Vortrag zur Kategorie Best Practice-Projekte: Schnittstellenübergreifendes Medikamentenmanagement in der Sozialwirtschaft Thomas Kirpal, CGM Systema GmbH, Oberessendorf Kontakt: [email protected] Hintergrund und Motivation Die Arzneimittelversorgung von Bewohnern stationärer Einrichtungen ist ein hochkomplexer Prozess, der von Pflegeexperten nicht zu Unrecht als Hochrisikoprozess eingestuft wird (Huhn, 2011). Die Abläufe und Vorgehensweisen werden maßgeblich durch drei Akteure bestimmt, das sind Apotheken, Arztpraxen und Einrichtungen des stationären Wohnens. Allerdings ist das intersektorale Medikamentenmanagement bei tiefergehender Betrachtung gekennzeichnet von Medienbrüchen, zeitaufwändigen Kommunikationswegen und fehleranfälliger Mehrfachdokumentation (Kirpal und Blocher, 2014). Beispielsweise führen sowohl Apotheken, als auch Arztpraxen und natürlich das stationäre Wohnen jeweils einen eigenen Medikationsplan für ein und denselben Patienten/Bewohner. Bei genauerer Betrachtung kann man feststellen, dass die drei Pläne häufig nicht übereinstimmen. Veränderungen in Verordnung und Dosierung werden handschriftlich per Fax oder telefonisch übermittelt. Die Konsequenz dieser Vorgehensweisen führt zu erhöhter Fehleranfälligkeit in der Medikamentenversorgung und damit zu gravierenden Risiken für die Patienten/Bewohner. Darüber hinaus verursacht der damit verbundene Zeitaufwand erhebliche aber vermeidbare Kosten bei allen beteiligten Akteuren. Beschreibung des Projekts Eine grundlegende Verbesserung dieser Situation lässt sich durch schnittstellenübergreifende Anstrengungen erreichen, die darauf abzielen, eine einheitliche Kommunikationsplattform zu installieren und zu betreiben. Diese Plattform sollte von allen Akteuren gemeinsam, zeit- und ortsunabhängig genutzt werden können. Darüber hinaus muss diese Plattform geeignet sein, die vielen Medienbrüche in der intersektoralen Kommunikation zu vermeiden, und möglichst integriert in die schon eingesetzten EDV-Systeme zu funktionieren. Das Projekt „Sektorenübergreifende Vernetzung im Medikationsmanagement über MediPlanOnline“, das in das Bayerische Förderprogramm „Leitprojekte Medizintechnik“ (www.itzb.de) aufgenommen wurde, ist ein webbasierter intersektoraler Medikationsmanager, der diese Anforderungen erfüllt. Alternative Projekte dieser Art, wie zum Beispiel die eGK (elektronische Gesundheitskarte) in Deutschland oder ELGA/e-Medikation in Österreich legen das Hauptaugenmerk lediglich auf die Verfügbarkeit des Medikationsplanes, weniger auf das gemeinsame Arbeiten an ein und demselben Medikationsplan, die spezifischen Anforderungen im stationären Wohnen werden kaum berücksichtigt. MediPlanOnline ist die derzeit einzige Lösung am Markt, die nicht nur alle beteiligten Akteure konsequent einbezieht sondern darüber hinaus die schnittstellenübergreifende Zusammenarbeit optimiert. Dazu stellt das Programm für jeden Patienten/Bewohner einen Medikationsplan bereit, auf den alle beteiligten Akteure gemeinsam zugreifen und arbeiten – zeit- und ortsunabhängig. Ein ausgefeiltes Rechte-und Rollenkonzept stellt sicher, dass jeder Nutzer genau das sieht und eintragen darf, was seinem spezifischen Aufgabenbereich entspricht. Zeitraubende und fehleranfällige Medienbrüche entfallen. In Bezug auf die Entwicklung von Schnittstellen in Programme zur Bewohnerdokumentation wird das Projekt vom Forschungsinstitut IDC an der Wilhelm Löhe Hochschule für angewandte Wissenschaften in Fürth begleitet und evaluiert. Erste Ergebnisse zu den Akzeptanzanalysen sind nicht vor Juli 2015 zu erwarten. Erfolgsfaktoren Die Erfolgsaussicht des Medikationsmanagers MediPlanOnline am Markt steht und fällt mit der Bereitschaft der drei genannten Akteure, sich auf eine gemeinsame Kommunikationsplattform einzulassen und anschließend konsequent den Medikationsplan ihrer Patienten/Bewohner mittels einer webbasierten Lösung zu führen. Resultierend aus vielen Gesprächen mit Betreuungs- und Pflegefachkräften vor Ort, eigenen Organisationsanalysen und Beratungsdienstleistungen lässt sich feststellen, dass vor allem stationäre Einrichtungen und Apotheken derzeit intensiv nach einer Optimierung der Versorgungsprozesse suchen. Dagegen fällt es heimversorgenden Arztpraxen noch sehr schwer, sich auf eine webbasierte Lösung einzulassen. Allerdings wird sich mittel- und längerfristig auch die Ärzteschaft einer solchen Lösung nicht verschließen können, da auch Verbände und Politik dazu drängen, gemeinsame Kommunikationsplattformen zu entwickeln und zu betreiben, wie es z. B. in der Vereinbarung nach § 119b Abs. 2 SGB V beschlossen wurde. Ausblick MediPlanOnline wird sukzessive, basierend auf Erfahrungen aus der Praxis, weiter entwickelt. Es existieren bereits Schnittstellen zu den am meisten verbreiteten Apothekensystemen. Ebenso liegen die ersten Schnittstellen zu Betreuungs- und Pflegedokumentationen vor, weitere folgen in Kürze. Gleichzeitig nimmt die Zahl an Installationen stetig zu. Insgesamt ist die Resonanz auf MediPlanOnline sowohl bei Apotheken als auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im stationären Wohnen äußerst positiv, auch ohne die Mitwirkung der Ärzte (Kirpal und Blocher, 2014). Die eher reservierte und abwartende Haltung der Arztpraxen hemmt zurzeit noch eine raschere Verbreitung des intersektoralen Medikationsmanagers. Allerdings nehmen sich in letzter Zeit immer mehr Ärztenetzwerke, vor allem aus ländlich geprägten Regionen, dieser Thematik an und suchen ebenfalls nach Lösungen für eine Kommunikationsplattform. Erfreulicherweise ist das Interesse an einer solchen Lösung vor allem bei Einrichtungen des stationären Wohnens und bei den beliefernden Apotheken sehr groß und nimmt weiter zu. Literatur Huhn S. (2011). Praxisheft Medikamentenmanagement in der stationären Altenhilfe: Pflegerische, organisatorische und rechtliche Grundlagen. DBfK Nordost e.V., Februar 2011 Kirpal T., Blocher T. (2014). Vernetzt denken – vernetzt handeln. VincentzNetwork GmbH & CO KG, Altenheim 6,2014