Land zum Leben – Grund zur Hoffnung

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Pfalzweite Eröffnung der 55. Aktion Brot für die Welt am 1. Advent in der Marktkirche
in Bad Bergzabern mit einem für das Dekanat zentralen Gottesdienst um 10.30 Uhr.
Motto auch in diesem Jahr:
„Land zum Leben – Grund zur Hoffnung“
Das Motto verweist mit seinem ersten Teil auf den zunehmenden Landraub / Landgrabbing.
(Große Konzerne und Staaten kaufen oder pachten riesige Landflächen (zwischen 2000 und 2013 über 50
Millionen Hektar weltweit), produzieren unter hohem Düngemittel-, Wasser-, u. Pestizid-Einsatz für den Export.
Es entstehen meist Soja-, Mais-,Palmöl-, Zuckerrohr-,Baumwoll-, Kaffee-Monokulturen. Kleinbauern verlieren
ihr Land, werden oft vertrieben. Nur wenige werden als Arbeiter gebraucht. Die Folge ist verstärkte Landflucht).
Dieser zweite Teil des Mottos: -„…Grund zur Hoffnung“ soll in diesem
Jahr im Vordergrund stehen.
Für Kleinbauern bedeutet ein Stück Land (zum Leben) Grund zur Hoffnung.
Jede Nacht geht eine Milliarde Menschen (je nach Berechnungsmethode 842 Millionen)
hungrig zu Bett. 12 Prozent der Weltbevölkerung hungern und allein 2,5 Millionen Kinder
sterben jedes Jahr an den Folgen von Mangelernährung.
Es gibt nicht zu wenig Nahrung auf der Welt, sondern zu viel Ungerechtigkeit.
Wer sind die Hungernden?
80 Prozent der extrem Armen, die weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag zur Verfügung haben,
leben in ländlichen Gebieten. Dort, wo Lebensmittel angebaut werden können. 70 Prozent
der Hungernden sind Frauen und Mädchen.
Gibt es Hoffnung für sie?
Ja. Es ist genug für alle da. Nach Berechnungen der UN reicht die weltweit vorhandene
landwirtschaftliche Fläche aus, um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren. Die Fläche
muss allerdings in erster Linie für den Anbau von Grundnahrungsmitteln genutzt werden. So
diente 2012 nur knapp die Hälfte der weltweiten Getreideernte, nur 47 Prozent der
menschlichen Ernährung. Der Rest war Tierfutter (34%), Sprit/Bioethanol (6%), industrieller
Rohstoff und Abfall (13%). Das Land muss gerechter verteilt und klein-bäuerliche,
nachhaltige Landwirtschaft muss gestärkt werden.
Weltagrarbericht bestätigt
Das bestätigt nun auch der neue Weltagrarbericht (von der Weltbank und der Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen ins Leben gerufen): Kleinbäuerliche Strukturen vor allem in Asien, Afrika und Lateinamerika - sind die wichtigsten Garanten und die größte
Hoffnung einer sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltigen Lebensmittelversorgung
der wachsenden Weltbevölkerung. 85% der weltweit 525 Millionen Bauernhöfe haben
weniger als zwei Hektar Anbaufläche. Sie produzieren dennoch den größten Teil aller
Lebensmittel und bewirtschaften etwa 60% der weltweiten Anbaufläche. Und das häufig auf
schlechteren und weniger gut bewässerten Böden. Landwirtschaftliche Kleinbetriebe kommen
mit Dürre besser zurecht als die großindustrielle Landwirtschaft. Dies ergab eine in Uganda
durchgeführte Studie. Kleinbäuerliche Initiativen zum Schutz der Landschaft und ein
reduzierter Pestizid-Einsatz führten zu einer Verringerung der Kosten und des Wasserverbrauchs. Ernteerträge und die Bodenqualität verbesserten sich.
