten ist die unterschiedliche Probenmenge. Die Spuren –xcp enthielten GZE entsprechend einer Zelldichte von 0,45 O.D.580, +xcp enthielten 0,15 O.D.580. Pfeile kennzeichnen das Vollängen-LipH-Protein. 36 3. Ergebnisse Wie vermutet, war die Konzentration in der Stationärphase nach 24 h Wuchsdauer jedoch in allen Stämmen geringer als in früheren Wuchsphasen. Weiterhin scheint die intrazelluläre LipH-Konzentration mit dem Vorhandensein des Xcp-Apparates korreliert zu sein. Eine denkbare Erklärung hierfür ist eine Stabilisierung des LipH-Proteins durch eine eventuelle periplasmatische Komplexbildung mit einem der Xcp-Proteine. Ebenso könnte das Auftreten des LipH-Degradationsproduktes bei alleiniger Expression von lipH darauf hindeuten, dass im Normalfall das LipH-Protein durch Bindung der Lipase während des Faltungsprozesses gegen eine Degradation geschützt vorliegt. Es kann somit zusammenfassend gesagt werden, dass P. putida als nichtpathogenes (S1) Wirtsbakterium zur Expression und Sekretion heterologer Proteine aus P. aeruginosa geeignet ist. Voraussetzung hierfür ist das Vorhandensein der 11 bisher in P. aeruginosa bekannten xcp-Strukturgene, die in P. putida transkribiert werden und deren Genprodukte im heterologen Wirt einen funktionellen TypII-Exportapparat zur Translokation extrazellulärer Proteine aus P. aeruginosa konstituieren. Die hierfür als Beispielprotein gewählte Lipase aus P. aeruginosa wird in einer enzymatisch aktiven Form in das Kulturmedium sekretiert. Die extrazelluläre Stabilität der Lipase wird wuchsphasenabhängig wahrscheinlich durch bisher unbekannte, extrazelluläre proteolytisch aktive Proteine aus P. putida limitiert. Das hier beschriebene System aus P. putida BMTU650 als (S1-) Wirtsbakterium, einem die xcp-Gene tragenden Plasmid und einem Vektor zur Expression des Lipaseoperons aus P. aeruginosa wurde zur Patentierung eingereicht (Appl.-Nr. 19848016.4/ U.S.-Appl.-Nr.09/418.935). 37 3. Ergebnisse 3.2 Überexpressionssysteme zur Produktion der Lipase aus P. aeruginosa im homologen Wirt Es wurde ein System entwickelt, die Lipase aus P. aeruginosa im heterologen Wirt zu produzieren. Für die Produktion im Labormassstab sollte darüberhinaus ein System entwickelt werden, dass die Produktion der Lipase mit hoher Ausbeute erlaubt. Eine beabsichtigte Anwendung hierfür war die Durchmusterung von Bibliotheken modifizierter Lipasegene zur Optimierung des Enzyms für biotechnologisch relevante Umsetzungen (Rosenau et al., 1998). Dazu war es von Bedeutung, Expressionsstämme ohne Hintergrundaktivität des WT-Enzyms zu konstruieren. 3.2.1 Konstruktion von Expressionsstämmen zur T7-RNA-Polymerase abhängigen Expression der Lipase Ein bereits etabliertes System, das zur Expression von Proteinen in P. aeruginosa eine induzierbare T7-RNA-Polymerase verwendet wurde von Brunschwig & Darzins (1992) vorgestellt und auch schon für die Expression der Lipase benutzt (Schneidinger, 1997). Es wurden verschiedene Stämme mit einer induzierbaren T7-RNA-Polymerase konstruiert (Abb. 12). Die Konstruktion der Stämme P. aeruginosa PABST7.1 und PAFRT7.7 ist in Abb. 35 (Anhang) dargestellt. Alle Stämme enthalten eine "Expressionskassette" bestehend aus dem Gen für die T7-RNA-Polymerase unter transkriptioneller Kontrolle des lacUV5Promotors, und zu dessen Regulation den konstitutiv exprimierten Lac-Repressor aus E. coli. Diese regulatorische Kontrolle erlaubt die Induktion der Expresion durch Zugabe von IPTG. Neben den reinen lipasedefizienten Stämmen (lipA-) P. aeruginosa PABST7.1 und PAFRT7.7 wurden basierend auf diesen Stämmen verbesserte Varianten konstruiert (Abb. 12). Ebenso wurde ein Plasmid mit weitem Wirtsbereich konstruiert, das ebenfalls die "Expressionskassette" trägt und die Expression in jedem genetischen Hintergrund erlaubt (Rosenau et al. ,1998). 38 3. Ergebnisse „Expressions-Kassette“ T7-RNA-Pol. PlacUV PABS1 (∆lipA/H) lacI PAO1 PABS1T7.1 PAFRT7.7 (∆lipA/H ) (∆lipA/H) pML5T7 PABS1T7.1∆lipC PAFRT7.7 ∆lasB (∆lipA/H , ∆lipC) (∆ipA/H , ∆lasB) Abb. 12 Übersicht der Expressionsstämme mit induzierbarer T7-RNA-Polymerase. Die "Expressions"-Kassette entstammt dem Plasmid pEB1 (Brunschwig & Darzins, 1992). Sie besteht aus dem T7-RNA-Polymerasegen unter Kontrolle des lac-Promotors, der im uninduzierten Zustand durch den Lac-Repressor reprimiert wird. 3.2.2 Produktionsleistung der Expressionsstämme Die Charakterisierung der Lipaseexpression in den Überexpressionsstämmen wurde unter Verwendung des Expressionsplasmids pUCPL7 durchgeführt, das das Lipaseoperon unter der Kontrolle eines spezifisch durch die T7-RNA-Polymerase regulierten Promotors trägt. Die Expressionsrate hing dabei stark von der maximal erreichbaren Zelldichte der Expressionskulturen ab die, direkt mit dem "Nährstoffgehalt" des verwendeten Mediums korrelierte (Tab.7). Tab.7 Vergleich der Expressionsraten der T7-Expressionsstämme P.aeruginosa PAO1 PABST7.1 PAFRT7.7LipC PAFRT7.7 PAFRT7.7∆lasB PABS1 + pML5T7 Merkmal WT ∆lipC::Gmr ∆lasB::Kmr NB-Medium maximale Zelldichte [O.D.580] 1,5-2 1,5-2 1-2,5 1-2,5 1,5-2,5 nb Lipase [mg/l] 0,03 3-4 2,5-4,5 2,5-4,5 2,5-4,5 nb TP-Medium maximale Zelldichte [O.D.580] 8-13 7,5-13 7,5-13 7,5-12 7,5-12 5-6 Lipase [mg/l] 0 25-150 25-150 20-90 20-80 5-10 39 3. Ergebnisse Darüberhinaus ergab sich eine relativ hohe Basalexpressionsrat, wie an den vergleichsweise hohen Werten bereits vor Induktion zu sehen ist (Abb. 13). Die maximalen Ausbeuten waren 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 16 18 20 24 Lipaseausbeute [mg/l] Zelldichte [O.D.580] in allen Stämmen mit bis zu ca. 100mg/ l vergleichbar. O.D.580 O.D.580 Lipase Lipase 28 Wuchsdauer nach Induktion [h] Abb. 13 Expression der Lipase in P. aeruginosa PABST7.1. Das Lipaseoperon war im Plasmid pUCPL7 kodiert, die Anzucht der Bakterien erfolgte zunächst für 16 h bei 30°C in TP-Medium. Nach 16 Stunden wurde die Expression durch Zugabe von IPTG (Endkonzentration 1mM) induziert. Als Kontrolle dienten nicht induzierte Kulturen. Dargestellt ist der zeitliche Verlauf der Lipaseproduktion nach Induktion. Die Aktivitätswerte sind Mittelwerte, die in fünf parallel inkubierten Kulturen gemessen wurden. Fehlerbalken markieren die Standardabweichungen. 40 3. Ergebnisse B. Der Einfluss der Foldase LipH auf die Physiologie der Lipaseproduktion 3.3 Die LipH-Expression beeinflusst die Lipaseproduktion 3.3.1 Die intergenische Region enthält verschiedene repetitive Sequenzen Im Lipaseoperon aus P. aeruginosa werden die Strukturgene für die Lipase und die Foldase durch eine 49 bp grosse intergenische Region verbunden. Die IR enthält mindestens zwei für die Expression des lipH-Gens potentiell relevante Sequenzmerkmale. Zum einen eine putative Ribosomenstelle 12 bp vor dem GTG-Translationsinitiationskodon von lipH und zum anderen eine invertierte Wiederholung des Sequenz-Decamers 5'-GGCCGGGGCC-3', durch die wahrscheinlich auf mRNA-Ebene eine doppelsträngige Haarnadelstruktur ("stemloop") ausgebildet werden kann (Wohlfahrt et al, 1992) (Abb. 14). Solche Haarnadelstrukturen können als Bindestellen und Prozessierungssignale für die RNaseE dienen (Ehretsmann et al.,1992; Gamper & Haas, 1993) und somit über eine Veränderung der Stabilität polycistronischer Transkripte die Relation der Expressionsraten der einzelnen Leserahmen beeinflussen (Carrier & Keasling, 1997, Smolke et al., 2000). Neben den o.g. schon bekannten, wurden weitere repetititve Sequenzen identifiziert (Abb. 14). Eine ebenfalls invertierte Wiederholung des Hexamers 5'-CCCCGG-3' und eine direkte Wiederholung der octameren Nukleotidsequenz 5'-CCCCGGCC-3' überlappen mit der bereits beschriebenen invertiert repetitiven Sequenz. Auffallend ist insgesamt die Sequenzsymmetrie der IR bis zur Position 29, wobei die Symmetrieachse am Dinukleotid TC an Position 17-18 liegt (Abb. 14). Diese führt zu einer Häufung von direkten und indirekten repetitiven Sequenzen in diesem Bereich, von denen mindestens zwei einen Abstand von 10 bp, also einer Windung einer DNA-Helix (Watson & Crick, 1954), zueinander haben. TAGGACCCCGGCCGGGGCCTCGGCCCCGGCCCTTTCCCGGAAGCCCCCTCGCGTG Abb. 14 Sequenzwiederholungen in der intergenischen Region des Lipaseoperons. In rot markiert ist die invertierte Sequenzwiederholung, die als potentielle Haarnadelstruktur auf mRNA-Ebene vorhergesagt wurde (Wohlfahrt et al., 1992). Durch Fettdruck sind das Translations-Stopkodon des lipA-Gens und das Startkodon des lipH-Gens hervorgehoben. 41 3. Ergebnisse Die Vielzahl verschiedener repetitiver und invertiert repetitiver Sequenzen liess vermuten, dass die IR auf Transkriptebene neben der bereits vorhergesagten Haarnadelschleife weitere doppelsträngige RNA-Bereiche ausbilden könnte. Deswegen wurden die möglichen Sekundärstrukturen der RNA in diesem Bereich mit Hilfe des mFold-Programms (Zuker et al.,1991; Mathews et al., 1999) modelliert. Die zugrundegelegte Sequenz enthielt dabei auch das stromaufwärts gelegene Translations-Stopkodon des lipA-Gens, sowie das TranslationsInitiationskodon des lipH-Gens. Gemeinsam ist den in Abb. 15 dargestellten thermodynamisch bevorzugten Sekundärstrukturen das Auftreten kurzer doppelsträngiger Bereiche, an denen Nukleotide der putativen Ribosomenbindestelle (RBS) beteiligt sind. An verschiedenen Beispielen konnte gezeigt werden, dass die Maskierung der RBS durch Sekundärstrukturen der mRNA in diesem Bereich Einfluss auf die Translationsinitiation und damit auf die Effizienz der Translation nehmen kann (Aristarkhov et al., 1996; de Smit & van Duin, 1990; Dunn & Studier, 1975; Hall et al., 1982; Kameyama et al., 1991; Min-Jou et al., 1972; Saito & Richardson, 1981; Steitz, 1969). Abb. 15 Maskierung der Ribosomenbindestelle durch Sekundärstrukturen der mRNA in der intergenischen Region. Dargestellt sind die zwei thermodynamisch günstigsten Strukturen, die anhand des mFold-Programms errechnet wurden. Berücksichtigt sind neben den 49 Nukleotiden der intergenischen Region auch das lipA-Stopkodon und das lipH-Startkodon. Die Nukleotide der RBS sind grün hervorgehoben. 42 3. Ergebnisse 3.3.2 Konstruktion von IR-Varianten Der unmittelbare Stromaufwärtsbereich des lipH-Gens weist auf mRNA-Ebene vorhergesagte stabile Sekundärstrukturen auf, die möglicherweise die Assemblierung von Ribosomen an der RBS behindern und damit die Effizienz der Translationsinitiation reduzieren. Darüberhinaus ist das GTG-Kodon als seltenes Startkodon anzusehen und kann ebenfalls Grund für eine reduzierte Translationseffizienz sein (O'Donnel & Janssen, 2000; Ringquist et al., 1992; Vollenoweth & Rabinowitz, 1992; Van Etten & Jannssen, 1998). Um den potentiellen negativen Einfluss dieser Merkmale auf die Expression des lipH-Gens und der zu erwartenden Auswirkungen auf die Lipaseproduktion zu untersuchen, wurde die IR gezielt verändert. Dabei wurden verschiedene Varianten der IR erzeugt, indem synthetische Oligonukleotide zu doppelsträngiger DNA hybridisiert und anstelle der WT-IR in den Expressionsvektor pBBL7 kloniert wurden. Die Modifikation der IR wurde jeweils durch DNA-Sequenzierung des entsprechenden Bereiches bestätigt. Bei den eingefügten Veränderungen handelte es sich um a) die Ersetzung des GTG- durch das häufigere ATGStartkodon (IR-O) und b) den Austausch des RBS-Bereiches (IR-2) durch den entsprechenden Bereich des Gens 10 aus dem E. coli-Bacteriophagen T7, der aufgrund der RBS-Stärke in verschiedenen Überexpressionsvektoren (Studier & Moffatt, 1986) Verwendung findet und auch zur Überexpression der Lipase in P. aeruginosa erfolgreich eingesetzt wurde (F. Rosenau, S. Heckmann & K.-E.Jäger, unveröffentlicht). Des weiteren wurden zwei Varianten konstruiert in denen die vorhergesagte Haarnadelstruktur im unmittelbaren Stromabwärtsbereich des lipA-Stopkodons entweder durch Insertion einander komplementärer Sequenzblöcke verlängert war (IR-SL), oder die gesamte Struktur deletiert war (IR-SD). Abb. 16 Varianten der IR. Schematisch dargestellt ist die vorhergesagte Haarnadelschleife "Stem-Loop". Veränderungen gegenüber dem WT sind rot dargestellt, die Ribosomenbindestelle ist in blau markiert. 43 3. Ergebnisse Mit diesen Varianten sollte untersucht werden, ob die vorhergesagte Haarnadelschleife durch eine potentielle Stabilisierung des 5'-Endes des lipH-Transkripts gegen enzymatische Degradierung durch RNasen Einfluss auf die lipH-Expression nehmen kann. Die Abb.16 gibt eine Übersicht über die benutzten Varianten der IR und der entsprechenden im Folgenden verwendeten Expressionsplasmide. 3.3.3 Das GTG-Translationsinitiationskodon limitiert die Expression des lipH-Gens Die Expressionsplasmide mit den im Bereich der IR modifizierten Lipaseoperons wurden durch konjugativen Transfer in die lipasedefiziente Mutante P. aeruginosa PABS1 eingebracht. Als Kontrolle ohne Modifikation der IR diente das Plasmid pBBL7. Die direkte Auswirkung der IR-Modifikationen auf die lipH-Expression wurden durch den immunologischen Nachweis des LipH-Proteins in GZE zu verschiedenen Zeitpunkten einer Wuchskurve untersucht. Um eine potentielle Korrelation der zellulären LipH-Konzentration mit der Lipaseproduktion zu erfassen, wurde zusätzlich die jeweilige extrazelluläre Lipasemenge bestimmt. Gegenüber dem WT, war in allen GZE nach 6 h deutlich mehr LipHProtein nachweisbar. Den deutlichsten Effekt auf die zelluläre LipH-Menge hatte somit die GTG/ ATG-Substitution (IR-O) des lipH-Startkodons, da diese in allen Varianten vorhanden war (Abb.17). Im Vergleich zu dieser Modifikation erbrachte die zusätzliche Veränderung der RBS weder nach 6 h Wuchszeit noch in der Stationärphase nach 24 h eine deutliche Veränderung der LipH-Konzentration. Auch die Modifikationen der potentiellen Haarnadelstruktur erbrachten im Vergleich zur IR-O zum „frühen“ Zeitpunkt keinen signifikanten Unterschiede. Einen deutlichen Einfluss hatte die Deletion allerdings in der Stationärphase, in der, wie im WT, kein Vollängenprotein nachweisbar war. Stattdessen traten verstärkt LipH-spezifische Signale geringerer molekularen Massen auf, bei denen es sich möglicherweise um distinkte Abbauprodukte von LipH mit. SL SD O 2 WT SL SD O 2 WT LipH 6h 24h Abb. 17 Effekt der IR auf die lipHImmunologischer Expression. Nachweis des LipH-Proteins in GZE von P. aeruginosa PABS1 mit den Plasmiden zur Expression der modifizierten Lipaseoperons nach 6 bzw 24 h Wuchs. Die Anzucht der Bakterien erfolgte bei 30°C in NB-Medium. Eingesetzt wurde eine Menge, die einer optischen Dichte von O.D.580 =0,15 entsprach. Die Pfeilspitze kennzeichnet Volllängen-LipH, mögliche Degradationsprodukte sind durch Pfeile markiert 44 3. Ergebnisse Es scheinen somit hier zwei entgegengesetzte Effekte vorzuliegen. Die Substitution des Startkodons führt auch in der Stationärphase zu einer im Vergleich zur WT-IR erhöhten LipH-Konzentration, wohingegen die Deletion der Haarnadelstruktur antagoniostisch wirkt und eine deutliche Reduktion auf das WT-Niveau bewirkt. 3.3.4 Die Steigerung der lipH-Expression erhöht die Synthese sekretierter Lipase Betrachtet man vergleichend die Menge an extrazellulärer Lipase, wird deutlich, dass die IRModifikationen auf die Lipaseproduktion indirekt die gleichen Effekte haben, wie direkt auf die lipH-Expression. Die Substitution des lipH-Startkodons führte zu einer deutlichen Steigerung der extrazellulären Aktivität von bis zu 30%, wobei die Effekte jeweils in der Stationärphase am deutlichsten ausgeprägt waren. Wie auch für die lipH-Expression hatten die weiteren Modifikationen der IR mit Ausnahme der Deletion im Bereich der Haarnadelstruktur keinen signifikanten Einfluss. Diese bewirkte eine Reduktion auch der Lipasemenge auf das Niveau der WT-IR (Abb.18). Da die Effekte der IR-Modifikationen auf die LipH- und die Lipaseproduktion identisch sind, zeigt dies eine Abhängigkeit der rel. Lip as ea ktiv itä t [%] Lipaseproduktion von der zellulären LipH-Konzentration. 1 50 6 St u nd en 24 St un den 1 00 50 0 IR-S L IR-S D IR-O IR-2 WT 6 Std. 24 Std. Abb. 18 Einfluss der IR-Varianten auf die Lipaseproduktion. A. Dargestellt ist die relative extrazelluläre Lipaseaktivität von P. aeruginosa PABS1 mit den Plasmiden zur Expression der modifizierten Lipaseoperons nach 6 h und 24 h Wuchs. Die Werte von P. aeruginosa PABS1 mit pBBL7 (WT-Operon) wurden gleich 100% gesetzt. Die Werte sind Mittelwerte aus drei Experimenten, die Standardabweichung ist durch Fehlerbalken angegeben. B. Immunologischer Nachweis des Lipaseproteins in den KÜ aus A. Die Proteine aus einem Kulturvolumen, dass einer Zelldichte von O.D.580= 0,35 entsprach wurden mit TCA-gefällt und in einem SDS-PAG aufgetrennt und auf eine PVDF-Membran übertragen. Der Nachweis der Lipase erfolgte mit dem lipasespezifischen Antiserum. 45 3. Ergebnisse Eine Verbesserung der lipH-Expression bewirkt eine Steigerung der Lipaseproduktion gegenüber dem WT. Dies erlaubt umgekehrt den Schluss, dass im WT-Operon die Expression des lipH-Gens direkt insbesondere durch das GTG-Startkodon limitiert ist. Die Limitierung der Lipaseproduktion scheint somit indirekt durch die LipH-Konzentration zu erfolgen. 