Klara Wagner

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So ein Leben
von
Klara Wagner
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Vorwort
Ich bin die Erstgeborene Tochter meiner Mutter Klara Wagner, die im
Alter von 74 Jahren der Rappel packte und sie ihre Memoiren schrieb.
Diese verfasste sie handschriftlich auf liniertem Papier und
vervielfältigte sie dann, um jeweils ein Exemplar ihren 5 Kindern zu
schenken.
Nachdem ich nach 36 Berufsjahren zum ersten Mal arbeitslos wurde,
fand ich die Zeit, die handgeschriebenen Memoiren meiner Mutter auf
meinem Computer zu erfassen, wobei sie von mir und meinem Mann
Konstantin ein bisschen redigiert wurden.
Meine Mutter war zeitlebens eine einfach Frau, die keine grosse
Ausbildung genossen hatte und ein sehr hartes und arbeitsames Leben
führte, dass ihr zunächst viel Leid und Mühen verursachte. Mit ihrem
Mann Alois wurde es dann nur unwesentlich besser, da im Laufe der
Zeit 5 Kinder aus dieser Ehe hervorgingen und die materielle Not kein
Ende fand.
Im Jahre 2006, da ich dies nun niederschreibe, wurde mir wieder all
das Leid und das Elend bewusst, dass arme Leute wie meine Eltern
noch zu erdulden hatten, ohne je grosse Chancen in ihrem Leben
bekommen zu haben. Auch wussten sie nicht recht wie sie ihr Leben
durch Bildung und Wissen verbessern konnten, noch bekamen sie
dazu irgendeine Motivation. Um so mehr erstaunte mich, dass meine
Mutter sich eines Tages aufrappelte und diese Sätze niederschrieb, die
im folgenden zu lesen sind.
Waltraud Milenkovic, geborene Wagner im August 2006
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Geburt und Kindheit
Ich, Klara Lutzenberger bin geboren am 10.08.1920, in
Unterlauterbach, damals zum Kreis Rottenburg zugehörig. Meine
Eltern waren Johann und Kreszenz Lutzenberger, geborene
Rekenbauer. Wir waren 7 Kinder. 3 Mädchen und 4 Buben: Veronika,
Kreszenz und ich, Johann, Willi, Sebastian und Georg. Wir hatten eine
kleine Landwirtschaft. Da war noch ein alter Vetter, der passte auf uns
auf, wenn die Eltern auf dem Feld waren.
Wir hatten nie genug zu Essen. Meine Eltern hatten viele Schulden, da
meine Mutter die vielen Schulden vom Vetter übernehmen musste.
Letzterer war ein grosser Raufbold, wenn er besoffen war, und hatte
somit immer mit der Polizei und den Gerichten zu tun. Die Base und
meine Mutter hatten grosse Angst, wenn er wieder getrunken hatte,
und mussten sich dann immer verstecken. Er vergewaltigte meine
Mutter, daher stammte meine Schwester Zenz. Wann die beiden
Eltern gestorben sind, weiss ich nicht so genau, zwischen 1920 und
1924.
Wir hatten viel Obst. Meine beiden Schwestern gingen noch nach
Oberlauterbach in Niederbayern zur Schule. Meine Eltern konnten die
Schulden nicht mehr bezahlen und mussten so ihr Anwesen verkaufen.
Sie kauften in Biburg bei Abensberg ein Haus, mit einer kleinen
Krämerei. Dort wurde ich dann auch eingeschult, mit 5 ½ Jahren. Ich
kam in der Schule mehr schlecht als recht mit. Wir mussten einmal
alle drei in der Schule bleiben und nachsitzen. Meine Schwester Zenz
war sehr dumm. Es wurde schon früh dunkel und der Lehrer, der uns
eingesperrt hatte, hatte uns doch glatt vergessen. Wir schrien aus dem
Fenster, damit wir raus gelassen wurden. So erbarmte sich der
Hausmeister unser und liess uns wieder aus dem Kammerl raus. Als
wir heim kamen, bekamen wir viel Ärger und nichts zu Essen. Aber
Mutter kam dann noch mit einer Schüssel Kaffee, als Vater schon im
Bett war.
Meine Eltern konnten sehr wenig Lebensmittel einkaufen für ihren
Laden, weil ständig das Geld fehlte. Sie mussten wieder verkaufen.
Da kauften sie in Weihmichl ein Haus. Das Geld lieh ihnen ein Wirt
aus Landshut, 1.300 Mark. Das Haus in Biburg brannte bald nach
unserem Auszug ab. In Weihmichl mussten wir zu acht in einem
Zimmer hausen, weil wir das Geld noch nicht hatten. Meine Mutter
trug für den Bäcker Brot aus. Die alte Hausbesitzerin kam, wenn
Wastl weinte, er war ja noch so klein, und schlug ihn. Da bekam
Mutter das Geld. Da hatten die Hausbesitzer keine Wohnung mehr.
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Sie bettelten, dass wir sie herein lassen sollten. Am Essen hatten wir
immer noch zu wenig, oft tagelang kein Brot. Vater war arbeitslos. Er
hatte nur bei den Bauern eine Saisonarbeit. Am 16. Mai 1930 kam
Schorsch zur Welt. In der Erntezeit mussten wir Ähren lesen, dass uns
der Reithmeier gedroschen hatte. Mutter liess den Weizen in der
Mühle mahlen, da hatten wir 60 – 70 Pfund Mehl. Wir hatten somit
wieder eine Weile zu Essen. In der Beerenzeit mussten wir fleissig
pflücken. Wir pflückten alles, angefangen von den Erdbeeren,
Heidelbeeren, von denen hatten wir oft 1 ½ Zentner, Himbeeren und
Brombeeren. Es wurde alles verkauft. Marmelade wurde bei uns nicht
gemacht, weil kein Geld für den Zucker da war.
Zur Ersten heiligen Kommunion wurden wir von den Augsburger
Tanten eingekleidet. Die Kleider hatten wir auch zur Firmung noch
an. Die Tanten stellten sich auch als Firmpaten zur Verfügung.
Vroni war schon mit 8 Jahren in einem Gut als Laufmädchen
untergekommen. Die Bäuerin machte auch ihre Firmpatin. Ich selbst
musste mit 10 Jahren zum Bauern nach Oberndorf, auch als
Laufmädchen, zum Brotzeit austragen, Holz reinfahren, Eier
abnehmen. Es kam dort ein Mädchen zur Welt. Ich musste die
Windeln waschen und auf das Kind aufpassen. Solange ich zur Schule
ging, schlief ich zu Hause. Kühe musste ich auch noch hüten und das
alles, damit ich etwas zu essen bekam, das war mein Lohn. Wir
wurden ganz schön ausgenutzt. Ich war 4 Jahre an diesem Platz. Mit
13 Jahren kam ich aus der Schule. Gleich am nächsten Tag musste ich
um 3.30 Uhr aufstehen und mit zum Futter holen gehen. Ich war ja so
müde. Um 6 Uhr musste ich mit den anderen aufs Feld. Um 8 Uhr war
Brotzeit. Es gab nur Brot und Limo. Diese halbe Stunde habe ich
geschlafen, ich war zu müde zum Essen. Um 11:00 Uhr gab es dann
Mittagessen und um 12.00 Uhr ging es wieder aufs Feld. Um 15. 00
Uhr war Brotzeit und um 17.30 Uhr ging es auf den Hof zurück. Es
gab um 18.00 Uhr noch Abendessen. Ich musste dann noch die Kinder
hüten, es waren inzwischen 2 Kinder, bis diese dann endlich ins Bett
mussten. Und zusammen mit den Kindern musste ich auch ins Bett.
Ich durfte mich niemals mit den anderen Knechten und Mägden vors
Haus setzen. Mit 14 Jahren ging ich dann weg von diesem Gut. Noch
zu erwähnen war, dass ich in der Woche 1,50 Mark Lohn bekam und
da wurde mir das Essen auch noch vorgeworfen.