Grund zur Hoffnung: Erfolge in 11 Ländern Lateinamerikas
Was der neue Weltagrarbericht jetzt fordert, haben Projektpartner von „Brot für die Welt” seit
1990 in 11 Ländern Lateinamerikas schon umgesetzt. Ihr Programm bietet der ländlichen
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Bevölkerung langfristig eine Perspektive. Die Erfolge sind beeindruckend. Zum Programm
gehören biologische Anbautechniken, wie das Anlegen von Mischkulturen oder der Wechsel
der Fruchtfolgen. Verwendet wird lokales Saatgut, das an die jeweiligen Standortbedingungen optimal angepasst ist. Auf natürliche Schädlingskontrolle und die organische
Düngung wird großen Wert gelegt. Im ländlichen Entwicklungsprogramm sind jedoch
methodische Konzepte und soziale Aspekte ebenso wichtig: In Dorfversammlungen geben
Kleinbauern ihr erworbenes Wissen andere weiter. Frauen werden ebenso wie Männer an
Entscheidungen beteiligt. Sie erhalten Zugang zu Ressourcen, sowohl im Haushalt als auch in
der Dorfgemeinschaft. Gemeinsam arbeiten sie in diesem Programm daran, dass nachhaltige
Produktion auf lokalen Märkte Einkommen sichert.
Mit kleinbäuerlicher, ökologisch nachhaltiger Landwirtschaft ist Grund zur Hoffnung für die
heute noch Hungernden gegeben.
Land zum Leben - Grund zur Hoffnung
„Kernbotschaften“ :
o Wer über ausreichend fruchtbares Land verfügt, kann sich und seine Familie ernähren.
o Wer auf seinem Land unterschiedliche Nahrungsmittel für den Eigenbedarf anbaut,
hat auch in Notsituationen genug zu essen. Monokulturen machen u.a. äußerst abhängig von
Preis- und Nachfrageschwankungen
o Wer nachhaltige Landwirtschaft betreibt, erzielt dauerhaft gute Ernten und hilft, die
Schöpfung zu bewahren. Der Anbau in Monokulturen und die übermäßige Verwendung von
Mineraldüngern und Pestiziden laugen die Böden aus und führen oft zur Verschuldung der Kleinbauernfamilien. So wird Hunger vererbt. „Brot für die Welt“ fördert nachhaltige Anbaumethoden und regionale
Wirtschaftskreisläufe. Damit Menschen auch in Zukunft Lebensgrundlagen und Perspektiven haben.
o Wer an Jesus Christus glaubt, setzt sich dafür ein, dass alle Menschen Zugang zu Gottes
guten Gaben haben. Die ungleiche Verteilung von Land und die Inkaufnahme der Konsequenzen daraus
sind Unrecht. Als Christinnen und Christen glauben wir, dass Gottes Schöpfung für alle Menschen
gleichermaßen Gutes zum Leben hervorbringt. Deshalb setzen wir uns gemeinsam mit unseren Partnern für
mehr Gerechtigkeit auf dieser Welt ein.
Pfälzer Projekte
1. Projekt: Ernährungssicherung und ländliche Entwicklung nach dem
Bürgerkrieg in Angola
Landesinformation
Angola ist 4 Mal so groß wie Deutschland, hat aber nur ein Viertel (19,6 Mio) der
Einwohnerzahl Deutschlands. Die Lebenserwartung liegt zwischen 54 u. 56 Jahren. Die
Kindersterblichkeit liegt bei 8% . Fast 42% der Frauen sind Analphabeten (Männer 17,3%).
Religion: Ca. 50% Katholisch; 25% Evang. Kirchen u. Freikirchen.
Von 1575 bis 1975 war Angola portugiesische Kolonie. Nach der Unabhängigkeitserklärung
brach ein blutiger Bürgerkrieg aus, der bis 2002 andauerte und rund 500.000 Menschen das
Leben kostete. Schätzungsweise 2,5 Millionen Menschen wurden vertrieben. Die Landwirtschaft wurde stark beeinträchtigt, die Bevölkerung in den Kriegsgebieten hungerte. Die
Folgen des Bürgerkriegs sind noch lange nicht überwunden.
