Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 1 5 Kausale fachliche Zusammenhänge und auf die Vor-Ort-Gegebenheiten im Saarland anzuwendendes Fachwissen 5.1 Allgemeine Vorbemerkung Sowohl für die Erstellung des erweiterten Grundwassermodells Saar als eines der wichtigsten methodischen „Handwerkszeuge“ als auch für das unter Zuhilfenahme dieses methodischen Instrumentes in vorliegendem Gutachten beschriebene Erarbeiten von Einschätzungen und Prognosen hinsichtlich der theoretisch vorstellbaren, der eventuell zu erwartenden oder der wahrscheinlichen Auswirkungen des Grubenwasseranstieges wurde eine Abstufung der inhaltlichen Betrachtungstiefe als erforderlich angesehen. Während die „Reifung“ primär das hydrogeologische Modell betrifft, bedeutet der Einbau der Grubenhohlräume eine komplett neue Anforderung, ebenso die Simulation des Wasseraustauschs zwischen bergmännisch geschaffenen Hohlräumen und dem diese umgebenden Gebirge. Folgende Schritte erlaubten eine aufwandsseitig und hinsichtlich der fachlichen Detaillierung sinnvolle, sich ergänzende Erarbeitung der Ergebnisse des vorliegenden Gutachtens: • Erläuterung und Anwendung von bekannter Theorie und Lehrbuchwissen auf die konkreten Gegebenheiten im Saarland In diesem Arbeitsbaustein werden zunächst - meist textlich argumentativ, bisweilen durch zusätzliche graphische Darstellungen - einige für das Verständnis des späteren Berichtsteils erforderliche Begrifflichkeiten und Fachtermini geklärt. Dann werden erste und im Hinblick auf die Zielsetzung des vorliegenden Gutachtens durchaus bereits als wesentlich zu bezeichnende Kernfragen formuliert und beantwortet, welche in öffentlichen Diskussionen wegen einer fehlenden oder unzutreffenden Kenntnis von Fakten und kausalen Zusammenhängen wiederholt zu erheblichen Missverständnissen und Fehleinschätzungen führten. • Anwendung einer ersten Detaillierungsstufe und Betrachtung der Situation vor Ort mit Hilfe analytischer Ansätze in verschiedenen Einzelfällen Zu einem Teil der im ersten Spiegelstrich angesprochenen Themen können anhand von einfachen oder komplexeren Formeln auch weitergehende und etwas genauere Betrachtungen und Einschätzungen im Sinne einer quantitativen Schätzung vorgenommen werden. Wie bei vielen derartigen rechnerischen Ansätzen in der Hydrogeologie, Boden- und Felsmechanik oder artverwandten Wissenschaften werden dabei jedoch meist mehrere Voraussetzungen und Vereinfachungen gemacht, wie etwa Homogenität, Isotropie, Vernachlässigung von Randbedingungen usw.; ähnlich wie bei Überschlagsrechnungen im alltäglichen Leben, die- GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 2 nen solche analytischen Ansätze auch dazu, die Größenordnung bzw. Erwartung eines später mit größerem Aufwand angestrebten Resultats festzulegen. • Einsatz und Anwendung des erweiterten Grundwassermodells Saar zur Differenzierung und Quantifizierung der Ergebnisse auf Grundlage numerischer Berechnungen Im Gegensatz zu den allermeisten analytischen Lösungsansätzen führen mittels numerischer Simulation auch Berechnungen für einen heterogenen oder anisotropen Untergrund sowie für komplizierte Randbedingungen in der Regel zum Erfolg. Außerdem ist der Detaillierungsgrad erheblich größer und die Resultate sind belastbarer. Vieles hängt bei derartigen Modellen davon ab, wie gut die anfängliche Datengrundlage ist. Für Fragestellungen und Gebietsgrößen wie im vorliegenden Fall ist das Erreichen eines Modells in der Qualität eines sogenannten Aquifersimulators weder erforderlich noch durchführbar. Stattdessen muss hier von einem Modell gesprochen werden, das in einigen Teilbereichen als Prognosemodell, in anderen Teilbereichen als Prinzipmodell anzusehen ist. In späteren Jahren wird es aufgrund der eingehenden Daten und Veränderungen vor Ort möglich sein, auch außerhalb der Bereiche mit früherem Kohleabbau zunehmend mehr Bereiche von der Qualität eines Prinzipmodells in die eines Prognosemodells übergehen zu lassen. Grundsätzlich wird jeder der obigen Aufzählungspunkte separat im vorliegenden Ergebnisbericht abgehandelt. Dort, wo es inhaltlich angebracht erscheint, werden die ersten beiden Punkte jedoch zusammengezogen. Das vorliegende Kapitel umgrenzt die Erwartungshaltung hinsichtlich verschiedener Eigenschaften von Untergrund und Grundwasser sowie die quantitative Bandbreite von Daten und Parametern und ermöglicht es damit schon, spätere Resultate als wahrscheinlich zutreffend, noch vorstellbar oder wenig wahrscheinlich bzw. unrealistisch einzuschätzen. 5.2 Begriffe Hauptgrundwasserleiter, Deckgebirge und Grundwasser-Sohle; zur Übertragbarkeit von Erkenntnissen aus anderen Regionen Nach der Fertigstellung des erweiterten Grundwassermodells Saar ist der Aufbau des Modellnetzes im Bereich des Saarkarbons so gestaltet, dass das Zufließen von Grubenwasser in die durch den ehemaligen Kohleabbau geschaffenen Hohlräume u. a. bilanzmäßig mit dem Modell simuliert werden kann und eine Interaktion zwischen dem die Hohlräume umgebenden oder überlagernden Gebirge möglich ist. Damit kann neben vielen anderen Gesichtspunkten auch eine Einschätzung der Folgen und der Entwicklungen für das Grundwasser an sich, aber auch und vor allem für das zu Trinkwasserzwecken vorgesehene Grundwasser aus den Wassergewinnungsgebieten, vorgenommen werden. GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 3 5.2.1 Grundwasserleiter, Hauptgrundwasserleiter im Saarland Im Saarland wird Grundwasser zur Verwendung als Trinkwasser hauptsächlich aus dem so genannten Hauptgrundwasserleiter (HGwL) gewonnen. Dieser setzt sich aus den Kreuznacher Schichten des Oberrotliegenden (Erdzeitalter des Perm) und den Schichten des Mittleren Buntsandsteins (Erdzeitalter der Trias) zusammen. Beide Schichten bestehen überwiegend aus porösen Sandsteinen. Grundsätzlich ist ein Grundwasserleiter ein geologisches Substrat, welches zum einen genügend Hohlräume beinhaltet, um eine größere Wassermenge zu speichern und zum zweiten Verbindungen dieser Hohlräume untereinander besitzt, so dass das gespeicherte Wasser auch in ausreichender Menge und Geschwindigkeit transportiert werden kann. Das Verbreitungsgebiet des HGwL erstreckt sich, vereinfachend beschrieben, auf den Bereich der Saargemünd-Zweibrücker-Mulde im Südosten des Saarlandes, den Warndt und größere linksseitig der Saar gelegene Landesteile, die Merziger Grabenmulde bis etwa zum Losheimer Bach sowie das rechtsseitig der Saar gelegene Gebiet zwischen Bous, Schwarzenholz und Nalbach. Auch der Lebacher und St. Wendeler Graben werden von ihm großteils aufgebaut. Außerhalb der genannten Bereiche findet keine großräumlich relevante Wassergewinnung statt. Im Warndt liegt der HGwL über dem Karbongebirge und erreicht eine Mächtigkeit von (größenordnungsmäßig) ca. 200 m. Rechts der Saar fehlt, von kleineren Flächen abgesehen, eine Überdeckung des Karbongebirges mit dem HGwL. Allerdings ist auf dem südöstlich der Hauptüberschiebung bzw. Randstörung des Saarbrücker Kohlesattels über dem in sehr große Tiefe abgesunkenen Karbon der HGwL im Bereich der Muldenachse zum Teil noch bis zu ca. 500 m mächtig vorzufinden, dünnt aber Richtung Kohlesattel stark aus. 5.2.2 Deckschichten und Deckgebirge An dieser Stelle sei wegen später erforderlicher Bezugnahme auf die unterschiedliche Bedeutung des Begriffs „Deckgebirge“ bzw. „Deckschichten“ hingewiesen. Bei hydrogeologischen und geohydraulischen Themenstellungen werden wegen der Schwergewichtung der Thematik Grundwasser unter Hinweis auf die DIN 4049-3 unter Deckschichten alle zwischen dem Grundwasserspiegel und der Geländeoberfläche liegenden Schichten verstanden, während im Bergbau meist das dem Karbongebirge überlagernde kohleunproduktive Gebirge ohne Beachtung des Grundwasserspiegels so bezeichnet wird. Deckgebirge im bergmännischen Sinn fehlt im Bereich des Saarbrücker Kohlesattels fast völlig. 5.2.3 Grundwassersohle und Grenzletten Verschiedene stratigraphische Einheiten des Karbongebirges im Saarland schließen an der Erdoberfläche meist ab in Form von mächtigen und mehrere Meter tief reichenden, lehmigen Verwitterungsschichten. Solch bindige Schichten existieren in größeren Bereichen auch an erdgeschichtlich alten Erdoberflächen. Zwischen Karbon/Permokarbon und den Buntsandsteinschichten ist in vielen Bereichen der so genannte Grenzletten ausgebildet, eine in der Regel nur wenige Meter mächtige Lehmschicht, die aufgrund ihrer Korngröße und Konsistenz wie eine nahezu GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 4 (nicht völlig!) undurchlässige Dichtung wirkt und die Grundwasserleiter-Sohle des HGwL dort bildet. Sie verhindert, dass das Grundwasser des Buntsandsteins ungehindert in das tiefer liegende Karbongestein oder die Grubenhohlräume abfließt, bzw. später in größerem Ausmaß Grubenwasser von unten nach oben strömt. Nur dort, wo dieser Grenzletten verletzt ist, sickerten sehr beträchtliche Wassermengen nach unten ab (im Südost-Warndt zeitweise bis zu 60 m³/min). Der Grenzletten fehlt rechtsseitig der Saar in einigen Bereichen. 5.2.4 Übertragbarkeit von Erkenntnissen aus anderen Regionen Im Hinblick auf die Abschätzung von Beeinträchtigungen oder potenziellen Gefährdungen durch den späteren Grubenwasseranstieg wird häufig Bezug auf Geschehnisse und Beobachtungen in anderen Regionen bzw. Bergwerken Bezug genommen. Dabei wurden anlässlich von Vorträgen und Diskussionen im Zusammenhang mit dem Grubenwasseranstieg in rechts der Saar gelegenen Bergwerken Beispiele aus Südafrika, Nordfrankreich (Nord-Pas-de-Calais), aber auch näher gelegener wie etwa in Faulquemont, La Houve, Vouters, Marienau, Simon, St. Charles genannt. Natürlich wurde auch auf die Situation im abgeschlossenen Warndt-Bergbau und den dortigen, bereits weit fortgeschrittenen Grubenwasseranstieg eingegangen. Die Betrachtung solcher Beispiele andernorts, vor allem aber in regionaler Nähe zum Modellraum, kann wichtige Grundlagen für den Aufbau des erweiterten Grundwassermodells Saar liefern. Das Bergwerk Faulquemont wurde bereits 1974 geschlossen und der Wasseranstieg endete im Jahr 1990. Als letzte französische Grubenschließungen im an das Saarland angrenzenden Bereich seien Forbach (1997), Vouters und Reumaux (2000) sowie Merlebach (2003) genannt. Das Abbaugebiet La Houve wurde im Jahr 2001 teilweise stillgelegt und es fand dort ein maßgeblicher Grubenwasseranstieg statt. Im Abbaubereich Folschviller ist bereits seit 1980 der Wasseranstieg vollständig durchgeführt. Beim Bergwerke La Houve wurde der endgültige Grubenwasseranstieg im Dezember 2006 eingeleitet. Im Dezember 2008 stieg Wasserspiegel dort über Niveau der Grenze Permokarbon/Buntsandstein (+127 m NGF) an, am 26.11.2009 wurde bei Niveau von 187 m NGF mit dem Pumpen begonnen. Das Wasserhaltungsniveau wurde dort so gewählt, dass kein Austausch/Aufstieg von Grubenwasser in den Buntsandstein erfolgt. Abgepumptes Grubenwasser wird über eine Aufbereitungsanlage in die Vorflut abgeleitet. In der Tat macht es Sinn, Erfahrungen von gezielt ausgesuchten Beispielfällen heranzuziehen. Allerdings muss man sich bewusst sein, dass allenfalls allgemeine Beobachtungen und Erkenntnisse standortübertragbar sind und diese von standortindividuellen überlagert werden, für die die Übertragbarkeit normalerweise nicht gegeben ist oder zuvor eingehend geprüft werden muss. So wird etwa am Beispiel Warndt deutlich, dass trotz der unmittelbaren Nähe und Nachbarschaft zu den übrigen Gruben an der Saar in verschiedenen Punkten sehr unterschiedliche Verhältnisse bestehen, wie etwa das dort recht mächtige und hier weitgehende Fehlen von Deckgebirge mit gebirgsmechanisch und hydrogeologisch gänzlich anderen Eigenschaften sowie die unterschiedlichen Lagerungsverhältnisse im Karbon selbst (im Warndt oft Sattelstrukturen mit sehr steilem Einfallen). GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 5 Möglicherweise muss auch die geologische Entstehungsgeschichte einer Lagerstätte ein Vergleichskriterium sein, weil sich die daraus ableitbaren oder zu folgernden Eigenschaften und Verhaltensweisen beträchtlich differieren können. Die paralisch (Randmeerbereich) entstandene Lagerstätte an der Ruhr weicht in vielen Punkten von der limnisch (intramontanes Süßwasserbecken) entstandenen an der Saar ab, etwa was die Horizontbeständigkeit betrifft. Stets standortindividuell sind die tektonische Situation mit unterschiedlich stark ausgeprägten Sprüngen und Verwerfungen (die sowohl hinsichtlich Erschütterungen und Hebungsdifferenzen als auch potenziell in Bezug auf die Grundwasserspiegellage oft kritisch zu beurteilen sind), der Durchbauungsgrad (der u. a. einen kausalen Zusammenhang zur Thematik Auftrieb hat) sowie bestimmte Auffälligkeiten und Besonderheiten (z. B. bzgl. abweichender GebirgsspannungsVerteilung oder Gasandrangzonen) zu sehen. Unter vielen Blickwinkeln aber sind die Erfahrungen heranzuziehen, welche die Bergbehörde und das frühere Abbauunternehmen im Zuge mehrerer Grubenwasser-Teilanstiege in Teilfeldern im Saarbrücker Sattel selbst in der Vergangenheit gewinnen konnten, weil dort sehr ähnliche Rahmenbedingungen wie im Bereich der noch für den Wasseranstieg vorgesehenen bergbaulichen Hohlräume bestanden bzw. bestehen. Ebenso ist anzumerken, dass sich mehrere wichtige Rahmenbedingungen bei allen noch für einen Wasseranstieg vorgesehenen Gruben untereinander nicht oder nur unwesentlich unterscheiden. Lediglich hinsichtlich einiger weniger Punkte, wie des bekannten erschütterungsempfindlichen Bereichs im Bergwerk Saar (Ensdorf), der sehr starken Unterbauung im Bereich der südöstlichen Fettkohle-Abbaubereiche oder den ebenfalls dokumentierten, sich merklich von anderen Bergwerken unterscheidenden Wasserandrang in den Gruben Luisenthal (gering) oder Reden-Göttelborn (hoch), ist die o. g. vorherige Überprüfung einer Übertragbarkeit vorzunehmen. Unter Beachtung der obigen Einschränkungen und Prüfung der Voraussetzungen zur Übertragbarkeit der Erkenntnisse muss aber zusammenfassend festgestellt werden, dass die von vereinzelten Personen ab und an noch immer geäußerten Aussagen, im Rahmen des Grubenwasseranstiegs käme der Bevölkerung die Rolle eines „Versuchskaninchens“ gleich, so nicht zutreffen: Nicht zuletzt sind aufgrund bereits wiederholt in der Vergangenheit im Zusammenhang mit der Aufgabe von Gruben bzw. Feldteilen hergestellter Abschlussdämme mit dahinter durch Zusickerung und Wasseranstau gebildeten, teilweise beträchtlichen Standwasseranstiegen in den alten Abbauhohlräumen wichtige Erfahrungen gesammelt worden. Wenngleich diese Wasserverfüllungen sich in verschiedenen Punkten von einem in Relation dazu schnellen Grubenwasseranstieg unterscheiden, sind viele Wirkungen identisch. Neu sind der große Maßstab der Maßnahme und die Komplexität verschiedener Zusammenhänge. Rechtsseitig (nördlich) der Saar sei etwa das Bergwerk Reden mit einer größten früheren Abbautiefe im Niveau von etwa -1.000 m NN genannt, in dem (Stand 2015) der untere Bereich bis ca. 592 m NN mit Standwasser gefüllt ist. Die östlich bzw. nordöstlich davon gelegenen Gruben ste- GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 6 hen ebenfalls durch den Zutritt von Sickerwasser und die Abschlussdämme bereits heute weitgehend vollständig unter Wasser. Das Bergwerk Viktoria mit einer maximalen früheren Abbautiefe im Niveau von -494 m NN ist (Stand 2015) bis -131 m NN