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Hellmuth Mohr
72764 Reutlingen, den 1.10.2005
Bürgermeister a.D.
Karlstr. 9
Rechtsanwalt
07121/17071
07121/46522 Fax
[email protected]
www.ra-hellmuth-mohr.de
Umweltrecht
Teil 6: Bodenschutzrecht: eine Übersicht
Probleme und Begriffe .........................................................2
Einführung in das Bodenschutzrecht ...................................6
Der Anwendungsbereich des Gesetzes ..............................7
Die bodenschutzrechtlichen Pflichten ..................................8
Das Sanierungsverfahren ..................................................11
Die Pflicht zur Untersuchung und Sanierung .....................13
Der Verursacher .................................................................14
Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers .......................15
Eigentümer und Inhaber der tatsächlichen Gewalt .............17
Haftungsbegrenzung für den Zustandsverantwortlichen ....17
Derelinquent ........................................................................18
Alteigentümer ......................................................................18
Verantwortlicher nach Handels- oder Gesellschaftsrecht ...19
Auswahl unter mehreren Verpflichteten ..............................20
Rückgriffsmöglichkeit nach § 24 Abs. 2 ..............................21
Länderregelungen zum flächenhaften Bodenschutz ...........23
Praktische Tipps zur Abwicklung der Altlastensanierung ....24
Zusammenfassung ............................................................. 26
Anhang ............................................................................... 27
Zum 1.3.1999 ist das neue Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) in Kraft getreten,
das aber noch nicht überall im Unternehmerbewusstsein angekommen ist. Altlasten
werden gerne beiseite geschoben, weil sie selten zu neuen Konzepten dienen können. Dabei sind sie meistens mit großen Haftungsrisiken verbunden, die der Staat
gerne auf private Schuldner abwälzen will. Altlasten spielen aber nicht nur im Um-
1
weltrecht wegen Sanierungspflichten eine Rolle, sondern auch in anderen Rechtsgebieten:

Im Kauf- oder Pachtrecht, wenn es um die Haftung für belastete Grundstücke
geht.

Im Bankenrecht, wenn die Bank die Darlehensgewährleistung wegen bekannt
gewordenen Altlasten überprüft.

Im Strafrecht, wenn es um die Verantwortung für Altlasten geht.

Im Versicherungsrecht, wenn es um die Frage der Übernahme von Sanierungskosten durch die Haftpflichtversicherung geht.

Im Steuerrecht, wenn es um die Frage geht, wie Sanierungsaufwendungen steuerrechtlich geltend gemacht werden können.
Daraus ergibt sich, dass es sich beim Bodenschutzrecht um eine wichtige Querschnittsaufgabe im Unternehmen handelt. Die notwendigen Informationen zu den
bodenschutzrechtlichen Fragen werden in diesem Artikel gegeben.
Stichworte:
Abwehrpflicht, Altlasten, Bodenschutzrecht, bodenschutzrechtliche Pflichten, Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung, Derelinquent, Entsiegelungspflicht, Ermittlungspflicht der Behörde, Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers, Haftungsbegrenzung, Länderrecht, Sanierungspflicht, Sanierungsverantwortliche,
Vermeidungspflicht, Verwirkung, Wertausgleich.
In diesem Beitrag erfahren Sie:
 Wie die Voraussetzung, Ermittlung, Kosten und Sanierung einer Altlast aussehen,
 welcher Geltungsbereich sich aus den Bundes- und der Landesbodenschutzgesetzen ergibt,
 wie ein Sanierungsverfahren abläuft und
 welche Pflichten sich aus dem Bundesbodenschutzgesetz ergeben.
Bodenschutzrecht
Probleme und Begriffe
Neben Wasser und Luft ist seit 1999 auch der Boden als Teil der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen durch ein Bundesgesetz geschützt, nachdem zuvor
schon die Bundesländer Gesetze geschaffen hatten. Der Boden ist insbesondere
Produktionsgrundlage, z.B. für Nahrungsmittel. Im Wasserhaushalt wirkt er als Filter,
2
Puffer und Transformator für die im Wasser gelösten Substanzen. Im Gegensatz zu
Wasser und Luft zeigen sich im Boden Schadstoffbelastungen oft erst mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung. Entsprechend hoch ist dann aber auch der Sanierungsaufwand. Gerade bei Auswirkungen von Bodenbelastungen ins Grundwasser
ist der Aufwand hoch, weil das Schutzniveau des Wassers hoch und von der konkreten Nutzung des Wassers unabhängig ist.
Was sind gefährliche Vorgänge?

Auf die Kenntnis oder die Schuld eines Verantwortlichen kommt es nicht an:
Hochwasser, Krieg oder die Folgen des Bergbaus vor vielen Jahrhunderten können die Verantwortung für Bodenbelastungen begründen. Das gilt auch für Bodenbelastungen durch Schadstoffe, die durch die Luft weitergetragen werden und
sich im Boden niederschlagen.

Auch ein früherer sorgloser Umgang mit heute als gefährlich erkannten Stoffen ist
schädlich.

Auch unvermeidliche Bodenbelastungen sind beachtlich, z. B. die geringen Tropfverluste beim Betanken von Fahrzeugen an Tankstellen.
Die Bedeutung des Altlastenrechts ergibt sich zum einen aus der Zahl der geschätzten Fälle und aus den Sanierungskosten. Das Umweltbundesamt schätzte im Dezember 1998 ca. 300 000 Verdachtsfälle, davon 1/3 in den neuen Bundesländern.
Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen kam im Februar 2000 auf ca. 325
000 Flächen und 10 000 militärische Flächen. Davon sind nur zehn bis fünfzehn
Prozent sanierungsbedürftig. Bis das aber geklärt ist, sind die belasteten Flächen
faktisch unverkäuflich. Auch Übertragungen innerhalb einer Unternehmensgruppe
sind wegen der genauen Wertermittlung schwierig.
Die Kosten können schnell beachtliche Größen erreichen, zumal eine Schätzung vor
Beginn naturgemäß mit Unsicherheiten behaftet ist. Folgende Beträge können einen
gewissen Anhalt geben:

Probebohrung

Rammkernsondierung
35 €/m

Analyse CKW
60 €/Probe

Analyse Schwermetalle

Deponiegebühr kontaminiertes Material
250 €/m
500 €/Probe
38 – 250 €/to.
3
Am aufwändigsten sind natürlich langfristige Reinigungsvorgänge vor Ort, die leicht
die Grenze von 50 000 € überschreiten. Kostendämpfend ist dabei lediglich die Tatsache zu berücksichtigen, dass die Sanierung nicht auf das Niveau null (absolute
Schadstofffreiheit) erfolgen muss, sondern nur auf das einer gefahrlosen Nutzung für
den konkreten Zweck.
Zum Verständnis des Gesetzes sind die folgenden Begriffe wichtig:

Boden: Nur dieser wird vom BBodSchG geschützt. Es ist die obere Schicht der
Erdkruste: also bei einem Bach nicht das Bachbett und in der Tiefe nur bis zum
Grundwasser.

Altlasten sind entweder Altablagerungen (stillgelegte Ablagerungsplätze mit Abfällen, Kampfstoffen oder wilden Ablagerungen) oder Altstandorte (belastete Böden alter Industriestandorte, Bodenbelastungen durch frühere Leckagen o. Ä.).
Dagegen werden laufende Unternehmen nicht erfasst. Aus ihnen können nur
künftige Altlasten entstehen. Hier gilt nur die Vorsorgepflicht nach § 7. Diese hat
aber noch keine besondere Bedeutung, weil hierzu noch eine präzisierende Verordnung des Bundes fehlt. Nur wenn Altlasten oder schädliche Bodenveränderungen vorliegen, besteht Handlungsbedarf.