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Brot für die Welt hilft Angolanern zurück in ein normales Leben.
Der Blick geht nach vorn.
Arbeit der Partner-Organisation ACM-KS:
Sie ist eine christliche Jugendorganisation (Associação Cristã da Mocidade Regional do
Kwanza Sul), der angolanische Ableger des CVJM.
Ernesto Cassinda, 39, arbeitete bereits als Jugendlicher ehrenamtlich für ACM-KS.
Inzwischen ist der studierte Entwicklungsexperte Direktor der Organisation. Er erklärt:
1. Nothilfe mit Lebensmittel, Saatgut u. landwirtschaftlichem Gerät
Fast dreißig Jahre Bürgerkrieg machten ein normales Leben in Angola unmöglich. Die Dörfer
waren verlassen, die Menschen waren in die Berge geflohen oder lebten in der Kreisstadt
Waku Kungo. Langsam kehrten immer mehr zurück. Aber es gab keine Schulen oder
Gesundheitsstationen und die Felder waren zum Teil vermint. Zuerst verteilten wir im
Rahmen der Nothilfe Lebensmittel, dann halfen wir mit Saatgut und land-wirtschaftlichem
Gerät, die Menschen hatten ja nicht einmal Hacken für die Feldarbeit. Diese Nothilfe leisteten
wir in 40 Dörfern in der Gemeinde Pambangala. Heute gibt es keine Mangelernährung mehr
unter den Kindern dieser Dörfer. Die Menschen essen zwei bis drei Mahlzeiten am Tag und
haben etwas zum Anziehen. Alle arbeiten auf ihren Feldern. Es gibt wieder Tiere in den
Dörfern.
2. landwirtschaftliche Ausbildung und Gesundheitsprogramm
Die Unwissenheit in den Dörfern ist nach wie vor groß. Wir zeigen den Menschen, wie sie
nicht nur Mais und Maniok, sondern auch verschiedene Gemüsesorten anbauen können. Und
wir helfen ihnen zum Beispiel, Ochsengespanne anzuschaffen, mit denen sie größere Flächen
pflügen können. Die Farmer brauchen Zugang zu Märkten für ihre Produkte. Dann können sie
Geräte, Fahrzeuge oder Generatoren kaufen. Außerdem zeigen wir den Familien, wie sie an
sauberes Wasser kommen, ihre Landwirtschaft diversifizieren und sich vielfältig ernähren
können. Krankheiten wie Diarrhöe und Malaria müssen weiter zurückgedrängt werden,
Schwangere brauchen Beratung und eine zuverlässige Vorsorge. Die Menschen haben das
Recht, nicht nur von einem besseren Leben zu träumen, sondern es schrittweise auch zu
erreichen. Nur dann bleiben sie in den Dörfern.
3. Bildung und Gesundheitsvorsorge
Durch den sehr langen Bürgerkrieg hat die aktuelle Generation der Erwachsenen einen
Großteil ihres Lebens auf der Flucht oder zumindest im Ausnahmezustand verbracht. Diese
Menschen sind kaum zur Schule gegangen, konnten von ihren Eltern nichts über
Landwirtschaft lernen, über Kochen, Hausbau, Hygiene oder Gesundheitsvorsorge. Das
hemmt bis heute die nachhaltige Entwicklung in den Dörfern. Viele Dörfer haben über lange
Jahre Lebensmittelhilfe erhalten. Die Menschen haben verlernt, für sich selbst zu sorgen. Wir
aber wollen keine Geschenke bringen, sondern anstoßen, dass sie selbst für ihre Ernährung,
die Hygiene und Gesundheit sowie ihr Einkommen sorgen können.
ACM-KS veranstaltet Kurse zur Gesundheitsvorsorge, Hygiene und gesunder Ernährung. Die
Menschen in den Dörfern lernen Moskitonetze zu benutzen, Latrinen zu bauen oder kein
ungekochtes Wasser zu trinken.
