Umstetter, Heidi Die Entwicklung des Grasfrosches Paarung Ende Februar, Anfang März verlassen die Grasfrösche ihre Winterquartiere, um ihr Laichgewässer aufzusuchen. Dabei locken die Männchen die Weibchen mit grunzenden und knurrenden Lauten an. Trifft ein Männchen auf ein Weibchen, so springt es auf das Weibchen, umklammert es mit den Vorderbeinen (Aplexus) und lässt sich von ihm huckepack tragen. Das Froschweibchen legt bis zu 4000 Eier in Laichballen (Klumpen) ins Wasser ab. Das Männchen gießt seine Samenzellen darüber (vgl. Abb. 1). Es findet also eine äußere Befruchtung statt. Da die Gallerthülle der vom Weibchen ins Wasser abgegebenen Eier schon kurz nach der Ablage im Wasser aufquillt, klebrig wird und dann für die Spermien undurchdringlich ist, muss diese äußere Besamung im Moment des Austritts der Eier aus der Kloake erfolgen. Als Signal, welches das Männchen anregt, seine Spermien abzugeben, dient das Hohlkreuz, das das Weibchen während der Eiabgabe macht. Ablaichen und Embryonalentwicklung Die Eipakete des Grasfrosches sinken zunächst zu Boden. Die Gallerthüllen, die die Eier umgeben, quellen auf, wodurch die Laichballen zur Wasseroberfläche aufsteigen, wo sie von der Sonne erwärmt werden. Die Eier besitzen eine hellere und dunklere Hälfte. Die hellere Hälfte enthält mehr Dotter und ist somit schwerer. Daher drehen sich die Eier so, dass die hellere Eihälfte nach unten und die dunklere, leichtere Seite nach oben gekehrt ist, wo sie die Sonnenwärme gut absorbieren können. Auf diese Weise können die Laichballen bis zu 10°C wärmer werden als das umgebende Wasser. Aufgrund der höheren Temperatur beginnen sich die Eizellen rasch zu teilen, so dass der Keim bereits nach 24 Stunden aus 6000 Zellen besteht, ohne jedoch gewachsen zu sein (Ende der Furchung erreicht). Die Furchung der Eier ist total inäqual, d.h. der gesamte Dotter wird gefurcht, aber die ersten dabei entstehenden Zellen sind ungleich groß: Am animalen Pol entstehen Mikromeren, am vegetativen Pol die Makromeren. Die so entstehende Morula (Maulbeerkeim) entwickelt sich weiter zur Blastula (Blasenkeim) und Gastrula (Becherkeim). Bei der Gastrulation erfolgt die Bildung des Urmundes durch Einrollung der Keimwand an der Grenze zwischen animalen und vegetativen Zellen (vgl. Abb.2). Unmittelbar nach Beendigung der Gastrulation tritt der Keim in die Phase der Neurulation ein. In dieser Phase und dem sich anschließenden Schwanzknospenstadium bilden sich die artspezifischen Körpergrundgestalten heraus. Die Dorsalseite flacht sich über Umstetter, Heidi der Urmundspalte ab und wird zur Neuralplatte. Ihre Seiten wölben sich zu Wülsten, den sog. Neuralwülsten, auf. Zur gleichen Zeit verliert der Embryo seine kugelige Form und beginnt sich zu strecken (vgl. Abb.3, Stad. 12, 13). Die Neuralwülste wachsen aufeinander zu. Nachdem sie miteinander verschmolzen sind bilden sie das sog. Neuralrohr, das den Rücken des Keimes kennzeichnet. Der zukünftige Kopf des Keimes liegt auf der dem Urmund gegenüberliegenden Seite (vgl. Abb.3, Stad. 14). Der Urmund wird zur Kloake. Das Auftreten der Schwanzknospe leitet das Schwanzknospenstadium ein, das den Abschluss der Embryonalentwicklung darstellt und in der sich die Schwanzknospe zur Ruderflosse differenziert (vgl. Abb.4). Schließlich sind Kopf, Rumpf und Schwanz zu erkennen. Der Embryo dreht sich langsam um seine Querachse. Die Embryonalentwicklung ist stark von der Wassertemperatur abhängig. So schlüpft die Larve bei einer Wassertemperatur von 5°C nach ca. 16 Tagen, bei 17°C schon nach 5 Tagen. Vor dem eigentlichen Schlüpfvorgang beginnt sich die kleine Kaulquappe besonders aktiv im Ei zu bewegen. Ein chemischer Zerfallsprozess löst die innere Hülle, die