13. IZZ-presseforum, 15. Juni 2007, Tübingen Z a h n m e d i z i n i n T h e o r i e u n d P r a x i s Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universitätsklinikum Tübingen 1. Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie bei Kindern Folgen der Milchzahnkaries (Es gilt das gesprochene Wort) von Dr. Susanne Handtmann Oberärztin Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie 2 In den letzten Jahren wird dank prophylaktischer Maßnahmen bei den meisten jugendlichen Patienten ein deutlicher Rückgang der Karies an den bleibenden Zähnen beobachtet. Im Milchgebiss ist dagegen der Kariesrückgang gering. Bei einem Teil der Kleinkinder ist der Kariesbefall sogar besonders stark. Vor allem stellt die frühkindliche Karies „Early Childhood Caries“ bzw. „Nursing bottle syndrom“, deren Ursache hauptsächlich durch fehlerhafte Ernährung mit zuckerhaltigen und säurehaltigen Getränken in Nuckelflaschen zu suchen ist, noch immer ein großes Problem dar. Neben der Ernährung spielen die orale Mikroflora, wie z. B. der Streptokokkus mutans und die Speichelzusammensetzung eine wichtige Rolle. Auch werden Vorschädigungen in Form einer mangelhaften Mineralisation des Schmelzes diskutiert. In Deutschland geht man von einer Kariesprävalenz von 3 bis 7 Prozent der 3-Jährigen und von 20 bis 30 Prozent der 4- bis 5-Jährigen aus, die zudem mit einem niedrigen Sanierungsgrad einhergehen. Bei der frühkindlichen Karies ist typisch, dass zunächst die gingivalen und buccalen Bereiche der Oberkieferfrontzähne demineralisiert werden. Anschließend findet oft eine schnelle Zerstörung der gesamten Zahnkronen statt. Häufig betroffen sind auch die 1. Milchmolaren im Oberkiefer, die Unterkieferfrontzähne dagegen seltener. Eines der Hauptprobleme stellt die mangelnde Mitarbeit der Eltern und die Schwierigkeit der Behandlung von Kleinkindern dar. Aufgrund der altersbedingten eingeschränkten Kooperationsfähigkeit können umfangreiche restaurative Maßnahmen häufig nur in Voll- D:\68620074.doc 3 narkose durchgeführt werden. Häufig sind die Milchzähne so stark zerstört, dass sie extrahiert werden müssen. Die Aufgaben des Milchgebisses bestehen im Wesentlichen in der Sicherstellung der Kaufunktion, Platzhalter für die bleibenden Zähne, Erhaltung der vertikalen Abstützung des Ober- und Unterkiefers bis zum Durchbruch der bleibenden Zähne. Als mögliche Folgen unbehandelter Milchzahnkaries kann es neben Zahnschmerzen auch zu Eiterungen, Fistel- und Abszessbildungen sowie zu Schmelzschädigungen der bleibenden Zahnkeime kommen. Als Folge des vorzeitigen Milchzahnverlustes kann es zu Kippungen und Wanderungen der Nachbarzähne kommen. Häufig treten Lückeneinengungen vor allem nach frühzeitigem Verlust der 2. Milchmolaren ein. Durch Verlust der Stützzonen kann es auch zu Zahnund Kieferfehlstellungen kommen. Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass der anatomische Aufbau der Milchzähne durch einen dünneren Schmelzmantel und einen geringeren Mineralgehalt des Schmelzes gekennzeichnet ist. Deshalb kann sich die Karies an Milchzähnen schneller ausbreiten. Aus diesem Grund müssen die prophylaktischen Maßnahmen insbesondere bei Kleinkindern verbessert werden. Prophylaktische Maßnahmen : 1. Aufklärung der werdenden Mutter (Primär-Primärprophylaxe) a. Intensivierung der Mundhygiene bereits in der Schwangerschaft, Sanierung der Zähne zur Reduktion der kariogenen Keime D:\68620074.doc 4 b. Verhalten der Eltern: Übertragung des Streptokokkus mutans vermeiden bzw. minimieren. 2. Maßnahmen beim Kleinkind „Primär-Prophylaxe“ a. Frühzeitige Mundhygiene beim Kleinkind mit Entfernung der weichen Beläge (Plaque) b. Spätestens ab dem 30. Lebensmonat Vorstellung beim Zahnarzt zur Früherkennungsuntersuchung Ernährungslenkung 1. Zuckerkonsum reduzieren ggf. Zuckeraustauschstoffe verwenden 2. Kauzwingende Nahrung 3. keine gesüßten Tees in Nuckelflaschen verwenden Fluoridierungsmaßnahmen 1. frühzeitige lokale Anwendung von Fluoriden in Zahnpasten, bereits ab dem 1. Zahn und ab dem 3. Lebensjahr zusätzliche Verwendung von fluoridiertem Speisesalz, ggf. fluoridhaltige Lacke oder Spüllösungen usw. 2. systemische Anwendung von Tabletten, nur wenn keine lokale Fluoridierung oder fluoridiertes Speisessalz verwendet wird. Die Dosierung richtet sich nach dem örtlichen Trinkwasserfluoridgehalt. Nach den Empfehlungen der DGZMK wird wegen der Gefahr einer Dentalfluorose die lokale Fluoridierung bevorzugt. D:\68620074.doc