wassererfüllt. Im Feld Dilsburg (zu Grube Göttelborn gehörend) erreichte der Abbau ein Tiefenniveau von -698 m NN, der Wasserstand 2015 lag bei -384 m NN. Im Bergwerk Ensdorf/Duhamel wurde bis -961 m NN abgebaut, das Standwasser erreichte 2015 ein Niveau von -628 m NN. Auch die Grube Camphausen hat einen Standwasseranstieg im dreistelligen Meterbereich zu verzeichnen. Linksseitig (südlich) der Saar wurde im Bereich Warndt - mit einer größten früheren Abbautiefe bei -874 m NN - 2015 der Grubenwasserspiegel bei +101 m NN gemessen. GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 7 5.3 Bedeutung von Sprüngen und Verwerfungen, Schollenstruktur im Karbongebirge Neben den bergbaubedingten gebirgsmechanischen Veränderungen des Karbongebirges über und im nahen Umfeld des früheren Abbaus in Form von bruchhaften Verformungen (Risse, Spalten, Brüche, bestimmte Setzungen und Senkungen), elastischen oder elasto-plastischen Verformungen infolge eines veränderten Spannungszustandes existieren im Festgesteinsuntergrund des Saarlandes auch naturbedingte Unstetigkeitszonen infolge bruchhafter Verformung. Dies sind Störungen und Verwerfungen, - im Bergbau als „Sprünge“ bezeichnet -, an welchen sich im Gebirge in geologischer Vergangenheit, aber auch heute noch akkumulierte Spannungen abgebaut haben oder noch abbauen. An ihnen hat die geogene Spannung den Betrag der Druck-, Zug- oder Biegezugfestigkeit des Gesteins überschritten. In vielen Fällen haben zudem zum Abbau der Spannungen an den beidseitig an die Störung angrenzenden Gesteinen Relativbewegungen stattgefunden, die von wenigen Zentimetern bis mehreren Zehnern Meter, in manchen Fällen auch weit über hundert Meter, betragen können. Zwar gibt es auch ziemlich flach einfallende Störungen, meist stehen sie aber recht steil. Bedeutende Störungen zerteilen das Gebirge in Schollen. Innerhalb einer Scholle sind die Lagerungsverhältnisse mehr oder weniger homogen. Je nachdem ob eine Scholle herausgehoben wurde oder abgesenkt wurde, spricht man von einem Horst oder einem Graben. Abgesehen von bruchhaften Verformungen des Gebirges existieren im Saarkarbon auch plastische Verformungen in Form von flachen oder steilen Sätteln, Mulden und der großen südlichen Randüberschiebung des Saarbrücker Sattels, an der das südöstlich gelegene Steinkohlengebirge weit über einen Kilometer in die Tiefe abgesunken ist. Alle genannten plastischen Verformungen können ihrerseits wiederum Sprünge beinhalten. Das tektonische Inventar (vor allem die großen Sprünge) kann eine große Bedeutung hinsichtlich der Wassersituation haben, spielt darüber hinaus in manchen Fällen auch eine Rolle hinsichtlich (unregelmäßiger) Hebungen und Senkungen, während für die Ausgasung auch oder insbesondere die kleineren, bruchhaft entwickelten Auffälligkeiten (Risse, Bruchglocke über dem Abbaubereich) Relevanz haben. Sprünge können im Hinblick auf die (Grund-)Wasserbewegung zwei diametral sich unterscheidende Funktionen besitzen: Sie können entweder als offener Spalt für das Fließen von großen Wassermengen in kurzer Zeit über große Distanzen verantwortlich sein und als eine Art unterirdische Drainagefläche dienen. Andererseits übernehmen sie in den weitaus häufigeren Fällen eine gegenteilige Funktion, nämlich die als Strömungshindernis, vergleichbar der Mauer eines unterirdischen Staudammes. Alleine die Tatsache, dass auch über Störungen ein maßgeblicher Anteil des zeitweise über 20 Mio. m³ betragenden Wasservolumens den untertägigen Grubenbauten zuströmt, beweist die erstgenannte der beiden genannten Funktionen. Dennoch, - für die Einschätzung der als Regelfall anzusehenden Situation des annähernd horizontalen oder Schichtflächen-parallelen Grundwasserfließens im Untergrund für die Zeit nach Ende des Wasseranstiegs und außerhalb der GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 8 früheren Abbaubereiche ist grundsätzlich aus vielerlei Gründen von der zweiten Funktion, die der hydraulischen Barriere einer Störung, auszugehen. Aus mehreren dieses Faktum begründenden Argumenten sei an dieser Stelle beispielhaft eines der wesentlichen kurz erläutert: Die Normalschichtenfolge des Saarkarbons zeigt sehr deutlich, dass fein- und feinstkörniges Sedimentgestein einen hohen Anteil am Gesamtaufbau innehat. Zwischen mächtigen Folgen von Schluffsteinen, Tonsteinen und Feinsandsteinen sind nur horizontweise nicht allzu mächtige gröbere Sandsteine und Konglomerate geschaltet. Die Gesteine der erstgenannten Gruppe verfügen über nur sehr geringe Durchlässigkeiten gegenüber Wasser, die der letzten besitzen je nach Kornbindemittelart und -anteil bisweilen durchaus höhere Werte. Während allerdings die Störungen, welche verschiedentlich vom Karbon über die südliche Randverwerfung bis in den Buntsandstein verlaufen, dort bei einer als betragsmäßig gleich angenommenen Verwurfshöhe in der Regel Sandstein einer bestimmten Tiefenlage gegen Sandstein einer anderen Tiefenlage versetzen und damit einen Anschluss vergleichbar durchlässiger Gesteine garantieren, ist dies im Karbon nicht der Fall. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer nicht marginalen Verwurfshöhe eine geringmächtige durchlässigere Grobsandstein- oder Konglomeratschicht auf eine solche mit gleicher Durchlässigkeit auf der anderen Scholle trifft, ist als eher gering zu veranschlagen. Folglich muss bis zu dem Punkt, ab dem es Argumente gibt, die gegen eine Zuordnung einer Verwerfung als hoher Strömungswiderstand sprechen, von dieser Eigenschaft ausgegangen werden. Sprünge und Verwerfungen können sowohl wie messerscharf geschnittene Einzelfugen auftreten, aber auch als eine mehrere Dezimeter oder Meter breite Zerrüttungszone, eventuell mit mehreren Einzelflächen. Zudem sind manche Sprünge als offene Fugen ausgebildet, während andere sowie viele, mancherorts nahezu alle oberflächennahen Bereiche mit meist bindigen Füllungen oder Belägen („Bestegen“) versehen sind. Die häufige Beobachtung, dass Störungen sowohl vertikal als auch horizontal ihre Funktion als Drainage oder Stauer ändern können, kann andererseits auch bedeuten, dass im Zuge des Aufbaus und des Arbeitens mit dem erweiterten Grundwassermodell Saar ihre Wirkung unter dem Aspekt der Maßstäblichkeit (großräumliches Regionmodell) an Relevanz verliert oder sich nur auf bestimmte Gebirgsschollen begrenzt. Im Falle eventueller späterer Detailbetrachtungen von Gebieten (lokale Modelle als Teile des erweiterten Grundwassermodells Saar) kann diese Relevanz nochmals anwachsen, wenn etwa die Störung für dieses Teilgebiet bekannte oder erwartete Auffälligkeiten hinsichtlich der Wasserführung besitzt. 5.4 Hydraulische Situation an Verwerfungen, gespanntes und ungespanntes Grundwasser Für die Beurteilung der Folgen des Grubenwasseranstieges muss das Auftreten von gespanntem Grundwasser unter Umständen große Beachtung finden, weswegen nachfolgend einige grundle- GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 9 gende fachliche Erläuterungen hierzu gebracht und auf die konkrete Lage im Saarkarbon bezogen werden. Im Gegensatz zum ungespannten (= freies) Grundwasser, sind beim gespannten Grundwasser die Lage von Grundwasseroberfläche und Grundwasserdruckfläche in einem betrachteten Bereich nicht identisch, sondern liegt letztgenannte (meist) höher und nicht mehr im Grundwasserleiter. Dies bedeutet, dass Grundwasser an bestimmten Stellen (etwa in einer offenen Kluft) in der Lage ist, gegen die Wirkung der Schwerkraft über größere Vertikaldistanzen nach oben zu steigen oder auch auf eine das Ansteigen nach oben behindernde Fläche (etwa eine undurchlässige Schicht) eine beträchtliche Kraft auszuüben. Zwischen freiem und gespanntem Grundwasser gibt es auch Übergänge (halbungespanntes und halbgespanntes Wasser). Wenn der Druckspiegel über der Geländeoberfläche liegt, spricht man von artesisch gespanntem Wasser. Für das Auftreten von gespanntem Grundwasser sind mehrere Voraussetzungen Bedingung: Es müssen eine praktisch undurchlässige Sohl- und Deckschicht, ein hydraulisches Gefälle und ein Strömungswiderstand oder -hindernis existieren. Solche Voraussetzungen sind im Saarkarbon in mehreren stratigraphischen Einheiten aufgrund höherpermeabler gröberklastischer Sedimente als Zwischeneinschaltungen in feinklastischem Gestein sowie der lateralen Begrenzung der wasserführenden Schicht am Schollenrand durch einen Sprung in vielfacher Weise gegeben. Im Bereich tiefer Geländeeinschnitte kann grundsätzlich auch eine lehmige Verwitterungsschicht eines Hanges für gespanntes Grundwasser und möglicherweise die Entstehung von StauquellenHorizonten verantwortlich sein. Die hydraulische Wirkung und Verhaltensweise von Wasser in Klüften und gespanntem Grundwasser unterscheidet sich sehr wesentlich von der Strömung in einem Porenaquifer mit freiem Grundwasser! Dies kann hinsichtlich eventuell anzugehender Schadensminderungsmaßnahmen etwa zur Beherrschung oder Vermeidung von potentiellen Vernässungen oder Auftriebserscheinungen im Einzelfall sowohl positive als auch negative Folgen mit sich bringen. Zwei Beispiele sollen dies verdeutlichen: Für den Fall, dass bei o. g. Zielsetzung die Notwendigkeit einer Bohrung mit Abpumpen von Grundwasser anstünde, muss man bedenken, dass bei freiem Grundwasser und mittlerem Durchlässigkeitskoeffizienten sowie Speichervermögen die Entwicklung des quasistationären Absenktrichters bei einer angenommenen mittelhohen Pumprate von bspw. 10 l/s (36 m³/h bzw. ca. 315 Tm³/a) eine Reichweite von wenigen Zehnern Metern hätte. Nach dem Einschalten der Pumpe würde dazu eine Zeit von größenordnungsmäßig ein bis zwei Wochen vergehen. Je nach Art der Oberflächennutzung (etwa in Form von Bebauung oder Industrieanlagen) könnte folglich die raumzeitliche Wirkung im konkreten Fall als nur mittelmäßig angesehen werden. Bei gespanntem Grundwasser in einem Aquifer mit gleichen Eigenschaften würde dagegen die Reichweite des dort flacheren Absenktrichters (nur Druckpotenzial bzw. Wegnahme von nach oben gerichteten Kräften auf die Grenzfläche zwischen Aquifer und undurchlässiger Schicht im GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 10 Hangenden) eine Reichweite von mehreren hundert Metern erlangen und das nicht nach Tagen oder Wochen, sondern bereits nach wenigen Stunden! Zudem sei an einem Beispiel die Wirkung von Sprüngen (hier exemplarisch als mittelgroße offene Fuge mit 1 mm Öffnungsweite angenommen) unter hydraulischem Gesichtspunkt verdeutlicht: Während für das Fließen von Wasser in porösem Medium meist das Darcy-Gesetz in der bekannten Form der Abhängigkeit der Entnahme von der Durchlässigkeit, der durchströmten Fläche und dem hydraulischen Gefälle anzusetzen ist, gilt für Klüfte der Ansatz des so genannten kubischen Gesetzes, welches (vereinfacht ausgedrückt) die Abhängigkeit der Transmissivität von der dritten Potenz der Kluftbreite beinhaltet. So lässt sich z. B. abschätzen, dass eine optisch nur mäßig auffallende Kluft mit obiger Öffnungsweite eine vergleichbare hydraulische Wirkung hat wie eine rund 10 m mächtige Sandsteinschicht mit einer guten Durchlässigkeit von kf = 1·10-4 m/s. Schließlich sei unter diesem Punkt angeführt, dass selbst dort, wo keine lithologisch bedingten starken Durchlässigkeitskontraste im Untergrund vorliegen (dieser also beispielsweise aus einem vertikal nicht weiter differenzierten Sandstein besteht), je nach morphologischen Gegebenheiten (etwa Hangbereich am Talrand) durch Grundwasseraufschlüsse (Brunnen, Abwehrbohrung, alter Schacht o. ä.) in der Tiefe ein Bereich hohen Potenzials erschlossen wird, mit der Konsequenz, dass dann sogar artesische Verhältnisse an dem Grundwasseraufschluss herrschen können. Die nachfolgende Skizze soll dies verdeutlichen, in der durchgezogene Linien mit Pfeilen Stromlinien des Grundwassers darstellen, das von der morphologischen Höhe zum Vorfluter fließ. Potenziallinien sind gestrichelt gezeichnet. Die linke Bohrung ist dort nur im unteren Bereich verfiltert. Anstelle des Brunnens wäre auch eine nur im oberen Teufenbereich und lediglich auf den Kluftflächen stark verlehmte Kluft mit offener mittiger Fuge vorstellbar. Abb. 5.1: Querschnitt durch eine morphologische Erhebung zwischen zwei Vorflutern mit Darstellung des Grundwasserspiegels, der Grundwasserpotenziallinien und der Grundwasserstromlinien, die senkrecht zu den Potenziallinien verlaufen. Wird im Bereich der Vorfluter das tiefe Grundwasser mit hohem Druckpotenzial erschlossen, dann kann es zu einem artesischen Auslauf aus der dortigen Bohrung bzw. Brunnen oder Schacht kommen. GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 11 5.5 Ist das saarländische Karbongebirge ein Grundwasser-Nichtleiter? Verschiedene, unter dem Gliederungspunkt 3 „Literatur“ dieses Gutachtens angeführte und/oder erläuterte Publikationen sowie zahlreiche Lehrbücher einerseits, persönliche Erfahrungen des Unterzeichners aufgrund von Untersuchungen im Labor (Permeationsversuche unter Gebirgsdrucksimulation, (WAGNER, J., [83]) und im Gelände (Pumpversuche in Karbonschichten) zum zweiten und die sehr umfangreichen realmaßstäblichen Beobachtungen der früheren Abbauunternehmen zum dritten erlauben zwei zunächst widersprüchlich erscheinende Blickwinkel: 5.5.1 Fakten, die auf geringe Durchlässigkeit hinweisen Die meisten der im saarländischen Steinkohlengebirge vorkommenden Gesteine sind aufgrund ihrer Kornverteilung, ihres Kornbindemittels und der geringen Porosität grundsätzlich als geringbis sehr gering permeabel einzustufen bzw. bei Heranziehen der üblichen Bewertungslisten als undurchlässig. Einmal ist dies (aufgrund der Trocknungswirkung der Bewetterung sowie einer Trockenhaltung durch gezielte Wasserhaltung allerdings nur eingeschränkt) ableitbar bei der Inaugenscheinnahme vieler in den Kohlegruben anstehenden Oberflächen der Strecken, die oft/meist staubtrocken sind (wobei aber nochmals auf die trocknende Wirkung der Bewetterung hinzuweisen ist). Auch die Tatsache, dass verschiedene Strukturen im Saarkarbon, etwa die Klarenthaler Kuppe, das Ziehwald-Feld und weitere, aufgrund von Durchlässigkeitskontrasten zur geringer durchlässigen hangenden Schicht zu Gasanreicherungen geführt haben, ist als Argument heranzuziehen. Ferner sind im Schrifttum umfangreiche Korrelationen zwischen Korngröße/Gesteinsart und Permeabilität tabellarisch aufgelistet, die diese Einschätzung untermauern. Schließlich hat der Unterzeichner im Zuge eigener Permeabilitätsuntersuchungen mit Gas als Strömungsfluid unter Simulation verschiedener Gebirgsdrücke an zahlreichen Gesteinskernen aus dem saarländischen Steinkohlengebirge, darunter auch Kohlebohrkerne, Versuche durchgeführt und niedrige Werte quantifizieren können, die zudem eine merkliche Abhängigkeit vom Gebirgsdruck (lt. Handnotiz Verringerung um den Faktor 8 bis 10 für Schluffstein bei 100 m simuliertem Überlagerungsdruck) aufweisen. Die gemessenen Gaspermeabilitäten können hinsichtlich der scheinbar die Permeabilitätskonstante erhöhenden Gleitströmung korrigiert werden und gelten dann auch für Wasser. Auch wenn verschiedene Einflussfaktoren (Lithologie, Tiefe, Stratigraphie) zu beachten sind, können für die Permeabilität fein- und feinstkörniger Gesteine (Feinsandstein, Schluffstein, Tonstein) im Stefan Werte in der Größenordnung von 10-3 md bis wenige (1- 3) md, meist zwischen 10-2 bis 1 md angesetzt werden (1 md entspricht ca. 10-15 m2 bzw. etwa einem kf -Wert von 10-8 m/s). GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 12 Eine Differenzierung zwischen Westfal und Stefan ist nicht verlässlich möglich. Allenfalls wird in der Literatur der Hinweis geliefert, dass im Westfal das Verhältnis zwischen horizontaler und vertikaler Permeabilität etwas größer ist als im Stefan. Für verschiedene rechnerische Ansätze (instationäre Simulation, Stofftransport) erforderliche Porositäten sind je nach Stratigraphie, Teufe und Lithologie zwischen maximal 15 % in oberflächennahen Stefanschichten und 3 bis 4 % im unteren Stefan anzusetzen. Je 100 m Teufenzunahme gehen dort die Werte um 1,4 Vol.