Schädliche Bodenveränderungen gehen über den Begriff der Altlast hinaus,
weil sie auch die derzeitige Nutzung erfassen und Vermeidungspflichten festlegen, nicht nur wie die Altlasten Beseitigungspflichten. Es muss eine Beeinträchtigung der Bodenfunktionen vorliegen, die geeignet ist, für den Einzelnen oder die
Allgemeinheit Gefahren oder zumindest erhebliche Nachteile oder Belästigungen
herbeizuführen. Erosion, Verdichtung, Versiegelung, sogar ein Erdrutsch 1 sind
schädliche Bodenveränderungen, aber keine Altlast.
Die erste Altlastenerfassung durch die Umweltbehörden der Länder ist heute abgeschlossen und wird teilweise wieder aktualisiert wie z. B. in Baden-Württemberg. Sie
wurde ab Mitte der 80er Jahre begonnen. Deshalb kann sich ein Grundstückskäufer
durch eine Einsichtnahme in die amtlichen Unterlagen entweder bei der örtlich zuständigen unteren Bodenschutzbehörde, Landratsamt oder kreisfreie Stadt, oder
auch in die Dateien bei Behörden auf Landesebenei mit relativ großer Sicherheit über
ein Grundstück Informationen zu dessen „Vorleben“ verschaffen.
1
Urteil des VG Freiburg vom 14.11.2002, 6 K 763/01, Natur und Recht 2004, 257
4
Nachforschungen zur Vorgeschichte eines zu erwerbenden Grundstücks sind unerlässlich! Ein Recht auf den Zugang zu den Informationen ergibt sich aus § 4 Umweltinformationsgesetz.
Bei der Ermittlung wurde zunächst nur auf Grund vorhandener Behördenunterlagen ii
die Geschichte der Grundstücke geprüft (sog. historische Erkundung). Nach der dabei ermittelten Nutzung wurden je nach Schadenspotenzial auf der Grundlage von
vorgegebenen Risikoklassen für einzelne Betriebsarteniii Einstufungen vorgenommen, die auch die Notwendigkeit der weiteren Ermittlung nun vor Ort festlegteniv.
Diese Ermittlungen wurden schon vor dem In-Kraft-Treten des BBodSchG begonnen
und werden nun auf der neuen gesetzlichen Grundlage fortgeführt (sog. orientierende Untersuchung nach § 9 I BBodSchG). Teilweise liegen auch Karten oder Atlanten
über die ermittelten Altlasten vor, so dass man sich schnell einen Überblick verschaffen kann.
Die Sanierung von Altlasten ist einerseits durch die Dekontaminierung, die Entfernung der Schadstoffe, möglich, andererseits aber auch durch die bloße Sicherung
der Schadstoffe vor Ort, wenn die Ausbreitung der Schadstoffe verhindert werden
kann und sie keine Gefährdung verursachen (Einkapseln der Schadstoffe). Hierbei
spielt die konkrete Nutzung des Grundstücks eine wichtige Rolle, die aber auch den
vorhandenen Schadstoffen angepasst werden kann (Beispiel: einfacher ebenerdiger
Parkplatz statt Wohnbebauung). Bei Altlasten, die nach dem 1.3.1999 eingetreten
sind, ist die bloße Sicherung aber nur noch unter erschwerten Voraussetzungen
möglich, weil nun grundsätzlich beseitigt werden muss. Nur ausnahmsweise ist Vertrauensschutz möglich. Mit der bloßen Sicherung lässt sich auch die sog. natural attenuation vergleichen, bei der aber zusätzlich Abbauprozesse bezüglich der Schadstoffe ablaufen, die aber ohne menschliche Einwirkung nur beobachtet werden. Die
rechtliche Einordnung dieses Vorgehens ist aber noch nicht geklärt. Eine vom
BBodSchG zur Sanierung vorgesehene „Maßnahme“ liegt wohl nicht vor. Äußerstenfalls sind auch reine Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen ausreichend zur „Sanierung“, wenn weitergehende eigentliche Sanierungsschritte nicht möglich oder unzumutbar sind.
Die Sanierungstechniken sind naturgemäß je nach Schadstoff, Ausbreitung und
Boden sehr vielfältig, so dass hier nur ein kurzer Überblick gegeben werden kann.
Einzelheiten muss ein Sachverständiger ermittelnv. Üblich sind physikalische, chemische, mikrobiologische und thermische Verfahren.
5
Verbleibt der belastete Boden an Ort und Stelle wie bei der Einkapselung, spricht
man von einer Behandlung in situ, ex situ ist die Dekontamination durch Ausgrabung
und die Deponierung des Bodens. Erfolgt die Behandlung des belasteten Bodens vor
Ort durch Reinigungsmaßnahmen (z. B. durch Bodenluftabsaugung), liegt ein onside-treatment vor.
Einführung in das Bodenschutzrecht
Bodenschutzrecht ist in der betrieblichen und anwaltlichen Praxis insbesondere Altlastenrecht (Abwehr und vor allem Sanierung von schädlichen Bodenveränderungen
(§ 4 Abs. 2 und 3)). Hierauf liegt auch der Schwerpunkt dieser Darstellung. Bodenschutzrecht schützt das Medium Boden, dessen Schutz aber vor 1999 auch bereits
im Immissionsschutz-, Wasser-, Bau-, Chemie- und Abfallrecht mitgeregelt war.
Darüber hinaus hatten die Länder eigene Gesetze (Abfall-, Wasser- oder eigene
Bodengesetze) geschaffen. Das neue Bundesgesetz entstand aus einem Entwurf
von 1994, wurde im März 1998 verkündet und trat im Wesentlichen am 1.3.1999 in
Kraft. Das neue Recht war im Grundsätzlichen parteipolitisch nicht strittig. Dagegen
war der Bundesrat im Länderinteresse aktiv, um mögliche Sanierungskosten der
Länder gering zu halten, indem die Haftung Privater ausgeweitet wurde.
Kompetenzrechtlich ist zu beachten, dass der Bund zwar das Bodenrecht regeln
kann und damit die bisherigen Ländergesetze mit seinem neuen Gesetz verdrängt
hat. Für den Bereich des Wassers liegt die Kompetenz dagegen bei den Ländern, so
dass der Bund nur Rahmenregelungen treffen kann. Das bedeutet, dass die inhaltlichen Anforderungen bei Bodensanierungen, die sich ins Grundwasser hinein auswirkenvi, aus dem jeweiligen Länderwasserrecht zu entnehmen sind.
Die Länder haben nach 1999 teilweise bereits eigene neue Gesetze geschaffen, die
die vom Bund ausgesparten Regelungsbereiche ausfüllen (1999 bereits Bayern,
Niedersachsen, Sachsen und Thüringen mit einer Neufassung 2003, zuletzt BadenWürttemberg 2004).
Die Gliederung des Gesetzes

Gemeinsame Regelungen in den §§ 1 bis 10 und 17 ff. mit ergänzenden Regelungen für Altlasten §§ 11 – 16)

Gliederung des Gesetzes in 5 Teile: allgemeine Vorschriften (§§ 1 –3, erster Teil),
Grundsätze und Pflichten (§§ 4 – 10, zweiter Teil), Altlasten (§§ 11 – 16, dritter
6
Teil), landwirtschaftliche Bodennutzung (§ 17, vierter Teil) und Schlussvorschriften (§§ 18 – 26, fünfter Teil)

Folgende Einzelregelungen sind von Bedeutung: Begriffsbestimmungen (§ 2),
wichtige Regelung zu den Sanierungspflichtigen (§ 4), Befugnis der Behörde zur
Gefährdungsabschätzung und zur Untersuchung (§ 9), eine Ermächtigung der
Behörde zu Sanierungsanordnungen für den zweiten Teil des Gesetzes (§ 10)
und eine Kostenregelung (§ 24).

Weitere Regelungen des Gesetzes: Ermächtigung der Behörde für Maßnahmen
nach den §§ 11 bis 15 (§ 16), Ermächtigung für eine Rechtsverordnung der Bundesregierung über die Anforderungen der Altlastensanierung (§ 8), Erfassung von
Altlasten und Information der Betroffenen (§§ 11 f.), Sanierungsplan durch den
Betroffenen (§ 13) oder die Behörde (§ 14) und behördliche Überwachung und
Eigenkontrolle durch den Verantwortlichen bei Altlasten und altlastenverdächtigen
Flächen (§ 15).
Auf § 8 beruht die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vom
12.7.1999 (BBodSchV). Sie enthält in einer Anlage Prüfwerte, aber wenige Sanierungswerte, die eine Sanierung auslösen, und Vorsorgewerte (Anhang 2 der VO).
Für dort nicht geregelte Werte gilt zunächst die Bekanntmachung über Methoden und
Maßstäbe für die Ableitung der Prüf- und Maßnahmewerte nach der BBodSchV vom
18.6.1999. 2002 hat eine Bund/Länderarbeitsgruppe weitere Vorschläge für Prüfwerte erarbeitet, die aber bisher formal nicht wirksam geworden sind. Gegenwärtig gibt
es hierzu keine Aktivitäten der Bundesregierung.
Kritisch ist auch nach dem In-Kraft-Treten des Gesetzes festzuhalten, dass es den
Flächenverbrauch nicht stoppen konnte, dass es zu wenig Vorsorge betreibt, die
landwirtschaftliche Bodennutzung nicht beschränkt und Summations- und Distanzschäden nicht berücksichtigt.
Der Anwendungsbereich des Gesetzes
Der Anspruch des Gesetzes ist weit. Denn sein Zweck nach § 1 ist der nachhaltige
Schutz der drei Bodenfunktionen in § 2 (1. natürliche Funktion als Lebensgrundlage
für Menschen und Tiere, Bestandteil des Naturhaushalts, 2. Funktion als Archiv der
Naturgeschichte und 3. Nutzungsfunktion als Rohstofflagerfläche, Fläche für Siedlung und Erholung, landwirtschaftliche und sonstige wirtschaftliche Nutzung). Zum
7
Schutz des Bodens hat der Gesetzgeber in § 1 drei Handlungsziele für den Boden
und eines für das Wasser vorgesehen.
Andererseits musste das neue BBodSchG Vorrangregelung zu Gunsten anderer
Gesetze vorsehen, die 1999 schon bestanden und sich auch auf die Bodennutzung
beziehen. § 3 nennt hier insgesamt 13 Gesetze, die insoweit Vorrang haben, als sie
Einwirkungen auf den Boden selbst regeln. Die Einzelheiten der Vorrangregelung
können hier nicht behandelt werden. Wichtig ist aber, dass sich dieser Vorrang auf
bedeutsame Umweltgesetze wie z. B. das Abfallrecht (KrW-/AbfG), das Immissionsschutzrecht (BImSchG) und das Wasserrecht (WHG und Länderwassergesetze vii)
bezieht. So unterliegen Klärschlamm, Dünge- und Pflanzenschutzmittel nicht dem
BBodSchG. Aber auch in die Bauordnungen der Länder wirkt der Bodenschutz hinein. Wenn ein Bauherr nicht nachweisen kann, dass bei seinem Bauvorhaben gesundheitliche Risiken infolge einer Altlast ausgeschlossen werden können, muss ihm
die Baugenehmigung versagt werden.
Aus der Definition der im Begriff der Altlasten enthaltenen Altstandorte kann wegen
des dabei vorgenommenen Bezugs auf „Grundstücke“ geschlossen werden, dass
auch Kontaminationen in Mauerwerken oder Bodenplatten in Gebäuden, von denen
schädliche Bodenveränderungen drohenviii, zwar formell nach dem Bauordnungsrecht zu sanieren sind, materiell aber dem BBodSchG unterliegen, insbesondere für
die Voraussetzungen einer Sanierung.
Nach einer Entscheidung des LG Karlsruheix ist die Teerdecke einer Straße und die
darunter liegende Schotterschicht nicht Teil des Bodens, weil diese keinen Teil der
Bodenkruste mehr bilden, sondern auf diese aufgebracht werden. Eine Altlast liegt
aber dann wieder vor, wenn Schadstoffe aus der Teerdecke in den Untergrund der
Straße austreten, z. B. eine PAK-Konzentration erfolgt.
Die bodenschutzrechtlichen Pflichten
Nach den allgemeinen Vorschriften in den §§ 1 – 3 enthält das Gesetz in den §§ 4 ff.
allgemeine Grundsätze und Pflichten, die in den §§ 11 ff. für Altlasten ergänzt werden.
Der Pflichtenkatalog des Gesetzes:

