Hinweis: Dieses Protokoll stammt von der Seite www.chids.de (Chemie in der Schule). Dort können unterschiedliche Materialien für den Schulunterricht herunter geladen werden, unter anderem hunderte von Experimentalvorträgen so wie der vorliegende: http://online-media.uni-marburg.de/chemie/chids/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.html Philipps – Universität – Marburg Fachbereich Chemie LA Übungen im Experimentalvortrag Leitung: Dr. J. Butenuth Dr. E. Gerstner Prof. Dr. H. Perst Ausarbeitung zum anorganischen Experimentalvortrag mit dem Thema: Chemie des Schwefels SS 2001 Vortrag vom 2. 5. 2001 Referent: Jan Moch Violastraße 17 35039 Marburg Inhaltsverzeichnis: Geschichtliches Modifikationen des Schwefels Phasendiagramm des Schwefels Gewinnung des Schwefels Versuch 1 : Rauchgasentschwefelung Halogenverbindungen des Schwefels Versuch 2 : Darstellung von S2Cl2 / SCl2 Versuch 3 : Kaltvulkanisation von Naturkautschuk Salze der Schwefeloxosäuren Versuch 4.1 : Lösen eines AgBr – Niederschlages mit Hilfe des Thiosulfations Versuch 4.2 : Reduzierende Wirkung des Dithionits auf eine CuSO4 – Lösung Versuch 4.3 : Reduzierende Wirkung des Disulfits in Abhängigkeit des pH – Wertes Versuch 4.4 : Aufschluss von Fe2O3 mit Hilfe von Disulfat Versuch 4.5 : Oxidierende Wirkung des Peroxodisulfates auf Mn2+ - Ionen Schwefeldioxid als Konservierungsmittel Versuch 5 : Titrimetrische Bestimmung des SO2 – Gehaltes im Wein Gefahren für Umwelt und Gesundheit Versuch 6: Rauchgasentschwefelung Geschichtliches: Das Element Schwefel beflügelte seit jeher die Phantasie der Menschen. Schon im ersten Buch Moses wird beschrieben, wie der Herr Feuer und Schwefel über die Städte Sodom und Gomorrha regnen ließ. Dass Schwefel schon lange vor Christi bekannt war, liegt zum einen an der Häufigkeit des Elementes. So beträgt der Massenanteil in der Erdkruste 0,034%. Damit steht Schwefel an 16. Stelle der häufigsten Elemente. Zum anderen kommt Schwefel oft elementar vor. Der Tatsache, dass elementarer Schwefel zumeist bei Vulkanen gefunden wurde, verdankt der Schwefel seinen Platz in der Mythologie. Die Ägypter nutzten 2000 v.Chr. bereits schweflige Säure um ihre Stoffe zu bleichen und Homer beschrieb ca. 700 v.Chr. das Verfahren der Weinschweflung. Er ging sogar so weit, dass er empfahl, Wohnhäuser regelmäßig zu schwefeln, um sie von Ungeziefer zu befreien. Um 1245 n.Chr. erlangte der Schwefel durch die Erfindung des Schießpulvers eine ganz neue Bedeutung. Die mit Abstand technisch wichtigste Schwefelverbindung ist die Schwefelsäure. Ihre Entdeckung geht auf das späte Mittelalter zurück. Im 16.– 18. Jh. konnte Schwefeltrioxid (und damit Schwefelsäure) nur durch thermische Zersetzung von Vitriolen (Metallsulfaten) hergestellt werden (NordhäuserVerfahren). Erst 1746 wurde das Bleikammerverfahren entwickelt, bei welchem ein SO2Luft-Gemisch mit Stickoxiden und eingesprühtem Wasser bei 80°C zu „Kammersäure“ (70–80%iger Schwefelsäure) umgesetzt wurde. Dieses Verfahren wurde 1831 durch das Kontaktverfahren abgelöst, welches in modifizierter Form bis heute zur Schwefelsäurengewinnung genutzt wird. Seit 1964 werden die meisten Schwefelsäureproduktionsanlagen nach dem BayerDoppelkontakt-Verfahren