3.3.5 Die Überexpression des lipH-Gens in trans zu einem episomal kodierten Lipaseoperon erhöht die Lipaseproduktion Die Verbesserung der lipH-Expression durch Substitution des seltenen GTG-Startkodons von lipH hatte eine moderate Überexpression der Foldase und dadurch bedingt eine Produktionssteigerung extrazellulärer Lipase zur Folge. Es sollte nun untersucht werden, ob eine deutliche Überexpression des lipH-Gens generell eine Steigerung der Lipaseproduktion bewirken kann. Dazu wurde in den Stamm P. aeruginosa PABS1 zunächst das Plasmid pUCPLip1 eingebracht, in dem das Lipaseoperon unter transkriptioneller Kontrolle des starken lac-Promotors steht. Um die Expression von lipH zu erhöhen, wurde zusätzlich durch Verwendung des Plasmids pBBL8 eine weitere Kopie des lipH-Gens in trans in die Zellen eingebracht. Da die beobachteten Effekte in den Versuchen zuvor in der Stationärphase am deutlichsten waren, wurde die extrazelluläre Lipaseaktivität auch hier nach 24 h Kultivierung der Bakterien bestimmt. Im Vergleich zu dem Kontrollstamm mit dem Leervektor pBBR1MCS in trans war in GZE von P. aeruginosa PABS1 (pUCPLip1/pBBL8) in der Immunodetektion wie erwartet eine deutlich erhöhte LipH-Menge nachweisbar (Abb.19, B). A. [ nkat/ O. D . 5 8 0 / m l] s pe z . Lipas e aktiv ität 300 200 100 0 pB B R 1 M C S B. pB B L8 Abb. 19 Effekt der Foldaseüberexpression auf die Lipaseproduktion. A. Extrazelluläre Lipaseaktivität in KÜ von P. aeruginosa PABS1 mit pUCPLip1 zur Expression des Operons in trans. Die Werte sind Mittelwerte aus drei Experimenten, Fehlerbalken geben die Standardabweichung an. B. Immunologischer Nachweis des LipHProteins in gleichen Mengen von GZE. Die Bakterien wurden in LB-Medium bei 30°C für 24 h angezogen. 46 3. Ergebnisse Da resultierend aus der Überexpression von lipH in Relation zur Expression des gesamten Operons auch die extrazelluläre Lipaseaktivität um etwa 50% gesteigert war, bedeutet dies, dass bei der Expression des plasmidkodierten Lipaseoperons alleine, tatsächlich die gebildete Menge an LipH limitierend für die vollständige Faltung oder Sekretion der kosynthetisierten Lipase ist. 3.3.6 Die LipH-Überexpression steigert die Lipaseproduktion auch im Wildtypstamm Weiterhin war von Interesse, ob die Limitierung der Faltungskapazität auch unter physiologischen Bedingungen zu tragen kommt, wenn das chromosomal kodierte Lipaseoperon unter transkriptioneller Kontrolle der naürlichen Promotorregion exprimiert wird. Daher wurde der Einfluss einer lipH-Überexpression unter Verwendung von pBBL8 im WT-Stamm P. aeruginosa PAO1 untersucht. Da ein limitierender Einfluss der LipHKonzentration besonders bei starker Expression der Lipase zu erwarten war, wurde zur Induktion der Lipaseexpression dem Nährmedium n-Hexadecan zugesetzt, dessen induzierende Wirkung auf die Transkription des Lipaseoperons sowohl in A. calcoaceticus, wie auch in P. aeruginosa bereits beschrieben wurde (Kok et al., 1995; Schneidinger, 1997). Im Vergleich zu der entsprechenden Leervektorkontrolle, ergab auch hier die Immunodetektion eine deutlich gesteigerte intrazelluläre LipH-Konzentration (ohne Abb). Nach 24 h Wuchsdauer war die absolute extrazelluläre Lipaseaktivität auch bei Überexpression von lipH zwar insgesamt geringer als bei Überexpression des episomal kodierten Operons in den Versuchen zuvor, jedoch war sie gegenüber dem Kontrollstamm P. aeruginosa PAO1 (pBBR1MCS) um den Faktor 13 erhöht und erreichte nach 29 h Wuchsdauer ein Maximum von 309 nkat/ O.D.580/ml, was einer fast 40 fachen Steigerung 400 pBBR1MCS spez.Lipaseaktivität [nkat/O.D. 580 /ml] gegenüber der Kontrolle entsprach (Abb.20). pBBL8 300 200 100 0 0 10 20 30 40 Abb. 20 Lipaseproduktion im WTStamm bei Überexpression von lipH. Die Anzucht der Bakterien erfolgte bei 30°C in NB-Medium unter induzierenden Bedingungen für die Lipaseexpression durch Zugabe von 1% (v/v) n-Hexdecan. Das Plasmid pBBL8 trägt da lipH-Gen, pBBR1MCS diente als Leervektorkontrolle Wuchsdauer [h] 47 3. Ergebnisse Der steigernde Effekt einer lipH-Überexpression auf die Lipaseproduktion war somit deutlicher, wenn das Lipaseoperon chromosomal kodiert vorlag und einer WT-Regulation unterlag, als bei simultaner Expression des plasmidkodierten Operons unter Kontrolle des heterologen lac-Promotors. 3.4 Die zelluläre LipH-Konzentration reguliert die Lipaseexpression 3.4.1 Die 5'-untranslatierte Region (UTR) ist Voraussetzung für die LipH-abhängige Regulation Setzt man voraus, dass eine bis zu 40 fache Steigerung der produzierten Lipasemenge durch eine lipH-Überexpression in P. aeruginosa PAO1 nicht ausschliesslich auf einer verbesserten Effizienz der Faltung oder Sekretion bereits synthetisierter Lipase beruhte, konnte dies bedeuten, dass die lipH-Überexpression einen direkten oder indirekten regulatorischen Effekt besitzt. Die gesteigerte Lipaseproduktion wäre in diesem Fall auf die Aktivierung der Transkription oder Translation des Lipasegens zurückzuführen. Das zuvor zur Expression des Lipaseoperons verwendete Plasmid pUCPLip1 beinhaltet ein DNA-Fragment, das nur 81 bp des untranslatierten lipA-Stromaufwärtsbereiches aufweist. Die zu den Promotoren P1 und P2 gehörenden Transkriptionsstartpunkte wurden aber 71 bzw. 401 bp vor dem Translationsinitiationskodon des lipA-Gens ermittelt (Düfel, 2000). Um den Einfluss des nativen Stromaufwärtsbereichs auf die Expression der episomal kodierten Lipase erfassen zu können, wurde das Plasmid pUCPSKLip1X konstruiert. Das inserierte 4,8 kb XhoI-Fragment kodiert für das komplette Lipaseoperon, trägt aber im Unterschied zu pUCPLip1 einen 581 bp grossen lipA-Stromaufwärtsbereich. spez. Lipaseaktivität [nkat/O.D.580/ml] 1000 pBBR1MCS pBBL8 750 500 250 0 pUCPlip1 pUCPlip1X Abb. 21 Einfluss der UTR im Plasmid pUCPLip1X und der Überexpression von lipH in trans. Die Plasmide pUCPLip1 (ohne UTR) undpUCPLip1X (mitUTR) zur Expression des Lipaseoperons, sowie pBBR1MCS oder pBBL8 in trans lagen in P. aeruginosa PABS1 vor. Die Kultivierung erfolgte bei 30°C für 24 h in NB-Medium. Dargestellt sind die extrazellulären Lipaseaktivitäten aus drei unabhängigen Experimenten, die Fehlerbalken geben die Standardabweichung an. 48 3. Ergebnisse Da das Operon wie auch in pUCPLip1 zusätzlich unter Kontrolle des starken lac-Promotors steht, war mit diesem Plasmid eine effektive Transkription des Lipaseoperons, einschliesslich der nativen 401 bp grossen 5'-untranslatierten Region (UTR), zu erwarten. Die Abb.21 zeigt den Vergleich der extrazellulären Lipaseaktivitäten von P. aeruginosa PABS1 mit den Plasmiden pUCPLip1 und pUCPLip1X jeweils in Kombination mit dem Leervektor pBBR1MCS oder dem lipH-Expressionsplasmid pBBL8. Mit pBBR1MCS in trans hatte das Vorhandensein des lipA-Stromaufwärtsbereichs keinen Einfluss auf die Lipaseexpression. Dies spricht auch dafür, dass unter den gewählten Bedingungen die lipA-eigenen Promotoren vor dem Hintergrund des stärkeren lac-Promotors keinen Einfluss ausübten. Der induzierende Effekt durch Überexpression von lipH in trans auf die Lipaseproduktion war aber in Stämmen mit pUCPLip1X deutlich stärker ausgeprägt. Gegenüber einem Induktionsfaktor von etwa 1,5 bei Verwendung von pUCPLip1 stieg die Lipaseaktivität in Kulturen mit pUCPLip1X um den Faktor 7 an. Dies bedeutet, dass die beobachtete Induktion der Lipaseexpression wahrscheinlich auf Elementen in der lipA-Stromaufwärtsregion beruht. 3.4.2 LipH-steigert die Lipaseexpression posttranskriptionell Als Mechanismus zur Steigerung der Lipaseexpression kamen sowohl eine Aktivierung der Transkription, wie auch der Translation in Frage. Daher wurde die Wirkung der lipHÜberexpression auf die Transkriptionsaktivität dieses Bereiches unter Verwendung des Plasmids pMlipA::LacZ untersucht. Diese wurde jeweils zusätzlich in trans zu pBBR1MCS bzw. pBBL8 in die verwendeten Stämmen eingebracht und kodiert für eine transkriptionelle lipA::lacZ-Reportergenfusion. Die lipH-Überexpression in P. aeruginosa PAO1 (pBBL8) erbrachte im Vergleich zum Kontrollstamm P aeruginosa (pBBR1MCS) keine erhöhten ßGalaktosidaseaktivitäten. Die Aktivierung der lipA-Expression auf transkriptioneller Ebene konnte daher als Grund für die erhöhte Lipaseproduktion als Folge der LipH-Überexpression mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. spez. ß-Gal.-Aktivität [Miller-Units] 400 Abb. 22 Transkriptionsaktivität der lipA-Promotorregion bei Überexpression von lipH. Die ßGalaktosidaseaktivität der episomale lipA-Promotorfusion wurde nach 24 h Wuchs in NB-Medium bestimmt. Dargestellt sind die Werte dreier unabhängiger Messungen, Fehlerbalken geben die Standardabweichung an 300 200 100 0 pBBR1MCS pBBL8 49 3. Ergebnisse 3.4.3 Sequenzanalyse und Homologievergleich von Foldaseproteinen: Bedeutung des Membranankers von LipH Die bisher bekannten Lipase-spezifischen Foldasen weisen ausser zueinander keine signifikanten Homologien zu anderen Proteinen in frei zugänglichen Sequenz- oder Strukturdatenbanken auf. Der erste veröffentlichte Homologievergleich von Foldaseproteinen berücksichtigte sechs Sequenzen aus Pseudomonas- und Burkholderia-Stämmen (Jäger et al., 1994). Ergänzt wurden diese Daten 1999 um Sequenzen aus den Gattungen Vibrio und Acinetobacter (Sullivan et al.,1999). Die Abb.23 zeigt einen Homologievergleich der heute bekannten Lif-Proteine. Berücksichtigt wurden dabei auch die Sequenzen der Lif-Proteine aus P. alcaligenes (Cox et al., 1994), P. wisconsinensis (Access. Nr.: O05938), eines putativen Lif-Proteins aus dem Pflanzenpathogen Xylella fastidosa (Simpson et al., 2000), und das erst kürzlich veröffentlichte Protein aus P. spec. KFCC10818 (Kim et al., 2001). Bei der hier erstmals beschriebenen Proteinsequenz aus P. fragi handelt es sich um das vorhergesagte Translationsprodukt eines offenen Leserahmens aus der DNA-Sequenz (Access. Nr.: EO4514) im Stromabwärtsbereich des lipB-Gens (Access. Nr.: EO4513) aus P. fragi. Das lipB-Gen kodiert für eine bisher ebenfalls nicht als Proteinsequenz veröffentlichte Lipase B, die sich von der bekannten Lipase A (Aoyama et al., 1988) durch das Vorhandensein eines vorhergesagten klassischen Signalpeptids. Das Gen für das potentielle Lif-Protein bildet wahrscheinlich mit dem lipB-Gen ein Operon und wird im Folgenden als lifA bezeichnet. Die in Abb. 23 verglichenen Lif-Proteine haben einen Aufbau in zwei unterschiedliche Proteinbereiche. Einen variabler Bereich, der etwa das aminoterminale Drittel der Proteine umfasst und eine grosse carboxyterminale Domäne aus vorwiegend hydrophilen AS-Resten. Die variablen Domänen weisen aminoterminale, mittels der "SAPS"- (Brendel et al., 1992) und "DAS"-Analyseprogramme (Cserzo et al., 1997) vorhergesagte hydrophobe Transmembranbereiche auf (Tab.8). Diese haben die Funktion von Ankersequenzen, die die periplasmatische Domäne in der inneren Membran verankern (Frenken et al., 1993; Schneidinger, 1997) Ausgeprägte Sequenzhomologien der Lif-Proteine finden sich hauptsächlich in diesem Bereich, beginnend mit einem hochkonservierten Arg-Rest (Position 94 im P. aeruginosa LipH-Protein). Vorhersagen der Sekundärstruktur mittels des PHDProgramms weisen dieser Domäne einen Aufbau aus vorwiegend α-helikalen Bereichen zu (Abb. 23). Für die Lif-Proteine aus P. aeruginosa PAO1, P. spec. 109, und B. glumae (Schneidinger, 1997; Shibata et al., 1998, El Khattabi et al., 1999) wurde gezeigt, dass die Membranankersequenzen für die Aktivierung der jeweiligen Lipasen nicht essentiell sind. 50 3. Ergebnisse 51 3. Ergebnisse Abb. 23 Erweiterter Homologievergleich der Foldasen. Die Aminosäuresequenzen oder gegebenfalls die Nucleotidsequenzen (nt) sind zugänglich unter folgenden "accession" Nummern: P. aeruginosa LipH, CAA44998; P. alcaligenes Lim, A37026 (nt); P. spec KFCC10818 LimK, AAD22079; Vibrio cholerae O17 LipB, CAA68635; P. spec. TE3205; P. spec. KWI_56, P25276; Acinetobacter calcoaceticus RAG1 LipB, AAD29442; A. calcoaceticus BD413 LipA, CAA56779; P. wisconsinensis LpwB, AAB53648;; Burkholderia glumae LipB, CAA49813; B. cepacia LimA, AAA50467; P. fragi LifA, E04514(nt); Xylella fastidosa 9a5c, AAF83992. 52 3. Ergebnisse Tab. 8 Sequenzmerkmale verschiedener Lif-Proteine Lif-Protein aus Stamm TM-Helix (Position AS) "coiled-coil"1 Cys-Reste Anzahl/ Position P. aeruginosa PAO1 4-22 + 0 P. alcaligenes P. fragi P. wisconsinensis B. glumae B. cepacia A. calcoac.RAG1 A. calcoac.BD413 X. fastidosa V. cholerae P. spec KFCC10818 1 Vorhersage nach Lupas et al., 1996 20-39 14-35 14-20 19-40 14-35 11-30 7-25 12-30 4-21 7-25 + + + + + + + + + + 0 1 / 103 0 3 / 30,33,112 1 / 103 2 / 79,98 2 /74,93 3 / 20,25,154 1 / 17 0 Auch die Deletion grosser Teile der variablen Domänen führte nicht zu einem Funktionsverlust der Lif-Proteine aus P. aeruginosa TE3285, B. cepacia (Ihara et al., 1995; Quyen et al., 1999). Allerdings beruhen diese Aussagen auf in vitro Untersuchungen zur Aktivierung denaturierter Lipase durch im heterologen Wirt E. coli exprimierte Lif-Proteine. 3.4.4 Konstruktion von LipH-Varianten mit Lokalisation im Zytoplasma oder Periplasma Um die physiologische Bedeutung der Membranverankerung zu untersuchen, war es von Interesse, inwieweit Varianten des LipH-Proteins mit vorwiegend periplasmatischer (LipHSS) und cytoplasmatischer Lokalisierung (LipH-CP) in vivo eine Lipaseaktivierung gewährleisten können. Als weiterer Aspekt bestand die Frage, inwieweit der beschriebene regulatorische Effekt auf die Lipaseexpression von der subzellulären Lokalisation des LipHProteins beeinflusst wird. Basierend auf dem Plasmid pBBL7-IR2 wurden Varianten des Lipaseoperons mit entsprechend veränderten lipH-Strukturgenen konstruiert. Die durch Austausch eines NdeI/ Eco72I-DNA-Fragments in pBBL7-IR2 erzeugten lipH-Allele enthielten eine Deletion von 60 bp entsprechend den AS 1-20 des nativen LipH-Proteins (pBBL7.2-CP). Um einen Secabhängigen Transport des LipH-Proteins ins Periplasma zu erreichen, wurde dieser Bereich durch das Signalpeptid einer Pectatlyase aus Erwinia chrysanthemi ersetzt (pBBL7SS). Die Abb.24 A zeigt die aus den Modifikationen abgeleiteten aminoterminalen AS-Sequenzen der LipH-Varianten. 53 3. Ergebnisse Zum Nachweis der subzellulären LipH-Lokalisierung wurden die modifizierten Operone in der Lipase-defizienten Mutante P. aeruginosa PABS1 exprimiert und die Bakterien in die Kompartimente Cytoplasma, Periplasma und Gesamtmembran fraktioniert. Die in Abb.24 B dargestellte Immunodetektion zeigte die erwartete Verteilung der LipH-Varianten in den subzellulären Kompartimenten. A. MKKILLLIPLAFAASLAWFVWLEPSPAPET... LipH MLEPSPAPET... LipH-CP MKYLLPTAAAGLLLLAAQPAMAMGHHHHHHHHHHSSGHIDDDDLHMLEPSPAPET... LipH-SS B. Variante CP PP M ohne LipH LipH-SS LipH-CP Abb.24 Subzelluläre Lokalisation der LipH-Varianten. A. Aminoterminale Sequenzen der LipH-Varianten. In blau dargestellt ist die N-terminale Membranankersequenz des nativen LipH-Proteins. Durch Deletion dieses Bereiches wurde die zytoplasmatische Variante erzeugt (LipH-CP). LipH-SS trägt stattdessen ein spaltbares Signalpeptid. Die erwartete Spaltstelle ist unterlegt dargestellt. B. Immunologischer Nachweis der LipHVarianten nach Fraktionierung von Ganzzellextrakten. CP: Zytoplasmafraktion PP: Periplasmafraktion M: Gesamtmembranfraktion. Es wurde jeweils eine Menge eingesetzt, die einer Zelldichte von O.D.580= 0,5 entsprach. 3.4.5 Im Periplasma lösliches LipH-Protein aktiviert Lipase in vivo Die Lif-Varianten LipH-CP und LipH-SS hatten die erwartete subzelluläre Lokalisation gezeigt. Der Vergleich der extrazellulären Lipaseaktivität die von P. aeruginosa PABS1 mit den entsprechenden Plasmiden sekretiert wurden, sollte nun Aufschluss über die Effizienz der Lif-Varianten und somit über den Einfluss der LipH-Lokalisation auf die Lipaseproduktion geben. 54 3. Ergebnisse Die Abb. 25 zeigt die unter Verwendung der cytoplasmatisch, bzw. periplasmatisch lokalisierten LipH-Varianten sekretierten Lipaseaktivitäten im Vergleich zum WT-Lif mit aminoterminaler Membranankersequenz. Nur die Stämme, die LipH-SS, bzw. das WT-LipH exprimierten, sekretierten enzymatisch aktive Lipase. Die gemessenen Werte bei Expression von LipH-CP lagen mit etwa 3% Restaktivität gegenüber der WT-Kontrolle nur unwesentlich über denen des Kontrollstamms PABS1 mit nur der plasmidcodierten Lipase und sind deshalb als nicht signifikant anzusehen. Die periplasmatische Lokalisation führte zwar gegenüber einer Lokalisation von LipH in der inneren Membran zu einer Reduktion der Lipaseaktivität auf etwa 30%, war aber geeignet, den Faltungsprozess in vivo zu katalysieren. Die Membranverankerung von LipH ist also für eine quantitative Faltung der Lipase in eine enzymatisch aktive und sekretionskompetente Konformation nicht essentiell, hat aber Einfluss auf die Effizienz des Faltungsprozesses oder der Sekretion. 120 rel. Lipaseaktivität [%] 100 80 60 40 20 0 pBBL7-IR2 pBBL7.2-SS pBBL7.2CP pBBL9 Abb. 25 Lipaseaktivität nach in vivo Faltung mittels der Foldasevarianten. Die LipHVarianten wurden im Operon mit der Lipase in P. aeruginosa PABS1 exprimiert. Dargestellt ist die relative Lipaseaktivität mit der Aktivität des Wt-Operons als 100 %. Die Werte wurden in drei unabhängigen Experimenten ermittelt, die Fehlerbalken zeigen die Standardabweichung. 3.4.6 Die Membranverankerung ist Voraussetzung für die LipH-abhängige Steigerung der Lipaseexpression Um den Einfluss der subzellulären Lokalisation von LipH auf den beschriebenen regulatorischen Effekt auf die Lipaseexpression zu untersuchen wurde, analog der Konstruktion von pBBL8 (Schneidinger, 1997) aus den Plasmiden pBBL7-IR2, pBBL7.2-SS und pBBL7.2-CP jeweils das für die Lipase kodierende lipA-Gen deletiert. Die Deletion hatte keinen Einfluss auf die Expression oder die Lokalisation der mittels der resultierenden Plasmide pBBL8.2, pBBL8.2-SS und pBBL8.2-CP in der Lif-deffizienten Mutante P. aeruginosa PABS1 exprimierten LipH-Proteine (ohne Abb.). 