Ich ging dann zu einem anderen Bauer, dort war ich allein. Eine
Grossmagd hatten sie noch. Ich lernte dort melken und im Stall
arbeiten und natürlich auf dem Feld. Ich hatte so grosses Heimweh, da
wir bei dem vorhergehenden Bauern 6 Dienstboten hatten, und hier
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war ich allein. Abends ging ich immer hinaus, um wenigsten den
Kirchturm von Weihmichl sehen zu können, da weinte ich immer. Ich
war dort 6 Wochen, dann nahm mich Mutter dort weg und ich kam auf
ein Gut nach Regen. Dort war ich Hausmädchen. Manchmal musste
ich mit aufs Feld. Es gab dort nur einen Herrn und eine Köchin, die
die Hausherrin spielte. 2 Jahre hatte ich noch Sonntagsschule. 6 Uhr
Morgens musste der Kaffee bereit stehen. Einmal stiess ich mit einem
Holzscheit den Topf um und verbrühte mir meinen Fuss. Ich hatte
nicht einmal Zeit mir den Fuss anzuschauen. Erst nach dem Frühstück
konnte ich mich um meinen Fuss kümmern. Da hatte ich schon grosse
Brandblasen. Ich musste trotzdem arbeiten. Ich war sehr unglücklich
dort und weinte viel. Es gab dort eine Magd, die mir meine Strümpfe
gestohlen hatte, ich hatte doch nur 2 Paar. Ich erzählte es der Köchin,
die dann die Magd zur Rede stellte, und von der bekam ich dann eine
solche Watschn, dass mir hören und sehen verging.
In meiner grossen Verzweiflung betete ich zu Gott und Maria, sie
mögen wir doch bitte eine Krankheit schicken. Und ich wurde sogar
erhört. Einige Wochen später hatte ich in der rechten Hand kein
Gefühl mehr. Mir fielen am Abend 3 Tassen aus der Hand. Mutter
ging mit mir zum Arzt. Diese sagte, ich hätte Sehnenzerrung. Das
dauerte 15 Wochen. Wir mussten immer ins Krankenhaus fahren, zum
elektrisieren. Es tat sehr weh. Mein rechter Zeigefinger hatte sich ganz
eingezogen und den kleinen Finger in Mitleidenschaft gezogen. Ich
wurde immer geschimpft, weil Mutter meinte, ich würde mich nur so
verstellen. Ich betete viel und es wurde wieder gut.
Meine nächste Anstellung war dann in Täubenmühle zum Kühe hüten.
Zu Lichtmess 1936 kam ich zum Holzner nach Unterschwendt als
Hausmagd. Der Wochenlohn war schon bei 3,50 Mark, da ging es
einigermassen mit dem Überleben. Dort waren auch mehrere
Dienstboten und es gab noch keinen Samstagsgottesdienst. Einen
Sonntag kochte die Bäuerin, den 2. ich. Es gab nur Fleisch, Fleisch,
Knödel und Kraut. Im Sommer dann auch Salat und Gurken. Die
Erntearbeit war sehr schwer. Wir hatten 20 Tagwerk Korn, ,das
musste alles von Hand gemäht werden. Die Männer mähten und wir
Frauen mussten auslegen. Es war schwer, denn das Korn war oft 1½
m lang. Dann wurde es gebunden und aufgestellt. Der Weizen wurde
mit dem Ableger gemäht, da mussten wir bloss binden und aufstellen.
Alle 14 Tage wurde Brot gebacken, 30 Laib. Die erste Magd und ich
mussten um Mitternacht aufstehen, um 6.00 Uhr kam das Brot schon
aus dem Ofen. .
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Dann kam die 2. Heumaht und anschliessend das Kartoffel klauben,
davon gab es auch 20 Tagwerk. Wir hatten auch viele Runkelrüben.
Im Winter ging es ans Dreschen, oft 4 Tage lang, das war auch
schwere Arbeit. Bis Weihnachten waren wir meistens damit fertig. An
diesem Platz war ich nur 1 Jahr. Zu Lichtmess ging ich weg.
Ich ging dann zur Frau Pflüger nach (2.6.1936) Edenland. Ihr Mann
war 3 Monate vorher gestorben. Da ging es mir einigermassen gut und
wir brauchten keine trockene Brotzeit zu essen. Ihr Bruder war Knecht
und einen Fremden hatten wir auch. Ich bekam 4 Mark Wochenlohn.
Es war die gleiche Arbeit. Kartoffel legen, heuen, Ernte, Kartoffelund Rübenernte und zuletzt dreschen. Ich war ½ Jahr bei ihr. Die Frau
half mir auch im Stall. Wir mussten jeden Tag die Kühe putzen. Das
Essen war sehr gut. Ich musste bei ihr schlafen. Wenn ein Ball war,
gab sie mir immer etwas. Eine Schürze oder sonst etwas, dass ich ja
zu Hause blieb, was mir nicht schwer fiel. Der Bruder heiratete, da
kam der 2. Bruder. Ich kam gut aus mit ihm. Sie selber kam nicht so
gut aus, er liess sich nicht so viel dreinreden. Einen Knecht hatten wir
auch noch sowie ihre Schwiegermutter und eine Schwägerin. Mit
ihnen verstand sie sich sehr schlecht. Der Hof hatte 90 Tagwerk und
keine eigenen Kinder, dafür aber viele Schulden. Anfang 1937 zog
sie dann weg. Am 26. Juli 1937 kamen Hofmanns aus der Oberpfalz.
Sie mussten dort weg, weil der Truppenübungsplatz Grafenwöhr
gebaut wurde. Es war gerade Erntezeit und es gab wieder sehr viel
Arbeit. Ich musste den ganzen Stall alleine versorgen. Beim Melken
half mir die Anna. Wir hatten 8 Kühe, im Ganzen 18 Stück Vieh. Im
Januar kam das 1. Kind zur Welt, Marianne. Ich hatte das Mädchen
sehr gerne. Wir mussten viel arbeiten. Die Bäuerin war auch auf dem
Feld. Abends half ich ihr immer noch arbeiten.
Mein Vater war zwischenzeitlich sehr schwer krank, er hatte
Darmkrebs. Meine Mutter war ebenfalls sehr krank, sie hatte
Magenkrebs. Die letzten 8 Tage, an denen Vater noch lebte, ging ich
jeden Tag heim und schlief auf dem kalten Fussboden und in der früh
um 5.30 Uhr ging ich wieder heim in den Stall. Am 9. Dezember starb
Vater. Bei Hofmann kam Schorsch zur Welt. Zu Lichtmess ging ich
wieder weg und wieder zum Steiger nach Oberndorf, wo ich 4 Jahre
war, was ich jedoch schwer bereut habe. Meine Brüder Hans und
Wastl waren auch dort, wir wurden sehr ausgenutzt. Wir hatten auch
kein gutes Essen. Am 6.10.1938 wurden wir geholt, weil Mutter im
Sterben lag. Es war schlimm, sie war bei vollem Bewusstsein. Sie
starb in meinen Armen. Es war sehr schwer für Schorschl, er war erst
8 Jahre alt. Zenz war in anderen Umständen und geistig behindert. Der
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Mann, der Zenz vergewaltigte, war unser bester Nachbar, und hatte
damals selbst 13 Kinder.
Wir gingen alle drei zu Lichtmess weg. Ich kam wieder zu Hofmanns
nach Edenland. Da bekamen sie auch eine 2. Magd. Das Kind von
Zenz kam am 2.2.1939 zur Welt. Es gab auch eine
Gerichtsverhandlung, er wurde frei gesprochen, weil ihm der
Bürgermeister sehr geholfen hat. Das Kind war auch geistig behindert.
Es kam von einem Platz zum Anderen, weil niemand für das Kind
bezahlen wollte.
Nun wieder zu Hofmanns. Wir kamen alle gut miteinander aus. Wir
hatten einen Knecht, der auch nicht ganz normal war. Wenn er in der
Früh grimmig schaute, brauchten wir keine Angst zu haben, wenn er
lachte und mit sich alleine sprach, mussten wir uns in acht nehmen. So
ging der Sommer vorbei. Wir fuhren in die Dult und sahen Soldaten.
Am 1.9. brach der Krieg aus. Für meine 3 Brüder musste ich waschen
und flicken, alles am Abend. Wir bekamen dann auch
Kriegsgefangene, Weissrussen. Mit ihnen kamen wir soweit ganz gut
aus. Vom Lagerführer aus sollten wir nicht mit ihnen sprechen, aber
wir mussten ihnen ja die Arbeit zeigen. Dann bekamen wir auch noch
Franzosen. Einer von ihnen war Musiker aus Paris, den konnten wir
nicht gebrauchen, der kam wieder ins Lager zurück, das war 1940.
