Regierungsrat Interpellation Dr. Dragan Najman, SD, Baden (Sprecher), und René Kunz, SD, Reinach, vom 8. Mai 2012 betreffend Islam-Kindergarten im Kanton Aargau; Beantwortung Aarau, 22 August 2012 12.104 I. Text und Begründung der Interpellation wurden den Mitgliedern des Grossen Rats unmittelbar nach der Einreichung zugestellt. II. Der Regierungsrat antwortet wie folgt: Zur Frage 1 "Hat der Regierungsrat Kenntnis von solchen Plänen?" Nein, der Regierungsrat hat keine Kenntnis von solchen Plänen. Zur Frage 2 "Wie gedenkt der Regierungsrat auf ein solches Gesuch zu reagieren?" Unter dem geltenden Recht sind private Kindergärten nicht bewilligungspflichtig. Am 11. März 2012 haben die Aargauer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger jedoch dem Vorhaben zur Stärkung der Volksschule zugestimmt. Ab dem Schuljahr 2013/14 wird der Kindergarten deshalb obligatorisch und ein Teil der Volksschule sein. Dies hat zur Folge, dass in Zukunft Privatkindergärten bewilligungspflichtig werden, wie dies heute bereits die Privatschulen sind. Die Kompetenz zur Bewilligung liegt beim Erziehungsrat (§ 58 Abs. 1 Schulgesetz [SchulG ] vom 17. März 1981 [SAR 401.100]). Mit dem Inkrafttreten des Kindergartenobligatoriums werden die Auflagen zur Führung eines Privatkindergartens die gleichen sein wie die bisherigen Auflagen für die übrigen Volksschulstufen: Es muss eine den öffentlichen Schulen gleichwertige Ausbildung gewährleistet sein. Zudem muss die jeweilige Trägerschaft vertrauenswürdig sein und Gewähr dafür bieten, dass die Schülerinnen und Schüler nicht Einflüssen ausgesetzt werden, die denjenigen Zielen der öffentlichen Schulen zuwiderlaufen, die sich aus der -2- Präambel des Schulgesetzes ergeben (§ 58 Abs. 2 SchulG). Die Schule – beziehungsweise ab 2013/14 auch der Kindergarten – hat in Bezug auf die Bildungsziele, den Lehrplan, Ausbildung der Lehrkräfte und den räumlichen Anforderungen öffentlichen Schulen zu entsprechen (§ 44a Verordnung über die Volksschule vom 29. April 1985 [SAR 421.311]). Diese Auflagen stellen sicher, dass Kinder ihre Schulpflicht – zu der ab 1. August 2013 auch der Besuch des Kindergartens zählen wird – in Schulen oder Kindergärten erfüllen, welche auf dem Boden unserer rechtlichen Ordnung stehen und die Integration der Kinder in die Gesellschaft gewährleisen. Die Auflagen gelten für alle Trägerschaften, unabhängig von ihrer religiösen oder politisch-weltanschaulichen Zugehörigkeit. Bevor der Erziehungsrat eine Bewilligung erteilt, werden die eingereichten Anträge sorgfältig daraufhin überprüft, ob sie die vorgeschriebenen Bewilligungsvoraussetzungen erfüllen. Dies geschieht in engem Zusammenspiel mit der Sektion Aufsicht und Beratung der Abteilung Volksschule des Departements Bildung, Kultur und Sport (Inspektorat Volksschule) und gemäss einem standardisierten Verfahren. Dieses umfasst persönliche Gespräche mit allen Antragstellenden sowie die Prüfung der eingereichten Unterlagen (Pädagogische Konzepte, Lehrdiplome, Pläne der Räumlichkeiten, Finanzplanung und andere). Neuen Privatschulen wird vom Erziehungsrat zuerst lediglich eine befristete Bewilligung mit Auflagen erteilt – in der Regel für drei Schuljahre. In der ersten Betriebsphase werden die Privatschulen mehrmals von der zuständigen Inspektorin besucht. Vor Ablauf der befristeten Bewilligung werden die Gesuchsteller aufgefordert, einen Antrag zur Erlangung der unbefristeten Bewilligung einzureichen. Dieser wird von der Sektion Aufsicht und Beratung geprüft, welche anschliessend dem Erziehungsrat Bericht erstattet. Der Regierungsrat ist überzeugt, dass der Erziehungsrat seine Kompetenz zur Bewilligung von Privatschulen auch in Zukunft mit grossem Verantwortungsbewusstsein ausüben wird. Zur Frage 3 "Ist der Regierungsrat nicht auch der Meinung, dass eine solche Bewilligung der – für einmal friedlichen – Eroberung von Europa durch den Islam eine weitere Türe öffnen würde." Aufgrund der in der Antwort zur Frage 2 dargelegten Bewilligungsvoraussetzungen sieht der Regierungsrat keinen Anlass zur Annahme, dass Schulen oder Kindergärten bewilligt werden könnten, die für unsere rechtliche oder gesellschaftliche Ordnung eine Gefahr darstellen. Zur Frage 4 "Ist die Regierung gewillt, einen solchen Islam-Kindergarten mit allen ihr zur Verfügung stehenden demokratischen Mitteln zu verhindern?" -3- Siehe Antwort zur Frage 2. Zur Frage 5 "Ist der Regierungsrat nicht auch der Meinung, dass ganz allgemein solche Islam-Kindergärten nicht gestattet werden dürften?" Siehe Antwort zu den Fragen 2 und 3. Zur Frage 6 "Ist der Regierungsrat bereit, sich gegebenenfalls mit anderen betroffenen Kantonen zusammen zu tun, um gemeinsam solche Islam-Kindergärten zu verhindern?" Der Regierungsrat sieht keine Notwendigkeit für ein solches Vorgehen. Wie bereits dargelegt, bestehen im Kanton Aargau genügende rechtliche Bestimmungen, um Kindergärten und Schulen verhindern zu können, die nicht im Rahmen unserer Rechtsordnung stehen. Jeder Kanton verfügt über seine gesetzlichen Grundlagen, die in demokratischen Prozessen erwirkt wurden. Diese Grundlagen können sich unterscheiden. Selbstverständlich tauschen sich die Behörden regelmässig über die Entwicklungen in den Kantonen aus. Zur Frage 7 "Abschliessende Frage: Ist sich der Regierungsrat voll bewusst, welche Gefahr dem Abendland vom Islam droht? Bitte diese Frage nicht nur mit Ja oder Nein beantworten." Für den Regierungsrat ist unbestritten, dass Muslime im Kanton Aargau ihre Religion frei ausüben dürfen und sich dabei wie alle anderen im Kanton lebenden Personen an die hier geltenden Gesetze halten müssen. Angesichts der Integrationsbereitschaft eines grossen Teils der hier lebenden Angehörigen muslimischen Glaubens und angesichts der Tatsache, dass die schweizerische und kantonale Rechtsordnung das massgebende Fundament und Regelwerk für das gesellschaftliche Zusammenleben aller Menschen unseres Lands ist und bleibt, hält er es nicht für gerechtfertigt, den Islam als Ganzes als Gefahr zu betrachten. Er wird die Situation aber weiterhin aufmerksam verfolgen. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 2'166.–. REGIERUNGSRAT AARGAU