Predigt am 16.8.2015, zu Hiob 23 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen. Liebe Gemeinde, eine Hiobsbotschaft – das sagen wir manchmal, wenn eine schlechte Nachricht kommt. Das Wort Hiobsbotschaft kennen viele, die biblische Geschichte dazu nur wenige. Da wird erzählt von einem Mann namens Hiob, der sehr reich ist und dem es sehr gut geht. Eine große Familie hat er, viele Angestellte, große Tierherden. Und was dazu kommt: er ist auch noch ein sehr frommer Mann, einer, der sich an die Gebote Gottes hält. Für ihn gilt, was in A. Taufspruch aus Psalm 1 gesagt wird: Wie glücklich ist, wer Freude findet an den Weisungen des Herrn, wer Tag und Nacht in seinem Gesetz liest und darüber nachdenkt. Er gleicht einem Baum, der am Wasser steht; Jahr für Jahr trägt er Frucht, sein Laub bleibt grün und frisch. Ein solcher Mensch hat Erfolg bei allem, was er unternimmt. Hiob handelt gut – und es geht ihm gut. Das scheint ja immerhin gerecht zu sein. Andererseits: Hiob hat leicht reden und glauben. Wenn es mir gut geht, dann ist es auch leicht an einen guten Gott zu glauben, leichter jedenfalls, als wenn es mir schlecht geht.. Die Geschichte von Hiob nun erzählt, etwas märchenhaft, davon, dass es Streit gibt im Himmel, genau über diese Frage. Gott freut sich über Hiob, der so lebt, wie er das gerne hätte – und der Teufelsagt: „Ph, wenn es ihm nicht so gut ginge, dann würde er sein Vertrauen zu dir ganz schnell verlieren.“ Wetten, dass nicht, sagt Gott. Und dann kommen sie –die Hiobsbotschaften – als Folge einer Wette im Himmel. Nach und nach verliert Hiob alles: seinen Besitz, seine Kinder, seine Gesundheit. Und seinen Glauben? Seine Frau fordert ihn auf: „Verabschiede dich doch mal davon. Auf was für einen Gott vertraust du denn da? Vergiss es einfach. Du siehst doch, was du davon hast.“ Hiob aber bleibt dabei: Das Gute, das nehmen wir gerne von Gott – und das Böse sollten wir dann nicht annehmen? Ganz am Ende der Geschichte – da bekommt Hiob alles neu. Er hat noch viele Jahre zu leben, Kinder, Enkel und Urenkel werden ihm geschenkt. Diese ursprüngliche Geschichte, die erzählt von dem, was Menschen überall in der Welt kennen und fragen: Wird gutes Leben belohnt? Geht es denen, die gut leben, auch gut? So soll es wohl sein, sagen wir uns – so ist es nicht, sagt unsere Lebenserfahrung. Wie viele kommen mit einem guten Leben davon, obwohl sie so viel Leben zerstört haben – und wie viele, die gut und wichtig waren für andere, erleiden Schlimmes? Warum – das fragen wir nicht nur heute. Die Geschichte von Hiob gibt darauf keine Antwort, sie spielt mit der Frage und wagt es,Gott in Frage zu stellen. Die ursprüngliche Hiob – Geschichte war tatsächlich so kurz, vermutlich waren die, die sie hörten und lasen, damit nicht zufrieden und so wurde die Geschichte mit langen Gesprächen ergänzt. Drei Freunde von Hiob, so wird hinzugefügt, kommen zu ihm in der schlimmen Zeit und wollen ihn begleiten. Und sie suchen nach Gründen. Warum musste Hiob das erleiden? Warum geht es ihm so schlecht? Da muss doch jemand dran Schuld sein? Irgendjemand hat doch da die Verantwortung? Ist Gott daran schuld? „Ich kann nicht an Gott glauben. Mir sind zu viele Menschen zu früh gestorben.“ Das hat mir mal ein Vater bei einem Taufgespräch gesagt. Der Hiob der ersten, ursprünglichen Geschichte, der sagt: Ja, das ist schlimm. Nur: bei allem Guten, was mir geschenkt wurde, da habe ich das nicht in Frage gestellt, da habe ich nie gefragt: warum darf ich so etwas Schönes und Gutes erleben? Wenn ich aber das angenommen habe, dann muss ich auch das andere annehmen. Diue Freunde, die nun später in der Geschichte dazu kommen, die sagen nicht: Das kommt von Gott. Sie sagen: „ Du, Hiob, hast Schuld. Irgendwas wirst du falsch gemacht haben.