Vermeidungspflicht nach § 4 Abs.1

Abwehrpflicht nach § 4 Abs.2

Sanierungspflicht nach § 4 Abs. 3
8

Entsiegelungspflicht nach § 5

Die Vorsorgepflicht nach § 7 und für die Landwirtschaft nach § 17

Ermittlungspflicht der Behörde nach § 9

Behördliche Anordnungen nach § 10.
Die Vermeidungspflicht nach § 4 Abs. 1 verlangt ein Verhalten, das schädliche
Bodenveränderungenx nicht hervorruft. Es dient dem im Gesetz nur schwach ausgebildeten präventiven Bodenschutz. Wie schon vor der Schaffung der Bodenschutzgesetze in den damals einschlägigen Polizeigesetzen der Länder soll auch heute mit
dieser Pflicht eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit im Bereich des Bodens
ausgeschlossen werden. Verpflichtet ist jeder auf den Boden Einwirkende, aber auch
nur dieser. Damit ist der Adressatenkreis enger als bei den Sanierungspflichten. Ein
Verstoß löst zwar kein Bußgeld aus, aber möglicherweise eine behördliche Verfügung.
Die Abwehrpflicht nach § 4 Abs.2 verpflichtet Eigentümer und Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück, Maßnahmen zur Abwehr der von ihrem Grundstück drohenden schädlichen Bodenveränderungen zu ergreifen. Auch dies dient
dem präventiven Bodenschutz. Allerdings bestehen hier verschiedene Grenzen. Zum
einen entfällt die Pflicht, wenn ein nach § 3 vorrangiges Gesetz entsprechendes regelt. Zum anderen entfällt die Pflicht, wenn sie aus tatsächlichen oder rechtlichen
Gründen nicht erfüllt werden kannxi. Durch behördliche Verfügung kann zumindest
die Verringerung oder die Verhinderung der schädlichen Bodenveränderung verlangt
werdenxii.
Da schädliche Bodenveränderungen auch Gefahren oder Ähnliches für den Einzelnen erfassen, kann auch ein betroffener Dritter aus § 4 Abs. 1 und 2 von der Behörde den Erlass einer Verfügung zu seinem Schutz verlangen, wenn dies der Schutz
seines Eigentums oder seiner Gesundheit erfordertxiii. Dieser sog. Drittschutz ist im
öffentlichen Recht nicht generell möglich, sondern nur wie hier bei Vorliegen einer
Nachbar schützenden Vorschrift.
Die Sanierungspflicht nach § 4 Abs. 3 verpflichtet eine größere Reihe von Adressaten, Boden, Altlasten sowie durch Altlasten oder schädliche Bodenveränderungen
verursachte Verunreinigungen von Gewässern zu sanieren. Dies ist zweifelsfrei die
wichtigste Pflicht des Gesetzes. Hier wird repariert und nicht mehr Vorsorge (z. B.
durch Rekultivierung) getrieben. Das frühere Polizeirecht lebt hier in bodenschutzrechtlicher Form fort. Es muss für einen Eingriff eine polizeirechtliche Gefahrxiv vor9
liegen. Die Einzelheiten werden nachfolgend getrennt dargestellt. Daneben steht die
Möglichkeit, bei einem Grundstücksschaden vom Eigentümer des schädigenden
Nachbargrundstücks auf zivilrechtlicher (!) Grundlage Ersatz für alle eingetretenen
Schäden bei nachweislichem Verschulden, ohne dieses lediglich die Beseitigung des
Schadens zu verlangen.
Die Entsiegelungspflicht nach § 5 ist eine Ergänzung der Pflichten aus § 4. Sie
kann aber auf Bundesebene derzeit wegen des Fehlens einer dafür notwendigen
Verordnung des Bundes auf Bundesebene nicht umgesetzt werden. Bis dies geschieht, sind die Länder zu entsprechenden Verfügungen unter den Voraussetzungen des § 7 befugt.
Die Vorsorgepflicht nach § 7 wird durch die so genannten Vorsorgewerte aus der
BBodSchV präzisiertxv. Hier spielen auch mögliche Summationsschäden durch das
Zusammenwirken mehrerer Schadstoffe eine Rollexvi. Maßstab ist die Empfindlichkeit
des Bodens und nicht dessen konkrete Nutzung. Selbst wenn die praktische Bedeutung dieser Vorschrift gegenwärtig noch gering ist, so kann sie doch Grundlage einer
behördlichen Verfügung an die verpflichteten Eigentümer, Inhaber der tatsächlichen
Gewalt oder diejenigen sein, die auf dem Grundstück Verrichtungen ausführen lassen (z. B. auch ein Bauunternehmer).
Die Landwirtschaft wird nach § 17 durch die Beachtung der sog. guten fachlichen
Praxis, die in § 17 Abs. 2 im Einzelnen geregelt ist, von der allgemeinen Vorsorgepflicht freigestelltxvii. Hierbei handelt es sich eher um eine Landwirtschaftsschutz- als
um eine Bodenschutzklausel.
Die Ermittlungspflicht der Behörde nach § 9 ist zweigeteilt. Bei einfachen Anhaltspunkten, insbesondere bei den Beispielen nach § 3 BBodSchVxviii, und erst recht bei
Überschreitung der Prüfwerte als Indizien kann die Behörde den fraglichen Sachverhalt einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast ermitteln. Diese Untersuchungen hat die Behörde wie bei allen Amtsermittlungen zu bezahlen (§ 9 Abs.1)
und das Ergebnis förmlich festzustellen bzw. zu bewerten. Bei konkreten Anhaltspunkten, hier immer bei Überschreitung der Prüfwerte, kann die Behörde die nach §
4 Abs. 3, 4 und 6 Verpflichteten zu Untersuchungen verpflichten (sog. Gefahrerforschungseingriff nach Abs. 2). Bestätigt sich der Verdacht nicht und hat der Betroffene
die Verdachtsgründe auch nicht zu vertreten, dann hat der Verpflichtete einen Erstattungsanspruch gegen die Behörde nach § 24 Abs.1xix.
Übersicht über den Ablauf der Untersuchungen
10

orientierende Untersuchung

Detailuntersuchung, beide bilden die Gefährdungsabschätzung

Sanierungsverfügung

eventuell Sanierungsuntersuchung mit Sanierungsplan und Vertrag bei komplexen Sachverhalten.
Angesichts des hohen Schutzbedarfs bei der menschlichen Gesundheit und des
Grundwassers ist es offensichtlich, dass eine Maßnahme nach Abs. 2 schon bei geringem Verdacht zulässig ist. Werden die ebenfalls in der VO festgelegten Maßnahmenwerte überschritten, liegt im Regelfall eine schädliche Bodenveränderung oder
eine Altlast vor und es besteht Handlungsbedarfxx.
Die Überprüfung der von der Behörde angewendeten Prüfungs- und Maßnahmenwerte ist unverzichtbar, wenn diese nicht in der BBodSchV ausdrücklich geregelt
sind. Ebenso sollten Bodengutachten sorgfältig bewertet werden, denn der Boden ist
nicht gleichförmig aufgebaut. Bodenbelastungen können deshalb stark variieren.
Deshalb größere Sanierungen nie auf ein Gutachten stützen!
Das Sanierungsverfahren
Das Sanierungsziel ist die dauerhafte Beseitigung einer Gefahr (status quo ante).
Damit keine vollständige Beseitigung verlangt, sondern nur eine gefahrlose Nutzung
eines Grundstücks nach dessen planungsrechtlichen Vorgaben.
Es ist sinnvoll, vor einer Sanierung Nutzungsvarianten zu überprüfen, um damit den
Sanierungsaufwand zu verringern.
Die Sanierungsverfügung, die dann die Durchführung der Sanierung im Einzelnen
und verbindlich regelt, ist als einseitiger belastender Verwaltungsakt der Bodenschutzbehörde in der Mehrzahl der Fälle die Grundlage der Sanierung durch den Betroffenen. Sie legt Maßnahmen und Ziele, regelmäßig die Maßnahmenwerte, fest.
Auf die damit verbundenen materiellen Rechtsfragen wird noch einzugehen sein.
Hier soll es zunächst um weitere Sanierungsmittel und Verfahrensschritte gehen.
Nach einer Gefährdungsabschätzung nach § 9 ist im Ausnahmefall als Grundlage für
die konkrete Sanierung durch den Betroffenen statt der gerade erwähnten Verfügung
eine weitere Sanierungsuntersuchung xxi durchzuführen und ein Sanierungsplan
xxii
zu erstellen. § 13 nennt für diese zusätzlichen Schritte im Sanierungsverfahren
besondere Voraussetzungen (z. B. Verschiedenartigkeit der Sanierungsmaßnahmen,
11
besonders gefährliche Bodenveränderungen), die bei einfachen Sachverhalten nicht
vorliegen.
Statt einer Verfügung kann auch ein Sanierungsvertrag mit der Behörde geschlossen werden, der dann Grundlage der Sanierung wird. Dies ist sinnvoll bei komplexen
Sanierungen, die einen Sanierungsplan verlangen. Allerdings besteht ein Vorrang
der Verfügung vor einem Vertrag, so dass die Behörde den Betroffenen nicht einfach
zu einem Sanierungsplan veranlassen darf. Aus hier nicht zu erläuternden Gründen
des Verwaltungsrechtsxxiii gibt der Sanierungsvertrag dem Verpflichteten eine größere Sicherheit als die einseitig wieder abänderbare Verfügung. Außerdem können in
einem Vertrag auch andere behördliche Entscheidungen im Zusammenhang mit der
Sanierung, z. B. wegen des Wasserrechts, oder auch eine Baugenehmigung geregelt werden.
Das Gebot der Verhältnismäßigkeit hat die Verwaltung auch bei der Festlegung der
Sanierungsziele zu beachten. Deshalb gibt es keine Sanierung auf Null und keine
Sanierung mehr nur noch im Grenzbereich oberhalb eines Maßnahmenwertes.
Verfahrensregeln sind im BBodSchG nur wenige enthalten. § 12 enthält Informationsrechte zu Gunsten der durch eine bereits angeordnete Untersuchung oder Sanierung betroffenen Eigentümer, Grundstücksnutzer oder Nachbarn. Das Problem
der in den Sanierungsunterlagen möglicherweise enthaltenen Geschäftsgeheimnisse
ist im Gesetz angesprochen. Hier hat der Bund von seiner Kompetenz keinen Gebrauch gemacht und den Ländern Regelungen überlassen.
Übersicht über die Länderregelungen für die Sanierung:

Regelungen zur Erfassung von Altlasten entsprechend § 11

Mitteilungs- und Auskunftspflichten gegenüber der Behörde bei Anhaltspunkten
für eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast für den Verursacher, den jetzigen Eigentümer u.a.xxiv mit Bußgeldsanktion und Schutz bei Weitergabe von
Geschäftsgeheimnissen. Wer aus eigenem Entschluss ein Bodengutachten erstellen lässt, das eine Altlast feststellt, hat das Gutachten unaufgefordert der Behörde vorzulegen!

Betretungs- und Ermittlungsrechte zu Gunsten der Umweltbehörden gegenüber
dem Eigentümer und Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück,
ebenfalls mit Bußgeldsanktion und Entschädigungsregelung.

