Autonome Provinz Bozen-Südtirol Abteilung 20 Deutsche und ladinische Berufsbildung Provincia Autonoma di Bolzano-Alto Adige Ripartizione 20 Formazione professionale tedesca e ladina Sonntag, 15. Mai 2016 Dr. Judith Gögele Dantestraße 3 39100 Bozen Tel: 0471/416910 – Fax: 0471/416929 Email: [email protected] Sushi & Co Fachtagung an der Landesberufsschule Emma Hellenstainer in Brixen (Silvia Seiwald) In Zeiten der Globalisierung macht sich auch bei uns eine „kulinarische“ Trendwende bemerkbar. Zwar kommen nach wie vor heimische Köstlichkeiten auf unsere Tische, mehr denn je aber gesellt sich Neues aus aller Welt in unsere Gerichte hinzu. Denn auch hierzulande pflegt man in der Gastronomie verstärkt „Innovation“. Begehrte Trendsetter sind derzeit asiatische Appetithäppchen, die man an der Bar, im Bistro oder im Restaurant bestellen kann. Asiatisches Genießen setzt natürlich auch asiatisches Kochen voraus. Und wie man fernöstliche Appetithäppchen gekonnt zubereitet, präsentiert und serviert, stellt dieser Tage die Landesberufsschule „Emma Hellenstainer“ in Brixen zur Schau. Im Rahmen der Beruflichen Weiterbildung hat sie am 15. Oktober 2002 für Gastronomen eine Tagung zum verführerischen Thema Asiatische Küche für Bar, Bistro und Restaurant: Sushi, Appetithäppchen und Fingerfood aus dem Fernen Osten veranstaltet. Als Schule im Gast- und Nahrungsmittelbereich hat sie die Kompetenz, das Wissen über die Zubereitung fernöstlicher Snacks und über die asiatische Esskultur unter die „Fachleute“ zu bringen. Zu den fernöstlichen Appetithäppchen zählen zahlreiche Sushi-Gerichte. Wer noch nie Sushi probiert hat, reagiert oft mit Abscheu beim bloßen Gedanken, rohen Fisch zu verzehren. Und doch sind die farbenfrohen und schön geformten Snacks kalorienarm und eiweiß- und vitaminreich, voller wertvoller ungesättigter Fettsäuren und daher leicht verdaulich und nebenbei gesund. Sushi eignet sich als Mahlzeit für jede Tageszeit. Ganz egal, ob als kleiner Snack zwischendurch, als Vorspeise oder als ganzes Menü. „Sushi“ heißt soviel wie «gesäuerter Reis» und wird meist mit rohem Fisch, aber auch mit Meerfrüchten in unzähligen Varianten wie kleine Kunstwerke garniert. Bekannt sind hierzulande Sushi-Arten wie «nigiri-sushi» (kleine Reisklösse, die mit einer Scheibe Fisch belegt sind) und «nori-maki» (Rollen aus Gemüse, meist Rübe oder Gurke, oder Fisch (Thon), Reis und Algen) um nur einige zu nennen. Sushi allein macht noch kein Essen. Vielfältig sind die Köstlichkeiten, wie Sashimi, das ist im Unterschied zu Sushi nur aus rohem Fisch ohne Reis zubereitet wird. Bei Tempura werden Gemüse und Meerfrüchte in eine Art Bierteig getaucht und im Öl gebraten. Der Quark aus Sojabohnen, besser bekannt unter dem Namen Tofu, ist in der japanischen Küche sehr beliebt und findet sich in den mannigfaltigsten Kreationen wider. Er unterscheidet sich erheblich vom westlichen Tofu, der dank der vegetarischen Küche im Westen allgemein verbreitet ist, aber in Japan frisch zubereitet wird, d.h. maximal einen Tag alt und von feinster Qualität ist. Sushi wird in der Regel kunstvoll auf einer Platte arrangiert. Die Stücke werden einer Landschaft ähnlich angeordnet. Viele Sushi-Köche lassen sich dabei von bekannten Gemälden inspirieren. Nigiri-Sushi werden meist in einem leichten Winkel zueinander angerichtet, um Farbe und Form zur Geltung zu bringen. Die asiatische Küche besteht aber nicht nur aus asiatischen Delikatessen, sondern auch aus chinesischen Leckerbissen, die im Kompetenzzentrum Hellenstainer tischfertig gemacht werden. Dazu gehört die Frühlingsrollen, deren Teig und Füllungen sehr unterschiedlich