Gottes freie Gnadenwahl - Römer 9:14-24 Psalm 31:20-25; 1 Korinther 9:24-27; Matthäus 20:1-16a. Einleitung Unser Predigttext für heute muß man im Kontext lesen. Er ist ein Teil von dem Ringen des Paulus um eine Antwort über das Verhalten Israel zu Jesus, dem Christus. Das verhandelt er in den Kapiteln 9-11 im Römerbrief. Wie kommt es, dass das auserwählte Volk, die Stunde Gottes in ihrer Mitte, die durch Jesus Christus geschieht, nicht erkennt? Es erkennt, daß es Gott ist, der Abraham berufen hat. Es ist der Herr der ihn Kinder gab. Gott ist es, der Ismael verworfen und Isaak angenommen hat. Es ist der Herr der sein Volk erwählt und berufen hat. Warum erkennen sie nicht Jesus als den Christus an? Hat Gott Israel verstoßen weil sie Jesus abgelehnt haben? Ist Gott seinen Verheißungen Israel gegenüber untreu geworden? Paulus zeigt, dass Gott bei keinem Menschen Rechenschaft ablegen muß wie er handelt. Unser Predigttext spricht von Gottes freie Gnadenwahl. Gott ist Gott indem er frei erwählt wen er will. Er ist souverän und gerecht und handelt wie er will. Der Abschnitt nach dem Predigttext, spricht von der Schuld Israels, die aus eigener Gerechtigkeit vor Gott bestehen, und nicht aus seiner Gnade leben wollen. Gott hat aber sein Volk nicht endgültig verstoßen, sondern Israel ist zu Fall gekommen, damit die übrigen Völker das Heil Jesu bekommen. Das soll die anderen Völker nicht zu Hochmut treiben, denn dann werden sie Gottes Gericht erleben. Israel ist zwar jetzt blind, aber es wird, dann wenn alle Völker das Heil gehört haben, selig werden. Das ist der ganze Bogen. Unser Text ist nur ein Teil davon. Predigttext: Römer 9:14-24 14 Was sollen wir nun hierzu sagen? Ist denn Gott ungerecht? Das sei ferne! 15 Denn er spricht zu Mose (2.Mose 33,19): »Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.« 16 So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen.17 Denn die Schrift sagt zum Pharao (2.Mose 9,16): »Eben dazu habe ich dich erweckt, damit ich an dir meine Macht erweise und damit mein Name auf der ganzen Erde verkündigt werde.« 18 So erbarmt er sich nun, wessen er will, und verstockt, wen er will. 19 Nun sagst du zu mir: Warum beschuldigt er uns dann noch? Wer kann seinem Willen widerstehen? 20 Ja, lieber Mensch, wer bist du denn, dass du mit Gott rechten willst? Spricht auch ein Werk zu seinem Meister: Warum machst du mich so? 21 Hat nicht ein Töpfer Macht über den Ton, aus demselben Klumpen ein Gefäß zu ehrenvollem und ein anderes zu nicht ehrenvollem Gebrauch zu machen? 22 Da Gott seinen Zorn erzeigen und seine Macht kundtun wollte, hat er mit großer Geduld ertragen die Gefäße des Zorns, die zum Verderben bestimmt waren, 23 damit er den Reichtum seiner Herrlichkeit kundtue an den Gefäßen der Barmherzigkeit, die er zuvor bereitet hatte zur Herrlichkeit. 24 Dazu hat er uns berufen, nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Heiden. Komm wir schauen uns den Text an Hand von 3 Punkten an: A) Die Freiheit Gottes zu erwählen. B) Wir Menschen bleiben Geschöpfte in Gotte Hand. C) Das Ziel Gottes – Den Reichtum seiner Gnade und Herrlichkeit verkündigen. A) Die Freiheit Gottes zu erwählen. Eins muß klar sein: Gott ist frei. Mit ihm kann man nicht rechnen und Handel treiben. Er wählt wen er will und verstößt wen er will. Er ist immer im Recht. Wir müssen auch das Gefälle wahrnehmen. Gott ist nicht auf einer Stufe mit uns. Er ist über uns. Wir selber sind nicht neutrale Beobachter die wie eine Kamera eines Reporters die Sachen wahrnehmen, sondern wir sind Teil der gefallenen Welt. Wir sind Teil der Schuldigen. Wer sind wir denn, daß wir Gott vorschreiben wollen was er zu tun und zu lassen hat? Können wir Leben schaffen? War es nicht Gott der Abraham schuf, und Isaak und seine Kinder? Darf er, der aus nichts schafft, nicht auch alles zunichte machen? Wir Menschen könne vieles Machen, aber Glauben schaffen, das können wir auch nicht. Gott selbst muß den Glauben in uns wecken. Er muß seine Hand zu uns ausstrecken. Wenn Gott Glaube und Nichtglaube, Heil und Unheil ganz in seiner Hand hat, was halten wir dann von dem Gott, der, wie es scheint sein Heil nicht allen gibt? Somit kommt die Frage nach Gottes Gerechtigkeit