TU München Prof. P. Vogl Mathematischer Vorkurs für Physiker WS 2009/10 Musterlösung+Ergänzungen Mittwoch Vormittag Beispiel 1: Gegeben sei die gewöhnliche Differenzialgleichung für (), ̇ = () () = − Es bedeutet ̇ = . Diese DGL beschreibt Rostfraß. Es möge die Anfangsbedingung gelten (0) = 1. Skizzieren Sie grob die Lösung für 0. Was gilt für große Zeiten? Lösung: Die Gleichung ist homogen, also folgt () = exp () Z () = () = −− () = exp(−− ) Wegen (0) = −1 = 1 gilt = , also () = exp(1 − − ) Für große Zeiten geht die Funktion gegen e=2.718. Sie steigt monoton von 1 auf diesen Wert. Beispiel 2: Gegeben sei die gewöhnliche Differenzialgleichung für (), 0 + 1 = 3 Bestimmen Sie die allgemeine Lösung. Lösung: Für die homogene Gleichung gilt 1 () = − () = 0 () = 1 = 0 Die Lösung der inhomogenen Gleichung ist daher Z −1 = − ln Z Z 1 1 1 − ln 3 ln = 0 + = 0 + 5 4 1 1 1 = 0 + = 0 + 5 5 Beispiel 3: Gegeben sei die gewöhnliche Differenzialgleichung für (), 0 = 2 + 35 Bestimmen Sie die allgemeine Lösung 1 4 Lösung: Für die homogene Gleichung gilt 0 = 2 = 0 () () = 2 = 0 2 Die Lösung der inhomogenen Gleichung ist daher Z 1 2 2 = 0 + 35 −2 = 0 2 + 32 3 = 0 2 + 5 3 Beispiel 4: Ein Stromkreis enthält eine Spule mit Induktivität und einen Widerstand . Bestimmen Sie die Stromstärke (), wenn eine Gleichspannung = 0 anliegt. Als Anfangsbedingung gelte (0) = 0 . Die Gleichung für die Stromstärke lautet ˙ + () = () () oder ˙ = − () + 1 () () Was bedeutet physikalisch die Lösung für = 0? Was gilt für große Zeiten? Hängt dieses Ergebnis vom Anfangsstrom ab? Lösung: Die homogene DGL hat die Lösung hom () = − Das beschreibt das exponentielle Abklingen der Stromstärke bis zum Wert Null nach dem Abschalten der Spannungsquelle. (a) Eine partikuläre Lösung ist Z 0 0 0 part () = − = − = Damit ist die Lösung mit der Anfangsbedingung () = 0 0 −( − 0 )− Unabhängig von 0 strebt () → 0 . Beispiel 5: Finden Sie die allgemeine Lösung der DGL 2. Ordnung 00 − 6 0 + 5 = 0 Lösung: Charakteristische Gleichung 2 − 6 + 5 = 0 1 = 1 2 = 5 Daher allgemeine Lösung () = 1 + 2 5 2 Beispiel 6: Finden Sie die allgemeine Lösung der DGL 2. Ordnung 00 − 4 0 + 4 = 0 Lösung: Charakteristische Gleichung 2 − 4 + 4 = 0 1 = 2 2 = 2 Daher allgemeine Lösung () = (1 + 2 )2 Beispiel 7: Finden Sie die allgemeine Lösung der DGL 2. Ordnung 00 − 6 0 + 34 = 0 Lösung: Charakteristische Gleichung 2 − 6 + 34 = 0 1 = 3 + 5 2 = 3 − 5 Daher allgemeine Lösung () = 3 (1 cos 5 + 2 sin 5) Ergänzung 1: Ein Stromkreis enthält eine Spule mit Induktivität und einen Widerstand . Bestimmen Sie die Stromstärke (), wenn eine Wechselspannung = 0 cos anliegt. Als Anfangsbedingung gelte (0) = 0 . Lösung: Die DGL lautet ˙ = − () + 1 () () Die homogene Lösung haben wir bereits betrachtet, hom () = − Es gibt mehrere Lösungswege, um eine partikuläre Lösung zu finden. Am einfachsten setzt man = 0 = 0 (cos + sin ) und betrachtet nur den Realteil der Lösung. Dann ist eine partikuläre Lösung Z 1 0 (+ ) + − + − + = 0 (cos + sin ) = 0 2 2 ( + ) (− + ) + 2 0 0 Re part () = ( cos + sin ) = √ cos( − ) 2 2 2 + 2 2 + 2 = arctan 0 − part () = = − 3 Dabei haben wir das Additionstheorem benützt und die Tatsache, dass sin2 +cos2 = 1.und wir daher schreiben können = cos + 2 = sin 2 2 + 2 cos( − ) = cos cos + sin sin 2 2 Es gibt noch einen anderen Lösungsweg. Wenn die DGL von der Form ist 0 () = () + () mit konstantem , und () von der Form () () () sin + () cos (() () Polynome) ist, so führt ein Ansatz vom Typ () mit unbestimmten Koeffizienten oft am schnellsten auf eine