Ladstaetter_Der Glaube des Islam

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Dr. Markus Ladstätter
Universität Wien
Institut für Judaistik
3. November 2004
DER GLAUBE DES ISLAM - Eine Herausforderung für das Christentum
Wenn wir eine fremde Religion betrachten, so ist mir zweierlei ein Anliegen:
1)Wir müssen uns bemühen, das, was wir an Vorwissen und vorgefaßten Urteilen mitbringen, ein
Stück weit einzuklammern, oder sich zumindest dieser Vorurteile bewußt sein.
Wenn man an etwas Fremdes herangeht, mit der fixen Einstellung: das ist das Schlechtere, das ist
es, was man bekämpfen müßte, so wird man Vieles nicht sehen. Diese negative Voreinstellung ist
nicht etwas, was ich Ihnen unterstelle, aber ich weiß, daß es sie gibt. Genauso falsch oder fatal ist
die positive Voreinstellung – die dann vorhanden ist, wenn ich mir sage: Im Fremden ist das
Wahre, das Richtige und das Eigene ist eigentlich das, was längst überholt ist. Zu dieser
Einstellung kann man auf Grund von frustrierenden Erfahrungen, die man gemacht hat, kommen.
Diese Voreinstellungen würden den Blick auf das Eigentliche verstellen. Bemühen wir uns,
Wertungen einzuklammern, zurückzustellen, so hat man am meisten davon.
2) Eine weitere Gefahr ist beim Vergleich von Religionen gegeben, nämlich die, daß man die
Ebenen verwechselt, indem man die Theorie der einen Religion, mit der Praxis der anderen
Religion vergleicht. Damit ist von vorneherein klar, wie der Vergleich ausgeht. Man könnte
z.B.sagen, das Christentum sei die Religion der Nächstenliebe, siehe Bergpredigt, der Islam wäre
die Religion des Saddam Hussein, die zum Hl. Krieg aufruft. Sie hätten auf der einen Seite das
Soll des Christentums mit einem Ist-Zustand aus der islamischen Welt verglichen, der noch dazu
nicht einmal der islamischen Lehre entspricht. Ein solches Verwechseln der Ebenen muß ein
falsches Ergebnis bringen, das zeigt auch das umgekehrte Beispiel: Das Christentum sei die
Religion der Kreuzzüge, der Hexenverbrennungen, der Inquisition – wie viele Menschen mußten
tatsächlich unter christlicher Herrschaft ihr Leben lassen! - während die Hindureligionen jene
Religionen wären, wo der Mensch in die Meditation geleitet würde um unter Führung eines
Meisters sein wahres Sein zu entdecken um immer spiritueller, friedfertiger und freundlicher zu
werden. Das wäre eine verfehlte Praxis aus der christlichen Welt, verglichen mit einem Ideal
einer anderen Religion, einem Ideal, das dort genauso wenig die ganze Wirklichkeit darstellt,
denn es gibt Gewalt auch in den Hindureligionen.
Wenn sie Vergleiche ziehen, dann Theorie mit Theorie – Soll mit Soll oder Praxis mit Praxis –
Ist mit Ist vergleichen. In jeder Religion ist es so, daß das , was die Menschen erreichen und
vollbringen immer ein gutes Stück neben dem zurückbleibt, was sie glauben, wollen und sollen.
Mit Hilfe von Fotos möchte ich eine Einstimmung geben in die Islamische Welt. Der Islam ist
eine Weltreligion mit vielen Gesichtern. Eine Facette ist den Islam als Bedrohung des
Christentums wahrzunehmen – aus den Medien kennen wir Ajatolla Kommeini, dem es gelang
mit Hilfe des Islam erstmals ein islamisches Staatsgebilde zu schaffen, dessen antiwestliche und
antiamerikanische Einstellung überall bekannt ist.
Neben dem bedrohlichen Bild des Islam gibt es aber auch das romantische Bild des Islam, das die
versunkenen Städte des Orients kennt, die Märchen aus 1000 und einer Nacht, die Teehäuser, die
prachtvollen Moscheen – und diese Dinge sind auch sehr attraktiv, denn sie strahlen eine Ruhe
aus, die im Westen fremd geworden ist.
Ein weiteres Thema, das in unseren Medien einen breiten Raum einnimmt ist die Rolle der Frau
im Islam, die Verschleierung der Frau – trotzdem ist der Islam bei weitem keine leibfeindliche
oder sexualfeindliche Religion.