gebaut oder darauf umgestellt. In den Blickpunkt des Interesses gelangte der Schwefel auch im Jahre 1839. Damals entdeckte Charles Goodyear die Vulkanisierung von natürlichem Kautschuk mit Hilfe von erhitztem Schwefel. Dieses Verfahren wurde mittlerweile durch das Kaltvulkanisationsverfahren mittels Schwefelchlorid abgelöst. Trotz des hohen Interesses an dem Element Schwefel wurde erst 1809 von J.L. Gay – Lussac und L.J. Thenard eindeutig nachgewiesen, dass es sich bei Schwefel um ein Element handelt. Modifikationen des Schwefels: - Schwefel : Der natürlich vorkommende Schwefel besteht aus 16 S8 – Molekülen pro Elementarzelle ( - Schwefel, rhombisch) - Schwefel : Bei 95,6 °C erfolgt reversible Umwandlung zu Schwefel (monoklin, ebenfalls S8 – Moleküle) - Schwefel : Bei 119,6 °C schmilzt der Schwefel, es bleiben weiterhin die S8 – Moleküle intakt - Schwefel : Bei weiterer Temperaturerhöhung bilden sich vermehrt Moleküle von S6 – S26 - Schwefel : Bei 159 °C nimmt die Viskosität schlagartig zu, die Schmelze wird rotbraun und die Molekülgröße nimmt auf 10 3 – 106 Schwefelatome pro Kette zu. Beim Abschrecken in kaltem Wasser entsteht plastischer Schwefel von ähnlicher Kettenlänge. gasförmiger Schwefel : Bei 444,6 °C siedet der Schwefel. Die Molekülgröße ist hier temperaturabhängig. - Schwefel(s) - Schwefel(l) 95,6°C 159°C - Schwefel(s) Schwefel(l) 119,6°C - Schwefel(l) 444,6°C Gasphase(g) Phasendiagramm des Schwefels In der Gasphase besteht der Schwefel zunächst aus ca. 80% aus S8 – Molekülen. Mit Zunahme der Temperatur nimmt die Anzahl der S2- , S4- und S6 – Moleküle zu. Bei ca. 1000 °C besteht der Schwefeldampf fast nur noch aus S 2 – Molekülen. Gewinnung des Elements Schwefel Etwa 40% der Weltproduktion an Schwefel basiert auf Lagerstättenabbau von Elementarschwefel. Dieser ist durch bakterielle Reduktion von Sulfaten durch Mikroorganismen entstanden. Der Schwefel lagert hier in ein Tiefe von ca. 400 – 800 m. Zum Abbau der Schwefelvorkommen ist das Frasch – Verfahren entwickelt worden. Bei diesem Verfahren wird ein Rohr von 25 cm Durchmesser in das schwefelhaltige Gestein eingetrieben. Innerhalb dieses Rohres befinden sich zwei weitere Rohre (siehe Zeichnung). durch das äußere Rohr wird überhitztes Wasser von 155°C unter einem Druck von 25 bar eingepresst. Dadurch schmilzt der Schwefel. Durch das innere Rohr tritt heiße Pressluft ein, welche den geschmolzenen Schwefel im mittleren Rohr nach oben presst. Das Frasch – Verfahren verliert mehr und mehr an Bedeutung, da elementarer Schwefel als Abfallprodukt bei der Entschweflung H2S – haltiger Industrieabgase entsteht. Dazu wird ein Teil des H2S – Gases mittels Lufteinspeisung zu SO2 und H2O verbrannt. H2S + 3/2 O2 H2O + SO2 H°= - 518 KJ/mol Das SO2 reagiert nun bei 300°C mit H2S unter Komproportionierung zu S8 und H2O. Dazu werden in der Technik die verschiedensten Katalysatoren angewandt. Dies liegt daran, dass man bei der Wahl des Katalysators auch die weiteren Bestandteile des Abgases berücksichtigen muss. 2H2S(g) + SO2(g) 3/8 S8(l) + 2H2O(g) H°= - 293 KJ/mol Versuch 1 Claus - Prozess Chemikalien: SO2 , H2S , Wasser Geräte: 2 Kolbenprober, U – Rohr mit seitlichen Abgängen, Stativmaterial Aufbau: Durchführung: Ein