Medienmitteilung vom 29. Oktober 2014 Solothurn Naturmuseum Solothurn Sonderausstellung: «Das Reh – Durch Anpassung zum Erfolg» 11. November 2014 - 19. April 2015 Das Reh – Durch Anpassung zum Erfolg Das Reh ist aus unserer modernen Kulturlandschaft nicht mehr wegzudenken. Das war nicht immer so: Im 19. Jahrhundert war sein Bestand stark dezimiert. Erst eine konsequente Jagdplanung und ein verbessertes Waldgesetz schufen zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Grundlagen für einen Wiederanstieg der Rehbestände. Heute ist das Reh mit über 125‘000 Tieren die häufigste wildlebende Huftierart und eine der häufigsten Wildtierarten in der Schweiz. Wie kaum eine andere Tierart scheint das Reh mit den vom Menschen beeinflussten Lebensräumen bestens klarzukommen. Was steckt hinter dieser «tierischen» Erfolgsgeschichte? Die Ausstellung «Das Reh – Durch Anpassung zum Erfolg» der Naturmuseen Olten und Thurgau beleuchtet Biologie, Lebensweise und das Zusammenleben des Rehs mit uns Menschen anhand von diversen Präparaten, Filmsequenzen und einzelnen interaktiven Stationen und nimmt die Besucher mit auf eine Reise zu einem scheuen und doch bekannten Waldtier. Facts und Figures 115-70-25: Das sind die durchschnittlichen Körpermasse eines Rehs. Damit gemeint sind rund 115 cm Körperlänge, etwa 70 cm Schulterhöhe und ein durchschnittliches Gewicht von 25 kg, wobei Männchen ein Gewicht von bis zu 36 kg erreichen können und somit deutlich schwerer sind als die Weibchen. Geweih oder Horn? Trägt das Reh ein Geweih oder Hörner? Da es sich um verzweigte Gabeln handelt, welche alljährlich abgeworfen werden, ist es ein Geweih. Dieses besteht im Gegensatz zum Horn aus Knochen und wächst jedes Jahr in neuer Blüte nach. Nur Böcke tragen diesen Kopfschmuck, die Weibchen sind immer geweihlos. Sie brauchen sich ja auch nicht gegen brunftige Konkurrenten zu verteidigen. Aber aufgepasst: Immer reicht dieses Unterscheidungsmerkmal zwischen den Geschlechtern nicht aus, denn im Oktober/November ist eben auch der Rehbock geweihlos… Bambi: Reh oder Hirsch Vorweggenommen: Die Walt Disney-Figur Bambi ist kein Reh sondern ein Hirsch – genau genommen ein Weisswedelhirsch. Der Kenner entlarvt dieses Bambi aufgrund seines Schwanzes als Hirsch, denn Rehe haben keinen Schwanz! In der Originalausgabe von Felix Salten aus dem Jahr 1923 ist Bambi jedoch effektiv ein Rehkitz. Der Grund für diese Verwirrung liegt darin, dass Saltens Geschichte in Europa spielt, Disneys Figuren jedoch in Nordamerika, wo es keine Rehe gibt. Deshalb wurde für die Verfilmung kurzerhand das Reh zu einem Hirsch… Aber ein weisses Tupfenkleid weisen beide auf. Rehkitzrettung Die ersten Lebenswochen sind Rehkitze auf sich allein gestellt und verbringen die Zeit versteckt in der Wiese. Das Muttertier besucht sie nur gerade zum Säugen und Säubern. Die Kitze werden dadurch immer wieder Opfer von Mähmaschinen. Vielerorts leisten Jäger deshalb Hilfe, indem sie Folien und Tücher auf dem zu mähenden Feld aufspannen. Das „Verblenden“ – wie es im Jagdjargon heisst – soll der Rehgeiss zu verstehen geben, dass sie mit ihren Kitzen den Ort verlassen soll. In einer Wanne werden am darauffolgenden Morgen noch die hartnäckigen «Fälle» abtransportiert und an einen sicheren Ort geführt. Fressen, wiederkäuen, fressen, wiederkäuen… Das Reh frisst bis zu zwölf Mal am Tag und gilt als Feinschmecker. Es wählt seine Nahrung gezielt aus und bevorzugt Pflanzen und Pflanzenteile mit einem hohen Energieanteil. Doch relativ zäh sind die Blätter, Kräuter, Knospen, Blüten und Früchte trotzdem. Deshalb ist ein besonderer Verdauungsapparat – ein Wiederkäuermagen – nötig, um die Nahrung verdauen zu können. Dieser spezielle Apparat besteht aus vier Mägen, wobei das Futter erst beim zweiten Durchgang in den letzten Magen, den Labmagen, gelangt. Dort, wo auch die effektive Verdauung stattfindet. Zwischen den Phasen der Nahrungsaufnahme wird wiedergekäut – mindestens zwölf Mal. Viel Zeit für anderes als Fressen bleibt dem Reh also nicht. Zur häufigsten Tierart der Schweiz hochgestiegen Heute gibt es in der Schweiz über 125‘000 Rehe, 40‘000 davon werden