Vielfach glauben wir auch, der Islam sei eine Religion der Vergangenheit, doch trotz der uns
mittelalterlich anmutenden Gewänder der Mullahs ist auch der Islam mit allen Mitteln der
modernen Technik versorgt um für die Verbreitung des Glaubens auch mit technischen Mitteln
zu sorgen.
Vielfach meinen wir auch, der Islam sei eine Religion des arabischen Kulturkreises, weit gefehlt,
es gibt ein ganz großes Gebiet, das weit in den Osten zieht und das alle Turkvölker umfaßt:
Kasachstan, Usbekistan , Tatschikistan etc.
Wenn wir weiter nach Osten gehen so sehen wir , daß es auch in China eine nicht unbedeutende
Anzahl von Muslimen gibt , dort werden sie das Hui-Volk genannt, aber das weitaus größte
islamische Land der Welt ist Indonesien mit ca 160 Millionen Muslimen, gefolgt von Pakistan
und dann folgt Indien und Bangladesch. Diese 4 letztgenannten Staaten umfassen mehr als die
Hälfte aller Muslime weltweit.
Unser Bild eines arabisch – türksichen Islam ist einseitig.
Es gibt keine hierarschischen Strukturen im Islam, wie die katholische Kirche sie kennt und daher
keine strukturelle Einheit. Es gibt sehr viele verschiedene Richtungen innerhalb des Islam, die
sich teilweise nicht sehr freundlich gegenüberstehen. Aber es gibt trotz alledem eine Autorität der
Islamischen Rechtsschulen. Die berühmteste ist die der Al-Azar-Moschee in Kairo, jene Instanz,
deren Urteile, Meinungen und Gutachten in der ganzen Islamischen Welt höchst anerkannt sind
und die reletiv breite Zustimmung erfahren – aber im streng rechtlichen Sinn haben sie keine
Macht.
Der Islam ist eine Religion, deren Anhänger in den südlich an Europa angrenzenden Gebieten
der Erde wohnen, das heißt, er ist in den ärmeren Regionen der Welt beheimatet. Dadurch bringt
er einen sozialen Anspruch in die globale Diskussion ein, er versteht sich als Vertreter der armen
Völker und fordert ihre Rechte ein.
Bedrohlich wird der Islam dann, wenn er als einzige Lösung für die Probleme der Welt
betrachtet wird ........ so kommt es zum Islamismus .........von dort kommt es zum
Fundamentalismus, und von da ist es wieder nur ein kleiner Schritt zum Terrorismus.
Gruppierungen mit dieser Geistshaltung sind in der islamischen Welt selbst sehr angefeindet, sie
stellen eine kleine, aber außerordentlich gefährliche Minderheit dar.
In spiritueller Weise ist der Islam eine Herausforderung für uns Christen – allein durch die
Tatsache , die diese Religion im öffentlichen Leben dieser Länder spielt. Religion ist dort in einer
Weise präsent, wie sie in unserem Kulturkreis schon lange nicht mehr in diesem Ausmaß
gegeben ist. Als Beispiel sahen wir ein Bild vom Hauptbahnhof in Kairo, wo zur Gebetszeit auf
dem ganzen Bahnhof Teppiche ausgelegt wurden, um den Menschen die Verichtung des
täglichen Gebets zu ermöglichen.
Was ist ein echter Muslim? -- Die 5 Säulen des Islam:
1)Die Schakada – das Glaubensbekenntnis:
„Es gibt keinen Gott außer Gott und Muhammad ist sein Prophet!“
Das klingt recht einfach. Wenn Sie diesen Satz gläubig vor Zeugen aussprechen, so haben Sie
zum Islam konvertiert – also ein Satz mit Folgen!
Den ersten Teil des Bekenntnisses den können wir Chruisten auch sagen. Muslime würden da
Einspruch erheben, denn für Muslime haben wir Christen jenen Fehler begangen, der zu den
schlimsmten zählt, den man überhaupt begehen kann, wir haben diesem einen Gott etwas,
jemanden beigesellt (So der Fachausdruck im Islam) wir haben Gott Zeugungen zugeschrieben
aus denen ein Sohn hervorgeht und dann sprechen wir noch von einem Hl. Geist und dann auch
noch von einer Frau!
Wir haben in den Augen des Islam aus einem Gott 3 Götter gemacht und deshalb würden die
Muslime sagen, es ist zwar etwas Richtiges an dem christlichen Glauben dran, aber er wurde
verfälscht.
Daß dieser Gott im islamischen Kulturkreis Allah genannt wird, das stellt keinen Unterschied
zwischen dem Christentum und dem Islam dar, denn Allah heißt Gott, das ist kein Eigenname.
