Osternacht, Ostersonntag, A,B,C

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Ostern A,B,C
Inhalt
Ostern 1997 (Johannes Paul II., Osternacht, 29. März 1997) ............................................................................ 2
Urbi et Orbi 1997 ............................................................................................................................................... 3
Ostern 1998 (Johannes Paul II., Osternacht, 11. April 1998) ............................................................................ 4
Urbi et Orbi 1998 ............................................................................................................................................... 6
Ostern 1999 (Johannes Paul II., Osternacht, 3. April 1999) .............................................................................. 7
Urbi et Orbi 1999 ............................................................................................................................................... 8
Ostern 2000 (Johannes Paul II., Osternacht, 22. April 2000) .......................................................................... 10
Urbi et Orbi 2000 ............................................................................................................................................. 11
Ostern 2001 (Johannes Paul II., Osternacht, 14. April 2001) .......................................................................... 13
Ostern 2002 (Johannes Paul II., Osternacht, 30. März 2002) .......................................................................... 14
Ostern 2003 (Johannes Paul II., Osternacht, 19. April 2003) .......................................................................... 15
Ostern 2004 (Johannes Paul II., Osternacht, 10. April 2004) .......................................................................... 17
Ostern 2006 (Benedikt XVI., Osternacht, 15. April 2006) ................................................................................ 18
Urbi et Orbi 2006 ............................................................................................................................................. 20
Ostern 2007 (Benedikt XVI., Osternacht, 7. April 2007) .................................................................................. 21
Urbi et Orbi 2007 ............................................................................................................................................. 23
Ostern 2008 (Benedikt XVI., Generalaudienz, 19. März 2008)........................................................................ 25
Ostern 2008 (Benedikt XVI., Osternacht, 22. März 2008) ............................................................................... 26
Urbi et Orbi 2008 ............................................................................................................................................. 28
Ostern 2009 (Benedikt XVI., Osternacht, 11. April 2009) ................................................................................ 30
Urbi et Orbi 2009 ............................................................................................................................................. 32
Ostern 2010 (Benedikt XVI., Osternacht, 3. April 2010) .................................................................................. 34
Urbi et Orbi 2010 ............................................................................................................................................. 36
Ostern 2011 (Benedikt XVI., Osternacht, 23. April 2011) ................................................................................ 38
Urbi et Orbi 2011 ............................................................................................................................................. 40
Ostern 2012 (Benedikt XVI., Osternacht, 7. April 2012) .................................................................................. 42
Urbi et Orbi 2012 ............................................................................................................................................. 44
Ostern 2013 (Franziskus, Osternacht, 30. März 2013) .................................................................................... 45
Urbi et Orbi 2013 ............................................................................................................................................. 47
Ostern 2014 (Franziskus, Osternacht 19. April 2014)...................................................................................... 48
Urbi et Orbi 2014 ............................................................................................................................................. 49
Ostern 2015 (Franziskus, Osternacht, 4. April 2015) ....................................................................................... 51
Urbi et Orbi 2015 ............................................................................................................................................. 52
1
Ostern 1997 (Johannes Paul II., Osternacht, 29. März 1997)
1. "Es werde Licht!" (Gen 1,3).
In der Osternacht verkündet die Liturgie diese Worte aus dem Buch Genesis. Sie stellen ein ausdrucksvolles
Leitmotiv dieser wunderbaren Feier dar. Zu Beginn wird das "neue Feuer" gesegnet, und an ihm wird die
Osterkerze entzündet, die in Prozession zum Altar getragen wird. Die Kerze tritt zunächst ins Dunkel ein bis
zu dem Augenblick, in dem nach dem Gesang des dritten "Lumen Christi" die ganze Basilika in hellem Licht
erstrahlt.
Damit wurden die Elemente der Finsternis und des Lichtes, des Todes und des Lebens, miteinander
verbunden. Vor diesem Hintergrund erklingt der biblische Schöpfungsbericht. Gott sagt: "Es werde Licht"
(Gen 1,3). Es handelt sich in gewissem Sinn um den ersten Schritt zum Leben. In dieser Nacht soll sich der
einzigartige Übergang vom Tod zum Leben vollziehen, und die Lichtfeier, begleitet von den Worten der
Genesis, ist dafür die erste Ankündigung.
2. Im Prolog seines Evangeliums schreibt Johannes über das Wort, das Fleisch geworden ist: "In ihm war das
Leben, und das Leben war das Licht der Menschen" (Joh 1,4). Diese heilige Nacht wird also zu einer
außerordentlichen Offenbarung dieses Lebens, das das Licht der Menschen ist. (Joh 1,4). An dieser
Kundgebung haben die ganze Kirche und insbesondere die Katechumenen teil, die während dieser Feier die
Taufe empfangen.
Die Petersbasilika empfängt euch, liebe Schwestern und Brüder, die ihr in Kürze auf Christus, unser
Osterlamm, getauft werdet. Zwei von euch kommen aus Albanien und zwei aus Zaire, aus Ländern, die
dramatische Stunden ihrer Geschichte durchleben: Der Herr erhöre den Schrei der Armen und führe sie auf
dem Weg zu Frieden und Freiheit! Andere unter euch kommen aus Benin, von Kap Verde, aus China und
aus Taiwan. Für jeden von euch, die ihr in dieser Versammlung die Erstlingsfrüchte der von Christus
erlösten, neuen Menschheit repräsentiert, bete ich, damit ihr immer treue Zeugen seines Evangeliums seid.
Die liturgischen Lesungen der Osternacht verbinden die beiden Elemente des Feuers und des Wassers
miteinander. Das Element des Feuers, das Licht bringt, und das Element des Wassers, das zur "Materie" des
Sakramentes der Wiedergeburt, das heißt der Taufe, wird. "Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist
geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen" (Joh 3,5). Der Durchzug der Israeliten durch das
Rote Meer, das heißt die Befreiung von der Knechtschaft Ägyptens, ist Sinnbild und gleichsam
Vorwegnahme der Taufe, die von der Knechtschaft der Sünde befreit.
3. Die vielfältigen Motive, die in dieser Liturgie der Osternacht in den Schriftlesungen ihren Ausdruck
finden, fügen sich zusammen und verflechten sich so zu einem einheitlichen Bild. Der Apostel Paulus ist es,
der diese Wahrheiten am vollständigsten im Brief an die Römer wiedergibt, wie es vorher verkündet wurde:
"Wißt ihr denn nicht, daß wir alle, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden
sind? Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod, und wie Christus durch die Herrlichkeit
des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben" (Röm 6,3-4).
Diese Worte führen uns zur Mitte des christlichen Lebens selbst. Christi Tod, der heilbringende Tod, ist der
Beginn des Übergangs zum Leben, der in seiner Auferstehung offenbar wurde. "Sind wir nun mit Christus
gestorben - fährt Paulus fort -, so glauben wir, daß wir auch mit ihm leben werden. Wir wissen, daß
Christus, von den Toten auferweckt, nicht mehr stirbt, der Tod hat keine Macht mehr über ihn" (Röm 6,89).
2
4. Indem sie die Fackel des Wortes Gottes in den Händen hält, bleibt die Kirche in der Feier der Osternacht
gleichsam an einer letzten Schwelle stehen. Sie macht halt in gespannter, die ganze Nacht andauernder
Erwartung. Beim Grab erwarten wir das Geschehen, das sich vor zweitausend Jahren ereignet hat. Die
ersten Zeugen dieses außerordentlichen Ereignisses waren die Frauen von Jerusalem: Sie kamen zu dem
Ort, wo Jesus am Karfreitag begraben worden war, und fanden das leere Grab. Eine Stimme überraschte
sie: "Ihr sucht Jesus von Nazaret, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden; er ist nicht hier. Seht, da ist die
Stelle, wo man ihn hingelegt hatte. Nun aber geht und sagt seinen Jüngern, vor allem Petrus: Er geht euch
voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat" (Mk 16,6-7).
Niemand hat mit eigenen Augen die Auferstehung Christi gesehen. Die Frauen, die zum Grab gekommen
waren, waren die ersten, die das Ereignis feststellten, als es schon geschehen war.
Die zur Feier der Osternacht versammelte Kirche hört von neuem in schweigender Erwartung dieses
Zeugnis und bekundet dann ihre große Freude. Wir haben vor kurzem aus dem Mund des Diakons den Ruf
gehört: "Annuntio vobis gaudium magnum ... Ich verkünde euch eine große Freude, halleluja!"
Laßt uns diese Botschaft mit offenem Herzen aufnehmen, laßt uns zusammen an der großen Freude der
Kirche teilhaben.
Christus ist wahrhaft auferstanden! Halleluja!
Urbi et Orbi 1997
1. "Victimae paschali laudes / immolent Christiani ...".
"Dem Osterlamm, das geopfert ward, / weihet, ihr Christen, das Opfer des Lobes!
Das Lamm erlöste die Schafe; / Christus, der ohne Schuld, / versöhnte die schuldige Welt mit dem Vater."
Ich wende mich an euch, Christen! Ich wende mich an euch, Katholiken, Orthodoxe, Anglikaner,
Protestanten! Ich wende mich an euch mit der wunderbaren Nachricht: Christus ist auferstanden! Er, der
von Johannes dem Täufer als Lamm Gottes bezeichnet wurde (vgl. Joh 1,29.36), hat seine Herde gerettet:
"Agnus redemit oves." Christus hat die Herde der gesamten Menschheit gerettet, alle Menschen, ohne
Ausnahme. Christus, das unschuldige Opfer am Kreuz, hat uns Sünder mit dem Vater versöhnt. Er, der ohne
Sünde war, hat uns Sünder zum Vater zurückgeführt. An diesem hochheiligen Osterfest verkünden wir die
Versöhnung der Menschheit mit dem Vater durch Christus, der für uns gehorsam war bis zum Tod: "Victima
paschalis."
2. "Mors et vita / duello conflixere mirando ...".
"Tod und Leben stritten im Kampfe, wie nie einer war; / der Fürst des Lebens erlag dem Tod; / zum Leben
erstanden, triumphiert er als König."
Der Mensch, der gegen das Böse kämpft, der sich immer gegen den Tod auflehnt, der das Leben vor jeder
Gefahr schützen und retten will, dieser Mensch möge heute innehalten. Er möge innehalten und staunen.
Ja, heute wurde der Tod besiegt. Der Sohn Gottes, geboren von der Jungfrau, Gott von Gott, Licht vom
Licht, der Sohn Gottes, eines Wesens mit dem Vater, hat den schmachvollen Tod am Kreuz auf sich
genommen. Am Karfreitag war er ins Grab gelegt worden, und heute vor Sonnenaufgang hat er den Stein
vom Grab weggewälzt und ist mit eigener Kraft auferstanden: "Dux vitae mortuus regnat vivus."
3. "Dic nobis, Maria, / quid vidisti in via? ..."
"Maria, sage uns an: / Was hast du auf dem Wege gesehen?" "Ich sah das Grab, / und Christus sah ich, der
lebt! / ... Ich sah das Tuch und die Linnen / und sah die Engel, die sagten mir sichere Kunde."
Die Auferstehung Christi ist von den Zeugen bestätigt, durch diejenigen, die in der Morgendämmerung am
ersten Tag nach dem Sabbat, das heißt heute, zum Grab gingen. Zuerst die Frauen und nach ihnen die
3
Apostel. Die alte liturgische Sequenz richtet sich an Maria von Magdala, denn ihr war es gegeben, nicht nur
das leere Grab zu entdecken, sondern den Aposteln das Ereignis zu verkünden. Petrus und Johannes eilten
herbei und stellten fest, daß das, was die Frauen gesagt hatten, wahr war.
4. Wir wenden uns an dich, Maria von Magdala, die du, unter dem Kreuz kniend, die Füße des sterbenden
Christus geküßt hast. Unter dem Antrieb der Liebe bist du zum Grab gelaufen und hast es leer gefunden; Als
erste hast du den Auferstandenen gesehen und mit ihm gesprochen. Reuige Sünderin, Christus hat dich in
gewisser Weise den Aposteln gleichgestellt, indem er dir die Nachricht von der Auferstehung in den Mund
legte. Freu dich, Maria von Magdala! Freut euch, Petrus und Johannes! Freut euch, Apostel alle! Freue dich,
Kirche, denn das Grab ist leer. Christus ist erstanden! Dort, wo man ihn hingelegt hatte, lagen nur die
Leinenbinden, lag nur das Schweißtuch, in das man ihn am Karfreitag gewickelt hatte. Verkündet
zusammen mit uns und mit der ganzen Menschheit: "Surrexit Christus spes mea - Surrexit Christus spes
nostra!"
5. Verkündet mit uns, daß Christus die Hoffnung auch derer ist, die das Dasein und die Zukunft durch Krieg
und Haß gefährdet sehen, besonders im Herzen des afrikanischen Kontinents. Das Licht Christi leite die
Verantwortlichen der Nationen, die gerufen sind, durch ihre Entscheidungen das Zusammenleben unter
verschiedenen Völkern, Kulturen und Religionen, wie im Heiligen Land, zu lenken. Die Kraft des
Auferstandenen stütze diejenigen, die den Frieden und die Demokratie zu festigen suchen, die oft um den
Preis so vieler Opfer, wie in den Balkanländern und insbesondere im geliebten Albanien, erzielt wurden. Die
Liebe Christi, die stärker ist als Sünde und Tod, schenke allen den Mut zur Vergebung und Versöhnung,
ohne die es keine menschenwürdige Lösungen gibt: Wir denken dabei ganz besonders an die Personen, die
in Lima, in Peru, seit vielen Monaten als Geiseln festgehalten werden. Möge ihnen endlich die langersehnte
Freiheit gewährt werden!
6. An der Osterfreude mögen alle unsere Brüder und Schwestern im Glauben teilhaben, die in
verschiedenen Teilen der Welt Opfer von Unterdrückung und Verfolgung sind. Sie können leider dieses Fest
der Erlösung nicht so feiern, wie sie es gewollt hätten. Sie sollen nicht den Mut verlieren, Sie sollen sich
nicht verlassen fühlen! Christus ist mit ihnen, die Kirche ist mit ihnen!
"Surrexit Christus spes mea."