Der Knecht, der nicht ganz normal war, der sollte eines Tages Mist
auflegen, was er auch tat, dann ging er ins Bett. Als der Bauer heim
kam, standen die Ochsen im Misthaufen. Als der Bauer zu ihm ins
Zimmer kam, warf er ihm eine Gabel nach, ohne ihn jedoch zu treffen.
Beim Kartoffelglauben drohte er mir, da bin ich vom Feld davon
gelaufen, habe dann mit ihm nicht mehr zusammengearbeitet. Er kam
dann in eine Nervenklinik, da musste er dann sterben. (Er wurde in
einem Lastwagen vergast)
Zu Lichtmess 1941 kam ich zum Krämer Pflüger nach Weihmichl. Da
blieb ich 2 Jahre. Ich hatte viel Arbeit, weil ich alleine war, aber es
ging mir gut. Die Frau war lustig und ich habe von ihr viel
bekommen. Hans und Willi waren inzwischen eingerückt. Hans wurde
in Ansbach und Berlin ausgebildet. Willi wurde Meldereiter. 1943
ging ich zu den Maristen nach Furth. Da war ein grosses Gut und eine
Brauerei, da war ich ein Jahr dort. Ich bekam dort Tariflohn 10,80
Mark und am Tag 3 Liter Bier. Wann wir das Bier nicht nahmen, gab
es Marken 40 je Liter, so kam ich fast auf 20 Mark die Woche. Vroni
heiratete 1940. Sie hatte einen ledigen Sohn. Ihr Mann musste auch
einrücken zur Marine. Sie bekam dann noch 2 Mädel. Im Schlossgut
wurde von 6.00 –11.00 Uhr und von 12.00 –18.00 Uhr gearbeitet.
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In Weihmichl hatte zu dieser Zeit die Milchprüferin aufgehört, da
musste ich von der Gemeinde aus diese Stelle übernehmen. Da
verdiente ich im Monat 100 Mark. Je Kuh, 25 Mark und 5 Mark
wurden für Versicherung einbehalten. Musste oft schon um ½ 4 Uhr
aufstehen, denn die grossen Bauern hatten Melker. Ich musste die
Milch wiegen, in Hefte eintragen. Die Kälber musste ich aufschreiben,
wann geboren, was mit ihnen geschah, ob verkauft oder zur Zucht
aufgestellt, bei den Kühen ebenso. Die Bauern betrogen mich und
melkten die Kühe nicht ganz aus, bis ich wieder weiter war. Bei den
Einödbauern bin ich im Winter über Nacht geblieben. An Neujahr
musste ich den Abschluss machen, das war viel Arbeit. Einen Bauer
hatte ich, der musste keine Milch liefern, sondern Schmalz, weil im
Stall Tuberkulose war. Einmal war ich dort, da hatte er 3 junge Kühe
gekauft, die hätte ich aufschreiben müssen, auch wenn sie nur 2 Tage
im Stall gestanden hätten. Er sagte mir, „die kommen diese Woche
wieder weg“. Er hatte auch eine Mühle dabei. .Viele mochten ihn
nicht, weil er ihnen so viel Getreide stahl. Es war gerade Dult, dort
sind sie mit ihren Kinder hingefahren. Ich war dann Abends früh dort.
Zwischenzeitlich kam die Polizei. Er wurde festgenommen. Mich
wollten sie auch mitnehmen. Ich war jedoch mit Anni Reithmeier,
später von uns „Sissi“ genannt, in Regensburg bei einer Cousine für 3
Tage. Die Stadtpolizei kam jeden Tag, wurde mir erzählt. Als ich zu
Hause war, musste ich gleich nach Landshut zur Polizei. Wie ich
gezittert habe, kann sich wohl niemand vorstellen. Sie sagten mir, der
Müller hätte ihnen gesagt, dass ich Fleisch und Mehl bekommen hätte.
Ich sagte, dass kann er nicht gesagt haben, weil es nicht wahr ist. Ich
bekam ein Stück Brot, und das schon von Anfang an. Umgekehrt
sagten sie das Gleiche zum Müller. Der Depp hätte nur sagen müssen,
die Kühe waren im Pferdestall, aber er sagte, dass hat er mit mir so
ausgemacht. Ein Kalb hat er schwarz geschlachtet, aber da wusste ich
wirklich nichts. Milch abliefern wurde sehr streng gehandhabt, ebenso
das Schwarzschlachten. So kam es, wie es kommen musste, zu einer
Verhandlung. Den Rechtsanwalt zahlten sie mir, ich hatte ja nicht so
viel Geld. Bei der Verhandlung waren geladen: Als Angeklagte, das
Ehepaar Müller und ich. Als Zeugen geladen waren 1941 der Tierarzt,
Viehhändler und die Mehlbauern. Die zwei Mägde sassen neben mir.
Ich habe so gezittert, dass mein Fuss auch mitzitterte. Als die
Verhandlung begann, wurde die Ehefrau und ich frei gesprochen. Der
Viehhändler sagte, „als Klara hörte, dass sie frei gesprochen ist, wurde
sie schon grösser“. Der Müller bekam ein Jahr. Er war fast 1 Jahr in
Untersuchungshaft und bekam eine hohe Geldstrafe. Geld hatte er ja
genug.
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Was schon früher erwähnt gehörte hätte war, dass Schorschl, als
Mutter gestorben war, zu unserem Vormund, da wir alle noch nicht
volljährig waren, zu dieser Zeit erst mit 21. Er wurde dort sehr
ausgenutzt und musste dort bleiben bis 21. Er bekam keinen Pfennig
Lohn. Er fing dann an, mit dem Jagdbesitzer zu wildern.
Nach dem Milch prüfen, war ich immer bei Anni. Sie und ihre Familie
hatte eine kleine Landwirtschaft, da half ich überall mit. 25 Gräber
haben wir gerichtet für auswärtige Besitzer. Das Giesswasser mussten
wir vom Bach 45 Treppen hoch schleppen. Heute gibt es natürlich
dort einen Brunnen.
1943 mussten wir Flüchtlinge aufnehmen, weil die Front immer näher
rückte. Meine beiden Brüder waren in Russland. Ich musste 2
Flüchtlinge aufnehmen, eine Frau und ihre schwangere Tochter. Es
waren schlesische Eisenbahnerfamilien, die am Bahnhof in 2
Waggons hausten. Menschen, die keine Bleibe fanden, blieben im
Zug. Ich nahm inzwischen die ganze Familie auf, den Vater und zwei
Töchter.
Nach einigen Wochen kamen Tiefflieger und schossen in die
Waggons. Es gab 4 Tote und 5 Verletzte. . Eine 40jährige Frau, ein
20jähriges Mädchen, ein 10jähriges Mädchen, der die Därme
heraushingen. Sie fragte immer, ob sie sterben müsste. Es gab noch
eine Frau. Die restlichen blieben dann natürlich nicht mehr im Zug.
Ich nahm dann noch eine Familie auf mit 4 Personen. Sie lagen in der
Stube auf dem Fussboden. Das Mädchen war schwanger und der
Vater war so brutal, er schlug sie. Nach 8 Tagen kamen sie nach
Vilsbiburg. Beim Abschied sagte sie zu mir, sie wollte noch hier
sterben. Ich dachte, sie macht Spass. Zwei Tage später kam ihr Bruder
und sagte, als sie dort ankamen, starb sie unter furchtbaren
Schmerzen. Ich konnte sie so gut leiden.