Fortführung der bisherigen Kataster mit schädlichen Bodenveränderungen und
Altlasten
12

Zuständigkeitsregelungen: Regelmäßig sind die Landratsämter und kreisfreien
Städte zuständig für den Gesetzesvollzug.
Sanierungsmaßnahmen ohne behördliche Zustimmung sind zwar nicht unzulässig,
bergen aber das Risiko in sich, dass die Behörde später andere Vorstellungen zur
Sanierung hat.
Nach der Sanierung unterliegen Altlasten und altlastenverdächtige Flächen der behördlichen Kontrolle (Kostentragung Behörde) oder der Eigenkontrolle durch den Betroffenen (Kostentragung Betroffener), die in § 15 beschrieben und nach § 16 angeordnet werden können.
Eine Nachsanierung, d. h. eine weitere Sanierung nach einer vorausgegangenen,
ist grundsätzlich nicht ausgeschlossenxxv. Das liegt in der Dynamik des Umweltrechts
begründet. Deshalb liegt es auch im Interesse des Betroffenen, dass die Untersuchungen vor der Sanierung nicht zu oberflächlich erfolgen und sich nicht nur auf einzelne Schadensherde beschränken. Einen Schutz kann nur ein Sanierungsvertrag
bieten, wenn in ihm eine endgültige Sanierungsgrenze festgelegt worden ist. Dazu ist
die Behörde aber nicht verpflichtet.
Der Wertausgleich nach § 25 ist ein erhebliches Risiko für jeden Grundstückskäufer, der ein mit diesem Ausgleich belastetes Grundstück erwirbt. Ein entsprechender
Vermerk kann zwar in der zweiten Abteilung des Grundbuchs eingetragen werden,
die Pflicht zum Ausgleich entsteht aber unabhängig davon.
Die Voraussetzungen des Wertausgleichs

Wertausgleich an die Behörde für die durch ihre Sanierung verursachte Wertsteigerung des Grundstücks

Schuldner ist der Grundstückseigentümer, mehrere als Gesamtschuldnerxxvi.

Die Sanierung ist mit öffentlichen Mitteln erfolgt, die nicht als verlorene Zuschüsse
gezahlt wurdenxxvii.

Öffentliche Last auf dem Grundstück.
Die Pflicht zur Untersuchung und Sanierung
Die Regelung in § 4 Abs. 3 über die Adressaten der Pflicht zur Untersuchung und
Sanierung war einerseits im Gesetzgebungsverfahren sehr umstritten und ist andererseits für die Praxis von großer Bedeutung. Die gesetzliche Regelung war deshalb
so umstritten, weil die Bundesländer sehr auf die Ausweitung der Haftungstatbestände drängten. Denn wenn ein Haftender nicht gefunden werden kann oder zur Zah13
lung nicht in der Lage ist, bleiben die Kosten der Sanierung bei den ausführenden
Landesbehörden hängen.
Die Sanierungsverantwortlichen:

Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast

Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers

Grundstückseigentümer

Derelinquent (einseitiger Verzicht auf das Eigentum)

Früherer Eigentümer bei Eigentumsübergang nach dem 1.3.1999 mit Schutz des
guten Glaubens