Deshalb finden Sie z.B. in den Bibeln arabischer Christen überall dort, wo wir das Wort Gott
stehen haben, das Wort Allah, zu sagen: Muslime glauben an Allah und wir an Gott ist sachlich
nicht adäquat.
Wie ist es mit dem 2. Teil dieses Glaubensbekenntnisses: Muhammad ist sein Prophet.
Muslime anerkennen alle Propheten, die wir zu den Propheten rechnen, inclusive Jesus. Worin
besteht die Prophetie des Muhammad bzw. seine Leistung?
Muslime glauben nicht an Muhammad, so wie wir an Jesus Christus glauben. Muhammad ist
kein Glaubensinhalt der Muslime, Muhammad ist ein normaler Mensch. Diesem Menschen
wurde aus islamischer Sicht, in einer Reihe von Visionen Gottes Wort geoffenbart und zwar
diktiert, wörtlich durch den Engel Gabriel.
Muhammad hat dieses Wort Gottes getreulich niedergeschrieben, bzw. niederschreiben lasssen
und somit den Kur an = Koran verfaßt. Das heißt, nicht er Mohammed hat ihn verfasst, sondern
er war nur so etwas wie ein Kanal für das Wort Gottes, für die Offenbarung.Das was er hörte
wurde niedergeschrieben in genau jener arabischen Sprache und Fassung, in der er heute vorliegt.
Jede Übersetzung die es vom Koran gibt, ist im Grunde nur eine Interpretation, eine
Verstehenshilfe, niemals der echte Kur-an, der kann nur arabisch sein. Wenn Muslime den
Koran übersetzen, steht auf dem Titelblatt der Übersetzung immer: die ungefähre Bedeutung des
Kuran. Das ist nicht übertriebene Bescheidenheit des Übersetzers sondern Ausdruck des
Glaubensverständnisses, das wahre Wort Gottes ist das Arabische und nur dieses. Der Koran hat
14 Kapitel, die sogenannten Suren und er ist relativ schwer zu lesen!
Je nachdem, wie die Völker zu dieser Offenbarung des Koran stehen, werden sie vom Islam
eingeteilt und beurteilt.
Der innerste Kreis der Menschen sind diejenigen, die den Koran, das Wort Gottes annehmen, das
sind die Muslime. (Muslim ist derjenige, der sich an den Willen Gottes hingibt!) Von daher wird
klar, daß ein Wort wie „Mohammedaner“ dem Selbstverständnis der Muslime nicht gerecht
wird.
Der zweite Kreis, das sind diejenigen, die religöse Schriften haben, namentlich die Juden und
Christen, die den Koran nicht anerkennen aber die Bibel, das sind die sogenannten Völker des
Buches. Damit wird im Islam anerkannt, daß Gott sich in der jüdischen und christlichen Bibel
geoffenbart hat, derselbe Gott, wie der Islam ihn verehrt, aber das Entscheidende ist, die Juden
und Christen haben diese Offenbarung Gottes verfälscht und durch diese Verfälschung sind die
Texte der Bibel entstanden.Wer das Wort Gottes in seiner Urfassung und Reinkultur hören will,
kann es aus der Bibel herausfiltern, aber einfacher ist es, er liest den Koran!
Der dritte Kreis umfaßt die Menschen, die missioniert und bekehrt werden müssen, es sind die
Menschen, die nicht an de einen Gott glauben, die Politheisten und die Atheisten sind.
2) Salat – das rituelle Gebet:
Es gibt 5 Gebetszeiten am Tag, die mit dem christlichen Stundengebet zu vergleichen sind.
Bestimmte Gebetstexte sind zu bestimmten Zeiten zu rezitieren, damit wird der ganze Tag durch
die Erinnerung an das Wort Gottes geheiligt.
3) Zahat = Sozialabgabe
Wir kennen das vielleicht unter dem Namen Almosen, wobei dieses Wort immer mit
Freiwilligkeit zu tun hat. Es ist aber eine Verpflichtung für den gläubigen Muslim Zakat zu
geben. Er muß einen bestimmten Prozentsatz, der genau geregelt ist , je nach Art seines
Geschäftes und seiner Tätigkeit für soziale Zwecke zur Verfügung stellen , unabhängig von
staatlichen Abgaben, die er zu entrichten hat. Diese Abgabe ist nicht unbedingt an eine zentrale
Instanz zu entrichten, am besten ist sie in anonymer Form zu zahlen, dort, wo der Muslim in
seinem Umkreis mit seiner Gabe am besten helfen kann.