So verging auch das Kriegsjahr 1943. Wastl musste zum Arbeitsdienst
nach Dillingen einrücken für ein halbes Jahr. Zu Weihnachten kam er
in Urlaub. Er wollte gar nicht mehr fort. Vom Dorf war noch einer bei
ihm, zu dessen Eltern sagte er „ich komme nicht wieder“. Dann
musste er nach Grenobl, Frankreich, zur Ausbildung. Sie kamen
anschliessend nach Russland. Gleich beim ersten Einsatz wurde er von
einer Granate getroffen. Wie mir geschrieben wurde, soll er gleich tot
gewesen sein. Bevor ich aufstand, rief jemand laut „Klara“. Ich hatte
Angst, und merkte mir dann das Datum, weil ich eine Vorahnung
hatte. Es war der 24.02.1944, an diesem Tag ist er gefallen und 8
Wochen später sein Kamerad, mit dem er eingerückt war, beide waren
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sie 18 Jahre alt. Mein Bruder Willi wurde zwei mal verwundet. Den
ersten Luftangriff erlebten wir in Landshut. Anni und ich waren bei
meiner Cousine, da wurde der Bahnhof getroffen. Wir sollten dort
über Nacht bleiben, da der Zug nicht mehr fuhr. Wir gingen dann zu
Fuss heim. In Furth wurde ein Amibomber abgeschossen, alle vier
Soldaten waren tot, das gab vielleicht Löcher. Im Friedhof wurden sie
beerdigt. Der Bürgermeister sagte zu den Kindern, sie sollten aufs
Grab scheissen. Nach dem Krieg kam ihm das teuer zu stehen.
Gefangene Franzosen von den Maristen waren dabei, die werden es
wahrscheinlich gemeldet haben. Die Amerikaner wurden ausgegraben
und der Bürgermeister musste sie mit den eigenen Händen rausholen.
So verging auch das 4. Kriegsjahr. Es waren sehr kalte und
schneereiche Winter. Die Lebensmittel wurden knapper. Das Pfund
Butter kostete 300 Mark. Gehamstert wurde alles. Die Bauern hatten
alles an Wäsche, was man sich nur denken konnte. Die Städter
vertauschten alles. Sie kamen von überall her, bis vom Rheinland. Am
Essen hatte ich wenigstens keine Not. Ich bekam von den Bauern
immer etwas. Dann kam der letzte Kriegswinter. Am 19. März wurde
der Landshuter Bahnhof dem Erdboden gleich gemacht. Ein
Lazarettzug stand gerade am Bahnhof. Wie viele Tote es da gab,
wurde nie bekannt gegeben. Die Leichen hingen auf den Bäumen. Als
das Kriegsende näher kam, verstauten wir unsere Wäsche im Keller.
Da war eine Hebetüre. Der Keller war nicht gross. Anni hatte ihre
Sachen auch dort gelagert. Wir wollten noch einen Bunker graben,
gleich an der Strasse. Viele Soldaten hauten schon ab. Als sie fragten
was wir da machten, sagten sie nur, wir graben da unser eigenes Grab,
denn wenn die Panzer kämen, fällt alles ein.
Wir hatten sehr viel Angst, weil soviel SS ankamen. Der Liedl hängte
die weisse Fahne auf die Kirche. Dann suchten sie den Pfarrer, den
wollten sie erschiessen. Einen Panzer sprengten sie im unteren Dorf.
Dann kamen die ersten Panzereinheiten, der lief auf die SS durch den
Wald zu. Einen jungen Soldaten hatten sie bei der Kirche erschossen
weil er eine Panzerfaust abziehen wollte. Zwei Gefangenenlager
waren bei uns, die wurden gleich alle frei gelassen. Die freigelassenen
Gefangenen klauten bei den Bauern Vieh und Lebensmittel. Wir
hatten auch vier Gefangene. So gut ist es mir im ganzen Leben noch
nie ergangen. Die bekamen aus Amerika Carepakete. Sie gaben uns
Kaffee, Schokolade, Butter, Zucker, Erndnussbutter, alles weiss ich
gar nicht mehr. Wir mussten den ganzen Tag kochen. Vom Lagerhaus
brachten sie Mehl, davon sollten wir bei Anni Brot backen, weil wir
keinen Ofen hatten. Anni knetete und ich schüttete Wasser dazu.
Desto mehr ich zuschüttete, desto fester wurde der Teig. Annis Vater
sagte uns, wir hätten lauter Gips, somit war das Backen vorbei. Sie
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brachten noch eine Gans, die wir 2 Tage kochten uns sie war immer
noch nicht weich. Wir erfuhren, es war ein alter Ganter und bereits 21
Jahre alt, so wussten wir auch von wem er war. Wir haben uns gut mit
den Amerikanern verstanden. Nach 8 Tagen kamen sie in ihre Heimat.
Wir bekamen von den Amerikanern für 2 Tage Einquartierungen. In
der 1. Nacht mussten wir alle, 4 Flüchtlinge, Zenz und ich bei Anni
schlafen. Am Morgen, als wir heim kamen, haben sie mir mein
Geräuchertes und Butter geklaut und in der Kuchenform gebacken.
Sie hatten eine Menge Zigaretten hier gelassen, die hatten sie zuvor im
Lagerhaus gestohlen. Ein Zigarettenhändler aus Landshut hatte sie
dort eingelagert. Wir freuten uns darüber.
Die zweite Nacht musste Annis Familie bei mir schlafen. Die
Kriegsgefangenen, die bei den Bauern arbeiten mussten, haben sich
schwer gerächt bei den Bauern, bei denen es ihnen nicht gut gegangen
ist und von denen sie schlecht behandelt wurden. Sie haben viel
gestohlen und manch einen umgebracht. Den Bürgermeister von
Gündlkofen zum Beispiel brachten sie um. Seine Frau und die Kinder
sperrten sie in einen Raum. Sie waren alle tot. Wir waren auf der
Beerdigung. Meine Freundin Anni war dort schon in Stellung. Bis
heute kam nicht auf, wer das getan hatte.
Nach kurzer Zeit wurde dann die Milchprüferei eingestellt. Ich war
arbeitslos. Beim Weinzierl–Wirt war ich dann in der Gaderobe, wenn
ein Ball war. Das kostete 50 Mark, die Hälfte gehörte mir. Am
Montag musste ich von 6.00 Uhr bis 18.00 Uhr putzen, um 3 Mark
und das Essen. Ich ging dann noch zu den Bauern, wenn sie Arbeit für
mich hatten, wie z.B. Rüben hacken und heuen sowie Kartoffeln
klauben. In der Erntezeit war ich bei den Bauern. Ich habe dort dann
immer übernachtet. Ich bekam dort 2 Zentner Weizen, davon bekam
ich 120 Pfund Mehl.
Mein kleiner Hund, ein Rehpinscher, wurde mir vergiftet. Ich konnte
nicht einmal zum Tierarzt, weil ich beim Kartoffel klauben war. Als
ich am 3. Tag endlich zum Tierarzt konnte, sagte er, er hätte schon die
Totenstarre. In dieser Nacht starb er. Ich weinte 8 Tage um ihn. Ich
wollte auch keinen Hund mehr. In Landshut gab es damals keine
Fabriken, wo ich evtl. Arbeit gefunden hätte. Da meinte die Wirtin,
ich soll doch eine Heiratsanzeige aufgeben. Sie schrieb den Brief,
beim Altöttinger Frauenboten. Nach einigen Wochen bekam ich 6
Briefe. 2 Friseure, ein Schreiner, ein Bauernknecht und zuletzt den
Brief von Alois.
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Jugend und Hochzeit
Ich habe noch etwas vergessen. 1948 war
die Währung. Wir bekamen 40 Mark
Kopfgeld. Davon konnte man alles kaufen,
wenn man genug davon hatte.
Nun wieder zu Alois. Das Ganze war im
Mai. Wir schickten uns Fotos und ich
hörte dann lange nichts mehr von ihm. Da
schickte ich ihm das Foto zurück. Aber
zwischenzeitlich wurde er in München am
Kropf operiert und seine Schwester
Mari hat ihm den Brief unterschlagen.
Sie wollte nicht, dass er heiratet. Er
machte Krach und schickte mir das Foto
wieder zurück. Wir trafen uns das erste
Mal am 24. Juni. Der Zug kam um 22.00 Uhr an. Er verschlief den
Bahnhof und fuhr bis nach Neuhausen. Da musste er dann zurück
laufen. Er kam dann um 24.00 Uhr an und musste mich erst suchen.
Am Sonntag früh war in Edenland Fahnenweihe, da gingen wir dann
hin. Nachmittags fuhren wir nach Landshut ins Kino. Ich gab ihm
meinen Schlüssel zum Einstecken. Er hatte es dann sehr eilig auf den
Zug und keiner dachte mehr an den Schlüssel. Unser Flüchtling
machte mir dann die Türe auf, er war Schlosser. Am nächsten Tag
kam der Schlüssel dann per Post.