Kolbenprober wird mit 60 ml H2S – Gas, ein weiterer wird mit 30 ml SO2 – Gas gefüllt. Weiterhin wird ein U – Rohr mit einigen ml Wasser gefüllt. Die Apparatur wird nach obiger Abbildung zusammengebaut. Durch Hin- und Herschieben der Kolben vermischen sich die Gase mit dem Wasser. Dadurch tritt eine Komproportionierungsreaktion ein und es scheidet sich kolloidal gelöster, elementarer Schwefel im Wasser ab. Weiterhin ist eine Volumenreduktion in den Kolben zu beobachten. Reaktionsgleichungen: Bei Raumtemperatur reagieren H2S und SO2 nicht miteinander. Beide Gase müssen zuerst mit Wasser reagieren. SO2 (g) + 3H2O 2H3O+(aq) + SO32-(aq) pKs1: 1,8 ; pKs2: 7,0 H2S (g) + 2H2O 2H3O+(aq) + S2-(aq) pKs1: 7 ; pKs2: 12,89 Die in Wasser gelösten Gase reagieren auch bei Raumtemperatur miteinander. 2H2S(g) + SO2(g) 3/8 S8(s) + 2H2O(g) H°= - 293 KJ/mol Halogenverbindungen des Schwefels Oxidationszahl +6 Typ der Verbindung SX6 F Cl Br I SF6 +5 X5SSX5 S2F10 +4 SX4 SF4 SCl4 +2 SX2 SF2 SCl2 +1 XSSX FSSF ClSSCl BrSSBr ISSI +1 SnX SnCl2 SnCl2 Schwefel bildet mit Jod nur eine Verbindung, die bei Raumtemperatur nicht beständig ist. Die Schwefelbromverbindungen leiten sich alle von Polysulfanen ab. Unter den Schwefelchlorverbindungen ist S2Cl2 die einzige stabile und technisch relevante Verbindung. Mit Fluor erreicht der Schwefel seine maximale Oxidationszahl von +6. Bis auf Schwefelhexafluorid (SF6) sind alle Schwefelhalogenverbindungen hydrolyseempfindlich. SF6 wird als gasförmiger Isolator in Hochspannungsanlagen genutzt. SF4 findet Verwendung als Fluorierungsmittel und S2Cl2 wird zur Kaltvulkanisation von Naturkautschuk eingesetzt. Alle anderen Schwefelhalogenide sind primär nur für Forschungszwecke interessant. Versuch 2 Darstellung von SCl2 / S2Cl2 Chemikalien: MnO2 , HCl(aq) , H2SO4 , Schwefel, Na2CO3 , Schutzgas (N2) Geräte: Gaseinleitungsrohr, Tropftrichter mit Druckausgleich, Dreihalskolben, 2 Magnetrührer mit Rührfisch, 4 Gaswaschflasche, Zweihalskolben, Destillationsbrücke, Thermometer, Rundkolben, Silikonölbad Aufbau: Durchführung: Die Apparatur wird wie oben beschrieben aufgebaut (siehe Abbildung). Die gesamte Apparatur wird anschließend mit N2 gespült, um zu verhindern, dass der Schwefel zu brennen anfängt. Der Schwefel wird nun in einem Silikonölbad geschmolzen. Sobald er geschmolzen ist, wird Salzsäure zu dem pulverförmigen MnO2 getropft. Das dabei entstehende Chlor reagiert mit dem Schwefel zu S2Cl2, welches überdestilliert und in einem kleinen Rundkolben aufgefangen wird. Das S2Cl2 reagiert teilweise mit dem überschüssigen Chlor zu SCl 2. In der nachgeschalteten Gaswaschflasche wird das übrige Chlor mit Na 2CO3 – Lösung neutralisiert. Reaktionsgleichungen: In einer Gasentwicklerapparatur wird Cl2 hergestellt: 4HClkonz. + MnO2 Mn2+(aq) + 2Cl- (aq) + 2H2O + Cl2 (g) Das Cl2 reagiert nun mit dem geschmolzenen Schwefel: Cl2 (g) + 2/8 S8 (l) S2Cl2 (g) Sdp S2Cl2 : 136°C S2Cl2 reagiert mit Cl2 weiter: S2Cl2 (g) + Cl2 (g) 2 SCl2 (g) Sdp SCl2 : 59°C Überschüssiges Chlor wird absorbiert: 2Na+(aq) + CO32-(aq) 2Na+(aq) + HCO3- + OHCl2 + OH-(aq) OCl-(aq) + Cl-(aq) + H2O 3OCl-(aq) + ClO3-(aq) + 2Cl- Eigenschaften der Verbindung S2Cl2: MKA – Wert 6 mg/m3 = 1ppm Sdp: 136°C S2Cl2 ist