Eikammer auf. Durch langsames Herumschwimmen im Ei drin, buchtet die Kaulquappe die Gallerthülle aus. Nach einigen Versuchen gelingt es ihr, diese letzte Hülle zu durchschwimmen, sie ist ausgeschlüpft. Die Embryonalentwicklung ist damit abgeschlossen. Bestimmungskriterien für die Einstufung des Laich des G. nach Entwicklungsstadien Gegen Licht betrachtet keine Einschnitte des noch ungeteiltes Ei Furchungsstadien bis Eihorizonts erkennbar, keine Furchungslinien Eihorizont mit Einschnitten, dunkle Furchungslinien überziehen Keim, Morula, Blastula Blastomeren erkennbar Keim rundlich Zellgrenzen der Blastomeren diffus Blastula bis Gastrula Gastrulastadien Keim mit einem heller pigmentierten Fleck Umstetter, Heidi Keim ganz dunkel pigmentiert spätes Gastrulastadium bis frühes Neurulastadium Keim oval frühes bis altes NeurulaStadium Ohne Schwanzknospe Keim getsreckt junges Schwanzknospenstadium Mit Schwanzknospe fortgeschrittenes Schwanzknospenstadium Larvalentwicklung Die frisch geschlüpften Kaulquappen sind etwa 5 mm groß und sammeln sich in den ersten Tagen an der Wasseroberfläche in der Mitte des noch intakten Laichballens (vgl. Abb.5) und bilden dann bei großen Laichmassen dichte schwarze Ansammlungen in nach unten durch die Gallerte weitgehend abgeschirmten kleinen Wasserpfützen. Hier kommt es zu erheblichen Temperaturerhöhungen. In diesem anfänglichen Larvenstadium nehmen die Larven noch keine Nahrung auf, sondern zehren von ihrem Dottervorrat, der im Körper noch vorhanden ist. Sie gewinnen aber durch Wasseraufnahme dennoch an Gewicht. Zum Zeitpunkt des Schlüpfens werden die Kiemen entwickelt, die zunächst äußerlich in lateraler Lage am Kopf sichtbar sind (vgl. Abb.6). Die Grasfrosch-Kaulquappen entwickeln dabei kräftige, lange, sich verzweigende Kiemenäste auf den ersten beiden Kiemenwülsten und einen kurzen Kiemenfaden auf dem dritten Wulst, der ebenfalls von Blut durchflossen wird. Unterhalb der Mundöffnung befindet sich eine U-förmige Haftscheibe, die ein klebriges Sekret ausscheidet. Damit heften sie sich zunächst an der Gallerte, später an Pflanzen und Steinen fest und verhindern dadurch, dass sie von der Strömung abgetrieben werden. Ca. 6 Tage nach dem Schlüpfen beginnen die äußeren Kiemen wieder zu schrumpfen. Der Blutstrom fließt langsamer. Eine Hautfalte, Operculum genannt, beginnt über die Kiemen zu Umstetter, Heidi wachsen, so dass eine Kiemenkammer mit einer äußeren Kiemenöffnung (Spiraculum) entstehen kann. 3 Wochen nach dem Schlüpfen sind die äußeren Kiemen und die Schleimdrüsen dann vollständig verschwunden. Nachdem die Kiemenkammer entstanden ist, entstehen im Bereich der Kiemenspalten die Innenkiemen, die ihre Funktion bis zur Metamorphose ausüben. Die Kaulquappen schwimmen inzwischen kräftig und nehmen an Größe zu. Nachdem die Innenkiemen vorhanden sind, folgt nun der Übergang zur aktiven Lebensweise und Nahrungsaufnahme. Dabei entwickelt sich der Darm in die Länge und windet sich auf, wodurch es zu einem blasigen Auftreiben des Abdomens kommt. Die jungen Kaulquappen filtrieren das Wasser und behalten im Schlundfilter pflanzliches und tierisches Plankton und Detritus zurück. Nach der Ausbildung von Hornschnabel und Raspelzähnchen weiden die Kaulquappen auch den Untergrund und die Oberfläche von Wasserpflanzen ab. Ist der Filter verstopft, lässt die Larve den Wasserstrom kurz in die umgekehrte Richtung fließen und schwemmt die angesammelte Masse zurück in den Mundraum, wo sie mit Schleim in Berührung kommt und in die Speiseröhre gelangt. Da die Grasfroschlarven die ersten im Teich sind haben sie zusätzlich zu dieser rein pflanzlichen Ernährung die Möglichkeit, den frisch gelegten Laich anderer Arten zu verzehren. Durch Ausscheidung bestimmter Substanzen können sie auch die späteren Quappen anderer Arten hemmen. Ca. 6 Wochen nach dem Schlüpfen werden langsam die Knospen der Hinterbeine sichtbar. Spätestens zwei Wochen später sind die Hinterbeine dann voll entwickelt. Die Vorderbeine, die sich zu diesem Zeitpunkt auch schon langsam entwickeln, sind noch unter der Hautfalte versteckt. Metamorphose Jetzt stecken die Tiere mitten in der Metamorphose. Dabei werden zahlreiche morphologische, physiologische und biochemische Merkmale den Bedingungen auf dem Lande angepasst. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Hormone der Schilddrüse, deren Aktivität durch die Hypophyse gesteuert wird (vgl. Abb.7). Während dieser Phase wird die Nahrungsaufnahme eingestellt. Nach 10-11 Wochen sind dann auch die Hinterbeine voll entwickelt. Schließlich bildet sich noch der Schwanz, durch Einschmelzen, allmählich zurück. Während sich die vier Beine Umstetter, Heidi entwickeln und der Schwanz resorbiert wird, laufen aber auch viele andere körperliche Veränderungen ab. So müssen sich Haut, Augen und übrige Sinnesorgane, Atmungs- und Verdauungssystem auf die zukünftige Lebensweise umstellen: vom überwiegenden Pflanzenfresser zum Beutegreifer, vom reinen Wassertier zum amphibischen Lebewesen. Auge Die Augen müssen sich verändern, da die Sichtverhältnisse der Kaulquappen im Wasser ganz anders sind als bei den erwachsenen Fröschen an Land. Im Medium Luft erfolgt die Lichtbrechung nicht nur durch die Linse, sondern auch durch die Hornhaut. Unter Wasser fällt aber die Lichtbrechung durch die Hornhaut weg. So wird dies bei den Kaulquappen durch eine stärker gekrümmte Linse kompensiert. Während der Metamorphose erfolgt dann durch eine Verminderung der Linsenkrümmung die Anpassung an das Sehen im Medium Luft. Nase Die Nase der Kaulquappen zeigt eine hohe Sensibilität. Während der Metamorphose vergrößert sich die innere Oberfläche der Nase durch Ausbildung von Höhlen. Auf diese Weise bleibt das gute Riechvermögen auch auf dem Lande erhalten, obwohl die Konzentration der Duftmoleküle in der Luft geringer ist als im Wasser. Seitenlinienorgan Wird zurückgebildet, da sie als vorwiegend landlebende Tiere nicht mehr darauf angewiesen sind. Atmung Während die Kaulquappen den im Wasser gelösten Sauerstoff mit ihren Kiemen aufnehmen, atmen erwachsene Frösche Sauerstoff aus der Luft über Mund und Nase in die Lungen ein. Die Umstellung von Kiemen- auf Lungenatmung ist ein komplizierter Vorgang. Es werden nicht nur die Kiemen zurückgebildet, sondern Atmung und Blutkreislauf müssen ganz auf die Lunge umgeleitet werden. Die Lungen entstehen dabei als Aussackungen am hinteren Ende des Kiemendarmes. Der Gaswechsel selbst erfolgt nur durch Bewegungen des Mundbodens. Eine Brustkorbatmung ist nicht möglich, da keine Rippen vorhanden sind. Dieses Stadium der Umstellung von Kiemen- auf Lungenatmung ist schön zu beobachten: ab einem gewissen Zeitpunkt tauchen die Kaulquappen immer wieder auf, um Luft zu Umstetter, Heidi schnappen. Die Lunge ist also fast vollständig ausgebildet und kann schon einen Teil der Sauerstoffversorgung übernehmen. Verdauungssystem Der Darm verkürzt und entknäuelt sich wieder, da der Grasfrosch nach der Metamorphose nur noch tierische Nahrung aufnehmen wird. Ist die Metamorphose nach ca. 14-16 Wochen abgeschlossen, verlassen die Jungfrösche das Laichgewässer. Es sind Grasfrösche entstanden, deren Merkmale ich kurz auflisten werde: Merkmale des Grasfrosches Zweizipfelige Zunge Eiförmiger, waagrechter Augenschlitz Gaumenzähne Freie Finger Schwimmhäute Mit Haftscheiben ausgestattete Zehen Knöchernes Brustbein Rundlicher Körper, spitzer Kopf Stumpfe, gerundete Schnauze Oberseite glatt oder