Einstiegsfrage vom Moderator H. Klimenta: „Du hast am Anfang deines Vortrags gesagt, du siehst Europa im Prinzip vor einer Schicksalsfrage: entweder Bundesstaatlichkeit oder resignieren vor den ökonomischen Zwängen, die sich immer mehr aufmachen. Mir kommt es ein bisschen so vor, als gäbe es ein heilloses Hinterherlaufen hinter den Notwendigkeiten. Und deshalb einfach mal die Frage an deinen Bauch, was glaubst du denn, was passieren wird?“ Giegold: Prognosen sind schwierig, wenn sie die Zukunft betreffen, wie man sagt. Zudem hat die Ökonomie zu Zukunftsprognosen wenig beizutragen. Sie sind in der Regel falsch. Ich halte es da wie Christian Felber, ich bin von meiner ganzen Grundeinstellung eher Optimist. Das heißt, man muss in der Situation für das Richtige streiten. Klar ist, wir sind in einer Phase von aufeinander folgenden Krisen. Die Krise ist nicht vorbei. Und das bedeutet, in solchen Krisensituationen kommt es auch zu politischen Umbrüchen. Wohin das geht, ist extrem unklar. Ich sehe auf der einen Seite aufstrebende, antidemokratische, autoritäre Tendenzen in Europa in immer mehr Mitgliedsländern. Und ich sehe aber auch Länder, in denen Kräfte dagegen wachsen, die sich das nicht mehr gefallen lassen. Dass so eine Tagung so viel Interesse erzeugt, hat auch etwas damit zu tun, dass Menschen spüren, dass Machtverhältnisse sich verschieben. Die Frage nach Demokratie und dem Raum von Rechtsstaatlichkeit wird viel, viel stärker gestellt. Wer da gewinnt, kann keiner vorhersagen. Das sagt eher was über die eigene Psychologie aus, ob man eher zum Pessimismus oder zum Optimismus neigt. Klar ist, dass wir in einer Phase von tiefen Umbruch und Krisenhaftigkeit sind. Wo das endet, weiß kein Mensch. Ich kann nur sagen, es wird weiter eine Phase von tiefen Verwerfungen sein. Man muss sich nur die großen Krisenphänomene angucken. Ich hoffe, dass wir nicht in eine neue Phase antidemokratischen Autoritarismus fallen, weil die Bürgerinnen und Bürger irgendwann die Angst haben, dass die Demokratie es nicht schafft, diese Probleme zu lösen und anzugehen. Aus dem Plenum: Zwei Fragen. Du hast viel über Bankenregulierung gesprochen, was sicherlich sehr wichtig ist. Aber indirekt kam sowas auf, was mich zumindest fragen lässt, geht’s vielleicht auch darum Optimismus oder Optimismusmöglichkeit zu fördern, um Regulierung in anderen Bereichen. Das heißt, die eine ist die Provision der Bank, die andere ist die Provision dessen der als Bankangestellten, der das Zeug verkauft, möglicherweise weiß, ich sollte es nicht tun. Ich gebe nicht die Beratung, die eigentlich erforderlich ist, aber meine Position, mein Job hängt schlicht und einfach davon ab. Das heißt, das kann man in verschiedene Bereiche hineinprojizieren oder anwenden. Geht es nicht auch dann darum, kurz gefragt, um Regulierung, Sicherung in anderen Bereichen. Wenn du nicht diesem folgst, was eh nicht läuft, auch auf lange Sicht, dann bist du trotzdem geschützt. Das ist die eine Frage. Die andere Frage, die zumindest für uns noch relevant ist, ich glaube, für einige andere Länder auch, aber für Deutschland vielleicht nicht mehr so. Bank für Gemeinwirtschaft also bei uns die Credit Unions, die tatsächlich noch wirkliche Banken für Gemeinwirtschaft sind, Kooperativbanken sind, die zum einen kleine Verbraucher unterstützen, die zum anderen kleine Produktionsbereiche unterstützen. Da ist mir eigentlich gar nichts zu bekannt, und muss gestehen, dass mir das erst jetzt eingefallen ist. Und hier in Deutschland waren es ja die Sparkassen, die auch die Auflagen hatten. Ich weiß nicht, wie weit sich das geändert hat, dazu würde mich einfach einfach noch ein bisschen was interessieren. Giegold: Ich halte es gerne so, wenn Fragen direkt zu dem passen, was gefragt wurde, dann finde ich es gut, wenn die direkt gestellt werden. Sonst würde ich vorschlagen, dass ich erst antworte, weil es sonst so lang und kompliziert wird. Plenum: Dazu ergänzend ist zu sagen, dass es scheint, dass manche Bankberater schlichtweg psychisch daran zu Grunde gehen, dass sie gezwungen werden, von ihrer Bank derartige toxische Produkte zu verkaufen, die sie a) nicht einmal selbst verstehen, geschweige denn ihren Kunden wirklich erklären können. Die aber davon bedroht werden, dass sie ihren Job verlieren, wenn sie der Bank nicht soundso viel Provision pro Monat bringen. Giegold: Also erstmal das stimmt. Ich rate allen, auf die Seite von Verdi über einen Angestellten im Finanzdienstleistungsbereich zu gehen. Die sind voll von Horrorstorys. Wobei man sagen muss, in den meisten Banken in Deutschland bekommen die Berater keine Direktprovision. Das heißt, wenn jemand