55 3. Ergebnisse Die Abb. 26 zeigt deutlich, dass bei Expression der LipH-Varianten im WT-Stamm P. aeruginosa PAO1 im Unterschied zum unveränderten LipH-Protein keine Steigerung der extrazellulären Lipaseaktivität zu beobachten war. Die im KÜ gemessenen Lipaseaktivitäten waren vergleichbar mit der des Kontrollstammes, der lediglich den Leervektor pBBR1MCS enthielt. Dies zeigt, dass die LipH-Varianten in der Zelle nicht mit dem zugleich vorkommenden chromosomal kodierten unveränderten LipH interferierten und dessen Funktion beeinflussten. Voraussetzung für die aktivierende Wirkung der LipH- Überexpression auf die Lipaseexpression scheint demnach die korrekte Lokalisierung in der inneren Membran zu sein, nicht aber die Erhöhung der im Zytoplasma oder Periplasma verfügbaren Menge funktionellen LipH-Proteins. rel. Lipaseaktivität [%] 1000 750 500 250 0 pBBR1MCS pBBL8-IR2 pBBL8.2-SS pBBL8.2-CP Abb. 26 Wirkung der LipH-Varianten bei Überexpression im WT-Stamm. Die LipH-Varianten wurden im WT-Stamm P. aeruginosa PAO1 exprimiert. Dargestellt ist sie relative Lipaseaktivität in KÜ der Stämme nach 24 h Wuchs in NB-Medium. Die Aktivität von P. aeruginosa PAO1 mit dem Leervektor wurde gleich 100% gesetzt. Dargestellt sind Mittelwerte aus drei Experimenten unter Angabe der Standardabweichung als Fehlerbalken. 3.4.7 Die Aktivierung der Lipase LipC erfordert die Membranverankerung von LipH Die Bildung enzymatisch aktiver Lipase LipC erfolgt in vivo wie auch in vitro ebenfalls in Abhängigkeit von LipH (Martinez et al., 1999; Friedrich, 2001). Um den Einfluss der LipHLokalisation auf den Aktivierungsprozess dieser zweiten Lipase zu untersuchen, wurden die LipH-Varianten in den Lipase-/Foldase-defizienten Stämmen P. aeruginosa PABS1 und P. aeruginosa PASCHII unter Verwendung der Plasmide pBBL8.2, pBBL8.2-SS und pBBL8.2CP exprimiert. Da LipC nur in sehr geringer Menge gebildet wird (Martinez et al., 1999; Friedrich, 2001; Heckmann, 2001), war auch hier die gemessene Aktivität insgesamt sehr gering. 56 3. Ergebnisse Das Ergebnis der Expression ist in der Abb. 27 exemplarisch für die Expression in P. aeruginosa PABS1 dargestellt. Im Vergleich zum Kontrollstamm mit Leervektorkontrolle war lediglich Lipaseaktivität nachweisbar, wenn WT-LipH exprimiert wurde. Die subzelluläre Lokalisation des Foldaseproteins in der inneren Membran war also Voraussetzung für die Synthese enzymatisch aktiver Lipase LipC. 120 rel. Lipaseaktivität [%] 100 80 60 40 20 0 pBBL8-IR2 pBBL8-CP pBBL8-SS pBBR1MCS Abb. 27 Aktivierung der Lipase LipC durch die LipH-Varianten. Die LipH-Varianten wurden in P. aeruginosa PABS1 (lipH-) exprimiert. Die extrazelluläre Lipaseaktivität wurde nach 24 h Wuchs in NBMedium bestimmt. Dargestellt sind relative Aktivitäten mit P. aeruginosa PABS1/pBBL8 als 100 %. Dargestellt sind Mittelwerte aus fünf Experimenten, Fehlerbalken geben die Standardabweichung an. 3.5 Das lipH-Gen kann unabhängig von lipA exprimiert werden: Das Lipaseoperon besitzt zusätzliche lipH-spezifische Promotoren 3.5.1 Die lipA-Promotorregion ist in einer ChpA-Mutante nicht funktionell Die Expression des Lipaseoperons wird auf transkriptioneller Ebene von zwei Promotoren reguliert. Die Aktivierung des Promotors P1 erfolgt abhängig vom alternativen Sigmafaktor RpoN (σ54) (Schneidinger, 1997) und erfordert zudem die Wirkung des "ZweiKomponenten"-Systems LipQ/ LipR (Düfel, 2000). Als weiteres an der Transkriptionskontrolle beteiligtes regulatorisches Protein konnte das CheY homologe ChpA Protein (Withchurch & Mattick, unveröffentlicht) identifiziert werden. In einer ChpAdeffizienten Mutante erfolgt keine Transkription des Sensorkinasegens lipQ noch, daraus resultierend, die transkriptionelle Aktivierung der Lipaseexpression (Düfel, 2000). Trotz der fehlenden Transkriptionsaktivierung der Lipasepromotoren produzierte die ChpA-Mutante eine mit dem WT-Stamm P. aeruginosa PAO1 vergleichbare extrazelluläre Lipaseaktivität. 57 3. Ergebnisse Dabei war wahrscheinlich aufgrund des verwendeten Nährmediums die Lipaseausbeute auch in P. aeruginosa PAO1 nur äusserst gering (Düfel, 2000). Daher wurde die Transkriptionsaktivität der Lipasepromotorregion bei Kultivierung der Stämme in NB-Medium untersucht, das eine insgesamt höhere Lipaseproduktion erwarten liess. Die Abb. 28 zeigt die Wuchskurve der ChpA-Mutante im Vergleich zum WT. Beide Stämme trugen die auf dem Plasmid pMlipA::lacZ kodierte transkriptionelle Reportergenfusion. Unter den hier gewählten Bedingungen bestätigte sich anhand der ermittelten ß-Galaktosidaseaktivitäten, dass im ChpA-negativen Hintergrund keine nennenswerte Promotoraktivität auftrat, also keine Transkription des Lipaseoperons unter Benutzung der bekannten Lipasepromotoren stattfand. PAO1 chpA PAO1 chpA 3000 1 2000 0.1 1000 0.01 ß-Galaktosidase-aktivität [Miller-Units] Zelldichte [O.D.580] 10 0 0 1 2 3 4 5 6 7 24 26 28 30 Wuchsdauer [h] Abb. 28 Wuchskurve und ß-Galaktosidaseaktivitäten einer lipA-Promotor-lacZ-Fusion im P. aeruginosa PAO1 undeiner ChpA-Mutante. Die Kultivierung der Bakterien erfolgte bei 30°C in NB-Medium. Dargestellt sind Mittelwerte dreier Wuchskurven (schwarz) und der Aktivitätsmessung (rot) unter Angabe der Standardabweichung als Fehlerbalken. 3.5.2 Die ChpA-Mutante synthetisiert LipH und sekretiert enzymatisch aktive Lipase Trotz der nicht vorhandenen lipA-Promotoraktivität in der ChpA-Mutante, wurde in Kulturüberständen lipolytische Aktivität nachgewiesen. Setzt man voraus, dass die chromosomal kodierte Kopie des Operons identisch reguliert wird, wie die in trans getestete episomale transkriptionelle Reportergenfusion, konnte es sich dabei nicht um die Aktivität von LipA handeln. Die lipolytische Aktivität konnte wie vermutet (Düfel, 2000) auf die Esterase EstA zurückzuführen sein, oder auf die 1999 von Martinez et al. (Martinez et al., 1999) beschriebene Lipase LipC. Die vergleichsweise hohe Aktivität der ChpA-Mutante bei Anzucht auf Indikatoragarplatten mit dem lipasespezifischen Substrat Triolein liess als Ursache eher auf die Beteiligung von LipC als EstA schliessen (ohne Abb.). 58 3. Ergebnisse Wie die Lipase LipA benötigt LipC zur Faltung in seine enzymatisch aktive Konformation das Foldaseprotein LipH (Martinez et al., 1999; Friedrich, 2000). Da in der ChpA-Mutante die Transkription des lipA/ lipH-Operons vollständig reprimiert schien, stellte sich daher die Frage nach der Herkunft des zur Synthese von LipH benötigten lipH-Transkripts. Wie Abb. 29 zeigt, war die extrazelluläre lipolytische Aktivität in der ChpA-Mutante nicht von der im WT P. aeruginosa PAO1 zu unterscheiden. Interessanterweise führte die Zugabe von n-Hexadecan wie im WT auch in der ChpA-Mutante zu einer deutlichen Steigerung der lipolytischen Aktivität. Anders als im Kontrollstamm P. aeruginosa PABS1, war in GZE beider Stämme überdies eindeutig LipH-Protein nachweisbar (Abb. 29, B). Dies zeigt, dass die nachgewiesene Repression der vor dem lipA-Gen gelegenen Promotoren eine Expression des lipH-Gens nicht ausschloss. 60 sp e z. lip o ly tisc h e A k tiv itä t [n k a t/O .D .5 8 0 /m l] A B O1 A P 40 S1 pH) A B p li Ch PA (∆ 20 0 PA O 1 C hpA + n-Hexadecan PA O 1 C hpA - n-Hexadecan Abb. 29 Lipolytische Aktivität und LipH-Produktion der ChpA-Mutante. A. Die lipolytische Aktivität wurde nach 24 h Wuchs in NB-Medium und NB-Medium mit n-Hexadecan (1% (v/v) imVergleich zum WTStamm bestimmt. B. Immunologischer Nachweis des LipH-Proteins in GZE. Es wurde jeweils eine Menge entsprechend einer Zelldichte von 0,15 O.D.580 eingesetzt. Die Proben wurden aus den Kulturen mit nHexadecan entnommen. Als Kontrolle diente P. aeruginosa PABS1. 3.5.3 Die extrazelluläre Lipaseaktivität in der ChpA-Mutante beruht auf LipC Die Tatsache, dass die ChpA-Mutante LipH-Protein synthetisierte, war als weiterer Hinweis darauf zu werten, dass es sich bei der extrazellulären Aktivität um die Lipase LipC handelte. Um dies zu verifizieren, wurde basierend auf der ChpA-Mutante das lipC-Gen durch Insertion eines Gentamycin-Resistenzgens inaktiviert. 59 3. Ergebnisse Da zur Inaktivierung des chpA-Gens ein Tetrazyklin-Resistenzgen inseriert wurde (C. Withchurch, J. Mattick, persönliche Mitteilung) war zum beabsichtigten allelen Austausch durch homologe Rekombination der Vektor pSUP202lipC::Gm (Friedrich, 2000) nicht zu verwenden, da dieser als pSUP202-Derivat die identische Tetrazyklin-Resistenz vermittelt. Um nicht beabsichtigte Rekombinationsereignisse innerhalb der allelen Resistenzgene zu vermeiden, wurde daher ein 7 kb grosses BamHI/ EcoRI-Fragment in den Vektor pBCSK subkloniert. Dieses trägt sowohl das bereits zur Inaktivierung von lipC erfolgreich benutzte lipC::Gmr-Insertionsprodukt, wie auch die benötigten Elemente zur Plasmidmobilisierung aus pSUP202. Der resultierende Vektor pBClipC::Gm wurde durch konjugativen Transfer in die ChpA-Mutante eingebracht und die ChpA/ LipC-Doppelmutanten (P. aeruginosa PAFRcl) anhand der Gm-Resistenz selektioniert. P. aeruginosa PAFRcl produzierte im Vergleich zum Ausgangsstamm weder auf lipasespezifischen Indikator-Agarplatten (ohne Abb.), noch in Flüssigkultur signifikante extrazelluläre Lipaseaktivität (Abb. 30). Da dies auch in Gegenwart von n-Hexadecan der Fall war, bedeutet dies indirekt, dass die Produktion beider Lipasen aus P. aeruginosa durch dieses Agens positiv beeinflusst wird. 70 spez. lipolytische Aktivität [nkat/O.D.580/ml] 60 50 40 30 20 10 0 ChpA ChpA/LipC Abb.30 Die ChpA-Mutante produziert LipC. Verglichen sind die extrazellulären lipolytischen Aktivitäten der ChpA- und der ChpA/LipC-Mutante. Die Anzucht erfolgte in NB-Medium unter induzierenden Bedingungen durch Zugabe von 1% (v/v) nHexadekan. Die Aktivität wurde nach 24 h Wuchs gemessen. Dargestellt sind Mittelwerte aus drei Messungen, Fehlerbalken geben die Standardabweichung an. 3.5.4 Das Foldasegen lipH wird unabhängig von lipA transkribiert Bei drastisch reduzierter Aktivität oder völliger Reprimierung der Promotoren im Stromaufwärtsbereich des Lipaseoperons konnte die in der ChpA-Mutante nachgewiesenen Synthese des LipH-Proteins bedeuten, dass entweder a) bei einer sehr geringen Transkriptmenge die Effizienz der Translation erhöht war, oder b) das lipH-Gen unabhängig vom lipA-Gen transkribiert wurde. 60 3. Ergebnisse Letzteres würde die Existenz von operoninternen Promotorstrukturen im Stromaufwärtsbereich des lipH-Gens, also innerhalb des lipA-Gens oder in der intergenischen Region voraussetzen. Um dieser Fragestellung nachzugehen, wurde eine Serie von transkriptionellen lacZ-Reportergenfusionen konstruiert. In Abb. XX sind die internen DNAFragmente des Lipaseoperons dargestellt, die durch Insertion in den Vektor pML5BG mit dem promotorlosen lacZ-Gen fusioniert wurden. Wie die Abb. XX, B zeigt, besassen in P. aeruginosa PAO1 alle getesteten Fragmente signifikante Promotoraktivitäten. Das Plasmid pMlip::lacZ trug die bisher bekannten Promotoren des Lipaseoperons und diente als Referenz. Wie vermutet, besass das PaeI/ Eco47III-Fragment, das den stromabwärts gelegenen Rest des lipA- bzw. lipH-Gene umfasste, eine signifikante Promotoraktivität. Dabei muss das PaeI/ PpuMI-Fragment, das nur Bereiche des lipA-Gens bis zu dessen Stopp-Kodon trug (lipPP) als Promotorstruktur funktionierende Sequenzen beinhalten. Interessanterweise galt dies auch für das direkt anschliessende PpuMI/ Eco47III-Fragment (lipPE), das mit dem 5'-Ende der intergenischen Region beginnt und darüber hinaus nur Sequenzen des lipH-Strukturgens beinhaltet. Aufgrund der Tatsache, dass der stromabwärts von lipH gelegene potentielle offene Leserahmen orf PA2864 in der inversen Orientierung transkribiert wird (Stover et al., 2000), ist es als unwahrscheinlich anzusehen, dass das lipH-Gen selbst physiologisch relevante Promotorstrukturen enthält. Dies machte es wahrscheinlich, dass die mit dem lipPE-Fragment gemessene Promotoraktivität auf Sequenzen in der intergenischen Region zurückzuführen war, die eine transkriptionelle Kontrolle zur Expression von lipH unabhängig von der Transkription des Lipasegens lipA erlauben. XhoI lacZ-Fusion PaeI AgeI PpuM1 Eco47-III P1 P2 lipA lipH pMLlipA pMLlipAH(PE) pMLlipA(PP) pMLlipAH(AE) pMLlipH 0 500 1000 1500 2000 2500 ß-Galaktosidase Aktivität [Miller Units] Abb. 31 Promotoraktivität interner Fragmente des Lipaseoperons. Gezeigt sind die Fragmente, die mit einem promotorlosen lacZ-Gen als Reporter fusioniert wurden. Die episomal kodierten transkriptionellen Fusionen wurden in P. aeruginosa PAO1 eingebracht. Die Messung der ß-Galaktosidaseaktivitäten erfolgte nach 24 h Wuchs in NB-Medium. Die Aktivitäten wurden um die Werte der Leervektorkontrolle korrigiert und stellen Mittelwerte aus drei Messungen dar. Fehlerbalken geben die Standardabweichung an. 61 3. Ergebnisse 3.5.5 Die intergenische Region beinhaltet einen lipH-spezifischen Promotor Die Existenz bzw. die Lokalisation des potentiellen lipH-spezifischen Promotors wurde im Folgenden durch Insertion von Sequenzen zur Transkriptionstermination unmittelbar vor der intergenischen Region untersucht. Dazu wurde in die mit dem Stoppkodon des lipA-Gens überlappende PpuMI-Erkennungssequenz eine sog. "Omega"-Resistenzkassette (ΩGmr) inseriert (Abb. XX, A; pSUPAGmH), wodurch die Transkription des lipA/lipH-Operons an dieser Stelle terminiert werden sollte. Dieses Konstrukt wurde zum allelen Austausch des Lipaseoperons in P. aeruginosa benutzt. Eine ggf. auftretende Expression von lipH sollte dann der transkriptionellen Kontrolle von regulatorischen Elementen in der IR unterliegen. Die Abb. 32 zeigt, dass dies der Fall war, interessanterweise produzierte der resultierende Stamm P. aeruginosa PAFRGmP sogar etwa zweimal mehr Lipase als der Ausgangsstamm. XhoI P PpuM P lipA XhoI P lipH P. aeruginosa PAO1 PpuM1/Mlu PpuM1/Mlu P lipA Ω Gm r lipH P. aeruginosa PAFRGmP 200 180 rel. Lipaseaktivität [%] 160 140 120 100 80 60 40 20 0 PAO1 PAFRGmP Abb. 32 Lipaseproduktion von P. aeruginosa PAFRGmP. Schematisch dargestellt ist die genetische Organisation des Lipaseoperons von P. aeruginosa PAFRGmP im Vergleich zum WTStamm. Die Anzucht erfolgte jeweils in NB-Medium für 24 h bei 30°C. Die Werte stellen Mittelwerte au drei Messungen dar, die Fehlerbalken geben die Standardabweichung an 62 3. Ergebnisse 3.5.6 Bestimmung des Transkriptionsstarts für den lipH-spezifischen Promotor Der Transkriptionsstart wurde durch eine "Primer-Extension"-Analyse unter Verwendung der Oligonukleotide PELipH1 und PELipH2, die beide komplementär zum 5'-Bereich des lipHGens sind ermittelt. Mit beiden Oligonukleotiden konnten reproduzierbar drei Transkripte unterschiedlicher Länge identifiziert werden Dies war sowohl in P. aeruginosa PAO1, wie auc hin der ChpA-Mutante der Fall. Die Transkripte waren sowohl nach einer Wuchsdauer von 10 h, wie auch nach 24 h nachweisbar (ohne Abb.). Die Länge des Transkripts im Vergleich zur parallel mit denselben Oligonukleotiden durchgeführte DNA-Sequenzeirung ergab, dass eines dieser Transkripte mit dem GTGStartkodon des lipH-Gens begann (Abb. 33). Dies bedeutet, dass sowohl die Existenz, als auch die Funktionalität eines Promotors in der IR zur transkriptionellen Kontrolle des lipHGens nachgewiesen werden konnte. 137 138 139 140 141 142 143 144 145 137 138 139 140 141 142 143 144 145 A TT C A G C A G G A G G A T T T T C T T C A C G 146 147 G 148 149 146 147 148 149 C G A G G G G G C T T 150 C 151 152 Time [min] 150 151 152 Time [min] C G G G A A A G G G C GTG-lipH Abb. 33 Transkriptionsstartbestimmung des IR-internen Promotors. Die hier dargestellte " PrimerExtension"-Analyse wurde unter Verwendung des PELipH1-Oligonukleotids durchgeführt. Die Gesamt-RNA von P. aeruginosa PAO1 wurde hierzu nach 10 h Wuchs in NB-Medium isoliert. Dargestellt sind im oberen Teil die Signale der "Primer-Extension". Im unteren Teil ist die parallel durchgeführte Sequenzierreaktion mit DNA des Plasmids pBBL7 dargestellt. Die Signale wurden anhand der relativen Laufzeiten aufgetragen. Das GTG-Startkodon des lipH-Gens ist durch Unterstreichung hervorgehoben. 