Auch die Prävention von HIV steht auf der Agenda. Zudem bildet die Partnerorganisation von
Brot für die Welt Dorf-Hebammen aus. Vor allem aber hilft die ACM-KS den Menschen, sich
von ihren Feldern zu ernähren und ihre Landwirtschaft so auszubauen, dass sie ihnen eine
Perspektive für die Zukunft bietet
4. Advocacy-Arbeit u. Empowerment
Angolas Wirtschaft ist in den Jahren seit dem Frieden dank seines Ölreichtums sehr stark
gewachsen. Warum kümmert sich die Regierung nicht um die Menschen auf dem Land? Das
Problem ist die schlechte Regierungsführung. Unser Land ist reich. Es wäre zum Beispiel
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möglich, in jedem Dorf eine Schule zu bauen und auszustatten oder eine ausreichende Zahl
von Gesundheitsposten. Die Regierung treibt jedoch nur die großen Projekte voran, wie den
Bau von Straßen, Staudämmen oder die industrielle Landwirtschaft. Die Menschen in den
Dörfern hat sie nicht im Blick. Trotzdem kooperieren wir mit den staatlichen Stellen und
setzen auf Dialog statt auf Konfrontation.
Es gibt in Angola keinen Privatbesitz auf Land, alles gehört dem Staat. Trotzdem haben die
Bauerfamilien Rechte an den Äckern, die sie zum Teil seit Generationen bebauen. Wir setzen
uns dafür ein, dass sie auch endlich Pachtverträge bekommen. Das haben die Regierungsstellen zwar schon mehrfach versprochen – passiert ist aber bislang nichts. Auch klären wir
die Bauern über ihre Rechte auf. Die Menschen müssen aber generell erst lernen, ihre Rechte
zu verteidigen und einzufordern. Nach einem halben Jahrtausend Sklaverei, mehreren
Jahrhunderten Kolonialherrschaft und fast dreißig Jahren Bürgerkrieg sind sie dazu häufig
nicht in der Lage.
Beispiel 1)
"Das wird unser Saatgut für das nächste Jahr", sagt Julia José und zeigt auf einen Haufen
getrockneter Bohnen. Den größten Teil der Bohnenernte haben die 28-jährige Bäuerin und ihr Mann
verkauft. Seit Kurzem erwirtschaften sie mit ihrem kleinen Feld am Dorfrand von Cassombo im
Zentrum Angolas Überschüsse. Davon können sie Speiseöl, Reis und Nudeln oder auch mal ein Huhn
kaufen.
Genug zu essen zu haben...das ist für die junge Frau alles andere als selbstverständlich.
Fast dreißig Jahre Bürgerkrieg machten ein normales Leben in Angola unmöglich. Der Krieg brach
aus, kurz bevor die Portugiesen Angola 1975 in die Unabhängigkeit entließen. Erst 2002 schlossen die
beiden Kriegsparteien, die ursprünglich marxistische MPLA und die vom Westen unterstütze UNITA,
einen dauerhaften Frieden. Das Dorf Cassombo lag mitten im Rückzugsgebiet der UNITA. Bis zum
Schluss wurde hier gekämpft. Noch heute zeugen zerstörte Gebäude und Panzerwracks am
Straßenrand davon.
Julia José war noch nicht einmal geboren, als der Krieg ausbrach. Kindheit und Jugend konnte sie
nicht im Dorf ihrer Eltern verbringen. Die Eltern schickten sie zu Verwandten in die Nachbarprovinz.
Oder die Familie wohnte in einer Notunterkunft in der Kreisstadt. „Durch die Kriegsjahre war unsere
Familie zerrissen, wir lebten auf der Flucht und im ständigen Ausnahmezustand“, erklärt sie. Ist sie
zur Schule gegangen? „Nicht lange.“ Verlegen blickt Julia José auf den Boden.