einen Immobilienfond verkauft, dann bekommt derjenige nicht direkt einen Bonus. Wenn die Mitarbeiter als Team ihre Betriebszahlen erfüllen, bekommen sie in der Regel Teamprovision. Die Filiale wird unter Druck gesetzt, bestimmte Verkaufszahlen zu erreichen. Der Druck läuft über ein internes Vertriebssystem. Das heißt, der Vorgesetzte der jeweiligen Bankfiliale sagt, das und das ist das Vertriebsziel. Das wird dann an die Einzelnen durchgereicht, aber damit ist kein direkter Abschlussvorteil verbunden. Dieser Druck aus dem Vertriebssystem, jede Woche Teamtreffen: Wieviel hast du verkauft? - Das geht so weit, dass selbst gemeinwohlorientierte Banken, günstigere Konditionen, für den Einkauf ihrer Finanzprodukte bekommen, wenn sie mehr davon verkaufen. Das heißt, die internen Vertriebsstrukturen sind so, auch in den seriösen Banken, das sie eben nicht auf den Konsumenten / die Konsumentinnen alleine ausgerichtet sind, sondern unter starkem Druck von Rentabilität und Vertriebszielen stehen. Und das ist in der Tat gegen die Interessen der Mitarbeiter. Viele haben dort auch aufgehört, weil sie keine Lust mehr hatten. Das muss man ganz klar so sagen: Ich bekomme regelmäßig E-Mails von Betroffenen und das ist wirklich bitter. Was ich mir dabei zu eigen gemacht habe ist Folgendes: Gerade die Sparkassen und Volksbanken sind ständig bei mir im Büro. Die große Gefahr ist nämlich, dass im Zuge der Änderungen natürlich die Großbanken versuchen, die Regeln so zu machen, dass sie jetzt die Sparkassen und Volksbanken kaputt kriegen, die ihnen in Deutschland ein absolutes Dorn im Auge sind. Weil die natürlich noch eher Gemeinwohl orientiert sind als andere. Aber innerhalb der Sparkassen und Volksbanken sind diese Strukturen leider auch so, wie sie eigentlich zu dem Gemeinwohlziel gar nicht passen. Wiederum ein Beispiel: Eigentumsstrukturen alleine helfen nichts, sondern dass es darauf ankommt, wie das intern strukturiert ist. Und was ich mir jetzt angewöhnt habe, ist, das mache ich generell, was ich umgekehrtes Lobbying nenne. Ich habe ständig Lobbyisten bei mir. Ich stelle das auf die Webseite. Und etwa ein Drittel der Zeit drehe ich den Spieß um und sage denen, was sie gefälligst zu ändern haben und das macht mir großen Spaß. Das sind die auch überhaupt nicht gewohnt. Bei denen ist für mich die Agenda ganz klar, ich möchte das Sparkassen und Volksbanken nachhaltige Investments verkaufen. Und ich möchte, dass der Druck aufhört und die Leute so beraten, wie sie es eigentlich sollten. Grundsätzlich erstmal große Wertschätzung für Sparkassen und Volksbanken, dass kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland noch gute Finanzierungsbedingungen haben, das liegt zuforderst an denen. In Großbritannien gibt es das ja nicht mehr, deshalb gibt es dort Credit Unions. Und die Credit Unions sind eigentlich kleine Volksbanken, kann man sagen. Die Volksbanken sind aus etwas so Ähnlichem wie Credit Unions entstanden. Für die gilt genau das Gleiche, deren Dachverband, das sind also genossenschaftlich organisierte Kleinstbanken, die haben auch Angst, dass sie bei diesen Regeln - dass die Regeln so hoch gefahren werden, dass sie im Grunde kaputt gemacht werden. Und deshalb bin ich mit denen auch regelmäßig im Gespräch und wir versuchen in der europäischen Rechtssprechung dafür zu sorgen, dass diese kleinen Banken mit ihren Spezialinteressen geschützt werden, weil ich es gut finde, wenn mehr Akteure im Markt sind und nicht etwa umgekehrt. Das Gleiche stellt sich im Versicherungsbereich. Wir haben noch sehr viele Kleinversicherungen. Die Großversicherungen versuchen auch durch den Hebel europäischer Regulierung die kaputt zu machen. Das wäre jetzt, was Sie noch gesagt haben, das teile ich auch vollständig, der Druck auf einzelne Mitarbeiter, der wird natürlich um so wirksamer, je mehr der sonst Angst vor den sozialen Verhältnissen hat. Wenn man Angst hat, ich scheide aus dem Job aus und ich lande im Bodenlosen also Kurz in Hartz 4 oder Ähnlichem, dann werde ich natürlich wenig Zivilcourage am Arbeitsplatz erleben. -Der Druck auf einzelne Mitarbeiter, der wird natürlich um so wirksamer, je mehr der sonst Angst vor dem sozialen Verhältnissen hat. Wenn man Angst hat, ich scheide aus dem Job aus und lande im Bodenlosen, also kurz in Hartz IV oder ähnlichem, dann werde ich natürlich wenig Zivilcourage am Arbeitsplatz erleben und wenn ich den Kündigungsschutz auch noch schleife, dann nimmt das noch vermehrt zu. Das heißt, ich bin sehr dafür, das es starke Betriebsräte gibt, die auch in der Lage sind, Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu vertreten, die starke Schutzrechte haben