-% zurück. Die Werte im Westfal liegen selten über 5 %, meist zwischen 1 bis 3 % und gehen je 100 m Teufenzunahme im Mittel um 0,3 Vol-% zurück. Sie sind damit als niedrig zu bewerten, was die angegebenen geringen Durchlässigkeitswerte bestätigt. 5.5.2 Fakten, die auf hohe Durchlässigkeit hinweisen Wie bereits erwähnt, gibt es in der Schichtenfolge des Saarkarbons durchaus, wenn auch aufgrund ihrer verglichen mit den übrigen Gesteinen meist geringen Mächtigkeit eher geringen hydraulischen Profil- und Gebietsrelevanz, Zwischeneinschaltungen gröber körnigerer Sedimente, die als mäßig gute Grundwasserleiter bezeichnet werden können. Grund für die hydrogeologisch geringe und wasserwirtschaftlich praktisch nicht vorhandene Relevanz ist einmal die oben im Text schon erwähnte Schollenstruktur des Karbons, so dass an vielen Schollenrändern die Wasser leitenden Schichten aufgrund eines Höhenversatzes abrupt enden. Daneben ist als Grund auch zu erwähnen, dass die Zwischeneinschaltung gleichzeitig eine Verhinderung einer Grundwasserneubildung bzw. Speisung des Wasservorrats wegen der äußerst geringen Permeabilität hangender und liegender Begleitschichten bedeutet. Von diesen üblichen Gegebenheiten werden jedoch in einigen Gebieten des Saarkarbons Abweichungen festgestellt, und zwar dann, wenn derartige mäßig gut Grundwasser leitende und speichernde Schichten in Oberflächennähe anstehen. Wegen ihres geringeren Fein- bzw. Feinstkorngehaltes verwittern sie weniger tief und nicht in Form der andernorts häufig anzutreffenden lehmigen Decken. Es kommt folglich zu erhöhten Grundwasserneubildungsraten. In solchen meist kleinen Teilgebieten wurden im Zuge von Baumaßnahmen bei Pumpversuchen in Grundwassermessstellen Transmissivitätswerte ermittelt, die mit denen aus Kreuznacher Schichten vergleichbar sind (Bsp.: Obere Heusweiler Schichten am Ortsausgang Reisbach Richtung Saarwellingen). Vereinzelt wurden in solchen Bereichen auch - wenn auch wenig ergiebige - Notbrunnen zur Versorgung der Bevölkerung mit Wasser in Krisenzeiten abgeteuft. Allerdings zeigen die in den Bohrungen/Brunnen zeitlich rasch zurückgehenden Fördermengen auch dort an, dass es nachteilige Randbedingungen gibt, die in der Regel als Schollenrand zu interpretieren sind. Die bisher unter diesem Gliederungspunkt erläuterten Fakten sind kennzeichnend für die natürlichen, ungestörten Bedingungen im Saarkarbon, die es erlaubt haben, letzteres in seiner Gesamtheit als Grundwassernichtleiter zu bezeichnen, auch wenn es ein geogenes, tektonisches Riss- und Spalten-System mit bedingter hydraulischer Kommunikation gibt. GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 13 Durch den Kohlebergbau in der Vergangenheit sind aber massive Veränderungen im Untergrund eingetreten, die nicht nur in Form der vielen Strecken und Verbindungen, Schächte und Abbauhohlräumen eine für das in den Untergrund gelangende Wasser gänzlich andere Situation geschaffen haben. Vielmehr sind auch im zwischen den Schollenrändern relativ kompakten Gebirge durch bergbauinduzierte Zusatzspannungen verursachte plastische, elasto-plastische und bruchhafte Veränderungen eingetreten, die zur Bildung zusätzlichen Porenraumes führten und vielfach dem Begriff „Bruchglocke“ über einem Abbaubereich zugeordnet werden. Wenngleich die hydraulischen Eigenschaften des neu gebildeten Systems von bergbaubedingten Fugen, Rissen und Spalten nicht im Detail bekannt sind und es in der Literatur für Gebiete außerhalb des Saarlandes nur in Einzelfällen belastbare Vorstellungen dazu gibt, muss im Saarkarbon eine die Durchlässigkeit für Fluide (sowohl Wasser als auch Gas) erhöhende aber nicht exakt zu quantifizierende Wirkung zwingend angenommen werden, was möglicherweise u. a. anhand höherer Gasaustritte dokumentiert werden kann. Der Versuch einer Quantifizierung ist nach Wissen des Unterzeichners im Saarland noch nicht vorgenommen worden. Auch die Tatsache, dass eine Schichtenfolge mit gering- bis quasi undurchlässigen Zwischeneinschaltungen durchsickert wird (z. B. die Leittonsteine), beweist diese Annahme. Während bei horizontaler Durchströmung eines Schichtenpakets diejenige Schicht mit der höchsten Durchlässigkeit den Gesamtdurchfluss wesentlich bestimmt, ist es bei der Betrachtung einer vertikalen Durchströmung diejenige mit der geringsten Durchlässigkeit. Die für einen Schichtenkomplex mit unterschiedlich mächtigen und verschieden durchlässigen Einzelschichten resultierende vertikale Durchlässigkeit kann vereinfachend mit folgenden Formeln abgeschätzt werden: kv = kv: m: mi: ki: kmin: mk min: m ⋅ 1 mi ∑ i =1 ki n bzw. kv = kmin ⋅ m mk min resultierende vertikale Durchlässigkeit [m/s] Mächtigkeit des Gesamtschichtenpakets [m] Mächtigkeit der Einzelschichten [m] Durchlässigkeit der Einzelschichten [m/s] Durchlässigkeit der geringstpermeablen Einzelschicht [m/s] Mächtigkeit der geringstpermeablen Einzelschicht [m] Ansätze für eine quantitative Abschätzung der summarischen Durchlässigkeit von natürlichem und bergbauinduziertem Porensystem ergeben sich jedoch unter Hinweis auf das jährlich den Gruben zusickernde und zuströmende hohe Wasservolumen in der Größenordnung von ca. 17,4 Mio. m³ pro Jahr. Alleine diese Zahl lässt die Verpflichtung aufkommen, zumindest die Karbonbereiche, in denen früher Abbau stattfand (zuzüglich eines diese umgebenden Bereichs, in denen Abbauwirkungen eintreten/eintraten) nicht mehr als Grundwassernichtleiter, sondern nur noch als Grundwasserhemmer zu bezeichnen. Eine größenordnungsmäßige Quantifizierung der Durchlässigkeitseigen- GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 14 schaften ist zukünftig (langfristig) mittels numerischem Modell vorstellbar. Dabei spielen für die Durchlässigkeit die Einflüsse von Stratigraphie, Lithologie, Teufe, Durchbauungsgrad und Wassersättigung eine sich gegenseitig beeinflussende Rolle. 5.5.3 Bedeutung von Schächten unter dem hier angesprochenen Blickwinkel An dieser Stelle sei, hier allerdings ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der hydraulischen Relevanz, die Rolle von Schächten in aller Kürze angesprochen. Die RAG führt eine Datei mit Informationen zu Schächten und Stollen, der viele Details entnommen werden können. So sind in dieser Datei neben den Schacht- bzw. Stollenbezeichnungen u.a. Spaltenüberschriften mit Angaben zu den Lagekoordinaten, zur Tiefe, zum Ausbau, zur Verfüllung, dem Alter usw. enthalten. Nicht zuletzt der langen Historie geschuldet, sind leider nicht für alle Bauwerksindividuen Eintragungen vorhanden und auch dann, wenn keine Eintragung vorhanden ist, etwa zur Spaltenüberschrift Verfüllung, kann nicht zurück geschlossen werden, dass es eine solche nicht gibt. Sie ist eben nur nicht oder nicht sicher bekannt bzw. der Kenntnisstand ist (zurzeit noch) nicht in die Datei eingepflegt. Ausbau und Verfüllung können hydraulische Relevanz besitzen. Manche, insbesondere neuere Schächte können im oberflächennahen Bereich zwar recht zuverlässige Abdichtungen durch entsprechenden Verbund des Ausbaus mit dem Gebirge oder durch Behandlung des Gebirges selbst haben (Injektionen, bspw. mit PU). Als Regelfall kann dies aber nicht für die Mehrzahl der insgesamt etwa 2.000 bekannten Schächte und Stollen bezeichnet werden. Grundsätzlich sollte nämlich angenommen werden, dass entweder bedingt durch einen suboptimalen Verbund zwischen Ausbau (Ausmauerung, Holz, Beton usw.) und Gebirge und/oder eine relevante Durchlässigkeit der Verfüllung Schächte eine Schichten durchschlagende Drainagefunktion oder Zusickerfunktion für Hangend- oder Niederschlagswasser haben. Selbst bei solchen Schächten mit nach optischer Einschätzung weitgehend intaktem Verbund zum Gebirge ist, vergleichbar etwa der Situation an abgedichteten Tiefbrunnen, davon auszugehen, dass im Laufe der Zeit entweder durch minimale statische oder dynamische Bewegungen, hydrochemische Lösung oder physikalische Schrumpfungen an der Grenzfläche zwischen Abdichtung und Gebirge Ablösungen in Form kleiner Haarrisse oder Fugen entstanden sind. Wenngleich solche minimalen Inhomogenitäten etwa für statische Fragen ohne nennenswerte Bedeutung sind, muss ihnen aus hydraulischem Blickwinkel je nach weiteren Gegebenheiten eventuell eine Rolle zugestanden werden. Dies gilt selbst bei Öffnungsweiten von 1 mm oder noch deutlich weniger. Das nachfolgende Diagramm veranschaulicht dies deutlich. Es zeigt die äquivalente Gebirgsdurchlässigkeit einer Einzelfuge (Riss, Kluft) in Funktion ihrer Öffnungsweite und einer dieser entsprechenden Aquifermächtigkeit (De Marsily, G.; 1986 [91]): Danach kommt, wie bereits wei- GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 15 ter oben im Text erwähnt, eine solche Fuge mit einer Öffnungsweite von 1 mm bzgl. der Durchlässigkeit etwa einer Schichtmächtigkeit von 10 m Sandstein bzw., was im Saarkarbon noch besser zuträfe, von mindestens 100 m schluffigem Sandstein gleich. Abb. 5.2: Äquivalente Gebirgsdurchlässigkeit einer Einzelfuge (Riss, Kluft) in Funktion ihrer Öff- nungsweite und einer dieser entsprechenden Aquifermächtigkeit (De Marsily, 1986, [91]) Die Konsequenzen aus dieser Betrachtung können modelltechnisch unterschiedlich berücksichtigt werden. Zum einen können sie bei einer großräumlichen Regionbetrachtung nur in Bezug auf die Wasserbilanz Beachtung finden und eine hinsichtlich der Fläche etwa einer statistischen Vergleichsmäßigung entsprechende Beachtung finden. Ihre de facto-Wirkung kann dann möglicherweise über die Kalibrierung der numerischen Berechnungen an die tatsächlichen Messgrößen eingegrenzt werden. Zum zweiten kann bei späteren Ausschnitts- oder Detailbetrachtungen des Modells bei entsprechender Gestaltung des Knotennetzes eine differenzierte Eingabe von Eigenschaften (z.B. von Durchlässigkeiten) für den Ausbau und die Verfüllung vorgenommen werden. In diesem Fall wäre auch etwa die Simulation von Wasserentnahmen in einem Schacht und die Betrachtung der Folgen für das grundwassererfüllte umgebende Gebirge möglich. Da beide Verfahren Vor- und Nachteile mit sich bringen, muss zu gegebener Zeit abgewogen werden, welcher methodische Weg sich als unter Beachtung mehrerer Faktoren als sinnvoll erweist. 5.6 Wie muss man sich die Wassersättigung im Bereich von Hohlräumen vor, während und nach Abbau bzw. dem späteren Wiederanstieg des Gruben- und Grundwassers vorstellen? Da in mehreren Vortragsveranstaltungen offenkundig wurde, dass bezüglich der Wassersättigung im saarländischen Karbongebirge allgemein und über Abbaubereichen speziell erhebliche Unsicherheiten und unrichtige Vorstellungen bestehen und zudem verschiedentlich Literaturstellen nicht korrekt verstanden oder interpretiert werden, erscheinen zur Klärung zunächst einige Erläu- GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 16 terungen angebracht, die anschließend fachlich genauer betrachtet werden. Sie sollen sowohl die Verhältnisse während als auch nach dem Abbau bzw. der Pumpphase beinhalten. 5.6.1 Gebirge gänzlich trocken? So wird an einigen Stellen der im Literaturverzeichnis genannten Publikationen der hohe Eisengehalt im Grubenwasser in der Größenordnung von mehreren Milligramm pro Liter unter anderem damit erklärt, dass der im Gebirge befindliche Pyrit während der ganzen Zeit des Abbaus trocken war und erst mit der Benetzung nach Abschalten der Sümpfungsmaßnahmen dessen Oxidation stattfinden konnte. Diese Hinweise dürfen jedoch nicht so fehl gedeutet werden, dass vor dem Grubenwasseranstieg das Gebirge vollständig staubtrocken gewesen wäre. Alleine schon die während des Abbaus kontinuierlich angefallenen und abgepumpten Wassermengen und die ganzjährig permanente Wasserführung grundwassergespeister Bäche im Karbon sind für eine dagegen stehende Beweisführung ausreichend. 5.6.2 Gebirge komplett wassergesättigt? Auch die häufiger in Diskussionen geäußerte und gänzlich konträre Einschätzung eines vollständig wassergesättigten Karbongebirges, das nur bis wenige Zentimeter hinter die Oberflächen und Wände der unmittelbar an die Wasserhaltung angrenzenden Hohlräume wegen des Trocknungseffektes der Bewetterung nicht gesättigt ist, trifft nicht zu. In solch einem Fall würden schon alleine die in dieser Tiefe herrschenden hohen hydrostatischen Druckverhältnisse eine große Zahl von Rissen, Fugen und größeren Porenkanälen großflächig zu kräftigen „Sprüh- oder Strahllöchern“ werden lassen und innerhalb kürzester Zeit wären die untertägigen Hohlräume wassererfüllt, da die Pumpen die enormen Zustrommengen nicht bewältigen könnten. 