“ Und sie machen sich auf die Suche. Verborgene Sünde? Schlechtes Reden über Gott? Hochmut – wie der Pharisäer eben im Evangelium? Desto mehr sie suchen, desto mehr verteidigt Hiob sich. „Nein, ich habe mir nichts zu schulden kommen lassen. Es ist einfach nicht gerecht.“ Ich hab manches Mal schon gesagt: Das Leben ist nicht fair. Hiob sagt: Gott ist nicht fair. Und in einer Antwort sagt Hiob den Freunden – und wohl auch Gott: 2»Zwar möchte ich mein Stöhnen unterdrücken und doch kommt Widerspruch von meinen Lippen. 3Wenn ich nur wüsste, wo sich Gott befindet und wie ich zu ihm hingelangen könnte! 4Ich würde ihm schon meine Lage schildern, ihm meine Gründe und Beweise nennen. 5Ich bin gespannt, was er dann sagen würde, wie er mir darauf seine Antwort gäbe. 6Ob er mich seine Allmacht fühlen ließe? Nein, hören würde er auf meine Worte. 7Ich würde meinen Rechtsstreit mit ihm führen als einer, dem nichts vorzuwerfen ist. Das müsste auch mein Richter anerkennen! 8Ich kann nach Osten gehn, dort ist Gott nicht; und auch im Westen ist er nicht zu finden. 9Ist er im Norden tätig, seh ich's nicht; versteckt er sich im Süden, weiß ich's nicht. 10Doch mein Weg ist ihm lange schon bekannt; wenn er mich prüft, dann bin ich rein wie Gold. 11Mein Fuß hielt sich genau an seine Spur, ich blieb auf seinem Weg und wich nicht ab. 12Ich tue immer, was er mir befiehlt, sein Wort bewahre ich in meinem Herzen. 13Doch Gott allein bestimmt – wer will ihn hindern? Was ihm gefällt, das setzt er einfach durch. 14Er wird auch tun, was er für mich geplant hat, und Pläne über mich hat er genug! 15Das ist es, was mich so erschrecken lässt. Sooft ich an ihn denke, zittere ich. 16Gott hat mir alle Zuversicht genommen; weil er so mächtig ist, macht er mir Angst. 17Gott ist's, der mich erdrückt, und nicht das Dunkel, auch wenn ich jetzt vor Dunkelheit nichts sehe. Keine einfache, glatte Antwort ist das, vielmehr pendelt Hiob zwischen verschiedenen Stimmungen und Argumenten hin und her. Ich habe drei Antworten gelesen darin, die sich ergänzen und widersprechen, die hin und her gehen und mir sehr nahe gegangen sind, eben weil sie nicht einfach und glatt aufgehen, eben weil im Glauben nicht alles einfach und glatt zu erklären ist. Gott hat mir alle Zuversicht genommen. Weil er so mächtig ist, macht er rmir Angst. Gott macht mir Angst. Ich erlebe, dass ich nicht berechnen kann, wie Gott ist. Das nimmt mir alle Zuversicht. Worauf kann ich mich verlassen, wenn Gott nicht verlässlich ist? Hiobs Gott hier ist nicht der liebe Gott, auch nicht Gott, der meine Fragen beantwortet, sondern Gott, der mich mit meinem Warum schlicht allein lässt. Keine Antwort, keine Sicherheit, kein Schutz, kein Licht. Einige Kapitel später wird Gott antworten: „Wer bist du, Hiob, dass du dir einbildest, du könntest verstehen, was ich tue. Du hättest überhaupt nur eine Ahnung davon,wie mächtig ich bin? Du hättest überhaupt nur eine Idee davon,was die Welt ausmacht, zusammen hält, welche Energie das ist, die Leben schafft und zerstört?“ Größenverhältnisse werden hier noch mal neu beschrieben und da sehen wir Menschen nicht alt, sondern sehr klein aus. Aber dennoch spricht Hiob von Gott. Die Größe, die Macht, die Unangreifbarkeit, die Unverständlichkeit hindern ihn daran nicht. Ich habe Angst vor dir, Gott. Ich habe verstanden, dass ich dich nicht verstehe. Und doch bist du Teil meines Denkens, Gott – wer immer du bist. Das zweite: Hiob findet Gott nicht. Das gehört zu dieser Unverständlichkeit dazu, dass Hiob Gott nicht findet, nicht sagen kann, wo sie denn ist, diese Gottheit. Das ist Jesus am Kreuz auch gefragt worden: wo ist denn nun dein Gott? 8Ich kann nach Osten gehn, dort ist Gott nicht; und auch im Westen ist er nicht zu finden. 