und jenseits dessen, dass wir eben eine Absicherung brauchen, die Courage am Arbeitsplatz überhaupt erst ermöglicht, das teile ich und bin da Ihrer Meinung. Wenn ich da mal weitermachen darf, erst erst ein Kommentar, ich beglückwünsche Sie zunächst einmal zur Reform der Managergehälter, das ist ja schon einmal ein Schritt nach vorn denke ich mal, nur wird das leider wieder umgangen, wie Sie wissen, dadurch zum Einen dass an Stelle von variabler Vergütung werden halt die Festgehälter hochgeschraubt und bei meiner Bank, ich arbeite in einer öffentlichen Bank, die noch dazu Personal abbauen soll, da läuft das jetzt so, es werden dort besonders im Handelsbereich Spezialisten angeheuert, mit der Entschuldigung ja wir brauchen diese Spezialisten, weil sonst kein Anderer diese Komplexen Produkte versteht. Ich bin der Meinung, besonders im Kapitalbereich sollte man versuchen eine Steuer einzuführen, eine Umsatzsteuer einzuführen, denn in diesem Handelsbereich, das ist gerade der Bereich der eigentlich keinen Mehrwert schafft, wo Gelder nur um den Globus herumgetrieben werden und so Renditen erwirtschaftet werden, die sonst keinem nützen, also da sollte versucht werden, politisch einzugreifen mit einer Umsatzsteuer, das muss man unbedingt versuchen durchzubringen. Der zweite Kommentar … Bitte kurz fassen 160 Leute... das Letzte ...des weiteren gab es eine Frage zu den Verbriefungen, da sagten sie, die Reform war nicht erfolgreich, weil das technische Knowhow fehlte und die Lobbys zu stark waren. Da bin ich doch ein bisschen sehr enttäuscht, auf politischer Ebene, denk ich mal, müsste es möglich sein, wenn das politische Knowhow fehlt, sich das technische Knowhow einzukaufen irgendwie, so dass man auf Augenhöhe mit den Lobbys verhandeln kann, also da ist meine Frage, gibt da nicht eine Möglichkeit so etwas zu vermeiden und den Einfluss der Lobbys in dem Bereich oder generell im Finanzbereich einzuschränken, indem man also einfach den Sachverstand einkauft und auch die Finanzressourcen in die Hand nimmt, um gute Leute einzukaufen, die dagegen halten können... Ja Danke für die beiden Fragen, weil das Eine, da muss ich sagen, dass die Banken jetzt die Festgehälter hoch setzen, das stimmt, gleichzeitig sind mir die festen Vergütungen viel lieber als die Variablen, weil nämlich dieses Grundproblem, dass durch die Variablen exzessive Risikoneigung gefördert wird, das ist damit verhindert. Ich hätte überhaupt nichts gegen Obergrenzen, der Punkt ist nur, das wäre unter den Mehrheitsverhältnissen derzeit auch des europäischen Parlaments nicht durchsetzbar, weil es mindestens drei Fraktionen gibt, die das als anti marktwirtschaftlich per Definition ablehnen würden. Ich stelle nur fest, wie die Lage ist. Also der zweite Punkt ist Sache mit den Verbriefungen. Danke für die Frage denn da habe ich mich offensichtlich unklar ausgedrückt. Das Problem ist nicht, dass die Akteure im Parlament nicht wissen, was sie tun. Das wussten wir an der Stelle sehr wohl. Das Problem ist, dass in der Öffentlichkeit kein Druck entstehen konnte, weil es zu technisch, zu abstrakt war. Natürlich weiß jeder Abgeordnete im Wirtschafts- und Währungsausschuss, was ein verbrieftes Produkt ist, was ein komplex verbrieftes Produkt ist, das ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass die Finanzlobby bei den Abgeordneten, die dafür empfänglich sind uns von denen gibt es eben doch viele, muss man klar sagen, dort starke Zugriffe hat, wenn es nicht gleichzeitig eine warnende Öffentlichkeit gibt. Und die gab es in der Frage nicht, weil das eben Abstrakt ist und sie finden das in keiner Talkshow wird irgendwer dem Gegner vorwerfen aber ihr Abgeordneter hat für die und die komplexen Verbriefungsprodukte gestimmt, das ist einfach kein Thema. Dagegen der Vorwurf, ihr habt zugelassen, dass die Manager sich weiter die Taschen vollstopfen, das ist viel gefährlicher, das ist das Problem was ich meinte und da haben wir reagiert was mit die ??? Grünen die Initiative FinanceWatch zu starten, aber das ist keine Lösung , ich sage nicht, dass das eine Lösung ist, weil Finanz ??? dass es hilft die Kräfteverhältnisse zu verschieben. Aber letztlich bleibt das Problem, wo Dinge komplex und abstrakt sind, ist immer der Höhepunkt von Dunkelkammern. Und das sind die Lieblingsbaustellen, die in den Dunkelkammern geregelt werden und dagegen hilft letztlich nur eine engagierte Zivilgesellschaft, Medien, die die Finger in die Wunde legen, die die Dinge aufklären und ans Tageslicht bringen. Und ansonsten würde dagegen auch helfen, wenn wir andere Mehrheitsverhältnisse hätten, die haben wir derzeit nicht. Ich muss unter den