5.6.3 Tatsächliche Wassersättigungssituation Generell existieren in den meisten Fällen die ganze Zeit während des Abbaus und der Abpumpphase drei meist übereinander liegende „Wasserspiegel“ im Sinne von Grenzflächen, die eine hundert Prozent-Wassersättigung limitieren. Diese Wasserspiegel können prinzipiell gemessen oder numerisch berechnet und simuliert werden können (so auch mit dem erweiterten Grundwassermodell Saarland). Werden die Pumpen im Zuge des Grubenwasseranstiegs abgestellt, so verschwinden zwei davon nacheinander und nur der dritte bleibt bestehen. Die nachfolgende nichtmaßstäbliche Skizze (Abb. 5.4) zeigt diese Situation in Form eines Vertikalschnitts durch das Gebirge während der Abbau- und Abpump-Phase in stark vereinfachter, schematischer Form im Umfeld eines untertägigen Hohlraums. Das Trockenhalten eines untertägigen Hohlraums im Festgestein funktioniert auch deshalb, weil um diesen bergbaulich geschaffenen Hohlraum der Porenraum im Gestein nur zu einem geringen Teil von Wasser und zu einem größeren Teil ebenfalls noch von Luft bzw. anderen Gasen erfüllt GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 17 ist. Mit zunehmender Entfernung von der Grenzfläche zwischen bergbaulichem Hohlraum und Gebirge nimmt dann allmählich das Verhältnis zwischen wassererfülltem und lufterfülltem Porenraum (der Wassersättigungsgrad) zu, bis schließlich nahezu alle Gesteinsporen nur noch Wasser beinhalten. (Sehr stark idealisierte Beschreibung, u. a. weil weder die Gasphase noch die Wasserphase sich ohne aufwändige technische Maßnahmen restlos aus dem Porenraum entfernen lassen). Bei einer 100%-Sättigung des Porenraumes mit Wasser existiert folglich (grob vergleichbar mit den Gegebenheiten im Kapillarsaum über einem freien Grundwasserspiegel) erstmals eine Grenzfläche mit Vollsättigung, d. h. ein Wasserspiegel, der meist keine horizontale Lage hat. Wasser und Gas behindern sich beim Fließen im Porensystem massiv. Wenn der Sättigungsgrad eines Gesteins in Bezug auf Wasser nur noch etwas über 20 % beträgt, ist das Wasser nicht mehr in der Lage zu fließen und nur die zweite Phase (Luft, Gas) kann dann noch im Porensystem strömen. Umgekehrt gesehen, kann bei Wassersättigungen bis etwas über 20 % das Gas weiterhin ungehindert im Porenraum strömen. Die nachfolgende Abbildung ist in vielfältiger Form in der Literatur enthalten und zeigt, bei welchen Sättigungen Ein- und Zwei-Phasen-Strömung von Luft und Wasser möglich sind (vereinfachte Darstellung für poröses Gestein). Bei 100%-iger Sättigung mit einem Fließmedium hat die relative Permeabilität den Wert 1, bei geringeren Sättigungsgehalten nur noch Bruchteile davon oder den Wert Null. Das rechnerische Produkt der Relativpermeabilität für Wasser und Permeabilität k des Gesteins ergibt die effektive Permeabilität des Gesteins für Wasser in Abhängigkeit von dessen Sättigung: keff,w = k · krw und keff,g = k · krg Abb. 5.3: Abhängigkeit der relativen Permeabilität von der hier aufgetragenen Wassersättigung. Gegenläufig zur Wassersättigung verläuft die Gassättigung. Unterhalb eines bestimmten Sättigungswertes ist lediglich noch eine Phase mobil, während für die andere praktisch noch keine Beeinträchtigung festzustellen ist. Ab einer Sättigung von nur noch etwas über 20 % fließt Wasser nicht mehr, weil es nur noch aus isolierten Vorkommen in den Poren besteht. (SCHEIDEGGER, A., 1974, [93]) GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 18 • Im Zuge des Grubenwasseranstieges steigt im ersten Schritt der freie Wasserspiegel im untertägigen Hohlraum an und letztgenannter füllt sich vollständig mit Wasser. • Sobald der bergmännisch geschaffene Hohlraum (Strecke, Abbaufeld usw.) wassererfüllt ist, beginnt sich die wasserteilgesättigte Zone allmählich zu füllen und schließlich existiert keine teilgesättigte Umhüllung des Hohlraumes mehr. Die beiden unteren Wasserspiegel sind dann nicht mehr vorhanden. • In der Schlussphase des Wasseranstieges verändert sich dann möglicherweise die Lage des oder der durch den früheren Abbau eventuell abgesenkten oder beeinträchtigten Grundwasser-Ruhespiegel/s. Die oben beschriebenen Abläufe beim Grubenwasseranstieg sind zum besseren Verständnis zum einen ergänzend in Form der vier Teilabbildungen in der auf Seite 22 befindlichen Abb. 5.5, zum zweiten als separates, instationäres numerisches Simulationsmodell in einer Vertikalschnittbetrachtung dargestellt worden. Letztgenanntes zeigt in der EDV-Version die Auffüllvorgänge in der Art eines kleinen „Films“ anhand von Potenzialen und Strömungsindikatoren (so genannte Trajektorien, welche die Strömungsrichtung und Strömungsgeschwindigkeit) wiedergeben. Von diesem instationären Modell bzw. dem als Film aufbereiteten Ergebnisoutput sind auf den Seiten 32 und 33 am Ende des Gliederungspunktes 5.6 einige gespeicherte Zwischenzustände in Abb. 5.12 ausgedruckt worden. Die auf den Seiten 23 und 24 dargestellten Skizzen sollen über das oben bereits Erläuterte hinaus gehend beschreiben, dass es für einige Teilbereiche des Saarkarbons noch nicht als restlos sicher und geklärt angesehen werden kann, wie die Strömung zwischen dem im Gebirge befindlichen Grundwasser und den bergmännisch geschaffenen Hohlräumen abläuft. Zwei im ersten Ansatz diametral sich unterscheidende Möglichkeiten bestehen: Erstens: Das in den Hohlräumen (Bruchglocke, Fugen, Risse, Spalten, Schicht- und Bankungsfugen, Störungen und Verwerfungen, Klüfte, Poren) des Gebirges um die Abbaubereiche befindliche Grundwasser kann aus physikalischen Gründen nie gänzlich entfernt worden sein. Es floss schon immer und tut dies weiterhin auch beim Anstieg des Grubenwassers in die bisher trocken gehaltenen bergmännischen Hohlräume und füllt diese allmählich auf, wobei das bergmännische Hohlraumsystem oder Teile davon (z. B. Schächte) wie Gewinnungsbrunnen im Zentrum eines flächig und tiefenmäßig über viele Jahre sich ausgebildeten Absenkungstrichters liegt. In diesem Fall exfiltriert Grundwasser in die Gruben weil das hydraulische Potential der Wasser führenden Schichten oder des Gebirges über demjenigen des Grubenwasserspiegels liegt. Zweitens: Es füllen sich durch relativ schnell möglichen Zufluss von Sickerwasser und Wasser aus oberflächennahen Schichten (über große Zahl von oberflächennahen Stollen und Schächten, aber auch über Vertikalfugen zwischen Schächten/Schachtausbauten und Gebirge sowie über GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 19 verschiedene besser permeable Schichten im Karbon) zunächst die offenen Abbauhohlräume, weil das Gebirge das von oben eindringende Wasser nicht schnell genug aufnehmen kann (z. B. wegen geringer Durchlässigkeit, Abmauerungen von abgehenden Strecken usw.). Auch wenn der Grubenwasserspiegel ein bereits hohes oder gar sein endgültiges Niveau erreicht hat, exfiltriert somit das Grubenwasser nach und nach noch über lange Zeit lateral in das um die Abbaubereiche liegende Gebirge und füllt dort die zugänglichen Hohlräume auf. Folglich steigt das Niveau des Grundwasserspiegels langsamer an als das in den Abbauhohlräumen und die Strömungsrichtung ist insgesamt und im Vergleich zu der im ersten Spiegelstrich beschriebenen Situation in Teilbereichen genau umgekehrt, auch wenn eine gleichzeitige Auffüllung von außen stattfindet. Solche Situationen sind dort, wo durch sehr starken oberflächennahen Abbau die Zusickerung in die Gruben nachweislich deutlich über der zu erwartenden Grundwasserneubildung liegt real. Als Beispiel dafür sei die auf französischer Seite im Warndt liegende Grube Simon genannt. Da, was bereits vor der numerischen Simulation als Normalsituation anzusehen ist, erstgenannte Situation großflächig relevanter ist, steht zu erwarten, dass z. B. bei späterem Anstieg des Grubenwassers der Grundwasserspiegel im Gebirge im und außerhalb der alten Abbaubereiche sich tatsächlich deutlich höher einstellen könnte, womit gebietsweise auch eine grundsätzlich kritischere Gefährdungssituation vorstellbar wäre. Aufgrund der unterschiedlichen Durchlässigkeitseigenschaften des Gebirges innerhalb und außerhalb der Bruchglocke über dem Abbau ergeben sich flachere Absenkungskurven innerhalb und steilere außerhalb der Senkungsnulllinie, vergleichbar etwa den Gegebenheiten um einen Vertikalfilterbrunnen mit dessen Kiesschüttung im Ringraum. Eine Einschätzung mit analytischen Formeln ist kaum möglich, so dass diese mit dem erweiterten Grundwassermodell Saarland als Bewertungsgrundlage vorzunehmen ist. Die beiden Abbildungen auf den Seiten 23 und 24 visualisieren die beiden vorgenannten Möglichkeiten nochmals in Form von schematisierten und vereinfachten Darstellungen (Teilabbildung a: Wasseranstieg durch Infiltration von Grundwasser; Teilabbildung b: Wasseranstieg durch oberflächennahen Zustrom in die bergmännischen Hohlräume; Exfiltration in das Gebirge). Bei zahlreichen Öffentlichkeitsveranstaltungen im Saarland wurden in den Diskussionen nach Vorträgen in der Tat immer wieder Fragen und Behauptungen im oben genannten Sinn formuliert, dass der Grundwasserspiegel nach dem Abstellen der Pumpen von innen nach außen stattfände, es also im Regelfall zu einer Exfiltration von schnell ansteigendem Wasser aus den Grubenhohlräumen in das Gebirge komme und nicht Wasser von außen nach innen ströme. Vielfach wiederholt wurde die damit verbundene, fachlich nicht korrekte Ansicht geäußert, dass das Gebirge über Abbaubereichen trocken sei und es dort keinen Grundwasserspiegel gäbe. Erst im Zuge des Wiederanstiegs des Grubenwassers würde das Gebirge wieder Wasser aufnehmen und der steigende Grundwasserspiegel könne zu Vernässungen und sonstigen Gefährdungen führen. Wiederum wurde als Beispiel die Situation in der warndtnahen Grube Simon hinter der deutschfranzösischen Grenze genannt, wo dies bereits so geschehen und zu beobachten gewesen sei. GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 20 Tatsächlich hat sich die genannte Grube trotz beträchtlichen Abbauhohlräumen nach ihrer Stillegung bzw. dem Beginn des Grubenwasseranstieges im Jahr 2006 rasch, d. h. binnen weniger Jahre mit Wasser gefüllt, während in der weiteren Umgebung der Grundwasserspiegel erst allmählich anstieg. Grund dafür waren aber Besonderheiten im früheren Bergwerk, die andernorts nicht anzutreffen sind. Beim Abbau der teilweise extrem steil stehenden Karbonschichten mit Einfallswinkeln von bisweilen über 80 Grad wurde zu damaligen Zeiten die hydraulisch wirksame Barriere, welche die Karbonschichten nach oben gegen die gut wasserdurchlässigen Schichten des Hauptgrundwasserleiters vor einem ungehinderten Zustrom absichert, verletzt. Diese als Grenzletten bezeichnete und nur wenige Meter mächtige Schicht ist ein alter Verwitterungs- bzw. Bodenhorizont. In der Folge kam es schon während des Abbaus zu enormem Wasserzutritt von oben, so dass der Wasserzutritt in die Grube 60 m³/min erreichen konnte. Der Zufluss zur Grube ist zeitweise größer als die Wassermenge, die das umgebende Gestein aufnehmen kann. Der überlagernde Buntsandstein verfügt wegen seines hohen Porenanteils über eine erheblich höhere Durchlässigkeit als das Karbongebirge. Dieser starke Zustrom ist eine wesentliche Ursache für das schnelle Ansteigen des dortigen Grubenwasserspiegels, als Regelfall für andere Gruben sind die Gegebenheiten jedoch nicht zu sehen und eine Standortübertragbarkeit ist nicht statthaft. In deutlich abgemilderter Ausprägung können solche etwas schnelleren Verfüllgeschwindigkeiten bzw. Wasserspiegelanstiege auch in Gruben vorkommen, in deren Einzugsgebiet zu früheren Zeiten intensiver, unkontrollierter oberflächennaher Kohleabbau stattgefunden hat oder in die an der Erdoberfläche ausgehende oder relativ tief reichende Stollen Niederschläge oder Schichtwässer zuströmen lassen. In solchen früheren Gruben kann die spezifische Wasserhebung über der Grundwasserneubildung liegen, weil der Abbauraum Wasser aus einem deutlich größeren Gebiet erhält als es der auf die Geländeoberfläche projizierten Fläche entspricht. In solchen Fällen ist das während des aktiven Kohleabbaus pro Tonne anfallende Wasservolumen auch überdurchschnittlich hoch, wie dies etwa im Bergwerk Göttelborn der Fall war. Aber auch im Falle des sehr schnellen Grubenwasseranstiegs existiert nicht nur eine Infiltration aus den Grubenhohlräumen in das Gebirge, sondern es findet auch in diesen Fällen gleichzeitig ein Zustrom von Grundwasser von außen statt, so dass sowohl von außen nach innen als auch von innen nach außen der Wasseranstieg abläuft bzw. verursacht wird. Er ist im Verhältnis zum Wasservolumen, welches durch Schächte, Stollen, Schichtverletzungen usw. bevorzugt von oben in die Grubenhohlräume zuläuft, allerdings schwächer und eher schräglateral zu den ehemaligen Abbauhohlräumen gerichtet. Triebfeder des Wasseranstieges ist im Normalfall das Gefälle des Grundwasserspiegels um den Abbauhohlraum. Dabei können Besonderheiten im geologischen Aufbau des Gebirges Ursachen für Zusickerwege sein, die nicht direkt in der Nähe der Absenkungstrichterränder liegen. Dazu zählen beispielsweise Störungen oder höher durchlässige Schichten. Wie die numerische Simulation belegt, kommt es jedoch beim Grubenwasseranstieg nicht zu einer exakt umgekehrten Entwicklung wie beim Anlegen einer Grube, sondern zu einer relativ beständigen Auffüllung der Hohlräume von unten nach oben und einer allmählichen Auslöschung GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 21 des wasserungesättigten oder teilgesättigten Gebirgsbereiches. Die Ränder der Absenktrichter, d. h. die Grenzflächen zwischen gesättigtem und nicht- bzw. nur teilgesättigtem Gebirge um die ehemaligen Abbauhohlräume sind aufgrund der außerhalb des Grenzwinkels sehr geringen Durchlässigkeitsbeiwerte recht steil. Der Einfluss der Entwässerung im Gebirge durch den früheren Abbau war und ist folglich erwartungsgemäß nicht zwangsweise flächig sehr weitreichend und kann sich je nach Gegebenheiten und den vielfältigen Einflussfaktoren durchaus auf Größenordnungen bis zu ein oder zwei Kilometer begrenzen. Geländeoberkante Grundwasser-Ruhespiegel im Hangenden Grenzfläche zwischen Voll- und Teilsättigung Wasserspiegel im Grubenhohlraum Abb. 5.4: Querschnitt durch das Gebirge mit einem bis zum Anstieg des Grubenwasserspiegels trocken gehaltenen Abbau, um den sich ein mit Wasser teilgesättigter Bereich aufgebaut hat, in dem die Sättigung und damit die relative Permeabilität vom Abbauhohlraum nach außen zunimmt, bis sich wieder ein gesättigter Bereich (Grenzfläche ) einstellt. Die ersten Änderungen gehen vom Wasserspiegel im Grubenhohlraum aus ( ), die letzten Änderungen erfährt der Grundwasser-Ruhespiegel im Hangenden ( ). GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 22 Geländeoberfläche Absenkungstrichter oberflächennaher Grundwasserspiegel wassergesättigtes Gebirge Abbauhohlraum mit Wasser-teilgesättigter Umgebung Wasserspiegel an der Grenze zur Vollsättigung Anfangszeit des Bergbaus mit beginnender Ausbildung einer nur Wasser-teilgesättigten Umgebung um den Abbauhohlraum mit Begrenzung nach außen durch einen Wasserspiegel bei Erreichen der vollständigen Sättigung und erster Reaktion des oberflächennahen Grundwasserspiegels Weitere Eintiefung des Absenkungstrichters im oberflächennahen Grundwasserspiegel als Folge des sich in Abhängigkeit von Gesteinseigenschaften, Pumpdauer, Förderrate usw. vergrößernden Wasser-teilgesättigten Bereiches um die Abbauhohlräume im tieferen Gebirge Je nach Gebirgseigenschaften und Abpumpbedingungen kann die in der zweiten Teilabbildung dargestellte Situation entweder dauerhaft bestehen bleiben oder die teilgesättigten Bereiche des Absenkungstrichters und der teilgesättigten Zone um den Abbau vereinigen sich ab einem gewissen Zeitpunkt Nach einer weiteren zeitlichen Etwicklung kann es zur Ausbildung eines flächig großen und bis in die Tiefe der Abbauhohlräume reichenden Absenkungstrichters kommen, der je nach Verzweigung der Abbauhohlräume eine dreidimensional sehr differenzierte Form haben kann Abb. 5.5: Von zahlreichen Faktoren, wie etwa Lithologie, Heterogenität des Gebirges, Pumprate, Tiefe des Abbaus, Zeit usw., abhängige Entwicklung der Grenzflächen Luft - gesättigter Wasserbereich. Gepunktet: wassergesättigtes Gebirge; in Weiß dargestellt: ungesättigtes Gebirge. GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 23 Abb. 5.6 a: Grundsätzliche Normalsituation der Grundwasserverhältnisse beim Grubenwasseranstieg GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 24 Abb. 5.6 b: Standortbezogene Sondersituation bezüglich der Grundwasserverhältnisse beim Grubenwasseranstieg GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 25 Die in den obigen Skizzen vereinfachten zeichnerischen Darstellungen des Grundwasserruhespiegels im Hangenden dürfen nicht so missverstanden werden, als ob es sich tatsächlich um einen durchgehenden Wasserspiegel handelt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass im saarländischen Karbongebirge mehrere hydraulische Systeme im Gebirge über dem Abbau nebeneinander vorkommen: Zum einen sind einige nahezu das ganze Gebirge mit nur geringen und eher unbedeutenden lateralen Versätzen durchschlagende und wahrscheinlich recht steil stehende Klüfte/Verwerfungen/Störungszonen nicht auszuschließen. Sie dürften von erheblicher hydraulischer Bedeutung und hinsichtlich einer im Bezug auf oberflächige Niederschlagsereignisse raschen Zuflussreaktion untertage sein. Zum zweiten ist davon auszugehen, dass es ein untereinander verbundenes System von Rissen, Fugen und Verwerfungen gibt, die zudem auch Anschluss