Neustädter Zukunftsdialog startete erfolgreich mit "Gemeinwohl"-Vortrag von Christian Felber Über 100 Personen kamen ins Bildungszentrum St. Bernhard nach Wr. Neustadt zum Vortrag des Sachbuchautors Christian Felber, der bei der Auftaktveranstaltung zum "Neustädter Zukunftsdialog" die Vision der GemeinwohlÖkonomie erläuterte. Christoph Watz vom Welthaus der Katholischen Aktion freute sich über das große Interesse zum Thema "Gemeinwohl": "Die Ausrichtung der Wirtschaft auf das "Gemeinwohl" ist ja auch eines der 4 großen Ziele der Katholische Soziallehre, deren 120-Jahr-Jubiläum am Wochenende von der Kath. Sozialakademie gefeiert wurde." Das Thema ist hochaktuell, denn genauso wie die Soziallehre, bekräftigte auch Christian Felber, dass das Hauptproblem unseres derzeitigen Wirtschaftssystems, darin liege, dass der wirtschaftliche Erfolg nur anhand finanzieller Zahlen gemessen werde. Doch ein höheres Wirtschaftswachstum sagt nichts über Umwelt- und Lebensqualität aus. Es ist ja sogar so, dass Autounfälle, oder Naturkatastrophen die Wachstumszahlen erhöhen können, weil die Wirtschaft nur finanzielle bemessen wird. Modell der Gemeinwohl-Ökonomie Das Modell der Gemeinwohl-Ökonomie ist ein alternatives Wirtschaftsmodell zu Kapitalismus und Kommunismus, das bereits von 267 Unternehmen unterstüzt wird. Das Herz des Modells: Die Systemspielregeln "Gewinnstreben & Konkurrenz" werden ersetzt durch "Gemeinwohlstreben & Kooperation". Christian Felber kritisierte den Konkurrenzgedanken des derzeitigen Wirtschaftssystems: Denn neueste Ansätze in der neurobiologischen Forschung zeigen: Ständiger Wettbewerb und Konkurrenz machen psychisch krank. Konkurrenz motiviert primär negativ - über Angst. Deshalb ist die Angst auch ein sehr weit verbreitetes Phänomen in kapitalistischen Wohlstandsgesellschaften - die Symptome sind bekannt: Streß, Burnout, Mobbing, Druck, steigender Gebrauch von Psychopharmaka, ... Felber hinterfragt die Aussage des Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek, der schreibt: „Wettbewerb ist die effizienteste Methode, die wir kennen“. Christian Felber hat versucht, die Studie zu finden, durch die Hayek zu dieser wissenschaftlichen Erkenntnis kam. Aber Felber fand die Studie nicht. Das Fundament der ökonomischen Wissenschaft ist eine pure Behauptung, die von der großen Mehrheit der Ökonomen geglaubt wird. Felber verwies hingegen auf vielfältige Studien in der Sozialpsychologie, Spieltheorie, und Neurobiologie: Eine erstaunlich klare Mehrheit von 87 Prozent der 369 ausgewerteten Studien kommt zum Ergebnis, dass Konkurrenz nicht die effizienteste Methode ist zur Motivation, sondern Kooperation. Der Mensch ist von seinem Wesen her vielmehr auf Gemeinschaft ausgerichtet. Menschen werden viel stärker durch gelingende Beziehungen motiviert als durch Geld. Genau diese "Gemeinschaftsbildenden Werte" wie Vertrauensbildung, Kooperation, Wertschätzung, Demokratie, Solidarität, ... sollen auch durch ein neues Wirtschaftssystem verstärkt werden. Das Modell der „Gemeinwohl-Ökonomie“ versucht dies konkret umsetzbar zu machen: Unternehmen sollen nicht nur eine Finanzbilanz legen, sondern auch eine „Gemeinwohl-Bilanz“. Die Gemeinwohl-Bilanz besteht aus definierten Kriterien für soziale Verantwortung, ökologische Nachhaltigkeit, demokratische Mitbestimmung und Solidarität. Die Betriebe mit einer positiven „Gemeinwohlbilanz“ erhalten Vorteile: z.B. niedrigere Steuern und Zölle, oder günstigere Kredite. Damit können sie ihre – höheren – Kosten leichter decken. Gerechtigkeit Ein wichtiger Eckpunkt der Gemeinwohl-Ökonomie ist auch die Begrenzung der Einkommens- und Vermögensungleichheiten: In Österreich verdienen Manager mehr als das 800fache eines Mindestlohnes, in Deutschland das 5000fache. Die 10% Reichsten der Bevölkerung in Österreich besitzen laut Regierungsangaben 2/3 des Vermögens. In einer Befragung des Publikums beim Vortrag von Christian Felber wurde der Verdienst von mehr als dem 20-fachen des gesetzlichen Mindestlohns als ungerecht angesehen. Ebenso muss eine Begrenzung von Privatvermögen auf 10 Millionen Euro oder das Schenkungs und Erbrecht auf 500.000 Euro pro Person diskutiert werden. www.gemeinwohl-oekonomie.org Kurz-Bericht von Christoph Watz