2. Sonntag nach Trinitatis, 14. Juni 2015 in der Christuskirche in Niesky Lk 14,15-24 Das große Abendmahl 15 Da aber solches hörte einer, der mit zu Tische saß, sprach er zu ihm: Selig ist, der das Brot ißt im Reiche Gottes. 16 Er aber sprach zu ihm: Es war ein Mensch, der machte ein großes Abendmahl und lud viele dazu. 17 Und sandte seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls, zu sagen den Geladenen: Kommt, denn es ist alles bereit! 18 Und sie fingen an, alle nacheinander, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft und muß hinausgehen und ihn besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. 19 Und der andere sprach: Ich habe fünf Joch Ochsen gekauft, und ich gehe jetzt hin, sie zu besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. 20 Und der dritte sprach: Ich habe ein Weib genommen, darum kann ich nicht kommen. 21 Und der Knecht kam und sagte das seinem Herrn wieder. Da ward der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knechte: Gehe aus schnell auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen und Krüppel und Lahmen und Blinden herein. 22 Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast; es ist aber noch Raum da. 23 Und der Herr sprach zu dem Knechte: Gehe aus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, auf das mein Haus voll werde. 24 Ich sage euch aber, daß der Männer keiner, die geladen waren mein Abendmahl schmecken wird. Liebe Gemeinde! Kommt, denn es ist alles bereit! Das ist die Freudenbotschaft der Christenheit. Die Stunde ist da, das große Fest ist bereitet. Wir dürfen kommen. Gott will unser Leben in ein großes Fest verwandeln. Von allem dürfen wir loslassen und uns freuen, uns erfüllen lassen von der großen Freude, die Gott schenkt. Wenn das stimmt, so hat einmal der Pastorensohn Friedrich Nietzsche skeptisch gegen diese Botschaft eingewandt, wenn das stimmt, erlöster müssten dann mir die Christen aussehen. Jesus erzählt im heutigen Evangelium ein Gleichnis, damit wir zwischen Sicherheit und Gewissheit unterscheiden lernen, damit wir erkennen, wie schnell sich über die große Freude des Evangeliums der Mehltau bloßer Rechtschaffenheit legt. Denn das passiert uns in der Tat jeden Tag von neuem: die große Freude, in der wir als Christen leben dürfen, kommt uns abhanden. In der Regel machen wir dafür die Umstände und andere Menschen verantwortlich. Da ist der alltägliche Stress, die deprimierende Lage in der Welt. Da ist mein Körper, der mich mit Schmerz und Krankheit quält. Da sind andere Menschen, die mich unter Druck setzten, mich ungerecht behandeln, mich ärgern und aufregen. Wie soll ich mich da freuen? Jesus erzählt die Geschichte des Verlustes unserer Freude im Alltag des Lebens etwas anders. Er legt gleichsam ein Vergrößerungsglas darüber. Er verlangsamt den Vorgang des Verlustes der Freude - wie in einer Zeitlupe. Bevor wir uns auf die Welt einlassen, die uns die Freud verdirbt, kommt es bei uns zu einer Wertverschiebung, einer temporären Wertverschiebung. In jeder Zuwendung zur Welt beantworten wir nämlich die Frage: was ist jetzt für mich wichtig? Ich bin Christ. Ja. Ich glaube an Gott. Ja. Ich gehöre zu den Geladenen. Wunderbar. Aber jetzt muss ich erstmal hinausgehen und den Acker besehen, den ich gekauft habe. Da ist diese temporäre Verschiebung, die uns die Freude zunichte macht. Fast wie ein Naturereignis kommt sie über uns. Gerade weil ich zu den Geladenen gehöre, weil ich getauft bin und zum Volk Gottes gehöre, meine ich für eine Zeit lang die Sache mit Gott zurückstellen zu können. Sie ist ja die Voraussetzung meines Lebens und Gott wird mir schon beistehen, aber jetzt ist etwas anderes wichtig. Das interessiert mich jetzt brennend, wie dieser Acker aussieht. Das muss ich jetzt unbedingt ausprobieren, die fünf Ochsengespanne - sie erweitern meine Kraft und Handlungsfähigkeit. Und schließlich muss ich für Menschen da sein, zu denen ich gehöre, Frau, Kinder, Eltern, Freunde. Die beanspruchen mich. Da kann ich für eine Zeit lang die Einladung: Kommt, denn es ist alles bereit, nicht annehmen. Aus unserem praktischen Glauben, wo wir die Einladung Gottes annehmen und uns an seiner Gegenwart freuen, ist der vorausgesetzte Glaube geworden, wo wir uns weiter als Christen, als Geladene betrachten, aber für eine Zeit lang sind uns eben andere Dinge wichtiger geworden. Aus der Glaubensgewissheit ist die falsche Sicherheit geworden. Nun wird auch deutlich, wie das mit dem Zorn des Hausherren zu verstehen ist. Wenn wir ohne den Frieden und die Liebe Gottes im Herzen uns voller Interesse den Dingen der Welt zuwenden, dann dauert es nicht lange, dass wir in Stress geraten, weil es uns zuviel wird, weil alles etwas anders läuft, als wir wollten, weil die Welt eben ihren eigenen Gesetzen gehorcht und einfach eine Nummer zu groß für uns ist. Der Zorn Gottes steckt in den Dingen und Menschen, denen wir ohne Gott nur im vorausgesetzen Glauben begegnen. Aber nun erzählt Jesus zum Glück das Gleichnis weiter. Es gibt eine zweite Sendung der Knechte: Kommt denn es ist alles bereit. Sie gilt uns nicht mehr als solche, die geladen sind, sondern als solche die verloren sind, die verstanden haben, dass sie vor allem und immer einen Helfer brauchen. Denn ohne Gott, ohne praktizierten Glauben, ohne das Gott mit seinem Frieden unser Herz erfüllt, ist unser Leben arm, verkrüppelt, blind und lahm. Ja, die Gewalt der Verhältnisse muss uns immer wieder zwingen, dass wir lernen jener temporären Verschiebung der Wichtigkeiten zu widerstehen. Kommt denn es ist alles bereit. Das gilt zu jeder Stunde. Seid allezeit fröhlich, betet ohne Unterlass, seid dankbar in allen Dingen, das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch. Darin dürfen wir uns, darin sollen wir uns unser ganzes Leben üben. Darin liegt keine Abwertung der Welt und der Menschen, so als ob nur Gott wichtig wäre. Sondern im Gegenteil: So wichtig ist unser Alltag mit seinen vielfältigen Aufgaben, so wichtig sind unsere Mitmenschen, dass wir ihnen nur dann gerecht werden, wenn wir ihnen den Frieden Gottes zuwenden, ihnen in der Freude, die Gott schenkt, begegnen und so selbst zu Trägern der Freudenbotschaft werden, zu Nachahmern der göttlichen Gastfreundschaft: Kommt, es ist alles bereit, schmecket und sehet wie freundlich der Herr ist. Das Gesicht unserer Probleme und Leiden, unseres ganzen Alltags verändert sich grundlegend, wenn wir ihnen nicht im vorausgesetzten sondern im praktizierten Glauben begegnen. Amen.