Ich ging zum Lehrer zum Waschen, bekam dafür 3 Mark und das
Klara 1948
Essen. Samstags ging ich die Schule putzen.
Ich hatte 2 grosse
Schulzimmer, 8 Toiletten und 2 grosse Gänge, 2 Treppen und das
Vorhaus. Ich bekam im Monat 10 Mark, pro Putzen 2,50 Mark. Die
Gemeindekanzlei putzte ich ein Mal im Monat, dafür bekam ich 5
Mark.
Der Mann von der Flüchtlingsfrau war auch schon länger aus der
Gefangenschaft zurück. Der Platz war uns zu wenig und sie bekamen
dann eine eigene Wohnung.
Die Tochter von Zenz kam in eine Einöde nach Geisenhausen, wir
haben sie dort einmal besucht. Sie wollten sie behalten. Nachdem sie
zur Schule kam, stellte sich heraus, dass sie schwachsinnig war. Zenz
haute mal ab und fuhr zu ihr. Sie brachte sie mit nach Hause. Mir
blieb dieses Kind ein ganzes Jahr und ich bekam keinen Pfennig für
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sie. Ich hatte wieder Kleidung von den Augsburgern gehamstert. Als
das Kind dann fort kam, hat sie sehr geweint, mir tat sie von Herzen
leid. Ich musste sie nach Landshut bringen zur Fürsorge. Bald darauf
bekam Zenz einen sogenannten Verfolgungswahn. Sie meinte, man
wolle sie vergiften. Sie ass nichts mehr und sprang vom Balkon. Sie
hatte nur einen Kratzer. Man brachte sie ins Krankenhaus und von da
aus kam sie nach Mainkofen in die Nervenklinik. Diese Seite hätte
schon früher geschrieben werden müssen, aber nach so vielen Jahren
habe ich es verwechselt.
Nun wieder zu Alois. Er schenkte mir
einen schönen Stoff. Da wollte ich mir
ein Kostüm machen lassen, zur
Hochzeit. Ich hatte aber von Tante
einen weissen Stoff, da sagten die
Leute, ich soll doch weiss heiraten, was
ich dann auch tat. Wir haben uns drei
Mal gesehen und das 4. Mal geheiratet.
Am 30. September gingen wir zum
Pfarrhof und anschliessend fuhren wir
nach München. Wir gingen ein wenig
aufs Oktoberfest. Am Abend fuhren wir
nach Grub zur Schwiegermutter und
seinen Geschwistern. Da war der
schwerkranke Bruder mit epiletischen
Anfällen, namens Franz, noch da.
Am 21.10.1950 haben wir geheiratet. Bei der Feier waren 14
Personen. Gegessen haben wir beim Wirt, bei dem ich geputzt hatte.
Das Essen kostete pro Person 10 Mark mit Kaffee und kaltem
Abendessen. Alois musste seinen Geschwistern den Zug bezahlen.
Ich hatte am Hochzeitstag noch ganze 5 Mark. Alois 1000 Mark. Das
Kostüm und das Kleid kosteten je 32 Mark, der Schleier 20 Mark.
Alois arbeitete in München auf dem Bau. Da er 2 Tage zu spät wieder
anfing, wurde er entlassen. Er fand bald wieder Arbeit. Freitag Abend
kam er heim und Sonntags fuhr er weg. Er bekam 25 Mark die
Woche. Das Schule putzen musste ich dann aufgeben, weil ich sonst
überhaupt nicht zu Hause gewesen wäre.
Anni (Sissi) ging dann fort in Stellung und fragte mich, ob ich dem
Bruder Sepp nicht den Haushalt führen und melken würde. Das
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machte ich einige Zeit und Sepp heiratete nicht. Alois war das Ganze
gar nicht recht . So musste Sepp endlich heiraten.
Recht lange fuhr Alois dann nicht mehr nach München. Er fing dann
in Pörndorf in der Grube an. Er musste alles zu Fuss gehen, da er noch
nicht Radfahren konnte. Ein Weg war 6,5 km und das alles mit
Gummistiefeln, also 13 km hin und zurück.
Alois und seine Waldarbeiterkollegen
1951 musste ich mich operieren lassen, weil ich so grosse Schmerzen
hatte, wenn die Periode kam. Ich hatte Gebärmutterverlagerung. Im
Krankenhaus hatte ich so ein schlechtes Bett, dass bei der Matratze
der Draht durchkam. Hernach hatte ich noch lange Leibschmerzen.
Das war im März. Im April starb meine Schwiegermutter. Sie war
eine brave, christliche Frau. Ich habe sie nur zwei mal gesehen und
hatte sie lieb gewonnen.
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Die Kinder gross ziehen
Unsere Flüchtlinge zogen aus. Es war zu
Papa Alois mit Klein Hansi
wenig Platz. 1952 am 12. Juni, am
Frohnleichnamstag kam Johann zur Welt.
Die Hebamme hatte den Arzt so lange nicht
gerufen, da waren die Herztöne schon sehr
schwach. Der Arzt schimpfte dann die
Hebamme. Als das Kind kam war es ganz
blau und die Nabelschnur war 2 mal um den
Hals gewickelt. Ich weinte sehr aber dann
hat es Johann doch geschafft, er wog 8
Pfund. Alois brachte damals die Woche 35
Mark nach Hause. Johann wuchs und
gedieh und wurde ein lustiges Kind. Mit 10
Monaten bekam er den Keuchhusten sehr
stark. Es dauerte sehr lange, bis er vorüber
war. 18 Monate später kamen Waltraud und
Richard zur Welt, 13. Februar. Die Geburt
dauerte 24 Stunden, es war sehr schwer und
ich war zu Hause. Traudl kam um 3 Uhr
und Richard um 5.45 Uhr zur Welt. Er war
scheintot. Der Arzt legte in auf die Seite. Nach einer Weile sagte er,
die roten Lippen irritierten ihn. Sie machten dann Wechselbäder und
er bekam Klapse auf den Hintern. Richard war eine Steisslage. Er
bekam 2 Kreislaufspritzen. Nach einiger Zeit begann er zu schreien.
Um 9 Uhr sagte der Arzt, jetzt schafft er es. Traudl wog 6,050 Pfund
und Richard 6,350 Pfund. Ich musste die ganze Schwangerschaft über
nur brechen.
Die Zwillinge beim spielen
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Ich nahm dann noch einmal eine Flüchtlingsfrau mit 2 Kindern auf.
Wenn ich irgendwo hin musste, passte sie auf die Kinder auf.
Alois hatte seiner Mutter versprochen, sich um seine Geschwister zu
kümmern, was ein schwerer Fehler war. Wir wollten eine
Landwirtschaft kaufen, die hätte 35.000,-- Mark gekostet, durch die
Umsiedlung und weil Alois Flüchtling war. Das wurde uns aber nicht
genehmigt, weil wir den Preis nicht bezahlen konnten. Währenddessen
haben wir unser Haus verkauft, für nur 3.000,-- Mark. Die neuen
Besitzer sind eingezogen und wir sollten raus. Den kranken Bruder
hatten wir auch da. Der kam aber bald weg, der Arzt meinte, dass man
mir nicht zumuten könnte, mit den kleinen Kindern und mit Maria war
ich wieder schwanger. Der Bruder kam ins Krankenhaus nach
Straubing, wo er dann auch bald starb. Wir wussten nicht wohin.
Meine Schwester Vroni hat uns in Niedermünchen 2 Zimmer besorgt.
Sehr schlechte Zimmer. Die Zwillinge waren 14 Monate und fingen
dort gleich zu laufen an. Alois musste gleich die Löcher im Boden
vernageln, sonst hätten sie sich in den Löchern sehr weh getan. Der
Hausbesitzer war sehr eifersüchtig, obwohl er überhaupt keinen
Grund dazu gehabt hätte. Der Hof war sehr dreckig, so dass ich die
Kinder nicht alleine raus lassen konnte.