Inhaber der tatsächlichen Gewalt

Verantwortliche nach Handels- und Gesellschaftsrecht.
Der Verursacher muss die Gefahr unmittelbar herbeigeführt haben. Hinter diesem
Begriff stehen juristische Wertungsfragen, denn nicht jeder für den Gefahreneintritt
auch kausale Beitrag kann hierfür ausreichenxxviii. Auch im Zusammenhang mit den
für die Sanierung wichtigen Maßnahmenwerten geht es um eine wertende Betrachtung, die sich auf die bisherigen Grundsätze des Polizeirechts zum sog. Störer stützen kann. Die Grundsätze sind allerdings in der Rechtsprechung nicht gänzlich gesichert.
Beispielxxix:
Bei einem Maßnahmenwert von 10 sollen im Boden eines Grundstückes von drei
Verursachern A, B und C in zeitlicher Reihenfolge hintereinander Schadensbeiträge
von 3, 6 und 1 für eine Altlast verursacht worden sein.
Der Beitrag des C ist wesentlich, auch wenn er der geringste ist, weil er als letzter die
Gefahrengrenze überschreitet. Daneben können aber A und B nicht herangezogen
werden. Wären die Beiträge der drei Beteiligten bei gleichem Maßnahmenwert von
10 jeweils 10-fach größer (30, 60 und 10), dann könnten auch A und B ebenfalls herangezogen werden. Bei B ist dies offensichtlich, da er Hauptverursacher ist. Aber
auch A kann im zweiten Fall nicht auf den größeren Beitrag von B verweisen. Selbst
wenn in einer weiteren Abwandlung A nur 10, C 30 und B unverändert 60 verursacht
hätten, könnte A nicht auf die beiden anderen Verursacher verweisen. In der Praxis
lassen sich bei gemeinsamer Verursachung an einer Schadensstelle solche genauen
Zahlen nicht ermitteln, vielmehr muss dann über die jeweilige Betriebszeit oder die
Nutzungsintensität abgeschätzt werden, wenn sich der Schadstoff nicht auf Grund
14
seiner geänderten chemischen Zusammensetzung oder veränderten Bestandteilen
bei Veränderungen der Produktion zeitlich zuordnen lässt.
Es geht um die reine Verursachung, deshalb spielt das Verschulden keine Rolle.
Auch Verursachungen zu Zeiten fehlender Umweltvorschriften sind beachtlich. Deshalb spielen auch fehlende Kenntnisse oder Fähigkeiten keine Rolle. Das Vorliegen
einer Gefahr beurteilt sich nicht nach dem Zeitpunkt des Handelns, sondern dem des
möglichen späteren Eingreifens der Behörde.
Auch durch Unterlassen kann eine Gefahr verursacht werden, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln bestehtxxx. Dagegen wird eine Umweltbehörde nicht deshalb
selbst zum Störer, weil sie gegen eine ihr bekannte Altlast nicht einschreitetxxxi.
Ebenso wenig wird eine Baubehörde nicht durch Unterlassen zum Störer, wenn sie
ein belastetes Gebiet als Baugebiet planungsrechtlich ausweist.
Da sich das Vorliegen einer Gefahr erst später sicher feststellen lässt, kann auch ein
Vorliegen einer sog. Anscheinsgefahr eingegriffen werden. Wer für den Anschein der
Gefahr verantwortlich ist, ist ebenfalls Störer. Eine Scheingefahr, die als solche bei
sorgfältiger und möglicher Prüfung erkennbar ist, rechtfertigt demgegenüber keinen
Eingriff bzw. gewährt einen Ersatzanspruch.
Juristische Personen haben für das Verhalten ihrer Vertreter einzustehen. Eine andere Frage ist, inwieweit Geschäftsführer bei juristischen Personen oder Betriebsinhaber für das Verhalten ihrer Mitarbeiter selbst als Störer herangezogen werden können. Während die zuvor einschlägigen Polizeigesetze hierfür teilweise eine ausdrückliche Regelung enthielten, ist dies beim BBodSchG nicht der Fall. Überwiegend wird
dies jedoch zugelassen, weil ein Versehen des Gesetzgebers vorliegt, dessen Lücke
durch das Polizeirecht geschlossen werden kann. Strittig ist dabei, ob die Haftung
des Geschäftsherrn nur dann begründet ist, wenn sich der Mitarbeiter eines
Pflichtenverstoßes schuldig macht.
Im Umfang einer erteilten Genehmigung entfällt die Haftung als Verursacher. Auch
hier spielt aber die Dynamik des Umweltrechts eine Rolle, so dass die Wirkung einer
erteilten Genehmigung später erkannte schädliche Umwelteinwirkungen nicht erfasst.
Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers
Die Gesamtrechtsnachfolge des Verursachers (und nicht die Einzelrechtsnachfolge
oder die des bloßen Zustandsverantwortlichen!) kann auf Grund der folgenden Vorschriften eintreten: Erbschaft, Firmenübernahme nach § 25 HGB und früher die aktienrechtliche Verschmelzung, jetzt Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz.
15
Bisher war strittig, ob ein Gesamtrechtsnachfolger auch dann in die Verantwortung
eintritt, wenn im Zeitpunkt der Rechtsnachfolge noch keine Verfügung gegen den
Rechtsvorgänger ergangen war, während eine Verfügung z. B. gegen den Erblasser
abgesehen davon, dass sie bezüglich des Namens des Betroffenen geändert werden
musste, unstreitig nach seinem Tod auch gegen den Erben wirkte. Während der
Bund zunächst auf eine Regelung verzichtete, drängten die Länder aus dem bereits
erwähnten finanziellen Interesse darauf, die Haftung zu erweitern. Der Gesamtrechtsnachfolger haftet deshalb immer, egal, ob schon eine Verfügung gegen den
Rechtsvorgänger vorlag oder nichtxxxii. Mit der Inbesitznahme des Erbes wird er dazu
auch aus diesem noch darzustellenden Tatbestand verantwortlich. Während er diese
Haftung durch die Aufgabe des Besitzes aber wieder aufgeben kann, ist dies für die
Haftung aus der Rechtsnachfolge nicht möglich.
Speziell für den Erben wird zwar diskutiert, ob die Haftung auf den Wert des übernommenen Vermögens beschränkt ist. Da dies aber zumindest nicht gesichert ist,
muss im Zweifelsfall empfohlen werden, die Ausschlagung der Erbschaft zu prüfen.
Noch früher muss geprüft werden, wer welche Grundstücke erben soll, wenn zumindest eines belastet ist. Auch kann man sich nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 2.4.2004xxxiii nicht mehr auf die zuvor überwiegend vertretene Meinung stützen, dass die genannte Regelung Rechtsnachfolgen nicht erfassen soll, die
vor dem 1.3.1999 stattgefunden haben. Da der Übergang der Haftung auch schon
zuvor im alten Recht diskutiert wurde, kann sich kein schützenswertes Vertrauen gebildet haben.
Bei Einzelrechtsnachfolge, z. B. durch den Kauf eines Grundstücks, findet dagegen
kein Übergang der Haftung statt. Das hessische Landesrecht sah zwar eine solche
Folge vor. Für den Kaufinteressenten eines Grundstücks bedeutet das aber keine
wirkliche Hilfe gegen Haftungsrisiken. Denn mit dem Übergang des Grundstücks wird
er als Eigentümer oder Inhaber der tatsächlichen Gewalt, was gleich im Anschluss zu
behandeln ist, Zustandshaftender. Eine Rückfrage bei der Behörde über den dortigen
Erkenntnis- und Verfahrensstand ist immer notwendig. Denn eine bereits gegen den
jetzigen Eigentümer erlassene Verfügung wirkt zwar nicht automatisch gegen den
Erwerber. Eine neue Verfügung gegen ihn mit gleichem Inhalt ist aber zu erwarten.
Und wenn je der jetzigen Eigentümer den Käufer nicht aufklären sollte, dann bestehen zwar zivilrechtliche Schadensersatzansprüche, die aber die öffentlich-rechtliche
Haftung des neuen Erwerbers nicht ausschließen.
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Eigentümer und Inhaber der tatsächlichen Gewalt
Der Eigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt sind die klassischen
Haftenden für den Zustand einer Sache, nach dem früheren polizeirechtlichen Begriff
Zustandsstörer. Die Haftung des Eigentümers beginnt mit der Eintragung ins Grundbuch. Deshalb ist für ihn die letzte Rettung in Fällen, wo er durch Erkenntnisse erst
nach dem Kaufvertrag argwöhnisch geworden ist, die Nichtbezahlung der Grunderwerbssteuer, weil das die Eintragung verhindert, wenn nicht gegen die übliche vertragliche Abrede der Verkäufer diese bezahlt. Die Haftung ist für beide zeitlich begrenzt. Mit dem Ende der Haftung kann auch eine inzwischen erlassene behördliche
Verfügung nicht mehr weiter durchgesetzt werden (zur so genannten Alteigentümerhaftung s. u. im Kapitel Alteigentümer). Natürlich haftet nicht nur der Alleineigentümer, sondern auch der Gesamthands-, Bruchteils- und Wohnungseigentümer und
zwar als sog. Gesamtschuldner nach außen auf den vollen Betrag und nicht nur anteilig. Er muss dann im internen Rückgriff im Regelfall nach Kopfanteilen seine Miteigentümer heranziehen, das mit dem Risiko deren Liquidität. Dass die Behörde den
zahlungsfähigsten Eigentümer heraussucht, liegt auf der Hand.
Der Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist zumeist der Besitzer, also ein Mieter (s. Fn.
12), Pächter, Nießbraucher, Auftragnehmer, ja sogar ein Insolvenzverwalterxxxiv oder
ein unrechtmäßiger Besitzer.
Haftungsbegrenzung für den Zustandsverantwortlichen
Die Haftungsbegrenzung für den Zustandsverantwortlichen ist an anderer Stelle
bereits ausführlich dargestellt wordenxxxv, so dass hier ein Hinweis auf das Problem
genügt. Die Haftung des Zustandsstörers ist verschuldensunabhängig und kann z. B.
auch durch Naturereignisse wie ein Hochwasser ausgelöst werden, das ein Ufergrundstück verschmutzt, oder durch Kriegsereignisse. Die Haftung ist wiederum
grundsätzlich nicht auf den Verkehrswert de Grundstücks begrenzt, sodass ein betroffener Eigentümer aus seinem sonstigen Vermögen zuschießen muss, um die Sanierung zu bezahlen. Die in dem zitierten Artikel behandelte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 16.2.2000 hat diese Haftung nun zwar auf den
Verkehrswert begrenzt, aber Ausnahmen zugelassen, auf die auch hier hingewiesen
werden muss. Eine hiervon ist die, dass auch nur fahrlässige Unkenntnis der Altlast
schadet und die Haftungsbegrenzung ausschließt. Diese kann natürlich aus Vorkenntnissen des Erwerbers über das zu erwerbende Grundstück oder aus den Behördenakten stammen. Das gleiche Risiko der fahrlässigen Unkenntnis des Käufers
17
kann aber auch in einer Klausel im Kaufvertrag liegen, mit der ein konkretes Haftungsrisiko für den Käufer ausgeschlossen werden soll, indem der Verkäufer mehr
als nur eine allgemeine Zusicherung der Altlastenfreiheit des Grundstücks gibt.