Mehrheitsverhältnissen arbeiten, die ich da derzeit vorfinde. Joachim Gogel, Attac im Kreis Kosfeld. Erst einmal Dank für deinen Vortrag und den äußerst interessanten Einblick in die Abläufe der Europäischen Union, zeigt mir nochmal ganz deutlich, dass wir uns stark machen müssten dass das Europaparlament stärker wird. Aber für mich war eine ganz wichtige Geschichte, das habe ich nur am Rande mitbekommen, du hast bei der Lobbyarbeit in Brüssel davon berichtet, dass es jetzt von euch aus irgendeine Initiative gibt so eine Art Gegenlobby aufzubauen. Frage, wer ist daran beteiligt und wie kann man euch dabei von Außen helfen. Gut, ganz kurz auf financewatch.org findet sich die Webseite, da findet sich die Erklärung die auf dem Europaparlament formuliert wurde, und wir haben derzeit eben die Phase, das Mitglieder sich Finance-Watch anschließen. Das betrifft derzeit vor allem Organisationen, aber das wird später auch für Einzelpersonen geöffnet. Derzeit ist noch keine aktive Unterstützung möglich jenseits dessen, aber du kannst zum Beispiel dem Ko-Kreis von Attac Deutschland sagen, dass du gut findest, dass Attac Deutschland da wo mitmachen wird. Was ich höre, werden einige Attac dort jetzt Mitglied, Attac Österreich, auch Attac Deutschland. Das ist gut, auch damit dort, sage ich einmal, auch sehr kritische Stimmen auch mit zu Wort kommen und ansonsten wird dann in Zukunft die Frage natürlich sein, wie finanziert sich dieses Ding, man muss ja Ressourcen zusammenbringen um kompetente Experten dort auch einzustellen, das ist das Ziel. Und an der Stelle ist dann natürlich auch die Öffentlichkeit gefragt, wobei ich hier sagen kann, dass die Europäische Kommission schon signalisiert hat, dass sie dieses Problem sehr wohl sehen, dass sie bereit sind eine solche unabhängige kritische Initiative auch mit zu finanzieren und zwar ohne politische Auflagen. Das finde ich ist ist zumindest mal eine sehr richtige und wichtige Sache, weil wir werden dort über einen Etat von sagen wir einmal fünf Millionen im Jahr reden. Darunter brauchen wir das nicht zu starten. Gut, dann schließe ich gleich mit der nächsten Frage an. Sie Sprachen sehr viel von Interessen, sehr viel von Lobbying. Die These von Heiner Flassbeck ging ja eher in die Richtung, dass vieles nicht geschieht weil die politischen Akteure die Zusammenhänge, gerade auch die ordnungspolitischen Leitlinien nicht verstehen. Jetzt ist meine Frage, ich weiß es ist schwer zu quantifizieren, aber wie sehen Sie das. Ist es in erster Linie, dass man sich bewusst über Allgemeinwohlerwägungen hinwegsetzt, weil man bestimmte Interessen bedienen will, oder ist es einfach so, dass vieles nicht verstanden wird. Also, ich glaube Heiner Flassbeck redet ja sehr stark über makroökonomische Fragen. Und in der Tat, in der ganzen Frage makroökonomischer Auseinandersetzung haben wir eben nach wie vor den Stammeskrieg und wo auch Heiner, so sehr ihn schätze und auch von der theoretischen Position ich ihm nahe stehe, habe ich folgendes Problem immer an einer Stelle: Man darf nicht glauben, dass es per Definition nur eine Wahrheit gibt, und alle die Anderen, die die nicht teilen, sind irgendwie blöde und haben das nicht verstanden, sondern wir haben Politik ist und das finde ich wirklich einen sehr relevanten Punkt, ist immer auch ein Produkt gerade Wirtschaftspolitik- von den dominanten Denkströmungen der Wirtschaftswissenschaft und der daraus folgenden politisch-ökonomischen Beratung und dem daraus folgenden Wirtschaftsjournalimus . Tendenziell neigen viele auf dem linken Flügel des politischen Spektrums dazu, zu viele böse Kräfte zu vermuten, und zu glauben, dass das alles nur eine Konsequenz von mächtigen Bösen ist, das gibt es natürlich auch, und es gibt mächtige Akteure, die ihre Geschäftsmodelle, die ich mit ethischen Grundsätzen unvereinbar finde, verteidigen wollen, aber es gibt umgekehrt auch den Streit der Ideen. Und so lange eben die Mehrzahl der Volkswirtschaftsprofessuren von Leuten besetzt werden, die tendenziell eher der Freiheit der Märkte huldigen als Leute ausbilden, die intelligente Regulierung wollen, dann ist das nicht nur ein Problem von Dummheit, sondern es ist einfach dass die Mehrzahl der Artikel die meine Kollegen lesen, die ich lese, natürlich wirtschaftsliberal geprägt sind. Dass die Mehrzahl der Angestellten, die in den Institutionen arbeiten, wirtschaftsliberal geprägt sind, das hat seine Auswirkungen. Und das heißt, (Zwischenfrage, nicht verständlich) , ehrlich gesagt, glaube ich, nur teilweise. Ich glaube, in der Tat, dass sich zu dem Zeitpunkt als der Keynesianismus in der Krise war, da war es nicht das Böse ….. -Sven