sind. Zwar eignet sich fast jedes Gemüse und jede Fleischart als Füllung, aber die Zutaten allein machen noch kein Schmankerl aus. Besondere Aufmerksamkeit wird dem Geschirr beigemessen, das viel über die Herkunft des Essens verrät: Lackschalen und erdfarbene, schlichte Töpferwaren deuten auf japanisches Essen, blauweißes, feines Porzellan auf chinesische Küche und flache Teller auf «westliche» Gerichte hin. Gegessen wird dabei fast immer mit Stäbchen, auch der Reis. Für das Essen mit den Stäbchen gelten besondere Tischmanieren. Diese Regeln, die auch Gegenstand der Tagung sind, resultieren zum Teil aus dem Umstand, dass Stäbchen das "Verbindungselement zwischen Gott und Mensch" sind. Zudem haben Stäbchen z.B. bei Begräbnissen eine besondere Bedeutung. Was man folglich mit Stäbchen anfangen bzw. unterlassen soll, erklärt u.a. Othmar Auer, Bonsaikünstler und erstmaliges nicht-japanisches Mitglied der Bonsaikünstler-Vereinigung Japans, in seinen Ausführungen. Das stilvolle Anrichten der fernöstlichen Häppchen wird bereits am Vormittag von Küchenmeister Franz Eberharter unter Beweis gestellt. Mit seiner Berufserfahrung bringt er viel Geschick und Tipps mit. Der Südtiroler Küchenmeister Helmut Leitner zeigt anschließend Möglichkeiten, wie sich asiatische Kleingerichte in der heimischen Küche einarbeiten lassen. Ausgestellt werden nebst asiatischem Geschirr auch chinesische und japanische Teesorten und Produkte für die Zubereitung von Sushi, Snacks und Fingerfood. Zum Essen gehört freilich nicht nur Tee, sondern auch Bier oder Sake. Zu den japanischen Biersorten zählen „Kirin“, „Asahi“, „Sapporo“ oder „Suntory“. Diese sind geschmacklich unseren Lagerbieren sehr ähnlich, werden aber beispielsweise bei Kirin mit Reis zubereitet. Asiatisches Speisen ist aber ohne den philosophischen und kulturellen Hintergrund, aus dem diese Häppchen stammen, nur halb so gut. In den Vorträgen, die am Nachmittag über die Bühne gehen, ist Geschichte, Kultur und Philosophie der Länder im fernen Osten wesentlicher Bestandteil. So erfahren wir, dass Sushi weit früher – ca. im 2. Jahrhundert n. Chr. – in China und im Gebiet rund um das Himalya-Gebirge bekannt war und in Japan erst im 7. Jahrhundert n. Chr. von dort übernommen wurde. Sushi galt als vorwiegend armes Gericht und konnte als gesalzener, in Reis konservierter Fisch erst nach einer gewissen Gärungszeit verzehrt werden. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass sich in Japan zahlreiche Sushi-Arten entwickelt haben, während andere Länder heute gerade noch die ursprüngliche, aber keinerlei verfeinerte Form mehr kennen. Zur Haltbarmachung von Fisch benötigte man anfangs nicht nur Salz, sondern auch Reis. Dabei hatte der Reis nur die Aufgabe, den Gärungsprozess in Gang zu bringen. Man aß ausschließlich den Fisch, der Reis wurde nicht einmal verzehrt. Je mehr China vor dem Problem der Nahrungsknappheit stand, desto mehr verschwand diese Konservierungsmethode und damit Sushi. In Japan hingegen, das stets alle seine Nahrungsquellen voll ausschöpfen musste, suchte man recht früh nach Möglichkeiten, Sushi (also den Fisch) so mit dem Reis zu verbinden, dass er geschmacklich verfeinert wurde. Das macht den Unterschied zwischen japanischen und ausländischem Sushi aus. Die Resonanz, welche die Fachtagung ausgelöst hat, ist ein Zeichen für den Wandel der Zeiten in der lokalen Küchenbranche, aber auch ein Signal, als Berufsschule im Gast- und Nahrungsmittelbereich verstärkt neue Trends im Visier zu halten, um die nötigen Kompetenzen zu erwerben und anderen zu vermitteln. Eine neue Herausforderung, der sich die Hellenstainer gewachsen fühlt.