mit kleinen Warzen besetzt Bogenförmig geschwungene Drüsenleisten an beiden Seiten des Rückens Oberseite gelbrot, rot- oder schwarzbraun gefärbt, einfarbig oder meist dunkel gefleckt Merkmale der Gattung Rana oder getüpfelt Dunkler Schläfenfleck Bauch weißlich; beim Männchen meist grau, beim Weibchen bräunlich bis rötlich oder gelb marmoriert Männchen hat innere Schallblasen und zur Laichzeit Brunstschwiele am Daumen Fersengelenk des ausgestreckten Hinterbeines reicht höchstens bis zur Schnauzenspitze Sonstiges Häufigster Frosch Mittel- und Nordeuropas Lebt vorwiegend als Nachttier am Lande Hält den Winterschlaf am Grund von Gewässern Lebensraum: Wiesengründe mit dichter Vegetation und langsam fließenden oder stehenden bewachsenen Gewässern, auch sonnige Gräben, mittelgroße Tümpel in Feuchtwiesen und Erlenbruchwäldern, anspruchlos Umstetter, Heidi Ernährt sich nur von lebender Beute: Insekten, Spinnen, Asseln, Nacktschnecken, Regenwürmer u.a. Lebensweise: Einzelgänger Die Jungfrösche werden bis in den späten Herbst bis zu einer Größe von zwei bis drei Zentimetern heranwachsen. Die ersten zwei Winter werden sie nicht im Teich verbringen, sondern werden sich einen feuchten und frostfreien Platz für die Winterruhe suchen. Dabei können sie sich durchaus einige hundert Meter von ihrem Geburtsgewässer entfernen. Im dritten Jahr sind sie dann geschlechtsreif, und werden traditionsgemäß ihren Geburtsteich wieder aufsuchen, um sich dort fortzupflanzen. Die von mir geschilderte Entwicklung des Grasfrosches hört sich wohl so an als würden sich alle abgelegten Eier des Grasfroschweibchens zu Jungfröschen entwickeln, die dann nach drei Jahren geschlechtsreif sind und sich fortpflanzen. Dem ist nicht so, sonst wären wir wohl bald von Fröschen überflutet. Schließlich haben die Eier, die Kaulquappen als auch die Jungfrösche Fressfeinde. Zudem kann die Natur den Fröschen, Kaulquappen oder Eiern einen bösen Streich spielen. Hierzu habe ich eine exemplarische Auflistung gefunden, die dies widerspiegelt: 3000 Eier legen Grasfroschweibchen. 200 Eier werden nicht befruchtet. 500 Eier erfrieren bei einem plötzlichen Kälteeinbruch im Tümpel. 300 Eier werden von Teichmolchen und Enten gefressen. 2000 Eier bleiben übrig und entwickeln sich zu Kaulquappen. 1200 Kaulquappen werden gefressen von Teichmolchen, Stichlingen, Enten oder räuberischen Wasserinsekten. 800 Tiere verlassen den Teich als Jungfrösche. 300 Jungfrösche werden gefressen von erwachsenen Fröschen, Ringelnattern, Wasserspitzmäusen, Krähen und Störchen. 500 Frösche überleben den ersten Winter. 498 Frösche sterben in den beiden nächsten Jahren. 2 erwachsene Frösche treffen sich zur Paarungszeit im dritten Frühjahr an ihrem Geburtsgewässer!!! Abb. 1: Paarendes Grasfroschpaar Umstetter, Heidi Abb. 2: Entwicklungsstadien 1 Blastula; 2 – 4 Gastrulation; 5 Neurula Umstetter, Heidi Umstetter, Heidi Literatur und Quellen sonstiger Hilfsmittel Bossert, Ulrich: Amphibienentwicklung – Interpretation von Versuchsergebnissen. In: Biologie in der Schule, 48/1999/1, S. 4 – 5. Dossenbach, Hans D.: Das Lexikon der Tiere Grzimeks Tierleben Hedewig, Roland: Amphibien. In: Unterricht Biologie, 7/1983/78, S. 2 – 12. Jungfer, Karl-Heinz: Brutverhalten bei Fröschen. In: Unterricht Biologie, 9/1985/102, S. 22 – 24. Klam, Günther: Vom Laich zum Frosch. In: Unterricht Biologie, 7/1983/78, S. 13 – 19. Köhler, Martin: Vergleichende Untersuchung zur Entwicklung von Froschlurchen. In: Praxis der Naturwissenschaften. Biologie, 35/1986/6, S. 11 – 22. Ludwig, Herbert W.: Tiere in Bach, Fluß, Tümpel, See Mehlhorn, Heinz: Grundriß der Zoologie. Stuttgart 1989. Urania Tierreich Wurmbach, Hermann: Lehrbuch der Zoologie Bd. 2. Stuttgart 1962.