Fall 10 - bei Gutachterskandal

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Fall 10
Falschaussagen von Gerichtsgutachtern in chirurgischem Schadensfall ohne
strafrechtliche Konsequenzen.
Im Fall 8 meiner Homepage wird geschildert, welche groben Behandlungsfehler
bei einer jungen Frau durch Unterlassung einer wirksamen Antibiotikatherapie
und Bauchraumdainage nach Entfernung eines massiv entzündeten und
durchgebrochenen
Blinddarmes (lateinisch perforierte Appendizitis) mit
bereits massiver Keimbesiedlung der Bauchraumflüssigkeit gemacht wurden
mit der Folge: Unterbaucheiterung (lat. Abszess) und Vereiterung der
Bauchzugangswunde. Gerade bei jungen Frauen ist es extrem wichtig, eine
Abszessbildung im Unterbauch zu verhindern, weil diese Frauen wegen
Schädigung der inneren Geschlechtsorgane keine Kinder mehr bekommen
können.
Deshalb
wird
in
allen
nationalen
und
internationalen
Chirurgielehrbüchern und der wissenschaftlichen Literatur nach Operation
eines perforierten Appendix eine wirksame Antibiotikatherapie mit einem
modernen Breitbandantibiotikum und Metronidazolpräparat gefordert und eine
Bauchraumdrainage, wenn eine Bauchraumspülung erfolgte.
Dies bestreiten die
Falschaussagen:
beiden
Gerichtsgutachter
(GG)
mittels
folgender
Erstens: Eine Antibiotikagabe wäre nicht nötig gewesen, weil bei der Klägerin
im Unterbauch noch keine Fibrinbeläge und Eiterbildung vorhanden waren. Die
GG verschweigen aber, dass laut Operationsbericht nach Eröffnung des
Bauchraumes
reichlich
trübe
und
stinkende
Bauchraumflüssigkeit
(lat.Peritonealexudat) vorhanden war, wodurch bewiesen ist, dass bereits eine
massive
Invasion
des
Bauchraumes
mit
sich
vermehrenden
lebensbedrohenden Krankheitskeimen erfolgt war. Dass die bei der Klägerin
erfolgte Bauchraumspülung von dem begrenzten Zugangsschnitt im rechten
Unterbauch die Keiminvasion nicht beseitigen konnte, beweist der weitere
Verlauf mit Bildung eines Unterbauchabszesses, der eine nochmalige
Operation in einer anderen Klinik mit Abszessausräumung und Entfernung von
Dünn- und Dickdarmanteilen erforderte.
In der gesamten medizinischen Literatur wird, im Gegensatz zu den
Feststellungen der GG, bei einer Infektbekämpfung gefordert, dass wirksame
Antibiotika so früh wie möglich gegeben werden. Im Falle einer perforierten
Appendizitis, wie bei der Klägerin, musste deshalb sofort eine Therapie mit
Breitbandantibiotika und wegen der stets vorhandenen lebensbedrohenden
sogenannten anaeroben Keime zusätzlich Metronidazol gegeben werden.
Nicht die erst in den späteren Stadien einer Peritonitis vorhandene
Fibrinausschwitzung und Eiterbildung sind die Indikation für eine
Antibiotikatherapie, wie die GG fälschlicherweise behaupten, sondern die
sofort notwendige Bekämpfung der massiven Keiminvasion im Bauchraum.
Wie es mit der Glaubwürdigkeit der GG bestellt ist, ergibt sich aus der Analyse
der von den GG in ihren Literaturangaben zitierten wichtigen Arbeit von Herrn
Prof. I. Klempa mit dem Titel: Zeitgemäße Therapie der komplizierten
Appendizitis. Chirurg 2002 73: 799-804. Zum Problem Therapieoption bei der
perforierten Appendix findet man folgendes Zitat: „Die Extirpation eines
gangränösen, perforierten Wurmfortsatzes unter Antibiotikaapplikation
exemplifiziert das Behandlungsprinzip, die Eradikation der Infektquelle im
Abdomen und die Elimenierung der pathogenen Keime….
Die
Antibiotikatherapie ist primär gegen die stets vorhandenen gramnegativen
Darmbakterien und Anaerobier ausgerichtet“. Die GG verschweigen dreist
dem Gericht, dass in dieser Arbeit die Antibiotikatherapie nicht davon
abhängig gemacht wird, ob Fibrinbeläge und Eiteransammlung in Unterbauch
vorhanden sind.
Zweitens: Von den GG wird behauptet, dass es keine wissenschaftlichen
Arbeiten gäbe, die beweisen, dass eine postoperative Antibiotikatherapie nach
Operation eines perforieten Appendix Wundinfektion und Abszesse im
Bauchraum verhindern können. Eine weitere Falschaussage, weil die GG
verschweigen, dass die Metaanalyse im Rahmen einer Cochranuntersuchung (
Andersen BR et al. Cochran Database Syst Rev 2005; 20: Cd 001439.
Antibiotics versus placebo for prevention of postoperative infection after
appendicectomy.
Review)
als
Ergebnis
von
45
ausgewerteten
wissenschaftlichen
Arbeiten
anhand
von
placebokontrollierten
Krankheitsverläufen
bei
9576
Patienten
beweisen,
dass
eine
Antibiotikatherapie, nämlich moderne
Breitbandantibiotika
und ein
Imidazolpräparat, nach operativ behandelter Appendizitis eine signifikante
Minderung der Wundinfektions- und intraabdominellen Abzesshäufigkeit
bedingt.