Christus ist wahrhaft erstanden! In ihm können wir heute die Macht des Bösen überwinden. Er bietet uns
allen ein neues Leben an. Ihm ist es zu verdanken, daß jeder sich von jetzt an den Brüdern und Schwestern
in Liebe öffnen kann durch Annahme, Dienst und Vergebung. Ja, Christus ist auferstanden, Alles bekommt
einen neuen Sinn und Wert.
7. Scimus Christum / surrexisse a mortuis vere."
"Wir wissen: Christus ist auferstanden! / Wahrhaft erstanden vom Tode!" Das Zeugnis der Frauen und der
Apostel, das Zeugnis der Kirche, erreicht nicht nur Jerusalem und das Gebirge von Galiläa. Es verbreitet sich
bis an die äußersten Grenzen der Erde. Am Ende des zweiten Jahrtausends, während das Große Jubiläum
des Jahres 2000 näherrückt, erklingt überall dieses Zeugnis: Christus ist erstanden! "Scimus Christum
surrexisse a mortuis vere!" Wir glauben, weil wir wissen: scimus. Und aus der Tiefe dieser höchsten
Gewißheit, in der das Wort Gottes und die Vernunft des Menschen zusammentreffen, rufen wir zu dir, dem
gekreuzigten und auferstandenen Christus: "Tu nobis, victor Rex, miserere!" Amen. Halleluja!
Ostern 1998 (Johannes Paul II., Osternacht, 11. April 1998)
1. "Laßt uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich" (Gen 1,26). "Gott schuf also den Menschen
als sein Abbild, als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie" (Gen 1,27).
4
In dieser Osternachtsfeier verkündet die Liturgie das erste Kapitel des Buches Genesis, das das Geheimnis
der Schöpfung und insbesondere die Erschaffung des Menschen schildert. Unsere Aufmerksamkeit richtet
sich erneut auf das Geheimnis des Menschen, das in Christus und durch Christus voll offenbar wird.
"Fiat lux", "faciamus hominem": Diese Worte aus der Genesis enthüllen die ganze Wahrheit, wenn sie im
Schmelztiegel des Pascha des Wortes geläutert werden (vgl. Ps 12,7). Durch die Ruhe des Karsamstags,
durch die Stille des Wortes erreichen sie ihren Vollsinn: Dieses "Licht" ist neues Licht, das keinen Untergang
kennt; dieser "Mensch" ist "der neue Mensch", "der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer
Gerechtigkeit und Heiligkeit" (Eph 4,24).
Die Neuschöpfung wird an Ostern Wirklichkeit. Im Geheimnis des Todes und der Auferstehung Christi wird
alles erlöst, und alles wird vollkommen gut gemäß dem ursprünglichen Plan Gottes.
Vor allem der Mensch, der verlorene Sohn, der das wertvolle Gut der Freiheit durch die Sünde
verschleudert hat, erlangt seine verlorene Würde wieder. "Faciamus hominem ad imaginem et
similitudinem nostram." Wie wahr und tief erklingen diese Worte in der Osternacht! Und welche
unvergleichliche Aktualität haben sie für den Menschen unserer Zeit, der, obwohl er so um seine
Möglichkeiten weiß, das Universum zu beherrschen, oft auch so verwirrt ist gegenüber dem wahren Sinn
seines Daseins, in dem er die Spuren des Schöpfers nicht mehr zu erkennen vermag.
2. In diesem Zusammenhang kommen mir einige Stellen aus der Konstitution Gaudium et spes des II.
Vatikanischen Konzils in den Sinn, die gut mit der wunderbaren Symphonie der Lesungen der Osternacht
harmonieren. Denn dieses Konzilsdokument offenbart bei eingehenderer Untersuchung einen tiefen
österlichen Charakter sowohl im Inhalt als auch in seiner anfänglichen Ausrichtung. Wir lesen: "Tatsächlich
klärt sich nur im Geheimnis des fleischgewordenen Wortes das Geheimnis des Menschen wahrhaft auf.
Denn Adam, der erste Mensch, war das Vorausbild des zukünftigen (vgl. Röm 5,14), nämlich Christi des
Herrn. Christus ... (ist) 'das Bild des unsichtbaren Gottes' (Kol 1,15)..., er ist zugleich der vollkommene
Mensch, der den Söhnen Adams die Gottebenbildlichkeit wiedergab, die von der ersten Sünde her
verunstaltet war... Denn er, der Sohn Gottes, hat sich in seiner Menschwerdung gewissermaßen mit jedem
Menschen vereinigt... Durch sein Leiden für uns hat er uns nicht nur das Beispiel gegeben, daß wir seinen
Spuren folgen, sondern er hat uns auch den Weg gebahnt, dem wir folgen müssen, damit Leben und Tod
geheiligt werden und neue Bedeutung erhalten. Der christliche Mensch empfängt, gleichförmig geworden
dem Bild des Sohnes, der der Erstgeborene unter vielen Brüdern ist, 'die Erstlingsgaben des Geistes' (Röm
8,23)... Durch diesen Geist, der das 'Unterpfand der Erbschaft' (Eph 1,14) ist, wird der ganze Mensch
innerlich erneuert bis zur 'Erlösung des Leibes' (Röm 8,23): 'Wenn der Geist dessen, der Jesus von den
Toten erweckt hat, in euch wohnt, wird er, der Jesus Christus von den Toten erweckt hat, auch eure
sterblichen Leiber lebendig machen wegen des in euch wohnenden Geistes' (Röm 8,11)... dem österlichen
Geheimnis verbunden und dem Tod Christi gleichgestaltet, geht er (der Christ), durch Hoffnung gestärkt,
der Auferstehung entgegen" (Nr. 22).
3. Diese Worte des jüngsten Konzils stellen uns erneut das Geheimnis der Berufung jedes Getauften vor
Augen. Sie verdeutlichen es ganz besonders euch, liebe Katechumenen, die ihr einer alten Tradition der
Kirche gemäß die heilige Taufe im Verlauf dieser Osternachtsfeier empfangt. Wir grüßen euch voll Liebe
und danken euch für euer Zeugnis.
Ihr stammt aus verschiedenen Ländern der Welt: aus Kanada, China, Kolumbien, Indien, Italien, Polen und
Südafrika.
Meine Lieben, die Taufe ist in ganz besonderer Weise euer Ostern, das Sakrament eurer Erlösung, eurer
Wiedergeburt in Christus durch den Glauben und das Werk des Heiligen Geistes, kraft dessen ihr Gott
"Vater" nennen dürft und ihr Söhne im Sohn sein werdet.
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Wir wünschen euch, daß das neue Leben, das ihr in dieser hochheiligen Nacht als Geschenk empfangt, sich
bis zu seiner Fülle entfalte und reiche Früchte der Liebe, der Freude und des Friedens, Früchte des ewigen
Lebens bringe.
4. "O vere beata nox!" singt die Kirche im Osterlob, während sie die großen Taten Gottes im Alten Bund
beim Auszug Israels aus Ägypten in Erinnerung ruft. Es ist die prophetische Ankündigung des Exodus der
Menschheit aus der Knechtschaft des Todes zum neuen Leben durch das Pascha Christi.
O vere beata nox! wollen wir mit dem Osterhymnus wiederholen, während wir das universale Geheimnis
des Menschen im Licht der Auferstehung Christi betrachten. Am Anfang schuf ihn Gott als sein Abbild, ihm
ähnlich. Durch Christus, den Gekreuzigten und Auferstandenen, wird dieses Abbild Gottes, das von der
Sünde getrübt worden ist, wiederhergestellt und zur Vollendung gebracht. Und wir können mit den Worten
eines antiken Autors sprechen: Mensch, schaue dich selbst an! Erkenne deine Würde und deine Berufung!
Christus, der in dieser heiligen Nacht den Tod besiegt hat, öffnet dir das Tor des Lebens und der
Unsterblichkeit.
Ich lasse die Worte des Diakons, der die österliche Botschaft feierlich verkündet hat, nachklingen und
wiederhole voll Freude: Annuntio vobis gaudium magnum: surrexit Dominus vere! Surrexit hodie!
Amen!
Urbi et Orbi 1998
1. "Ihr wißt, was mit Jesus von Nazaret geschehen ist ...
wir sind Zeugen für alles, was er im Land der Juden und in Jerusalem getan hat" (vgl. Apg 10,37-39).
Mit diesen Worten wandte sich der Apostel Petrus, Zeuge von Christi Auferstehung, an den Hauptmann
Kornelius und dessen Angehörige. Heute sprechen die Zeugen. Es sprechen die Augenzeugen, die bei dem
Geschehen am Karfreitag zugegen waren, die sich vor dem Hohen Rat fürchteten, die das Grab am dritten
Tag leer fanden: Zeugen der Auferstehung waren zunächst die Frauen aus Jerusalem und Maria aus
Magdala, dann die Apostel, die von den Frauen benachrichtigt worden waren: zuerst Petrus und Johannes,
dann alle anderen. Zeuge war auch Saulus von Tarsus, der sich vor den Toren von Damaskus bekehrt hatte
und den Christus die Macht seiner Auferstehung erfahren ließ, um ihn so zum auserwählten Gefäß für den
missionarischen Eifer der Urkirche zu machen.
2. Ja, heute ergreifen die Zeugen das Wort: nicht nur die ersten, die Augenzeugen, sondern auch
diejenigen, die von ihnen die Osterbotschaft vernommen und für Christus, den Gekreuzigten und
Auferstandenen, von Generation zu Generation Zeugnis abgelegt haben. Manche besiegelten ihr Zeugnis
sogar mit dem eigenen Blut. Ihnen ist es zu verdanken, daß die Kirche ihren Weg fortgesetzt hat, auch unter
schweren Verfolgungen und hartnäckigen Widerständen. Aus diesem ununterbrochenen Zeugnis ist die
Kirche erwachsen und hat sich über die ganze Erde verbreitet. Heute ist das Fest aller Zeugen, auch derer
unseres Jahrhunderts, die Christus verkündet haben unter "großer Bedrängnis" (Offb 7,14).
Sie haben seinen Tod und seine Auferstehung bekannt in den Konzentrationslagern und Gulags, unter
Bomben- und Kugelhagel inmitten des Terrors, den blinder Haß entfesselt hatte, der auf so schmerzliche
Weise Einzelpersonen und ganze Völker hineinzog. Sie alle kommen heute aus der großen Bedrängnis und
gesingen die Herrlichkeit Christi: In Ihm, der aus der Nacht des Todes erstand, wurde das Leben offenbar.
3. Heute sind auch wir Zeugen des auferstandenen Christus, und wir erneuern seine Friedensbotschaft an
die ganze Menschheit, die dem dritten Jahrtausend entgegengeht. Wir bezeugen seinen Tod und seine
Auferstehung besonders vor den Menschen unserer Zeit, die in Bruderkriege und Massaker verwickelt sind,
welche die Wunden ethnischer Rivalitäten erneut aufreißen und nunmehr in verschiedenen Gebieten aller
Erdteile, besonders in Afrika und in Europa, den Samen des Todes und neuer Konflikte für eine unheilvolle
6
Zukunft in die Erde senken. Diese Botschaft des Friedens gilt all denen, die einen scheinbar endlosen
Kreuzweg gehen, die in ihrem Bestreben nach Achtung der Würde und Rechte der Person, nach
Gerechtigkeit, nach Arbeit und nach gerechteren Lebensbedingungen enttäuscht werden.
Vom Geist dieser Botschaft mögen sich die Verantwortlichen der Völker und alle Menschen guten Willens
leiten lassen, besonders im Nahen Osten und vor allem in Jerusalem, wo der Frieden von gefährlichen
politischen Optionen aufs Spiel gesetzt wird. Die Friedensbotschaft ermutige den, der an den Dialog
geglaubt hat und noch glaubt, um nationale und internationale Spannungen zu lösen; sie gieße in die
Herzen aller den Mut zur Hoffnung ein, der aus der erkannten und geachteten Wahrheit erwächst, damit
sich in der Welt neue und verheißungsvolle Horizonte der Solidarität eröffnen. 4. Christus, für uns
gestorben und auferstanden, sei du das Fundament unserer Hoffnung! Wir wollen uns das Zeugnis des
Petrus und das jahrhundertelange Zeugnis so vieler Brüder und Schwestern zu eigen machen, um es an der
Schwelle des dritten Jahrtausends erneut vorzustellen. Ja, "der Stein, den die Bauleute verwarfen, er ist
zum Eckstein geworden" (Ps 118, 22). Auf diesem Fundament ist die Kirche des lebendigen Gottes gebaut,
die Kirche des auferstandenen Christus. In der heutigen Liturgie singt diese Kirche einen alten und immer
neuen Hymnus. Mit bewegenden Worten verkündet sie den Sieg des Lebens über den Tod: "Mors et vita
duello conflixere mirando. . ." "Tod und Leben stritten im Kampfe, wie nie einer war; der Fürst des Lebens
erlag dem Tod; zum Leben erstanden, triumphiert er als König." Und als sei es erst gestern geschehen,
wendet sich die Kirche an Maria aus Magdala, die als erste dem auferstandenen Herrn begegnet ist: "Dic
nobis, Maria, quid vidisti in via?" "Maria, sage uns an: Was hast du auf dem Wege gesehen? Ich sah das
Grab, und Christus sah ich, der lebt! In seiner Klarheit sah ich den erstandenen Herrn. Ich sah das Tuch und
die Linnen und sah die Engel, die sagten mir sichere Kunde. Ja, auferstanden ist Christus, er, meine
Hoffnung! Nach Galiläa geht er den Seinen voran."
5. Heute wie damals willst du, der Auferstandene, uns begegnen an allen Orten der Erde, wie du gestern
den Aposteln in Galiläa begegnet bist. Aufgrund dieser Begegnung können auch wir bekräftigen: "Scimus
Christum surrexisse a mortuis vere: tu nobis, victor Rex, miserere." "Wir wissen: Christus ist auferstanden!
Wahrhaft erstanden vom Tode! Du Sieger, du unser König, erbarme dich unserer Not!"
Ostern 1999 (Johannes Paul II., Osternacht, 3. April 1999)
1. »Der Stein, den die Bauleute verwarfen, ist zum Eckstein geworden« (Ps 118,22).