63 4. Diskussion Diskussion Das Expressionssystem zur Produktion der Lipase aus P. aeruginosa im heterologen Wirt Pseudomonas putida Nach dem Gentechnikgesetz (GenTG) werden Bakterien in vier Gefahren- bzw. Sicherheitsstufen (S1-S4) eingeteilt (GenTSV; www.rki.de). Mit der Gefahrenstufe steigen die Sicherheitsanforderungen und somit auch die Restriktionen, denen der Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen unterliegt. Der Einsatz von pathogenen Bakterien zur Produktion biotechnologisch relevanter Substanzen ist daher nur mit erheblichem Aufwand und damit verbundenen Kosten möglich und daher nicht wünschenswert. P. aeruginosa als opportunistisch humanpathogenes Bakterium ist in der Sicherheitstufe S2 klassifiziert. Zur Produktion von extrazellulären Enzymen aus P. aeruginosa sollte ein Expressionsstamm entwickelt werden, der auf einem heterologen, nicht pathogenen Bakterium der Sicherheitsstufe S1 basiert. Als heterologe Wirtsbakterien sollten solche geeignet sein, die entweder über ein eigenes TypII-Sekretionssystem verfügen, das heterologe Proteine exportieren kann, oder solche, in denen ein funktioneller TypII-Exportapparat aus P. aeruginosa rekonstituiert werden kann. P. putida wird nach dem GenTG als S1-Organismus klassifiziert und besitzt den xcp-Genen aus P. aeruginosa homologe Gene, deren Funktionalität noch nicht abschliessend geklärt ist (de Groot et al.,1996). Anhand der Elastase LasB konnte jedoch gezeigt werden, dass dieses GSP-abhängige Protein aus P. aeruginosa im heterologen Wirt P. putida nicht aktiv sekretiert wird (Braun et al., 2000). Anhand der Lipase LipA aus P. aeruginosa sollte dieses I. verifiziert, II. gezeigt werden, dass eine Spezies-Spezifität zwischen Substrat-Protein und Sekretionsapparat besteht, indem III. der komplette TypII-Sekretionsapparat rekonstituiert und somit P. putida als heterologer Wirt zur Produktion extrazellulärer Enzyme aus P. aeruginosa etabliert werden sollte. Rekonstitution und Funktionalität des Xcp-Apparats in P. putida Die Expression der xcp-Gene unterliegt in P. aeruginosa der Regulation durch das RhlR/I"Quorum-sensing"-Regulationssystem, das die Synthese eines funktionellen Exportapparates an die Bildung anderer Virulenzfaktoren wie z.B. des P. aeruginosa Rhamnolipids koppelt (Chapon-Herve et al, 1997). Für P. putida wurde ebenfalls die Existenz homologer zelldichtabhängiger Regulationssysteme beschrieben (Sauer & Camper, 2001). Es war aber nicht sicher, dass die Promotoren der xcp-Operons im heterologen Wirt P. putida erkannt würden. 64 4. Diskussion Mittels einer Reportergenfusion des regulatorischen Bereiches der divergent transkribierten xcp-Gene mit dem ß-Galaktosidasegen, konnte in dieser Arbeit demonstriert werden, dass die Transkription der xcp-Gene als Voraussetzung zur Rekonstitution eines funktionellen Exportapparates gewährleistet ist (Abb 5). Die gemessenen ß-Galaktosidaseaktivitäten sprechen allerdings dafür, dass die Expression in P. putida eher konstitutiv, als zelldichtereguliert erfolgt (Abb. 6). Die Möglichkeit zur Rekonstitution des Xcp-Apparates selber und die Möglichkeit, diesen zur Produktion enzymatisch aktiver und sekretierter Lipase zu nutzen wurde demonstriert, indem P. putida sowohl mit einem das Lipaseoperon tragenden Expressionsplasmid, wie auch mit einem Kosmid versehen wurde, das die xcpGene aus P. aeruginosa enthielt. Anhand von Aktivitätstests und des immunologischen Nachweises des Lipaseproteins wurde gezeigt, dass dieser Stamm wie erwartet extrazellulär aktive Lipase produzierte (Abb. 7). Die Charakterisierung der Lipaseproduktion ergab einige interessante Details: I. Das zur in vivo-Aktivierung der Lipase notwendige LipH-Protein war in P. putida nur nachweisbar, wenn gleichzeitig auch die xcp-Gene aus P. aeruginosa exprimiert wurden, andernfalls unterlag das Protein einem Abbau durch zelluläre Proteasen. II. auch die bereits sekretierte Lipase erwies sich abhängig von der Wuchsphase in Kulturüberständen als instabil. Wie auch in P. aeruginosa unterliegt das LipH-Protein in der Zelle auch in P. putida einer proteolytischen Degradation (Abb. 11, vergleiche auch Abb. 7). Für die Foldase aus B. glumae konnte demonstriert werden, dass das Protein bei gleichzeitiger Produktion der Lipase eine erhöhte Stabilität aufweist, was auf eine Maskierung entsprechender Spaltstellen für Proteasen zurückgeführt wurde (El Khattabi, 2001). Ebenso konnte für das essentielle XcpP-Protein des Exportapparates aus P. aeruginosa eine Stabilisierung durch ein weiteres Xcp-Protein nachgewiesen werden (Bleves et al., 1999). Das Fehlen eines funktionsfähigen Xcp-Apparates bewirkt auch in P. aeruginosa eine drastische Reduzierung des korrekt in der inneren Membran lokalisierten LipH-Proteins (Schneidinger, 1997). Es ist daher anzunehmen, dass der beobachtete Effekt in P. putida auf eine mangelnde Stabilisierung des Foldaseproteins durch Komponenten des Xcp-Apparats zurückzuführen ist. Da das LipHProtein in dieser Arbeit als limitierende Komponente für die Lipaseproduktion in P. aeruginosa identifiziert wurde (s.u), ist es weiterhin plausibel anzunehmen, dass ein Faktor für das Absinken der Lipaseproduktion in P. putida während der Stationärphase eine reduzierte Foldaseproduktion und/oder eine gesteigerte Degradation ist. In P. aeruginosa konnten einige potentiell periplasmatisch lokalisierte Proteasen identifiziert werden, die Einfluss auf die Lipaseproduktion nehmen (Windgassen, 2000; Wilhelm et al., 2001). 65 4. Diskussion Ein möglicher Angriffspunkt dieser Proteasen auf die Lipaseproduktion kann neben einer Aktivität gegenüber dem periplasmatischen Intermediat der Lipase selbst oder auch deren Beteiligung am "turnover" des Foldaseproteins sein. Die in P. putida sekretierte Lipase erwies sich im extrazellulären Medium als instabil (Abb. 9 und Abb. 10). Dies konnte teilweise auf das Vorhandensein extrazellulärer, hitzelabiler Komponenten zurückgeführt werden. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um Proteasen. Darüberhinaus fand sich bei genauerer Untersuchung im Anschluss an eine industriell durchgeführte Fermentation des rekombinanten Produktionsstammes P. putida/ pBBL7/pXcp7 (Eller, 1998) eine offenbar niedermolekulare Substanz, die die Lipase reversibel inhibierte und vorläufig als "Lipase-Labilisator" bezeichnet wird (A. Weisser, persönliche Mitteilung). Die prinzipielle Eignung von P. putida als Expressionsstamm zur Produktion der Lipase aus P. aeruginosa konnte somit in dieser Arbeit gezeigt werden. In einer ergänzenden Studie konnte darüberhinaus die Lipaseausbeute weiter gesteigert werden, indem auch die Prepilinpeptidase aus P. aeruginosa in den heterologen Wirt eingebracht wurde (Eller, 1998). Expression der Lipase aus P. aeruginosa unter Verwendung der T7-RNA-Polymerase im homologen Wirt Für biotechnologische Anwendungen ist es wünschenswert, Proteine mit möglichst hoher Ausbeute produzieren zu können. Handelt es sich bei dem Protein von Interesse um ein solches, dessen natürliche Regulation im homologen Wirt nur unvollständig verstanden ist, ist eine denkbare Strategie zur effektiven Überproduktion die Entkopplung von der physiologischen Regulation. Dieses Konzept findet in den etablierten auf dem Wirt E. coli basierenden T7-Überexpressionssystemen Anwendung (Studier & Moffatt, 1986; Tabor, 1990). Ein analoges System zur Überexpression von Proteinen in P. aeruginosa wurde von Brunschwig und Darzins (1992) entwickelt. Der Stamm ADD1976 trägt stabil in das Chromosom integriert das Strukturgen für die DNA-abhängige RNA-Polymerase des Phagen T7 unter transkriptioneller Kontrolle des lacUV-Promotors. Das ebenfalls in das Chromosom integrierte Gen für den lacIq-Repressor verhindert im nicht induzierten Zustand die Bildung der RNA-Polymerase. Nach Induktion mit IPTG können somit Gene deren Expression unter Kontrolle eines T7-spezifischen Promotors steht, in P. aeruginosa exprimiert werden (Brunschwig und Darzins, 1992). Auch zur Expression der P. aeruginosa-Lipase mit hoher Ausbeute ist dieser Stamm geeignet (Schneidinger, 1997), jedoch weist er phänotypische Charakteristika auf, die auf einen pleiotropen regulatorischen Effekt hindeuten (Rosenau et al., 1998). 66 4. Diskussion Für die Expression von Lipase-Varianten, etwa im Rahmen von „in vitro-Evolutions“Programmen ist darüberhinaus ein Expressionsstamm Voraussetzung, der keine Hintergrundaktivität des Wildtypenzyms produziert, also ein T7-Expressionstamm, basierend auf einer Lipase-defizienten Mutante. In dieser Arbeit wurden mehrere Stämme konstruiert, die dieser Massgabe genügen (Abb. 12; Tab. 7). Es war bei einem heterologen und induzierbaren Expressionssystem zu erwarten, dass die Ausbeute des exprimierten Proteins mit der Zelldichte der Kultur korreliert. Ein solcher Zusammenhang wurde auch für die hier verwendeten Expressionsbedingungen gefunden. In Abhängigkeit vom verwendeten Medium bzw. dessen "Nährstoffgehalt" stiegen sowohl die maximal erzielbare Zelldichte, wie auch die Lipaseproduktion an (Tab. 7). Vor diesem Hintergrund wurde ein Anzuchtsprotokoll etabliert (B. Kutscher, F. Rosenau & K.-E. Jäger, unveröffentlicht), nach dem die Induktion erfolgt, wenn die Bakterienkultur die maximale Zelldichte erreicht. Dies war in dem nährstoffreichen Trypton-Phosphat-Medium nach 16 h Inkubation der Fall. Während der Produktionsphase bis zum Absterben der Bakterien nach weiteren 24 h (nach Induktion) akkumulierte die Lipase im Medium. Analoge Expressionsysteme die durch den lac-Repressor reguliert werden, weisen generell eine gewisse basale Expression auf (Studier & Moffat, 1986; Tabor, 1990; Mertens et al., 1995). Dies, in Verbindung mit der langen Präinkubation, ist wahrscheinlich als Grund für die bereits hohe extrazelluläre Lipaseaktivität vor Induktion (Abb. 13) anzusehen. Die Reproduzierbarkeit der Lipaseexpression erwies sich in diesem System als problematisch, wie an der Schwankungsbreite der maximalen Lipaseausbeuten zu erkennen ist (Tab. 7). Dies ist ebenfalls ein Charakteristikum von T7-Expressionssystemen mit vergleichsweise hoher Basalexpressionsrate, da aufgrund der Überproduktion zelluläre Stressantworten induziert werden, durch die letztlich eine Selektion auf Verlust der Expression stattfindet (Mertens et al., 1995). Die erreichbare maximale Lipaseausbeute liegt in der Grössenordnung von 10-100mg/l (Tab.7). Die Lipase unterliegt in Kulturüberständen von P. aeruginosa wahrscheinlich ebenfalls einer Degradation durch Proteasen (Schneidinger, 1997; El Khattabi, 2001). Aus diesem Grund wurde das Gen für die Elastase LasB, der im Kulturüberstand mengenmässig dominierenden Protease, in dem Expressionsstamm P. aeruginosa PAFRT7.7 durch allelen Austausch inaktiviert. Dies hatte jedoch keine Erhöhung der Lipaseausbeute zur Folge. Dies zeigt, dass für den proteolytischen Abbau der Lipase in Kulturüberständen mit hoher Wahrscheinlichkeit andere sekretierte Proteasen verantwortlich sein müssen. 67 4. Diskussion Die in dieser Arbeit konstruierten T7-Expressionsstämme wurden erfolgreich eingesetzt in "Screening"-Prozessen zur Optimierung der Lipase aus P. aeruginosa als Biokatalysator (Rosenau et al., 1998; Reetz & Jäger, 2000; Liebeton et al., 2000). Die hohe Expressionsrate erlaubt dabei die Anzucht der Bakterien in kleinen Volumina bei gleichzeitig genügend hoher Lipaseproduktion. Die Funktion Lipase-spezifischer Foldasen Die Lipasen LipA und LipC aus P. aeruginosa benötigen zur Aktivierung die Wirkung des im Periplasma aktiven intermolekularen Faltungskatalysators LipH (Wohlfahrt et al., 1992; Oshima-Hirayama, 1993; Martinez et al., 1999; Jäger et al., 1994; Rosenau & Jäger, 2000). Die molekularen Mechanismen, die der Faltungskatalyse durch diese Lipasespezifischen Foldasen zugrundeliegen ist zur Zeit noch ebenso wenig abschliessend geklärt, wie die physiologische Bedeutung. Kürzlich wurde die Sequenz eines Lipaseoperons aus P. spec. KFCC10818 veröffentlicht. Die beiden Gene des Operons kodieren für eine wahrscheinlich der Familie I.2 zuzuordnende Lipase und ein Foldaseprotein (Kim et al., 2001), das aufgrund von Sequenzhomologien zu anderen Vertretern dieser Proteingruppe am nächsten mit dem Lif-Protein aus Vibrio cholerae 017 verwandt ist (Abb 1, 23). Diese Lipase besass nach Expression im heterologen Wirt E. coli auch ohne die Einwirkung des korrespondierenden Lif-Proteins enzymatische Aktivität. Voraussetzung hierfür war eine singuläre Aminosäuresubstitution, die durch gerichtete in vitro-Evolution des Lipasegens erzeugte wurde und eine Region in der Nähe des konservierten Pentapeptid G-X-S-X-G betraf (Kim et al., 2001). Da offenbar bereits der Austausch eines AS-Restes ausreicht die Abhängigkeit der Lipasefaltung von dem Lif-Protein zu umgehen, scheint es fraglich, ob den Lif-Proteinen der Familien I.1 und I.2 ausschliesslich eine Funktion bei der Faltung in die enzymatisch aktive Konformation zukommt. Sofern nur die Aktivierung der Lipase im Vordergrund stünde, wäre die Lif-Abhängigkeit der Faltung aus evolutiven Gesichtspunkten entbehrlich, was die Diskussion weiterer potentieller Funktionen dieser Proteine für die Physiologie der Lipasesynthese erlaubt, auf die später in der Diskussion eingegangen wird. Die zur Zeit bestehende Sichtweise der Lif-Funktion beruht grösstenteils auf experimentellen Daten, die mit in vitro Versuchsansätzen erhoben wurden (El Khattabi et al., 2000; Frenken et al., 1993b; Hobson et al., 1993; Hobson et al., 1995; Oshima-Hirayama et al., 1993; Ihara et al., 1995; Schneidinger 1997; Seuter, 1998; Shibata et al., 1998a,b). 68 4. Diskussion Die Stöchiometrie von Foldase- und Lipaseprotein, die zu einer effektiven in vitro Aktivierung, bzw. Rückfaltung denaturierter Lipase führte, variierte dabei in den Experimenten verschiedener Gruppen zwischen einem Verhältnis von 4:1 oder 1:1 bei der Foldase/ Lipase aus P. aeruginosa (Ihara et al., 1995; Oshima-Hirayama et al., 1993) , 5:1 für die Proteine aus B. glumae (El Khattabi et al., 2000) und 1:1 für B. cepacia (Hobson et al., 1993). Diese Variabilität ist wahrscheinlich auf Unterschiede in den experimentellen Bedingungen zurückzuführen. Weitgehend akzeptiert ist heute die Sichtweise, dass die Interaktion von Foldase und Lipase in einem equimolaren Verhältnis erfolgt, was für das Foldase-/ Lipase-System aus B. cepacia (Aamand et al., 1994; Hobson et al., 1995) bzw. P. aeruginosa (Oshima-Hirayama et al., 1993) u.a durch immunologischen Nachweis entsprechender Komplexe gezeigt wurde. Ferner aktiviert das Foldase-Protein die Lipase nicht katalytisch, d.h, ein Foldasemolekül aktiviert nur ein Lipasemolekül (Aamand et al., 1994; El Khattabi et al., 2000). Dies wäre vergleichbar mit der Wirkweise verschiedener intramolekularer Faltungshelfer, wie den Propeptiden bakterieller Proteasen (Kulakova et al., 1999, Nirasawa et al., 1999; Shinde et al., 1999; Fu et al., 2000; Kojima et al., 2001; Marie-Claire et al., 2001), die auch bei dem Propeptid der Elastase LasB aus P. aeruginosa realisiert ist (Braun et al., 1996, 1998, 2000, 2001). Für die Physiologie der Foldase-vermittelten Lipaseaktivierung implizieren diese Befunde eine Biosynthese der beteiligten Proteine, die auch einer 1:1 Stöchiometrie entsprechen sollte. Die genetische Organisation der Strukturgene von Lipasen und Foldasen aus den Familien I.1 und I.2 in Operons (Jäger et al., 1994; Rosenau & Jäger, 2000) und somit die Transkription in eine bicistronische mRNA (Schneidinger, 1997) gewährleistet dies für den ersten Schritt der Expression von Lipase und Foldase aus P. aeruginosa. Bei beiden Translationsprodukten handelt es sich um extracytoplasmatische Proteine, d.h. sie werden in komplexen Prozessen über die innere Membran transportiert. Für die Lipase als Protein mit klassischer Signalsequenz (vonHeinje, 1990; Nielsen et al., 1997), erfolgt dieser Transport wahrscheinlich Sec-abhängig (Tommassen et al., 1992; Filloux et al., 1998; Koster et al., 2000; Rosenau & Jäger, 2000; Wilhelm et al., 2001), während der Translokations- bzw. Insertionsmechanismus für innere Membranproteine wie dem LipH-Protein z.Zt. noch nicht vollständig verstanden ist (de Gier & Luirink, 2001). Setzt man hierfür eine unterschiedliche Effizienz voraus, sollten allein aufgrund der Benutzung unterschiedlicher Transportwege Mechanismen existieren, das Mengenverhältnis beider Proteine posttranskriptional anzupassen, um eine equimolare Relation an der inneren Membran zu gewährleisten. 