Infolge dieser Falschaussagen der GG lehnte das Gericht die Klage ab, trotz
des auch für Laien erkennbaren groben Behandlungsfehler, fehlende
Antibiokatherapie bei lebensbedrohender Bauchrauminfektion. Folgerichtig
war es, die GG wegen Falschaussagen zu verklagen.
Ein Universitätsprofessor (Chirurgie) wurde mit der Erstellung eines neuen
Gerichtsgutachten beauftragt. In seinem Gutachten macht dieser nun die
gleichen Falschaussagen, wie die vorherigen Gutachter. Die wichtigen und
klaren Feststellungen aus der Arbeit von Herrn Prof. Klempa (siehe oben), tut
der erneut benannte Gerichtsgutachter (G) dreist mit dem Argument ab, hier
sei aus dem Zusammenhang zitiert worden.
Aber dieser Gutachter beschädigt auch seine Glaubwürdigkeit, indem er gleich
drei Arbeiten in seinem Literaturverzeichnis aufführt, die seine und die
Falschaussagen der Münchener GG nicht bestätigen sondern im Gegenteil
feststellen, dass insbesonders bei Operation eines perforierten Appendix eine
Antibiotikatherapie obligatorisch ist.
Diese Arbeiten sind:
Erstens: die oben bereits genannte Cochranuntersuchung aus dem Jahre 2005.
Zweitens: Schein M et al. Forum statemen. A plea for selective and controlled
postoperative antibiotic administration; Europ J Surg 1996; Suppl 576: 66-69.
In Tabelle 4 dieser Arbeit wird
festgestellt: nach Operation wegen
unkomplizierter Appendizitis keine Antibiotikatherapie; aber nach Operation
wegen komplizierter Appendizitis mit Perforation Antibiotikatherapie, wobei
von den Forumteilnehmern lediglich die Dauer der Antibiotikatherapie
diskutiert wurde, im Mittel 3-5 Tage empfohlen wurden. Dass die
Antibiotikatherapie von einer Fibrinausschwitzung und Eiterbildung abhängen
würde, wie die ersten GG und auch der zweite G behauptet, wird nicht
gefordert.
Drittens: Ong CP et al: Antibiotics and postoperative abscesses in complicated
appendicitis: is there any association; Singapore Med. J 2008; 49: 615
In dieser Arbeit erhielten Patienten nach Operation wegen einer komplizierten
Appendizitis mit Perforation obligatorisch ein Breitbandantibiotikum und, wie
auf der ganzen Welt üblich, Metronidazol. Untersucht wurde lediglich, ob die
zusätzliche Gabe eines dritten Antibiotikums sich günstig auswirkt. Dies war
nicht der Fall.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht wiederholte der zweite G
die Falschaussagen aus seinem schriftlichen Gutachten. Zusätzlich trug er
noch vor, dass die einmalige präoperative Gabe von 1,5 Gramm Augmentan
vor der Erstoperation doch auch eine wirksame Therapie war, obwohl die
bakteriologische Untersuchung der bei der Operation vorhandenen bereits
trüben und stinkenden Bauchraumflüssigkeit mit Resistenzprüfung mehrerer
Antibiotika ergab, dass Augmentan nicht gegen alle pathogenen Keime
wirksam war.
Obwohl die Begründungen in Form von Privatgutachten, dass die GG und der
zweit G Falschaussagen machen, untermauert von Zitaten aus nationalen und
internationalen chirurgischen Lehrbüchern dem Gericht im Original von den
Rechtsanwälten der Klägerin vor der mündlichen Verhandlung zugestellt
worden waren, wurden die Argumente des Privatgutachters überhaupt nicht
beachtet.
Als der Privatgutachter in der mündlichen Verhandlung versuchte, die falschen
Literaturangaben der GG und des zweiten G als Beweis für ihre verspielte
Glaubwürdigkeit zu erwähnen, wurde ihm, von dem Vorsitzenden Richter Dr.
Steiner das Wort entzogen, indem dieser einfach begann, die Begründung für
die Klageabweisung ins Mikrofon zu diktieren.
Zusammenfassung
Dieser Prozess offenbart die häufig vorhandene Chancenlosigkeit
Medizingeschädigter vor Gericht, weil die Richter mitunter offenbar nach der
Devise richten: „Es kann nicht sein, was nicht sein darf“ unter Missachtung
des Anspruches der Bürger auf ein faires Gerichtsverfahren.
Warum ist dies so? folgende Gründe müssen diskutiert werden!
Erstens: Die Gerichte sind so überlastet, dass von den Gerichtsgutachtern
erstellte auch dreiste Vertuschungsgutachten wegen fehlender medizinischer
Kenntnisse der Richter nicht zu erkennen sind, und deshalb nur der letzte Satz
dieser Gutachten von den Richtern gelesen wird, ob Behandlungsfehler bejaht
oder verneint werden und die Schädigungsfolgen als schicksalhaft bezeichnet
werden. Die Privatgutachten können oder werden nicht analysiert, obwohl der
Bundesgerichtshof mehrfach eine Auseinandersetzung der Gerichte auch mit
den Privatgutachten gefordert hat.
Zweitens: Vielleicht sind aber auch die Gerichte und vor allem die universitären
Vertuschungsgutachter bemüht, die Gewinne der Haftpflichtversicherer der
Ärzte nicht zu gefährden durch zu häufige Anerkennung ärztlicher
Behandlungsfehler mit den dann fälligen Entschädigungszahlungen. Die Folge
ist dann, dass ein Gerichtsverfahren , wie bei Kleist im „zerbrochenen Krug“ so
genial geschildert, stattfindet.
Gerichtsgutacher: Prof. Baumeister und Prof. Hatz / München, sowie Prof. Ruf /
Freiburg
Copyright Prof. Dr. med. Arno Krug 2010
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