Dies bedeutet, dass die notwendige kaufvertragliche Absicherung gegen unliebsame
Überraschungen gerade das Haftungsrisiko des Käufers über den Verkehrswert hinaus erhöhen kann.
Nach der genannten Entscheidung gibt es dann nur noch eine letzte Obergrenze für
die Sanierungskosten, nämlich die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des
Haftenden, die nicht überschritten werden darf. Es ist deshalb schlichtweg ein Irrglaube, der nicht nur an dieser Stelle zu widerlegen ist, dass die Kunst vertraglicher
Vereinbarungen das Haftungsrisiko sicher beseitigen kann. Außerdem ist die Haftungsbeschränkung eine Ausnahme zur unbeschränkten Haftung. Deshalb obliegt
die Beweislast beim Zustandsstörer selbst, den auch die Nichterweisbarkeit der
maßgeblichen Tatsachen trifft.
Derelinquent
Die fortdauernde Haftung des Derelinquenten, d.h. desjenigen, der durch einseitige
Erklärung zivilrechtlich wirksam sein belastetes Eigentum aufgibt, wurde geschaffen,
um Lehrbuchfälle der Wegschaffung des Haftungsrisikos künftig auszuschließen, die
man bisher mit dem Vorwurf der Sittenwidrigkeit als unwirksam angesehen hatte. So
war es auch schon bisher dem übermäßig belasteten Eigentümer nicht möglich, sich
sein Eigentum vom Hals zu schaffen, für das er über den Verkehrswert haften sollte.
Wie generell kommt es auch hier auf die Wirksamkeit des BBodSchG an, das jedenfalls hier nicht vor den 1.3.1999 zurückwirken kann. Allerdings sahen alle Polizeigesetze der Länder außer Baden-Württemberg und Sachsen eine Fortdauer der Zustandsstörerhaftung auch nach der Dereliktion an, sodass nach diesen Ländergesetzen auch schon bisher eine Eigentumsaufgabe ausschied.
Alteigentümer
Die Haftung des Alteigentümers ist ebenfalls eine Reaktion der auf ihre Finanzen
bedachten Länder auf andere Lehrbuchfälle, wo belastete Grundstücke an eine für
die Sanierungskosten nicht entsprechend ausgestattete GmbH im Ausland übertragen wurden. Diese Haftung betrifft nur den Zustandsstörer. Er muss zudem das Eigentum im Grundbuch ab dem 1.3.1999 auf den Erwerber übertragen haben. Er
musste die Altlast zumindest kennen oder kannte sie tatsächlichxxxvi. Dabei sind aber
wieder wie beim Zustandsstörer entsprechende Vertragsklauseln schädlich, die das
18
konkrete Haftungsrisiko einer Altlast regeln. Diese Haftung tritt auch dann nicht ein,
wenn der jetzige Verkäufer beim eigenen früheren Erwerb ein schutzwürdiges Vertrauen in die Schadensfreiheit des Grundstücks haben durfte. Je länger der eigene
Erwerb zurück liegt, desto eher ist diese Voraussetzung gegeben, wenn es sich nicht
um ein Grundstück handelt, das schon damals verdächtig warxxxvii. Da diese Haftung
lange und zwar bis zum Tod einer natürlichen Person oder zum Untergang einer juristischen Person dauert und jedenfalls nicht nur den jeweils letzten Alteigentümer
erfasst, bestehen auch wegen der Rückwirkung vor den 1.3.1999 bezüglich des eigenen Erwerbs verfassungsrechtliche Bedenken in der Literatur, die aber von den
Gerichten noch nicht geprüft wurden. Man kann zumindest vertreten, dass die Haftung des Alteigentümers wie die des Zustandsstörers nach der geschilderten Gerichtsentscheidung auf den Verkehrswert im Grundsatz begrenzt werden muss. Hierzu hat sich das BVerfG allerdings in seiner Entscheidung vom Februar 2000 nicht
geäußert.
Diese Alteigentümerhaftung hat auch zivilrechtliche Auswirkungen. Wer in Folge einer konkreten Altlastenklausel beim eigenen Erwerb nicht vertrauenswürdig war und
später eine Täuschung durch den Verkäufer feststellt, wird von den Schutzregelungen nicht erfasst. Wenn er vom Kaufvertrag nur zurücktritt, aber sein Eigentum für
die Zeit bis zum Austrag aus dem Grundbuch behält, dann bleibt er Alteigentümer,
auch wenn er getäuscht wurde. Kann er dagegen den Vertrag anfechten und damit
von Anfang an unwirksam machen, dann war er nie Eigentümer, wird damit auch
nicht Alteigentümer.
Verantwortlicher nach Handels- oder Gesellschaftsrecht
Der Verantwortliche nach Handels- oder Gesellschaftsrecht beruht wie der Alteigentümer auf einer Initiative des Bundesrates, der damit Umgehungstatbestände, die
von der Rechtsprechung schon so entschieden worden sind, ausdrücklich in das Gesetz aufnehmen wolltexxxviii. Wer nach § 25 HGB als Erwerber bei einer Firmenfortführung für die bisherigen Verbindlichkeiten des früheren Inhabers haftet, tut dies auch
bezüglich der Altlastenhaftung. Gleiches gilt für die Erben eines Handelsgeschäfts
nach § 27 HGB. Neben dem bereits geschilderten Beispiel der Unterkapitalisierung
werden hier auch die Fälle der Vermischung von Vermögensmassen erfasst, wenn
eine Person für mehrere Unternehmen unter einer Firma tätig wird, ohne dass die
Trennung der Vermögensmassen nach außen erkennbar wird. Auch eine faktische
Konzernabhängigkeit, ohne dass deren rechtliche Voraussetzungen geschaffen wer19
den, wird hier erfasstxxxix. Da Grundlage dieser Haftungszurechnung der Grundsatz
von Treu und Glauben ist, sind Streitfragen nicht zu vermeiden. Natürlich haftet ein
Verursacher schon alleine aus diesem Grund, ebenso möglicherweise als Alteigentümer, wenn er das Eigentum noch am 1.3.1999 oder danach innehatte.
Auswahl unter mehreren Verpflichteten
Die Auswahl unter mehreren Verpflichteten kann die Behörde nach ihrem Ermessen treffen, das sich an der schnellen und wirksamen Gefahrenbeseitigung ausrichtet. Die Gründe für ihre Entscheidung muss die Behörde nicht im Einzelnen darlegen,
wenn die geforderte Ermessensausübung nur ersichtlich wird. Nur falls diese ganz
unterbleibt oder von sachfremden Überlegungen bestimmt wird, ist gerichtliche Abhilfe möglich. Natürlich hat dann ein zweiter Bescheid dieselbe Verpflichtung zum Inhalt, dann mit einer rechtlich korrekten Begründung. Sicher ist auf alle Fälle, dass die
Reihenfolge der Haftenden nach § 4 Abs. 3 keine verbindliche Reihenfolge für die
Behörde ergibtxl. Auch ist zu bedenken, dass vertragliche Regelungen in Kaufverträgen die Behörde nicht bindenxli. Sie kann zwar danach entscheiden, muss es aber
nicht. In der Praxis besteht für denjenigen das größte Risiko der Verpflichtung, der
finanziell hierzu besser als andere Beteiligte in der Lage ist und der jetziger Eigentümer istxlii. Im zweiten Fall kann die Behörde dann mit einer Verfügung alles regeln
und muss nicht wie bei einer Verfügung gegen den früheren Eigentümer oder den
jetzigen Pächter auch den jetzigen Eigentümer zusätzlich zur Duldung der Sanierung
in einer zweiten Verfügung verpflichten, die ja auch mit Rechtsmitteln bekämpft werden kann. Insbesondere bei alten Schäden durch mehrere mögliche Verursacher
muss sich die Behörde nicht auf eine unsichere Beweisführung zur Verursachung
oder zusätzliche Ermittlungen durch Sachverständigexliii einlassen. Genauso wenig
muss sie unsichere Rechtsfragen wegen einer möglichen Haftung in einem Sanierungsverfahren durch die Gerichte klären lassen, wenn sie auf rechtlich sicherem
Weg einfacher ans Sanierungsziel gelangen kann. Die Konsequenz für den potenziellen Käufer ist eindeutig und darf nicht übersehen werden. Er muss auch als bloßer
Zustandsstörer damit rechnen, in Anspruch genommen zu werden, auch wenn der
Verkäufer ihn von solchen Ansprüchen vertraglich freistellt. Dann trägt er zumindest
das Insolvenzrisiko des Verkäufers. Eine Bindung der Behörde bezüglich des von ihr
zur Sanierung zu verpflichtenden Haftenden kann man nur durch einen öffentlichrechtlichen Vertrag erreichen, in dem die Behörde zur Auswahl des Haftenden eine
verbindliche Aussage macht. Es liegt auf der Hand, dass die Behörde einen solven20
ten Haftenden nur gegen entsprechende Vorableistungen zur Sanierung endgültig
aus der Haftung entlässt.
Natürlich kann die Behörde erst den einen, dann einen anderen Verantwortlichen zur
Sanierung heranziehen, etwa wenn beim ersten finanzielle Engpässe erkennbar
werden. Etwas abgemildert ist das Gebot der Effizienz gegenüber der materiellen
Gerechtigkeit allerdings dann, wenn es nicht mehr um die Sanierung geht, sondern
nur noch um die Bezahlung der bei der Behörde bereits entstandenen Kosten hierfür.
Hier spricht dann vieles für den – allerdings immer noch leistungsfähigen – Verursacher statt für den bloßen Eigentümer.
Zivilrechtliche Regelungen schützen nicht vor der Inanspruchnahme zur Sanierung
durch die Behörde.
Eine Verjährung oder die Verwirkung des behördlichen Anspruchs auf Sanierung
tritt nicht ein. Dies war für die Verjährung schon zuvor für das bisher anzuwendende
Polizeirecht unstreitig und gilt auch weiterhin, zumal das BBodSchG hierzu keine
Regelung enthält. Die Regelungen des BGB zur Verjährung in den §§ 194 ff. gelten
zwar grundsätzlich auch im öffentlichen Recht, aber nur bei vermögensrechtlichen
Ansprüchen, nicht wie hier bei Handlungspflichten.
Eine Verwirkung von Rechten kann zwar bei längerem Untätigsein der Behörde eintreten, so dass dann keine Sanierung mehr verlangt werden kann. Neben dem Zeitablauf muss aber auch noch ein inhaltliches Moment hinzukommen, die beide zusammen erst zur Verwirkung führen können. Deshalb reicht die lange Zeit des behördlichen Nichtstuns nicht aus. Dies gilt auch dann, wenn eine Behörde gegenüber
einem wirtschaftlich angeschlagenen Betrieb wegen des Arbeitsplatzrisikos zunächst
länger nicht eingeschritten ist und dann aber im Fall der Insolvenz einen anderen
Haftenden, auch den Insolvenzverwalter als Zustandshaftenden, in Anspruch
nimmtxliv.
Rückgriffsmöglichkeit nach § 24 Abs. 2
Die Rückgriffsmöglichkeit nach § 24 Abs. 2 stellt eine Verbesserung der Rechtslage für den Zustandsstörer dar, der nach von ihm bezahlter Sanierung den Handlungsstörer in Anspruch nehmen will. Denn nach der bisherigen Rechtsprechung bestand außer bei besonderen vertraglichen oder deliktsrechtlichen Ansprüchen im Regelfall kein Anspruch des Zustandsstörers gegen den Verursacher oder eines Verursachers gegen andere Mitverursacher.
Die Voraussetzungen des § 24 Abs.2
21