auf. Gott scheint ungerecht zu handeln indem er nicht allen Menschen gleich behandelt. Besonders dann, wenn der Einzelne scheinbar, weder zum Heil, oder Unheil etwas beitragen kann. Wenn wir so argumentieren, dann setzen wir uns wieder als Richter über Gott. Wir machen so als ob Gott in der Anklagebank sitzt und uns das Heil schuldig ist. Er solle die Menschen alle gleich behandeln. Das heißt entweder alle retten oder alle verloren gehen lassen. Haben wir ein Recht darauf Gott das abzuverlangen, daß er alle retten soll? Oder sollen wir eher darauf bestehen, daß wir alle das empfangen sollen was unsere Taten wert sind? Das wäre doch eher gerecht. Unsere Logik zerbricht nicht an unsere Art von Heilsverlangen, sondern an Gottes erbarmendem Handeln. Gott handelt eben nicht mit uns nach unsere Schuld, sondern er hat sich unser erbarmt und uns vergeben. Aber Gott ist trotzdem frei sich zu erbarmen wen er will, d.h. sich auch nicht zu erbarmen wen er will, sonst wäre er nicht frei. Gott ist und bleibt frei alleine über seine Gnade zu entscheiden. B) Wir Menschen bleiben Geschöpfte in Gotte Hand. Es ist erschreckend zu sehen daß Gott einen Pharao auferweckt, ja gebraucht um seine Macht zu offenbaren. Was für ein Gott ist das? Aber dann merkt ein Paulus daß wir Gott an unseren Maßstäben messen. Kann ein Geschöpf sein Schöpfer kritisieren? Kann die Tonmasse den Töpfer vorschreiben was er aus ihr machen soll? Nein, das geht nicht. Das ist unmöglich. Der Töpfer kann formen aus dem Ton was er will. Gott gebührt die schöpferische Freiheit. Wir können nur staunend über seine Taten: „Welchem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und wessen ich mich erbarme, des erbarme ich mich.“ Das sind doch positive Aussagen. Wir Menschen aber verdrehen es schnell zum negativen. Und schließen daraus: "Wen ich fallen lasse, den lasse ich fallen." Aus dem Positiven machen wir schnell das Gegenteil, und das gilt meistens den anderen. Wir gehören natürlich zu jenen denen Gott sich erbarmt hat, und die anderen, die nicht so sind wie wir, sind natürlich verdammt. Und so sind wir zu einer Prädestinationslehre gekommen wo wir gerne für Gott beschließen wen er zu erretten hat - uns, und wen er verdammen soll - die anderen. Erwählung gibt ein Gefühl der Bedeutung, der Macht. Oft hat man die Erwählung fest gemacht an dem Wohlergehen einer Person oder eines Volkes. Der wirtschaftliche, geschäftliche und gesundheitliche Erfolg wurde zum Maßstab der Erwählung. Gottes Erwählung beinhaltete aber einen klagenden Jeremias, einen anklagenden Hiob, und einen armen Wanderprediger, Jesus, der schmerzvoll starb. Somit können wir nicht Gottes Erwählung an Äußerlichkeiten fest machen, sondern nur an den Ruf Christi: Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen … und niemand wird sie aus meiner Hand reißen. Die Gabe des Glaubens ist Gottes Geschenk, die Verweigerung ist nicht Gottes Verweigerung, sondern des Menschen Schuld, da er Gottes Ruf an ihm mißachtet. Erwählung schafft eine Identität und Solidarität die auf Kosten der Nichterwählten geht. Wenn die Person in unseren Augen sowieso verdammt wird, dann kann man ja mit ihr machen was man will. Ein Kommunist wurde als Ungläubiger verdammt, uns so hat man das Recht ihn ohne weiteres umzubringen. Extrem wurde es geführt zu dem Slogan vor vielen Jahren: "Kill a Commie for Christ." Oder der Umgang der Deutschen Christen mit den Juden im Dritten Reich. Viele Fundamentalisten in der Welt agieren auf dieser Art und Weise. Oder heutzutage hört man ab und zu, daß Schwarze keine Menschen sind. Sie sind nicht erwählt worden. Sie stammen nicht von den 12 Stämmen Israels ab. Sie sind dazu prädestiniert nie im Himmel zu kommen. Woher holen Menschen sich das Recht her, über andere zu richten? Gott ist der Richter, auch über uns. Nicht deine und meine Zugehörigkeit zur lutherischen Kirche, noch deine Abstammung von Missionaren oder Pastoren, oder fromme Eltern, nicht deine christliche Erziehung in der Schule oder mein Theologiestudium macht dich und mich gerecht, sondern allein Gottes Erbarmen. Und das ist und bleibt seine freie Wahl. Gott gibt selbst den widerstrebigsten Menschen, die sogenannten Gefäße