Giegold: Ich glaube, dass sich zu dem Zeitpunkt, als der Keynsianismus in der Krise war, da war es nicht das böse Geld, was dem Neoliberalismus an den Universitäten zur Durchsetzung verholfen hat, sondern da war ein intellektueller Streit, und den haben die Keynesianer in dem Moment nicht gewonnen. Und deshalb: ich glaube nicht, dass alle Professoren, die wirtschaftsliberale Ideen prägen, gekauft sind. Natürlich kooperieren die auch mit Wirtschaftsunternehmen u.s.w., aber die machen das auch, weil sie das glauben. Ich glaube, wir unterschätzen ganz massiv die Art und Weise wie das funktioniert, wenn wir glauben, das ist alles nur Korruption, sondern dahinter stehen Glaubenssysteme und Ideensysteme, und die muss man auflösen, und ich bin sehr optimistisch, dass diese Krise in der mittleren Frist das schaffen wird. Weil ja offensichtlich die reineren Formen des Marktlibera-lismus versagt haben. Und die Theorien und Bücher, die in diesem Geiste geschrieben wurden, die sind jetzt Müll, weil das kein Student mehr glaubt. (Minute 22:04:) Und damit wird sich auch etwas verän-dern. Aber das heißt natürlich nicht, dass das schnell geht, und zweitens bedeutet es trotzdem, dass es eine ganz wichtige Lehre gibt: Alleine der begründete Ver-dacht, dass relevante Teile von Forschung und Lehre un-ter dem Einfluss genau der Industrien passieren, die be-forscht werden. Allein das ist ein Unzustand, und meiner Meinung nach müsste wenigstens Forschung und Lehre zu Finanzmarktregulierung und Aufsicht vollständig in-dustriefrei finanziert sein (Applaus!). Aber bitte, unter-schätzt nicht die Kraft von Ideen! Ideen sind viel mäch-tiger als alleine nur die Frage: wer hat wen bezahlt. Es gibt beides, auf beiden Ebenen spielt sich gesellschaftlicher Konflikt ab. (Minute 23:00, Harald Klimenta:) So, wir haben jetzt ja noch ungefähr 10 Minuten, schätz' ich mal, oder auch 'ne knappe viertel Stunde. Sollen wir jetzt schon in eine Sammelrunde gehen? Ich habe vorhin schon mindestens zehn Finger gesehen. Ja, machen wir also eine Abschluss- Sammelrunde mit einem großen Abschlusssta-tement. (Minute 23:20, Diskussionsteilnehmer:) Ich hab' immer noch zu dieser Frage der Öffentlichkeit eine Nachfrage: In der Debatte, was verändert werden sollte im ganzen Finanzmarktgeschehen – ich meine jetzt den Bundestag, ganz einfach – hatte ich nicht den Eindruck, dass die Oppositionsparteien weder für sich – die drei –, noch zusammen, eine klare Alternative zu der Politik der CDU/ FDP- Regierung haben. Ich bin Wähler. Und ich hab' versucht, mir ein Bild zu machen, hab' also die Newsletters von den Grünen und auch von der Linkspar-tei bestellt (krieg' ich also wöchentlich): da kommt ganz besonders bei den Grünen über die ganze Frage des Fi-nanzmarktes so gut wie nichts vor. Ich habe sogar von dem Bundesvorstand der Grünen gelesen, sie müssten sich wirtschaftspolitische Kenntnisse aneignen. Das heißt also, und bei der SPD sehe ich da eigentlich auch nicht so furchtbar viel, die Frage ist ganz einfach: Wie diese Qualifizierung der Oppositionsparteien, Bewegun-gen u.s.w. überhaupt möglich ist, damit wir auf dem Ge-biet eine politische Opposition und Alternative bekom-men. (Minute 24:55, Diskussionsteilnehmer Hans Jürgen Be-cker, Attac Ludwigshafen:) Meine Frage geht auch in Richtung Lobbyismus. Gibt es glaubhafte und neue An-sätze zur Förderung der Transparenz des Lobbyismus, gerade auf dem Bankensektor, Finanzindustriesektor, ich möchte zwei ganz konkrete Hinweise geben, wo der fürchterliche Einfluss der Lobby ganz besonders deut-lich geworden ist: Z.B. Finanzstaatssekretär Asmussen, der hat ja eine ganz markante, marktradikale, unrühmli-che Rolle bei IKB und anderen gespielt, und seine Frau beispielsweise ist Vorsitzende eines Lobbyvereins für Hedgefonds o.ä., eines marktradikalen Vereins. (Minute 25:42:) Das andere Beispiel in Hessen – ich komme früher aus Hessen –: die beiden „Regierungsma-fiosi“ Volker Bouffier und Roland Koch haben letzten Endes indirekt – man wird es ihnen vielleicht nicht per-sönlich nachweisen können – erreicht, dass mit gekauf-ten, getürkten psychiatrischen Gutachten vier ganz po-tente Steuerfahnder in Hessen aus dem Verkehr gezogen wurden, dass ihre Existenz vernichtet worden ist. Es gibt bisher einen Untersuchungsausschuss, der bis jetzt nichts zustande gebracht hat, warum weiß ich nicht. Es ist ein ungeheuerlicher Vorgang und es zeigt, welche Mittel angewendet werden und wie unglaublich der Ein-fluss des Lobbyismus ist. (Minute 26:39, Diskussionsteilnehmer Gerhard Schmidt – o.