Mehrere Verpflichtete haben unabhängig von ihrer Heranziehung durch die Behörde untereinander einen Ausgleichsanspruch.

Der Umfang des Anspruchs hängt von den Verursachungsanteilen ab, wenn
nichts anderes vereinbart ist.

Verjährung: bei Kenntnis 3 Jahre, bei Unkenntnis 30 Jahre.

Zuständigkeit der Zivilgerichte.
Wenn also auf einem Grundstück mehrere schadensstiftende Unternehmen mit unterschiedlichen Betrieben hintereinander tätig waren, deren Altlasten nicht getrennt
saniert werden können, dann sind mehrere als Verursacher verpflichtet, jeder auf die
volle Schadensbeseitigung mit der Möglichkeit des Ausgleichs nach Schadensanteilen gegenüber den anderen Verursachern. Das Gleiche gilt auch, wenn mehrere Unternehmer denselben Betrieb an der gleichen Stelle (z. B. eine chemische Reinigungsmaschine) ebenfalls zeitlich hintereinander nutzten. Liegt dagegen auf einem
Grundstück auf der Nordseite der Schadstoff A des Unternehmens A‘ und auf der
Südseite räumlich getrennt der Schadstoff B des Unternehmens B‘, dann kann kein
Ausgleich unter A‘ und B‘ erfolgen. Es liegt auf der Hand, dass der Handlungsstörer
vom Zustandsstörer keinen Ausgleich verlangen kann, da dieser nichts „verursacht“
hat. Auch kann das Gesetz nicht dahin ausgedehnt werden, dass ein Zustandsstörer
von einem anderen einen Ausgleich verlangen kannxlv.
Auch hier stellt sich wieder die Frage der Rückwirkung des Gesetzes vor den
1.3.1999. Vertrat man zunächst die Auffassung, dass § 24 Abs.2 nicht eingreift, wenn
die Sanierung vor diesem Datum abgeschlossen war, hat der BGH eine Rückwirkung
weit vor diesem Datum zugelassenxlvi.
Das praktische Problem des § 24 Abs. 2 liegt in der Pflicht des klagenden Zustandsstörers, die Verursachung des beklagten Verursachers möglicherweise schon vor
langen Jahren nachzuweisen. Vor dem Zivilgericht hat er dazu zwar grundsätzlich die
volle Beweislast und kann nicht wie beim Verwaltungsgericht auf die Ermittlungspflicht des Gerichts hoffen. Eine gewisse Erleichterung gewährt auch hier die gerade
zitierte Entscheidung des BGH vom 2.4.2004, der Beweiserleichterungen nach dem
Umwelthaftungsgesetz zugelassen hat. Ein weiteres Problem ist die Verjährungsfrist.
Diese beträgt zwar 3 Jahre ab Kenntnis des Anspruchs. Im Fall des Mietvertrags hatten zunächst Gerichtexlvii die Auffassung vertreten, dass die dort speziell geltende
kurze Verjährung von sechs Monaten auch für den Anspruch aus § 24 Abs. 2 gilt.
Durch eine Änderung des § 24 Abs. 2 im Dezember 2004 wurde dieser Missstand
22
durch eine Klarstellung des Textes beseitigt, allerdings nur mit Wirkung für zu diesem
Zeitpunkt noch nicht verjährte Ansprüche.
Das bedeutet für die Praxis aber dennoch, dass die Verjährungsfrist in Miet- und
Pachtverträgen verlängert werden muss, was nur vor Vertragsabschuss möglich ist.
Denn die mietrechtliche Verjährung dauert auch nach dem neuen Recht nur sechs
Monate.
Denn es ist technisch nicht möglich, innerhalb von sechs Monaten ab Rückgabe der
Mietsache ein Bodengutachten zu erstellen und den mietrechtlichen Anspruch so
genau zu bezeichnen, dass damit eine Klage zur Unterbrechung der Verjährung begründet werden kann.
Es muss auch bedacht werden, dass die Regelung des § 24 Abs. 2 vertraglich abbedungen werden kann und muss, wenn der verkaufende Verursacher der Altlast die
Sanierungskosten im Kaufpreis berücksichtigt und diesen entsprechend gekürzt hat.
Nach der Entscheidung des BGH vom 2.4.2004 reicht dafür nicht ein bloßer Ausschluss der Gewährleistung aus.
Der Anspruch entsteht auch schon vor einer behördlichen Verpflichtung durch einen
Bescheid. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.2.2005xlviii
kann auch ohne eine Untersuchungsanordnung der Behörde der Anspruch geltend
gemacht werden, wenn der Haftende schon nach einer Anhörung durch die Behörde
bereits saniert und der Verdacht dabei nicht bestätigt wird.
Länderregelungen zum flächenhaften Bodenschutz
Wie bereits beim Sanierungsverfahren erläutert hat der Bund im § 21 ebenfalls für
die Länder ein Kompetenzfenster offen gelassen, das diese mit ihren neuen Gesetzen füllen können. Es handelt sich hierbei um die Möglichkeit, Bodenbelastungs- oder auch -schutzflächen auszuweisen, wenn flächenhafte schädliche Bodenveränderungen auftraten oder zu erwarten sind. Es geht dann nicht mehr um die Sanierung
einzelner Grundstücke, sondern um einen gebietsbezogenen Ansatz zum Bodenschutz. Die Festlegung entsprechender Gebiete erfolgt nach den Landesgesetzen
durch eine Rechtsverordnung.
Da die Nutzung des Bodens in solchen Gebieten sehr weit gehend geregelt werden
kann, ist vor Erwerb eines Grundstücks auch die Abklärung entsprechender Behördenabsichten unbedingt erforderlich.
23
Soweit diese Pflichten den Rahmen der Sozialbindung überschreiten, besteht ein
Anspruch auf Entschädigungxlix. Zur entsprechenden Beobachtung der Entwicklung
des Bodens können die Länder auch Informationssysteme bzw. Datenbanken einrichten und Dauerbeobachtungsflächen festlegen.
Praktische Tipps zur Abwicklung der Altlastensanierung
Der Sachverständige, der vom betroffenen Haftenden zur Ermittlung des Sachverhalts und der Sanierungsmöglichkeiten entweder auf eigene Initiative oder auf eine
behördliche Aufforderung eingeschaltet wird, spielt eine Schlüsselrolle im weiteren
Verfahren. Er sollte nicht zu intensiv in anderen Fällen mit der Behörde bisher zusammengearbeitet haben. Auf der anderen Seite kann es nützlich sein, wenn er die
betroffene Gegend und ihren geologischen Aufbau schon kennt, möglicherweise aus
der historischen Untersuchung. Vorsicht ist insbesondere dann geboten, wenn landeseigene Gesellschaften nach der Vorstellung der Umweltbehörde mit der Sanierung beauftragt werden sollen, oft mit dem nicht zu widerlegenden Argument der
großen Erfahrung. Denn dann besteht das Risiko einer zu aufwändigen Sanierung,
die zwar technisch einwandfrei sein mag, die finanziellen Interessen des Verantwortlichen nicht ausreichend beachtet.
Nach einer Ermächtigung des Bundes können die Länder die Voraussetzungen für
die Zulassung von Sachverständigen und Untersuchungsstellen regeln. Die Länder
mit bereits bestehenden neuen Landesbodenschutzgesetzen haben die Voraussetzungen für solche Zulassungen zum Teil schon vorgenommen. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Zulassung in einem Bundesland auch in den anderen
anerkannt wird. Es lohnt sich also, hier entsprechende Nachforschungen anzustellen.
Ansprechpartner sind die entsprechenden Fachverbände im Bereich Grundstücksanierung, deren Ansprechpartner bei der Umweltbehörde erfragt werden könnenl.
Kommt ein Sachverständiger zu einem anderen Ergebnis als die Behörde, muss berücksichtigt werden, dass bei Gericht die Behörde zunächst einen Vertrauensvorschuss genießtli.
Mit der Auswahl des Sachverständigen verbunden ist die Frage der Vergütung sowohl für ihn selbst als auch für die von ihm herangezogenen Unternehmen und Labors. Die Anwendung der HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure)
kommt für die Untersuchung von Altlasten nicht in Betracht, wohl aber für die Planungsleistung bei der nachfolgenden Sanierung. Bei der Ausschreibung von Leistun24
gen zur Untersuchung ist offen, ob dies auf der Grundlage der VOL oder der VOF zu
erfolgen hat. Die maßgebliche Frage ist, ob es sich um „eindeutig und erschöpfend
beschreibbare freiberufliche Leistungen“ i. S. v. § 2 Abs. S. 2 VOF handelt. Liegen
solche vor, gilt die VOL. Bei den Vertragsverhandlungen muss für größtmögliche
Transparenz gesorgt werden. Denn Sanierungskosten bergen ein großes Risiko der
Eigendynamik im Laufe des Verfahrens.
Bei der Sanierung müssen auch die dazu erforderlichen Genehmigungen eingeholt
werden. Keinesfalls befreit die Untersuchungs- oder Sanierungspflicht von Genehmigungen nach dem Bau-, Wasser oder Abfallrecht. Eine solche Bündelung kann nur
durch einen Sanierungsvertrag erreicht werden.
Übersicht über die Bestandteile einer Sanierungsverfügung