4) Sawn = Fasten
Sie kennen es durch den Monat, in dem das Fasten stattfindet, nämlich Ramadan, in dem wir uns
jetzt befinden. Das Fasten ist dadurch gekennzeichnet, daß der Erwachsene Muslim, tagsüber,
von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang sich jeglicher Speise und jeglichen Trinkens und
anderer Genüsse zu enthalten hat. Dieses Fasten wird in der islamischen Welt sehr deutlich
eingehalten – mit manchen Auswüchsen abendlicher Gelage, die selten sind. Wenn Sie
bedenken, daß die meisten Muslime in Gebieten leben, in denen es sehr heiß ist, ist die
Vorstellung, den ganzen Tag nicht einmal Wasser zu trinken schon ein echtes Opfer!
5) Der Hadsch - die Pilgerfahrt nach Mekka..
Jeder gläubige Muslim soll diese Pilgerfahrt einmal in seinem Leben vollziehen, wenn er dazu in
der Lage ist sowohl finanziell als auch gesundheitlich. Wer krank ist, oder das Geld nicht hat ist
ausdrücklich davon ausgenommen. Für diese Pilgerfahrt gibt es ein ganzes Set an Regeln , sie
muß im bestimmten Pilgermonat erfolgen und erfolgt dort in einer Abfolge von bestimmten
Umrundungen der Kaba, der Steinigung des Satans etc. es wird ein Prozess durchlebt, der ca 10
Tage in Anspruch nimmt. Nach den Zeugnissen der Muslime zählt das zu den beeindruckendsten
Glaubenserfahrungen die ein Muslim haben kann. Das Gefühl der Gemeinschaft gibt ihnen viel
Kraft.
Wer den Hadsch vollzieht, bekommt den Ehrentitel eines Hadschi – und der Wiener Ausdruck
hatschen kommt auch von daher.
Ich möchte außerdem klarstellen, daß es im Islam, mit Ausnahme des jährlichen Opferfestes, das
in Erinnerung an die Opferung Ismails, des Stammvaters der Araber durch Ibrahim, kein Opfer
gibt. Das jüdisch – christliche Opfer ist etwas, das mit dem Erlösungsgedanken zu tun hat,
Erlösung von einem Zustand in dem die Welt ist, in dem sie eigentlich nicht sein sollte, einem
Zustand der Gefallenheit aus dem Paradies. Eine solche Erlösungsvorstellung gibt es im Islam
nicht, auch keine Ursünde oder Fallvorstellung, wie bei Adam und Eva im Paradies, daher auch
kein Opfer, das diese Urzustand wiederherstellen soll. Die Grundidee ist die, daß Gott dem
Propheten seine Rechtleitung gegeben hat, und wenn sich der Mensch danach richtet, wird er
gerettet werden ins Paradies kommen und das gesellschaftliche Leben auf Erden wird ein
gerechtes sein. Auf diesem Weg gibt es Fortschritte und Rückschritte.
Der Islam ist eine Religion mit starker innerer Vielfalt, einerseits von den Völkern
her aber auch von den verschiedenen Glaubensrichtungen , die aufzuführen den Rahmen dieses
Vortrags sprengen würde.
Macht es Sinn, die Herausforderung des Islam anzunehmen?
Wie gehen wir mit dem Faktum um, daß in unserem Land schon über 300 000 Moslems leben?
Wenn man sich mit dem Islam befaßt ist es unerläßlich, ein gewisses Maß an Sachkenntnis zu
erwerben, was der Islam als Religion ist, damit man von Klischees wegkommt. Hier sehe ich
auch eine gewisse Verantwortuing der kirchlichen Stellen. Die Kirche muß sich in ihren
Ausbildungsangeboten dem Islam und überhaupt den Weltreligionen stellen – in der Ausbildung
der Priester, der Diakone, der Religionslehrer etc. damit in einer adäquaten Weise kommuniziert
werden kann.