zum Zorn, Raum zum Leben. Er trägt sie mit Geduld. Geduld heißt daß er sich Zeit läßt, daß er uns Zeit läßt. Gott gibt Freiheit, wie er will, selbst den Pharao. Nur, unser Protest ist ja eigentlich gegen Gottes Gnade. Wir sitzen doch im selben Boot. Wir müßten alle sagen: Ich habe gesündigt vor dir. Gott ist ungerecht, ja mit seiner Gnade. Er hätte uns alle verwerfen sollen, aber wir leben aus Gnade. Unsere Rechtfertigung liegt also nicht an unser Wollen oder Handeln, sondern allein an Gottes Erbarmen. Das zeigt uns auch das Evangelium von diesem Sonntag. Die Berufung macht die Gabe, und nicht die Arbeit im Weinberg. Da alles an Gottes Erbarmen liegt dürfen wir unser Heil gewiss sein. Denn wenn es an mich läge so müßte ich schon wieder morgen an mein zweideutiges Tun oder schwaches Wollen verzweifeln. Da es in Gottes Hand liegt, darf ich in seiner Hand Geborgenheit finden. Nicht weil ich Gott in der Hand habe, kann ich gelassen sein, sondern weil er mich in seiner Hand hat; aus Erbarmen. Darüber kann ich nur staunen. Nicht wir gehen mit Gott um, sondern er geht mit uns um. Und wie er es macht ist es gut. Diese Grundeinstellung macht mich zum Menschen, und läßt Gott Gott sein. C) Das Ziel Gottes – Den Reichtum seiner Gnade und Herrlichkeit verkündigen. Gottes Wirken in dieser Welt, auch dann wenn wir es nicht verstehen, hat ein Ziel: den Reichtum seiner Gnade und Herrlichkeit zu verkündigen. Er kann einen halsstarrigen Pharao dazu gebrauchen seine Großtaten und Herrlichkeit an Israel zu offenbaren. Und er kann ein verstocktes Israel gebrauchen um seine unergründliches Erbarmen den Heiden gegenüber zu offenbaren. Ja, selbst die Ablehnung Israels hindert Gott nicht daran sein Ziel zu erreichen. Was hat das für uns heute zu bedeuten? Solange Gottes Wort noch erschallt, geschieht Erwählung zum Heil durch Gottes Erbarmung. Diese Berufung geschieht aber durch Jesus Christus an Juden und Heiden. Es ist die Freiheit Gottes daß er in der Niedrigkeit Jesu, als armer Wanderprediger, als Gekreuzigter zu uns kommt um seine Gnade und Herrlichkeit zu offenbaren. Die Juden sagten damals: Nein so kann er nicht kommen. Oft denken wir auch: So darf Gott nicht kommen. Damals und heute versuchen wir Gott Vorschriften zu machen, und damals wie heute läßt er sich diese Vorschriften nicht gefallen. Auch heute haben wir Schwierigkeiten daß der lebendige Gott durch die Botschaft vom Kreuz zu uns kommt uns zu retten. Wir ergreifen lieber selber das Leben und richten uns nach unseren Zielen und Ansprüchen aus. Wenn es einen Gott gibt, dann soll er uns noch dabei helfen, sonst soll er uns lieber in Ruhe lassen. Aber Gott ist frei. Gott berief damals sein Volk, und es war und besteht bis heute. Er schuf durch Jesus das Heil und es gilt noch bis heute. Gottes freie Gnadenwahl bleibt bestehen. Zusammenfassung Ich schließe mit einem persönlichen Zeugnis von C.H. Spurgeon. Er bekennt wie er Gotte vorhergehendes Erbarmen und Erwählung in seinem Leben entdeckt hatte und nur dadurch zum Glauben kam: An einem Wochentag saß ich abends im Haus Gottes. Der Gedanke traf mich: »Wie bist du ein Christ geworden?« Ich habe den Herrn gesucht. »Aber wie bist du darauf gekommen, den Herrn zu suchen?« In diesem einzigen Augenblick leuchtete die Wahrheit in mir auf - ich hätte ihn nicht gesucht, wenn er nicht schon vorher meine Gedanken beeinflusst hätte, indem er mich dazu brachte, ihn zu suchen. Ich betete, so dachte ich, aber dann fragte ich mich: Wie kam ich dazu, zu beten? Ich wurde durch die Heilige Schrift zum Beten ermuntert. Wie kam ich dazu, die Heilige Schrift zu lesen? Ich las sie, aber was hatte mich dazu gebracht? Da, in einem Augenblick, sah ich, dass Gott der Urgrund aller Dinge ist, dass er der Urheber meines Glaubens war, und so öffnete sich die ganze Lehre der Gnade vor mir. Von dieser Zeit an habe ich nicht von ihr gelassen, und ich möchte, dass dies immer mein beständiges Bekenntnis ist: »Ich verdanke meine ganze Veränderung nur Gott.« So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen. Wer dieses Erbarmen Gottes für sich erkannt hatte, darf sich freuen und sie verkündigen. Amen. Pastor Reiner Focke 09/02/2014 EG: 354:1-4; 391; 406:1-4; 355