Groß war die Hoffnung, als die Familie nach dem Frieden von 2002 endlich wieder in ihr Dorf
zurückkehren konnte. Das eigene Land bebauen. Von der eigenen Hände Arbeit leben. Aber die
Lehmhütten waren zerstört, und die Felder lagen brach. Das Dorf war menschenleer. Soldaten hatten
fast alles Brauchbare mitgenommen. Flüchtlinge hatten die Mango- und Avocadobäume abgeerntet.
Das erste Kind Julia Josés war bereits auf der Welt, das zweite unterwegs. Zwar waren die
Lehmhütten schnell repariert. Aber wie sollten sie und ihr Mann die Felder bebauen, ohne Saatgut,
land-wirtschaftliches Gerät und Know-how? „Es war wirklich schwer damals“, sagt Julia José.
Die heute von Brot für die Welt geförderte christliche Jugendorganisation ACM-KS (Associação
Cristã da Mocidade Regional do Kwanza Sul), der angolanische Ableger des CVJM, verteilte zu
dieser Zeit mit Unterstützung der Diakonie Katastrophenhilfe in Cassombo Lebensmittel, später
Saatgut und Hacken. Vor ein paar Jahren initiierte die Organisation dann eine genossenschaftlich
organisierte Saatgutbank. Dort erhalten die Kleinbauernfamilien Samen für die Aussaat. Nach der
Ernte müssen sie die doppelte Menge zu-rückgeben. Seit neuestem besorgt sich Julia José dort auch
die Samen verschiedener Gemüsesorten. Seitdem kocht sie neben dem traditionellen Funje, einem Brei
aus Mais oder Maniok, auch Kartoffeln, Kohl oder Karotten vom eigenen Feld. Wie sie das Gemüse
am besten anbaut und zubereitet, hat Julia José in einem Kurs von ACM-KS gelernt. Alle in der
Familie sind nun seltener krank.
Beispiel 2)
„Wir versuchen, nach vorne zu schauen.“ Wie fast alle Männer des Landes musste auch
Dorfvorsteher Enriques Maliamba im Krieg kämpfen, zeitweilig für die UNITA, überwiegend für die
MPLA. Im Dorf gibt es ehemalige Kämpfer von beiden Seiten. Meist mussten die Männer für die
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kämpfen, die gerade die Region kontrollierten. Nachdem der 55-Jährige aus gesundheitlichen
Gründen aus der Armee entlassen worden war, versuchte er Mitte der Neunziger Jahre nach
Cassombo zurückzukehren, musste aber immer wieder vor dem Krieg in die umliegenden Berge und
Wälder flüchten. „Tagelang haben wir wie die Tiere gelebt.“ Erst im Frieden schaffte es Enriques
Maliamba, seine Felder wieder dauerhaft zu bewirtschaften. Mit seinen rund drei Hektar Ackerfläche
bebaut der Dorfvorsteher nicht mehr Land als die meisten der 500 Einwohnerinnen und Einwohner.
Auch seine Hütte aus roten Lehmziegeln hebt sich nicht ab. „Wie viele in meinem Alter besuche ich
außerdem den Alphabetisierungskurs in der Kirche.“
Dank der Hilfe von ACM ist er heute wieder in der Lage, seine zehnköpfige Familie zu ernähren. Vom
Verkauf seiner Bohnen konnte er sich sogar ein neues Dach für seine Hütte kaufen. Gemeinsam mit
einigen Nachbarn will er nun einen Kredit aufnehmen und ein Ochsengespann anschaffen. Das würde
das Pflügen erleichtern, und sie könnten noch größere Flächen bebauen. Und das soll erst der Anfang
sein. Mit anderen hat der Dorfvorsteher deshalb ein Komitee gegründet. Es besteht zurzeit aus 13
Frauen und Männern. „Wir wollen die Leute weiter mobilisieren.“ Das Projekt schützt die Menschen
in Cassombo also nicht nur vor Hunger. Es gibt ihnen auch Mut und Zuversicht.