In dieser Nacht spricht die Liturgie zu uns durch die Fülle und den Reichtum des Wortes Gottes. Diese
nächtliche Feier ist nicht nur die Mitte des Kirchenjahres, sondern gleichsam sein Urbild. Denn in ihr
enfaltet sich das ganze sakramentale Leben. Der Tisch, um den die Kirche in dieser Nacht ihre Söhne und
Töchter, vor allem die Taufanwärter, versammelt, ist reich und festlich gedeckt. Liebe Katechumenen, ich
wende mich zuerst an euch, die ihr in Kürze aus Wasser und Geist wiedergeboren werdet (vgl. Joh 3,5).
Mit großer Freude grüße ich euch und zugleich eure Herkunftsländer: Albanien, Kap Verde, China,
Frankreich, Marokko und Ungarn.
Durch die Taufe werdet ihr Glieder des Leibes Christi und voll berechtigt, an seiner geheimnisvollen
Gemeinschaft teilzuhaben. Möge euer Leben ständig in dieses Ostergeheimnis eingetaucht bleiben, so daß
ihr stets authentische Zeugen der Liebe Gottes seid.
2. Nicht nur ihr, liebe Katechumenen, sondern alle Getauften sind in dieser Nacht zur tiefen
Glaubenserfahrung dessen eingeladen, was wir soeben in der Lesung gehört haben: »Wißt ihr denn nicht,
daß wir alle, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind? … Wir wurden
mit ihm begraben … und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so
sollen auch wir als neue Menschen leben« (Röm 6,3-4).
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Christsein bedeutet, persönlich am Tod und an der Auferstehung Christi teilzuhaben. Diese Teilhabe wird
auf sakramentale Weise durch die Taufe bewirkt, auf der sich die christliche Existenz eines jeden von uns
wie auf einem festen Fundament aufbaut. Und deshalb hat uns der Antwortpsalm zum Dank aufgefordert:
»Danket dem Herrn, denn er ist gütig, denn seine Huld währt ewig … Die Rechte des Herrn … wirkt mit
Macht! Ich werde nicht sterben, sondern leben, um die Taten des Herrn zu verkünden« (Ps 118,1-2.16-17).
In dieser heiligen Nacht wiederholt die Kirche dieses Danklied und bekennt die Wahrheit über Christus, der
gestorben ist und begraben wurde, aber am dritten Tage auferstand (vgl. Credo).
3. »Als eine Nacht des Wachens zur Ehre des Herrn gilt sie …in allen Generationen« (Ex 12,42).
Diese Worte aus dem Buch Exodus bilden den Abschluß des Berichtes über den Auszug der Israeliten aus
Ägypten. Einen besonderen Klang erhalten sie in der Osternacht, da sie zur vollen Bedeutung gelangen.
Denken wir in diesem Jahr, das Gott dem Vater gewidmet ist, nicht unwillkürlich daran, daß diese Nacht,
die Osternacht, die lange »Nachtwache des Vaters« ist? Diese »Nacht des Wachens« Gottes umfaßt das
ganze österliche Triduum. Ganz besonders aber »wacht« der Vater am Karsamstag, während der Sohn im
Grab liegt. Das Geheimnis des Sieges Christi über die Sünde der Welt ist gerade in diesem Wachen des
Vaters verborgen. Er »wacht« über die ganze Sendung des Sohnes auf Erden. Sein unendliches Mitleiden
erreicht den Höhepunkt in der Stunde des Leidens und Sterbens: in der Stunde, da der Sohn verlassen wird,
damit die Kinder gerettet werden; da der Sohn verachtet und geschmäht wird, damit die Kinder
wiedergefunden werden; da der Sohn stirbt, damit die Kinder das Leben erlangen.
Das Wachen des Vaters begründet die Auferstehung des Sohnes. Auch in der Todesstunde wird die
Liebesbeziehung in Gott nicht geschmälert. Der Heilige Geist, der vom gekreuzigten und sterbenden Jesus
ausströmt, erhellt die Finsternis des Bösen, er macht Christus lebendig und setzt ihn ein als Sohn Gottes in
Macht und Herrlichkeit (vgl. Röm 1,4).
4. »Der Stein, den die Bauleute verwarfen, ist zum Eckstein geworden« (Ps 118,22). Welchen Glanz erhält
diese vom Psalmisten besungene Wahrheit im Licht der Auferstehung Christi! Der Menschensohn, der zu
einem schändlichen Tod Verurteilte, Gekreuzigte und Auferstandene, er ist für das Leben der Kirche und
eines jeden Christen zum Eckstein geworden.
»Das hat der Herr vollbracht, vor unseren Augen geschah dieses Wunder« (Ps 118,23). Das hat sich in dieser
heiligen Nacht ereignet. Die Frauen konnten es feststellen, als sie »am ersten Tag der Woche, früh
morgens, als es noch dunkel war« (Joh 20,1), zum Grab gekommen waren, um den Leichnam des Herrn zu
salben, und das Grab leer fanden. Sie hörten die Stimme des Engels: »Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr
sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden« (vgl. Mt 28,1-5).
So erfüllten sich die prophetischen Worte des Psalmisten: »Der Stein, den die Bauleute verwarfen, ist zum
Eckstein geworden.« Das ist unser Glaube. Das ist der Glaube der Kirche, und wir rühmen uns, ihn an der
Schwelle zum dritten Jahrtausend bekennen zu dürfen. Denn Christi Ostern ist die Hoffnung der Welt,
gestern, heute und in Ewigkeit.
Amen!
Urbi et Orbi 1999
1. »Haec est dies quam fecit Dominus.« »Das ist der Tag, den der Herr gemacht.« Wir lesen im Buch
Genesis, daß am Anfang die Schöpfungstage waren, in denen Gott »Himmel und Erde und ihr ganzes
Gefüge vollendete« (2,1). Er schuf den Menschen nach seinem Bild und Gleichnis, und am siebten Tag ruhte
er (vgl. 2,2). Im Verlauf der Osternacht hörten wir diese eindrucksvolle Erzählung, die uns zum Anfang des
Universums zurückführt, als Jahwe den Menschen zum Verwalter der Schöpfung einsetzte und ihn seines
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Lebens teilhaftig machte. Er schuf den Menschen, damit er in der Lebensfülle lebe. Aber die Sünde gewann
die Oberhand, und mit ihr trat der Tod in die menschliche Geschichte ein. Durch die Sünde wurde der
Mensch gleichsam von den Schöpfungstagen abgeschnitten.
2. Wer konnte die Verbindung zwischen Erde und Himmel, zwischen dem Menschen und seinem Schöpfer
wiederherstellen? Die Antwort auf diese Frage, die dem Menschen keine Ruhe läßt, kommt von Christus,
der die Ketten des Todes zerbrach und über die Menschen den Glanz seines Lichtes erstrahlen ließ. Deshalb
dürfen wir heute morgen der Welt zurufen: Das ist der Tag, den der Herr gemacht hat. Es ist ein neuer Tag:
Christus ist in die menschliche Geschichte eingetreten und hat ihren Lauf geändert. Es ist das Geheimnis der
neuen Schöpfung, deren staunende Zeugen wir durch die Liturgie in diesen Tagen wurden. Durch seinen
Opfertod am Kreuz hat Christus die Verdammnis der alten Schuld aufgehoben und die Gläubigen der Liebe
des Vaters zugeführt. »Felix culpa quae tantum ac talem meruit habere Redemptorem!« »O glückliche
Schuld, welch großen Erlöser hast du gefunden!« So heißt es im Osterlob. Indem er den Tod auf sich nahm,
hat Christus den Tod besiegt. Durch seinen Tod hat er Adams Sünde getilgt. Sein Sieg ist der Tag unserer
Erlösung.
3. »Haec est dies quam fecit Dominus.« Der Tag, den der Herr gemacht, ist ein Tag des Staunens. Nach dem
Sabbat kamen in der Morgendämmerung des ersten Tages der Woche »Maria aus Magdala und die andere
Maria, um nach dem Grab zu sehen« (Mt 28,1). Als erste fanden sie das Grab leer. Als bevorzugte
Zeuginnen der Auferstehung des Herrn überbrachten sie den Aposteln die Nachricht. Dann liefen Petrus
und Johannes zum Grab, sie sahen und glaubten. Christus hat sie als seine Jünger erwählt, nun werden sie
seine Zeugen. So vollendet sich ihre Berufung: Zeugen zu sein für das erstaunlichste Geschehen der
Geschichte, das leere Grab und dann die Begegnung mit dem Auferstandenen.
4. »Haec est dies quam fecit Dominus.« Das ist der Tag, an dem jeder Gläubige, wie die Jünger, aufgerufen
ist, die überraschende Neuheit des Evangeliums zu verkünden. Aber wie kann diese Botschaft der Freude
und Hoffnung ankommen, wenn Trauer und Tränen viele Teile der Welt überfluten? Wie kann man vom
Frieden sprechen, wenn man Volksgruppen zur Flucht zwingt, wenn man Menschen verjagt und ihnen das
Dach über dem Kopf abbrennt? Wie kann man vom Frieden sprechen, wenn der Himmel vom Donner des
Krieges erbebt, wenn über den Wohnhäusern das Zischen der Geschoße widerhallt und ein Feuermeer von
Bomben die Städte und Dörfer zerstört? Genug des grausamen Blutvergießens der Menschen! Wann wird
die teuflische Spirale der Rache und irrsinnigen Brudermorde endlich brechen?
5. Vom auferstandenen Herrn erflehe ich das kostbare Geschenk des Friedens vor allem für die gemarterte
Erde des Kosovo, wo Tränen und Blut sich weiter vermischen in einem dramatischen Szenarium von Haß
und Gewalt. Ich denke an die Ermordeten, an die Obdachlosen, an die getrennten Familien, an die weit
zerstreuten Flüchtlinge. Die Solidarität aller möge sich mobilisieren, damit endlich wieder die Brüderlichkeit
und der Frieden das Wort haben! Kann es uns kalt lassen, wenn ein Strom leidender Männer und Frauen
aus dem Kosovo an unsere Türen klopft und um Hilfe fleht? An diesem heiligen Tag spüre ich die Pflicht, aus
tiefem Kummer einen Aufruf an die Regierenden der Bundesrepublik Jugoslawien zu richten: Sie mögen die
Öffnung eines humanitären Korridors gestatten, der es ermöglicht, den Bevölkerungsgruppen Hilfe zu
bringen, die an der Grenze des Kosovo versammelt sind. Für das Werk der Solidarität darf es keine Grenzen
geben; Korridore der Hoffnung sind immer nötig.
6. Ich denke auch die Gebiete in Afrika, wo besorgniserregende Kriegsherde immer noch nicht gelöscht
sind; an die Völker Asiens, wo gefährliche soziale Spannungen nicht nachlassen; an die Länder
Lateinamerikas, die bemüht sind, auf dem mühsamen und steinigen Weg für größere Gerechtigkeit und
Demokratie voranzuschreiten. Angesichts dieser andauernden Zeichen des Krieges, dieser vielen
schmerzlichen Niederlagen des Lebens ermutigt uns Christus, der Sieger über Sünde und Tod, nicht
aufzugeben. Der Frieden ist möglich, der Frieden ist Pflicht, der Frieden ist vorrangige Verantwortung aller!
Möge das heraufziehende dritte Jahrtausend den Anbruch einer neuen Ära schauen, in der die Achtung für
jeden Menschen und die brüderliche Solidarität unter den Völkern mit Gottes Hilfe die Kultur des Hasses,
der Gewalt und des Todes überwinden.
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7. An diesem Tag ruft die Kirche auf dem ganzen Erdkreis zur Freude auf: »Erschienen ist der freudenreiche
Tag, den wir alle ersehnt haben. Heute ist Christus erstanden. Halleluja, halleluja!« (Polnisches Lied aus
dem 17. Jh.). »Haec est dies quam fecit Dominus: Exultemus et laetemur in ea.« »Das ist der Tag, den der
Herr gemacht, laßt uns jubeln und seiner uns freun.« Ja, heute ist der Tag des Jubels und der Freude. Maria
freut sich, nachdem sie auf Golgota mit dem heilbringenden Kreuz des Sohnes verbunden wurde. »Regina
caeli, laetare.«
Mit dir, Mutter des Auferstandenen, dankt die Kirche Gott für das Wunder des neuen Lebens, das Ostern
jedes Jahr für Rom und die ganze Welt, Urbi et Orbi, bereithält! Christus ist das neue Leben: Er, der
Auferstandene!
Ostern 2000 (Johannes Paul II., Osternacht, 22. April 2000)
1. "Ihr sollt eine Wache haben. Geht und sichert das Grab, so gut ihr könnt" (Mt 27,65).
Jesu Grab wurde verschlossen und versiegelt. Auf die Bitte der Hohenpriester und Pharisäer hin wurden
Soldaten zur Wache aufgestellt, damit niemand den Leichnam stehlen konnte (vgl. Mt 27,62-64). Von
diesem Ereignis geht die Liturgie der Osternacht aus.
Diejenigen, die den Tod Christi gewollt hatten, weil sie ihn für einen "Betrüger" hielten (Mt 27,62),
bewachten sein Grab. Ihr Wunsch war es, ihn und seine Botschaft für immer zu begraben.
Nicht weit entfernt davon wachten Maria und mit ihr die Apostel und einige Frauen. Sie standen noch ganz
unter dem erschütternden Eindruck der jüngsten Ereignisse.
2. In dieser Nacht wacht die Kirche an allen Orten der Erde und geht gleichsam von neuem den Weg der
Heilsgeschichte. Die Liturgie, die wir feiern, ist Ausdruck dieses "Wachens", das in gewisser Weise an das
Wachen des Herrn erinnert, von dem im Buch Exodus die Rede ist: "Eine Nacht des Wachens war es für den
Herrn, als er sie aus Ägypten herausführte. Als eine Nacht des Wachens zur Ehre des Herrn gilt sie (...) in
allen Generationen" (Ex 12,42).
In seiner fürsorglichen und treuen Liebe, die Zeit und Raum übersteigt, wacht Gott über die Welt. Der
Psalmist singt: "Nein, der Hüter Israels / schläft und schlummert nicht. / Der Herr ist dein Hüter (...) der
Herr behüte dich (...) von nun an bis in Ewigkeit" (Ps 121,4-5.8).