Rechtsgrundlage aus dem BBodSchG

Tatbestand

Angabe des Sanierungsverantwortlichen: Sind alle in Betracht kommenden Personen von der Behörde geprüft worden? Sonst Ermessensfehler.

Auswahl des Sanierungsverantwortlichen

Bestimmtheit der technischen Anforderungen: bei Wahlmöglichkeiten Möglichkeit
der Unbestimmtheit.
Gegen eine Sanierungsverfügung als belastender Verwaltungsakt ist nach einem
Widerspruch die Anfechtungsklage möglich.
Ein heikler Punkt kann die Frage sein, welche Taktik gegenüber der Behörde eingeschlagen werden soll. Zunächst ist auch wegen den Besonderheiten des Rechts
die Einschaltung eines fachlich ausgewiesenen Anwalts meist unverzichtbar, um mit
der Behörde auf gleichem Stand zu verhandeln. Im Allgemeinen ist es nur von begrenztem Nutzen, als Betroffener auf Zeit zu setzen und die Behörde zu rechtlichen
Mitteln wie Verwaltungsakt und Verwaltungszwang zu veranlassen. Die dann nur
noch mögliche Rechtskontrolle verschließt alle Verhandlungsmöglichkeiten. Außerdem sind die Erfolgsaussichten bei den Verwaltungsgerichten im allgemeinen Durchschnitt nur bei 25 Prozent. Sinnvoller ist es dann schon, sich über eine neue Nutzung
des belasteten Grundstücks nach Sanierung oder möglicherweise Belassen der
Schadstoffe bei einer entsprechenden Nutzungsänderung des Grundstücks Gedanken zu machen. Damit verbunden ist dann zwangsläufig der Kontakt mit der Baubehörde, die für Änderungen des Bebauungsplans bei Nutzungsänderungen zuständig
25
ist. Nicht übersehen werden darf auch, dass bei jeder neuen Baugenehmigung vom
Antragsteller nachgewiesen werden muss, dass keine Gesundheitsgefahren bestehen.
Im Ergebnis ist die Verhandlungstaktik der Blockadehaltung vorzuziehen. Altlasten
lassen sich meist nicht auf Dauer geheim halten. Andere Beteiligte, wie Banken,
Versicherungen oder auch Nachbarn und Geschäftspartner, werden dann aktiv und
das Problemmanagement wird dann zusehends schwieriger.
Zusammenfassung
Jeder Unternehmer ist sich heute darüber im Klaren, dass Altlasten bzw. die Kosten
aus einer Altlastensanierung das Unternehmen finanziell bedrohen können. Beim
verantwortlichen Umgang mit Altlasten stehen die Pflichten aus dem 1999 erlassenen BBodSchG sicher im Vordergrund, aus unternehmerischer Sicht sind aber auch
die Konsequenzen aus anderen Rechtsgebieten (z.B. Strafrecht) sowie die Vorgaben
der Versicherungswirtschaft nicht außer Acht zu lassen.
Bei der Altlastenproblematik ist zu beachten, dass das Bodenschutzrecht in der betrieblichen und anwaltlichen Praxis insbesondere Altlastenrecht ist. Für den Betrieb
ist dabei von Bedeutung, dass kompetenzrechtlich der Bund zwar für das Bodenrecht
zuständig ist, für den Bereich Wasser aber die Kompetenz bei den Ländern liegt. Als
Konsequenz daraus bedeutet das, dass die inhaltlichen Anforderungen bei Bodensanierungen, die sich ins Grundwasser hinein auswirken, aus dem jeweiligen Landeswasserrecht zu entnehmen sind.
Die bodenschutzrechtlichen Pflichten sind im BBodSchG in den §§ 4 ff. aufgeführt
und beinhalten neben der Vermeidungs- und der Abwehrpflicht insbesondere die für
Unternehmen wichtige Sanierungspflicht, deren Einzelheiten im § 4 Abs. 3 aufgeführt
werden. Hier werden auch die Regelungen über die Adressaten der Pflicht zur Untersuchung und Sanierung von Altlasten definiert. Diese Regelungen waren im Gesetzgebungsverfahren sehr umstritten, sind andererseits aber für die Praxis von großer
Bedeutung, da die Pflicht zur Kostenübernahme – für den Fall, dass
kein Verantwortlicher benannt werden kann – bei den Ländern bleibt.
Bei der für Unternehmen wichtigen Frage der Verantwortung für Altlasten im Rahmen
der Gesamtrechtsnachfolge des Verursachers (z.B. Erbschaft, Firmenübernahme
nach § 25 HGB, Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz etc.) ist zu beachten,
dass der Gesamtrechtsnachfolger immer haftet, auch dann, wenn schon eine Verfü26
gung gegen den Rechtsvorgänger vorlag. Zu beachten ist auch, dass zivilrechtliche
Regelungen nicht vor der Inanspruchnahme zur Sanierung durch die Behörde schützen.
i
in Baden-Württemberg z. B. bei der Landesanstalt für Umweltschutz (LfU) in Karlsruhe.
ii Z. B. durch Einsicht in Baugenehmigungsunterlagen oder Genehmigungen nach der
GewO.
iii In Baden-Württemberg nach dem Branchenkatalog von Betriebsstandorten zur historischen Erhebung von Altstandorten der LfU von 1993 folgende Beispiele unterschiedlicher Risiken: Edelsteinschleifereien Risiko 0, Kunstdruckereien 1, Holzfaserfabriken 2 (hohes Risiko). Ein anderes Bsp. für hohes Risiko sind chemische Reinigungen und Tankstellen jeder Art.
iv Dabei legten in Baden-Württemberg Bewertungskommissionen in den Kreisen Fallgruppen fest: A = Ausscheiden, B= Beobachten, E= weitere Erkundung. Die E-Fälle
wurden nochmals nach ihrer Dringlichkeit geordnet. Probleme für einen Unternehmer
können sich bei einem B – Grundstück ergeben, wenn die notwendigen Ermittlungen
noch nicht abgeschlossen sind und eine Baugenehmigung beantragt wird. Der
Nachweis einer unschädlichen Nutzung liegt beim Bauherrn, der vor der Genehmigung dann die entsprechenden Untersuchungen selbst durchführen muss. Entsprechendes gilt für eine Gemeinde, die einen Bebauungsplan für ein belastetes Grundstück aufstellen will. Denn sie muss sicherstellen, dass etwas die vorgesehene
Wohnnutzung ohne Gesundheitsgefahren möglich ist. Andernfalls haftet sie bei erkennbaren Altlasten den künftigen Bauherrn aus Amtshaftung.
v Laufende Berichte über die Entwicklung der Sanierungstechniken z. B. in der Zeitschrift altlasten spektrum im Erich Schmidt Verlag, Berlin.
vi Zum Beispiel bei einer Altlast, die im Grundwasser liegt, aber auch bei einer Altlast
oberhalb des Grundwassers, wenn diese durch Sickerwasser in das Grundwasser
einwirkt. Bei jahreszeitlich bedingten Grundwasserschwankungen hat dies auch
Auswirkung auf das anzuwendende Recht. Im trockenen Sommer liegt die Altlast
oberhalb des Grundwassers im Boden (BBodSchG anwendbar, da auch kein Sickerwasser auftritt), im Herbst nach Niederschlägen gilt das Wasserrecht nach gestiegenem Pegel, der nun die Altlast zumindest erreicht.
vii Selbst wenn die Sanierungsanforderung sich nach Wasserrecht richtet, dann
wird doch nach Bodenschutzrecht verfahrensrechtlich saniert, wenn eine Altlast
zu der Gewässerverunreinigung führt, auch wenn diese Altlast wiederum im Grundwasser liegt.
viii Bsp.: Die Wände einer ehemaligen Galvanikfabrik sind stark mit Chrom belastet,
das durch die Feuchtigkeit im Mauerwerk in den Boden dringt.
ix Urteil vom 9.11.2001, Die öffentliche Verwaltung (DÖV) 2002, 349.
x Verlangt wird also nicht nur die Vermeidung von Altlasten. Das bloße Fahren mit
einem Fahrrad über eine Waldwiese ist zwar eine Bodenverdichtung und damit eine
-veränderung im Sinne des BBodSchG, aber wegen geringer Intensität hier nicht relevant, da nicht „schädlich“. Andere Beispiele: Erosion, Versiegelung, Hangrutschung.
xi Der Mieter als Inhaber der tatsächlichen Gewalt kann nicht zu Maßnahmen verpflichtet werden, die er an der Mietsache nur mit Zustimmung seines Eigentümers
vornehmen darf, VGH Baden-Württemberg, Zeitschrift für Wasserrecht (ZfW) 1990,
27
457. Zur Frage der Höhe der wirtschaftlichen Belastung im Verhältnis zum Wert des
Grundstücks s. u. im Zusammenhang mit der Haftung des Zustandstörers aus § 4
Abs. 3.
xii Die Gesetzesbegründung nennt als Beispiele die Bepflanzung zur Minderung einer
möglichen Erosion oder die Reparatur und vorübergehende Stilllegung von Anlagen.
xiii Z. B. der Nachbar unterhalb eines erosionsgefährdeten Grundstücks für Bepflanzungsmaßnahmen.
xiv Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zum Eintritt eines Schadens am Boden oder am Grundwasser führt. Die geforderte Wahrscheinlichkeit hängt von der Schutzbedürftigkeit des gefährdeten Gutes
ab, ist also beim Grundwasser leichter erfüllt als beim Boden, bei dem immer auch
die konkrete Nutzung berücksichtigt werden muss.
xv § 10 und Anhang 1 Ziff. 4. der VO. Eine Vorsorgeregelung ist auch § 12 VO: Anforderungen an das Auf- und Einbringen auf oder in den Boden, jetzt ergänzt durch
ein Arbeitspapier der Referenten des Bundes und der Länder im Bereich des Bodenschutzes (LABO – Vollzugshilfe zum Aufbringen von Materialien auf und in den Boden, gebilligt von der Umweltministerkonferenz am 17.10.2002, Bodenschutz 2003,
4). Die in § 6 des Gesetzes enthaltene Ermächtigung für eine Verordnung hierzu ist
bisher aber noch nicht ausgefüllt worden.
xvi Anderes Beispiel: Undichtes Abwassernetz einer Gemeinde und Torfabbau und
die damit verbundene Änderung der Bodenfunktionen in der Umgebung.
xvii KlärschlammVO und DüngemittelG gehen aber als Spezialregelung dem
BBodSchG vor. Diese Regelungen gelten deshalb auch für die Landwirtschaft uneingeschränkt.
xviii Zum Beispiel Altstandort: Umgang mit Schadstoffen über eine längere Zeit oder in
erheblicher Menge mit der Vermutung nicht unerheblicher Einträge in den Boden auf
Grund der Betriebsweise.
xix Nach Entscheidungen des OVG Bremen vom 29.8.2000, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ-RR) 2001, 157 und des OVG Berlin vom 19.1.2001, Umweltund Planungsrecht (UPR) 2001, 196 muss durch den Betroffenen auch genau geprüft werden, ob tatsächlich die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 vorliegen. Denn
diese Maßnahmen muss die Behörde möglicherweise nicht bezahlen, während sie
auf den vorausgehenden Ermittlungen immer sitzen bleibt. Im vorliegenden Fall kam
das Gericht zur Auffassung, dass der Inhalt der vom Betroffenen geforderten Maßnahmen noch zu § 9 Abs.1 gehört, die die Behörde auf jeden Fall selbst bezahlen
muss.
xx Es ist ein großer Vorteil der BBodSchV, dass sie in ihrer Anlage 2 einheitliche Werte geschaffen hat und damit ein Durcheinander durch die bisherigen ca. 30 Listen
beendet hat. Die Frage bleibt aber offen, wie bei fehlenden Werten in der neuen VO
zu verfahren ist: Zunächst ist eine in der BBodSchV selbst vorgesehene Bekanntmachung zur Ableitung solcher fehlender Werte zu beachten (s. o. im Kapitel Einführung
in das Bodenschutzrecht). Darüber hinaus können auch ergänzend die alten Listen
herangezogen werden, OVG Lüneburg Beschl. v. 3.5.2000, NVwZ 2000, 1194.
xxi Unter Hinweis auf die im Kapitel Die bodenschutzrechtlichen Pflichten dargestellte
notwendige Abgrenzung zwischen den Untersuchungen nach § 9 Abs. 1 und 2 ist
hier darauf zu verweisen, dass die Behörde auch nicht immer eine Detailuntersuchung nach Abs. 2 verlangen muss, wenn die orientierende Untersuchung nach Abs.
1 schon eindeutig genug ist. Im Bereich der §§ 9 Abs. 2 und 13 besteht ja auch immer eine Kostentragungspflicht des Betroffenen, vgl. BayVGH Beschluss vom
15.1.2003, Bay. Verwaltungsblätter (BayVBl) 2003, 467.
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Einzelheiten im Anhang 3 der BBodSchV
Stichworte hierzu: Leistungsklage der Behörde statt Verfügung und damit Verbesserung des Rechtsschutzes, Möglichkeit der endgültigen Begrenzung der Sanierungspflicht.
xxiv Fraglich ist dabei, ob diese Auskunftspflicht auch zu einer Selbstbelastung führen
kann. Teilweise wird dies schon gesetzlich ausgeschlossen (z. B § 1 Niedersächs.
BodSchG). Auch wenn dies nicht der Fall ist (z. B. § 2 nordrhein-westf. BodSchG),
kann man dies im Rückgriff auf Grundsätze des Strafrechts ausschließen.
xxv Als Bsp. die Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 3.9.2002 NVwZ-RR
2003, 103 mit folgendem Sachverhalt: Nach einer Sanierung von 1990 – 1998 durch
Schäden aus einer Maschine einer chemischen Reinigung verlangte die Behörde
2001 zunächst eine neue Schadensbegutachtung, da bis 1998 zwar die Bodenbelastung vermindert, aber nicht beseitigt worden ist.
xxvi Dies gilt auch für Wohnungseigentümer, nicht aber für einen Erbbauberechtigten.
xxvii Für Sanierungen nach dem BauGB ist eine gesonderte Geltendmachung neben
dem städtebaulichen Ausgleich ausgeschlossen.
xxviii Schulbeispiel: Wer seinen Abfall ordnungsgemäß auf die Deponie bringen lässt,
ist nicht Verursacher einer dort möglicherweise entstehenden schädlichen Bodenveränderung.
xxix Dass es sich hier um einen abstrakten Fall zur Verdeutlichung der Grundsätze
handelt, ist offensichtlich. Siehe auch die Entscheidung des VGH-BadenWürttemberg bei Fn. 43.
xxx Zum Beispiel Pflichten zur Überwachung einer Tankanlage nach dem Wasserhaushaltsgesetz durch den Betreiber.
xxxi Auch wenn die Behörde durch langes Abwarten den Verursacher hat untertauchen lassen, wird sie selbst dadurch nicht auch zum Verursacher, BayVGH Beschluss vom 22.3.2001, NVwZ 2001, 821. Nach der Entscheidung des VGH BW vom
18.9.2001, Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR) 2002, 227 ist dies selbst bei einer Gemeinde nicht der Fall, die ein belastetes Grundstück lange selbst im Eigentum gehalten hat und dann an den zur Sanierung verpflichteten Käufer verkauft hat. Mit dem
Verkauf endete die Zustandsstörerhaftung der Gemeinde, eine Handlungsstörerhaftung lehnte das Gericht ab.
xxxii Wenn der Erbe früher ebenfalls schon Verursacher war, ist er sogar doppelter
Verursacher.
xxxiii Neue Juristische Wochenschrift (NJW-RR) 2004, 1243; NVwZ 2004, 1267, s. u.
Fn. 47.
xxxiv So gegen die klar ablehnende Literaturmeinung zumindest die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, erneut BVerwG 23.9.2004, DÖV 2005, 205.
xxxv Siehe Umweltmanagement 06.04 Bodenschutzrecht, Teil 02: Die Haftung des
Zustandsstörers.
xxxvi Die Kenntnis der tatsächlichen Nutzung, z. B. für eine Werksdeponie, oder des
unsachgemäßen Umgangs mit Chemikalien schadet.
xxxvii Wenn z. B. in den Jahren vor 1960 eine wilde Deponie in einer jetzigen Wohnsiedlung bestand, die weder in einem Kataster verzeichnet noch vor Ort bekannt ist,
dann ist das Vertrauen des Erwerbers zu bejahen.
xxxviii Klassisches Bsp. ist eine sog. Unterkapitalisierung: Nach Entdeckung einer aufwendig zu sanierenden Altlast wird das Grundstück auf eine Grundstücksverwaltungs-GmbH übertragen, deren Mindestkapital nicht ausreicht, um die Sanierung zu
bezahlen. Eine Dereliktion (Eigentumsaufgabe) tritt hier nicht ein.
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xxxix
Der bloße Geschäftsführer einer GmbH kann damit aber nicht verpflichtet werden, sondern nur ein Gesellschafter.
xl Auch wenn in der Gesetzesbegründung davon zu lesen ist!
xli VGH Baden-Württemberg UPR 1994, 271
xlii Er kann tatsächlich und rechtlich am einfachsten auf das belastete Grundstück
einwirken. Nach der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 19.10.1993,
NVwZ-RR 1994, 565 kann auch unter mehreren Verursachern derjenige zur gesamten Sanierung herangezogen werden, der den geringeren Beitrag zu einer Altlast geleistet hat. Ebenso in der Entscheidung vom 3.9.2002, NVwZ-RR 2003, 103. S. o. im
Kapitel Der Verursacher.
xliii OVG Bremen 19.8.2003, Natur und Recht (NuR) 2004, 182
xliv So der BayVGH in einem Beschluss vom 2.4.2001, NVwZ 2001, 822, wo das Gericht aus dem Vorwurf des später herangezogenen Zustandsstörers, die Behörde
habe durch ihr Nichtstun den Handlungsstörer untertauchen lassen, keine Folgen
zog.
xlv Da der Gesamtrechtsnachfolger eines Verursachers selbst auch Handlungs-, nicht
nur Zustandsstörer ist, kann auch er selbst aus § 24 Abs. 2 in Anspruch genommen
werden.
xlvi NJW-RR 2004, 1243, s. o. Fn. 34. Zu früheren Auffassungen Mohr UPR 2001,
258.
xlvii LG Hamburg Urteil vom 7.11.2000, Zeitschrift für Mietrecht (ZMR) 2001, 196 und
LF Frankenthal Urteil vom 27.2.2002, ZMR 2002, 753.
xlviii DÖV 2005, 609
xlix Zum Beispiel § 4 Abs. 4 niedersächs. BodSchG, das Bodenplanungsgebiete vorsieht.
l Auch ein Blick in die Fachzeitschriften, z. B. TerraTech oder altlasten spektrum hilft
beim Suchen nach geeigneten Unternehmen.
li So ausdrücklich BayVGH 7.10.2002, BayVBl. 2003, 753 für das Wasserwirtschaftsamt.
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