19. IZZ-presseforum, 12. Juli 2013 UniversitätsKlinikum Freiburg Kinderzahnheilkunde – die Zahnlücke im Milch- und Wechselgebiss – wann und wie muss man behandeln? (Es gilt das gesprochene Wort) Dr. Stefanie Feierabend Abteilung für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie D:\68627038.doc 1 19. IZZ-presseforum, 12. Juli 2013 2 UniversitätsKlinikum Freiburg Die Zahnlücke im Milch- und Wechselgebiss: wann und wie muss man behandeln? In Anbetracht der nicht geringer werdenden Kariesprävalenz im Milchgebiss ist ein frühzeitiger Verlust von Milchzähnen heute in der Kinderzahnheilkunde immer noch und immer wieder ein wichtiges Thema. Im Wechselgebiss bzw. jungen bleibenden Gebiss führen weniger die Karies Frontzahntraumas als sowie vielmehr verschiedene Nichtanlagen von Arten Zähnen zu des einer Lückenbildung. Auch eine erst seit gut einem Jahrzehnt auftretende Erkrankung, die mit einer Hypomineralisation der ersten bleibenden Molaren einhergeht, führt in zahlreichen Fällen zur Extraktion der bleibenden Zähne. Die Ursachen für eine Lücke sind damit sehr vielfältig – und genauso vielfältig sind deshalb auch die Therapiekonzepte. Geht im Milchgebiss ein Frontzahn durch ein Trauma verloren, so hat dies in der Regel keine weiter reichenden Konsequenzen. Anders sieht es aber aus, wenn mehrere Zähne, egal ob Front- oder Seitenzähne, aufgrund sehr ausgedehnter Karies extrahiert werden müssen. Hier können Zahnwanderungen, insbesondere im Seitenzahnbereich, aber auch bei Verlust im Frontzahnbereich Probleme bei der Lautbildung sowie dem Schlucken verursachen, weiterhin ist die Abbeißfunktion eingeschränkt. Ein spezieller Fall ist der frühzeitige Verlust der Milcheckzähne durch die bleibenden seitlichen Schneidezähne. Um all diesen Problemen vorzubeugen, können herausnehmbare oder festsitzende Lückenhalter eingesetzt werden. Allerdings sollte dies im Einzelfall sehr genau abgewogen werden, denn nicht für jede Lücke ist ein solcher geeignet bzw. sinnvoll im Rahmen des Therapiekonzeptes. Sehr umfangreiche Zahn-Nichtanlagen können schon in jungen Jahren die Eingliederung einer Kinderprothese notwendig machen. Im Wechsel- und jungen bleibenden Gebiss ist die Lückenbildung aufgrund einer Nichterhaltungswürdigkeit kariös zerstörter Zähne eher D:\68627038.doc 19. IZZ-presseforum, 12. Juli 2013 3 UniversitätsKlinikum Freiburg seltener, hier stehen die Nichtanlagen von Zähnen im Vordergrund, die in der bleibenden Dentition wesentlich häufiger auftreten als im Milchgebiss. Neben den Nichtanlagen sind hypoplastische Zähne, die durch ihre geringe Größe oft ebenfalls zu einer Lückenbildung führen, relativ häufig anzutreffen. In beiden Fällen gilt es, die Harmonie und Funktion der Zahnbögen und Zähne wieder voll herzustellen. Hier bieten sich insbesondere nicht-invasive, restaurative Maßnahmen an, zu denen z. B. glasfaserverstärkte Adhäsivbrücken gehören. Eine neuere Erkrankung, die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH), die mit teils schwerwiegenden Hypomineralisationen der bleibenden Molaren einhergeht, hat im letzten Jahrzehnt vermehrt zu Extraktionen dieser Zähne geführt. Dieses Therapiekonzept ist aber generell als kritisch zu betrachten, da nicht in allen Fällen gesichert ist, dass die weiteren, noch durchbrechenden Zähne nicht betroffen sind. Die Frontzahntraumata im Wechselgebiss sind ein Spezialfall in der Lückenbildung, denn ein Zahnverlust während der Wachstumsphase der Patienten führt zu erheblichen therapeutischen Schwierigkeiten. Eine Implantation kommt bis zum Wachstumsabschluss nicht in Frage, das Belassen der Lücke führt aber oft zu erheblichen Knochenverlusten, die gleichzeitig auch die spätere Versorgung erschweren. Zusätzlich müssen die Kinder- und Jugendlichen in dieser sensiblen Entwicklungsphase mit einem adäquaten Zahnersatz versorgt werden, was bei Jugendlichen, meist nicht kariösen Nachbarzähnen kritisch ist, da dann an bisher gesunden Zähnen unwiederbringlich ein Restaurationszyklus in Gang gesetzt würde. Somit kann der eigene Zahn auch bei langfristig nicht günstiger Prognose durchaus für einige Jahre das beste Provisorium sein. Prinzipiell ist die Evidenz für die einzelnen Indikationen verhältnismäßig gering, so dass der Titel des Vortrages zum Schluss eher heißen sollte: „Die Lücke im Milch- und Wechselgebiss: Wann und wie kann man behandeln?“ D:\68627038.doc 19. IZZ-presseforum, 12. Juli 2013 4 UniversitätsKlinikum Freiburg Oben: Platzmangel durch frühzeitigen Milchzahnverlust. Lückenhalter bei frühkindlicher Karies und frühzeitigem Verlust der Milchschneideund Seitenzähne. Unten: Ersatz zweier antagonistischer Zähne durch glasfaserverstärkte Adhäsivbrücken. Bilder: Sammlung S. Feierabend D:\68627038.doc