Auch der Übergang vom zweiten zum dritten Jahrtausend, den wir erleben, wird im Geheimnis des Vaters
behütet. Für das Heil der Welt ist er "noch immer am Werk" (Joh 5,17); durch den menschgewordenen
Sohn führt er sein Volk aus der Knechtschaft in die Freiheit, vom Tod zum Leben. Das ganze "Werk" des
Großen Jubiläums des Jahres 2000 ist sozusagen in diese Nachtwache einbezogen, die auch die Vollendung
ist für das Wachen bei der Geburt des Herrn. Betlehem und Golgota offenbaren dasselbe Geheimnis der
Liebe Gottes, denn er "hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn
glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat" (Joh 3,16).
3. Während sie in dieser heiligen Nacht Wache hält, liest die Kirche die Texte der Heiligen Schrift, die den
göttlichen Plan von der Genesis bis zum Evangelium entfalten und durch die Weihe des Feuers und des
Wassers diese einzigartige Liturgie in den Rahmen des Kosmos stellen. Das ganze geschaffene Universum ist
aufgerufen, in dieser Nacht an Christi Grab zu wachen. Vor unseren Augen läuft die Heilsgeschichte ab, von
der Schöpfung bis zur Erlösung, vom Exodus bis zum Bund auf dem Sinai, vom alten hin zum neuen und
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ewigen Bund. In dieser heiligen Nacht findet der ewige Plan Gottes, der die Geschichte des Menschen und
des Kosmos lenkt, seine Vollendung.
4. In der Feier der Osternacht, der ältesten aller nächtlichen Liturgien, kann jeder Mensch auch die eigene
persönliche Heilsgeschichte erkennen, die mit der Wiedergeburt in Christus durch die Taufe begonnen hat.
Das ist in besonderer Weise eure Erfahrung, liebe Brüder und Schwestern, die ihr in Kürze die Sakramente
der christlichen Initiation, die Taufe, die Firmung und die heilige Eucharistie, empfangt.
Ihr kommt aus verschiedenen Ländern der Welt, aus Japan, China, Kamerun, Albanien und Italien.
Die Vielfalt eurer Herkunftsländer ist ein Zeichen für die Universalität der von Christus gewirkten Erlösung.
In Kürze werdet ihr, meine Lieben, tief in das Geheimnis der Liebe Gottes, des Vaters und des Sohnes und
des Heiligen Geistes, eingebunden. Möge euer Dasein ein Lobpreis auf die Heiligste Dreifaltigkeit und ein
Zeugnis der Liebe sein, die keine Grenzen kennt.
5. "Ecce lignum Crucis, in quo salus mundi pependit: venite adoremus!" So hat die Kirche gestern gesungen,
als sie das Kreuz gezeigt hat, "an dem der Herr gehangen, das Heil der Welt". "Gekreuzigt, gestorben und
begraben", heißt es von ihm im Credo.
Das Grab! Seht, da ist die Stelle, wo sie ihn hingelegt hatten (vgl. Mk 16,6). Dort ist die ganze kirchliche
Gemeinschaft der Erde geistig anwesend. Auch wir sind dort mit den drei Frauen, die in aller Frühe zum
Grab gehen, um den leblosen Leib Jesu zu salben (vgl. Mk 16,1). Ihre Fürsorge ist auch unsere Sorge. Wir
entdecken mit ihnen, daß der große Stein vom Grab schon weggewälzt und der Leib nicht mehr da war. "Er
ist nicht hier", verkündet der Engel und verweist auf das leere Grab. Gleichzeitig deutet er auf die
Leinenbinden, die auf dem Boden liegen. Der Tod hat keine Macht mehr über ihn (vgl. Röm 6,9).
Christ ist erstanden! Das verkündet am Ende dieser Osternacht die Kirche, die gestern Christi Tod am Kreuz
ausgerufen hatte. Es ist eine Botschaft der Wahrheit und des Lebens.
"Surrexit Dominus de sepulchro, qui pro nobis pependit in ligno. Alleluia!" Aus dem Grab erstanden ist der
Herr, der für uns am Kreuz gehangen hat.
Ja, Christus ist wahrhaft auferstanden. Wir sind seine Zeugen.
Das rufen wir der Welt zu, damit unsere Freude viele andere Menschenherzen anrührt und in ihnen das
Licht der Hoffnung entfacht, die nicht trügt.
Christ ist erstanden, Halleluja!
Urbi et Orbi 2000
1. "Mors et vita duello conflixere mirando ..."
"Tod und Leben stritten im Kampf, wie nie einer war; der Fürst des Lebens erlag dem Tod; zum Leben
erstanden, triumphiert er als König" (Ostersequenz). Heute steht die Kirche staunend vor dem leeren Grab.
Wie Maria Magdalena und die anderen Frauen, die gekommen waren, um den Leib des Gekreuzigten mit
wohlriechenden Ölen zu salben, und wie die Apostel Petrus und Johannes, die auf das Wort der Frauen hin
herbeigeeilt waren, so beugt sich die Kirche über das Grab, in das ihr Herr nach der Kreuzigung gelegt
worden war. Vor einem Monat hatte ich als Pilger im Heiligen Land die Gnade, vor der Steinplatte
niederzuknien, die auf den Ort verweist, da Jesus begraben worden war. Heute, am Ostersonntag, mache
ich mir die Kunde des Himmelsboten zu eigen: "Er ist auferstanden; er ist nicht hier!" (Mk 16,6). Ja, Leben
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und Tod stritten im Kampf, und das Leben hat gesiegt für immer. Alles ist wieder auf das Leben
ausgerichtet, auf das ewige Leben!
2. "Victimae paschali laudes immolent christiani ..." "Dem Osterlamm, das geopfert ward, weihet, ihr
Christen, das Opfer des Lobes! Das Lamm erlöste die Schafe; Christus, der ohne Schuld, versöhnte die
schuldige Welt mit dem Vater." Die Worte der Ostersequenz drücken wunderbar das Geheimnis aus, as sich
im Ostern Christi vollendet. Sie weisen auf die erneuernde Kraft hin, die von seiner Auferstehung ausgeht.
Mit den Waffen der Liebe hat Gott Sünde und Tod besiegt. Der ewige Sohn, der sich entäußerte, sich
erniedrigte und gehorsam war bis zum Tod am Kreuz (vgl. Phil 2,7-8), hat das Böse bis zu seinen Wurzeln
besiegt und den reuigen Menschenherzen den Rückweg zum Vater aufgetan. Er ist die Tür des Lebens, die
an Ostern über die Pforten der Hölle triumphiert. Er ist die Tür zum Heil, die allen offen steht, die Tür des
göttlichen Erbarmens, die neues Licht wirft auf das menschliche Dasein.
3. Der auferstandene Christus zeigt den Weg der Hoffnung, auf dem wir gemeinsam voranschreiten können
in eine Welt mit mehr Gerechtigkeit und Solidarität, wo der blinde Egoismus nicht mehr über die
Schmerzensschreie vieler obsiegt und ganze Völker in drückendes Elend bringt. Möge die Botschaft des
Lebens, die beim weggewälzten Stein am Grab aus dem Mund des Engels kam, die verhärteten Herzen
erweichen, die ungerechten Schranken überwinden und eine fruchtbare Begegnung von Völkern und
Kulturen fördern. Möge das Bild des neuen Menschen, das auf dem Antlitz Christi leuchtet, alle drängen,
den unveräußerlichen Wert des menschlichen Lebens anzuerkennen; möge es angemessene Antworten
hervorbringen auf den immer stärkeren Anspruch auf Gerechtigkeit und gleiche Bedingungen in allen
Bereichen des gesellschaftlichen Lebens; möge es den Einzelnen und den Staaten den Anstoß geben zur
vollen Achtung der wahren Grundrechte, die in der Natur des Menschen verwurzelt sind.
4. Herr Jesus Christus, du bist unser Friede (Eph 2,14), du bist das Wort, das vor zweitausend Jahren Fleisch
geworden ist, du hast durch deine Auferstehung das Böse und die Sünde besiegt. Schenke der Menschheit
des dritten Jahrtausends einen gerechten und dauerhaften Frieden. Laß die Dialoge gelingen, die von
Menschen guten Willens angeknüpft wurden, die trotz großer Ratlosigkeit und vieler Widrigkeiten den
besorgniserregenden Konflikten in Afrika, den bewaffneten Auseinandersetzungen in manchen Ländern
Lateinamerikas, den anhaltenden Spannungen im Nahen Osten, in weiten Gebieten Asiens und in einigen
Teilen Europas ein Ende setzen wollen. Hilf den Nationen, alte und neue Rivalitäten zu überwinden und die
Gefühle von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zurückzudrängen. Möge sich die ganze Erde eingetaucht
in den Glanz der Auferstehung, freuen, weil "das Licht des ewigen Königs die Finsternis der Welt besiegt
hat" (Osterlob der Feier der Osternacht). Ja, Christus ist siegreich erstanden und hat dem Menschen, dem
Erben Adams in Sünde und Tod, ein neues Erbe des Lebens und der Herrlichkeit angeboten.
5. "Ubi est mors stimulus tuus?" "Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?" (1 Kor 15,55),
so ruft der Apostel Paulus,
als er auf dem Weg nach Damaskus
vom Licht des auferstandenen Christus getroffen wird.
Sein Ruf pflanzt sich in den Jahrhunderten fort
als Botschaft des Lebens für die ganze Menschheit in allen Jahrhunderten.
Auch wir Männer und Frauen des 21. Jahrhunderts sind eingeladen, diesen Sieg Christi über den Tod,
der den ängstlichen Frauen von Jerusalem und den Aposteln
am Grab offenbart wurde, wieder in unser Bewußtsein zu rücken.
Die Erfahrung dieser Augenzeugen
wurde uns durch die Kirche weitergegeben.
In sprechender Weise deuten darauf die vielen Pilger hin,
die in diesem Jahr des Großen Jubiläums die Heilige Pforte durchschreiten.
Mit neuem Mut kehren sie nach Hause zurück
und bereiten der Versöhnung mit Gott und den Mitmenschen den Weg.
In diesem Gnadenjahr erklingt die Botschaft der Jünger Christi
mit noch mehr Nachdruck,
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eine gemeinsame Botschaft, die alle Trennung übersteigt
in dem brennenden Verlangen nach der vollen Gemeinschaft:
"Scimus Christum surrexisse a mortuis vere."
"Ja, wir sind uns sicher: Christus ist wahrhaft auferstanden. Du König und Sieger, erlöse uns." Amen.
Ostern 2001 (Johannes Paul II., Osternacht, 14. April 2001)
1. "Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden" (Lk 24, 5-6).
Diese Worte der zwei Männer "in leuchtenden Gewändern" erwecken das Vertrauen der Frauen neu, die in
aller Frühe zum Grab gelaufen waren. Sie hatten die tragischen Ereignisse erlebt, die in der Kreuzigung
Christi auf Golgota gipfelten. Sie hatten Trauer und Verwirrung erfahren. Doch sie hatten ihren Herrn nicht
verlassen - selbst in der Stunde der Prüfung nicht.
Heimlich gehen sie an den Ort, wo Jesus begraben worden war, um ihn noch einmal zu sehen und ihn zum
letzten Mal zu umarmen. Es drängt sie die Liebe: jene Liebe, die sie dazu brachte, ihm auf den Straßen
durch Galiläa und Judäa bis zum Kreuzweg zu folgen.
Glückliche Frauen! Noch wußten sie nicht, daß der Morgen des wichtigsten Tages der Geschichte anbrach.
Sie konnten nicht wissen, daß sie - und gerade sie! - die ersten Zeugen für Jesu Auferstehung werden
sollten.
2. "Da sahen sie, daß der Stein vom Grab weggewälzt war" (Lk 24,2).
So erzählt es der Evangelist Lukas, und er fügt hinzu: "Sie gingen hinein, aber den Leichnam Jesu, des Herrn,
fanden sie nicht" (Lk 24,3). Mit einem Schlag ändert sich alles. Jesus "ist nicht hier, sondern er ist
auferstanden". Diese Kunde, die die Traurigkeit der frommen Frauen in Freude verwandelt hat, klingt
unverändert und nachhaltig während dieser Osternacht in der Kirche wieder.
Eine einzigartige Wache in einer einzigartigen Nacht. Diese Nachtwache ist die Mutter aller Nachtwachen,
da die ganze Kirche in Erwartung am Grab des Messias ausharrt, der am Kreuz geopfert worden war. Die
Kirche wacht und betet. Dabei hört sie die Schriften wieder, die einen Abriß über die ganze Heilsgeschichte
geben.
Doch in dieser Nacht behält nicht das Dunkel die Oberhand, denn es bricht der Glanz eines unvorgesehenen
Lichtes ein und verkündet die unerhörte Botschaft von der Auferstehung des Herrn. Die Erwartung und das
Gebet werden so zu einem Gesang der Freude: "Exultet iam angelica turba caelorum ... Der Chor der Engel
freue sich!".
Die Perspektive der Geschichte kehrt sich völlig um: Der Tod weicht vor dem Leben. Es gibt ein Leben, das
nicht mehr stirbt. In der Präfation werden wir bald singen: "Indem Christus starb, hat er den Tod besiegt; in
seiner Auferstehung hat er uns das Leben erworben". Das ist die Wahrheit, die wir verkünden mit Worten,
aber vor allem mit unserer Existenz. Den die Frauen tot glaubten, er lebt! Ihre Erfahrung wird zur unseren.
3. O Wache, von Hoffnung durchtränkt, du drückst in Fülle den Sinn des Geheimnisses aus! O Wache, so
reich an Symbolen, du machst das Herz unserer christlichen Existenz offenbar! Diese Nacht wird auf
wunderbare Weise in einem Namen ganz zusammengefaßt: im Namen Jesu Christi, des Auferstandenen!
O Christus, man muß dir einfach danken für das unsagbare Geschenk, das du über uns in dieser Nacht
ausströmen läßt! Das Geheimnis deines Todes und deiner Auferstehung fließt über in das Taufwasser, das
den alten Menschen des Fleisches aufnimmt und ihn reinwäscht in seiner göttlichen Jugend.