an zwischen gering durchlässigen Schichten befindliche höherdurchlässige Sedimentgesteine haben können und wasserführend sind. Einzelne dieser Strukturen dürften aufgrund ihrer Gestaltungsform (Öffnungsweite, Belag, Länge usw.) hohe Strömungswiderstände darstellen und deshalb weniger Wasser weiterleiten, als ihnen potenziell durch oberflächennahe Versickerung/Grundwasserneubildung zugeführt werden könnte. Sie sind folglich als zeitlich nahezu permanent wassergesättigt anzusetzen. Der Wasserspiegel kann dennoch zwischen den Einzelstrukturen deutlich differieren. Auch lokale Trocken- und Nassinseln im Gebirge sind möglich. Nachweislich existieren im Saarkarbon aber auch tektonische Elemente, die aus mehreren Gründen (z. B. weil sie nicht bis zur Verwitterungsschicht in Oberflächennähe aushalten oder streckenweise aussetzen) dauerhaft staubtrocken sind und für den Zufluss zu den untertägigen Hohlräumen auch während oder nach dem Grubenwasseranstieg keine Relevanz haben. Die nachfolgenden Skizzen in Abb. 5.7 sollen das oben Erläuterte visualisieren. Dazu ist allerdings anzumerken, dass die Situation im Untergrund deutlich komplexer ist und es sich um eine lediglich zu Darstellungs- und Übersichtlichkeitszwecken vorgenommene, nicht real existierende Auftrennung der beschriebenen Gegebenheiten handelt. Eine Überlagerung der drei Skizzenteile würde den tatsächlichen Gegebenheiten im Gebirge sehr viel mehr entsprechen. Der im mittleren Skizzenteil dargestellte Grundwasserspiegel (Absenktrichter) suggeriert, dass er einen durch das Gestein aushaltenden Verlauf wie in porösen Aquiferen hätte, was aber nicht der Fall ist. Die (gedachte) Verbindungslinie zwischen den Wasserspiegelständen in den einzelnen Klüften zeigt lediglich die hydraulische Verbindung im Fugensystem. Zwischen diesen Fugen kann die Gesteinsmatrix weiterhin völlig trocken sein. Diese Anmerkung ist insofern zu beachten, als sie bei der Simulation und Prognose der Grundwasserverhältnisse in Form einer geeigneten Größe der repräsentativen Modelleinheit (Fläche/Volumen) zu beachten ist. Dieses so genannte REV (representative elementary volume) GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 26 muss groß genug sein, um sowohl die kompakt-trockenen Matrixeinheiten als auch die darin befindlichen Klüfte zu beinhalten. Bis in flache Teufen aushaltende grössere Störungszonen mit annähernd permanentem und klimatisch mitbedingtem Wasserzufluss nach untertage sowie schwankendem hydraulischem Potenzial Intensiv vernetztes System von Rissen, Fugen und Sprüngen oberhalb der Abbaubereiche (sogen. „Bruchglocke“) mit mäßig guter hydraulischer Vernetzung und unterschiedlich grossen Absenktrichtern Isolierte Einzelklüfte mit unterschiedlichen Wasserspiegelhöhen sowie Störungen und Sprünge mit eventuell teufenabhängig unterschiedlicher Ausprägung und ohne jegliche Wasserführung bzw. Benetzung Innerhalb der meist feinsandigen, siltigen oder tonigen Sedimentfolge des Karbons existieren vereinzelt auch meist geringermächtige Schichtkomplexe mit aquiferähnlichen Eigenschaften begrenzter Horizontbeständigkeit Abb. 5.7: Wassersättigung im „Grundwasser-Nichtleiter“ Saarkarbon in Abbaubereichen. Die leitfähigen Sandstein- und Konglomeratschichten mit aquiferähnlichen Eigenschaften sind nur vereinfacht dargestellt, ebenso wie die lediglich an tektonische oder abbaubedingte Fugen, Sprünge und Verwerfungen gebundene Wasserführung. In der Realität überlagern sich die in den vier Teilbildern dargestellten Gegebenheiten. Die oben beschriebenen Vorstellungen zur Grundwassersituation im Bereich ehemaliger saarländischer Kohleabbauflächen resultieren aus der Auswertung der Literatur, erfragten Beobachtungen im saarländischen Steinkohlebergbau und im Rahmen der Grundwassermodellierung abzuleitenden Erkenntnissen. Sie dienen neben der Erläuterung und Klarstellung aber auch dazu, spätere mit dem erweiterten Grundwassermodell Saarland eingehende Berechnungsresultate zu beurteilen. Die im linken Teil der Skizze dargestellte Situation des Zuflusses über eine hydraulisch dominante Fuge (Kluft, Verwerfung o. ä.) kann mit dem erweiterten Grundwassermodell simuliert werden, ebenso die im mittleren Skizzenteil beschriebenen Gegebenheiten. Nicht bzw. nicht verlässlich erfasst werden können die im der rechten oberen Bild visualisierten Einzelklüfte ohne nennenswerte Vernetzungen zum übrigen hydraulischen System. Sie können Grund dafür sein, dass trotz noch so großen Erkundungs- und Rechenaufwandes kleinlokal nicht vorhersehbare oder prognostizierbare Auffälligkeiten, wie etwa zeitlich und örtlich begrenzte hohe Wasserführung im Untergrund oder völlig staubtrockene Gebirgsbereiche sein. GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 27 5.6.4 Staubtrockene Karbongebirgsbereiche Wiederholt wurden auch im Saarkarbon, etwa bei tieferen Bohrungen, visuell als staubtrocken bezeichnete Schichten im Untergrund festgestellt. Laboruntersuchungen an Bohrkernen bestätigten in solchen Fällen die äußerst geringen Wassergehalte. Gleichzeitig kann in unmittelbarer Nähe ein erwartet hoher Grundwasserspiegel eingemessen werden. Diese Beobachtungen bestätigen die in den Abbildungen 5.6 a, b (rechte Abbildungsteile) sowie 5.7 dargestellten bzw. interpretierten Situationen eines in Bereichen mit hoher Durchklüftung nur scheinbar durchgehenden Grundwasserspiegels mit zwischen den Klüften/Störungen trockenen Gesteinspartien. Grund für solche weitgehend trockenen Blöcke sind die extrem geringe effektive Porosität und äußerst niedrige Permeabilität des sie aufbauenden Sedimentgesteins. In diesem Zusammenhang stellten sich Fragen, ob bei einem Grubenwasseranstieg das in zu Abbauzeiten trockene Klüfte eindringende Wasser binnen kurzer Zeit auch bisher trockenes Gebirge benetzen kann. Hier sind Vergleiche etwa mit so genanntem WU-Beton (wasserundurchlässiger Beton) zum Verständnis hilfreich, da dieser bezüglich einiger strömungsrelevanter Eigenschaften ähnliche Größenordnungen aufzeigt, wobei einige der natürlichen und diagenetisch stark geprägten Tonsteine im Saarkarbon noch deutlich undurchlässiger sind. Abb. 5.8: Die obige Skizze soll das Verhalten von WU-Beton gegenüber anstehendem Wasser veranschaulichen. Quelle: www.zementol.de (Zugriff im Jahr 2017): Seine Wasserundurchlässigkeit erreicht WU-Beton (bei im Vergleich zu dichten Tonsteinen im Saarkarbon relativ großem Kapillarporenraum bis zu 20%) ab einem Wasser-Zement-Wert < 0,5 und einer Betondicke von mindestens 20 cm. Bei diesen Bedingungen wird auch die Diffusion von Wasserdampf unterbunden. Die maximale Wassereindringtiefe von 7 cm findet im Übrigen unabhängig vom hydrostatischen Druck statt. Bei der in obiger Abbildung dargestellten Feuchteabgabe bzw. Austrocknung auf der Luftseite handelt es sich um den Austrag des Anmachwassers für die Betonherstellung. GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 28 Die nachfolgende Abbildung gibt die mit einem Prüfgas gemessenen Ergebnisse für WU-Beton bezüglich dessen Spezifischer Permeabilitätskonstante und der Spezifischen Diffusionskonstanten wieder. An der Abhängigkeitskurve sind zudem die verschiedenen Wasser-Zement-Werte angetragen. Anzumerken sind zum einen die geringen Absolutgrößen beider Konstanten. Zum zweiten bleibt nochmals anzumerken, dass diese Durchlässigkeit noch über Messwerten liegen kann, die ein natürlicher, diagenetisch stark verfestigter Tonstein, aber auch einige tonige Schluffsteine im Saarkarbon besitzen. Da die Angaben auf der Ordinate des nachfolgenden Diagramms den Spezifischen Permeabilitätskoeffizienten in Bruchteilen der Einheit m2 angeben, die Durchlässigkeitsbeiwerte von geologischen Schichten und Gesteinen meist aber in m/s quantifiziert werden, sei zur Vergleichbarkeit kurz angeführt, dass (vereinfacht) folgende Zusammenhänge bestehen: 10-15 m2 = 1 mD = 10-8 m/s d. h. bei einem Wasser-Zement-Wert < 0,5 erreicht WU-Beton Durchlässigkeitsbeiwerte zwischen ca. 2 bis 10 · 10-11 m/s. Durchlässigkeitswerte in dieser Größenordnung zeigen auch mehrere Untersuchungen, aus denen im Anschluss an das nachfolgende Diagramm beispielhaft eine Ergebniskurve zur Wasserdurchlässigkeit dargestellt wird. Quelle: http://wiki.beton-informationen.de/index.phptitle=Per meabilität (Zugriff im Jahr 2017). Abb. 5.9: Zusammenhang zwischen Spezifischem Permeabilitätskoeffizienten und Spezifischem Diffusionskoeffizienten für trockenen Beton sowie Angaben für Wasser-Zement-Werte entsprechender Betone. GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 29 Abb. 5.10: Wasserdurchlässigkeit von Zementstein in Abhängigkeit von der Kapillarporösität und vom Wasser-Zement-Wert (POWERS, T. C., 1954 [184]) Die Abläufe in wassererfüllten Klüften und Verwerfungen, welche sehr dichte Schichten im Saarkarbon durchschlagen, ähneln in gewisser Weise den oben beschriebenen Vorgängen in WUBeton. Steigt im Zuge des Grubenwasseranstieges der Wasserspiegel in solchen Gebirgsfugen an, so ist die Wassereindringtiefe von der Fuge in das dichte Gestein vernachlässigbar gering und erreicht in dichten Tonsteinen allenfalls wenige Dezimeter und beharrt dann im Maßstab menschlicher Zeiten in dieser Eindringtiefe. Das Wasser steht dann hoch in den Fugen an, die bei ausreichender Vernetzung untereinander hydraulisch kommunizieren und im Wechselspiel zwischen realem und virtuellem Grundwasserspiegel berechenbare Flurabstände zu messen erlauben. Die mittels dreidimensionalem Prinzipmodell erhaltenen Ergebnisse der nachvollzogenen Abläufe zeigen dies in Form einiger ausgewählter Abbildungen nachfolgend zur besseren Visualisierung (Abbildung 5.11 a, b, c). GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 30 Abb. 5.11a, b, c: Querschnitte durch ein dreidimensionales Grundwasserströmungsmodell mit hochdurchlässiger Kluft/Störung in sehr gering durchlässigem Gestein. Darstellung von Schnittbildern. a und b: freier Grundwasserspiegel und Hydroisohypsen (unterer Bildteil); erkennbarer Potentialabbau im Randbereich der Kluft zu den trockenen Gebirgsbereichen. c: Sukzessive vertikale Verfeinerung der Diskretisierung bis in den Zentimeterbereich in den untersten Modellschichten (Pfeil mit Kreis) sowie horizontal mit Annäherung an die Kluft, ebenso abgestufter Übergang der Leitfähigkeit bei der Anfangsparametrisierung zwecks Vermeidung numerischer Probleme. GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 31 Abb. 5.12 (auf den beiden Folgeseiten): Die Teilabbildungen 1 bis 10 stellen die Situation zu verschiedenen Zeitphasen eines mittels instationärem numerischem Strömungsmodell berechneten Grubenwasseranstiegs und damit einhergehenden Wasserfüllung eines untertägigen Hohlraumes im Vertikalschnitt durch das Gebirge dar. Vereinfacht sind zwei Bergwerke mit einer hydraulisch gut leitenden Verbindungsstrecke simuliert. - - - : : Beginn der Wasserfüllung mit Anstieg des Grubenwasserspiegels in beiden Abbauhohlräumen. Bis zum Abschlag des Wassers über die hydraulische Verbindung steigt auch im linken Abbauhohlraum der Wasserspiegel. : Ab diesem Zeitpunkt steigt zunächst nur noch der Wasserspiegel im rechten Abbauhohlraum an, und zwar bis zur vollständigen Füllung. Dabei füllt sich auch die wasserteilgesättigte Umgebung allmählich auf. Der „zweite Wasserspiegel“ verschwindet und das Potenzial im ganzen Bereich des Hohlraumes und dessen Umgebung steigt an. : Der Vorgang wiederholt sich anschließend im und um den linken Abbaubereich, bis auch dort eine vollständige Wasserverfüllung von Hohlraum und Umgebung eingetreten ist. Die farblich durch Dunkelblau charakterisierten Bereiche mit niedrigem hydraulischem Potenzial sind nicht mehr ausgebildet und auch der Zustrom aus dem Liegenden, erkennbar an den in den ersten Teilabbildungen nach oben gerichteten Pathlets (Strömungsindikatoren) existiert nicht mehr. Legende: Blau (-125 m) Grün (-40 m) Gelb Rot (+45 m) (niedrig) (mittel) (hoch) GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 32 GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 33 GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 34 5.7 Fließen im Untergrund/Saarkarbon und im Umfeld von Hoch- und Tiefstellen Im Bereich des früheren Kohleabbaus im Saarland (Gebirge und bergmännisch geschaffene Hohlräume) finden mehrere „Arten“ von Fließvorgängen neben- und nacheinander statt. Diese grundsätzlich richtig zu erfassen, ist für spätere Beurteilungen, Handlungsempfehlungen, Maßnahmen sowie den Aufbau des erweiterten Grundwassermodells Saarland möglicherweise von erheblicher Bedeutung. Die deshalb nachfolgend unter diesem Gliederungspunkt formulierten Erläuterungen sind stark vereinfacht und sollen nicht den Anspruch erheben, die hierfür erforderliche hydromechanische bzw. hydrodynamische Theorie wiederzugeben, sondern sind primär dazu gedacht, im Anschluss an die kurze Erläuterung wesentlicher Grundlagen die konkrete Situation im Saarland verständlich zu machen. 5.7.1 Zufluss zu Grubenhohlräumen über große Sprünge Zunächst gilt es, die meist zur Tiefe hin gerichtete Strömung in größeren Verwerfungen, Klüften und Spalten zu nennen, die in Vorträgen Dritter für die Öffentlichkeit (nicht ganz korrekt, da es sich eigentlich um kein Differenzierungskriterium zu anderen Grundwasserfließvorgängen handelt) häufig als Schwerkraftentwässerung bezeichnet wird, bisweilen auch als Sickerströmung. Tatsächlich sind eine exakte Beschreibung und Zuordnung der Fließvorgänge in solchen tektonischen Elementen nicht ganz einfach und eindeutig vorzunehmen, da sie je nach Ausprägung solcher Fugen entweder mit dem Auslaufen aus einem mit Wasser gefüllten Behälter, der Strömung in einer Kluft oder dem Durchfluss durch ein poröses Medium vergleichbar sind. Dementsprechend ist auch die Anwendung der zutreffenden hydromechanischen oder hydrogeologischen Gesetzmäßigkeiten problematisch, und in der Praxis treffen wahrscheinlich zeitlich und örtlich verschiedene Fließgesetze zu oder es gibt reale Bedingungen, für die keines dieser Fließgesetze wirklich genau trifft. Bei der Schwerkraftentwässerung strömt das Wasser infolge Schwerkraft (potenzielle Energie) in der Fuge/Kluft abwärts in Richtung der Entnahme- oder Auslaufstelle (Grubenhohlraum). Da zur Schwerkraftentwässerung aber sowohl die offene Wasserhaltung als auch vertikale und horizontale Brunnen mit Saug- oder Tauchpumpen gehören, ist die Bezeichnung als Kriterium zur Differenzierung des Fließens wenig geeignet. (Nur) In gewisser Weise ist die allmähliche Leerung oder das permanente Auslaufen von Wasser am Anschluss der Kluft zum untertägigen bergmännischen Hohlraum vergleichbar dem Auslaufen aus einem Behälter und könnte so als Standardaufgabe der Hydrodynamik angesehen werden, so dass es mit Hilfe der Bernoullischen Gleichung bzw. der Torricelli´schen Ausflussgleichung berechnet werden kann. In diesem Fall wäre die Querschnittsfläche der Kluft etwa mit A1 und die ihres Auslaufloches am Bergbauhohlraum mit A2, die Füllhöhe in der Kluft mit h zu bezeichnen. Um die Ausfließzeit t in GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 35 Abhängigkeit von der Füllhöhe zu berechnen, wird noch die Ausfließziffer µ der Auslauföffung benötigt. Dann würde mit der Erdbeschleunigung g (9,81 m/s) gelten: dV = µ ⋅ A2 ⋅ 2 g ⋅ h dt Außerdem ist dV = A1 ⋅ dh Daraus folgt dh A = [ µ ⋅ 2 ⋅ 2g ] ⋅ h dt A1 In der letzten obigen Gleichung enthält die Klammer nur