ä. – ohne Mikro:) (…) über Bildung, auch über Anlegerschutz: Ich kann es nur begrüßen, dass man sich in Brüssel darum kümmert, obgleich nicht aus Sicht der Betroffenen selbst. Wir haben beim Anlegerschutz Anlegerverluste von 20 bis 30 Milliarden (…). Und wir ha-ben Schrottimmobiliengeschädigte – insgesamt 1 Milli-on – in den letzten 20 Jahren. Dazu kommt, dass die Pa-ketverkäufe, das heißt Verbriefung – man muss wissen: fast jede Verbriefung mündet in Gerichtsverkäufen, – d.h. Zwangsversteigerung – und es gibt in Deutschland etwa 150 000 verkaufte Kredite (…), und betroffen sind nicht nur Häuslebauer und Grundbesitzer, sondern im-mer wieder auch Gewerbliche, die ihr Gewerbe finan-zieren, indem sie ihr Haus belasten. Und die Leute (…) – das Geschäft muss nicht immer gut laufen, insofern sind die immer gefährdet. Was raten Sie den Leuten hier, wenn sie einen Kredit aufnehmen wollen, denn die ste-hen ja dann schon mit einem Fuß in der Zwangsverstei-gerung oder in der Verbraucherinsolvenz oder Unternehmensinsolvenz. (Minute 28:00, Diskussionsteilnehmer:) Ich habe auf der Website von Attac nachgesehen und habe nichts oder je-denfalls nichts Aktuelles zu dem Thema Finanzmarktre-gulierung gefunden. Ich glaube, das Letzte war von 2008 und sehr allgemein gehalten. Und außerdem schaue ich auf das Thema hier heute Nachmittag: Fi-nanzmarktregulierung in der Praxis. Mit anderen Wor-ten: ich habe gedacht, wir könnten hier auch noch etwas über Finanzmarktregulierung in Deutschland und eine Einschätzung dessen hören – vielleicht geht es ja heute Abend noch in ganz groben Zügen, das würde mich sehr freuen. (Minute 28:40, Diskussionsteilnehmer:) Die Finanzmarkt-problematik hat mich zu einem Punkt gebracht zu sagen, die Problemlösungskapazität der jetzigen Systeme ist an ihre Grenze gekommen. Die (…) des Marktes besteht ja darin, dass sie unter anderem ein Problemlösungsin-strument ist für bestimmte Fragen, die sonst auf andere Weise gelöst werden müssten. (Minute 29:09:) Ergo frage ich mich: sind die Politiker und die politischen Akteure, nicht manches Mal ein Teil des Problems, und nicht ein Teil der Lösung? Die nächststehende Überlegung würde darin bestehen: Kann ein Problemlösungselement in das ganze System hinein gebracht werden, das etwa so aus sieht, wie in dem Lö-sungsansatz des Gegensatzes zwischen Kapital und Ar-beit: Wir haben da ein Element der Mitbestimmung e-tabliert. Analog dazu wäre zu überlegen, ob es nicht möglich wäre, eine ähnlich geartete Verbrauchermitbe-stimmung in dieses Thema hinein zu bringen, um damit die Problemlösungsfähigkeit des Gesamtsystems auf diese Art und Weise durch ein Selbstregulierungsele-ment zu erhöhen. (Minute 30:28, Diskussionsteilnehmer:) Ja, mich würde noch interessieren, von Hrn. Giegold, wie er das ein-schätzt: über eine Regulierung im Finanzmarkt. Mich bedrückt immer, was ich mit bekomme, an Lobbying. Und das merkt man hier in der Runde auch: brauchen wir da, im Lobbying, nicht auch Regelungen? Denn die setzt ja nicht nur bei den Politikern im Parlament ein, sondern bei Banken, auf allen Ebenen, stehen die nie al-leine da. (Minute 30:55, Sven Giegold:) Also zunächst mal, was die Qualifikation der alternativen Positionen im Bundestag an geht: Auf jeden Fall hat die Linksfraktion im Bundes-tag einen großen Vorteil, denn sie haben mit Abstand das geschickteste Newslettersystem. Da kann man nämlich thematische Newsletter bestellen, das kann man bei den Grünen nicht. Wenn man sehen will, was die Grünen zu genau den gleichen Themen sagen, muss man die Presseerklärungen des Finanzpolitischen Sprechers lesen. Die sind sehr gut: Gerhard Schick hat einen sehr guten Ruf. Wir haben umgekehrt bei der Sozialdemokratie derzeit allerdings niemanden, der Axel Trost – das ist der Zuständige bei den Linken – in Finanzmarktfragen das Wasser reichen könnte. Es ist auch ein sehr trauriger Zustand im Finanzausschuss des Bundestages, dass dort von der SPD derzeit keine wirklich starke, regulations-freudige Person her kommt, die auch Kompetenz mit bringt, das ist ein Problem. (Minute 32:00:) Das war einmal anders, als Florian Pro-nold noch da war, der macht jetzt aber Verkehrspolitik. Zur Information: Gerhard Schick's Presseinformationen lesen, das lohnt sich eigentlich immer, es ist aber wahr, bezgl. der Kräfteverhältnisse im Bundestag: Es gibt dort nicht eine geeinte Opposition – da sind wir noch sehr weit weg davon. Es ist vielleicht bekannt, dass ich zu-sammen mit Anderen das Institut „Solidarische Moder-ne“ mit gegründet habe, weil ich das nicht ertrage, dass wir in Deutschland auf Dauer scheinbar derzeit eine Situation haben, dass diese drei Parteien nicht so zusam-men arbeiten, dass sie auch mal eine machtpolitische Al-ternative darstellen, wo ich jetzt gar