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In dein Geheimnis von Tod und Auferstehung werden wir in wenigen Augenblicken eintauchen, wenn wir
unser Taufversprechen erneuern. In dieses Geheimnis werden besonders die sechs Katechumenen
hineingenommen, die die Taufe, Firmung und Eucharistie empfangen werden.
4. Liebe Brüder und Schwestern Katechumenen! Ich grüße euch mit großer Herzlichkeit und nehme euch im
Namen der kirchlichen Gemeinschaft mit brüderlichen Gefühlen auf. Ihr stammt aus verschiedenen
Nationen: aus Japan, Italien, China, Albanien, den Vereinigten Staaten von Amerika und aus Peru.
Eure Gegenwart hier auf dem Petersplatz drückt die Vielfalt der Kulturen und Völker aus, die ihr Herz dem
Evangelium geöffnet haben. Auch für euch gilt wie für jeden Getauften: In dieser Nacht ist der Tod dem
Leben gewichen. Die Schuld ist gestrichen; eine ganz neue Existenz beginnt. Bleibt bis zum Ende fest in der
Treue und in der Liebe! Habt keine Angst in den Prüfungen, denn "Christus, von den Toten auferstanden,
stirbt nicht mehr; der Tod hat keine Macht mehr über ihn" (Röm 6,9).
5. Ja, liebe Brüder und Schwestern, Jesus lebt und wir leben in Ihm - für immer. Das ist das Geschenk dieser
Nacht, das der Welt endgültig enthüllt hat, daß die Herrschaft Christus hat, der Sohn der Jungfrau Maria,
die uns am Fuße des Kreuzes zur Mutter gegeben wurde.
Diese Wache führt uns ein in einen Tag, der keinen Abend kennt. Es ist der Ostertag Christi, der für die
Menschheit einen neuen Frühling der Hoffnung anbrechen läßt.
"Haec dies quam fecit Dominus: exultemus et laetamur in ea. - Das ist der Tag, den der Herr gemacht hat.
Laßt uns jubeln und seiner uns freuen" Alleluja!
Ostern 2002 (Johannes Paul II., Osternacht, 30. März 2002)
1. “Gott sprach: Es werde Licht! Und es wurde Licht” (Gen 1,3).
Eine Explosion des Lichtes, die das Wort Gottes aus dem Nichts hervorrief, zerriß die erste Nacht, die Nacht
der Schöpfung.
Der Apostel Johannes wird später schreiben: “Gott ist Licht, und keine Finsternis ist in ihm” (1 Joh 1,5). Gott
hat nicht die Finsternis geschaffen, sondern das Licht! Gottes Werk folgt von Anbeginn an einer positiven
Zielsetzung. Dies drückt das Buch der Weisheit mit offenbarender Klarheit aus: “Zum Dasein hat er alles
geschaffen, und heilbringend sind die Geschöpfe der Welt. Kein Gift des Verderbens ist in ihnen, das Reich
des Todes hat keine Macht auf der Erde” (Weish 1,14).
In jene erste Nacht, die Nacht der Schöpfung, senkt das Ostergeheimnis seine Wurzeln, das nach dem
Drama des Sündenfalls die Wiederherstellung und Krönung des Uranfangs darstellt. Das göttliche Wort hat
alles ins Dasein gerufen und ist in Jesus Fleisch geworden, um uns zu retten. Und wenn es dem ersten
Adam beschieden war, zur Erde zurückzukehren, von der er genommen war (vgl. Gen 3,19), so ist der
zweite Adam vom Himmel herabgestiegen, um siegreich dorthin zurückzukehren, als Erstlingsgabe der
neuen Menschheit (vgl. Joh 3,13; 1 Kor 15, 47).
2. Eine andere Nacht bildet das entscheidende Ereignis der Geschichte Israels: Es ist der wunderbare
Auszug aus Ägypten, dessen Bericht jedes Jahr in der Osternachtfeier vorgetragen wird.
“Der Herr trieb die ganze Nacht das Meer durch einen starken Ostwind fort. Er ließ das Meer austrocknen,
und das Wasser spaltete sich. Die Israeliten zogen auf trockenem Boden ins Meer hinein, während rechts
und links von ihnen das Wasser wie eine Mauer stand “ (Ex 14, 21-22). Das Volk Gottes ist aus dieser
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“Taufe” im Roten Meer geboren, als es die mächtige Hand des Herrn erlebte, die es der Knechtschaft
entriss, um es in das ersehnte Land der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens zu führen.
Das ist die zweite Nacht, die Nacht des Exodus.
Die Prophetie des Buches Exodus erfüllt sich heute auch für uns, die wir dem Geiste nach, dank unserer
Abstammung im Glauben von Abraham, Israeliten sind (vgl. Röm 4,16). In seinem Pascha hat uns Christus,
als neuer Moses, aus der Knechtschaft der Sünde zur Freiheit der Kinder Gottes gelangen lassen. Nachdem
wir mit Christus gestorben sind, erstehen wir durch die Kraft seines Geistes mit ihm zu neuem Leben. Seine
Taufe ist zu unserer Taufe geworden.
3. Auch Ihr, geliebte Brüder und Schwestern, Katechumenen aus verschiedenen Ländern - aus Albanien,
China, Japan, Italien, Polen, der Demokratischen Republik Kongo -, dürft diese Taufe, die den Menschen zu
neuem Leben erweckt, empfangen. Zwei von euch, eine japanische und eine chinesische Mutter, bringen
auch ihr Kind mit, so dass in derselben Feier die Mütter zusammen mit ihren Kindern getauft werden.
“In dieser heiligsten Nacht”, in der Christus von den Toten auferstanden ist, vollzieht sich für euch ein
geistiger “Exodus”: Ihr lasst das alte Dasein hinter euch und tretet ein in das “Land der Lebenden”. Dies ist
die dritte Nacht, die Nacht der Auferstehung.
4. “O wahrhaft selige Nacht, dir allein war es vergönnt, die Stunde zu kennen, in der Christus erstand von
den Toten”. So haben wir im Osterlob zu Beginn dieser feierlichen Osternacht, der Mutter aller nächtlichen
Gottesdienste, gesungen.
Nach der tragischen Nacht des Karfreitags, als “die Macht der Finsternis” (Lk 22, 53) über Den, der “das
Licht der Welt” (Joh 8,12) ist, die Oberhand zu haben schien, nach dem großen Schweigen des Karsamstag,
an dem Christus nach Vollendung seines irdischen Werkes im Geheimnis des Vaters Ruhe fand und seine
Botschaft vom Leben in die Abgründe des Todes trug, da endlich bricht die Nacht an, die “dem dritten Tag”
vorausgeht, an dem, nach der Schrift, der Messias auferstehen sollte, wie er selbst es mehrmals seinen
Jüngern angekündigt hatte.
“O wahrhaft selige Nacht, die Himmel und Erde versöhnt, die Gott und Menschen verbindet!” (Osterlob).
5. Dies ist die Nacht des Glaubens und der Hoffnung schlechthin. Während alles in Finsternis versinkt,
wacht Gott - das Licht. Mit ihm wachen alle, die auf ihn vertrauen und hoffen.
O Maria, dies ist wahrhaftig deine Nacht! Während die letzten Lichter des Samstags verlöschen und die
Frucht deines Leibes in der Erde ruht, bleibt dein Herz wach! Dein Glaube und deine Hoffnung schauen
nach vorne. Sie sehen, dass hinter dem schweren Felsblock das Grab bereits leer ist; sie erblicken hinter
den dicken Schleiern der Dunkelheit die Morgenröte der Auferstehung.
Mutter, lass auch uns wachen im Schweigen der Nacht, im Glauben und in der Hoffnung auf das Wort des
Herrn. So werden wir in der Fülle des Lichtes und des Lebens, Christus, der Erstlingsgabe der
Auferstandenen, begegnen, der mit dem Vater und dem Heiligen Geist herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Halleluja!
Ostern 2003 (Johannes Paul II., Osternacht, 19. April 2003)
1. „Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden; er ist nicht hier“
(Mk 16, 6).
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Beim Anbruch des ersten Tages nach dem Sabbat, so berichtet das Evangelium, machen sich einige Frauen
auf den Weg zum Grab, um den Leib Jesu zu ehren, der nach der Kreuzigung am Freitag in Eile in ein
Leinentuch gewickelt und in die Grabstätte gelegt worden war. Sie suchen ihn, aber sie finden ihn nicht: Er
ist nicht mehr an dem Ort, an dem er bestattet worden ist. Nur die Zeichen des Begräbnisses bleiben von
ihm zurück: Das leere Grab, die Binden, das Leinentuch. Die Frauen sind jedoch beim Anblick „eines jungen
Mannes, der mit einem weißen Gewandt bekleidet war“ erschreckt, der ihnen verkündet: „Er ist
auferstanden; er ist nicht hier“.
Von da an hallt diese aufregende Nachricht, die dazu bestimmt ist, das Los der Geschichte zu verändern,
von Generation zu Generation weiter: eine alte und immer neue Botschaft! Sie ertönte auch jetzt wieder in
dieser Osternachtfeier, der Mutter aller Gebetsnächte, und sie breitet sich in diesen Stunden über den
ganzen Erdenrund aus.
2. Oh erhabenes Geheimnis dieser Heiligen Nacht! Die Nacht, in der wir das exzeptionelle Ereignis der
Auferstehung neu erleben! Wenn Christus Gefangener des Grabes geblieben wäre, hätten die Menschheit
und alles Geschaffene gewissermaßen ihren Sinn verloren. Aber Du, Christus, bist wahrhaftig auferstanden!
Also gehen die Schriften in Erfüllung, die uns vor kurzem im Wortgottesdienst wieder zu Gehör gebracht
wurden, wobei wir die Stationen des ganzen Heilsplanes durchlaufen haben. Am Beginn der Schöpfung „sah
Gott alles, was er gemacht hatte: Es war sehr gut“ (Gen 1, 31). Abraham hatte er versprochen: „Segnen
sollen dich mit deinen Nachkommen alle Völker der Erde“(Gen 22, 18). Einer der ältesten Gesänge der
jüdischen Tradition ist uns wieder vorgetragen worden: Er enthüllt die Bedeutung des alten Exodus als „der
Herr an jenem Tag Israel aus der Hand der Ägypter rettete“ (Ex 14, 30). Die Verheißungen der Propheten
bewahrheiten sich weiterhin in unseren Tagen: „Ich lege meinen Geist in euch und bewirke, daß ihr meinen
Gesetzen folgt... (Ez 36, 27).
3. In dieser Nacht der Auferstehung beginnt alles neu vom „Anfang“ her; Die Schöpfung nimmt ihre
ursprüngliche Bedeutung im Plan der Erlösung wieder an. Es ist wie ein Neubeginn der Geschichte und des
Kosmos, weil Christus auferstanden ist, „als der Erste der Entschlafenen“ (1 Kor 15, 20). Er, „der Letzte
Adam“, ist zum „lebendigmachenden Geist“ geworden (1 Kor 15, 45).
Die Sünde unserer Stammeltern wird im Osterlob als „felix culpa“ besungen: „Oh glückliche Schuld, welch
großen Erlöser hast du gefunden!“. Wo die Sünde übermächtig wurde, herrscht nun die Gnade und „der
Stein, den die Bauleute verwarfen, er wurde zum Eckstein“ (Antwortpsalm) eines unzerstörbaren
geistlichen Gebäudes.
In dieser Heiligen Nacht wird ein neues Volk geboren, mit dem Gott einen ewigen Bund besiegelt hat im
Blut des fleischgewordenen, gekreuzigten und auferstandenen Wortes.
4. In der Taufe treten wir ein in das Volk der Erlösten. „Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf
den Tod – erinnert uns der heilige Apostel Paulus im Brief an die Römer – ; und wie Christus durch die
Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben“
(Röm 6, 4).
Diese Mahnung richtet sich in besonderer Weise an euch, liebe Katechumenen, denen die Mutter Kirche in
Kürze die Teilhabe am großen Geschenk des göttlichen Lebens verleihen wird. Die Göttliche Vorsehung hat
euch aus verschiedenen Ländern hierher geführt, um am Grab des heiligen Petrus die Sakramente der
christlichen Eingliederung zu empfangen: die Taufe, die Firmung und die Eucharistie. So tretet ihr ein in das
Haus des Herrn, werdet mit dem Öl der Freude gesalbt und dürft euch mit dem Himmelsbrot nähren.
Getragen von der Kraft des Heiligen Geistes steht immerfort fest in Treue zu Christus und verkündet mutig
sein heiliges Evangelium!
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5. Liebe Brüder und Schwestern, die ihr hier zugegen seid! Auch wir verbinden uns in einigen Augenblicken
mit den Katechumenen, um unser Taufversprechen zu erneuern. Wiederum werden wir Satan und all
seinen Werken widersagen, um uns Gott und seinen Heilsplänen ganz fest anzuschließen. Auf diese Weise
wollen wir ein noch entschlosseneres Streben nach einem evangeliumsgemäßen Leben zum Ausdruck
bringen.
Maria, die frohe Zeugin des Auferstehungsereignisses, helfe allen, die Wege „eines neuen Lebens“ zu
beschreiten. Sie möge jedem bewußt machen, daß wir uns als neue Menschen begreifen und entsprechend
verhalten müssen, da unser alter Mensch mit Christus am Kreuz gestorben ist, als Menschen, „die für Gott
leben in Christus Jesus“ (vgl. Röm 6, 4 – 11).
Amen. Halleluja!
Ostern 2004 (Johannes Paul II., Osternacht, 10. April 2004)
1. "Eine Nacht des Wachens zur Ehre des Herrn ... in allen Generationen" (Ex 12, 42).
Diese heilige Nacht feiern wir als die Osternacht, die die erste, ja die "Mutter" aller Vigilien und des
Kirchenjahres ist. Wie im Osterlob mehrfach besungen, schreiten wir in dieser Nacht den Weg der
Menschheit entlang, angefangen von der Schöpfung bis hin zum Höhepunkt der Erlösung, die im Tode und
in der Auferstehung Christi besteht.
Das Licht dessen, der "von den Toten auferweckt worden ist als der Erste der Entschlafenen" (1 Kor 15, 20),
läßt diese denkwürdige Nacht "leuchten wie den Tag" (vgl. Ps 139, 12). Daher wird sie zu Recht als das
"Herz" des liturgischen Jahres angesehen. In dieser Nacht wacht die ganze Kirche und durchläuft
betrachtend die wesentlichen Stationen des erlöserischen Eingreifens Gottes im Universum.