69 4. Diskussion In Frage kommen dafür neben einer veränderten Proteinstabilität, Mechanismen zur Veränderung der Translationseffizienz und der mRNA-Stabilität (Regnier & Arraiano, 2000). Bedeutung der intergenischen Region- Limitiert LipH die Lipaseproduktion? Das Lipaseoperon enthält eine 49 bp grosse intergenische Region (IR), die einige Merkmale aufweist, die auf einen Zusammenhang mit regulatorischen Prozessen hindeuteten, die eine Steuerung des Verhältnis beider Proteine erlauben konnten. Durch Mutationsanalysen wurde der Effekt diese Merkmale auf die Foldase- und Lipaseexpression untersucht. Die IR trägt an ihrem 5'-Ende eine durch Computer-unterstützte Vorhersagen identifizierte inverse Sequenzwiederholung (Wohlfahrt et al., 1992), die wahrscheinlich zur Ausbildung einer stabilen Sekundärstruktur der mRNA führen kann (Abb. 15). Solche doppelsträngigen mRNA-Strukturen können zum einen als Binde- bzw. Prozessierungsstelle für die doppelstrangspezifische Endoribonuklease RNaseIII dienen, die für die Destabilisierung von Transkripten verantwortlich ist (Cunningham & Guest, 1998). Besonders über endonukleolytische Prozessierung in 5'- oder 3' untranslatierten Transkriptbereichen kann dies auch zu einer Veränderung der Expression der kodierten Genen führen (Portier et al., 1987; Bardwell et al., 1989). Ferner wurden Haarnadelstrukturen im Zusammenhang mit der einzelstrangspezifischen (Bouvet und Belasco, 1992; Mackie, 1998) RNaseE identifiziert, deren Aktivität durch Sekundärstrukturen der RNA reduziert wird (McDowall et al., 1994; Mackie & Genereaux, 1993). Nach einer Prozessierung kann das Vorhandensein von 5'- oder 3'-terminalen Haarnadelstrukturen dann die RNA-Stabilität erhöhen und über eine gesteigerte Transkriptverfügbarkeit eine Verbesserung der Translation bewirken. Dies führt dann zu einer verstärkten Expression stromabwärts der Sekundärstruktur gelegener Gene (Carrier & Keasling, 1997; Smolke et al., 2000). Der RNaseE konnte auch in P. aeruginosa eine Bedeutung z.B. bei der Prozessierung des arc-Operons (Gamper et al., 1992; Gamper & Haas, 1993) zugewiesen werden. In "Northern-Blot"-Analysen wurden neben dem Volllängentranskript des Lipaseoperons aus P. aeruginosa auch kürzere RNA-Varianten identifiziert, die monocistronischen Transkripten der lipA- und lipH-Gene entsprachen und als Degradationsprodukte interpretiert wurden (Schneidinger, 1997). Die Computerunterstützte Modellierung des intergenischen Bereiches zwischen den lipA- und lipH-Genen ergab als weitere strukturelle Auffälligkeit die Existenz von doppelsträngigen RNABereichen, in den beiden thermodynamisch günstigsten Strukturen dargestellt, an denen jeweils Nukleotide der putativen RBS beteiligt waren (Abb. 15). Diese "Maskierung" der 70 4. Diskussion RBS wurde im Fall des adhE-Gens aus E. coli als Ursache für eine Reprimierung der Translationsinitiation demonstriert (Aristarkhov et al., 1996; Membrillo & Lin, 1999). Der durch Sekundärstrukturbildung bedingte Ribosomenausschluss ("Ribosome Occlusion") kann physiologisch durch verschiedene Mechanismen rückgängig gemacht und so regulatorisch genutzt werden. Die Veränderung des untranslatierten RNA-Bereiches durch RNaseEabhängige Prozessierung kann zu einer veränderten Sekundärstruktur mit dann frei zugänglicher RBS führen demonstriert (Aristarkhov et al., 1996). Im Fall der cob mRNA aus Salmonella typhimurium konnte die Bindung eines regulatorischen Proteins an die RNA als Ursache für eine veränderte Sekundärstruktur im untranslatierten Bereich identifiziert werden, die ebenfalls zu einer Exposition der RBS führte (Ravnum und Andersson, 2001). Da eine frei zugängliche RBS über eine gesteigerte Effizienz Translationsinitiation zu einer Verbesserung der Expression führen kann, wurde der Einfluss einer Modifikation der RBS auf die LipH-Produktion untersucht. Zur Verbesserung der Translationsinitiation sollten zwei Aspekte kombiniert werden. Die Stärke einer RBS resultiert u.a. aus dem Grad ihrer Sequenzkomplementarität zu einem Bereich am 3'-Ende (Moll et al., 2001) der ribosomalen 16S RNA, der sog. Anti-ShineDalgarno-Sequenz (ASD). Der Homologievergleich der 16S rRNA aus P. aeruginosa und E. coli zeigt, dass beide Moleküle im Bereich der ASD identisch sind (ohne Abbildung). Die RBS des lipH-Gens wies aber eine nur geringe Komplementarität zu dieser auf. Durch Substitution des nativen RBS-Bereichs durch den entsprechenden Bereich des stark exprimierten (Moll et al., 2001) Gens 10 des Bakteriophagen T7, der vollständig komplementär zur ASD ist, sollte der Einfluss der RBS-Komplementarität untersucht werden. Der Einfluss der Substitution liess aufgrund der Strukturvorhersage ausserdem das Fehlen einer RBS-Maskierung durch die Ausbildung von Basenpaarungen erwarten. Als weiteres Merkmal mit potentiellem Einfluss auf die Effizienz der Translationsinitiation kam die Sequenz des Initiationskodons in Frage. Das GTG-Kodon des lipH-Gens ist als seltenes Startkodon anzusehen, da allgemein in Prokaryonten in 91% der Fälle ein ATG-Startkodon verwendet wird (Gold & Stormo, 1990). Daher wurde das Startkodon entsprechend substituiert. Da die dadurch erzeugte Erkennungssequenz für die Restriktionsendonuklease NdeI zur Klonierung der weiteren IR-Varianten benutzt wurde, enthielten alle synthetischen Konstrukte die GTG→ATG-Substitution. Bei den weiteren Varianten handelte es sich um eine Deletion der beschriebenen Haarnadelstrukturstruktur und eine Insertion zusätzlicher Nukleotidpaare zur Stabilisierung dieser Sekundärstruktur (Abb. 16). Die Befunde der Expressionsstudien, die mit den modifizierten IR in P. aeruginosa durchgeführt wurden, lassen sich wie folgt zusammenfassen. 71 4. Diskussion Die Substitution des seltenen GTG-Startkodons durch ein ATG-Kodon führte zu einer signifikanten Steigerung der intrazellulären LipH-Konzentration. Da dies sowohl am Übergang von der spätlogarithmischen zur Stationärphase (6 h Wuchs), wie auch in der spätstationären Wuchsphase (24 h) zutraf, bedeutet dies eine Wuchsphasenunabhängigkeit dieses Effekts. Die zusätzlich vorgenommene Veränderung der RBS bezüglich der Komplementarität zur ASD führte nicht zu der erwarteten deutlichen Steigerung der LipH-Expresion. Lediglich zum "frühen" Zeitpunkt war in der Immunodetektion eine leicht erhöhte LipH-Konzentration zu verzeichnen, während dieser Effekt auf die Expression in der Stationärphase nicht auftrat. Die basierend auf Strukturmodellen vorhergesagte Maskierung der RBS und/oder in Kombination mit der geringe Komplementarität der RBS scheinen demnach zwar in frühen Wuchsphasen, nicht aber in der spätstationären Wuchsphase zu einer Limitierung der Translationsinitiation zu führen. Dieser Unterschied kann darauf hindeuten, dass die Effizienz der Translationsinitiation selbst einer Wuchsphasen-abhängigen Änderung unterliegt. Eine Wuchsphasenabhängikeit ergab sich auch für den Einfluss der Modifikationen im Bereich der Haarnadelstruktur auf die LipH-Produktion. Die Deletion führte erwartungsgemäss zu einer Reduktion der zellulären LipH-Konzentration, während die Stabilisierung durch Verlängerung der RNA-Sekundärstruktur keinen direkten Einfluss auf die LipH-Expression hatte. Vor dem Hintergrund einer bereits demonstrierten Prozessierung des Operontranskripts (Schneidinger, 1997) bestätigt die Reduktion der LipH-Menge als Folge der Haarnadeldeletion die Annahme, dass das lipH-Transkript im Wt-Operon einer Stabilisierung durch die RNA-Sekundärstruktur unterliegt und diese somit am 5'-Ende des neuentstandenen Abbauprodukts liegen muss. Neben der Charakterisierung der direkten Effekte der IRModifikationen auf die LipH-Produktion, wurde auch deren Auswirkung auf die Lipaseproduktion untersucht. Interessanterweise waren diese in der Tendenz vergleichbar mit den Auswirkungen auf die LipH-Produktion und führten zu einer Steigerung der Lipaseausbeute von bis zu 30% in der Stationärphase (Abb. 18). Dies impliziert eine Abhängigkeit der Lipaseausbeute von der LipH-Menge bzw. Verfügbarkeit für den Faltungsprozess und somit eine Limitierung der Lipaseproduktion durch eine suboptimale LipH-Expression. Als Ursache hierfür ist das seltene GTG-Startkodon des Wt-lipH-Gens anzusehen, dass im Wt-Gen die Effizienz der Translationsinitiation herabsetzt. Entgegengesetzt wirkt im Wt-Operon die 5‘terminale Haarnadelschleife, die wahrscheinlich über eine Stabilisierung des lipH-Transkripts die Wahrscheinlichkeit für Translationsereignisse erhöht. 72 4. Diskussion Dieser positive Effekt greift besonders in der Stationärphase, was indirekt auf besondere Gegebenheiten für die Foldase- und Lipaseproduktion in dieser Wuchsphase hindeutet. Es wurden somit in dieser Arbeit zwei posttranskriptionell wirksame Mechanismen identifiziert werden, die über die Strukturmerkmale des Lipaseoperons Einfluss auf die Genexpression und damit auf die zelluläre Lipase: Foldase-Stöchiometrie nehmen. Die Foldasekonzentration limitiert die Lipasesynthese Die Steigerung der Lipaseproduktion als Folge einer leicht verbesserten LipH-Expression liess zwei plausible Erklärungen zu: I. eine Limitierung der Faltung oder Sekretion bereits synthetisierter Lipase, und II. ein gegebenenfalls existierender Regulationsmechanismus zur LipH-abhängigen transkriptionalen oder posttranskriptionalen Induktion der Lipasesynthese. Beide Alternativen sollten eine gewisse Abhängigkeit von der in der Zelle verfügbaren LipHMenge zeigen. Dieser Zusammenhang konnte bereits in einer parallel durchgeführten Studie zur Produktion enzymatisch aktiver Lipase im heterologen Wirt E. coli aufgezeigt werden, in denen sich die Expression der Foldase durch das native Operon als limitierend erwies (Rösmann, 1996). Um potentiell vorhandene transkriptionelle regulatorische Mechanismen zu umgehen, stand das Lipaseoperon in den durchgeführten Expressionsstudien jeweils ausschliesslich unter transkriptioneller Kontrolle des lac-Promotors der Plasmide pBBR1MCS (Kovach et al., 1994) oder pUCPKS (Watson et al., 1996). In der Genomsequenz von P. aeruginosa PAO1 wurden zwar dem lac-Repressor homologe Gene identifiziert (Stover et al., 2000; www.pseudomonas.com), dennoch konnte mittels einer transkriptionellen Reportergenfusion gezeigt werden, dass die Expression vom lac-Promotor aus konstitutiv erfolgt (F. Rosenau, S. Heckmann & K.-E. Jäger, unveröffentlicht). Im Vergleich zu einer Steigerung von 30% bei moderat verbesserter LipH-Expression in cis durch die Modifikation der IR, bewirkte die Überexpression der Foldase in trans zum Lipaseoperon einen etwa 50%igen Anstieg der extrazellulär detektierbaren Lipaseaktivität (Abb.19). Auch durch eine noch massivere Überexpression der Foldase durch Verwendung des im Vergleich stärkeren Promotors des Kanamycin-Resistenzgens aus dem Transposon Tn5 (Jorgensen et al., 1979) konnte keine weitere Steigerung der Lipaseproduktion erzielt werden (Daten nicht gezeigt). Der Anstieg der Lipaseproduktion zeigte eine nur begrenzte Abhängigkeit vom Mass der LipH-Überexpression. Bei konstitutiver Expression der Lipase bedeutet dies, dass die Erhöhung der zellulären LipH-Konzentration die Synthese aktiver Lipase zwar positiv beinflussen kann, dies aber nur bis zu einer "Sättigungskonzentration" von LipH, deren Überschreitung zu keiner weiteren Verbesserung der Lipaseproduktion führt. 73 4. Diskussion Unter den gewählten Bedingungen limitiert also die durch Expression des Lipaseoperons synthetisierte Foldase die vollständige Aktivierung und/ oder Sekretion der kosynthetisierten Lipase. Die zelluläre Foldasekonzentration- Ein Induktor der Lipaseexpression? Aufgrund der Befunde bei der Expression des episomal kodierten Lipaseoperons unter transkriptioneller Kontrolle heterologer Promotoren hatte sich die Menge an synthetisierter Foldase als limitierender Faktor für die Ausbeute enzymatisch aktiver, also korrekt gefaltener und sekretierter Lipase erwiesen. Es wurde nun untersucht, welchen Einfluss eine Verschiebung der Mengenverhältnisse von Lipase und Foldase auf die Lipaseproduktion hat, wenn das Lipaseoperon in Einzelkopie im Chromosoms vorliegt und die Expression von den nativen regulatorischen Elementen kontrolliert wird. Dies geschah zum einen unter dem Gesichtspunkt der Frage nachzugehen, ob die Limitierung der Lipaseproduktion durch eine zu geringe LipH-Synthese auch unter physiologischen Bedingungen, also bei Expression "natürlicher" Lipasemengen, oder ob diese nur unter Überexpression der Lipase zum tragen kommt. Dazu kam der Aspekt einer potentiellen Verbesserung der Lipaseproduktion für biotechnologische Anwendungen. Der industrielle Produktionsprozess der Lipase aus P. alcaligenes konnte durch das sog. "phenotype enhancement"-Verfahren optimiert werden, indem durch Einführung zusätzlicher Kopien der xcp-homologen Gene in einen WtProduktionsstamm die Lipasesekretion drastisch verbessert wurde (Gerritse et al., 1998). Gleichzeitig konnte so gezeigt werden, dass die natürliche Konzentration der Sekretionsproteine in der Zelle einen limitierenden Faktor für die Lipaseproduktion darstellt, dass das System also unter diesem Gesichtspunkt nicht optimal ist (Gerritse et al., 1998). Die Überexpression des lipH-Gens für die Foldase im Wt-Stamm P. aeruginosa PAO1 wurde unter zwei Kulturbedingungen durchgeführt, unter nichtinduzierenden Bedingungen und unter Zugabe des langkettigen Alkans n-Hexadecan, das als Induktor der Lipaseexpression in A. calcoaceticus und P. aeruginosa identifizert wurde (Kok et al., 1996; Schneidinger, 1997). Während unter nichtinduzierenden Bedingungen nur eine minimale Steigerung der Lipaseproduktion auftrat, die als nicht signifikant beurteilt wurde (Daten nicht gezeigt), führte die lipH-Überexpression unter induzierenden Bedingungen zu einer drastischen Steigerung der Lipaseproduktion (Abb. 20), wobei zwei Details von besonderer Bedeutung waren. Bei Überexpression der Foldase war im Verlauf der Wuchskurve bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine signifikante extrazelluläre Lipaseaktivität nachweisbar die nach 24 h Kultivierung etwa 13-fach höher war als bei dem Kontrollstamm. 74 4. Diskussion Die maximale extrazelluläre Lipaseaktivität, die unter diesen Bedingungen erreicht wurde, lag um einen Faktor von etwa 40 über der der Kontrolle. Der Grossteil des Anstiegs vollzog sich also bemerkenswerterweise in der späten Stationärphase zwischen 24 h und 29 h Wuchsdauer. Die Foldaseüberproduktion hat somit zwei unterscheidbare Auswirkungen auf die Lipaseproduktion. Sie bewirkt das frühere Einsetzen der Lipaseproduktion und wirkt verstärkt unter den physiologischen Bedingungen der Stationärphase. Eine zeitgleich durchgeführte Studie zeigte, dass die Foldaseüberexpression in B. glumae die gleichen Auswirkungen auf die Lipaseproduktion hat. Voraussetzung waren auch hier Kulturbedingungen die zu einer hohen Lipaseexpression führen. Jedoch war der maximale Anstieg der Lipaseausbeute mit einem Faktor von 20, verglichen mit der 40 fachen Steigerung in P. aeruginosa Wuchsphasenabhängigkeit (El deutlich Khattabi, geringer 2001). zeigte, Der aber die Umstand, gleiche dass eine Produktionssteigerung der Lipase nur erreicht wird, wenn aufgrund induzierender Bedingungen eine hohe Expressionsrate des Lipaseoperons gewährleistet ist, spricht für eine suboptimale Foldaseexpression unter diesen Bedingungen. Dies könnte tatsächlich bedeuten, dass die synthetisierte Menge an Foldase nicht ausreicht, die entsprechende Menge an Lipase zu aktivieren (El Khattabi, 2001). Zwar unterliegt nicht korrekt gefaltene Lipase im Periplasma einem schnellen proteolytischen Abbau (El Khattabi, 2001; Liebeton et al., 2001; Urban et al., 2001), eine Insuffizienz der Foldaseproduktion als alleinige Begründung vorausgesetzt, würde dies aber bedeuten, dass bei einer 40 fachen Steigerung der Lipaseproduktion bei normaler Expression des Lipaseoperons nur eins von 40 synthetisierten Lipasemolekülen in enzymatisch aktiver Form in das Kulturmedium sekretiert würde. Die beschriebene Steigerung der Lipaseproduktion wäre dann lediglich darauf zurückzuführen, dass durch die Überexpression der Foldase ein gravierendes Ungleichgewicht bei der natürlichen Expression von Lipase und Foldase ausgeglichen würde. Plausibel schien es daher, als Ursache für die gesteigerte Lipaseproduktion, eine Anpassung der Lipaseexpression in Relation zur verfügbaren Foldasemenge zu postulieren. Dem Foldaseprotein käme dann die Funktion eines direkten oder indirekten Induktors der Lipaseexpression zu. Voraussetzung hierfür wäre die Existenz regulatorischer Mechanismen, die es der Zelle erlauben, die Lipase- von der Foldaseexpression zu entkoppeln. 75 4. Diskussion Die LipH-Konzentration wirkt nicht auf die lipA-Transkription Es lagen zwei unterschiedliche Befunde vor. Die Überexpression der Foldase in trans zum Lipaseoperon bewirkte eine Steigerung der Lipaseproduktion, das Mass der Steigerung hing aber von den Expressionsbedingungen des Lipaseoperons ab. War dieses episomal kodiert und stand unter Kontrolle des konstitutiven lac-Promotors, war ein Anstieg der Lipaseproduktion um den Faktor 1,3 durch eine leicht verbesserte Foldaseexpression, bzw. um den Faktor 1,5 bei massiver Überproduktion der Foldase möglich. Demgegenüber bewirkte die Überproduktion in trans zum chromosomal kodierten Operon einen Steigerungsfaktor von maximal 40. Zu beachten war allerdings die insgesamt höhere Expression sowohl der Lipase, als auch der Foldase durch die Verwendung des starken heterologen lac-Promotors in Kombination mit einem Multikopieeffekt im erstgenannten Fall. Zwar waren die maximalen Lipaseausbeuten unter beiden Bedingungen vergleichbar, eine Auslastung des Expressionssystems war aber als Grund für die vergleichsweise geringere Steigerung nicht gänzlich auszuschliessen. Eine Überproduktion von Sec-abhängig in das Periplasma transportierten Proteinen (Müller, 1999), wie auch von inneren Membranproteinen (Samuelson et al., 2001; Urbanus et al., 2001) kann zu einer für die Zelle lethalen Blockierung des essentiellen Translokasekomplexes aus den SecY/E/G-Proteinen führen. Eine solche Überlastung der zellulären Transportfunktionen als Ursache der geringen Produktionssteigerung schien jedoch im vorliegenden Fall wenig wahrscheinlich, da die maximale Lipaseausbeute in den beschriebenen Wirtsstämmen zur T7-abhängigen Expression um eine Grössenordnung höher lag und von P. aeruginosa toleriert wurde (s. Ergebnisse; Kapitel A.). Eine alternative Erklärung für die unterschiedlichen Induktionsfaktoren bei LipHÜberproduktion war daher die Annahme, dass die Expression des Operons unter Kontrolle des heterologen lac-Promotors Ursache für den geringeren Anstieg der Lipaseproduktion war. Das in diesen Experimenten benutzte DNA-Fragment trug neben den für LipA und LipH kodierenden Bereichen nur 81 bp des Stromaufwärtsbereiches vor dem Translationsinitiationskodon des lipA-Gens. Damit entspricht dieser Bereich in etwa der Länge des nativen 5'-untranslatierten Bereiches, wenn das Operon von dem RpoNabhängigen Promotor transkribiert wird, dessen Transkriptionsstart bei –71 bp bezogen auf den lipA-Translationsstart ermittelt wurde (Düfel, 2000). Unter transkriptioneller Kontrolle des zweiten Operonpromotors über dessen Regulation bisher nichts bekannt ist, entsteht ein Transkript, dessen 5'-untranslatierter Bereich mit 401 Nukleotiden aussergewöhnlich lang ist (Düfel, 2000). 