nicht sagen will, dass das jetzt die einzig richtige Lösung ist. Aber zu-mindest derzeit sind wir in einer Situation der nach wie vor vorhandenen Berührungsverbote von Seiten der So-zialdemokratie gegenüber den Linken: So lange das so weiter geht, braucht Schwarz-Gelb keine Angst zu ha-ben (Applaus). (Minute 33:00:) An der Stelle will ich aber gleich Eines anfügen: Als Sie sagten, Politiker sind Teil des Prob-lems: Natürlich sind Politiker Teil des Problems. Natür-lich empfinde ich das als ein Problem, wenn man im Europaparlament für den Versicherungsbereich bisher als den größten Lobbyisten einen britischen Sozialdemokra-ten findet. Und gleichzeitig freue ich mich, wenn ich in der konservativen Fraktion an der Stelle einen deutschen CDU-ler habe, mit dem ich viel besser arbeiten kann. Es ist so: natürlich sind Politiker Teil des Problems. Aber eines muss man ganz klar zurück geben: Es war eine demokratische Entscheidung, in der Europawahl eine konservativ-liberale Mehrheit nach Brüssel und Straß-burg zu schicken: dafür kann ich nichts, und Sie müssen das aber ausbaden, und ich auch. Und gleichzeitig kann ich auch nichts dafür, wenn die Mehrheit der Mitglieds-länder im Rat derzeit konservativliberal regiert wird. (Minute 34:00:) Wofür wir allerdings schon was können, ist die Frage, warum sind wir derzeit offensichtlich nicht in der Lage, ökonomische Konzepte zu formulieren, aus einer progressiven Sicht, die gleichzeitig den Menschen in so einer Krisensituation Vertrauen vermitteln. Das ist aber eine Aufgabe, die haben nicht nur Parteien, die ha-ben auch Zivilgesellschaft und Forschung. Wenn es in einer Situation von Wirtschaftskrise so ist, dass dann immer der Schwenk nach rechts geht: dann, muss ich sagen, ist das hochgefährlich, denn wir brauchen ja ge-rade in dieser Situation solidarische, ökonomische, regu-lierende und demokratische Antworten, und nicht ein Weiter-so. (Minute 34:38:) Aber da müssen wir in der Lage sein, Konzepte zu formulieren, die, sag' ich mal, ausgreifend sind über das verschiedene Lagerdenken in den ver-schiedenen Communities von Progressiven. Damit mei-ne ich die Leute in den Kirchen, in den Gewerkschaften, in den Bewegungen, in den Parteien. Und da müssen Gegenkonzepte entwickelt werden, die Glaubwürdigkeit vermitteln. (Minute 35:04:) Dann war da mehrfach die Frage: Wie ist das mit Transparenz und Grenzen von Lobbyismus? Sie haben völlig recht, und die Vorschläge gibt es ja alle. Die wurden auch schon jeweils im Europaparlament und auch im Bundestag diskutiert. Einige der zentralen Vor-schläge sind zum Beispiel: • (Minute 35:23:) Ein verbindliches Lobbyistenregister. Das bedeutet: jeder der Interessen vertritt gegenüber dem Parlament, der Kommission, gegenüber Ministe-rien, muss sich registrieren, muss registrieren, für wen er oder sie arbeitet, für wieviel Geld und für welches Ziel. Das gibt es in den USA, das wird auch sehr viel genutzt von Medien und Öffentlichkeit. In Europa gibt es ein freiwilliges Lobbyistenregister und Beträge werden da nicht erfasst. Auch der Bundestag hat ein freiwilliges Lobbyistenregister. Sowas muss verbind-lich geregelt werden. • (Minute 36:00:) Dann muss man diese ganzen Misch-konstruktionen aufheben. Ich finde es sehr gut, wenn der politische Raum getrennt wird an vielen Stellen vom Ökonomischen und von Interessensverbänden. Es macht Sinn, auch ordnungspolitisch und auch für die politische Hygiene, dass wir dort Trennungen ein-führen. Das bedeutet: Parteien und Wahlkämpfe soll-ten nicht mit dem Geld von Großbeträgen finanziert werden. Das bedeutet, in Ministerien sollten nicht Lobbyisten arbeiten in zeitlich befristeten Verträgen. Das bedeutet, es sollte, wie ich vorhin schon sagte, unabhängige Finanzierung von Forschung geben, die sich im politiknahen Bereich abspielt. • (Minute 36:46:) Wir brauchen in dem Bereich auch klare Regeln für PR und verdecktes PR, die im Mo-ment immer noch in freiwilliger Selbstregulierung ge-regelt sind. Es gibt eine lange Liste – ich empfehle da die Lektüre der Webseite Lobbycontrol [http:// www. lob-bycontrol. de/] mit Forderungen in dem Bereich. (Minute 37:12:) Diese Forderungen sind mehr oder we-niger identisch mit dem, was wir auch als Grüne im Bundestagswahlprogramm hatten. Ich hab' das unter an-derem fast 1:1 ins „Copy & Paste“ von denen da hinein beantragt. Aber das Problem ist, dass das bisher immer gescheitert ist an drei Parteien: an den Konservativen, den Liberalen und auch an den Sozialdemokraten, die diese starken Regulierungen und Grenzen nicht wollten – und die wissen schon warum. (Minute 37:38:) Der nächste Punkt mit Ihnen als Anla-gegeschädigtem: Ich lade Sie sehr gerne ein, mal nach Brüssel zu kommen, und versuche, Ihnen da mal ein, zwei Gespräche auf zu machen mit anderen. Ich finde die Frage: „Was kann gemacht werden, damit diese Stimme stärker gehört wird in den Regeln?