2. "Eine Nacht des Wachens zur Ehre des Herrn". Die feierliche Osternacht, die so reich an Symbolen ist, die
durch eine außerordentliche Dichte biblischer Texte begleitet werden, hat eine zweifache Bedeutung:
Einerseits ist sie das betende Gedenken der mirabilia Dei, wobei die wichtigsten Seiten der Heiligen Schrift,
von der Schöpfung zum Opfer des Isaak, vom Durchschreiten des Roten Meeres bis zur Verheißung des
Neuen Bundes in Erinnerung gerufen werden.
Andererseits ist diese eindrucksvolle Gebetsnacht das vertrauensvolle Erwarten der vollständigen Erfüllung
der antiken Verheißungen. Das Gedächtnis der Werke Gottes gipfelt in der Auferstehung Christi und
versetzt sich in das eschatologische Ereignis der Parusie. So erahnen wir in dieser Osternacht das Aufgehen
jenes Tages, der nicht mehr untergeht; wir erahnen den Tag des auferstandenen Christus, der das neue
Leben eröffnet, "einen neuen Himmel und eine neue Erde" (2 Petr 3, 13; vgl. Jes 65, 17; 66, 22; Offb 21, 1).
3. Seit ihren Anfängen hat die christliche Gemeinschaft die Spendung der Taufe in den Zusammenhang der
Osternachtsfeier gestellt. Auch in der heutigen Nacht werden hier einige Katechumenen auf den Tod Jesu
getauft, damit sie mit ihm zum unvergänglichen Leben auferstehen. Auf diese Weise erneuert sich das
Wunder der geheimnisvollen geistlichen Wiedergeburt, die durch den Heiligen Geist gewirkt wird, der die
Neugetauften dem Volk des neuen und endgültigen Bundes eingliedert, der im Tod und in der
Auferstehung Christi geschlossen wurde.
An jeden von euch, liebe Brüder und Schwestern, die ihr euch anschickt, die Sakramente der christlichen
Initiation zu empfangen, richte ich voller Zuneigung meinen besonderen Gruß. Ihr kommt aus Italien, aus
Togo und aus Japan: Eure Herkunft macht die Universalität der Berufung zum Heil und die Unentgeltlichkeit
des Geschenks des Glaubens deutlich. Gemeinsam mit euch grüße ich eure Angehörigen, Freunde und alle,
die für eure Vorbereitung Sorge getragen haben.
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Dank der Taufe werdet ihr Teil der Kirche, die ein großes pilgerndes Volk ist, das keine rassischen,
sprachlichen oder kulturellen Grenzen kennt; ein Volk, das seit Abraham zum Glauben berufen und dazu
bestimmt ist, zum Segen unter allen Völkern der Erde zu werden (Gen 12, 1-3). Bleibt dem treu, der euch
erwählt hat, und vertraut ihm mit großzügigem Einsatz euer ganzes Leben an.
4. Die Liturgie lädt uns alle dazu ein, gemeinsam mit denen, die in wenigen Augenblicken getauft werden,
unser Taufversprechen zu erneuern. Der Herr bittet uns, ihm unsere volle Bereitschaft und ganze Hingabe
für den Dienst am Evangelium zu erneuern.
Liebe Brüder und Schwestern, wenn euch manchmal dieser Auftrag schwierig erscheinen mag, ruft euch die
Worte des Auferstandenen ins Gedächtnis: "Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt" (Mt 28, 20).
In der Gewißheit seiner Gegenwart braucht ihr dann keine Schwierigkeiten oder Hindernisse fürchten. Sein
Wort wird euch erleuchten; sein Leib und sein Blut werden Nahrung und Stütze auf dem täglichen Weg zur
Ewigkeit sein.
Maria wird an der Seite eines jeden von euch bleiben, so wie sie unter den verängstigten und versprengten
Aposteln in der Stunde der Prüfung zugegen war. Mit ihrem Glauben wird sie euch - jenseits der Nacht der
Welt - die Morgenröte der Auferstehung in Herrlichkeit zeigen. Amen.
Ostern 2006 (Benedikt XVI., Osternacht, 15. April 2006)
„Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier" (Mk16, 6). So sagt der
ins Gewand des Lichtes gekleidete Gottesbote zu den Frauen, die den Leichnam Jesu im Grab suchen. So
sagt es der Evangelist in dieser heiligen Nacht aber auch zu uns: Jesus ist nicht eine Gestalt der
Vergangenheit. Er lebt, und als Lebender geht er uns voraus; er ruft uns, ihm, dem Lebenden nachzugehen
und so selber den Weg des Lebens zu finden.
„Er ist auferstanden... Er ist nicht hier." Als Jesus zum ersten Mal zu den Jüngern von Kreuz und
Auferstehung gesprochen hatte, fragten die Jünger einander beim Herabsteigen vom Berg der Verklärung,
was das sei „von den Toten auferstehen" (Mk 9, 10). An Ostern freuen wir uns darüber, daß Christus nicht
im Grab geblieben, daß sein Leichnam nicht verwest ist; daß er der Welt der Lebenden und nicht der Toten
zugehört; daß er – wie wir im Ritus der Osterkerze sagen – Alpha und Omega zugleich ist, also nicht nur
gestern ist, sondern heute und in Ewigkeit (vgl. Hebr 13, 8). Aber irgendwie liegt Auferstehung so weit
außerhalb unseres Horizonts, außerhalb all unserer Erfahrungen, daß wir, wenn wir in uns gehen, den
Disput der Jünger fortführen: Was ist das nun eigentlich „auferstehen"? Was bedeutet es für uns? Für die
Welt und die Geschichte im ganzen? Ein deutscher Theologe hat einmal ironisch gesagt, das Mirakel einer
wiederbelebten Leiche – wenn es denn stattgefunden habe, was er nicht glaubte – sei letztlich unwichtig,
es betreffe uns ja nicht. In der Tat, wenn da nur einer irgendwann einmal wiederbelebt worden wäre,
nichts sonst, was sollte uns das angehen? Aber Christi Auferstehung ist eben mehr, ist anderes. Sie ist –
wenn wir einmal die Sprache der Evolutionslehre benützen dürfen – die größte „Mutation", der absolut
entscheidendste Sprung in ganz Neues hinein, der in der langen Geschichte des Lebens und seiner
Entwicklungen geschehen ist: ein Sprung in eine ganz neue Ordnung, der uns angeht und die ganze
Geschichte betrifft.
So würde der mit den Jüngern geführte Disput die folgenden Fragen umfassen: Was ist da geschehen? Was
bedeutet es für uns, für die Welt im ganzen und für mich persönlich? Zunächst also – was ist geschehen?
Jesus ist nicht mehr im Grab. Er ist in einem ganz neuen Leben. Aber wie war das möglich? Welche Kräfte
wirkten da? Entscheidend ist, daß dieser Mensch Jesus nicht allein war, kein in sich abgeschlossenes Ich. Er
war eins mit dem lebendigen Gott, so sehr eins, daß er nur eine Person mit ihm bildete. Er stand sozusagen
nicht nur in einer gefühlsmäßigen, sondern in einer sein Sein umspannenden und es durchdringenden
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Umarmung mit dem, der das Leben selber ist. Sein eigenes Leben war nicht bloß sein Eigen, es war Mitsein
und Insein mit Gott, und daher konnte es ihm gar nicht wirklich genommen werden. Er konnte sich aus
Liebe töten lassen, aber gerade so zerbrach er die Endgültigkeit des Todes, weil in ihm die Endgültigkeit des
Lebens da war. Er war so eins mit dem unzerstörbaren Leben, daß es durch den Tod hindurch neu aufbrach.
Sagen wir dasselbe noch einmal von einer anderen Seite her: Sein Tod war ein Akt der Liebe. Im
Abendmahl hat er den Tod vorweggenommen und in eine Gabe seiner selbst umgewandelt. Sein Mitsein
mit Gott war konkret Mitsein mit Gottes Liebe, und die ist die wahre Macht gegen den Tod, stärker als
der Tod. Auferstehung war gleichsam eine Explosion des Lichts, eine Explosion der Liebe, die das bislang
unauflösbare Geflecht von „Stirb und Werde" aufgelöst hat. Sie hat eine neue Dimension des Seins, des
Lebens eröffnet, in die verwandelt auch die Materie hineingeholt ist und durch die eine neue Welt
heraufsteigt.
Es ist klar, daß dieses Ereignis nicht irgendein vergangenes Mirakel darstellt, dessen Tatsächlichkeit uns
letztlich gleichgültig sein könnte. Es ist ein Durchbruch in der Geschichte „der Evolution" und des Lebens
überhaupt zu einem neuen künftigen Leben; zu einer neuen Welt, die von Christus her immerfort schon in
diese unsere Welt eindringt, sie umgestaltet und an sich zieht. Aber wie geschieht das? Wie kann dieses
Ereignis wirklich bei mir ankommen und mein Leben in sich hinein- und hinaufziehen? Die zunächst
vielleicht überraschend erscheinende, aber ganz reale Antwort darauf lautet: Es kommt zu mir durch
Glaube und Taufe. Deswegen gehört die Taufe zur Osternacht; das wird auch in dieser Feier unterstrichen
durch die Spendung der Sakramente der christlichen Initiation an einige Erwachsene aus verschiedenen
Ländern. Die Taufe bedeutet genau dies, daß wir nicht von einem vergangenen Ereignis reden hören,
sondern daß ein weltgeschichtlicher Durchbruch zu mir kommt und nach mir greift. Taufe ist etwas ganz
anderes als ein Akt kirchlicher Sozialisierung, als eine etwas altmodische und umständliche Form,
Menschen in die Kirche aufzunehmen. Sie ist auch mehr als eine bloße Abwaschung, als eine Art
seelischer Reinigung und Verschönerung. Sie ist wirklich Tod und Auferstehung, Wiedergeburt, Umbruch
in ein neues Leben hinein.
Wie sollen wir das verstehen? Ich denke, was da geschieht, werde uns am ehesten klar, wenn wir den
Schluß der kleinen geistlichen Autobiographie ansehen, die uns Paulus in seinemGalater-Brief geschenkt
hat. Sie schließt mit den Worten, die zugleich den Kern dieser Biographie beinhalten: Ich lebe, doch „nicht
mehr ich, sondern Christus lebt in mir" (Gal 2, 20). Ich, doch nicht mehr ich. Das Ich selber, die eigentliche
Identität des Menschen – dieses Menschen Paulus – ist verändert worden. Er existiert noch, und er existiert
nicht mehr. Er ist durch ein „Nicht" hindurchgegangen und steht immerfort in diesem „Nicht". Ich, doch
„nicht" mehr ich. Paulus beschreibt damit nicht irgendein mystisches Erlebnis, das ihm etwa geschenkt
worden wäre und das uns im letzten allenfalls historisch interessieren könnte. Nein, dieser Satz ist
Ausdruck dessen, was in der Taufe geschah. Das eigene Ich wird mir genommen und eingefügt in ein
größeres, in ein neues Subjekt. Dann ist es wieder da, aber eben verwandelt, umgebrochen, aufgebrochen
durch die Zugehörigkeit zum anderen, in dem es seinen neuen Existenzraum hat. Paulus macht uns
dasselbe noch einmal von einer anderen Seite her klar, wenn er im dritten Kapitel des Galater-Briefs von
der Verheißung spricht und sagt, daß sie im Singular gegeben sei – nur einem: Christus. Er allein trägt alle
Verheißung in sich. Aber was ist dann mit uns? Ihr seid einer geworden in Christus, sagt Paulus dazu (vgl. 3,
28). Nicht eins, sondern einer, ein einziger, ein einziges neues Subjekt. Diese Befreiung unseres Ich aus
seiner Isolation, dieses Stehen in einem neuen Subjekt ist Stehen in der Weite Gottes und
Hineingerissensein in ein Leben, das aus dem Zusammenhang von Stirb und Werde herausgetreten ist, jetzt
schon. Die große Explosion der Auferstehung hat in der Taufe nach uns gegriffen. So gehören wir einer
neuen Dimension des Lebens zu, in die wir mitten in den Bedrängnissen dieser Zeit schon hineingehalten
sind. In diesen offenen Raum hineinzuleben, das heißt getauft sein, das heißt Christ sein. Das ist die Freude
der Osternacht. Die Auferstehung ist nicht vergangen, die Auferstehung hat nach uns gegriffen, hat uns
ergriffen. An ihr, das heißt am auferstandenen Herrn halten wir uns fest, und wir wissen: Er hält uns fest,
wenn unsere Hände zu schwach werden. An ihm halten wir uns fest, so halten wir auch einander fest,
werden einer, nicht nur eins. Ich, doch nicht mehr ich: Das ist die von der Taufe vorgegebene Formel der
christlichen Existenz, die Formel der Auferstehung mitten in der Zeit. Ich, doch nicht mehr ich: Wenn wir so
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leben, gestalten wir die Welt um. Es ist die Gegenformel zu allen Ideologien der Gewalt und das
Gegenprogramm zu Korruption und Suche nach Macht und Habe.
„Ich lebe und ihr werdet leben", sagt Jesus im Johannes-Evangelium (14, 19) zu seinen Jüngern, das heißt zu
uns. Wir leben durch das Mitsein mit ihm, durch das Angeheftetsein an ihn, der das Leben selber ist. Ewiges
Leben, selige Unsterblichkeit haben wir nicht aus uns selbst und nicht in uns selbst, sondern durch eine
Relation – durch das Mitsein mit dem, der die Wahrheit und die Liebe und darum ewig, Gott selber ist. Die
bloße Unzerstörbarkeit der Seele allein könnte ewigem Leben keinen Sinn geben, es nicht zu wirklichem
Leben machen. Leben kommt uns aus dem Geliebtsein von dem, der das Leben ist; aus dem Mitlieben und
Mitleben mit ihm. Ich, doch nicht mehr ich: Das ist der Weg des Kreuzes, der Durchkreuzung einer bloß ins
Ich eingeschlossenen Existenz, und gerade so öffnet sich die wahre, die bleibende Freude.