76 4. Diskussion Das zur episomalen Expression benutzte Fragment im Plasmid pUCPLip1 enthielt also weder die native 5‘-untranslatierte Region noch den zweiten Promotor P2 (Düfel, 2000) des Lipaseoperons. Grundsätzlich kamen daher sowohl transkriptionelle wie auch posttranskriptionelle Regulationsmechanismen in Frage, die dieser Region auf DNA- oder RNA-Ebene bedürfen und unter dem Einfluss einer gesteigerte Foldaseproduktion verstärkend auf die Lipaseexpression wirken konnten. Die potentielle Rolle des Promotors P2 wurde anhand einer episomal kodierten transkriptionellen lacZ-Reportergenfusion (Düfel, 2000) mit einem 581 bp grossen DNA-Fragment aus dem stromaufwärts Bereich des lipAGens untersucht, die neben P2 auch den RpoN-abhängigen Promotor P1 enthalten sollte und zur Charakterisierung der lipA-Transkription benutzt wurde. Die Foldaseüberproduktion führte zu keiner Steigerung der ß-Galctosidasesynthese, was darauf schliessen lässt, dass die im Wt-Stamm beobachtete starke Induktion nicht auf eine Aktivierung der Transkription zurückzuführen war (Abb. 22). Die Lipaseexpression wird posttranskriptionell gesteigert Unter Verwendung eines für das Lipaseoperon kodierenden DNA-Fragments, das ebenfalls den grösseren lipA-Stromaufwärtsbereich enthielt (pUCPSKLip1X), wurde dessen Einfluss auf die Lipaseexpression direkt nachgewiesen. Dazu wurde das Operon wie in den Experimenten zuvor unter die transkriptionelle Kontrolle des im Expressionsvektor vorhandenen lac-Promotors gestellt. Der Vergleich der extrazellulären Lipaseaktivitäten zeigte, dass ohne die LipH-Überexpression in trans keine Unterschiede bei der Lipaseproduktion auftraten, unabhängig davon, welcher Stromaufwärtsbereich zwischen dem lac-Promotor und dem lipA-Translationsstart lagen (Abb. 21). Dies bedeutet, dass unter den gewählten Bedingungen für beide Konstrukte eine vergleichbare Transkription gewährleistet war. Nebenbei zeigt dies, dass zwischen dem P2 Promotor und dem Translationsstart des lipA-Gens mit hoher Wahrscheinlichkeit keine die Transkription terminierenden Elemente lokalisiert sind. Das in der gleichen Orientierung wie lipA transkribierte ligT-Strukturgen für eine 2‘-5‘-RNA-Ligase (Stover et al., 2000) in dessen 3‘-terminaler Hälfte der P2 Promotor des Lipaseoperons liegt, besitzt demnach keine unter den hier gewählten Bedingungen wirksamen Terminationsstrukturen. Die LipH-Überproduktion in trans zum plasmidkodierten Lipaseoperon führte in P. aeruginosa PABS1 nur unter Verwendung des vollständigen untranslatierten Bereiches (pUCPSKLip1X) zu einer deutlichen Steigerung der extrazellulär detektierbaren Lipaseaktivität (Abb. 21). 77 4. Diskussion Die Stärke der Induktion lag nach 24 h Wuchs bei diesem Konstrukt mit einem Anstiegsfaktor von sieben deutlich über dem Niveau des Kontrollstammes (Faktor 1,5), der die verkürzte Variante des Lipaseoperons exprimierte (pUCPLip1). Der maximal erzielbare Zuwachs war jedoch geringer als der Vergleichswert bei chromosomaler Expression des Operons, der nach 24 h Wuchsdauer bei einem Faktor von 13 lag. Das Vorhandensein des nativen untranslatierten Bereiches des Lipaseoperons im Plasmid pUCPSKLip1X bewirkte also eine deutliche Steigerung der Lipaseexpression. Da gezeigt wurde, dass dieser Effekt nicht auf einer Transkriptionsaktivierung beruht, muss die Ursache hierfür ein posttranskriptionell wirksamer Mechanismus sein, der eine Anpassung der Lipaseexpression als zelluläre Antwort auf die Foldaseüberproduktion bewirkt. Tab. 9 Beispiele für bakterielle Gene mit posttranskriptioneller Regulation der Genexpression. Die zugrundeliegenden Regulationsmechanismen sind abhängig von der Existenz der 5‘-untranslatierten Region (UTR). Organismus Anabaena variabilis Gen Regulationsmechanismus E. coli rbpA1 temperaturabhängige Transkript-Akkumulation; erhöhte mRNA-Stabilität durch Sekundärstrukturbildung fljK Kopplung von Flagellinexpression und Assemblierungsrate; Regulator FlbT bindet UTR, induziert (beschleunigt) mRNA-Degradierung cspA 1. temperaturabhängige Sekundärstrukturänderung bedingt verbesserten Zugang von Ribosomen 2. Temperaturabhängigkeit der Transkriptstabilität fhlA OxyS "antisense"-RNA maskiert RBS ompA Konkurrenz des Hfq-Protein um RBS bewirkt verminderte Translation und dadurch verstärkte Transkriptdegradierung papA Transkriptstabilisierung E. coli rpoH E. coli E. coli rpoS rpoS P. syringae P. aeruginosa hrpA lasB P. aeruginosa pilK P. aeruginosa algC Caulobacter crescentus E. coli E. coli E. coli Referenz Sato & Nakamura, 1998 Anderson & Gober, 2000 Yamanaka et al., 1999 Altuvia et al., 1998 Vytvytska et al., 2000 Bricker & Belasco, 1999 temperaturabhängige Sekundärstrukturänderung Morita et al., 1999 bedingt verbesserten Zugang von Ribosomen Komplex aus OxyS und Hfq inhibiert Translation Zhang et al., 1998 Histon-ähnliches Protein HU aktiviert Translation Balandina et al., 2001 Veränderung der Transkriptstabilität Taira et al., 1999 "Translational Enhancer"-Region, genauer Brumlik & Storey, Mechanismus unbekannt 1998 Deletion einer RNA-Sekundärstruktur verhindert Darzins, 1995 Translation, genauer Mechanismus unbekannt Mechanismus unbekannt, aber UTR essentiell für Fujiwara & Translation Chakrabarty, 1994 78 4. Diskussion Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass eine Kultivierung von Stämmen, welche das Plasmid pUCPSKLip1X mit der längeren UTR trugen, über 24 h hinaus zu einer deutlichen Zelllyse führte. Ebenso erwies sich der Zusatz des Alkans n-Hexadecan zur zusätzlichen Induktion der Lipaseexpression als toxisch. Während Stämme, die die kürzere UTR-Variante trugen unter diesen Bedingungen problemlos wuchsen, auch wenn zusätzlich in trans das LipH-Überexpressionsplasmid pBBL8 vorhanden war, zeigten Stämme mit der Plasmidkombination pUCPSKLip1X und pBBL8 keinen signifikanten Wuchs (Daten nicht gezeigt). Die Entkopplung der nativen Transkriptionskontrolle durch Verwendung des starken lac-Promotors bei gleichzeitiger Induktion durch n-Hexadecan und LipHÜberproduktion wurde von den Zellen also nur dann toleriert, wenn die native UTR nicht vorhanden war, die posttranskriptionelle Aktivierung also nicht möglich war. Dies ist als indirekter Hinweis darauf zu werten, dass n-Hexadecan neben der transkriptionsaktivierenden Wirkung (Schneidinger, 1997) möglicherweise auch in die posttranskriptionelle Aktivierung der Lipasexpression involviert ist. Der molekulare Mechanismus, der der postranskriptionellen Steigerung der Lipaseexpression in Abhängigkeit von der zellulären Foldasekonzentration zugrunde liegt, bedarf weiterer detailierter Untersuchungen. In Tab. 9 sind prominente Beispiele postranskriptionell regulierter Gene und, soweit bekannt, die Mechanismen der Regulation zusammengefasst, darunter auch das zelldichteregulierte lasB-Gen der Elastase aus P. aeruginosa. Das GacA/ GacS-Zweikomponenten-Regulationssystem („global activator“) wurde als übergeordnetes System zur Regulation virulenzassoziierter Zellfunktionen in P. aeruginosa identifiziert (Reimmann et al., 1997; Parkins et al., 2001, Brinkman et al., 2001). Nachgewiesen ist auch ein Einfluss auf die Lipaseexpression (Reimmann et al., 1997; Brinkman et al., 2001). Neben einer Wirkung bei der Transkriptionsaktivierung besitzt das GacA-Protein die Funktion eines Translationsaktivators (Blumer et al., 1999). Ob die als Voraussetzung für die GacAvermittelte Translationsaktivierung postulierte Konsensussequenz in der Nähe der RBS (Blumer et al., 1999), oder eine konservierte Sekundärstruktur des Transkripts eine entscheidende Rolle spielt, ist z.Zt. noch nicht abschliessend geklärt (C. Reimmann, persönliche Mitteilung). Detaillierte Mutationsuntersuchungen der UTR des Lipaseoperons sollten Aufschluss über eine evtl. Beteiligung des GacA-Proteins als Effektorprotein an dem hier demonstrierten posttranskriptionellen Regulationsprozess zur Anpassung der Lipaseexpression an die zelluläre Foldasekonzentration geben können. 79 4. Diskussion Sekretion der Foldase ins Periplasma- Ist die Foldase als lösliches Protein vollständig funktionell? Konstruktion von Foldasevarianten und subzelluläre Lokalisierung Es wurde in dieser Arbeit gezeigt, dass in P. aeruginosa ein posttranskriptioneller Regulationsmechansimus existiert, der in Abhängigkeit von der in der Zelle verfügbaren Menge an Foldaseprotein die Expression der Lipase beeinflusst. Als Erklärung hierfür boten sich zwei mögliche Alternativen an. Das LipH-Protein konnte direkt an der posttranskriptionellen Aktivierung der Lipaseexpression beteiligt sein. Unabhängig von dem zugrundeliegenden molekularen Wirkmechanismus, wäre hierfür zu verlangen, dass die Foldase diese regulatorischeFunktion bereits im Zytoplasma der Zelle entfalten sollte. Eine zweite Möglichkeit wäre, dass die Zelle über Mechanismen verfügt, die zur Biosynthese aktiver und sekretierter Lipase notwendigen Prozesse zu überwachen und die Expression des Lipasestrukturgens den physiologischen Gegebenheiten anzupassen. Dem LipH-Protein käme somit möglicherweise zugleich die Funktion eines Faltungshelfers und eines "molekularen Sensors" zu, der direkt oder unter Einbeziehung weiterer zellulärer Faktoren die beschriebene Adaptation der Lipaseexpression vermitteln würde. Alle z.Zt. bekannten und teilweise charakterisierten Foldaseproteine besitzen in der Nähe ihres Aminoterminus eine potentiell die innere Membran durchspannende α-Helix (Tab. 8). Dieser Transmembrandomäne schliesst sich ein Proteinbereich an, dessen AS-Sequenz in den verschiedenen Foldaseproteinen sehr variabel ist. Der in Abb.23 dargestellte Homologievergleich zeigte, dass sich signifikante Sequenzhomologien auf die C-terminalen zwei Drittel der Proteine beschränken. Dieser Bereich konnte als hinreichend für die Faltungsaktivität der Foldaseproteine identifiziert werden. Für die Lif-Proteine aus P. aeruginosa PAO1, P. spec. 109 und B. glumae (Schneidinger, 1997; Shibata et al., 1998b, El Khattabi et al., 1999) wurde nämlich gezeigt, dass die Membranankersequenzen für die Aktivierung der jeweiligen Lipasen nicht essentiell sind. Auch die Deletion grosser Teile der variablen Domänen führte nicht zu einem Funktionsverlust der Lif-Proteine aus P. aeruginosa TE3285 und B. cepacia (Ihara et al., 1995; Quyen et al., 1999), wobei diese Aussagen allerdings auf Experimenten zur in vito Aktivierung von Lipasen beruhen. Es war daher von Interesse, den Einfluss der subzellulären LipH-Lokalisation auf die Physiologie der Lipaseaktivierung in P. aeruginosa in vivo zu untersuchen. Dabei wurde einerseits die Effizienz der Lipaseproduktion und andererseits die Wirksamkeit des LipHabhängigen Regulationsmechanismus auf die Lipaseexpression untersucht. 80 4. Diskussion Zur Charakterisierung der lokalisationsabhängigen Faltungseffizienz wurden basierend auf dem Expressionsplasmid pBBL7-IR2 zwei Varianten des Lipaseoperons konstruiert. Die darin enthaltenen lipH-Strukturgene kodierten für LipH-Proteine, die an ihrem Aminoterminus um die ersten 20 AS-Reste verkürzt waren, bzw. diese durch das Signalpeptid der Pectatlyase aus E. chrysanthemi ersetzt waren (Abb. 24 A.). Dieses Signalpeptid sollte eine Sec-abhängige Translokation der Foldase in das Periplasma gewährleisten und wurde ausgewählt, da seine Funktionalität in P. aeruginosa bereits demonstriert war (Rösmann, 1998; Wilhelm, 2001). Um sowohl die beabsichtigte Lokalisation der Foldasevarianten wie auch deren Effizienz auf die Faltung, bzw. die Sekretion der Lipase ohne Hintergrund an Wt-Foldase untersuchen zu können, erfolgte deren Expression zunächst in der Lipase/Foldase-negativen Mutante P. aeruginosa PABS1. Die Fraktionierung der Zellen mit anschliessender Immunodetektion ergab im wesentlichen die beabsichtigte subzelluläre Lokalisierung der LipH-Varianten. Die N-terminal um die Membranankersequenz verkürzte LipH-CP-Variante war hauptsächlich in der CP-fraktion detektierbar, während die Variante mit Signalsequenz in gleichen Anteilen löslich im Periplasma und in der CP-Fraktion vorlag (Abb. 24 B.). Auch bei der Wt-Variante von LipH waren zytoplasmatisch signifikante Proteinmengen nachweisbar. Da es sich bei den gewählten Expressionsbedingungen um Überexpressionsbedingungen handelte, ist diese Verteilung wahrscheinlich auf einen unvollständigen Transport des Proteins zurückzuführen und wurde auch schon in anderem Zusammenhang beobachtet (Schneidinger, 1997). Bei Überexpression von Sec-abhängig transportierten Proteinen kann es sowohl zu einer Auslastung der Exportkapazität (Müller, 1999) oder der Signalpeptidprozessierung kommen (DeGier & Luirinck, 2001). Ähnliches ergab auch ein experimenteller Ansatz zur Charakterisierung der physiologischen Funktion des Membranankers im PulC-Proteins für die TypII-Sekretion in Klebsiella oxytoca (Possot et al., 1999). Periplasmatisches LipH ist für LipA funktionell, nicht aber für LipC Der Vergleich der extrazellulären, im Kulturmedium detektierbaren Lipaseaktivitätswerte, ergab eine deutliche Abhängigkeit zwischen Lokalisierung des LipH-Proteins und der Lipaseproduktion. Verglichen mit dem Wt-LipH, wurde bei Verwendung der periplasmatischen Variante LipH-SS lediglich etwa ein Drittel der Lipasemenge sekretiert (Abb. 25). Interessant ist, dass mit der zytoplasmatischen Variante ebenfalls eine sehr geringe extrazelluläre Lipaseaktivität detektierbar war, die zwar im Vergleich zum Wt-LipH nur 3% betrug, aber höher lag als die des Kontrollstamms mit dem Plasmid pBBL9, der kein Foldasegen trug. 81 4. Diskussion Da die periplasmatische Lokalisation einen Sec-abhängigen Transport über die innere Membran voraussetzte, war nicht auszuschliessen, dass die reduzierte Lipaseproduktion auf die gleichzeitige Überexpression von Lipase und LipH-SS zurückzuführen war, durch die möglicherweise eine Konkurrenz beider Proteine um die Translokation entstand. Durch Immunopräzipitationsexperimente konnte gezeigt werden, dass die Prälipase aus B. cepacia im Zytoplasma Komplexe mit der zugehörigen Foldase bildet (Hobson et al., 1995). In diesem Zusammenhang wurde neben der Funktion als Faltungsmediator auch eine Funktion der Foldase beim Transport über die innere Membran und der Prozessierung des Signalpeptids diskutiert (Aamand et al., 1994). Es war daher für die zytoplasmatische Variante ebensowenig auszuschliessen, dass die drastisch reduzierte Lipaseproduktion auf eine potentielle Inhibierung des Exports durch zytoplasmatische Interaktionen des Proteins mit der Lipase zurückzuführen war. Eine Expression von nicht funktionsfähigen Proteinen in trans, wie auch eine stöchiometrische Unausgewogenheit von relevanten Faktoren, wurde als Grund für z.B. die Fehlfunktion von Sekretionsapparaten beschrieben (Possot & Pugsley, 1994; Pugsley, 1993). Um sowohl eine Transportinhibierung durch zytoplasmatische LipH/ Lipase-Interaktion, wie auch die Überlastung des Sec-Apparats durch Expression der Signalsequenzvariante als Ursache für die reduzierte Lipaseproduktion ausschliessen zu können, wurden die LipHvarianten in Kombination mit dem Lipaseoperon im Plasmid pUCPlip1 in P. aeuginose PABS1 exprimiert. Der in Abb. 26 dargestellte Vergleich der so erhaltenen extrazellulären Lipaseaktivitäten belegt, dass die Expression der zytoplasmatischen und periplasmatischen Foldase in trans keinen Einfluss auf die Lipaseproduktion hatte. Da unter diesen Bedingungen in der Zelle jeweils simultan sowohl die Wt-Foldase und eine der Varianten vorhanden waren, kommt eine Transdominanz der Varianten als Erklärung für die geringere Lipaseproduktion nicht in Frage. Bei Interferenzen der Foldasevarianten mit den Sekretionskomponenten des Sec-Apparats oder nichtproduktiven zytoplasmatischen Interaktionen mit der Lipase wäre vielmehr auch unter diesen Bedingungen ein Absinken der Lipaseproduktion zu erwarten gewesen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass das periplasmatische LipH-Protein tatsächlich funktionell ist und die Synthese aktiver Lipase LipA erlaubt, dies aber mit reduzierter Effizienz. Obwohl P. aeruginosa PABS1 eine Deletion grosser Teile beider Gene des Lipaseoperons trägt, produzierte der Stamm bei Expression der Foldase eine geringe, aber signifikante Lipaseaktivität. Diese war nicht auf das lipolytisch aktive EstA-Protein (Wilhelm et al., 1999) zurückzuführen, da auch in der auf P. aeruginosa PABS1 basierenden LipA/EstAMutante P. aeruginosa PASCHII unter diesen Bedingungen die gleiche Aktivität auftrat 82 4. Diskussion (Abb. 27). Diese Aktivität beruht vielmehr auf der 1999 beschriebenen Lipase LipC, deren Aktivierung in vivo (Martinez et al., 1999), wie auch in vitro von der Foldase LipH abhängt (Friedrich, 2001). Die Expression der Foldasevarianten in P. aeruginosa PABS1 / PASCHII führte zu keiner detektierbaren extrazellulären Lipaseaktivität. Im Unterschied zu der Funktionalität gegenüber der Lipase LipA war also die periplasmatische Foldasevariante nicht geeignet, die Synthese aktiven LipC-Proteins zu vermitteln. Als weiteres Merkmal einer Funktionalität der Foldasevarianten wurde deren Fähigkeit untersucht, den bereits beschriebenen posttranskriptionell wirksamen regulatorischen Effekt auf die Lipaseexpression zu vermitteln. Die Expression der Foldasevarianten im Wt-Stamm P. aeruginosa PAO1 führte im Unterschied zur Expression der Wt-Foldase zu keiner Steigerung der Lipaseproduktion. Da dies für beide Varianten galt, wurde somit zum einen gezeigt, dass die regulatorische Funktion auf die Lipaseexpression mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auf zytoplasmatische Interaktionen zurückzuführen ist. Da gezeigt werden konnte, dass die periplasmatische Variante eine in vivo Aktivierung der Lipase LipA vermitteln kann, bedeutet dies gleichzeitig, dass die zelluläre Verfügbarkeit alleine nicht die Ursache für die Anpassung der Lipaseexpression an die synthetisierte Menge funktioneller Foldase sein kann. Vielmehr scheint die korrekte Positionierung der Foldase in der inneren Membran ein notwendiges Kriterium für die regulatorische Umsetzung der Lipaseexpressionsanpassung zu sein. Das, um die Membranankersequenz, verkürzte LipHProtein konnte als funktionell charakterisiert werden und führte in vitro zu einer effizienten Aktivierung auch der Lipase LipC (Friedrich, 2001). Es ist daher wenig plausibel, dass die periplasmatische Variante ohne Membrananker in vivo zwar eine quantitative Aktivierung der Lipase LipA, nicht aber der Lipase LipC vermitteln kann. Die Ursache hierfür kann z.Zt. noch nicht abschliessend beurteilt werden. Ein spekulativer Erklärungsansatz ist jedoch, dass die Foldase(konzentration) auch einen regulatorischen Effekt auf die Expression des lipCGens ausübt. Über die LipC-Genregulation ist wenig bekannt. Die Informationen beschränken sich auf die Tatsache, dass lipC auf transkriptioneller Ebene nur sehr schwach exprimiert wird (Martinez et al., 1999; Heckmann, 2001). Transkriptionell wird das Gen von PilX und PilY1 reprimiert (Martinez et al., 1999), zwei Membranproteinen, die im Zusammenhang mit der Biosynthese von TypIV-Pili als essentiell beschrieben wurden (Alm et al., 1996). Der Expressionsstamm P. aeruginosa PABS1 (PASCHII) wurde gewählt, weil er aufgrund der erwähnten Deletion im Lipaseoperon kein Wt-Foldaseprotein produziert. Es ist also denkbar, dass P. aeruginosa PABS1 bei Expression der membranverankerten Foldase aktives LipC produzierte, weil eine Aktivierung der LipC-Genexpression erst möglich ist, wenn korrekt positioniertes Foldaseprotein in der Zelle vorliegt. 