Protokoll zum 22.6.2011 Matthias Fleischmann Die Bayerische Volkspartei (BVP) Die soziale Zusammensetzung der Partei bestand zum überwiegenden Teil aus Landwirten und Beamten. Die Gründe hierfür sind zum einen, dass das Reichsland Bayern noch sehr stark agrarisch geprägt war und die BVP zum anderen die führende Staatspartei im Land war und sich die bayerischen Traditionen sehr zu eigen machte. Auffallend darüber hinaus ist, dass mit durchschnittlich 10% viele Geistliche Mitglied waren. Dies lässt sich drauf zurückführen, dass sowohl Bayern als auch die BVP sehr katholisch geprägt waren und Geistliche in der Gesellschaft ein hohes Ansehen genossen. Für die BVP, die auf Reichsebene nur auf etwa 3-4% kam, war eine Zusammenarbeit mit dem Zentrum aber zwingend notwendig, um wenigstens teilweise ihre Ansichten durchsetzen zu können. Die eigentliche Bedeutung der Partei liegt somit nicht im Reich, sondern in Bayern, wo sie erst ab 1924 wirklich begann, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Weitere Splitterparteien: DHP und Deutsche Mittelstandspartei Das Hauptziel der aus Protest gegen die Annexion Preußen 1866 gegründeten DeutschHannoverschen Partei war die Selbstständigkeit Hannovers als eigener Reichsstaat. Mit durchschnittlich etwa 3% war ihre Einflussnahme im Reichstag jedoch äußerst begrenzt und sie ging daher wie die BVP oft eine Fraktionsgemeinschaft mit der Zentrumspartei ein. Im Gegensatz zu dieser politischen Splitterpartei ist die Deutsche Mittelstandspartei eine rein wirtschaftlich orientierte Splitterpartei. Die Deutsche Mittelstandspartei vertrat laut eigenen Angaben die Interessen des Mittelstandes; wobei dieser Begriff äußerst weit und vage definiert war. Alle Menschen, die sich geistig dem Mittelstande nahe fühlten, waren angesprochen; einzig Proletarier und Kapitalisten waren explizit ausgeschlossen. Dem Weimarer System stand die Partei kritisch gegenüber: Sie zwar keine anti-parlamentarische Partei, war aber mit dem vorherrschenden System unzufrieden. Man bevorzugte einen starken und gut organisierten Staat; dadurch wären für die Wirtschaft die optimalsten Voraussetzungen geschaffen. Des Weiteren stand man dem Sozialstaat kritisch gegenüber, da in ihren Augen vor allem der Mittelstand die Sozialversicherungen bezahlte, von diesen selbst aber nichts hatte. Charakteristisch für Splitterparteien im Allgemeinen ist, dass sie eine sehr begrenzte politische Ausrichtung hatten und ihr Augenmerk nur auf ihre eng geknüpften Interessen richteten. Der Grund für die relativ hohe Anzahl an kleinen Parteien im Reichstag lag darin, dass im Weimarer Wahlsystem jede Stimme zählen sollte. Quelle: Huber über Splitterparteien Die Anzahl der im Weimarer Reichstag vorhanden Parteien war seiner Meinung nach nicht wesentlich größer als im Parlament des deutschen Kaiserreiches. Das Hauptproblem sah er vielmehr in der Kompromissunfähigkeit der großen Parteien, nicht in deren Anzahl. Allerdings hatten die Parteien im Kaiserreich keine Regierungsverantwortung und ihre Anzahl spielte somit eine minder große Rolle. Darüber hinaus hatten die kleinen Parteien seiner Meinung nach auch eine ausgleichende Funktion für die großen Parteien, die sich mit den jeweiligen Einzelinteressen der Kleinparteien eigentlich nicht beschäftigen konnten. Allerdings hatten die Splitterparteien eben nur ein sehr enges politisches Thema und konnten daher, um ihre wenigen Wähler nicht zu vergraulen, keine Kompromisse in ihren Standpunkten eingehen. Eine Zusammenarbeit mit den Großen war daher oft schwierig. Zudem entstand für die großen Parteien auch ein Konkurrenzdruck durch die Kleinen, da sie in den "Hochburgen" der Splitterparteien fast gezwungen waren, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Kampfverbände - Der Reichsbanner Warum waren Kampfverbände typisch für Weimar? Zur Gewinnung von Wählern und Mobilisierung der Massen waren die militärisch auftretenden Kampfverbände in einer nach dem Krieg noch stark militaristisch geprägten Gesellschaft unverzichtbar; einige kooperierten auch mit Parteien. Die Merkmale dieser Organisationen waren das Auftreten in militärischer Formation, öffentliche Demonstrationen und keine weiblichen Mitglieder. Es gab sowohl friedliche (wie den Reichsbanner) als auch nichtfriedliche Verbände (kommunistische und rechte Organisationen). Der Reichsbanner war der Verband der republikanischen Parteien Zentrum, DDP und SPD und war mit drei Millionen Mitgliedern sehr groß. Sein Ziel war es einen Verfassungspatriotismus in der Gesellschaft zu etablieren und die Republik zu erhalten. Das Hauptproblem für den neuen Staat sahen in den immer noch dem Kaiserreich anhängenden Staatsbeamten. Diese Kampfverbände und die Splitterparteien waren ein Hauptcharakteristikum der Weimarer Republik.