Konstanten. Wird sie zur Vereinfachung mit K bezeichnet, dann gilt die Differentialgleichung dt = dh ⋅ h K Nach Integration von h = 0 resultiert die Auslaufzeit t = 2⋅ h K Je nach Ausprägung solcher Sprünge (Bestege, laterale und vertikale Durchgängigkeit, Füllung usw.) muss jedoch bemerkt werden, dass mit diesem Ansatz eine Abschätzung von Zuflussvolumen, Auslaufzeit und Auslaufgeschwindigkeit nicht ausreichend genau vorgenommen werden kann und weitere oder gänzlich andere Ansätze zu verfolgen sind. In der Hydrogeologie wird für die Quantifizierung der Strömung in Klüften meist das „Kubische Gesetz“ herangezogen, auch wenn dies gerade bei breiten Klüften mit Verfüllung wiederum mehr und mehr ungenau wird und dann das bekannte Darcy-Gesetz zur Beschreibung der Strömung in porösen Medien besser geeignet sein kann. Die bekannten Gesetzmäßigkeiten für die Kluftströmung entstammen meist Laborversuchen, bei denen die Fließrate durch einen Spalt in Abhängigkeit vom hydraulischen Gefälle I gemessen wurde. Für einen Versuch mit eindimensionaler planparalleler Kluftströmung beschreibt das kubische Gesetz folgenden Zusammenhang zwischen der Transmissivität und der Kluftöffnungsweite: T= am3 (mit am als wahre mittlere Öffnungsweite) 12µ In der Realität existieren jedoch selten glatte, sondern oft unebene und raue Klüfte. Für diese gilt die hydraulische Leitfähigkeit gemäß dem Formelansatz K= T a2 = h (mit ah als hydraulische Kluftöffnung; ≠ am) ah 12 µ Eine Strömung, die sich mit diesem eindimensionalen Gesetz beschreiben lässt, wird auch Poiseuille-Strömung genannt. GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 36 5.7.2 Fließverhalten in stark geklüftetem oder porösem Untergrund Die unter der vorangegangenen Lesehilfe-Überschrift genannte Strömung in großen Klüften und Verwerfungen kann bei der Simulation nicht über einen Kontinuum-Ansatz vorgenommen werden, sondern muss jeweils in Individualbetrachtung als Diskontinuum behandelt werden. Es gibt in einem solchen Fall keine räumlich im Gebiet abgreifbare repräsentative Fläche, die standortübertragbar ist. Mittels numerischem Modell kann zwar ein solches tektonisches Lineament in die modelltechnische Diskretisierung eingebunden/eingebaut werden; ohne detaillierte Daten zu dessen Eigenschaften und zur Überprüfung der durchgeführten Annahmen sind jedoch bestimmte Fragestellungen (z. B. Einzugsbereich) nur bedingt belastbar zu prognostizieren. Im Gegensatz dazu wird Gebirge mit porösen Eigenschaften (folglich auch maßgebliche Anteile des Sedimentgesteins des Saarkarbons), aber auch sehr gering permeables Gebirge mit allerdings stärkerer Ausprägung von Fugen (Risse, Bruchglocke über Abbaubereichen, engständige Klüfte) auf der Grundlage des bekannten Darcy-Gesetzes - unter der Voraussetzung eines geeigneten REV - quantitativ beschreibbar gemacht. Für die Modellierung sind darüber hinaus das Massenerhaltungsgesetz und die Zustandsgleichung für Fluide heranzuziehen. Das DarcyGesetz stellt eine Abhängigkeit des Strömungsvolumens Q zu durchströmten Fläche F, zum hydraulischen Gradienten I (Großbuchstabe i) und zum Durchlässigkeitsbeiwert kf her und lautet in der einfachsten Form: Q = kf ⋅ I ⋅ F Es gilt für laminare Fließverhältnisse bei paralleler Strömung, nicht für turbulente. Eine parallele Strömung kann bei relativen Rauhigkeiten unter 0,032 angenommen werden, während oberhalb von 0,032 von nicht paralleler Strömung auszugehen ist. Die relative Rauhigkeit bezeichnet das Verhältnis der mittleren Höhe von Oberflächenspitzen zur doppelten hydraulischen Kluftöffnungsweite. Diese Bedingung ist aber für viele Rahmenbedingungen unter den obigen lithologischen Voraussetzungen gegeben. Dennoch gilt es anzumerken, dass die Genauigkeit der Ergebnisse numerischer Simulationen zunimmt, wenn nicht im Labor bestimmte Werte für die Permeabilität (bzw. Durchlässigkeit) im Darcy-Gesetz Eingang finden, sondern beachtet wird, dass die Werte stark von der effektiven Normalspannung (Differenz zwischen Überlagerungsdruck und im Porenraum herrschenden Fluiddruck) abhängen und im Gebirgsverband grundsätzlich merklich (oft eine bis zwei Zehnerpotenzen) niedriger sind, wie die Ermittlung von Permeabilitätskonstanten im Labor unter Beachtung des Gebirgsdruckes nach WAGNER, J., 1983 [88], zeigt. Grundlage für die diese Quantifizierung waren Versuche mit Stickstoff und eine Auswertung gemäß nachfolgender Gleichung: GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 37 p22 + m& F ⋅ (L − x ) ⋅ pFluid ( x) = η kσ 0 ⋅ R ⋅T i ⋅σ ⋅ 2e eff M pfluid(x): p2: m& F : entfernungsabhängiger Fluiddruck [Pa] Gasdruck am Ende der durchströmten Gesteinslänge [Pa] Massenstrom [kg/s] L: x: η: kσ0: R: T: M: e: i: σeff: durchströmte Gesteinslänge [m] Entfernung in Strömungsrichtung [m] dynamische Viskosität [kg/m s] spezifische Permeabilität bei Gerüstspannung Null [m2] allgemeine Gaskonstante [kJ/kmol K] Temperatur [0C] Molekulargewicht [kg/Mol] Raumdehnung [-] Gerüstspannungs-Konstante [Pa-1] effektive Gerüstspannung [Pa] Die mit Gas ermittelten Permeabilitäten können auf Wasserdurchlässigkeiten umgerechnet werden. Damit wird eine orientierende Vorgabe für die zulässige Bandbreite der Veränderung dieses Eingabeparameters im Zuge der späteren Parametervariation bzw. Sensitivitätsbetrachtung möglich. 5.7.3 Fließen auf der Sohle untertägiger Strecken In den bergbaulich geschaffenen Strecken kann das Grubenwasser derzeit oder in späteren Phasen entweder in speziellen angelegten Rinnen bzw. Kanälen oder aber vollflächig als Gerinne fließen. Als Gerinneströmungen werden im hier interessierenden Sinn Strömungen bezeichnet, bei denen das Wasser unter Schwerkrafteinfluss in einem offenen Querschnitt fließt. Die für die Strömung mit freiem Wasserspiegel und turbulenten Anteilen in offenen Fließgerinnen in der Praxis am meisten verwendete Formel ist die Manning-Strickler-Gleichung. Sie ist stark empirisch geprägt und hat sich aufgrund ihrer guten Genauigkeit bewährt. Sie lautet in der üblichen Form (und Schreibweise): 2 3 vm = k st ⋅ R ⋅ I vm: kst: R: I: 1 2 mittlere Fließgeschwindigkeit [m/s] Rauheitsbeiwert nach Strickler [m1/3/s] hydraulischer Radius [m] Fließgefälle [m/m] bzw. [-] Der Strickler-Beiwert kst ist abhängig von mehreren Einflussfaktoren, unter anderem von der Querschnittsform und Oberflächenbeschaffenheit des Gerinnes. Seine Einheit ist nicht physikalisch begründet, sondern wurde deshalb so festgelegt, damit die Gleichung dimensionsecht ist. In zahlreichen Literaturstellen und Publikationen können teilweise sehr detaillierte und umfangreiche GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 38 Auflistungen für diesen Beiwert zu natürlichen und künstlichen Gerinnen bzw. Kanälen nachgeschlagen werden. Lediglich exemplarisch seien an dieser Stelle typische Fließbettwerte für glatten Beton mit kst = 100 [m1/3/s], ein gerades Fließgewässer mit kst = 30 - 40 [m1/3/s] oder ein stark turbulent fließendes Gewässer mit Geröll auf der Fließsohle mit kst = 10 - 20 [m1/3/s] zur ersten Orientierung angführt. Da Gerinneströmungen sich räumlich und zeitlich ändern können und zudem nach dem internen Fließzustand und der Reaktion auf Randeinwirkungen zu betrachten sind und, - weil Wasserspiegel und Drucklinie identisch sind -, dem variablen Druck auch eine variable Wasseroberfläche entspricht, haben sie einen zusätzlichen Freiheitsgrad, der ihre Analyse wesentlich schwieriger gestaltet als etwa in Rohrströmungen mit vorgegebenem Querschnitt. In den Algorithmen der zur Modellierung hier eingesetzten Software SPRING, mit dem das erweiterte Grundwassermodell Saarland erstellt wurde, können die vorgenannten Fließgesetze und Strömungsarten berücksichtigt werden. 5.7.4 Sind Grubenhohlräume beim Anstieg des Wasserspiegels für das unmittelbar angrenzende Gebirge hydraulisch gesehen Senken oder Quellen? Die Grubenwässer sind großteils auf Zusickerungen aus dem Hangenden und von der Oberfläche zurückzuführen, teilweise aber auch auf laterale Zuflüsse über das Gestein. Auch ist von Übergangssituationen zwischen beiden Fällen auszugehen sowie von Zusickerungen über direkte Tagesöffnungen. Für die Betrachtung der Folgezeit nach dem Grubenwasseranstieg der Bergbauhohlräume sind zwei unterschiedliche Gegebenheiten vorstellbar oder in manchen Bereichen schon real, bei denen der Wasserspiegel im wassererfüllten Hohlraum aufgrund der örtlichen Dominanz der vertikalen Zusickerung im Vergleich zum lateralen Zufluss höher als der Grundwasserruhespiegel in etwas größerer Entfernung steht und solche, bei denen er unter diesem steht. Im erstgenannten Fall kann man von einem Infiltrationstrichter sprechen, im zweitgenannten von einem Entnahmetrichter. Grundwasserruhespiegel und Gruben-/Grubenwasserspiegel werden sich dann jedoch allmählich über längere Zeit gesehen niveaumäßig angleichen. Hinsichtlich der potenziellen (Schad-)Wirkungen unterscheiden sich beide Situationen maßgeblich. Auch wenn Vorab-Bewertungen, was denn nun als Normalfall anzusehen sei, zunächst einfach erscheinen mögen, ist eine belastbare fachwissenschaftliche Aussage bei genauerer Betrachtung unsicher. Zu beachten sind dabei nicht nur die freien Wasseroberflächen, sondern die Potenzialflächen. Der Infiltrationstrichter kann je nach Ausprägung des Grubengebäudes kleinräumliche Wirkung, etwa im Umfeld eines wassererfüllten Schachtes, entfalten oder als größeres Infiltrationsgebiet um einen bestimmten Grubenbereich zu sehen sein. Die Überlagerung verschiedener Einfluss- GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 39 faktoren sind sowohl unter zeitlichem als auch räumlichem Blickwinkel so komplex, dass eine Einschätzung mit analytisch geschlossenen Lösungen (einfache mathematische Formeln) nicht gelingt, sondern nur mittels numerischer Simulation. Die große Erwartungsbandbreite hinsichtlich der Ergebnisse, wie weit und wie lange die Wirkung einer Infiltration andauert, überstreicht Zeiten von wenigen Jahren bis zu mehreren Jahrzehnten und Entfernungen von einigen hundert Metern bis zu mehreren Kilometern. Folglich ist in der Klärung dieser Fragestellung ein weiterer Interessenspunkt der Strömungsmodellierung und gegebenenfalls auch der Schadstofftransport-Modellierung mit dem erweiterten Grundwassermodell Saarland zu sehen, zumal nur so auch geklärt werden kann, ob eine annähernd theoriekonforme radiale Beeinflussung auf die Umgebung ausgeht oder eine sich stark an der Tektonik und anderen lithologischen Eigenschaften des Untergrundes sich orientierende. Auch in diesem Zusammenhang ist der Ansatz eines Diskontinuums sinnvoll. 5.8 Leistungsgrenzen des Strömungsmodells Aufgrund umfangreicher Erfahrungen verschiedener saarländischer Ingenieur- und Gutachterbüros sowie des LUA des Saarlandes hat es sich gezeigt, dass eine der ersten Fragen, nämlich die, ob ein numerisches Grundwassermodell überhaupt im Festgestein des Saarlandes Anwendung finden kann, von einigen Ausnahmen bzw. bestimmten Schichten einmal abgesehen, allseits bejaht wird, sofern eine sinnvolle Maßstäblichkeit Beachtung findet. Als recht sicher und belastbar gilt dies für die Schichten des saarländischen Hauptgrundwasserleiters, d. h. die Kreuznacher Schichten und den Mittleren Buntsandstein. Ohne Einschränkungen kann es auch in den quartären Ablagerungen eingesetzt werden. Aber auch für mehrere der übrigen stratigraphischen Einheiten konnte festgestellt werden, dass es zumindest für orientierende Einschätzung herangezogen werden kann und bei Beachtung der gerade genannten sinnvollen Maßstäblichkeit immer noch weitaus bessere Resultate liefert als Ergebnisse, welche auf geschlossenen mathematischen Lösungen bzw. analytischen Gleichungen fußen. Die Integration von Diskontinuitäten (etwa strömungsrelevanten Verwerfungen) kann dabei die Ergebnisqualität maßgeblich verbessern. Die zeitlich vor Inangriffnahme der Arbeiten zum Erstellen der Erstversion des Grundwassermodells Saarland mit dem LUA und damaligen MUV diesbezügliche ausführliche Diskussion endete folglich eindeutig zugunsten der Realisation. Diese Entscheidung hat sich später anhand der Berechnungsresultate in konkreten Situationen als richtig erwiesen. Viele der in den vorangegangenen Gliederungspunkten beschriebenen fachinhaltlichen Zusammenhänge sind im erweiterten Grundwassermodell berücksichtigt und können dort bei Quantifizierungen und Prognosen Eingang finden. Dies kann auch als Hinweis auf die Leistungsfähigkeit des erweiterten Grundwassermodells Saarland angeführt werden. GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 40 Aufgrund etlicher Unsicherheiten hinsichtlich Existenz, Ausprägung und Eigenschaften singulärer Auffälligkeiten, welche zwingend als Diskontinuum anzusetzen sind und nicht in einem REV beinhaltet sein können, muss andererseits klar sein, dass nicht alle realen Gegebenheiten erfasst und prognostiziert werden können und das Modell mit Vereinfachungen arbeitet. Es ist unter der hier vorgegebenen Zielsetzung und Aufgabenstellung - ähnlich wie viele andere Modelle und unter anderem auch das für die RAG erstellte so genannte „Box-Modell“ der DMT für das Saarland - als hydraulisches Ersatzsystem anzusehen und nicht als dreidimensionales geologisches Detailmodell des Untergrundes einschließlich der bergbaulichen Hohlräume. Ferner handelt es sich um ein Regionmodell, welches nicht zur Lösung von kleinskaligen Detailproblemen gedacht ist, wenngleich es auch für letztgenannte die Voraussetzungen bietet, da z. B. Randbedingungen sehr viel realistischer festgelegt werden können. Aus dem Regionmodell können erforderlichenfalls Teilgebiete ausgeschnitten und weiter verfeinert bearbeitet werden. Es sollte ferner noch angemerkt werden, dass es sich primär um ein Grundwasserströmungsmodell handelt. Zwar können auf Basis dieses Modells prinzipiell auch verschiedene Transportphänomene berechnet werden. Jeder der nachfolgend genannten Punkte stellt aber eine eigene Thematik dar, die bei ihrer Schwergewichtung aufwändig und separat zu betrachten wäre und folglich nicht in gleicher Qualität wie die Strömungsmodellierung Inhalt des erweiterten Grundwassermodells Saarland sein kann: Mehrstoffmodellierung, Kopplung von ungesättigtem und gesättigtem Bereich, Kopplung von Grund- und Oberflächenwasser, Erfassung von Temperatureinflüssen, Modellierung einer dichteabhängigen Strömung, Erfassung diverser geochemischer Prozesse, Modellierung von Zerfallsketten. Schließlich sei erwähnt, dass das erweiterte Grundwassermodell eine andere Zielsetzung als etwa das Boxmodell der Fa. DMT hat und hinsichtlich der Abläufe im Innern der Gruben nicht die gleiche Leistungsfähigkeit besitzt wie letztgenanntes, auch wenn es bspw. Zuflusshöhen und Grubenwasseranstiegszeiten berechnet und größenordnungsmäßig die des Boxmodells bestätigt. 