Scientology Die Scientologen haben in Berlin, im Ortsteil Charlottenburg, eine Geschäftsstelle eröffnet, die sie „Kirche“ nennen. Sie sagen, dass sie gleichrangige Einrichtungen auch in anderen deutschen Städten – so in Hamburg - unterhielten. Nach deutscher Rechtsprechung sind die Scientologen keine Kirche, wenngleich sie sich auf den Art. 4 des Grundgesetzes beziehen . In anderen Ländern sind sie als Religionsgemeinschaften anerkannt, so in den USA – ihrem Herkunftsland - in Italien, Spanien oder in Neuseeland. Nach unserem Verständnis handelt es sich bei den Scientologen um eine Psycho-Sekte – vornehm ausgedrückt: um eine Gesinnungsgemeinschaft, die nach den Regeln ihres Gründers L. Ron Hubbard – einem Science-Fiction-Autor – Mitglieder mit Psychotechniken wie „Auditing“ oder fragwürdigen Gerätschaften wie dem „E-Meter“ an sich binden und dafür viel Geld einnehmen soll. Die Resonanz in Deutschland ist eher gering; in Berlin soll Scientology zwischen 200 und 1000 Anhänger haben – je nach Quelle. Nach der Eröffnung der Einrichtung in Berlin ist die Öffentlichkeit besorgt – besonders Anwohner fürchten sozialen Druck, vor allem auf Kinder. Was ist aus liberaler Sicht zu einer solchen Organisation zu sagen, was ist zu tun? 1. Obwohl Scientology anderswo von Verfassungsschützern beobachtet wird, obwohl es in Hamburg eine staatliche Arbeitsgruppe zur Aufklärung gibt, liegen – soweit bekannt – keine grundlegenden Gerichtsurteile gegen Scientology vor, ist diese Institution auch nirgendwo im Lande verboten. Es handelt sich mithin um eine legale Organisation, der die Behörden schwerlich etwa das Anmieten von Immobilien verbieten können. Entsprechend verhielten sich die Berliner Behörden, wie auch eine vertrauliche Auskunft im Bauausschuss der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf vom 20. Dezember 2006 zeigte. Dass Berliner Senats-Behörden nach Veröffentlichungen der Presse Anfang 2007 erklärten, sie seien erst durch diese Veröffentlichungen informiert worden, überrascht und bedarf der Aufklärung: Wusste das Bezirksamt von Charlottenburg-Wilmersdorf früher über die Scientology-Zentrale bescheid als der Innensenator Berlins? Da die Scientologen keine Religionsgemeinschaft sind, ist die Bezeichnung „Kirche“ für deutsche Normalbürger eigentlich irreführend. Es ist daher zu prüfen, ob man den entsprechenden Schriftzug an der Otto-Suhr-Allee unterbinden kann, denn in Deutschland assoziieren viele Menschen mit dem Wort „Kirche“ – wenn auch nicht immer zu Recht Gutes und Gerechtes. Das hat mit der typisch deutschen Staatskirchentradition zu tun. 2. Es scheint mithin so zu sein, dass Berlin die Präsenz von Scientology in der Otto-SuhrAllee hinnehmen und sich nun prüfen muss, wie man damit umgehen und insbesondere wie man vermeiden kann, dass Bürger durch Psychodruck gefährdet werden. 1 Aus liberaler Sicht darf keine Organisation versuchen, Menschen physisch oder psychisch abhängig zu machen. Nur der Staat darf Gewalt anwenden – nach Recht und Gesetz; abhängig machen darf auch er nicht. Deswegen endet die Freiheit einzelner da, wo jemand andere in Abhängigkeit bringt, und deswegen hat das Land Berlin einschließlich des Bezirkes die Pflicht, zu untersuchen, in welcher Weise Bürger durch das Zentrum in Charlottenburg gefährdet werden können. Die Öffentlichkeit ist zu informieren. Auch die Finanzquellen der Organisation müssten offen gelegt werden: Woher kommt das viele Geld, das Scientology investiert? Darüber hinaus sollte das Bezirksamt aktiv werden und sich am Bezirk Mitte in Hamburg orientieren, über den am 31.3.2006 berichtet wurde: „(31.03.06) Scientology-Mitglieder dürfen im Bezirk Mitte Passanten unter anderem nicht mehr ansprechen, anhalten oder zum Kauf von Broschüren motivieren. Diese und ähnliche Aktivitäten hat das Bezirksamt Mitte der Scientology-Organisation unter Androhung eines Zwangsgeldes von 2.500 Euro untersagt. Insbesondere ist der Scientology-Organisation untersagt worden, zu veranlassen oder es auch einfach nur zu dulden, dass ihre Mitglieder Passanten ansprechen, anhalten, am Weitergehen hindern oder auf sonstige Weise so zu beeinflussen, dass sie Bücher, Zeitschriften oder Broschüren entgegennehmen oder kaufen …“ Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf sollte festhalten an seiner Linie, Scientology mit „Verantwortung und Augenmaß“ zu begegnen. Scientology in Deutschland ist eine Folge der Annäherung der Kulturen in der westlichen Welt. Deutschland jedoch und Europa haben erlebt, dass „politische“ und auch sich auf Gott berufende „Religionen“ Menschen indoktrinieren und psychisch abhängig machen können. Deswegen ist man hier gegenüber Scientology skeptischer als in den USA. Die USA leiten ihre Herkunft unter anderem vom Wirken solcher Glaubensgemeinschaften ab, die in Europa verfolgt und zum Auswandern genötigt wurden. Sie sind daher ungezwungener gegenüber Einrichtungen wie Scientology. Wir müssen das verstehen, sollten das nicht verurteilen, sondern den Dialog darüber suchen. 2