hydrolyseempfindlich: 2S2Cl2(l) + 2H2O(l) 3/8 S8(s) + SO2(g) + 4HCl(g) S2Cl2 löst bis zu 67% Schwefel. Es wird als Sulfidierungs- u. Chlorierungsmittel eingesetzt. Kaltvulkanisation von Kautschuk (Goodyear – Verfahren) Versuch 3 Kaltvulkanisation von Naturkautschuk Chemikalien: Latexmilch ( im Farbenfachhandel zu erwerben), S2Cl2 / SCl2 Geräte: Weithals – Erlenmeyerkolben, Stopfen mit 2 Bohrungen, Einwegspritze, Magnetrührer mit Rührfisch, PVC – Schlauch Durchführung: In einem Erlenmeyerkolben wird etwas Latexmilch vorgelegt. Diese wird mittels eines Magnetrührers gerührt. Der Erlenmyerkolben wird mit einem Gummistopfen mit zwei Bohrungen verschlossen. In die eine Bohrung wird eine Einwegspritze mit ca. 0,5 ml S2Cl2 / SCl2 eingeführt. Durch die andere Bohrung wird ein PVC – Schlauch geführt, welcher direkt in den Abzugsschacht geleitet wird. Dadurch soll die Geruchsbelästigung minimiert werden. Lässt man nun den Inhalt der Spritze in die Latexmilch tropfen, so bildet sich schlagartig ein kleiner Gummiball. Geschichtliches: Charles Goodyear (1800- 1860) entdeckte im Jahre 1839, dass man mit Hilfe von heißem, elementarem Schwefel konjugierte Diene polymerisieren kann. Bald merkte man, dass der Gummi aus Naturkautschuk nicht besonders langlebig war. So entwickelte man kurz nach der Jahrhundertwende die ersten künstlichen Kautschuke. Einer der ersten künstlichen Kautschuke war Methylkautschuk, welcher aus dem Polymerisationsprodukt von 2,3-Dimethyl1,3-butadien entstand. Dieser erlangte jedoch keine größere Bedeutung. Der erste brauchbare Synthesekautschuk wurde 1910 von Harries bzw. Mathews u. Strange entwickelt. Dieser wurde zunächst von der BASF durch Polymerisation von 1,3-Butadien mit feinverteiltem Na-Metall als Katalysator hergestellt. Diesem Produkt gab man den Namen Buna. Durch angehängte Ziffern beschrieb man die Viskosität. Später experimentierte man mit Mischpolymerisaten von Butadien und Styrol bzw. Acrylnitril (Perbunan® N). Durch die Entwicklung moderner Katalysatoren (Ziegler-Natta-Katalysatoren) wurde es möglich, auch andere Monomere für die Copolymerisation zu nutzen. In der Bundesrepublik wird bei den Bunawerken Hüls (BWH) bis heute eine große Zahl verschiedener Kautschuke hergestellt. Ferner liefert BWH Produkte ihrer französische Tochtergesellschaft Buna France. Auch in der DDR wurden Synthesekautschuke unter dem Warenzeichen Buna vertrieben. Reaktionsgleichung: Strukturformel des Nauturkautschuks Naturkautschuk ist aus Isopreneinheiten aufgebaut, an deren Doppelbindungen Additionsreaktionen stattfinden können. Nach diesem Verfahren wird auch heute noch Kautschuk zu Gummi verarbeitet. Die Härte des Gummis kann man über die Menge des zuzugegebenen S 2Cl2 steuern. Weiterhin werden in der Industrie verschiedene Vulkanisationsverzögerer oder Beschleuniger zugegeben. Oftmals werden dem Kautschuk vor der Vulkanisation Pigmente zugesetzt. So kommt zum Beispiel die schwarze Farbe der Autoreifen durch einen Zusatz von Graphit zustande. Versuch 4.1 Lösen eines AgBr – Niederschlages mit Hilfe des Thiosulfations Chemikalien: AgNO3 – Lösung c = 0,1 mol/l , NaBr – Lösung c = 0,1 mol/l , Na2S2O3 – Lösung c = 1 mol/l Geräte: PVC – Fläschchen, Reagenzglas Durchführung : Ein Reagenzglas wird zur Hälfte mit Wasser gefüllt. Nun wird ca. 1 ml NaBr – Lösung zugegeben. Im Anschluss daran gibt man ca. 1 ml AgNO 3 – Lösung hinzu. Sofort fällt ein Niederschlag von AgBr aus. Gibt man nun mehrere ml der Na2S2O3 – Lösung hinzu löst sich der Niederschlag auf. Reaktionsgleichung / Erläuterung: In der Photographie nutzt man das Thiosulfat als Fixiersalz, um überschüssiges AgBr von dem Fotopapier zu entfernen. AgBr + 2 Na2S2O3(aq) [Ag(S2O3)2]3-(aq) + 4Na+(aq) + Br –(aq) Dabei wird das Silberbromid als Thionatkomplex in Lösung gebracht. Bei zu geringen S2O32- - Konzentrationen kann auch das schwer lösliche Ag2(S2O3) ausfallen oder ein Komplex mit nur einem Thiosulfatmolekül entstehen Ag[S2O3]-. Eigenschaften des Thiosulfates: Das Thiosulfat ist ein Reduktionsmittel. Mit schwachen Oxidationsmitteln wie I2 reagiert es zu Tetrathionat: 2SSO32-(aq) + I2(aq) -O3S-S-S-SO32-(aq) Stärkere Oxidationsmittel oxidieren das Thiosulfat bis zum Sulfat: Na2S2O3(aq) + 4Cl2(aq) + 5H2O Na2SO4(aq) + H2SO4(aq) + 8HCl(aq) Versuch 4.2 Reduzierendes Wirkung des Dithionits auf eine CuSO4 – Lösung Chemikalien: CuSO4 – Lösung c = 0,1 mol/l , Na2S2O4 – Lösung c = 1 mol/l Geräte: PVC – Fläschchen, Reagenzglas Durchführung : Ein Reagenzglas wird zu 2/3 mit Na2S2O4 – Lösung gefüllt. Nun werden einige ml CuSO4 – Lösung hinzugegeben. Nach einigen Sekunden zeigt sich ein Überzug von elementarem Kupfer an der Reagenzglaswand. Reaktionsgleichung: Das Dithionit ist ein starkes Reduktionsmittel. Cu2+(aq) + S2O42-(aq) Cu + 2SO2 (g) Die Reaktion verläuft über Radikale. Versuch 4.3 Reduzierende Wirkung des Disulfits in Abhängigkeit des pH – Wertes Chemikalien: AgNO3 – Lösung c = 0,1 mol/l , Lösung c = 1 mol/l Na2S2O5 – Lösung c = 1 mol/l, NaOH - Geräte: PVC – Fläschchen, Reagenzglas Durchführung : Ein Reagenzglas wird zur Hälfte mit Na2S2O5 – Lösung gefüllt. Nun gibt man einige ml AgNO3 – Lösung hinzu. Daraufhin fällt ein weißer Niederschlag aus. Gibt man nun einige ml NaOH – Lösung hinzu, fällt elementares, schwarzes Silber aus. Reaktionsgleichung: In wässriger Lösung steht Disulfid mit Sulfid in einer Gleichgewichtsreaktion: Durch die Zugabe von Silbernitrat wird das Löslichkeitsprodukt für die folgende Substanzen überschritten. Durch das in wässriger Lösung bestehende Gleichgewicht von Disulfit und Sulfit können folgende Silbersalze ausfallen: Ag2S2O5 AgHS2O5 Ag2SO3 AgHSO3 Die reduzierende Wirkung des Disulfids in wässriger Lösung ist auf das Sulfidion zurückzuführen. Wie aus der Reaktionsgleichung ersichtlich, ist das Redoxpotential des Sulfidions pH – abhängig. SO32-(aq) + 2OH-(aq) SO42-(aq) + H2O + 2e- Durch Zugabe von OH- kann das SO3- seine reduzierende Eigenschaft entfalten: 2Ag+(aq) + SO32-(aq) + 2OH- 2Ag + SO42-(aq) + H2O Abschätzung des pH – Wertes einer Disulfid – Lösung Bei der folgenden Abschätzung wird davon ausgegangen, dass die Anwesenheit des Disulfidions nicht zu einer pH – Wertänderung führt. SO2 + 2H2O HSO3- + H2O H3O+(aq) + HSO3-(aq) pKs = 1,8 H3O+(aq) + SO32-(aq) pKs = 7,0 Eine HSO32- - Lösung hat einen pH – Wert von pH = ( pKs1 + pKs2 ) 2 pH = ( 1,8 + 7,0 ) 2 pH = 4,4 Der pH – Wert ist weitgehend unabhängig von der Salzkonzentration Versuch 4.4 Aufschluss