“ sehr wich-tig und wir haben auch vor, eine Veranstaltung zu ma-chen, wo wir als Grüne die Bürgerinitiativen von den Geschädigten nach Brüssel einladen, um dort auch mal gegenüber den Brüsseler Medien sprechen zu können über ihre Erfahrungen, weil ich hoffe, dass das die Rich-tigen dort lauter macht. Und bei der Kreditaufnahme kann ich nur raten, dass jeder, der Kredite aufnimmt, bei seinem Vertrag darauf besteht, dass wenn das verbrieft wird, er zustimmen muss, und dass man ansonsten einen solchen Vertrag nicht unterschreibt (Applaus). (Minute 38:30:) – Ich weiß auch, dass es Menschen gibt, die diese Wahl gar nicht mehr haben. Aber Sie haben mich nach einem praktischen Tipp gefragt, und der Mi-nimalstandard wäre für mich: unterschreiben Sie keinen Kreditvertrag, wo die Bank ohne Ihre Zustimmung den Kredit weiter reichen kann. Warum Attac keine aktuel-len Informationen zu dem Thema veröffentlicht, dazu will ich mich hier nicht äußern, ich empfehle mal auf die Website von anderen Leuten zu dem Thema zu kucken. Ich fände es schön, wenn da mehr passieren würde. (Minute 39:03:) Dieses „High Frequency Trading“ – ich kenne dafür kein deutsches Wort – ist ein echtes Prob-lem. Das hat zu diesem „Flash Crash“ beigetragen. Es gab einen Börsenabsturz in den USA, der unter anderem darauf zurück zu führen war. Es gibt Pläne, das zu regu-lieren – wiederum: Riesenaufschrei der betroffenen Lobby. Wie das ausgeht, weiß ich noch nicht. Es gibt Pläne zu regulieren und ich kann nur sagen, es ist rich-tig, wenn das nicht mehr in Bruchteilen von Sekunden, sondern zumindest in Minuten passieren würde: einige Risiken hätten wir dann weniger im Bereich des Tra-dings. (Zwischenruf: Geht das EU-weit oder weltweit?) – Nein, das geht auch EU-weit, Sie können da auch EU-weite Regeln machen. Das heißt natürlich nicht, dass es dann bestimmte Dinge nicht woanders gibt. Aber das ist trotzdem ein Vorteil. (Minute 39:52:) So, jetzt zuletzt noch: die Frage nach den Problemlösungskapazitäten, und ich finde das eine schöne Überleitung zu der Diskussion nachher, denn ich sehe das in der Tat so: Eigentlich, wenn ich ehrlich bin, sind wir alle überfordert. Selbst die in den größeren Fraktionen, die die Arbeit mit mehr Leuten aufteilen können. Wenn man das mal ganz ernsthaft betrachtet, wie technisch vieles von dem ist, was wir da machen, wie groß der Druck aus verschiedenen Richtungen und auch die Zeit, die man real hat, die einzelnen Regulierungsprojekte wirklich so gründlich zu machen wie es nötig ist und gleichzeitig die Notwendigkeit jetzt zu handeln: (Minute 40:34:) Man fragt sich schon, und ich frage mich regelmäßig, ob das Maß an Komplexität im Sys-tem eigentlich dem, was Demokratie leisten kann, ent-spricht. Deshalb finde ich auch die Grundfrage: „Wie-viel Raum sollen Finanzmärkte in unserer Gesellschaft eigentlich haben? Was soll eigentlich von Finanzmärk-ten bestimmt und geregelt werden?“ – die finde ich ab-solut wichtig. Ich kann nur noch einmal wiederholen, was ich vorhin gesagt habe: Wenn ich mich mit dieser Aussage in unseren Ausschuss stelle, dann stelle ich mich in gewisser Weise außerhalb des Diskurses, den wir dort führen und zerstöre damit die Einflussmöglich-keiten, die man dort hat. (Minute 41:16:) Denn man muss Räume, und die Rol-len, die man dort hat, auch in ihrer Logik trennen. Ich glaube, die Zivilgesellschaft, die kritischen Bürgerinitia-tiven und die Medien sollten diese Fragen viel lauter stellen. Und, umgekehrt, innerhalb einer solchen Institu-tion zu sein, gibt einem die Verantwortung mit, in dieser Institution die Spielräume zu nutzen, die es dort gibt. Und die sind im Europaparlament eben viel größer als im Bundestag, weil es bei uns keinen Fraktionszwang gibt und weil es möglich ist, über Parteigrenzen hinweg Mehrheiten zu organisieren. (Minute 41:45:) Und nur dafür, um diese Chance zu nutzen – und wie groß die ist, habe ich an einzelnen Stellen auch erfahren können – darf man sich nicht außerhalb des Diskurses stellen: dann würde ich meine Rolle dort nicht verantwortlich spielen. Jeder hat seine Rolle und diejenigen, die die richtigen Veränderungen wollen, müssen zusammen wirken statt, wie das in Deutschland oft der Fall ist, sich gegenseitig zu beschimpfen. Wenn wir dahin kämen, wären wir schon einen großen Schritt weiter. Und in der Hinsicht freue ich mich auf die nächste Panel mit Christian. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.