So können wir mit der Kirche voll Freude im Exsultet singen: „Frohlocket, ihr Chöre der Engel... Lobsinge, du
Erde!". Die Auferstehung ist ein kosmisches Ereignis, das Himmel und Erde umfaßt und zueinander bringt.
Und ebenso können wir mit dem Exsultet rufen: „Dein Sohn, unser Herr Jesus Christus, der von den Toten
erstand, der den Menschen erstrahlt in österlichem Licht – er lebt und herrscht in Ewigkeit."
Amen!
Urbi et Orbi 2006
Christus resurrexit! –Christus ist auferstanden!
Die große Vigilfeier in dieser Nacht hat uns das entscheidende und stets aktuelle Ereignis der Auferstehung,
das zentrale Mysterium des christlichen Glaubens, neu erleben lassen. Unzählige Osterkerzen sind in den
Kirchen entzündet worden, um das Licht Christi zu symbolisieren, das die Menschheit erleuchtet hat und
weiter erleuchtet, indem es die Finsternis der Sünde und des Bösen für immer besiegt. Und heute ertönen
machtvoll die Worte, welche die Frauen in Erstaunen setzten, die am ersten Tag nach dem Sabbat zum
Grab gekommen waren, wo man den eilig vom Kreuz abgenommenen Leichnam Jesu beigesetzt hatte.
Betrübt und untröstlich über den Verlust ihres Meisters, hatten sie den großen Stein schon vom Eingang
weggewälzt vorgefunden, und beim Eintreten in das Grab sahen sie, daß sein Leib nicht mehr da war.
Während sie so verunsichert und verloren dastanden, wurden sie von zwei Männern in leuchtenden
Gewändern überrascht, die sagten: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, sondern
er ist auferstanden“ (Lk 24, 5-6). „Non est hic, sed resurrexit“ (Lk 24, 6). Seit jenem Morgen hören diese
Worte nicht auf, im Universum nachzuklingen als Verkündigung der Freude – eine Verkündigung, die
unverändert die Jahrhunderte durchzieht und zugleich reich ist an unendlichen und immer neuen
Resonanzen.
„Er ist nicht hier … er ist auferstanden.“ Die himmlischen Boten teilen zunächst mit, daß Jesus „nicht hier“
ist: Der Sohn Gottes ist nicht mehr im Grab, denn er konnte unmöglich ein Gefangener des Todes bleiben
(vgl. Apg 2, 24), und das Grab konnte den „Lebendigen“ (vgl. Offb 1, 18), der die Quelle des Lebens selber
ist, nicht festhalten. Wie Jona im Bauch des Fisches, so blieb auch der gekreuzigte Christus im Verlauf eines
Sabbats „verschlungen“ im Innern der Erde (vgl. Mt 12, 40). Es war wirklich „dieser Sabbat ein großer
Feiertag“, wie der Evangelist Johannes schreibt (19, 31): der feierlichste der Geschichte, denn an ihm führte
der „Herr über den Sabbat“ (Mt 12, 8) das Schöpfungswerk zur Vollendung (vgl. Gen 2, 1-4a), indem er den
Menschen und den gesamten Kosmos in die Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes erhob (vgl. Röm 8,
21). Nachdem dieses außerordentliche Werk vollbracht war, ist der leblose Leib vom lebendigen Atem
Gottes durchweht worden, hat das Hindernis des Grabes gesprengt und ist glorreich auferstanden. Darum
erklären die Engel: „Er ist nicht hier“, er kann sich nicht mehr im Grab befinden. Er ist auf der Erde der
Menschen unterwegs gewesen und hat seinen Weg im Grab beendet wie alle, doch er hat den Tod
überwunden, und in absolut neuer Weise, durch einen Akt reiner Liebe, hat er die Erde geöffnet, sie weit
aufgerissen zum Himmel hin.
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Seine Auferstehung wird dank der Taufe, die uns in ihn „einfügt“, unsere Auferstehung. Das hatte der
Prophet Ezechiel vorhergesagt: „Ich öffne eure Gräber und hole euch, mein Volk, aus euren Gräbern
heraus. Ich bringe euch zurück in das Land Israel“ (Ez 37, 12). Diese prophetischen Worte bekommen am
Ostertag eine einzigartige Gültigkeit, denn heute erfüllt sich die Verheißung des Schöpfers; heute, auch in
dieser unserer von Unruhe und Unsicherheit gezeichneten Zeit, erleben wir erneut das Ereignis der
Auferstehung, die das Wesen unseres Lebens verwandelt, die Geschichte der Menschheit verändert hat.
Vom auferstandenen Christus erwarten – manchmal auch unbewußt – all jene Hoffnung, die immer noch
eingezwängt sind durch die Fesseln des Leidens und des Todes.
Möge der Geist des Auferstandenen Erleichterung und Sicherheit bringen, in Afrika besonders für die
Bevölkerung von Darfur, die sich in einer nicht mehr erträglichen dramatischen humanitären Situation
befindet; für die Menschen in der Region der Großen Seen, wo viele Wunden noch nicht verheilt sind, und
für die verschiedenen Völker Afrikas, die sich nach Versöhnung, Gerechtigkeit und Entwicklung sehnen.
Über die tragische Gewalt im Irak, die weiterhin erbarmungslos Opfer dahinrafft, obsiege endlich der
Friede. Frieden wünsche ich von Herzen auch denen, die in den Konflikt im Heiligen Land verwickelt sind,
und ermutige alle zu einem geduldigen und beharrlichen Dialog, der die alten und neuen Hindernisse aus
dem Wege räumt, indem die Versuchung zu Vergeltungsschlägen vermieden und die nachfolgenden
Generationen zum gegenseitigen Respekt erzogen werden. Die Internationale Gemeinschaft, die das Recht
Israels auf eine Existenz in Frieden erneut bekräftigt, möge dem palästinensischen Volk helfen, die prekären
Umstände, unter denen es lebt, zu überwinden und seine Zukunft aufzubauen, indem es der Bildung eines
wirklichen Staates entgegengeht. Der Geist des Auferstandenen löse in den Bemühungen der Länder
Lateinamerikas eine erneute Dynamik aus, damit die Lebensbedingungen von Millionen von Menschen
verbessert, das verabscheuenswerte Übel der Entführung von Personen ausgemerzt und die
demokratischen Institutionen gefestigt werden in einer Grundhaltung der Eintracht und der tätigen
Solidarität. Was die internationalen Krisen im Zusammenhang mit der Atomkraft angeht, so möge durch
ernsthafte und aufrichtige Verhandlungen eine für alle ehrenvolle Schlichtung erreicht werden; bei den
Verantwortlichen der Nationen und der Internationalen Organisationen stärke sich der Wille, ein friedliches
Zusammenleben zwischen Ethnien, Kulturen und Religionen zu verwirklichen, das die drohende Gefahr des
Terrorismus fernhält.
Der auferstandene Herr mache überall seine Kraft des Lebens, des Friedens und der Freiheit spürbar. An
alle sind heute die Worte gerichtet, mit denen der Engel am Ostermorgen die verängstigten Herzen der
Frauen beruhigte: „Fürchtet euch nicht! … Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden“ (Mt 28, 5-6). Jesus ist
auferstanden und schenkt uns den Frieden; er selbst ist der Friede. Darum wiederholt die Kirche mit
Nachdruck: „Christus ist auferstanden – Christós anésti.“ Die Menschheit des dritten Jahrtausends scheue
sich nicht, ihm das Herz zu öffnen. Sein Evangelium stillt in Fülle den Durst nach Frieden und Glück, der in
jedem menschlichen Herzen wohnt. Christus lebt im Jetzt und geht mit uns. Welch unermeßliches
Geheimnis der Liebe!
Christus resurrexit, quia Deus caritas est! Alleluia!
Ostern 2007 (Benedikt XVI., Osternacht, 7. April 2007)
Seit ältesten Zeiten beginnt die Liturgie des Ostertages mit den Worten: Resurrexi et adhuc tecum sum –
Ich bin erstanden und bin immer bei dir. Du hast deine Hand auf mich gelegt. Die Liturgie sieht darin das
erste Wort des Sohnes an den Vater nach der Auferstehung, nach der Rückkehr aus der Nacht des Todes in
die Welt der Lebenden. Die Hand des Vaters hat ihn auch in dieser Nacht gehalten, und so konnte er
aufstehen, auferstehen.
Das Wort ist dem Psalm 138 entnommen und hat hier zunächst eine andere Bedeutung. Dieser Psalm ist
ein Lied des Staunens über Gottes Allmacht und Allgegenwart und ein Lied des Vertrauens zu dem Gott, der
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uns nie aus seinen Händen fallen läßt. Und seine Hände sind gute Hände. Der Beter stellt sich eine Reise
durch alle Dimensionen des Alls vor – was wird ihm da geschehen? „Stiege ich hinauf in den Himmel, so bist
du dort; bette ich mich in der Unterwelt, bist du zugegen. Nehme ich die Flügel der Morgenröte und lasse
mich nieder am äußersten Meer, auch dort bist du… deine Rechte wird mich fassen. Würde ich sagen,
‚Finsternis soll mich bedecken…’, auch die Finsternis wäre für dich nicht finster…, die Finsternis wäre wie
Licht“ (Ps 138 [139], 8 – 12).
Am Ostertag sagt uns die Kirche: Jesus Christus hat diese Reise durch die Dimensionen des Alls für uns
gemacht. Im Epheserbrief heißt es: „Er ist hinabgestiegen in die Tiefen der Erde und er, der abgestiegen ist,
ist auch hinaufgestiegen über alle Himmel, um das All zu erfüllen“ (4, 9f). So ist die Vision des Psalms
Wirklichkeit geworden. In die undurchdringliche Finsternis des Todes ist er als Licht gekommen – Nacht
wurde leuchtend wie der Tag und Finsternis zu Licht. Deshalb kann die Kirche mit Recht das Wort des
Dankes und der Zuversicht als Wort des Auferstandenen an den Vater ansehen: „Ja, ich habe die Reise in
die tiefsten Tiefen der Erde, in den Abgrund des Todes getan und Licht gebracht, und nun bin ich
auferstanden und immer von deinen Händen umschlossen.“ Aber dieses Wort des Auferstandenen an den
Vater ist auch ein Wort des Herrn an uns geworden: „Ich bin auferstanden und bin nun immer bei dir“,
sagt er zu einem jeden von uns. Meine Hand hält dich. Wohin du auch fällst, du fällst in meine Hände
hinein. Auch an der Tür des Todes bin ich da. Dort, wo niemand mehr mit dir gehen kann und wohin du
nichts mitnehmen kannst, warte ich auf dich und mache dir die Finsternis zu Licht.
Dieses Psalmwort als Gespräch des Auferstandenen mit uns gelesen, ist zugleich eine Auslegung dessen,
was in der Taufe geschieht. Taufe ist ja mehr als eine Abwaschung, eine Reinigung. Sie ist mehr als die
Aufnahme in eine Gemeinschaft. Sie ist eine neue Geburt. Ein neuer Beginn des Lebens. Die Lesung aus
dem Römerbrief, die wir vorhin gehört haben, sagt mit einer geheimnisvollen Formulierung, daß wir in der
Taufe in die Ähnlichkeit mit Christi Tod „eingepflanzt“ worden sind. In der Taufe übereignen wir uns
Christus – er nimmt uns auf in sich, damit wir fortan nicht mehr für uns selber leben, sondern aus ihm, mit
ihm und in ihm; damit wir mit ihm und so für die anderen leben. Wir lassen uns selber zurück in der Taufe,
legen unser Leben in seine Hände hinein, so daß wir mit dem heiligen Paulus sagen können: Ich lebe, doch
nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir. Wenn wir uns so weggeben, eine Art von Tod unseres
eigenen Ich annehmen, so bedeutet dies zugleich, daß die Grenze zwischen Tod und Leben durchlässig
wird. Diesseits wie jenseits des Todes sind wir bei Christus, und deswegen ist der Tod von da an keine
wirkliche Grenze mehr. Paulus sagt uns das sehr persönlich in seinem Brief an die Philipper. Er hat diesen
Brief aus dem Gefängnis geschrieben; er stand unter Prozeß und mußte mit dem Todesurteil rechnen. Und
da sagt er zu den Philippern: Christus ist mein Leben. Wenn ich bei ihm sein kann (d.h. sterbe), ist es
Gewinn. Aber wenn ich in diesem Leben bleibe, kann ich noch Frucht bringen. So bin ich zwischen beidem
hin- und hergerissen: Aufgelöst werden – d.h. hingerichtet werden – und mit Christus sein, wäre das
Bessere; aber in diesem Leben bleiben, ist viel notwendiger um euretwillen (1, 21ff). Diesseits und jenseits
der Todeslinie ist er bei Christus – einen letzten Unterschied gibt es nicht mehr. Ja, es ist wahr: „Du
umfängst mich ganz. Immer bin ich in deinen Händen.“ Den Römern hat Paulus geschrieben: „Niemand lebt
für sich selbst, und niemand stirbt für sich selbst… Ob wir leben oder sterben, wir sind des Herrn“ (Röm 14,
7f).
Liebe Täuflinge, dies ist das Neue an der Taufe: Unser Leben gehört Christus und nicht mehr uns selber.
Aber gerade darum sind wir auch im Tod nicht allein, sondern bei ihm, der immer lebt. In der Taufe haben
wir mit Christus schon die kosmische Reise bis in die Tiefen des Todes hinunter gemacht. Von ihm
begleitet, ja, von ihm in seiner Liebe aufgenommen, sind wir frei von Furcht. Er umfängt uns und trägt uns,
wohin wir auch gehen – er, der das Leben selber ist.
Kehren wir noch einmal zu der Nacht des Karsamstags zurück. Im Credo bekennen wir über Christi Weg: Er
ist hinabgestiegen in das Reich des Todes. Was ist da geschehen? Weil wir die Welt des Todes nicht
kennen, können wir uns diesen Vorgang der Überwindung des Todes nur in Bildern vorstellen, die
unangemessen bleiben. Dennoch, in allem Ungenügen helfen sie uns, etwas vom Geheimnis zu verstehen.