Am 17. Juni 1955 kam Maria zur Welt, um 8.45 Uhr morgens. Die
Wirtin wusch mir die Wäsche mit der Maschine, dafür musste Alois
Heuen helfen. Für die Kinder hätten wir ihn so notwendig gebraucht,
weil wir niemanden bekommen hatten. Das einzig Gute war, dass
Alois in der Zwischenzeit das Radfahren gelernt hatte. Das hatte ihm
die Hausfrau gelernt, so konnte er wenigstens zur Arbeit fahren. Zum
Einkaufen hatten wir ziemlich weit, entweder nach Furth oder nach
Obermünchen.
Maria und ihr Kinderwagen
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Die Fenster unserer Behausung waren so schlecht, dass ich einen
ganzen Bettbezug in die Ritzen gesteckt hatte, da dieser Winter sehr
kalt war.
Mein Bruder Georg (Schorsch) aus Mühlhausen besorgte Alois in der
Alusingen einen Arbeitsplatz. Am 16.01.1056 ging er dort hin.
Wohnen konnte er bei Schorsch. Er musste dafür 80 Mark Miete
bezahlen und ich zahlte 25 Mark. Mir konnte er 80 Mark schicken. Es
ging mehr recht als schlecht. Im Mühlhausen ging es dann auch nicht
mehr, denn die Alte war sehr schlimm. Er bekam dann in Singen mit
noch einem Mann ein Wohnung. Beide zahlten je 35 Mark. Endlich
am 15. Mai 1956 konnten wir nachkommen. . Es war eine Wohnung
von Privat. Alois bekam 2 Tage Urlaub. Um 6 Uhr morgens mussten
wir in Mainburg am Bahnhof sein. Es war sehr kalt und regnerisch.
Maria war gerade 11 Monate alt. In Ulm hatten wir 3 Stunden
Aufenthalt. Die Milch für Maria war sauer geworden. Von der
Bahnhofsmission bekam ich dann Milch für Maria. Um 8.30 Uhr
abends kamen wir in Singen an. Es war Freitag. Alois musste um
21.30 Uhr zur Nachtschicht. Wir hatten ein komplettes Bett dabei.
Johann und ich schliefen auf dem Boden. Die beiden Zwillinge hatten
von den Hausleuten ein Bettstadl bekommen. Maria schlief im
Kinderwagen. Am Samstag bekamen wir Sachen, es regnete sehr. Sie
brachten erst das Holz. Gegen Abend hörte der Regen auf, so dass die
Betten und das andere Zeug kam. Die Möbel, Küche und
Wohnzimmer hatten wir noch in Bayern bestellt. Der Vertreter sagte
uns, wenn wir sie jetzt bestellten, sind sie noch billiger, denn sie
würden teuerer werden. Vier Wochen später hatten wir die Möbel
immer noch nicht. Alois rief dann an. Dort sagten sie ihm, wenn wir
40 Mark mehr bezahlten, dann würden sie geliefert. Die Möbel waren
am anderen Tag da. Wir zahlten 40 Mark für die Möbel, für die
Kochherde und 70 Mark für die Miete. Alois brachte in der
Zwischenzahlung 280 Mark und in der Restzahlung 400 Mark nach
Hause. Wir konnten uns nicht viel leisten. Das Haus, in dem wir eine
Wohnung bezogen hatten, war ein Neubau. Ich half der Frau die Erde
für den Garten durch ein Gitter werfen, dafür bekamen wir ein Stück
Garten. Alois half noch den Speicherboden aufnageln.
Wir gingen mit den Kindern viel spazieren. Es ist ja eine schöne
Gegend dort. Wir gingen viel zum Güterbahnhof, da gefiel es den
Kindern sehr. Ich nahm mir immer ein Strickzeug mit.
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Ich hatte im nächsten Jahr so viele
schöne Salatköpfe. Ich gab einer
Nachbarin welche davon, daraufhin
wurde uns der Garten wieder
weggenommen. Wir bekamen dann
in
einer
neu
angelegten
Gartenanlage einen Garten. Er war
sehr weit von uns weg. Wir mussten
an einer viel befahrenen Strasse
immer vorbei und wir hatten ja
immer alle Kinder dabei. Dort war
ein schöner Spielplatz dabei, den die
Anlieger selbst machen mussten. Zu
Hause durften die Kinder nicht im
Hof spielen. Sie waren nur auf der
Das nette Gartenhäuschen mit den 4 Kindern davor
Strasse. Wir mussten viel arbeiten
bis der Garten hergerichtet war.
Alois baute ein nettes Gartenhäuschen. Wir hatten auch Obstbäume
und Beerensträucher und Gemüse hatten wir, was wir brauchten. Nur
¾ Jahr tat es gut mit dem Hausbesitzer, dann wurde er so gemein.
Wenn die Kinder ein bisschen laut waren, klopfte er mit dem Besen an
die Decke oder er kam zur Türe hoch. Er hätte uns 10 Jahre behalten
müssen, weil er dafür ein zinsfreies Darlehen bekam, da Alois
Heimatvertriebener war. Diese Leute machten uns das Leben so
schwer. 5 Jahre hielten wir das aus.
Ich hatte dann noch eine Fehlgeburt. Es wären wieder Zwillinge
gewesen. Ich war 4 Wochen im Krankenhaus, da die Kinder operativ
entfernt werden mussten. In dieser Zeit bekamen wir eine Pflegerin
von der Aluminium. Das Wohnen wurde nicht besser. Das Haus war
so hellhörig und sehr schlecht isoliert. Traudl war Bettnässerin bis die
Nasenpolypen entfernt waren, dann war es vorbei. Einmal kam sie
nicht mehr schnell genug raus, da ging ein Teil des Wassers auf den
Boden. Diese Flüssigkeit tropfte bei den Hausbesitzern durch die
Decke ins Schlafzimmer. Als sie mir das sagten, hätte ich sogar
hellauf lachen können.
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Baby Josef mit den stolzen Eltern 1961
Dann war ich mit dem Josef
schwanger. Ich hatte so viel geweint.
Es gab mir jemand den Rat, wir sollten
zum Direktor (Alu) gehen. Alois sagte,
er gehe nicht aber er besorgte mir
einen Termin. Ich war doch noch nie
in der Aluminium. Das Herz klopfte
mir bis zum Hals. Ich fragte mich
durch und stand vor der Tür und
klopfte. Er fragte mich väterlich, was
ich für ein Anliegen habe. Ich fing
gleich an zu weinen. Er bot mir einen
Stuhl an und ich erzählte meinen
Kummer. Dann sagte er: „Frau
Wagner,
sie
bekommen
eine
Wohnung“. Es war ein 4stöckiger
Wohnblock. Jeden Sonntag schauten
wir, wie weit sie waren. Ich glaube,
nach 8 Wochen konnten wir einziehen.
Es war ein schönes Stück zu laufen, so gute 20 Minuten. 35 Säcke
Holz fuhren wir mit dem Handwagen. Die Möbel fuhr uns ein
Eisenhändler für 50 Mark. Er musste 3 x fahren. Wir zogen am
15.5.1961 ein. Das Einräumen fiel mir schon sehr schwer, denn am
28.08.61 kam Josef zur Welt. Wir waren so froh, denn dort waren
lauter kinderreiche Familien eingezogen. 25 Kinder gab es im ganzen
Block. Es waren 8 Wohnungen in diesem Eingang.
Ich haben noch vergessen zu erzählen, dass ich Johann in der alten
Wohnung zum Frühkommunionunterricht gefahren habe. Er brachte
den Fuss ins Rad. Ich stürzte und brach mir den Fuss beim Knöchel.
Die Leute, die in der Nähe wohnten, brachten mich in ihr Haus. Es
war 15.30 Uhr und um 18.00 Uhr kam ich erst ins Krankenhaus, weil
die Sanitäter mich nicht fanden, da die Strasse umbenannt worden
war. 4 Wochen war ich im Krankenhaus. Eine Frau, die ich nicht
kannte, kam nachts, weil Alois Nachtschicht hatte. Die Kinder
mochten sie gern, weil sie immer etwas mitbrachte.
In diesen Werkswohnungen waren in den 6 Blöcken gut 120 Familien
untergebracht. Viele Kinderreiche aber nicht ein einziger Sandkasten.