Kostenbeispiele
25 Maniok-Stecklinge € 13
Halbtägiges landwirtschaftliches Training je Dorf € 60
Zwei Ochsen mit Pflug € 1.300
------------------------------Das zweite Projekt wurde gewählt, weil es mit Angola und Äthiopien (Bewässerungsprojekt)
zwei Projekte zur ländlichen Entwicklung in Afrika gab. Deshalb wurde ein Kinderprojekt in
Asien gewählt.
2. Bekämpfung der Kinderarbeit in Bangladesh: „Schreiben statt
schrubben“
Landesinformation:
Bangladesh ist knapp halb so groß wie Deutschland, hat aber fast doppelt so viele Einwohner.
47,8 % der Frauen und 38,7% der Männer sind Analphabeten. Die Kindersterblichkeit liegt
bei 4,7%; die Lebenserwartung bei ca. 70 Jahren.
Schreiben statt schrubben - Wie Slumkinder Bildungs- und Zukunftschancen erhalten
Und: Ein sicherer Ort für Straßenkinder. Wie Kinder ohne Zuhause bei ASD Zuflucht
finden
In Dhaka leben rund vier Millionen Menschen in Slums. Jedes Jahr kommen 300.000 bis
400.000 Migranten hinzu, weil das Leben auf dem Land noch schlechter ist. Sie sind in der
Regel ungebildet, nur wenige können lesen und schreiben. Fast alle Frauen arbeiten als
Haushaltshilfen, die Männer fahren Rikscha, aber ihre Löhne reichen nicht. Außerdem gibt es
viele alleinerziehende Mütter. Diese Menschen sind auf das Geld ihrer Kinder angewiesen.
Für sie ist es normal, die Kinder wegzuschicken. Die Arbeit in Haushalten ist naheliegend,
denn der Bedarf ist groß. Am besten schläft das Kind noch bei seinem Arbeitgeber, dann
haben sie eine Sorge weniger. Haushaltshilfen – leider auch Kinder – gehören zur
traditionellen Kultur unseres Landes. Praktisch jede Mittelklassefamilie beschäftigt jemanden
bei sich zu Hause. Fast niemand macht sich Gedanken darüber, ob es in Ordnung ist, ein Kind
zu beschäftigen. Rund 300.000 Kinder schuften allein in der Hauptstadt Dhaka in Privathaushalten, die Mehrzahl von ihnen sind Mädchen. Sexueller Missbrauch und Gewalt sind
keine Seltenheit, viele Haushaltshilfen werden wie Sklaven gehalten.
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Rund 700.000 Kinder leben in Bangladesch auf der Straße. Allein in der Hauptstadt Dhaka
sind es 250.000.
Die Arbeit von ASD (ASD bedeutet übersetzt „Assistance for Slumdwellers“. Die dargestellten Happy
Homes sind nur ein Teil der Arbeit von ASD, die sich, wie es ihr Name verspricht, um viele Probleme der
Menschen aus den Slums in Dhaka kümmert. Wichtig ist ihnen die ganzheitliche Sicht auf den Menschen und
seine Entwicklung. (Die Organisation ist nicht kirchlich verankert. Sie setzt sich aus Christen, Moslems und
Hindus zusammen, ohne dass das ein Problem darstellt.):
1. Einrichtung von Kinderheimen (happy homes), Schutz u. Bildung
Ganz konkret haben wir mit Geldern von Brot für die Welt im Januar zwei Kinderheime
eingerichtet, eins für Jungen und eins für Mädchen. Jedes beherbergt 30 Straßenkinder. Hinzu
kommen tagsüber 30 Haushaltshilfen. Die Kinder sind zwischen sieben und 13 Jahre alt. Bis
zur Volljährigkeit können sie bei uns bleiben. Wir bereiten sie auf die Schule vor und geben
ihnen eine berufliche Grundbildung. Natürlich geht es auch um Persönlichkeitsentwicklung,
aber Bildung ist für diese Kinder extrem wichtig. Selbst ein Mindestmaß an Bildung kann in
Bangladesch ein Leben verändern. Mit den beiden Heimen setzen wir ein Zeichen.