5.9 Ist wiederholtes An- und Abschalten von Pumpen unproblematisch? Durch den Grubenwasseranstieg in den Bergwerken kommt es zu einer Benetzung von Gebirgsbereichen, die über viele Jahrzehnte wasserungesättigt oder teilgesättigt waren. Bindige Bestege (Beläge) auf Klüften und in Verwerfungen können dadurch ihre Eigenschaften massiv verändern. In trockenem Zustand können sie eine Art Mörtelfunktion innehaben und verbinden dann die anstehenden Gesteinsblöcke unter Umständen relativ fest miteinander. Mit zunehmender Durchfeuchtung verlieren sie diese der Stabilität des Gebirgsverbandes zuträgliche Eigenschaft und werden zu Gleitschichten, an denen sich aus unterschiedlichen Gründen aufgebaute Spannungen abbauen, indem es zu Bewegungen kommt. Der Prozess ist in gewissem Maße reversibel. Außerdem bewirkt der Grubenwasseranstieg, dass Gebirgsbereiche unter hydrostatischen Auftrieb gelangen. Näheres zur Thematik Auftrieb wird weiter unten erläutert. An dieser Stelle sei GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 41 zusammenfassend lediglich betont, dass sich durch diese Auftriebskräfte das bis zu diesem Zeitpunkt eingestellte Kräfte- und Spannungsgleichgewicht verändert. Den bisher auf Schollen, Teilschollen, Blöcke und Haufwerk wirkenden Überlagerungsdrücken oder den Drücken infolge ihres Eigengewichtes wirkt dann die nach oben gerichtete Auftriebskraft entgegen und erstgenannte können eine geringere Wirkung entfalten. Es kommt zu einer neuen Kräfte- bzw. Spannungsverteilung, mit der eventuellen Folge, dass etwa untereinander verkeilte oder sich an der Setzungsbewegung nach unten gegenseitig behindernde Gesteinseinheiten sich in Form von Bewegungen räumlich neu ausrichten und anordnen können. Der Wechsel der Kräfte- und Spannungsverteilung kann sich mehrfach wiederholen, wenn das Gestein seine Wassersättigung ändert. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die auf Auftriebskräfte zurückzuführenden Effekte aus mehreren Gründen mit zunehmendem Durchbauungsgrad an Bedeutung gewinnen. Bereits diese kurzen obigen Bemerkungen machen klar, dass wiederholte Wechsel von Wassersättigung (im Zuge des Grubenwasseranstieges) und Teilsättigung/Trockenlegen (im Zuge des Abpumpens) vermieden werden sollten. Dabei ist diese Gefahr nicht in allen Fällen oder grundsätzlich mit dem Ab- und Wiederanschalten der Förderpumpen untertage gleichzusetzen. Sie bezieht sich nicht auf Gegebenheiten, wie sie etwa Anfang 2015 im Bergwerk Ensdorf (14. Sohle bzw. -400 m NN) eingetreten sind, da dort mit dem nach längerer Zeit des Nichtabpumpens und dann folgender Wiederinbetriebnahme der Pumpen keine erneute Absenkung des untertägigen Wasserspiegels im bis dahin schon wassererfüllten Grubengebäude eintrat, sondern lediglich ein weiterer Anstieg unterbunden wurde. Vielmehr sind Situationen gemeint, bei denen es zu Wiedervertiefungen von zuvor teilweise bereits wasserverfüllter und schon abgeflachter Absenktrichter kommt, wie dies in der nachfolgenden Skizze dargestellt ist und möglicherweise - aber nicht nur - als Folge des Versagens von hydraulisch relevanten Verbindungen auf der Hochdruckseite zunächst möglich erscheint. Besonders zu beachten ist in diesem Zusammenhang die räumliche und zeitliche Trägheit des Gesamtsystems Untergrund - Grundwasser: Es können (vgl. Zeitmarker in der Abbildung) Wochen oder Monate vergehen, bis ein mittels Pumpe verursachter positiver oder negativer hydraulischer Impuls in einer etwas größeren Entfernung angelangt, weil die Auffüllung eines Absenktrichters keine exakte Umkehr von dessen Entstehung ist: In größerer Entfernung wird über lange Zeit das Abschalten der Pumpe überhaupt nicht bemerkt und der Bereich mit dem größten hydraulischen Potenzialgefälle wandert unter allmählicher Verringerung des Gefälles weiter nach außen. Eine Sickerlinie wie beim Absenkungsvorgang des Grundwasserspiegels gibt es im Zentrum des Trichters nicht. Im Gegensatz zu den im vorangegangenen Absatz beschriebenen Abläufen gibt es folglich in diesem beschriebenen Fall nicht die Möglichkeit, eventuell sich andeutende oder entwickelnde Schadwirkungen als Folge des Grubenwasseranstieges durch Wiederinbetriebnahme der Pumpen sofort abzustoppen. GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 42 Schacht Grundwasserspiegel 30 24 18 12 6 1 Laufzeit in Monaten Auffüllung des Absenktrichterss Abb. 5.13: Querschnitt durch das Gebirge mit Darstellung eines Schachtes bzw. einer Wasserförderbohrung (blau, linker Rand) und einem nach langzeitiger Entnahme entstandenen, großräumlichen Absenktrichter (in Blau, durchgezogene Kurve). Gestrichelt sind verschiedene Phasen des Wiederanstieges des Wassers bzw. der Auffüllung des Absenktrichters im Zuge des Grubenwasseranstieges eingezeichnet. Die Wiederauffüllung ist keine exakte Umkehr der Ausbildung des Absenktrichters. Die dargestellte Situation könnte unter anderem beim Versagen einer hydraulischen Verbindung sich ergeben, wenn ein ungewollter Anstieg auf der Zuflussseite mittels einer Brunnenbohrung wieder zurückgeführt werden müsste. Der Bereich des größten hydraulischen Gefälles wandert, einhergehend mit der Verkleinerung dieses Gefälles, allmählich nach außen (rote Linien). 5.10 Welche Auswirkungen haben die durch den Grubenwasseranstieg auf das Gestein wirkenden Auftriebskräfte? Bekanntermaßen erfährt ein in Wasser eingetauchter Körper scheinbar eine Gewichtsreduzierung. Diese wird als statischer Auftrieb bezeichnet. Während die Kräftebilanz in horizontaler Richtung Null ergibt, weil die Drücke in gleicher Tiefe identisch sind, herrscht zwischen Ober- und Unterseite des eingetauchten Körpers eine Druckdifferenz. Das Gesetz zur Bestimmung der Auftriebskraft hat schon Archimedes erkannt und formuliert, indem er erkannte, dass die Auftriebskraft gleich der Gewichtskraft der verdrängten Flüssigkeit (bzw. des verdrängten Gases) ist. Es gilt also: GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 43 Oberseite des hier vereinfachend als zylindrisch angenommenen Körpers mit der Pojektionsfläche dA: Unterseite des Körpers: Für die Auftriebskraft gilt: Für die Gewichtskraft gilt: dF1 = ( p0 + z1 ⋅ ρ F ⋅ g ) ⋅ dA dFA = dF2 − dF1 = ( z2 − z1 ) ⋅ ρ Fluid ⋅ g ⋅ dA dF2 = ( p0 + z2 ⋅ ρ F ⋅ g ) ⋅ dA dFKörpergewicht = ( z2 − z1 ) ⋅ ρ g ⋅ g ⋅ dA Der archimedische Auftrieb resultiert aus der Integration der Kräfte dFA über das gesamte Volumen VF des eingetauchten Körpers gemäß FA = ρ Fluid ⋅ g ⋅ ∫ dV Fluid = ρ Fluid ⋅ g ⋅ VFluid V Fluid Die Differenz zwischen dem Gewicht des verdrängten Fluids und dem Gewicht des Körpers, das heißt die resultierende Gesamtkraft, ist dF = dFA − dFK = [ ρ Fluid ⋅ g ⋅ ( z2 − z1 ) ⋅ dA ] − [ ρ Körper ⋅ g ⋅ ( z2 − z1 ) ⋅ dA ] = g ⋅ (dmFluid − dmKörper ) Folglich wächst die Auftriebskraft mit dem Volumen des eingetauchten Körpers und mit der Dichte des Mediums. Diese Auftriebskräfte sind auch im Rahmen des Grubenwasseranstieges von Relevanz, weil sie auf die unterschiedlich großen Gesteinsfragmente wirken und Anlass für Hebungen oder Senkungen sein können. (Zur Betonung sei auch an dieser Stelle die mehrfach in Diskussionen nach Vorträgen geäußerte und nicht zutreffende Ansicht kurz thematisiert, nur bei an die Decken untertägiger Hohlräume angrenzenden Gesteinspartien wirke der Auftrieb: Grundsätzlich erfährt eine massive Stahlkugel von 1 m³ Volumen beim Untertauchen in Wasser den gleichen Auftrieb wie etwa ein aufgeblasener Gummiballon gleichen Volumens. Dass letztgenannter beim Loslassen der Kraft zum Untertauchen heftig aus dem Wasser springt während erstere absinkt, hängt lediglich mit den ebenfalls zu beachtenden Tauch- bzw. Eigengewichten zusammen. Auf die in der Praxis tatsächlich zu berücksichtigende Auftriebserscheinungen im Gebirgsverbund wird aber weiter unten nochmals Bezug genommen). Wenngleich es keine absoluten Zahlenangaben, sondern allenfalls Erfahrungswerte im Bergbau dafür gibt, ab welcher Teufe und ab welchem Betrag des Grubenwasseranstiegs der Auftrieb nachteilige Wirkungen an der Geländeoberfläche entfalten kann, so ist generell jedoch anzumerken, dass die Folgen der scheinbaren Gewichtsverringerung von im Grubenwasser befindlichem Gestein um so unbedeutender wird, je geringer der Relativanteil der wassergesättigten Mächtigkeit zu dem der überlagernden und weiterhin wasserungesättigten Schichtenkomplex ist. Fehlt eine nennenswerte Überlagerung, können sich die unter Auftrieb stehenden Gebirgsteile aufgrund einer ermöglichten inneren Neuausrichtung durch Spannungsumverteilung in ihrer Mächtigkeit merklich ändern (Hebung, aber auch Senkung). Existiert hingegen eine nennenswerte wasserungesättigte Überlagerung, so wirkt insbesondere den potenziellen Hebungstendenzen eine oberhalb des Grubenwasserspiegels weiterhin beste- GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 44 hende und unverändert hohe Kraft bzw. Spannung entgegen (Gebirgsdruck, Überlagerungsdruck, Gewicht einer schlaffen Last). Die Differenz der Kräfte (Auftrieb zur vertikalen Hauptspannung), ist vor und nach dem Grubenwasseranstieg bei Betrachtung eines Volumenelementes im Bereich des wassergesättigten Gesteins dann relativ gleich bleibend. Eine Verringerung der effektiv wirkenden vertikalen Hauptspannung σz kommt auch für einen großen Betrachtungsmaßstab dadurch zustande, dass sich in den Gruben vollständig wassererfüllte Hohlräume befinden und das (annähernd) inkompressible Wasser einen großen Teil der dort anstehenden Vertikalkräfte durch Erhöhung des Druckes aufnimmt. Bisweilen wird die Ansicht geäußert, dass der Einfluss der Wassersättigung zumindest unter dem Blickwinkel des Auftriebs für große Teile des Gebirgsverbundes vernachlässigbar sei, weil andere Einflussfaktoren, auf die an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden muss, in Relation dazu erheblich größere Bedeutung hätten. So könnten etwa Gesteinsblöcke in einer abbaubedingten Bruchglocke, d. h. in einem System feiner Risse und Fugen, auch bei vollständigem Eintauchen in das Wasser aufgrund des geringen Rissvolumens insgesamt nur wenig Wasser verdrängen und die Auftriebskräfte seien folglich minimal. Dies ist jedoch nicht zutreffend. Allenfalls die Wirkung der Auftriebskräfte im Gebirge kann gering sein, nicht jedoch deren absolute Höhe. Diese Begrenztheit der Wirkung kann dort u. a. dadurch bedingt sein, dass im Verhältnis zu den Auftriebskräften bestimmte physikalische Kräfte (im mikroskopischen oder submikroskopischen Maßstab) an den Grenzflächen zwischen Gestein und wassererfüllten Hohlräumen zwar gering sind, dies jedoch nicht für die oft im makroskopischen Maßstab erkennbaren Ursachen für Reibungskräfte zwischen Gebirgsschollen, Gesteinsblöcken oder Gesteinskörnern gelten muss, die durchaus höher als die Auftriebskräfte sein können. Auch Kohäsionskräfte können durchaus von Relevanz sein. Bei der Wasserbenetzung feiner Risse um Gesteinsblöcke o. ä. sind die Auftriebskräfte gleich groß wie etwa auf dem Boden von untertägigen wassererfüllten Strecken, auch wenn in erstgenanntem Fall nicht das dem Gewicht des Gesteinsblockes entsprechende Wassergewicht verdrängt wird. Insofern sind bei der Betrachtung des Gesamtspannungszustandes (mittlere Hauptspannungen σx, σy, σz) im Gebirge auch das Verhältnis vor allem von Reibungs- zu Auftriebskräften und der Porenwasserdruck zu berücksichtigen. Nahe liegend ist aber auch, dass in Gebieten mit sehr intensiver Unterbauung in Form vieler Abbausohlen und bestehender Hohlräume sowie einer anzunehmenden starken Zerrüttung des Gebirges mit vielen Teilschollen, Einzelblöcken, Bruchmassen usw. die Ausprägung und Stärke von Auftriebswirkungen oder die der Wasserbenetzung wahrscheinlich über denen in Gebieten mit geringerer Unterbauung sein können. Auch wenn seitens der Bearbeiter des vorliegenden Gutachtens belastbare diesbezügliche Erkenntnisse und Hinweise in der Literatur nicht in Erfahrung gebracht werden konnten, sollten alleine schon die aus den allgemeinen physikalischen GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 45 Zusammenhängen abgeleiteten Schlussfolgerungen Anlass dafür sein, bei den Gruben mit sehr starker Unterbauung im Kernbereich des Saarbrücker Hauptsattels (beispielsweise Bergwerk Reden) besonderes Augenmerk auf auftriebsbedingte Niveauveränderungen an der Geländeoberfläche in der eventuellen späteren Schlussphase des Grubenwasseranstiegs im Rahmen der Überwachung zu legen. 5.11 Bezug zwischen Grubenwasserspiegel-Niveau und Niveau von GrundwasserleiterSohlschichten sowie tiefen Geländeeinschnitten Wiederholt wurden in der Vergangenheit in Vortragsveranstaltungen, Diskussionen, Gesprächen oder anderen Anlässen Aussagen gemacht, dass hinsichtlich eines Zusammenhangs zwischen Grubenwasseranstieg und Vernässungen/Stoffeintrag infolge des sich dann anschließenden Grundwasseranstieges a) Vernässungen in Oberflächennähe, etwa von Kellern in Gebäuden oder tief eingeschnittener Talbereiche, nicht zu befürchten sind, solange der Grubenwasserspiegel bei oder nach dem Anstieg in einem ausreichend großen Abstand zur Geländeoberfläche gehalten wird. Dies sei etwa der Fall, wenn das Tiefenniveau der Sohle eines Grundwasserleiters oder tiefen Taleinschnittes nicht erreicht wird; b) bei einem infolge Grubenwasseranstieg verursachten Anstieg des Grundwasserspiegels etwa in einem oberflächennahen zur Trinkwassergewinnung genutzten Aquifer mit dem Anstieg des Grundwasserspiegels Salze und Schadstoffe aus den Gruben mit nach oben gezogen werden. Die weiter hinten in diesem Gutachten beschriebenen Differenzierungen und Quantifizierungen in Kapitel 8 sollten unter anderem dazu dienen, nachfolgende und schon vor Durchführung solch detaillierter numerischer Berechnungen formulierbare, grundsätzliche und aus kausalen Zusammenhängen abgeleitete Überlegungen und Richtigstellungen zu bestätigen. Zu a): Leider trifft diese Aussage so nicht zu: Selbst wenn der Grubenwasseranstieg auf einem Tiefenniveau von bspw. -320 m NN gehalten wird, d. h. noch weit unter den in der Region festzustellenden Niveaus von Grundwasserleitersohlen, tiefen Taleinschnitten oder mit Grundwasser gesättigten oberflächennahen Schichten ohne Grundwasserleiterfunktion, kann dies dazu führen, dass der Grundwasserspiegel im deutlich darüber liegenden Gebirge ansteigt, selbst wenn zwischen Grubenwasserspiegel und oberem Grundwasser führenden Gebirge noch mehrere hundert Meter wasserungesättigtes Gebirge liegen. Eine wie oben unter Punkt a) begründete frühzeitige und einfache Entkräftigung hinsichtlich Bedenken vor Vernässungen ist also durch die dort vorgenommene Argumentation fachlich nicht vertretbar. Grund dafür ist, dass die Eintiefung des durch das Abpumpen in den Gruben verursachten Wasserabsenkungstrichters im Gebirge bei einem früher wesentlich tiefer gehaltenen Grubenwasserspiegel viel größer und weitflächiger war als bei einem deutlich flacheren Grubenwasserspiegel und das Verhältnis von GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 46 einem deutlich flacheren Grubenwasserspiegel und das Verhältnis von Grundwasserneubildung zur Wasserweiterleitung in die Tiefe sich zugunsten erstgenannter verschiebt. Dies führt zu einer Erholung in Form eines Wasseranstiegs im oberflächennahen Grundwasserspiegel. Daneben geht mit dem flacheren Absenkungstrichter auch ein merklich geringerer Wasserandrang in den Grubenhohlräumen einher, der seinerseits bedingt ist durch niedrigere Versickerungsmengen infolge kleinerer Versickerungsflächen und gegebenenfalls örtlich kleinerer hydraulischer Druckdifferenzen. Zu b): Der unter obigem Punkt b) vorgenommenen Aussage kann man fachinhaltlich gesehen ebenfalls nicht zustimmen. Bereits unter Bezug auf die im vorangegangenen Absatz zu Punkt a) erläuterten Zusammenhänge wird klar, dass der Grundwasseranstieg in einem flachen, über dem Karbongebirge mit den früheren Gruben gelegenen Grundwasserleiter (bzw. auch in grundwassererfülltem Gebirge ohne Funktion als Grundwasserleiter) der höhere