In den Rasen durften die Kinder nicht. Die Leute über uns hatten auch
5 Kinder. Die kauften dann in Mühlhausen ein Haus und gaben uns
dann ihren Garten, der ganz in der Nähe war. Es war ein grosser
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Garten, der der Stadt gehörte. Er war sehr billig. Wir konnten unseren
alten Garten, der jetzt noch weiter weg für uns gewesen wäre,
aufgeben. Wir hatten auch in unserem neuen Garten wieder sehr viele
Johannisbeeren und Stachelbeeren, viele Rhabarberstöcke. Ich machte
sehr viel Saft daraus. Ich hatte immer 160 Gläser Obst und Gemüse
eingeweckt, ungefähr 100 Gläser Marmelade.
Alois bekam von der Stadt Singen einen Reisschlag, den machte Alois
mit den Kindern. Auch ich war einmal dabei, aber das war mir zu
schwer, es musste fast alles auf den Berg gezogen werden, wegen des
abfahrens. Ein Bauer aus der nächsten Ortschaft fuhr ihn uns dann
heim. Wir zahlten dafür 20 Mark. Wir wollten uns das Holz schneiden
lassen aber das kostete 40 Mark. So kauften wir uns eine gute Säge
und Johann und ich sägten das ganze Holz in 3 Tagen. Alois machte
es dann klein. Die Mädel mussten auf Josef aufpassen.
Alois wurde 1972 am Magen operiert. Ich ging 2 Jahre in einem
Lebensmittelgeschäft um die Ecke zum Putzen 85 qm um 2,50 DM,
dann 3 DM, die Stunde. Mir wurde das dann zu viel und ich hörte auf.
Dann ging ich in die Edeka Obstgrosshandlung 2 mal die Woche zum
Putzen für 5 DM und ich bekam immer eine Menge Obst und Gemüse
geschenkt.
Ich wurde dann am Unterleib operiert. 10 Monate später bekam ich so
starke Blutungen, dass ich am Pfingstmontag gegen Abend mit dem
Sanka ins Krankenhaus gefahren wurde. 8 Tage später bekam ich
dann die Totaloperation. Ich hörte dann das Putzen auf, weil es mir zu
schwer wurde. Später wurde Alois am Bruch operiert.
Als Josef 14 Tage alt war, hat Johann Maria den Fuss gestellt, sie fiel
hin und brach sich den Arm. Richard stürzte von der Teppichstange
und brach sich das Schlüsselbein. Traudl fiel von der Garage und blieb
im Haken der Wäscheleinen hängen und hatte ein Loch im Arm. Kurz
vor Weihnachten hatte Richard Blindarmentzündung und musste ins
Krankenhaus. Als er heim kam, musste Maria auch den Blindarm
herausnehmen lassen.
Richard ging gerne in Kiesgruben, da fand er alles Mögliche und kam
dann auch meistens mit Blessuren heim.
Einmal im Jahr durfte ich einen Tagesausflug mit dem Mütterverein
mitmachen, dessen Mitglied ich war. Alois nahm sich dafür immer
einen Tag Urlaub.
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Das war noch in der alten Wohnung. Am Heiligen Abend klingelte es,
als ich runterkam stand vor der Türe eine mit Kerzen beleuchtete
Puppenküche. Für jeden war ein Geschenk dabei. Das war mein
schönstes Weihnachten in meinem Leben Bis heute weiss ich nicht
von wem es kam.
1959 kam Johann in die Schule. Das Jahr drauf Richard und Traudl.
Dann kam Maria 1961 und Josef 1968. Johann ging nach der
Hauptschule auf die Wirtschaftsschule und dann aufs
Wirtschaftsgymnasium. Die Beiden blieben auf der Hauptschule.
Josef ging in die Realschule und Maria ging nach der Hauptschule
nach Radolfzell in eine Berufsfachschule um dort die mittlere Reife zu
machen, da sie Krankenschwester werden wollte. Sie lernte dann in
Ravensburg Kinderkrankenschwester. Josef wollte einen sozialen
Beruf erlernen in der Psychiatrie. Später lernte er dann
Krankenpfleger.
Johann ging nach Freiburg und studierte
Sozialpädagogik. Traudl lernte einen kaufmännischen Beruf und
Richard machte eine Lehre als Buchdrucker.
Am Wochenende brachten die Kinder, die auswärts wohnten immer
die Wäsche mit, so dass ich am Wochenende schauen musste, dass ich
alles trocken brachte.
Alois bekam jedes Jahr seine Nervenkrankheit (Depression), es war
sehr schlimm. Am 21.10.1975 hatten wir Silberhochzeit. Alois hatte
zu dieser Zeit wieder seine Krankheit und es ging ihm sehr schlecht.
Die Kinder waren alle da, ausser Maria. Mein Bruder mit Frau aus
Mühlhausen, Toni Kratkey sowie mein Bruder Hans aus Ostberlin, der
zum ersten Mal ausreisen durfte, waren da. Am Nachmittag fuhren wir
in die Stadt, um für meinen Bruder etwas zu kaufen. Als wir heim
kamen, war Alois dabei die Strasse zu kehren. Es dauerte 8-10
Wochen, bis er sich wieder in einem anderen Zustand befand. Am
liebsten ging er während dieser Zeit in den Garten, oft schon um 4.30
Uhr morgens.
Traudl ging dann in eine Wohnungsbaugesellschaft, ganz in der Nähe.
Johann lernte dann seine spätere Frau Erika kennen und ich musste
seine Wäsche nicht mehr waschen. Richard hatte auch eine Freundin,
die eine Waschmaschine hatte.
Alois und ich besuchten dann Johann in Freiburg. Wir kauften für
Alois einen Anzug, den er nur ein Mal trug. Dann fuhren wir nochmal
nach Altötting mit ihm. Im Juli, zwei Monate vor seinem Tod, fuhren
wir noch nach Weihmichl zu Maria. Wir haben dort noch alle
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Bekannten besucht, wie wenn es so hätte sein müssen. Maria heiratete
am 30.04.1976 Leonhard Eder. Alois freute sich so sehr, dass er
Trauzeuge machen durfte. Er war so gerührt während der Trauung,
was man selten bei ihm feststellen konnte. Maria hat dann in
Moosburg gearbeitet.
Im August fing Alois dann wieder zu kränkeln an. Er ging dann nicht
zur Arbeit, wie die Jahre zuvor. Am 15.8.1977 starb mein Schwager
Alois aus Niedermünchen, er war erst 58 Jahre alt und hatte sehr
schweres Asthma. Mit meinem Alois ging es auch immer schlechter,
er konnte nur noch Brei essen. Dann wurde er ins Krankenhaus
eingewiesen, da er immer schwächer wurde. Ich besuchte ihn jeden
Tag und ging den Gang auf und ab mit ihm. Er konnte kaum mehr
gehen. Ich ging dann noch zum Pfarrer und er bekam die
Sterbesakramente. Samstag und Sonntag besuchten wir ihn, aber er
wollte, dass wir gehen. Johann, Traudl und Richard waren auch dabei.
Er hatte Lungenentzündung. Er war schon so schwach, man verstand
ihn kaum noch. Von Sonntag auf Montag ist er gestorben, das Herz
hatte versagt. Mein Nachbar im 3. Stock klingelte und sagte, dass er
im Sterben sei. Ich rief im Krankenhaus an, die Schwester sagte, dass
er schon gestorben sei. Ein Nachbar fuhr Johann und mich hinaus. Es
ist ein schauriger Anblick, wenn man die letzten Habseligkeiten, wie
Zähne, Hemd und Schlafanzug in die Hände bekommt. Das war der
12. September 1977.
Rentnerdasein
Ich war so froh, dass Johann da war und alles regeln konnte, weil ich
mir das alles nicht hätte merken können. Von der Aluminium bekam
ich noch 3 Monatsgehälter, ebenso das Weihnachtsgeld. Ich bekam
578 DM Rente. Von der Krankenkasse bekam ich 1.695,50
Sterbegeld. Die Beerdigungskosten waren bei 3.961,56 DM, wovon
der Grabstein schon DM 700,00 kostete.
Es ist schon schwer, wenn man dann alleine ist.