von Fe2O3 mit Hilfe von Disulfat Chemikalien: Na2S2O7 , Fe2O3 , K4[Fe(CN)6] - Lösung c = 0,1 mol/l Geräte: PVC – Fläschchen, 2 Reagenzgläser, Bunsenbrenner, Tiegelzange Durchführung : In beide Reagenzgläser wird ca. 100mg Natriumdisulfat gegeben. Weiterhin gibt man in beide Reagenzgläser jeweils eine kleine (!) Spatelspitze Fe 2O3. Nun wird eines der beiden Reagenzgläser so lange erhitzt, bis das Gemisch geschmolzen ist. Nach dem Abkühlen werden beide Reagenzgläser bis zur Hälfte mit Wasser gefüllt. Um das Gemisch zu lösen, wird nun nochmals kurz erhitzt. Es wird nun in beide Reagenzgläser etwas K4[Fe(CN)6] - Lösung gegeben. In dem Reagenzglas, in dem das Gemisch zuvor geschmolzen worden ist, bildet sich Berliner Blau, während in dem anderen Reagenzglas keine Farbreaktion zu beobachten ist. Reaktionsgleichungen Durch Hydrolyse entsteht aus Disulfat Sulfat: Aufschluss des Eisenoxids (Säure – Base – Reaktion nach Lewis) : Fe2O3 + 3K2S2O7 Fe2(SO4)3 + 3K2SO4 Gemisch wird geschmolzen Nachweis mittels gelbem Blutlaugensalz: Fe3+ + K4[Fe(CN)6] KFe[Fe(CN)6] lösl. Berliner Blau Versuch 4.5 Oxidierende Wirkung des Peroxodisulfates auf Mn2+ - Ionen Chemikalien: K2S2O8 , MnCl2 - Lösung c = 0,1 mol/l , AgNO3 - Lösung c = 0,1 mol/l , NaOH Lösung c = 1 mol/l Geräte: PVC – Fläschchen, Reagenzglas, Bunsenbrenner, Tiegelzange Durchführung : In ein Reagenzglas wird ca. 1g Kaliumperoxodisulfat gegeben. Weiterhin werden 1 Tropfen AgNO3 – Lösung und 2 Tropfen MnCl2 – Lösung hinzugegeben. Nun wird das feuchte Gemisch mit einigen ml NaOH – Lösung überschichtet und über dem Bunsenbrenner erhitzt. Sobald die Lösung aufschäumt, wird das Reagenzglas von der Flamme entfernt. Es zeigt sich nach einigen Sekunden die typisch violette Farbe des MnO4- - Ions. Reaktionsgleichungen Die Peroxodischwefelsäure hydrolysiert in wässrigem Milieu zu Peroxomonoschwefelsäure (= Carosche Säure ) und Schwefelsäure. Analog reagieren auch die dazugehörigen Salze (Peroxodisulfate). Die Carosche Säure ist ebenfalls hydrolyseempfindlich und hydrolysiert zu Schwefelsäure und Wasserstoffperoxid. Die eigentliche Oxidationswirkung des Peroxodisulfats geht letztlich auf das Wasserstoffperoxid zurück. Silberionen wirken bei dieser Reaktion katalytisch. Durch Zugabe von NaOH – Lösung werden die bei der Reaktion entstehenden Protonen abgefangen. Dadurch wird das Reaktionsgleichgewicht auf die rechte Seite hin verschoben. 5S2O82- +2Mn2+ +24H2O 10SO42- + 2MnO4- + 16H3O+ Versuch 5 Titrimetrische Bestimmung des SO2 – Gehaltes in Wein nach Dr. Rebelein Einleitung: Die Verwendung von elementarem Schwefel zum Ein- oder Aufbrennen der Gärfässer bei der Weinherstellung wurde schon von den Griechen und Römern praktiziert. Im 15. Jahrhundert wurde das Schwefeln des Weines oftmals verboten oder stark reglementiert. So erließ Kaiser Maximilian 1497 ein Gesetz, wonach maximal 1 Loth Schwefel (= 16 g) auf einen Funder ( 1200 – 1500 l ) Wein verwendet werden durfte. Das Schwefeln des Weines ist bis in die heutige Zeit eine gängige Praxis. Es wurde schon mehrfach versucht, das Schwefeldioxid durch andere Konservierungs – und Antioxidationsmittel zu ersetzen. Gute Erfahrung hat man mit L – Ascorbinsäure gemacht. Neben der konservierenden