83 4. Diskussion Dies würde bedeuten, dass die fehlende LipC-Produktion nicht auf einem Faltungsdefekt der periplasmatischen LipH-Variante beruhen würde, sondern ebenfalls auf dem Verlust der regulatorischen Funktion von LipH bei nicht nativer subzellulärer Lokalisation. Zusammengenommen können anhand der in dieser Arbeit beschriebenen in vivo Expressionsuntersuchungen zwei distinkte Funktionen der Foldase aus P. aeruginosa für die physiologie der Produktion enzymatisch aktiver Lipase postuliert werden. Die Faltung der Lipase LipA erfolgt unabhängig vom Vorhandensein der nativen Membranankersequenz und damit unabhängig von der Lokalisierung der Foldase an der inneren Membran. Die zweite Funktion betrifft die ebenfalls in dieser Arbeit beschriebene regulatorische Rolle der Foldase auf die Lipasegenexpression. Diese ist nur bei nativer Verankerung des Foldaseproteins in der inneren Membran gewährleistet. Der Domänenaufbau der Foldaseproteine-Hinweis auf die Funktion? Der Homologievergleich der Foldaseproteine ergab den in Abb. 23 gezeigten Aufbau aus aminoterminaler hydrophober Domäne mit Membranankersequenz, der variablen Region und der carboxyterminalen Domäne mit vorhergesagt vorwiegend α-helikalem Aufbau. In der Cterminalen Domäne konzentrieren sich die Sequenzhomologien der Foldaseproteine zueinander. Durch Domänenaustauschexperimente zwischen den Foldasen aus P. aeruginosa und B. glumae konnte in Expressionsstudien im heterologen Wirt E. coli gezeigt werden, dass ein Bereich aus 138 AS-Resten am C-Terminus die Spezifität gegenüber der entsprechenden Lipase vermittelt (El Khattabi et al., 1999). Durch Zufallsmutagenese konnten in der Foldase aus P. aeruginosa TE3285 ebenfalls in der C-terminalen Domäne drei Positionen identifiziert werden, deren Veränderung zum Verlust der Faltungsaktivität führte, darunter auch die Position Tyrosin 99 (Shibata et al., 1998b) am Beginn der C-terminalen Domäne, die in allen Foldasen konserviert ist (Abb. 23). Diese Befunde, zusammen mit den bereits genannten Ergebnissen, dass sowohl die Membranankersequenz, wie auch grosse Teile der variablen Region ohne Verlust der Faltungsaktivität deletier- oder ersetzbar waren, legt den Schluss nahe, dass die carboxyterminale Domäne die faltungsvermittelnde, also eigentlich aktive Domäne für die Interaktion mit der Lipase und ihre Aktivierung darstellt. Die weiterführende computergestützte Untersuchung der Foldaseproteinsequenzen ergab darüberhinaus ein weiteres gemeinsames Merkmal der wahrscheinlich faltungsaktiven Domäne (Tab 8). Die Anwendung dreier unabhängiger Algorithmen zur Vorhersage der Sekundärstruktur (Lupas, et al., 1991; Berger et al., 1995; Wolf et al., 1997) zeigte, dass die carboxyterminale Domäne α-helikale Strukturen enthält, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Bestandteil sog. "coiled-coils" sind. 84 4. Diskussion Diese "coiled-coil"-Strukturen werden allgemein als Merkmal von Proteinen zur Oligomerisierung oder Multimerisierung angesehen (Burkhard et al., 2001). Die mögliche Bedeutung dieser "coiled-coils" für eine potentielle Interaktion der Foldase mit anderen Proteinen für die Physiologie der Lipasesynthese in P. aeruginosa wird später in diesem Kapitel vorgestellt. Als ein weiteres, möglicherweise für die Funktion relevantes Merkmal der analysierten Foldasesequenzen ergab sich das Vorhandensein von 1-3 Cysteinresten (Tab. 8), mit Ausnahme der Proteine aus P. aeruginosa, P. alcaligenes, P. wisconsinensis und P. spec. KFCC10818. Die Verteilung der Cysteinreste in den Proteinen ist dabei nicht einheitlich, auffällig ist aber, dass die relativ nah verwandten Proteine (Abb. 23) aus X. fastidosa und B. glumae jeweils drei Reste enthalten, wobei zwei in geringem Abstand zueinander im aminoterminalen Teil des Proteins liegen, der Bestandteil des Membranankers ist. Alle anderen vorhandenen Cysteinreste liegen in der variabelen Region des Proteins oder am Anfang der konservierten Domäne. Die nah verwandten Proteine der Spezies Acinetobacter weisen im unterschied zu allen anderen Foldasen zwei Cysteinreste innerhalb der variabelen Region auf. Diese könnten potentiell an der Bildung einer intramolekularen Disulfidbindung beteiligt sein. Ebenso ist es möglich, dass die singulären Cysteinreste in den Foldasen aus anderen Gattungen Bestandteil von gemischten Disulfiden sind, die zu einer Dimerisierung durch die Ausbildung intermolekularer Disulfidbrücken führen könnten. Es wird daher interessant sein, die Bedeutung der Cysteinreste dieser Foldasen auf ihre potentielle Funktion bei der Synthese der entsprechenden Lipasen detailliert zu untersuchen. Identifizierung eines "klassischen" Lipaseoperons aus P. fragi Im Rahmen der hier durchgeführten Datenbankrecherchen wurde ein "klassisches" Lipaseoperon aus P. fragi identifiziert, dessen DNA-Sequenz bereits 1993 unter den Access.Nr. E04513 und E04514 veröffentlicht wurde. Dieses kodiert für eine wahrscheinlich der Familie I.2 zuzuordnende, also den Lipasen aus der Spezies Burkholderia am nächsten verwandte, Lipase LipB und ein Foldaseprotein. Die Lipase LipB weist, anders als die bisher bekannte Lipase LipA (Aoyama et al., 1988), ein vorhergesagtes spaltbares Signalpeptid auf (ohne Abbildung), wird also vermutlich Sec-abhängig sekretiert und weist die konservierten Cysteinreste der Familie I.1 und I.2-Lipasen auf (Abb. 1). Die Abwesenheit von Cysteinresten zur Ausbildung intramolekularer Disulfidbindungen, das Fehlen eines Signalpeptids und eines in der Nähe des lipA-Gens kodierten Foldaseproteins führte zu der Annahme, bei LipA handele es sich um ein zytoplasmatisches Protein (M. Lotti, persönliche Mitteilung). 85 4. Diskussion Alternativ wurde postuliert, dass die Lipase LipA aufgrund der genannten Unterschiede zu den nah verwandten Pseudomonas- und Burkholderia-Lipasen für die Faltung bzw. die Sekretion einen Signalpeptid- und Foldase-unabhängigen Mechanismus nutze (Sullivan et al., 1999). Zwar wurde kürzlich eine potentiell zytoplasmatisch lokalisierte Lipase aus P. fluorescens publiziert (Beven et al., 2001), jedoch erscheint es auch plausibel, dass P. fragi eine einzelne und eine weitere im Operon mit der Foldase kodierte Lipase besitzt, die wie LipA und LipC aus P. aeruginosa von der selben Foldase aktiviert werden. In P. aeruginosa wird z.Zt. die Existenz eines alternativen Signalpeptid-unabhängigen Sekretionsweges vermutet, über den wahrscheinlich eine Chitinase (J. Tommassen, persönliche Mitteilung) und ein Lektin sekretiert werden (Tielker, 2001). Es wird daher ebenso interessant sein, zu untersuchen, welche Rolle die Foldase aus P. fragi, deren Gen z.Zt. kloniert wird (D. Janosch, F. Rosenau, K.-E. Jäger, unveröffentlicht), bei der Aktivierung und Sekretion der Lipasen LipA und LipB spielt. LipH: ein Faltungshelfer und Sekretionsvermittler Die Bedeutung der Membranankersequenz für die Funktion wurde ansatzweise für die Foldase aus B. glumae charakterisiert. Analog den Experimenten in dieser Arbeit wurde die Foldase durch die Fusion mit einem spaltbaren Signalpeptid in das Periplasma des heterologen Wirtes E. coli dirigiert und war unter diesen Bedingungen faltungsaktiv (El Khattabi et al., 1999). Bei Expression dieser Variante im homologen Wirt, wurde das Foldaseprotein im extrazellulären Medium nachgewiesen und sein Stabilität innerhalb der Zelle war abhängig von der gleichzeitigen Produktion der Lipase, es ist aber nicht klar, ob die Lipase auch in aktiver Form sekretiert wurde (El Khattabi et al., 1999). Anhand der Sekretion der nicht membranverankerten Foldase wurde die physiologische Funktion des Membranankers in einer Sekretionsverhinderung unter nativen Bedingungen gesehen (El Khattabi et al., 1999). Bislang konnte kein allgemein gültiges molekulares Signal in Substratproteinen für Xcphomologe Sekretionsapparate identifiziert werden (Sandkvist, 2001). Gut untersucht sind allerdings die Proteine, die in den Exportapparaten für die Substraterkennung verantwortlich sind. Dies sind die XcpQ-homologen Porenproteine der äusseren Membran und die XcpPhomologen Proteine der inneren Membran (Sandkvist, 2001; Bleves et al., 1999). In den XcpP-homologen Proteinen wurden hierfür spezielle Domänen zur Protein-ProteinInteraktion identifiziert (Sandkvist, 2001). Im Unterschied zu den entsprechenden Proteinen aus Erwinia spec. (Bouley et al., 2001) besitzt das XcpP-Protein aus P. aeruginosa keine sog. PDZ-Domäne, sondern eine "coiled-coil"-Domäne (Bleves et al., 1999). 86 4. Diskussion Für XcpP, wie auch die homologen Proteine aus Erwinia konnte gezeigt werden, dass die korrekte Positionierung des Proteins in der Membran essentiell für die uneingeschränkte Funktion bei der Sekretion ist (Bleves et al., 1999; Bouley et al., 2001). Wie das XcpP-Protein besitzt auch das LipH-Protein eine vorhergesagte "coiled-coil"Struktur zur potentiellen Interaktion mit anderen Proteinen (s.o). Es konnte in dieser Arbeitgezeigt werden, dass das LipH-Protein bei nicht nativer Lokalisierung, also ohne Membranankersequenz, zwar faltungsaktiv gegenüber der Lipase LipA ist, die regulatorische Funktion von LipH ist aber ebensowenig gewährleistet, wie seine aktivierende Funktion gegenüber der Lipase LipC. Eine mögliche Erklärung für den Unterschied in der LipHWirkung ist in der wahrscheinlich unterschiedlichen Sekretion beider Lipasen zu vermuten. Die Lipase LipC wurde in Experimenten zur Identifizierung eines XcpQ-homologen Proteins gefunden, aufgrund der Tatsache, dass auch in einer XcpQ-Mutante eine enzymatisch aktive Lipase sekretiert wurde (Martinez et. al., 1999). Verantwortlich für die Sekretion ist das alternative Porin xqhA (xcpQ-homolog) (Martinez et al., 1998), das in einem Operon mit dem Gen xphA für ein XcpP-homologes Protein kodiert wird. Eine Funktion des "Moduls" aus XqhA und XphA könnte es sein, als Ersatz für XcpP/XcpQ die Spezifität des Xcp-Apparates unter noch nicht bekannten physiologischen Bedingungen zu ändern (Wilhelm et al., 2001). Ein weiteres Argument für eine andere Spezifität ist, dass das XphA-Protein im Unterschied zu XcpP keine "coiled-coil"-Domäne besitzt (Wilhelm et al., 2001; Abb. 34). Ein weiterer Hinweis auf eine mögliche Abhängigkeit der LipC-Sekretion von XphA ergab sich aus der Charakterisierung des auf dem heterologen Wirt P. putida basierenden LipaseExpressions/Sekretionssystems (Ergebnisse, Teil A). Das Vorhandensein der 12 xcp-Gene war ausreichend, die Lipase LipA in das Kulturmedium zu sekretieren. Eine Sekretion von LipC, dessen Gen in einem Expressionsvektor in einem synthetischen Operon mit dem lipHGen vorlag, war hingegen in diesem Stamm nicht möglich (ohne Abbildung). Eine gängige Hypothese zur Erkennung der Lipasen durch Komponenten des Xcp-Apparats besagt, dass wahrscheinlich das Signal zur Sekretion sowohl in der Lipase selbst, zum Teil aber auch im Foldaseprotein lokalisiert ist (Filloux et al., 1998; El Khattabi, 2001; Sandkvist, 2001). Ein Unterschied in der Erkennung des LipH/ Lipase-Komplexes durch XcpP bzw. XphA könnte somit den Unterschied in der beobachteten Funktionalität von LipH bei der Synthese aktiver LipaseA bzw. LipaseC erklären. 87 4. Diskussion Abb. 34: Vorhersage von "coiled-coil"-Domänen in XphA und XcpP. Die Vorhersage wurde mit dem "Multicoil"-Programm (Wolf et al., 1997) durchgeführt. Die Kurven geben bezogen auf die Aminosäureposition im Protein die Wahrscheinlichkeit an, mit der helikale Bereiche Teil von "coiled-coil"-Strukturen zur ProteinProtein-Interaktion sind. Linke Seite: XpHA, Rechte Seite: XcpP Das LipH aus P. aeruginosa besitzt überdies eine Bindungsaffinität gegenüber nativer enzymatisch aktiver Lipase, wobei diese Interaktion mit einer Inhibierung der Enzymaktivität einhergeht (Schneidinger 1997; Seuter, 1998). Es ist daher möglich, dass die Foldase über die Faltungsaktivität hinaus auch in vivo eine Inhibierung gegenüber den Lipasen ausübt. Dies vorausgesetzt, könnte die Interaktion des Foldase/ Lipase-Komplexes mit den jeweiligen Komponenten des Sekretionsapparates den abschliessenden Schritt der Lipaseaktivierung darstellen. Ein ähnlicher Mechanismus wurde auch für die Elastase LasB aus P. aeruginosa beschrieben, deren abschliessende Aktivierung nach der Faltung durch das Propeptid eine Interaktion mit dem Exportapparat erfordert (Braun et al., 2000). Die Elastase selbst hat neben der Funktion als sekretierter Virulenzfaktor auch eine intrazelluläre Funktion. Unter Bedingungen in der die Elastasesekretion reduziert ist, führt die Oligomerisierung des periplasmatischen Enzyms zu einer Prozessierungsaktivität gegenüber einem regulatorischen Protein der Alginatbiosynthese (Kamath et al., 1998). Die Lipasen aus P. aeruginosa wurden als relevant für die Biofilmbildung bzw. die Biofilmarchitektur identifiziert (Heckmann, 2001; Rosenau et al., 2001). Darüberhinaus liegen erste Befunde vor, dass dieser Effekt mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine veränderte Produktion des P. aeruginosa-Rhamnolipids zurückzuführen ist und einhergeht mit einer geänderten Zelloberflächenstruktur (A. Smolski, S. Wilhelm, U. Zähringer, F. Rosenau, K.-E. Jäger, unveröffentlicht). Die Lipasen könnten also ebenfalls neben der extrazellulären Funktion noch weitere Funktionen, etwa im Periplasma, haben. Es wäre daher denkbar, dass die Interaktion mit der Foldase einerseits und eine abschliessende Auflösung des Komplexes durch Bindung an die Sekretionskomponenten andererseits der Zelle eine Möglichkeit bietet, den Anteil im Periplasma aktiver Lipasemoleküle zu steuern. 88 4. Diskussion Wie die periplasmatischen Chaperone zur Pilusbiosynthese uropathogener E. coli-Stämme wurden die Lif-Proteine als "sterische Chaperone" identifiziert (El Khattabi et al., 1999). Das PapD-Protein aus E. coli wirkt einerseits als Faltungshelfer der Pilinuntereinheiten, zum anderen verhindert es die Polymerisation des Pilus im Periplasma, indem es Interaktionsflächen der Pilinmonomere maskiert (Barnhart et al., 2000). Die Effizienz des Faltungsprozesses bzw. der Sekretion wird von zwei unabhängigen Signaltransduktionssystemen anhand der periplasmatischen Konzentration fehlgefaltener Pilinmonomere überwacht, durch die dann die Expression periplasmatischer Proteasen und Faltungshelfer induziert werden kann (Jones et al., 1997). Es ist daher denkbar, dass der in dieser Arbeit demonstrierte induzierende Effekt der Foldasekonzentration auf die Lipaseexpression, der nur bei korrekter Verankerung des Proteins in der inneren Membran zum tragen kommt, eine vergleichbare Grundlage hat und der Überwachung des Faltungs-/ Sekretionsprozesses dient. Es wird daher interessant sein, den möglichen Mechanismus der Signaltransduktion und die molekulare Grundlagen der Signalgenerierung zu untersuchen. Die Foldase wird unabhängig von der Lipase LipA synthetisiert Die Regulation des Lipaseoperons erfolgt auf transkriptioneller Ebene durch die zwei bereits beschriebenen Promotoren P1 und P2 (Düfel, 2000). Die Sequenz des P1-Promotors zeigt Homologien zu der Konsensussequenz RpoN-(σ54) abhängiger Promotoren und die Beteiligung dieses Simafaktors an der Regulation konnte ebenfalls demonstriert werden (Schneidinger, 1997). Solche Promotoren werden in der Regel als Antwort auf Umweltreize durch spezifische Aktivatorproteine aktiviert (Shingler, 1996; Wösten, 1998). Mit dem LipQ/R-Zweikomponentenregulationssystem konnte ein solches die Transkription des Lipaseoperons aktivierendes Protein (LipR) identifiziert werden (Düfel, 2000). Darüberhinaus wurde bei der weiteren Charakterisierung der Lipaseregulation ein Zusammenhang mit dem übergeordneten ChpA-Regulatorprotein identifiziert (Düfel, 2000). Dieses besitzt sechs sog. Histidin-Phosphotransferase-Domänen und zeigt in seinem Carboxyterminus darüberhinaus Sequenzhomologien zu den Chemotaxisproteinen CheY und CheW und ist wahrscheinlich in die Regulation zahlreicher Virulenzfaktoren in P. aeruginosa involviert (C. Withchurch & J. Mattick, persönliche Mitteilung). In einer ChpAnegativen Mutante war anhand einer transkriptionellen Fusion der lipA-Promotorregion keine Transkriptionsaktivität feststellbar, was darauf zurückzuführen war, dass die Transkription der Strukturgene für das LipQ/R-Zweikomponentensystem reprimiert war (Düfel, 2000). 