jährlich erlegt. Sie sind somit die häufigste Huftierart in unserem Land. Das war nicht immer so: Mitte des 19. Jahrhunderts waren Reh, Hirsch und Steinbock ganz und die Gämse fast ausgerottet. Die zunehmenden technischen Möglichkeiten bei der Jagd waren der Grund, dass sich viele Wildtiere in der Schweiz nicht mehr halten konnten. Erst das erste eidgenössische Jagdgesetz von 1875 brachte wieder eine Zunahme der Wildbestände. Das Reh fand den Weg von Süddeutschland zurück in die Schweiz, so dass bereits 1920 der grösste Teil des Juras und des Mittellands wieder besiedelt war. Seine Fähigkeit, sich an unsere Kulturlandschaft anzupassen und sich an menschliche Aktivitäten zu gewöhnen, hat die Rückeroberung bis in die Alpen zusätzlich gefördert. Dass die Schweiz ganz lange grossraubtierlos war, hat das Seine dazu beigetragen. Reh im Kanton Solothurn Das Reh ist auch im Kanton Solothurn die häufigste Huftierart. Dies zeigt sich in der Statistik der erlegten Tiere und des Fallwilds. So wurden im Jahr 2013 insgesamt 1930 Tiere auf der Jagd erlegt. Knapp 400 Tiere sind ausserdem durch einen Autounfall ums Leben gekommen. Das sind rund 60% des Fallwildes. Natürliche Feinde sind hauptsächlich die Grossraubtiere Luchs und Wolf. Für Kitze sind auch Füchse gefährlich. Auch werden die Tiere von Hunden gehetzt und gejagt. Deshalb macht die Leinenpflicht im Wald und in Waldrandnähe insbesondere während der Setzzeit Sinn. Auch im Winter, wenn die Nahrung knapp ist, haben Störungen durch Mensch und Hunde grossen Einfluss auf das Überleben von Wildtieren. Energieaufwändige Fluchten durch den Schnee und fehlende Ruhe für das Wiederkäuen sind massgeblich für das Verenden in der kalten Jahreszeit verantwortlich. Das Reh – bekannt und doch nicht Die Sonderausstellung «Das Reh – Durch Anpassung zum Erfolg», welche von den Naturmuseen Olten und Thurgau erstellt wurde, informiert lebendig und mit sachlicher Tiefe über die Biologie, Lebensweise und das Zusammenleben mit uns Menschen. Anschauliche Präparate, spannende Texte und interaktive Elemente beleuchten einzelne Aspekte des Rehs und machen den Museumsbesuch zu einem Erlebnis. Für Lehrpersonen steht pädagogisches Material kostenlos zur Verfügung. Es sind dies ein Rehkoffer mit Präparaten und Aufträgen sowie ein Lehrerheft mit Hintergrundinformationen und Arbeitsblättern, gratis herunterzuladen von unserer Internetseite www.naturmuseumso.ch. Bilder (mit Bildnachweis!) Plakat zur Sonderausstellung mit dem Foto von Stephan Rolfes, Wechta (D) (Naturmuseum Solothurn, zvg) Rehkitz Foto von Stephan Rolfes, Wechta (D) (Naturmuseum Solothurn, zvg) Weitere Bilder werden auf unserer Internetseite www.naturmuseum-so.ch aufgeschaltet werden. Anlässe zur Sonderausstellung Vernissage «Das Reh – Durch Anpassung zum Erfolg», 11. November 2014, 18.30 Uhr Gerne laden wir Sie am Dienstag, 11. November 2014 um 18.30 Uhr zur Vernissage der neuen Sonderausstellung ein. Es spricht unter anderem Dr. Hannes Geisser, Direktor des Naturmuseums Thurgau. Der Anlass ist öffentlich, der Eintritt frei. Lehrereinführung in die Sonderausstellung, 11. November 2014, 17-18.30 Uhr Joya Müller, Museumspädagogin, führt Lehrpersonen am Dienstag 11. November 2014 von 17 Uhr bis 18.30 Uhr durch die Sonderausstellung «Das Reh». Anschliessend besteht die Möglichkeit, an der Vernissage teilzunehmen. Anmeldung über die Fachhochschule Nordwestschweiz (www.fhnw.ch/iwb/kurse, Suchbegriff: "Reh"). (Gross)Vater-Kind-Workshop «Reh & Hirsch: Mama & Papa?», 13. Dezember 2014, 9.30-11.30Uhr Workshop zur Sonderausstellung für Kinder ab 6 Jahren und ihren (Gross)-Vater. Eine Anmeldung ist erforderlich. Eckdaten Naturmuseum Naturmuseum Solothurn, Klosterplatz 2, 4500 Solothurn, Tel. 032 622 70 21, www.naturmuseum-so.ch, [email protected] Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 14 - 17 Uhr, Sonntag 10 - 17 Uhr. Schulen und Gruppen auch vormittags nach Anmeldung: Tel. 032 622 70 21 Klosterplatz 2, 4500 Solothurn, www.naturmuseum-so.ch Kontakt: Thomas Briner, Leiter: 032 622 70 21, Email: [email protected] Joya Müller, Museumspädagogin: 032 622 70 21, Email: [email protected]