Ein weiterer Aspekt der mir wichitg erscheint ist, daß wir die Geschichte der Begegnung mit dem
Islam nicht vergessen dürfen. Heute zeichnet sich eine Fronstellung zwischen islamischer und
westlicher Welt ab, die sehr dazu verleitet, diese Wahrnehmung als das einzig denkbare Muster
für die Konstellation beider Kulturkreise oder Religionswelten zu verstehen. „Der Islam ist so...!“
„Die Christen sind so......!“
Wenn man die Geschichte jedoch einbezieht sieht man, daß sich manches, das wir heute als
typisch für den Islam bez. für den Westen sehen, sich im Laufe der Geschichte ganz anders
darstellt. Es hat Zeiten Islamischer Hochkultur gegeben, wo der westlich-christliche Kulturkreis
zu lernen hatte. (Denken wir an die Gebiete der Philosophe und der Medizin, Thomas von Aquin
konnte seine Summa nur schreiben, weil er vorher Aristoteles kennen lernte, durch die Muslime),
Wenn sie z.B. wissen, daß zur Zeit der frühen Ausbreitung des Islam die innerkirchlichen
Auseinandersetzungen zwischen der Reichskirche in Konstaqntinopel auf der einen Seite und
etwa den Christen Ägyptens, den Kopten in Alexandrien, so stark gewesen sind, daß die
ägyptischen Christen die Muslime als Befreier vom byzantinischen Joch verstanden haben, dann
ist das doch ein Faktum, das zu denken gibt. Es ist nicht so, daß der Islam von vorne herein der
Gegner oder Unterdrücker des Christentums gewesen ist. Vieles war da innerkirchlich nicht in
Ordnung, was man berücksichtigen muß.
Spanien im Mittelalter, wo ein Zusammenleben unter muslimischer Herrschaft, wie man aus den
Quellen heute sieht weitaus fruchtbarer gewesen ist als zur selben Zeit im resstlichen Europa,
denken Sie etwa an die Minderheiten, allen voran die Juden, die unter christlicher Herrschaft
lebten.
Wenn sie an die Kreuzzüge denken, so wissen Sie, daß zunächst das vorherrschende Motiv war,
die Pilgerfahrt ins Heilige Land zu sichern, d.h. die Pilger sollten vor muslimischen Banden, die
sie überfielen gesichert werden. Was aber weniger bekannt ist, daß die Kreuzfahrer dann
ihrerseits Krawanen von Mekkapilgern 1187 überfallen haben unterRainald von Chatillon.
Aber, um nicht nur in der Vergangenheit zu bleiben, gerade heute stellt sich die Frage, ob ein
„war in the will of God“ wie es George Bush senior anläßlich des Golfkrieges noch genannt hat,
wirklich die Alternative ist, die der Westen der islamischen Welt anzubieten hat.
Während Saddam Hussein, zu Unrecht aus islamischer Sicht, zum Heiligen Krieg aufrief, rief
George Bush senior zu einem „war in the will of God“ auf! Hier wird religiöse Rhetorik auf
beiden Seiten verwendet und mißbraucht!
3)Es braucht auf beiden Seiten ein Bekenntnis zu den Rahmenbedingungen, die ein Gespräch
möglich machen: Religionsfreiheit, Pluralität der Religionen, damit der Dialog gelingt. Wenn
sich eine Religion nicht dazu bekennen kann, ist es sehr schwer mit ihr einen Dialog zu führen.
Es ist wahr, daß die islamische Seite bisweilen Schwierigkeiten hat, die Religionsfreiheit in
unserem Sinn zu akzeptieren und eine Pluralität als legitim anzuerkennen. Auch bei uns im
Westen ist die Akzeptanz der Religionsfreiheit noch nicht sehr alt und erst am 2. Vaticanischen
Konzil bahnbrechend formuliert worden.
Wir müssen im Dialog sensibel sein für die Ängste, die da aufbrechen, und zwar auf beiden
Seiten. Den Muslimen geht es um die Bewahrung der Glaubensidentität in einem für sie völlig
fremden, religiösen Umfeld. Das ist eine Schwierigkeit, die Angst machen kann. Für uns Christen
geht es um die Bewahrung unseres Glaubens, damit er weiter leben kann.
Ich meine, daß die Begegnung mit dem Islam für uns Christen dahin führen muß, daß wir uns des
eigenen Glaubens bewußt werden. Den eigenen Glauben in seiner Tiefe mehr und mehr zu
erfassen: theologisch, spirituell und intellektuell aber auch in seinen praktischen Konsequenzen.
Wir müßten uns z.B. bewußt werden an wen wir glauben, wenn wir sagen : Ich glaube an den
Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Was heißt Trinität wirklich?
Wenn wir uns hier hineinvertiefen nehmen wir die Herausforderung des Islam an der zentralsten
Stelle an. Erst eine solche Vertiefung ermöglicht die ehrliche Begegnung nach außen, in der man
sich nicht anbiedert, noch über den anderen herfällt.
„Ein kompetentes Annehmen der Herausforderung Islam im interreligiösen Dialog führt nicht zu
einer Gefährdung des eigenen christlichen Bekenntnisses, sondern vertieft die Identität und
entspricht der biblischen Weisung, Zeugnis von der Hoffnung abzulegen, die uns erfüllt.“
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