Feminismus-FAQ Sind Frauen in unserer Gesellschaft nicht schon längst gleichgestellt? Obwohl Frauen und Männer heute gleiche Rechte haben und Frauen zum Teil sogar bessere Bildungsabschlüsse erlangen, kann man nicht davon sprechen, dass wir in einer gleichgestellten Gesellschaft leben. Frauen bekommen im Durchschnitt in Deutschland 22% weniger Lohn als Männer. Noch immer stoßen Frauen auf ihrem Weg nach Oben an gläserne Decken. So gibt es in den großen Wirtschaftsunternehmen kaum Frauen auf den Chefsesseln und deutlich weniger Professorinnen (24,9%) als Professoren. Es gab noch nie eine BundespräsidentIn und selbst die SPD hatte noch nie eine Bundesvorsitzende. Was ist Feminismus? Feminismus ist sowohl ein intellektuelles Bekenntnis als auch eine politische Bewegung. Ziel des Feminismus ist die Gleichstellung und Selbstbestimmung von Frauen sowie die Bekämpfung jeglicher Formen von Sexismus. Die politische Bewegung des Feminismus, also die Frauenbewegung, wird in verschiedene „Wellen“ unterteilt. Die erste Welle des Feminismus beschreibt die Zeit, in der Frauen zur Jahrhundertwende des 19./20. Jh.s für gleiche Rechte, aber vor allem für das Frauenwahlrecht, gekämpft haben. Die zweite Welle des Feminismus entstand in den 1960er-Jahren. Frauen waren zu jener Zeit sehr viel stärker strukturell benachteiligt als heutzutage. So durften Frauen bis 1962 ohne die Zustimmung ihres Mannes kein eigenes Bankkonto einrichten und noch bis 1977 musste der Mann zustimmen, wenn die Ehefrau arbeiten gehen wollte. 1971 formierte sich um die Frage des Verbots von Abtreibung eine große politische Bewegung. Die zweite Welle des Feminismus zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass hier zum ersten Mal Frauen- und Männerrollen grundsätzlich hinterfragt worden ist; das Alltägliche wurde in Frage gestellt. Die dritte Welle des Feminismus entstand in den 1990er-Jahren. Ziel war die Gleichstellung von Frauen. Dem aufkeimenden Anti-Feminismus, sowie dem zunehmendem Biologismus sollte Etwas entgegen gesetzt werden. Ist Feminismus ein Thema nur für Frauen? Der Begriff Feminismus leitet sich aus dem französischen Begriff für Frau ab. Das bedeutet aber auf keinen Fall, dass Feminismus nur ein Thema für Frauen ist. Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Gesellschaftsbereichen können wir nur gemeinsam erreichen. Deshalb ist Feminismus auch ein Thema für Männer. Was ist der Unterschied zwischen Sex und Gender? „Sex“ und „Gender“ sind Begriffe die in der deutschen Sprache so nicht vorhanden sind. Sex könnte man mit anatomischem oder biologischem Geschlecht übersetzen, Gender hingegen ist das kulturelle oder soziale Geschlecht. Mit den Begriffen männlich und weiblich werden hier Erwartungen, Normen und Zuschreibungen verbunden. In verschiedenen Kulturen verlaufen die Grenzen zwischen männlich und weiblich unterschiedlich. Die Trennung zwischen Sex und Gender ist wichtig, denn typisch „männliches“ oder typisch „weibliches“ Verhalten steht nicht im Zusammenhang mit dem biologischen Geschlecht. Gender ist im Unterschied zu Sex gesellschaftlich konstruiert und damit veränderbar. Was ist Sexismus? Von Sexismus kann man sprechen, wenn Menschen auf Grund ihres biologischen Geschlechts bestimmten gesellschaftlichen Normen zugeordnet werden. Daraus folgen Stereotypisierungen, Diskriminierungen und Abwertungen gegenüber Männern und Frauen. Ebenfalls sexistisch ist die pauschale Einteilung der Gesellschaft in Männer und Frauen, denn damit wird ihnen eine grundsätzliche Unterschiedlichkeit unterstellt. Zusätzlich