Seit 20 Jahren macht sich ASD für die Rechte und Lebenschancen von Slumkindern stark.
2. Öffentlichkeitsarbeit und Bildungsarbeit in Vorschulen und Nachhilfezentren
Als gemeinnützige Organisation haben wir keine Chance, alle Kinder aus den Haushalten und
von den Straßen Dhakas zu holen. Deshalb betreiben wir viel Öffentlichkeitsarbeit.
Mit Geldern von Brot für die Welt betreiben wir acht Vorschulen und Nachhilfezentren, dadurch erreichen wir Hunderte Familien. Jede Schule und jedes Heim hat ein Elternkomitee.
Außerdem nehmen wir Kontakt mit den Arbeitgebern der Kinder auf sowie mit den
Geschäftsleuten in den beiden Stadtteilen, in denen wir aktiv sind. Kulturprogramme gehören
ebenfalls zu unserer Öffentlichkeitskampagne. Die Kinder aus dem Heim führen regelmäßig
Theater und Tanzvorführungen auf, die ihr Schicksal thematisieren. So sensibilisieren wir
viele hundert Menschen, die weder lesen noch schreiben können.
Unsere Aufgabe ist es, die am meisten benachteiligten Menschen zu unterstützen. Das sind in
Dhaka folgende drei Gruppen: Straßenkinder, Slumkinder und Kinder, die in
Haushalten arbeiten. Bildung ist dabei ein wesentliches Element. Unser langfristiges Ziel
ist, die Einstellung der Eltern und der Gesellschaft zu verändern.
Beispiel 1)
„Das Heim ist das Beste, was mir passieren konnte“, sagt Sharmin. „Bevor ich hierherkam,
dachte ich, niemand auf der Welt hätte mich lieb.“ Ihre Mutter verlässt die gemeinsame
Pritsche bereits im Morgengrauen und kehrt erst in stockfinsterer Nacht zurück. Um ihren
Kindern wenigstens ein Dach über dem Kopf bieten zu können, arbeitet sie in zwei Schichten.
„Sie ist immer müde“, klagt die Tochter. „Eigentlich sind wir nur beim Schlafen zusammen.“
Ab 17 Uhr muss Sharmin auf den kleinen Bruder aufpassen. Dann kommt der von der
islamischen Ganztagsschule zurück. Die kostet nichts und versorgt die Schüler mit Essen.
Sharmin, das Mädchen, muss seine Mahlzeiten dagegen seit dem Tod des Vaters vor vier
Jahren selbst erwirtschaften. „Haus der Fröhlichkeit“ haben die Kinder ihr Heim genannt.
Genau genommen sind es zwei Häuser: Haus Nummer 1 ist für die Jungs, Haus Nummer 2
für die Mädchen. In beiden leben 30 Straßenkinder. Tagsüber kommen noch einmal jeweils
bis zu 30 Hausmädchen und -jungen hinzu – sofern es ihre Arbeitgeber zulassen. Manche
erscheinen nur zum Duschen oder wenn sie einen Arzttermin haben. Andere kommen
regelmäßig. In Haus Nummer 2 ist gerade Sitzkreis. 14 Mädchen zwischen neun und zwölf
Jahren sind gekommen, die anderen müssen arbeiten. „Das ist das Alter, in dem wir sie
spätestens aus den Haushalten oder von der Straße holen müssen“, erklärt Projektleiterin
Hasina Parvin. Dann haben sie noch eine Chance, die Schule zu besuchen, eine berufliche
Grundausbildung zu absolvieren, Drogenabhängigkeit, Prostitution und Menschenhandel zu
entkommen.
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Ihre Arbeitgeberin Shathi Mahmud ist verantwortungsvoll. Sie bezahlt Sharmin gut, versorgt
das Mädchen mit Nahrung und stellt es jeden Tag für den Unterricht frei. „Wir sollten diese
Kinder wie unsere eigenen behandeln“, sagt sie.
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