Wirkung vermag die im Wein vorliegende schweflige Säure außerdem eine Reaktion mit Aldehyden und Ketonen einzugehen. Dabei ist besonders die Reaktion mit dem im Wein vorliegenden Acetaldehyd zu acetaldehydschwefliger Säure von Interesse. Die Anwesenheit von freiem Acetaldehyd wird geschmacklich als unangenehm empfunden. Aus diesem Grund wird das Schwefeln des Weines von den meisten Winzern weiterhin als unumgänglich angesehen. Da die schweflige Säure auch mit verschiedenen Zuckern (Aldosen und Ketosen) reagiert, richten sich die Grenzwerte an schwefliger Säure nach dem Zuckergehalt des Weines. Das Verwenden von Schwefeldioxid in Lebensmitteln ist gesundheitlich bedenklich. Bei empfindlichen Menschen können Allergien, Krämpfe und Vitamin-B1-Mangelerscheinungen bei oralem SO2(aq)- Konsum auftreten. Weinart Rotwein bis 5 g/l Zucker Rotwein über 5 g/l Zucker Weißwein u. Rosé bis 5 g/l Zucker Weißwein u. Rosé über 5 g/l Zucker Spätlese Auslese Eiswein, Beerenauslese Diabetikerweine Likörweine H2SO3 in mg/l 160 210 210 260 300 350 400 150/40 freie 300 Chemikalien: Wein, NaOH – Lösung c = 2 mol/l, H2SO4 – Lösung c = 2,5 mol/l, 0,025 M Jodlösung ( 12 g KJ und 6,346 g J2 in 1000ml Wasser), Stärke - Lösung Geräte: 25ml Bürette, Magnetrührer, Rührfisch, Erlenmyerkolben, 100ml Vollpipette, Messzylinder, Becherglas, Stativmaterial Durchführung : 100 ml Wein werden mit 25 ml 2 M NaOH – Lösung versetzt, um die Bisulfitadditionsverbindung zu hydrolysieren. Nach ca. 15 min wird mit 20 ml 2,5 M Schwfelsäure angesäuert. Die Lösung wird nun mit Stärke versetzt und gegen 0,025 M Jodlösung titriert. Das Ende der Titration wird durch den blauen Jod – Stärke – Komplex angezeigt. Reaktionsgleichungen: Der Wein wird zunächst mit NaOH – Bisulfitadditionsverbindung zu hydrolysieren. Lösung versetzt, um die Obwohl die Reaktion im Alkalischen begünstigt ist, wird hier im sauren Milieu titriert. Nur im sauren Milieu ist gewährleistet, dass keine Nebenreaktionen auftreten. HSO3-(aq) + I2(aq) + 4H2O SO42-(aq) + 3 H3O+(aq) + 2I-(aq) Wein besitzt neben L – Ascorbinsäure kaum reduzierende Inhaltsstoffe. Daher kann man den Gehalt an schwefliger Säure iodometrisch bestimmen. Errechnung des H2SO3 – Gehaltes: HSO3-(aq) + I2(aq) + 4H2O SO42-(aq) + 3 H3O+(aq) + 2I-(aq) Ein mol I2 oxidiert ein mol SO32- zu SO42 In der Jodlösung befinden sich 0,025 mol/l J2 Demzufolge werden mit jedem ml Jodlösung 0,025mmol SO32- zu SO42- oxidiert. Das entspricht 2,05 mg H2SO3 (H2SO3 : 82 g/mol) Dieser Wert muss nun noch mit dem zuvor bestimmten Titer der I2 – Lösung multipliziert werden. Die jodometrische Bestimmung des SO2 – Gehaltes in Wein ist ein sehr ungenaues Verfahren, bei dem ein Fehler von bis zu 20 % (!) auftreten kann. Daher ist es zur Lebensmittelanalyse auch nicht zugelassen. Hierzu verwendet man eine potentiometrische Bestimmung. Dennoch wird das einfachere, jodometrische Verfahren von vielen Winzern zur groben Abschätzung ihrer Weinparameter immer noch angewendet. Versuch 6 Rauchgsentschwefelung Einleitung: Die Giftigkeit des Schwefeldioxids ist seit der Römerzeit bekannt. Dass die SO 2 – Emission Einflüsse auf die Umwelt hat, wurde erstmals von John Evelyn im Jahre 1661 erkannt. Damals beschrieb Charles