Richard war dann auch wieder eine Zeit Zuhause. Er kaufte sich einen
grossen Hund, einen irischen Wolfshund. Er war so gross wie ein
Kalb. Er mietete sich einen Obstgarten und baute sich dort eine
Hundehütte hinein. Richard arbeitete zu dieser Zeit bei der Maggi. Als
er den Hund heimbrachte war ich schon im Bett. In der früh, als ich
die Türe öffnete, war ich so erschrocken, denn so einen grossen Hund
hatte ich noch nie gesehen. Jetzt kommt das Beste. Ich sollte den
Hund in den Garten zurückbringen, weil Richard zur Arbeit musste.
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Der Weg war eine gute halbe Sunde von meiner Wohnung entfernt.
Ich ging also mit dem Hund an einem Fluss entlang (Arche) und
musste dann unter einer Bahnunterführung mit dem Hund durch. Zu
meinem Leidwesen kam gerade in diesem Moment ein Zug, der einen
solchen Krach machte, da ging glatt der Hund mit mir durch. Ich kann
niemandem sagen, wie der sprang und rannte. Ich konnte kaum mehr
laufen. Ich hatte Angst, wenn ich ihn los lassen würde er in ein Auto
laufen. Wir liefen ungefähr einen Kilometer, bis er sich beruhigte.
Richard kaufte sich dann noch einen gleichen Hund dazu.
Ich hatte meinen Garten noch, gab jedoch die Hälfte davon meinen
Nachbarn. Traudl kam fast jeden Tag vorbei.
Einmal im Jahr fuhr ich nach Weihmichl und Furth sowie
Niedermünchen. In Singen ging ich oft zum Friedhof.
Johann und Erika wohnten in Freiburg in einer Wohngemeinschaft,
einige Jahre. Ich besuchte sie jedes Jahr und wir machten Ausflüge
mit dem Auto. Ich bin mit den beiden viel herumgekommen, das war
meine schönste Zeit. Erika hatte ein Reitpferd, damals war es in der
Nähe der Wohnung bei einem Bauern untergebracht. Später kam es
weiter weg
3 Jahre nach dem Tod von Alois zog ich von der
Erdgeschosswohnung in den 4. Stock. Ich brauchte ja keine grosse
Wohnung mehr. Es zogen Italiener dort ein, mit denen kam ich sehr
gut aus, ebenso mit allen anderen Mietern.
Richard gab seine Hunde wieder her, denn er zog dann weiter weg.
Johann und Erika waren nach dem Studium Sozialarbeiter.
1980 wurde ich an der Gallenblase operiert, denn ich hatte einen
grossen Gallenstein. Es ist alles gut gegangen. Alle 8 Wochen mussten
wir den Speicher kehren und putzen sowie den Hof kehren, der sehr
gross war. Wir hatten grosse Pappeln im Rasen, da mussten wir das
Laub zusammen rächen und in Säcke füllen. Eine Nachbarin,
ebenfalls Witwe, half mir dabei und ich dann wiederum ihr.
Die Schwiegereltern meines Bruders Georg in Mühlhausen, hatten ein
Schuhgeschäft, da kaufte ich all die Jahre unsere Schuhe, da ich sie so
zahlen durfte, wie ich konnte.
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Einmal waren die Freiburger da, da fuhren wir zum Friedhof, Traudl
war auch dabei. Hernach fuhren wir auf den Hohentwiel, da ist es sehr
schön, besonders die Aussicht.
Traudl wollte dann nicht mehr in Singen bleiben, sie wollte nach
München. Huber’s Luzia war auch schon dort. Sie suchten sich
gemeinsam eine Wohnung. Traudl ging in das Büro einer grossen
Supermarktkette in München. Richard war zu dieser Zeit in Ulm, dann
Beimerstetten, Heidelberg und nach Boppart in ein Behindertenheim.
Dort lernte Richard seine neue Freundin Christa kennen, die auch dort
arbeitete. Sie hatten zusammen das Haus gekauft, in dem Richard
zuvor wohnte. Er hat dort sehr viel hineingerichtet und renoviert. Zu
dieser Zeit besass Richard 3 Hunde. Josef war in der Haslachmühle in
Ravensburg um dort seine Ausbildung als Krankenpfleger zu machen
(3.9.79 – 31.9.81). Singen- 1.10.81 – 31.2.82 und Mariaberg 1.9.9.82
- 30.5.84. In Nürtingen bis Mai 86. Ravensburg und Weingarten bis
Juli 86-Juli 92 und ist seit 1993 in Radolfzell in einem Altenheim.
Traudl wohnte ein Jahr mit ihrem Mann Konstantin Milenkovic in
Penzberg und ist dann wieder nach München gezogen. Leonhard und
Maria zogen im November ins neue Haus. Julia kam am 28.02.82 zur
Welt. Ich zog am 9.5.92 nach Furth. Ich passte auf Julia auf, weil
Maria Nachtwache in einem Krankenhaus machte. Auch pflegte ich
Marias Garten.
Dann wurde ich am
Bauchdeckenbruch
operiert. Am 18.8.85
hatten Johann und Erika
Hochzeit, es war sehr
schön und lustig. Julia
hatte
auch
fest
mitgefeiert,
sie
war
derzeit 3 ½ Jahre alt.
Konstantin und Traudl
hatten
am
22.8.86
Hochzeit.
Klara betreut Julia und spielt mir ihr
24
Wir haben in einer Wirtschaft am Starnberger See gefeiert.
Traudl und Konstantin’s Hochzeit am 22.08.1986 im Midgardhaus in Tutzing/Starnberger See
Zu Johann und Erika fuhr ich jedes Jahr. Mit ihnen kam ich viel
herum. Bei meinem Vermieter musste ich ausziehen. Johann und
Erika liehen mir das Geld und wir bauten bei Leonhard und Maria den
Speicher aus. Ich habe jetzt eine schöne Wohnung .
Vom Pfingstsonntag 22.5.94 bis 29.5.94 war ich bei Josef und
Franziska zu Besuch. Mein kleiner Enkel Jurek ist jetzt fast 9 Monate
alt. Er ist so ein drolliger Kerl und sehr brav. Gestern am 30.5. bin ich
mit ihnen nach Freiburg gefahren und sie fuhren für 2 Wochen nach
Frankreich in Urlaub. Ich bin zwischenzeitlich bei Erika, denn Johann
kommt erst am Wochenende. Er macht eine Lehrerausbildung. Ich
fahre am Wochenende wieder nach Hause. Gesundheitlich geht es mir
nicht besonders gut. Ich kann nicht mehr so richtig laufen, weil mir
die Füsse so schmerzen und und mir oft schwindlig ist. Ich leide auch
sehr unter Kopfschmerzen. Auch habe ich schon 17 Jahre Durchfall.
Es ist kalt, schade, dass wir alle so weit auseinander sind und uns so
wenig treffen können. Hier in Freiburg ist es sehr schön, ebenso in
Markelfingen. Zum Bodensee sind es nur 5 Minuten. Mit Franziska
und Jurek waren wir zwei Mal am See. Leider hat es in dieser Woche
sehr viel geregnet.
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Da Traudl einen guten Fotografen geheiratet hatte, konnten zu meinen
runden Geburtstagen immer vortreffliche Gruppenfotos gemacht
werden, wie hier bei meinem 65. Geburtstag, den wir im Haus von
Maria und Leonhard in Furth feierten.
Meinen 70. Geburtstag habe ich dann wiederum im größeren Kreise
der Familie Furth gefeiert:
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Hier das Gruppenfoto von meinem 75. Geburtstag.
Wie man sieht kommen immer mehr Familienangehörige zusammen
und die Enkel sind auch schon gut vertreten. Den 80. habe ich dann
schon nicht mehr in Furth gefeiert, sondern in Landshut, weil
Leonhard der Maria abgehauen ist.
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Meinen 85. Geburtstag habe ich dann wieder im Kreise meiner
grossen Familie bei Waltraud und Konstantin in Mering gefeiert. Es
war wohl eine meiner schönsten Geburtstagsfeiern. Konstantin hatte
so eine neue Kamer, bei der man im Rückteil gleich die fertigen
Bilder sieht. Dann hat er sie noch ausgedruckt und sie allen
mitgegeben. Auch in die Zeitung bin ich gekommen
Und damit will schliessen. Ich bin müde und weiss nicht mehr wie
lange ich noch leben werde.
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