9Ist er im Norden tätig, seh ich's nicht; versteckt er sich im Süden, weiß ich's nicht. Gottes Wege verstehe ich nicht , kenne ich nicht, finde ich nicht, aber – Gott kennt meine Wege – mein Weg ist ihm schon lange bekannt. Auch wenn ich Gott nicht sehe – Gott sieht mich. Und wenn er mich sieht, sagt Hiob, dann sieht er auch, dass ich in seiner Spur geblieben bin. Ich finde Gott nicht, aber ich habe Gottes Wort, und das bewahre ich – auch wenn ich an Gott verzweifeln könnte. Daran halte ich fest, an dem, was ich verstanden habe: Gott ist die Quelle des Lebens – und meine Aufgabe ist, für dieses Leben mit zu sorgen. Und wenn ich sonst nichts habe: an dieses Gebot, an die Gebote Gottes, die das Leben schützen, will und werde ich mich halten. Und wenn Gott meinen Weg sieht, dann sieht er auch das. Und das führt dann zum dritten: Wenn ich nur wüsste, wo ich Gott finde, ich würde ihm schon meine Lage schildern. Ob er mich seine Allmacht fühlen ließe? Nein, hören würde er auf meine Worte! Beides gilt: Gott unnahbar, mächtig, fremd, fern – Und Gott, mit dem ich auf Augenhöhe diskutieren kann, der ich meine Lage schildern kann. Vor Gott bin ich klein – ja – aber ich muss mich nicht klein machen. Hiob sagt sehr selbstbewusst: ich habe mir nichts vorzuwerfen. Dass es mir schlecht geht, heißt nicht, dass ich schlecht bin, dass ich krank bin, heißt nicht, dass ich etwas falsch gemacht habe, dass nicht alles in meinem Leben glatt läuft, liegt nicht daran, dass ich der Stolperstein bin. So viel Suchen, hin und her laufen, Fragen, klagen, anklagen – all das hat Platz in einem Buch in der Bibel, all das hat Platz in unserem Weg mit Gott und in unserem Gespräch mit Gott, all das braucht Platz auch in unseren Gottesdiensten. Was aber , wenn nun wie heute eine Taufe im Gottesdienst gefeiert wird? Geht es da nicht um ein festes Bekenntnis unseres Glaubens? Und darum, dass A. mit festem Vertrauen in Gott groß wird, dass schon früh ein Fundament gelegt wird – so haben Sie das gesagt, etwas Festes. Und nun das? Aber vielleicht gerade das. Dass die Taufe nicht die Versicherung ist, dass alles im Leben glatt gehen wird, auch nicht im Leben Ihrer Tochter – das wissen wir. Dass die Taufe nicht garantiert, dass sie im Glauben ein Fundament findet, einen immer währenden Halt – auch das wissen wir. Diesen Halt gilt es immer wieder neu zu suchen, der wird mir geschenkt, aber ich kann ihn mir durch nichts erarbeiten. Dass die Taufe aber Menschen auf die Spur setzt, das wissen wir auch – dass sie Jesus Christus nachfolgen soll und kann. Das heißt, dass sie einem folgt, der all diese Zweifel selbst erlebt und durchlitten hat – und dessen Vertrauen trotzdem blieb. Das sie einem folgt, der klar vorgab, wie Menschen in seiner Nachfolge und Gott entgegen gehend leben sollen Dass sie einem folgt, der jedem nach ging, auch denen, die unsicher waren, voller Zweifel und Anklage – und ihnen immer wieder sagte: so geht Gott euch nach, kennt euren Weg, lässt nicht locker. Und auch, wenn ihr den Weg manchmal nicht wisst, euren eigenen nicht und den Gottes erst recht nicht, auch wenn auf eurem Weg manchmal nur große Schilder mit der Frage „Warum?“ stehen – und es gerade keine Antwort gibt – auch dann gilt, was Hiob wusste: Gott kennt meinen Weg!und was Jesus seinen Freunden und Freundinnen sagte: und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt. Amen. Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus unserem Herrn. Amen.