89 4. Diskussion Trotz der nicht messbaren Transkriptionsaktivität der lipA-Promotorregion, produzierte die ChpA-Mutante eine geringe lipolytische Aktivität, die auf das EstA-Protein zurückgeführt wurde (Düfel, 2000), bei dem es sich allerdings um ein Enzym der äusseren Membran handelt (Wilhelm et al., 1999), dessen Aktivität nur in minimalem Ausmass im Kulturmedium nachweisbar ist (Wilhelm, 2001). Bei Kultivierung der Bakterien in einem anderen Nährmedium erwies sich der beschriebene Effekt als reproduzierbar (Abb. 28). Bei der Messung der ß-Galaktosidaseaktivitäten einer episomalen lacZ-Fusion der lipAPromotorregion wurde deutlich, dass in der ChpA-Mutante im Vergleich zum Wt-Stamm P. aeruginosa PAO1 das Lipaseoperon nicht, oder nur in äusserst geringen Masse transkribiert wird. Demgegenüber stand der Befund, dass in der ChpA-Mutante eine unter diesen Bedingungen signifikante lipolytische Aktivität nachweisbar war (Abb. 29). Die qualitative Untersuchung dieser Aktivität durch Anzucht der Bakterien auf Nachweisagarplatten (ohne Abbildung) erlaubte die Vermutung, dass die beobachtete Aktivität aufgrund der deutlichen positiven Reaktion gegenüber dem langkettigen Triolein eher durch eine der Lipasen, als durch die Esterase EstA verursacht wurde. Ein weiteres Indiz für diese Vermutung war das, auch in GZE der ChpA-Mutante immunologisch nachweisbare, LipH-Protein (Abb. 29, B). Als Erklärungsmöglichkeiten boten sich im wesentlichen drei Annahmen: I. die episomale Reportergenfusion hatte nicht die tatsächlichen Promotoraktivitäten widergegeben und die Lipaseaktivität beruhte auf der Lipase LipA. Dies hätte bedeutet, dass die Regulation der im Chromosom kodierten Kopie des Lipaseoperons anders wäre als die der Reportergenfusion. II. Das Lipaseoperon wurde in so geringem Mass transkribiert, dass die Promotoraktivität unter der Nachweisgrenze lag. III. Die Lipaseaktivität beruhte auf der Lipase LipC. Bei der bereits beschriebenen Abhängigkeit der LipC-Aktivierung von der Foldase LipH, musste dies allerdings gleichzeitig bedeuten, dass die Foldase auch synthetisiert werden kann, wenn die bekannten Promotoren des Lipaseoperons nicht aktiv sind. Der Beweis, dass die in der ChpA-Mutante produzierte Lipaseaktivität auf die Lipase LipC zurückzuführen war, wurde erbracht, indem in der ChpA-Mutante durch ein Allelenaustauschverfahren mittels homologer Rekombination, eine Inaktivierung des lipCGens durchgeführt (3.5.3) wurde. Da die resultierende Doppelmutante P. aeruginosa PAFRcl keine signifikante extrazelluläre Lipaseaktivität mehr produzierte (Abb. 30), war die im ChpA-negativen Hintergrund produzierte Lipaseaktivität auf die Lipase LipC zurückzuführen. 90 4. Diskussion Das lipH-Gen des Lipaseoperons wird unabhängig von lipA transkribiert Es wurde gezeigt, dass enzymatisch aktive Lipase C synthetisiert werden kann, auch wenn mittels Reportergenfusionen keine Transkription des Lipaseoperons nachweisbar ist. Dies führte zu der Frage nach der Herkunft der zur Aktivierung von LipC notwendigen Foldase. Es wurde in dieser Arbeit gezeigt, dass in P. aeruginosa die Expression des Foldasegens posttranskriptionell reguliert wird. Eine effektive posttranskriptionelle Steigerung der Foldaseproduktion hätte also bei einer basalen Transkription des Lipaseoperons, die unter der methodischen Nachweisgrenze hätte liegen müssen, Ursache für die Synthese von LipH sein können. Die vom Wt-Stamm durch Immunodetektion nicht unterscheidbare LipH-Menge liess diese Erklärung allerdings weniger wahrscheinlich erscheinen. Plausibler erschien die Annahme, dass das Lipaseoperon interne als Promotoren wirkende Sequenzen enthält, die auf transkriptioneller Ebene die Entkopplung der Foldase- von der Lipasesynthese erlauben. Die gesonderte Transkription einzelner Gene aus Operons gehört zum regulatorischen Repertoire von Prokaryonten und dient im Allgemeinen der Anpassung an physiologische Gegebenheiten, die eine veränderte Expression der betroffenen Genen erfordern (LeBlanc et al., 1999; Varmanen et al., 2000; Ludwig et al., 2001). Durch die Konstruktion einer Serie von transkriptionellen Fusionen interner DNA-Fragmente aus dem Lipaseoperon mit dem promotorlosen lacZ-Gen des Promotortestvektors pML5BG und die Bestimmung der ß-Galaktosidaseaktivitäten wurden Hinweise auf die tatsächliche Existenz interner Promotoren im Lipaseoperon erhalten (Abb. 31). Dabei wiesen sowohl ein internes Fragment aus dem lipA-Gen bis zum Translationsstopkodon der Lipase (lipPP), wie auch ein Fragment, das das lipH-Gen einschliesslich der vollständigen IR enthielt (lipPE) signifikante Promotoraktivität im Wt-Stamm P. aeruginosa PAO1 auf (Abb. 31). Dies bedeutet, das beide Fragmente promotorähnliche Strukturen enthalten mussten. Durch die computerunterstützte Analyse des lipA-Fragments wurden drei Sequenzbereiche identifiziert (lipA int. 1-3), die Homologien zu RpoN-abhängig regulierten Promotoren aufwiesen und 770, 604 und 460 Nukleotide vor dem lipA-Stopkodon lagen. Die Abb. 35 zeigt den Vergleich dieser drei lipA-internen potentiellen RpoN-Bindestellen. Unter den drei potentiellen Bindestellen weist die Sequenz lipA int.1 die insgesamt grösste Ähnlichkeit zu anderen bekannten RpoN-abhängig regulierten Promotoren auf, darunter auch die experimentell bestätigten Promotoren der Lipase (Schneidinger, 1997), der äusseren Membranesterase EstA (Wilhelm, 2001) und der des Pilingens pilA (Nunn et al., 1990). 91 4. Diskussion Das zweite Fragment mit Promotoraktivität enthielt die Sequenzen stromabwärts des lipAStopkodons bis zum Ende des lipH-Gens. Eine in diesem Fragment lokalisierte Promotorstruktur musste, falls sie in die transkriptionelle Kontrolle der Foldaseexpression involviert sein sollte, musste daher in der 49 Nukleotide umfassenden IR stromaufwärts des lipH-Startkodons liegen. P. aeruginosa phhABC P. aeruginosa pilA P. aeruginosa lipA P. aeruginosa estA P. aeruginosa lipA int. 1 P. aeruginosa lipA int. 2 P. aeruginosa lipA int. 3 Konsensus Kustu et al. (1989) Konsensus Totten et al. (1990) Konsensus Merrik et al. (1993) Konsensus Schneidinger (1997) C T T T C G G G G G G G G G G T G T G T G G G G G G G G G G G G T C C C C C C N Y C C A T A T A C A A A T C G T G N N A Y A C A Y -24 C G G T T A G N R N N G G G G C C T N N N G A T T A C C C N N N N T A T G C A A N N N W A A C C A T A N N N N A A C C G C C N T T W G T T T C C A N T T T G G G G G G G G G G G C C C C C C C C C C C A T G T C T C A A/T T -12 Abb. 35 Sequenzvergleich der potentiellen lipA-internen Promotoren (int.1-int.3) mit RpoN-abhängigen Promotoren aus P. aeruginosa und verschiedenen Konsensussequenzen (verändert nach Wilhelm, 2001). Durch Fettdruck hervorgehobene Basen sind in mindestens fünf der Sequenzen konserviert. Die Basen der konservierten –12 und –24 Region sind durch Unterstreichung markiert. Da der stromabwärts des lipH-Gens gelegene orf PA2864 in der entgegengesetzten Orientierung transkribiert wird (Stover et al., 2000), war drüberhinaus die Existenz eines Promotors im lipH-Gen selbst auszuschliessen. Das Vorhandensein und die Funktionalität dieses potentiellen Promotors wurde durch Insertion einer sog. Ω-Resistenzkassette in die mit dem lipA-Stopkodon überlappenden PpuMI-Restriktionsschnittstelle gesichert. Die ΩResistenz-kassette enthält terminierende Signale sowohl für die Transkription, wie auch die Translation, sodass die Expression stromabwärts gelegener Gene vollständig unterbunden wird (Alexeyev et al., 1995). Die Expression dieses veränderten Operons in episomaler Form unter Kontrolle des lac-Promotors führte im Vergleich zum Wt-Operon zu einer immer noch signifikanten Lipaseproduktion, während die Insertion der Ω-Resistenzkassette zwischen dem heterologen Promotor und dem Translationsstart der Lipase die Lipaseproduktion vollständig verhinderte und so die Wirksamkeit der Transkriptionstermination demonstrierte. Die zwar reduzierte, aber noch deutliche Lipaseproduktion trotz Integration der ΩResistenzkassette am Ende des lipA-Gens entsprach den Erwartungen und erklärt sich durch die Expression des lipA-Gens durch den starken heterologen lac-Promotor und eine vergleichsweise geringere Expression des Foldasegens, die einen funktionellen Promotor oberhalb des lipH-Gens voraussetzt. 92 4. Diskussion Nebenbei ist dies ein weiteres Indiz dafür, dass bei einem Ungleichgewicht der Lipase- und Foldaseexpression die synthetisierte Foldasemenge limitierend auf die Lipaseproduktion wirkt. Der Beweis für die Funktionalität des postulierten Promotors wurde durch allelen Austausch des Wt-Operons gegen die Integrationsvariante im Wt-Stamm P. aeruginosa PAO1 erbracht. Der resultierende Stamm P. aeruginosa PAFRGmP produzierte eindeutig extrazelluläre enzymatisch aktive Lipase, die Termination der Transkription am Ende des lipA-Gens verhinderte also nicht die Produktion der hierfür notwendigen Foldase. Die Lipaseproduktion war im Vergleich zum Wt-Stamm sogar etwa doppelt so hoch. Dieser Befund lässt sich zur Zeit nicht befriedigend erklären. Die in dieser Arbeit gezeigte Abhängigkeit der Lipase- von der Foldaseproduktion vorausgesetzt, deckt sich dieser Befund aber mit den gemessenen Promotoraktivitäten der internen Fragmente aus dem Lipaseoperon (3.5.4), bei denen ebenfalls das Vollängenfragment, das beide potentiellen Promotoren trug, eine niedrigere ßGalaktosidaseaktivität aufwies, als das lipPE-Fragment mit dem IR-Promotor. Da die Terminierung der Transkription vor der IR die Lipaseproduktion nicht unterbunden hatte, beweist dies, dass die IR einen Promotor zur transkriptionellen Kontrolle der Foldasegenexpression enthalten musste, durch den die Entkopplung der lipH-Transkription und somit die Synthese der Foldase unabhängig von der LipaseA möglich war. Das lipH-Gen wird als "leaderless"-mRNA transkribiert Die exakte Lokalisierung des Promotors warf aufgrund der räumlichen Gegebenheiten der IR einige Fragen auf. Das prokaryontische RNA-Polymerase-Holoenzym bestehend aus den α2ββ'σ-Untereinheiten besetzt beim ersten Kontakt zur DNA einen Bereich, der im Minimum die Nukleotide –55 bis –5 vor dem eigentlichen Transkriptionsstart umfasst (DeHaseth et al., 1998). Da gezeigt wurde, dass exakt die 49 bp der IR ausreichen, die Synthese funktioneller Foldase zu gewährleisten, musste die Bindung der Polymerase vollständig in dieser Region erfolgen. Da das Foldasegen trotz Insertion der Ω-Kassette, also ohne den nativen Stromaufwärtsbereich aus dem lipA-Gen, transkribiert wurde, mussten Bindestellen für evtl. notwendige regulatorische Proteine ebenfalls in den 49 bp der IR liegen. Durch "Primerextension"-Analyse von Gesamt-RNA aus P. aeruginosa PAO1 und der ChpA-Mutante wurden im wesentlichen drei spezifische lipH-Transkripte unterschiedlicher Länge identifiziert (Abb. 33). Eines dieser Fragmente entsprach seiner Länge nach einem Transkriptionsstart unmittelbar am Translationsstart des lipH-Gens (Abb. 33). 93 4. Diskussion Dieser Transkriptionsstart spiegelt somit die erwähnten sterischen Gegebenheiten zur Bindung der RNA-Polymerase in der IR wider und erfüllt die Bedingung, dass zur Synthese der Foldase das vollständige lipH-Gentranskript zur Verfügung steht. Allerdings enthält das Transkript keine RBS zur konventionellen Translationsinitiation, vielmehr handelt es sich um eine sog. "leaderless"-mRNA, also ein Transkript ohne untranslatierten Bereich. Beispiele für "leaderless"-Transkripte wurden bereits in Streptomyces spec., C. crescentus und auch in E. coli identifiziert (Jones et al., 1992; Winzeler & Shapiro, 1997; O'Donnel & Janssen, 2001). Der genaue Mechanismus der Translationsinitiation, also der Ribosomenbindung ist noch nicht vollständig verstanden, man nimmt derzeit an, dass die Interaktion des Ribosoms bzw. der gebundenen tRNA mit dem Startkodon hierfür im wesentlichen ausreicht (Moll et al., 2001). Ebensowenig geklärt ist die physiologische Bedeutung, es wird aber vermutet, dass die Transkription als "leaderless"-mRNA besonders in der Stationärphase von Bedeutung ist, um die effiziente Translation der so transkribierten Gene zu gewährleisten (U. Bläsi, persönliche Mitteilung), da sich in dieser Phase die zelluläre Ausstattung an Komponenten des Translationsapparats drastisch verändert (Ishihama, 1999). Die in dieser Arbeit gezeigte mRNA des lipH-Gens ist derzeit das einzige in P. aeruginosa beschriebene "leaderless"Transkript. Die Transkription ohne UTR gibt auch eine Erklärung für den bereits erwähnten Befund, dass die beabsichtigte Optimierung der RBS nicht den erwarteten Effekt auf die lipH-Expression hatte. In diesen Experimenten kamen die Effekte der IR-Modifikationen, insbesondere bei der Deletion der repetitiven Sequenzen besonders in der Stationärphase zum Tragen. Dies kann daher mit der Deletion des IR-Promotors erklärt werden, durch den eine Transkription als "leaderless"-mRNA unterbunden wurde. Der in dieser Arbeit nachgewiesene Promotor zur Entkopplung der Expression von Foldase und Lipase A liegt vollständig innerhalb der IR des Lipaseoperons. Damit muss die Bindung der RNA-Polymerase in diesem Bereich erfolgen. Die Sequenz der IR weist keine signifikanten Homologien zu bekannten Promotoren aus P. aeruginosa auf, interessant sind aber die bereits erwähnten repetitiven Sequenzen am Beginn der IR. Diese weisen einen Abstand von zehn Nukleotiden zueinander auf, bei einer Windungshöhe der DNA-Helix von ebenfalls zehn Basen liegen die Sequenzen also jeweils auf der selben Seite der DNA. Repetitive Sequenzen wurden als Bindestellen für DNA-bindende Aktivatorproteine beschrieben, im Falle der Transkriptionsaktivatoren bzw. Repressoren der AraC/ XylSFamilie können die zur Bindung erforderlichen Sequenzen sowohl aus invertierten wie auch direkt repetitiven Sequenzen bestehen (Gallegos et al., 1997), wobei die Bindestellen dieser Proteine können dabei auch mit der Bindestelle des RNA-Polymeraseholoenzyms überlappen 94 4. Diskussion (Reeder & Schleif, 1993), sodass bei der Rekrutierung der Polymerase der verantwortliche Aktivator von der Bindestelle verdrängt werden kann (Busby & Ebright, 1994). Dies kann für den lipH-Promotor bedeuten, dass eine Aktivierung durch ein solches AraC-homologes Protein erfolgen kann. Im Genom von P. aeruginosa wurden insgesamt 468 Gene für Proteine mit wahrscheinlich regulatorischer Funktion identifiziert, wobei im Vergleich zu anderen prokaryontischen Genomen die AraC-homologen Proteine deutlich überrepräsentiert sind (Stover et al., 2000). Dies wird es interessant machen, die Regulation des hier identifizierten Promotors und die von lipA unabhängige Expression des lipH-Gens näher zu untersuchen. 95 6. Literatur 6. Literatur Aamand, J.L., Hobson, A.H., Buckley, C.M., Jorgensen, S.T., Diderichsen, B. & Mc Connel, D.J. (1994) Chaperone-mediated activation in vivo of a Pseudomonas cepacia lipase. Mol. Gen. Genet. 245:556-564 Andro, T., Chambost, J.P., Kotoujansky, A., Cattaneo, J., Bertheau, Y., Barras, F., Van Gijsegem, F. & Coleno, A.(1984) Mutants of Erwinia chrysanthemi defective in secretion of pectinase and cellulase. J. 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(verändert nach Rosenau et al., 1998) LEBENSLAUF Name Frank Rosenau geboren am 01.12.68 in Neviges Familienstand ledig Wohnort Im Hölken 13 45549 Sprockhövel Schulbildung 1975-1979 Grundschule Neviges und Grundschule Ennepetal 1979-1988 Märkisches Gymnasium in Schwelm Studium 10/88 - 08/95 Studiengang Biologie, Abschluß: Diplom Ruhr-Universität Bochum Thema der Diplomarbeit: Ortsgerichtete Mutagenese zu Herstellung "Elektronen-Spin"-markierbarer Lipase aus Pseudomonas aeruginosa am Lehrstuhl für Biologie der Mikoorganismen AG Priv.Doz. Dr. K.-E. Jäger Anstellung 01/96 - 08/97 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der gleichen Arbeitsgruppe im Rahmen einer Kooperation mit der Firma Boehringer Mannheim Promotion 08/97 - 01/02 Promotion am Lehrstuhl für Biologie der Mikoorganismen Thema der Arbeit: Überexpression der Lipase aus Pseudomonas aeruginosa und die physiologische Charakterisierung der Foldasefunktion. Betreuer der Dissertation: Priv.Doz. Dr. K.-E. Jäger Tag der mündlichen Prüfung 14.01.02