kann man eine zwanghafte Einordnung in das Zweigeschlechter-System als sexistisch bezeichnen. Was ist Queer-Theorie? Die Queer-Theorie entstand Anfang der 1990er-Jahre in den USA. Wichtige TheoretikerInnen sind Michel Foucault und Judith Butler. Die Theorie geht davon aus, dass Geschlecht und Sexualität gleichursprünglich mit der Kultur sind. Es wird also widerlegt, dass es „natürliche“ Geschlechtsordnungen oder Sexualitäten gibt. Die Queer-Theorie versteht die Zwei-Geschlechter-Ordnung als ein Machtregime, welches nicht nur Beziehungsweisen und Begehrensformen organisiert, sondern sich in allen gesellschaftlichen Bereichen, wie Institutionen (Recht, Ehe, Verwandtschaft), kulturellen Praxen (Familienpackungen, Gäste empfangen, Diät halten) oder ökonomischen Verhältnissen (geschlechtliche Arbeitsteilung), wiederfindet. Schwerpunkt der Queer-Theorie ist es, jene Machtformen, sexuelle Identitäten und Normen zu analysieren und zu dekonstruieren. Im Zusammenhang mit Queer fällt oft auch der Begriff Transgender. Als Transgender bezeichnen sich Menschen, die sich mit dem ihnen bei der Geburt zugeordnete Geschlecht nicht identifizieren können. Das bedeutet nicht, dass sie das jeweils andere Geschlecht annehmen müssen, sondern dass sie wider der Zwei-Geschlechter-Ordnung ein anderes Geschlecht darstellen. Die Queer-Theorie geht davon aus, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt. Was ist Gender-Mainstreaming? Unter Gender-Mainstreaming versteht man die unterschiedliche Situation von Männern und Frauen bei allen gesellschaftlichen Vorhaben mit zu denken. Gender-Mainstreaming ist ein Begriff, der vor allem durch die Festlegungen des Amsterdamer Vertrags geprägt ist. Die Gleichstellungsstrategie, die sich auf europäischer Ebene etabliert hat, basiert auf der Annahme, dass es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt. Warum brauchen wir geschlechtergerechte Sprache? Die Nutzung von Sprache beeinflusst das Denken und Bewusstsein der Menschen. In der deutschen Sprache haben die meisten Substantive das generische Maskulinum (z.B.: Singular: der Meister, der Architekt - Plural: die Meister, die Architekten). Hieraus ergibt sich ein Problem, wenn man über Gruppen sprechen möchte, denen Frauen und Männer angehören. Die übliche Pluralform lässt hier darauf schließen, dass die Gruppe nur aus Männern besteht. Zusätzlich gibt es in der deutschen Sprache Wörter, welche konkret nur ein Geschlecht ansprechen (z.B.: Krankenschwester). Wenn wir Gleichstellung erreichen wollen, ist nicht zuletzt eine Gleichstellung der Geschlechter in der Sprache notwendig. Deshalb geht man dazu über, Substantive, die Personengruppen beider Geschlechter beschreiben, zu gendern. Praktisch heißt das: Beide Geschlechtsformen werden genannt (z.B.: die MeisterInnen, die ArchitektInnen). Wer theoretisch davon ausgeht, dass es mehr als nur zwei Geschlechter gibt, gendert nicht mit einem großen Binnen-I , sondern mit einem Gender-Star (Meister*innen) oder einem Gender-Gap (Meister_innen). Wörter, die explizit nur ein Geschlecht ansprechen, können meist durch neutrale Wörter ersetzt werden (Putzfrau – Reinigungskraft). Warum gibt es bei den Jusos und in der SPD eine Quote? Politik ist ein männerdominiertes Feld. Das zeigt sich auch an den Mitgliederzahlen der SPD und der Jusos. Wenn wir Gleichstellung wollen, ist es jedoch wichtig, Frauen und Männer gleichermaßen einzubinden. Deshalb hat die SPD 1988 eine 40%-Geschlechterquote eingeführt. Diese Quote bedeutet, dass alle Vorstände in der Partei (natürlich auch bei den