Wasserspiegel nicht durch Zustrom von unten, sondern von oben (Grundwasserneubildung) bedingt ist. Das tiefer befindliche Grubenwasser steht in solchen Fällen nicht in direktem hydraulischem Zusammenhang mit dem Grundwasser im flacheren Gebirge und folglich existiert für diese Wasseranstiegsphasen kein Grund, Versalzungen oder Einträge von Schadstoffen aus den früheren tiefen Gruben bzw. dem Grubenwasser anzunehmen. Diese Triebfeder der Grundwasserneubildung und die daraus in einigen Gebirgs- bzw. Tiefenbereichen resultierende Abwärtsbewegung von Wasser kann im Übrigen mit Einschränkungen, in bestimmten Situationen sogar noch bei tiefenmäßiger Überlappung von Grubenwasserspiegelniveau und oberflächennahem Grundwasserleiter oder grundwassererfülltem oberflächennahen Gebirge gelten. Auch wenn es sich um einen sehr einfach erscheinenden, ersten arbeitsmethodischen Ansatz handelt, trifft die Beurteilung eventueller negativer Auswirkungen des Grubenwasseranstieges auf relevante Grundwasserleiter, Vorfluter und Geländebereiche auf Basis der Überlegung, dass im Falle des Eintretens solcher nachteiligen Veränderungen das Niveau des Grubenwasserspiegels etwa im Tiefenbereich der Aquifer- oder Vorfluter-Sohlen bzw. tiefer Geländeeinschnitte zu liegen kommen müsste, hinsichtlich einiger Aspekte grundsätzlich durchaus zu, auch wenn eine solche Überlegung, wie die Beschreibung einer konkreten Situation an anderer Stelle dieses Berichtes zeigt, nicht alleiniger Gesichtspunkt sein kann, da sich infolge der Veränderung im Grubenwasserspiegel auch Veränderungen im Grundwasserspiegel zeigen könnten. Deshalb ist ergänzend zu diesem Ansatz ferner zu betrachten, ob infolge des flacheren Absenkbereiches im Grundwasser sowie eines gehemmten oder sich nachteilig auswirkenden veränderten Zustroms oberflächennahen Wassers (Grundwasser oder Sickerwasser) in den tieferen Untergrund eine solche potenzielle Ursache ebenfalls für Beeinträchtigungen in Frage kommt. Auch indirekte Reaktionen, wie etwa durch Quellen bindiger Bestege sich abdichtende Klüfte und Verwerfungen und dadurch bedingte Aufhöhungen des sich neu einstellenden Grundwasserspiegels bei wie bisher gleich bleibend hoher aber nun am lateralen unterirdischen Abfluss gehinderter Grundwasserneubildung gilt es, eventuell zusätzlich in die Beurteilung Eingang finden zu lassen. GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 47 Weitere reale Phänomene, wie etwa in geeigneten Hohlräumen sich einstellende große kapillare Steighöhen im zweistelligen Meterbereich werden eine in Relation dazu in der Regel wohl zu vernachlässigende Bedeutung haben, zumal die kapillare Steighöhe zwischen zwei Platten (als solche sind auch oft als schmale Fugen ausgebildete Sprünge und Verwerfungen anzusehen) lediglich halb so groß ist wie die in kreisrunden Röhren. In den westlichen und nordwestlichen Gebieten der innerhalb oder in der Nähe der ehemaligen Abbaubereiche im Saarland liegenden und großteils wasserwirtschaftlich genutzten Aquifere liegt deren Sohle etwa im Tiefenniveau von +50 m NN. Die Höhenniveaus der tiefsten Taleinschnitte und Stollen liegen etwa im Höhenniveau von +180 m NN. Damit ist unter dem im ersten Absatz genannten Beurteilungskriterium eine erste Verdachtsentkräftung für die später zu betrachtende Grubenwasseranstiegs-Phase Eins - Anstieg auf das Tiefenniveau von -320 m NN - möglich. - Eine Einschätzung unter den im zweiten Absatz genannten Kriterien steht aber noch aus und kann durch einfache logische Überlegungen auch nicht vorgenommen werden. Das Heranziehen konventioneller analytischer hydrogeologischer Methoden kann bei bestimmten geologischen Konstellationen durchaus noch zum Ziel führen. Die hydraulischen Abläufe bei schwierigen Untergrundgegebenheiten einzuschätzen, bleibt aber der numerischen Simulation vorbehalten, mit der unter Umständen auch unter Einbezug von hydraulisch dominanter Heterogenitäten (Diskontinuum-Ansätze bei singulären Ausprägungen, wie etwa großen Sprüngen) Sensitivitätsbetrachtungen, Worst-Case-Situationen und Prognosen zumindest in der Qualität einer quantifizierten Abschätzung durchgeführt werden können. - Die Beantwortung dieser letztgenannten Frage ist folglich Inhalt der Anwendung des erweiterten Grundwassermodells Saar. In den folgenden Teilen der Abbildung 5.14 (Abbildungsunterschrift am Ende der Teilabbildungen) werden verschiedene fiktive Grubenwasserniveaus mit der Sohle des Grundwasserleiters verglichen und das Ergebnis grafisch dargestellt. Dort repräsentieren die transparent magentafarbenen Flächen, die Gebiete des Hauptgrundwasserleiters, die unterhalb eines in dem jeweiligen Szenario angenommenen Grubenwasserspiegel liegen. Es handelt sich also nicht um die Grundwasserspiegel, für die die Berechnungsergebnisse weiter hinten in diesem Gutachten dokumentiert werden! GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 48 Hauptgrundwasserleitersohle < -320 m NN Hauptgrundwasserleitersohle < -200 m NN GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 49 Hauptgrundwasserleitersohle < -100 m NN Hauptgrundwasserleitersohle < 0 m NN GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 50 Hauptgrundwasserleitersohle < 100 m NN Hauptgrundwasserleitersohle und GOK < 190 m NN Abb. 5.14: Kennzeichnung der Flächen (in schwachem Rotton), auf denen die Sohle des Hauptgrundwasserleiters unter den Niveaus (von oben nach unten) von h = -320 m NN, -200 m NN, 100 m NN, 0 m NN, +100 m NN und +190 m NN liegt. Der unteren Abbildung sind die Flächen mit einer Geländehöhe < 190 m NN überlagert (violettfarben bzw. blau). Dargestellt sind auch die Wasserschutzzonen II sowie der Umriss des Grundwassermodells Saarland. GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 51 5.12 Ist eine einfache Begründung eines Gemeinschadens alleine schon aufgrund einer zu erwartenden Versalzung des Grundwassers im Karbongebirge möglich? Der an dieser Stelle nur kurz und ohne die an anderer Stelle im Gutachten ergänzte fachliche Begründung behandelte Punkt greift in mehreren öffentlichen Diskussionen geäußerte Beiträge auf, durch den Anstieg des Grubenwassers resultiere eine großflächige Versalzung des Grundwassers im Karbongebirge. Da eine qualitative Verschlechterung des Schutzgutes Grundwasser, und zwar auch des wasserwirtschaftlich nicht genutzten, nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie nicht statthaft ist, ließe sich daraus auch ohne detaillierte weitere Betrachtungen ein Gemeinschaden ableiten. Anders als eventuelle und eher nur lokale Beeinträchtigungen der Grundwasserqualität durch verschiedene anthropogene Stoffe können geogene Stoffe (Salze) aus verschiedenen Gründen größere flächige Wirkungen entfalten. Bezüglich des inhaltlich in der WRRL unter anderem aufgenommenen qualitativen Verschlechterungsverbotes für das Grundwasser bleibt für das Karbongebirge für solche geogenen Stoffe (Salze) festzustellen: Die großen Durchflussmengen von Wasser in den Gruben entstammen lateralem Zustrom und vertikaler Versickerung von Niederschlägen. Beide Wässer sind erheblich niedriger mineralisiert als das ohne den bzw. vor dem Einfluss von Bergbau in den Schichten, Klüften, Fugen und Spalten natürlicherweise befindliche konnate Grundwasser im Karbongebirge. Dies dokumentieren z. B. Untersuchungen auf geogene Salzgehalte in ca. 40 untertage entnommenen Wasserproben an den Stellen ihres direkten Zuflusses in verschiedenen Saargruben (JENAL, 1983 [158]). Einige dieser untertägigen Zulaufwässer sind erst während ihres Sickerweges von der Tagesoberfläche bis zur Auslaufstelle in der Grube mit Salzen aufkonzentriert worden. Dabei stand ihnen nicht einmal größenordnungsmäßig die Verweilzeit im Gebirge zur Verfügung, welche Wässer ohne den Einfluss des früheren Abbaus im Karbongebirge haben, so dass bei letzt genannten in der Regel von weit höheren Lösezeiten und daraus folgenden Aufkonzentrationen auszugehen ist. Der während und nach einem Anstieg sich einstellende Hydrochemismus des Grubenwassers mit seinen relativ zum unbeeinflussten Gebirge niedrigeren Konzentrationen wird folglich langfristig in seinem hydraulischen Wirkungsbereich prinzipiell eher zu einer Verringerung der dortigen Salzgehalte führen und nicht zu einer im Vergleich zur früheren natürlichen Situation ohne Bergbau angenommenen Aufkonzentration. Eine qualitative Verschlechterung des Karbongrundwassers im Sinne der WRRL ist folglich nicht generell und großflächig zu erwarten oder ohne nähere Untersuchung grundsätzlich anzunehmen. Der Vergleich von Konzentrationen in Wässern mit vermutlich langer Verweilzeit in untertägigen Fugen mit gemessenen oder prognostizierten Konzentrationen im ansteigenden Grubenwassers zeigt, dass dies auch für die hinsichtlich mancher Salze/Ionen (z. B. Eisen, Sulfat usw.) gerade in der Anfangszeit nach des Grubenwasseranstiegs (etwa nach Pyritoxidation) hohen Grubenwasserkonzentrationen gilt. Dennoch bleiben Einzelbetrachtungen zu empfehlen. GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 52 5.13 Betrachtung der ökologischen Gesichtspunkte einer dauerhaften Aufrechterhaltung des Pumpenbetriebes in den Gruben Etwaige CO2-Bilanz der im Bergbau eingesetzten Pumpen während ihrer Lebensdauer Vor Beginn des Grubenwasseranstiegs zur Trockenhaltung im Saarkarbon eingesetzte Wasserhaltungspumpen: • • • • • • ZWH Camphausen: 1 Tauchpumpe mit 1000 kW, ZWH Luisenthal 2 Tauchpumpen mit je 90 kW, ZWH Viktoria 1 Tauchpumpe mit 520 kW, ZWH Reden 4 Stück Tauchpumpen mit je 2,3 MW für Wasserhaltung 1 und 3 Horizontalpumpen mit je 1,6 MW für Wasserhaltung 2 sowie 3 Tauchpumpen als Vorpumpen mit je 100 kW, ZWH Duhamel 2 Horizontalpumpen mit je 1 MW sowie 2 Ständerpumpen als Vorpumpen mit je 37 KW. Die Pumpen laufen, von Kontroll- und Wartungsarbeiten abgesehen, entweder permanent oder während des Großteils des Jahres. Wie die nachfolgende Abbildung zeigt, muss man sich Leistung und Größe der im Bergwerk Reden später eingebauten Pumpen in anderen Dimensionen als in Brunnen von Wasserversorgungsunternehmen im Saarland vorstellen: Die Höhe der größten Pumpe erreicht ca. 17 m. Es handelt sich um Einzelanfertigungen, für die ein siebenstelliger Preis anzusetzen ist. In Deutschland wird noch immer der größte Teil der elektrischen Energie aus Kohle gewonnen. Die hier vorgenommene Bilanz fußt auf den vereinfachten Annahmen von 916 g CO2-Ausstoß pro kWh Strom unter Einsatz von ca. 250 g Kohlenstoff (entsprechend ca. 312 g Flammkohle mit ca. 80 % Kohlenstoffgehalt; Atom-/Molekülmasse Kohlenstoff: 12,01; Sauerstoff: 16; CO2: 44,01) und 666 g Sauerstoff in einem saarländischen Steinkohlenkraftwerk. Bei Bilanzierung unter Bezug auf andere Energiegewinnungsarten (Gaskraftwerke, erneuerbare Energien, Kernkraftwerke usw.) sind höhere oder geringere CO2-Mengen als Ausstoß für die Gewinnung von einer kWh Strom anzusetzen. Bei einer Lebensdauer von ca. 50.000 Betriebsstunden einer jeden der oben genannten im Saarbergbau zur Trockenhaltung der untertägigen Hohlräume eingesetzten Pumpe und deren Gesamtleistung von 17,074 MWh lässt sich ein CO2-Gesamtausstoß von rund 781.989 t abschätzen! Etwaige CO2-Bilanz eines Autos (Pkw) nur durch Fahrbetrieb während seiner Lebensdauer Bei vereinfachten Annahmen mit Lebensdauer von 12 Jahren bzw. 180 Tkm und CO2-Ausstoß von 132 g/km (entspricht Verbrauch von ca. 5,5 l Benzin pro 100 km bzw. ca. 5.0 l Diesel/100 km bei einer CO2-Entstehung von rund 2,33 kg pro Liter Benzin bzw. rund 2,64 kg pro Liter Diesel): Ca. 23,76 t. Vergleichsbetrachtung Damit kommt der CO2-Ausstoß für die Erzeugung der Energie zur Trockenhaltung eingesetzten Pumpen während ihrer Lebensdauer von nicht ganz 6 Jahren etwa der zum Betrieb von 32.900 GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 53 Pkw mit einer Lebensdauer von ca. 12 Jahren gleich, was offenkundig macht, dass eine ökologische Betrachtung eines weiterhin und als dauerhaft beabsichtigten Pumpenbetriebes nicht nur Feigenblattcharakter hat. In 12 Jahren würde der CO2-Ausstoß für die Energieerzeugung der Pumpen etwa dem von rund 65.000 Pkw gleichkommen, was etwa 10 % der Pkw im Saarland entspräche (Quelle: https://de.statista.com; Pkw im Saarland im Jahr 2016: 615.611). Abb. 5.15: Tauchpumpe vor ihrem Einbau im Bergwerk Reden (Quelle: http://www.bergbauunser-erbe.de/was-sieht-das-grubenwasserkonzept-vor/) GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04 Fachgutachtliche hydrogeologische Beurteilung des Grubenwasseranstiegs in bergbaubedingten untertägigen Hohlräumen nach Einstellen des Kohleabbaus im Saarkarbon Projekt-Abschlussbericht - Proj.-Nr. LV 03 04 15, erstellt für das Oberbergamt des Saarlandes Kapitel 5 / Seite 54 Weitere ökologisch relevante Aspekte So lange in der Bergbaunachfolgezeit die untertägigen Hohlräume durch Betrieb der Pumpen trocken gehalten werden, findet eine deutlich intensivere Durchströmung und Durchsickerung mit Wasser statt als ohne Pumpenbetrieb, angetrieben durch technische Aufrechterhaltung eines hohen hydraulischen Gradienten. Dieses unnatürlich starke Strömungsregime unterscheidet sich von dem in der Zeit vor Beginn des Kohleabbaus sehr wesentlich. Das ursprünglich als Grundwasser-Nichtleiter bzw. Grundwasser-Geringleiter zu bezeichnende Karbongebirge erlaubt nun relativ gute hydraulische Verbindungen zwischen oberflächennahen und tiefen Gebirgsteilen. Große Wassermengen mit hydrochemisch im Vergleich zu Zeiten vor Beginn des Kohleabbaus im Saarkarbon stark veränderten Eigenschaften durch geogene oder anthropogene Stoffe werden in die Oberflächengewässer gefördert. Im Falle des dauerhaften Weiterbetriebes der untertägigen Pumpen sind mit den oben genannten und implizit darin enthaltenen weiteren Nachteilen auch einige Vorteile verbunden, insbesondere das Ausbleiben konvektionsbedingter Durchmischung und der Entfall einer vollständigen Wasserbenetzung kritischer in der Grube verbliebener Schadstoffe. Möglicherweise nachteilig beim dauerhaften Betrieb der Pumpen ist, dass es nicht wie im wassererfüllten Bergwerk die auf lange Sicht zu erwartende, sich verringernde Auslaugung von geogenen Salzen im Untergrund gibt. Auch eine Deaktivierung tiefer Zuflüsse durch „Abdrücken“ (hydraulisch bzw. potenzialbedingt) ist mit dem Grubenwasseranstieg möglich, jedoch kaum im trocken gehaltenen Untergrund. Im wassererfüllten Untergrund ist es je nach tatsächlichen Gegebenheiten ferner möglich, dass ein weiterer Teil des Salzaustrages entfällt, der bei permanenter Wasserhaltung in die Vorfluter gepumpt wird, weil die Wässer mit hoher Dichte im Hohlraumtiefsten des Gebirges verbleiben. Die vor dem Kohleabbau bestehende natürliche oberflächennahe Grundwassersituation mit höheren Grundwasserständen in tiefen Tälern und die damit einhergehenden ökologischen (Fauna, Flora) und klimatischen Vorteile kann sich bei einer dauerhaften Wasserhaltung ebenfalls nicht mehr einstellen. Hier muss allerdings abgewogen werden, ob dies wirklich ein Nachteil wäre, da es in solchen Gebieten durch frühere Nichtbeachtung der streng genommen nicht gegebenen Bebaubarkeit auch den nun bestehenden Baubestand zu schützen gilt. Die o. g. ökologischen Aspekte sind nur exemplarisch kurz angesprochen und auf weitere Beispiele wird hier nicht eingegangen. GGF Grundwasser- und Geo-Forschung GmbH, Prof. Dr. Jürgen Wagner, 66538 Neunkirchen, An der Alten Ziegelei 6, Tel.: (06821) 86 54 04