partikuläre Lösung. Im konkreten Fall geht man mit dem Ansatz part () = 1 cos + 2 sin 1 2 ∈ R in die GDG und findet (1 + 2 ) cos + (2 − 1 ) sin = 0 cos Der Koeffizienzenvergleich 1 + 2 2 − 1 = 0 = 0 liefert das gleiche Ergebnis wie vorher. Somit gilt 0 cos( − ) () = − + √ 2 2 + 2 Für große Zeiten - in der Praxis nach der Einschwingzeit - mißt man nur noch den gegen () phasenverschobenen Wechselstrom der gleichen Frequenz. Ergänzung 2: Die Lösung der inhomogenen linearen GDG 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten erfolgt ebenfalls mit der Variation der Konstanten. Die vollständige allgemeine Lösung der inhomogenen DGL 00 + 0 + = () ist () = part () + hom () = part () + 1 1 () + 2 2 () Beispiel: 00 − 6 0 + 5 = ln 1. Schritt: homogene DGL: 1 () = 2 () = 5 2. Schritt: Ansatz part () = () + ()5 mit der Zusatzbedingung 0 () + 0 ()5 = 0 Eingesetzt in die GDG ergibt das 0 00 = 0 + + 0 5 + 55 = + 55 = 0 + + 50 5 + 255 Daraus folgt 0 + + 50 5 + 255 −6( + 55 ) + 5( + 5 ) = ln 4 was vereinfacht gibt 0 + 50 5 = ln Dies ergibt 2 lineare Gleichungen für 0 und 0 , mit der Lösung 1 0 () = − − ln 4 1 −5 0 () = ln 4 Da es zu diesen Funktionen keine elementaren Stammfunktionen gibt, kann man die Lösung nur als Integral schreiben: Z Z 1 1 − ln + 5 −5 ln part () = − 4 4 5 Lösen Sie mit Mathematica folgende Aufgaben. Benützen Sie dazu das eingebaute Hilfesystem 1. Berechnen Sie die 3. Ableitung der Funktion f = xn sin nx und verwenden Sie die Mathematica-Funktion Simplify, um das Resultat möglichst einfach darzustellen. In[3]:= Out[3]= In[4]:= Out[4]= Dxn Sinn x, x, 3 3 1 n n2 x2n Cosn x n3 xn Cosn x 2 n 1 n n x3n Sinn x 3 n3 x1n Sinn x Simplify n x3n n x 3 n 3 x2 Cosn x 2 3 n n2 1 3 x2 Sinn x 2. Integrieren Sie die Funktion 1 1 - bx2 ) unbestimmt. Wie sieht die Stammfunktion für b>0 aus? In[14]:= Integrate1 1 b x2 , x ArcTanh b x Out[14]= b ArcTanh In[15]:= b x Fktb_, x_ : b In[23]:= PlotFkt1, x, x, 2, 2 3 2 1 Out[23]= -2 -1 1 2 -1 -2 -3 3. Berechnen Sie das unbestimmte Integral x + x und führen Sie eine Reihenentwicklung (Taylorreihe) für x gegen Null bis zur Ordnung x2 durch. zeigen Sie, dass der erste Term proportional zu x54 ist In[24]:= Integrate 1 Out[24]= 12 x x , x x x 3 2 x 8 x 1 8 Log1 2 x 2 x x 2 Uebung_Mathematica_ML.nb In[25]:= Series, x, 0, 2 4 x54 Out[25]= 5 2 x74 Ox94 7 4. Die Beschleunigung eines KFZ ist abhängig von der Geschwindigkeit V, Masse m, Antriebskraft FA(V), Rollwiderstand FR und Luftwiderstand FL(V). V wird hier in Einheiten m/s angegeben, die Masse in kg, und die Kräfte in N. m d V dt = FA(V) - FR - FL(V) Ein VW Käfer aus 1972 hat die Daten m=1130, FR = 135, FA(V) = 1537.4 - 1.4108 (V - 252 für 10 < V < 47 , FL(V) = 1.1770 cw V 2 , wobei der cw = 0.45 ist. Dies ergibt die DGL d V dt = 0.4608 + 0.06242 V - 0.001717 V 2 Lösen Sie das Anfangswertproblem V(0) = 100 km/h und bestimmen Sie die Höchstgeschwindigkeit sowie die Beschleunigungszeit von 100 km/h auf 150 km/h. In[31]:= N100 1000 3600 Out[31]= 27.7778 In[32]:= N150 1000 3600 Out[32]= 41.6667 In[63]:= s NDSolvey 'x 0.06242 yx 0.001717 yx2 , y0 27.7778, y, x, 0, 210 Out[63]= y InterpolatingFunction0., 210., In[64]:= Tableyi . s, i, 0, 210, 10 Out[64]= 27.7778, 31.1947, 33.3953, 34.7069, 35.4527, 35.8656, 36.0908, 36.2126, 36.2782, 36.3134, 36.3323, 36.3424, 36.3478, 36.3507, 36.3523, 36.3531, 36.3536, 36.3538, 36.354, 36.354, 36.3541, 36.3541 In[60]:= N36.354 3600 1000 Out[60]= 130.874 Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 130 km/h, die nach ca. 3 Minuten erreicht wird.