Jusos) mit mindestens 40% Frauen oder Männern besetzt werden sollen. Die Einführung der Quote war zunächst auf 25 Jahre begrenzt, da man glaubte in dieser Zeit Gleichstellung erreichen zu können. Bereits 2003 hat die SPD die Befristung der Quote aufgehoben, da klar wurde, dass sie über diese 25 Jahre hinweg notwendig sein wird, um Frauen zu einem großen Prozentsatz an Politik zu beteiligen. Der Vergleich zu Parteien oder Jugendorganisationen ohne Quote zeigt, dass sie ein erfolgreiches Instrument ist. So sind aktuell 19% der Bundestagsmitglieder der CDU Frauen, bei der SPD sind es 39,7%. Wie funktioniert die quotierte Redeliste? Auf den Konferenzen der Jusos gibt es eine quotierte Redeliste. Ziel ist, Männer und Frauen zu gleichen Teilen an politischen Debatten zu beteiligen und männlich-dominantes Redeverhalten einzudämmen. Die quotierte Redeliste funktioniert so, dass zunächst die Wortmeldungen von Männern und Frauen in der Reihenfolge der Einreichung ihrer Wortmeldungen auf getrennte Listen geschrieben werden. Im Reißverschlussverfahren kommen dann Genossinnen und Genossen abwechselnd zu Wort. Da sich in der Regel mehr Männer zu Wort melden und eine männlich-dominierte Debatte nach unserem Ideal von Gleichstellung unerwünscht ist, wird die Redeliste geschlossen, wenn keine Frauen mehr darauf stehen. Auf Antrag kann die Liste jedoch für drei weitere Männer geöffnet werden. Melden sich danach noch Frauen, werden diese „reinquotiert“. Dieses Verfahren hat mehrere Effekte. Zunächst einmal liegt es in der Hand des Plenums, zu entscheiden, ob es mehrere Männer hintereinander zu einem Thema hören möchte. Des Weiteren wird durch die Abstimmung Bewusstsein geschaffen, dass sich in der Regel weniger Frauen als Männer an Debatten beteiligen. Was ist der Equal-Pay-Day? Der Equal-Pay-Day ist ein internationaler Aktionstag zum Thema Entgeltgleichheit. Hier wird durch verschiedenste Aktionen der nach wie vor verheerende Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen thematisiert. In Deutschland findet der Equal-Pay-Day an dem Tag statt, bis zu dem Frauen über den Jahreswechsel hinaus arbeiten müssten, um auf den durchschnittlichen Lohn der Männer zu kommen. In Deutschland liegt der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen aktuell bei 22% (Stand: 19.03.2013). 2013 findet der EqualPay-Day am 21.03 statt. Warum feiern wir den Weltfrauentag? Den internationalen Weltfrauentag gibt es mittlerweile seit mehr als hundert Jahren. Begründet auf der Idee Clara Zetkins, einer deutschen sozialistischen Politikerin, wurde 1910 auf der zweiten internationalen sozialistischen Frauenkonferenz die Einführung eines internationalen Kampftages für Frauenrechte beschlossen. Bei der Einführung ging es zunächst um die Forderung nach einem Frauenwahlrecht. Der internationale Weltfrauentag findet am 08. März statt. Dieser Termin ist auf die russische Februar-Revolution zurück zu führen. Am 8.März 1917 streikten Arbeiter-, Soldaten und Bauernfrauen in St. Petersburg und lösten damit die Februar-Revolution in Russland aus.. Während der Nazi-Diktatur wurde der Weltfrauentag verboten und durch den Muttertag ersetzt, welcher dazu dienen sollte, das nationalsozialistische Mutterideal zu feiern. Das Feiern des 08. März wurde zu einer Form des Widerstands. Methoden waren hier zum Beispiel das Auslüften von roten Gegenständen aus den Fenstern. 1977 wurde der Weltfrauentag von der Generalversammlung der UN offiziell anerkannt. Wir Jusos nutzen diesen Tag, um auf unsere gleichstellungspolitischen Ziele hinzuweisen.