II in eindringlicher Weise die Auswirkungen der SO2 – Emission in London. Heutzutage wird mit aufwendigen Filterprozessen versucht, die SO2 – Emission der Industrieabgase auf ein Minimum zu beschränken. In einem Kraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 700 MW werden 250 t/h Steinkohle mit 2,5 t Schwefel verbrannt. Dies entspricht 120 t SO2 täglich. Es ist klar, dass ein unkontrollierter Ausstoß dieser Mengen katastrophale Folgen für die Umwelt hätte. Gleichzeitig ist man bei derartigen Mengen daran interessiert, ein möglichst kostengünstiges Neutralisierungsmittel zu verwenden. Am praktikabelsten hat sich die Rauchgasentschwefelung mit Calciumcarbonat – Suspension erwiesen. Das Abfallprodukt Gips kann nach Aufarbeitung sogar in der Bauindustrie verwendet werden. Chemikalien: Na2SO3 – Lösung konz. , HCL – Lösung c = 2 mol/l, CaCO3 pulverförmig, BaCl2 – Lösung c = 1 mol/l Geräte: Tropftrichter mit Druckausgleich, Zweihalskolben, Gaswaschflasche, Magnetrührer mit Rührfisch, PVC – Schlauch, 2 Becherglas mit Kresse, Reagenzglas Aufbau Durchführung : Die Versuchsapparatur wird wie oben beschrieben aufgebaut. Lässt man nun die Salzsäure in die Na2SO3 – Lösung tropfen, entsteht Schwefeldioxid. Dieses wird durch eine in der Waschflasche befindliche CaCO3 – Suspension geleitet. Das aus der Gaswaschflasche austretende Gas wird in ein Becherglas mit Kresse geleitet. Zur Kontrolle wird anschließend die Gaswaschflasche entfernt und das Schwefeldioxid direkt in ein zweites Becherglas mit Kresse eingeleitet. Beide Bechergläser werden mit Plastikfolie verschlossen und ihr Inhalt einige Stunden später verglichen. Nachdem das SO2 durch die Kalksuspension geleitet wurde, wird etwas der Suspension in ein Reagenzglas gegeben und angesäuert. Anschließend werden einige Tropfen BaCl2 – Lösung hinzugegeben. Daraufhin fällt ein weißer Niederschlag von Bariumsulfat aus. Reaktionsgleichungen SO2 wird durch Eintropfen von HCl(aq) in Na2SO3 –Lsg. gewonnen: 2H3O+(aq) + 2Cl-(aq) + 2Na+(aq) + SO32-(aq) 2Cl-(aq) + 2Na+(aq) + SO2(g) + 3H2O Das SO2 reagiert mit dem Wasser zu schwefliger Säure: SO2(g) + 2H2O H3O+(aq) + HSO3-(aq) Gelöstes HSO3- wird durch O2 zu SO42- oxidiert : HSO32-(aq) + ½O2(g) +H2O SO42-(aq) + H3O+(aq) Durch die Säure wird CO2 freigesetzt und Gips fällt aus: CaCO3 + 2H3O+(aq) + SO42-(aq) CaSO4(s) + CO2(g) + 3H2O Nachweis von CaSO4 neben CaSO3 und CaCO3 Im salzsauren Milieu kann durch Zugabe von BaCl2 – Lösung nur noch BaSO4 ausfallen: Zugabe von Salzsäure: CaSO3 + 2HCl(aq) Ca2+ + 2Cl- + H2O + SO2(g) CaCO3 + 2HCl(aq) Ca2+ + 2Cl- + H2O + CO2(g) Zugabe von BaCl2: Ca2+(aq) + SO42-(aq) + Ba2+(aq) + 2Cl-(aq) BaSO4(s) + Ca2+(aq) + 2Cl-(aq) Literaturverzeichnis: Römpp Chemielexikon Prof. Dr. Jürgen Falbe, Prof. Dr. Manfred Regitz 9. Auflage Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York Aktuelle Weinanalytik Alfred Schmitt 2. Auflage 1993 Verlag Heller Chemie- und Verwaltungsgesellschaft Organikum 19. Auflage Barth, Dt. Verl. der Wiss., 1993 Leipzig, Berlin, Heidelberg Reaktionsmechanismen Reinhard Brückner 1996 Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, Berlin, Oxford Anorganische Chemie Erwin Riedel 3.Auflage Walter de Gruyter & Co. Berlin, New York