Die Liturgie wendet auf den Abstieg Jesu in die Nacht des Todes das Wort des Psalms 23 (24) an: „Ihr Tore,
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hebt euch nach oben; tut euch auf, ihr uralten Pforten!“ Die Tür des Todes ist verschlossen, niemand kann
je zurückkommen. Es gibt keinen Schlüssel zu dieser ehernen Tür. Christus aber hat den Schlüssel. Sein
Kreuz reißt die Tore des Todes auf, die unwiderruflichen. Sie sind nicht mehr unwiderruflich. Sein Kreuz,
die Radikalität seiner Liebe ist der Schlüssel, der dieses Tor öffnet. Die Liebe dessen, der als Gott Mensch
wurde, um sterben zu können, sie hat die Kraft, die Tür zu öffnen. Diese Liebe ist stärker als der Tod. Die
Oster-Ikonen der Ostkirche zeigen, wie Jesus hineintritt in die Welt der Toten. Sein Gewand ist Licht, denn
Gott ist Licht. „Nacht leuchtet wie der Tag, Finsternis wie Licht“ (Ps 138 [139], 12). Jesus, der in die
Totenwelt hineintritt, trägt die Wundmale: Seine Verwundung, sein Leiden ist Macht geworden, ist Liebe,
die den Tod überwindet. Er begegnet Adam und allen in der Nacht des Todes wartenden Menschen. Man
glaubt bei ihrem Anblick förmlich, das Gebet des Jona zu hören: „Aus der Tiefe der Unterwelt schrie ich um
Hilfe, und du hörtest meinen Ruf“ (2, 3). Der Sohn Gottes hat sich in der Inkarnation mit dem Wesen
Mensch – mit Adam geeint. Aber erst in dem Augenblick, in dem er den letzten Akt der Liebe vollzieht und
absteigt in die Nacht des Todes, vollendet er den Weg der Inkarnation. Durch sein Sterben nimmt er Adam,
nimmt er die wartenden Menschen an die Hand und führt sie ans Licht.
Nun kann man aber fragen: Was bedeutet dieses Bild? Was ist da wirklich durch Christus Neues geschehen?
Die Seele des Menschen ist doch an sich, von der Schöpfung her unsterblich – was hat Jesus Neues
gebracht? Ja, die Seele ist unsterblich, weil der Mensch in einzigartiger Weise im Gedächtnis und in der
Liebe Gottes steht, auch als Gefallener. Aber seine Kraft reicht nicht, sich zu Gott zu erheben. Wir haben
keine Flügel, die uns in diese Höhe tragen könnten. Und doch kann dem Menschen nichts anderes auf
ewig genügen, als mit Gott zu sein. Eine Ewigkeit ohne dieses Einssein mit Gott wäre Verdammung. Der
Mensch kann nicht hinauf und verlangt doch hinauf: Aus der Tiefe rufe ich zu dir. Nur der auferstandene
Christus kann uns hinauftragen in die Einheit mit Gott, zu der unsere eigenen Kräfte nicht hinaufreichen. Er
nimmt in der Tat das verlorene Schaf auf seine Schultern und trägt es heim. An seinem Leib festgehalten
leben wir, und in der Gemeinschaft mit seinem Leib reichen wir bis ans Herz Gottes hin. Und so erst ist der
Tod überwunden, sind wir frei und ist unser Leben Hoffnung.
Das ist der Jubel der Osternacht: Wir sind frei. Durch die Auferstehung Jesu hat die Liebe sich stärker
gezeigt als der Tod und als das Böse. Die Liebe ließ ihn absteigen, und sie ist zugleich die Kraft, in der er
aufsteigt. Und durch die er uns mitnimmt. Geeint mit seiner Liebe, von ihren Flügeln getragen, steigen wir
mit ihm als Liebende ab in die Dunkelheiten der Welt und wissen, daß wir gerade so mit ihm aufsteigen. So
bitten wir in dieser Nacht: Herr, zeige auch heute, daß die Liebe stärker ist als der Haß. Daß sie stärker ist
als der Tod. Steig auch in die Nächte und Unterwelten dieser unserer modernen Zeit hinab, und nimm die
Wartenden an die Hand. Führe sie ins Licht. Sei auch in meinen dunklen Nächten mit mir und führe mich
hinaus. Hilf mir, hilf uns, mit dir hinabzusteigen in das Dunkel der Wartenden, die aus der Tiefe nach dir
schreien. Hilf uns, dein Licht dorthin zu tragen. Hilf uns zum Ja der Liebe, die uns absteigen und eben so mit
dir aufsteigen läßt. Amen.
Urbi et Orbi 2007
Christus ist auferstanden! Der Friede sei mit Euch! Heute feiern wir das große Mysterium, das Fundament
des Glaubens und der christlichen Hoffnung: Jesus von Nazareth, der Gekreuzigte, ist am dritten Tag von
den Toten erstanden, nach der Schrift. Die Botschaft, welche die Engel im Morgengrauen jenes ersten
Tages nach dem Sabbat Maria Magdalena und den anderen Frauen, die zum Grab geeilt waren,
verkündeten, hören wir heute wieder neu mit innerer Ergriffenheit: „Was sucht ihr den Lebenden bei den
Toten? Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden“ (Lc 24,5-6).
Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, was diese Frauen in jenem Moment empfanden: Traurigkeit und
Erschütterung über den Tod ihres Herrn mischten sich mit Unglauben und Staunen über das, was zu
außerordentlich erschien, um wahr sein zu können. Das Grab aber war offen und leer: Der Leichnam war
nicht mehr da. Petrus und Johannes liefen auf die Nachricht der Frauen hin schnell zum Grab und stellten
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fest, daß diese recht berichtet hatten. Der Glaube der Apostel an Jesus, den erwarteten Messias, war durch
das Ärgernis des Kreuzes auf eine sehr harte Probe gestellt worden. Bei Jesu Festnahme und angesichts
seiner Verurteilung und seines Todes waren alle auseinandergelaufen; nun hatten sie sich wieder
zusammengefunden, ratlos und verwirrt. Doch der Auferstandene selbst kam ihrem ungläubigen Verlangen
nach Sicherheiten entgegen: Diese Begegnung war kein Traum, keine Illusion oder subjektive Vorstellung;
es war eine reale, wenn auch unerwartete und gerade deshalb besonders eindrucksvolle Erfahrung. „Jesus
kam, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: »Friede sei mit euch!« (Joh 20,19).
Bei diesen Worten flammte in ihren Herzen der beinahe erloschene Glaube wieder auf. Die Apostel
berichteten dem Thomas, der bei dieser ersten außergewöhnlichen Begegnung nicht zugegen gewesen
war: Jawohl, der Herr hat erfüllt, was er angekündigt hatte; er ist wirklich auferstanden, und wir haben ihn
gesehen und angefaßt! Thomas aber blieb zweifelnd und unschlüssig. Als Jesus acht Tage darauf zum
zweiten Mal in den Abendmahlssaal kam, sagte er zu ihm: „Streck deinen Finger aus – hier sind meine
Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“ Die
Antwort des Apostels ist ein bewegendes Glaubensbekenntnis: „Mein Herr und mein Gott!“ (Joh 20,27-28).
„Mein Herr und mein Gott!“ Gemeinsam wollen auch wir das Glaubensbekenntnis des Thomas erneuern.
Als österlichen Glückwunsch habe ich in diesem Jahr gerade seine Worte gewählt, denn die heutige
Menschheit erwartet von den Christen ein neuerliches Zeugnis der Auferstehung Christi; sie hat es nötig,
ihm zu begegnen und ihn kennenzulernen als wahren Gott und wahren Menschen. Wenn wir bei diesem
Apostel die Zweifel und Unsicherheiten so vieler heutiger Christen, die Ängste und Enttäuschungen
unzähliger unserer Zeitgenossen feststellen können, dann können wir mit ihm auch den Glauben an den für
uns gestorbenen und auferstandenen Christus mit erneuter Überzeugung wiederentdecken. Dieser Glaube,
der im Laufe der Jahrhunderte von den Nachfolgern der Apostel weitergegeben wurde, besteht weiter,
denn der auferstandene Herr stirbt nicht mehr. Er lebt in der Kirche und führt sie sicher bis zur Vollendung
seines ewigen Heilsplanes.
Jeder von uns kann versucht sein, dem Unglauben des Thomas zu verfallen. Der Schmerz, das Böse, die
Ungerechtigkeiten, der Tod, besonders wenn Unschuldige betroffen sind – zum Beispiel die Kinder, die
Krieg und Terrorismus, Krankheiten und Hunger zum Opfer fallen – stellt all das unseren Glauben etwa
nicht auf eine harte Probe? Und doch ist uns paradoxerweise gerade in diesen Fällen der Unglaube des
Thomas nützlich und wertvoll, weil er uns hilft, alle falschen Vorstellungen von Gott zu läutern, und uns
dazu führt, sein wahres Angesicht zu entdecken: das Angesicht eines Gottes, der in Christus die Qualen der
verwundeten Menschheit auf sich genommen hat. Thomas hat die Gabe eines durch Jesu Passion und Tod
geprüften und durch die Begegnung mit Ihm als dem Auferstandenen bestärkten Glaubens vom Herrn
empfangen und an die Kirche weitergegeben. Eines Glaubens, der fast gestorben war und dank der
Berührung mit Christi Wunden wiedergeboren wurde – mit jenen Wunden, die der Auferstandene nicht
verborgen, sondern gezeigt hat und auf die er uns in der Not und den Leiden eines jeden Menschen immer
noch hinweist.
„Durch seine Wunden seid ihr geheilt“ (1 Petr 2,24) – das ist die Botschaft, die Petrus an die ersten
Konvertiten richtete. Diese Wunden, die für den Glauben des Thomas zuerst ein Hindernis darstellten, da
sie Zeichen des augenscheinlichen Scheiterns Jesu waren, diese selben Wunden sind in der Begegnung mit
dem Auferstandenen Beweise einer siegreichen Liebe geworden. Diese Wunden, die Christus sich aus Liebe
zu uns zugezogen hat, helfen uns zu begreifen, wer Gott ist, und selber nachzusprechen: „Mein Herr und
mein Gott.“ Nur ein Gott, der uns so liebt, daß er unsere Wunden und unseren Schmerz – vor allem den der
Unschuldigen – auf sich nimmt, ist glaubwürdig.
Wie viele Verwundungen, wieviel Schmerz ist in der Welt! Es fehlt nicht an Naturkatastrophen und
menschlichen Tragödien, die unzählige Opfer fordern und ungeheure materielle Schäden verursachen. Ich
denke daran, was jüngst in Madagaskar, auf den Salomon-Inseln, in Lateinamerika und in anderen Regionen
der Welt geschehen ist. Ich denke an die Plage des Hungers, an die unheilbaren Krankheiten, an den
Terrorismus und an die Geiselnahmen, an die tausend Gesichter der – manchmal im Namen der Religion
gerechtfertigten – Gewalt, an die Geringschätzung des Lebens und an die Verletzung der Menschenrechte,
an die Ausbeutung von Menschen. Mit Besorgnis sehe ich die Lage, in der sich nicht wenige Regionen
Afrikas befinden: In Darfur und in den Nachbarländern dauert eine katastrophale und leider unterschätzte
humanitäre Situation an; in Kinshasa, in der Demokratischen Republik Kongo lassen die Zusammenstöße
und Plünderungen der vergangenen Wochen um die Zukunft des kongolesischen demokratischen Prozesses
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und um den Wiederaufbau des Landes fürchten; in Somalia rückt die Wiederaufnahme der Gefechte die
Friedensaussicht in die Ferne und belastet die regionale Krise, besonders was die Bevölkerungsbewegungen
und den Waffenhandel betrifft; eine schwere Krise peinigt Simbabwe, für deren Überwindung die Bischöfe
des Landes in einem Dokument kürzlich als einzigen Weg das Gebet und den gemeinsamen Einsatz für das
Gute angegeben haben.
Versöhnung und Frieden braucht die Bevölkerung von Ost-Timor, die wichtigen Wahlen entgegengeht.
Frieden brauchen auch Sri Lanka, wo nur eine auf dem Verhandlungsweg gefundene Lösung dem Drama
des blutigen Konflikts ein Ende setzen kann, und Afghanistan, das von zunehmender Unruhe und
Instabilität gezeichnet ist. Im Mittleren Osten gibt es neben Zeichen der Hoffnung im Dialog zwischen Israel
und den palästinensischen Autoritäten leider keine positiven Signale aus dem Irak, der fortdauernd von
blutigen Gemetzeln heimgesucht ist, während die Zivilbevölkerungen fliehen; im Libanon bedroht die
Pattsituation der politischen Institutionen die Rolle, die das Land im nahöstlichen Raum erfüllen sollte, und
belastet stark seine Zukunft. Schließlich kann ich nicht die Schwierigkeiten unerwähnt lassen, mit denen
sich die christlichen Gemeinden täglich auseinandersetzen müssen, und die Auswanderung der Christen aus
dem Heiligen Land, der Wiege unseres Glaubens. Diesen Bevölkerungen möchte ich mit Liebe erneut
versichern, daß ich ihnen im Geiste nahe bin.
Liebe Brüder und Schwestern, durch die Wunden des auferstandenen Christus können wir die Übel, welche
die Menschheit quälen, mit Augen der Hoffnung sehen. Der Herr hat zwar in seiner Auferstehung das Leid
und das Böse nicht aus der Welt genommen, aber er hat es mit der Überfülle seiner Gnade an der Wurzel
besiegt. Der Übermacht des Bösen hat er die Allmacht seiner Liebe entgegengesetzt. Er hat uns als Weg
zum Frieden und zur Freude die Liebe hinterlassen, die den Tod nicht fürchtet. „Wie ich euch geliebt habe“,
hat er vor seinem Sterben zu den Aposteln gesagt, „so sollt auch ihr einander lieben“ (Joh 13,34).
Brüder und Schwestern im Glauben, die ihr mich in allen Teilen der Erde hört! Der auferstandene Christus
lebt unter uns; er ist die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Während wir mit Thomas sagen: „Mein Herr
und mein Gott!“, möge in unseren Herzen das freundliche, aber anspruchsvolle Wort des Herrn
nachklingen: „Wenn einer mir dienen will, folge er mir nach; und wo ich bin, dort wird auch mein Diener
sein. Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren“ (Joh 12,26). Und wenn wir, mit ihm vereint, bereit
sind, unser Leben für unsere Brüder und Schwestern einzusetzen (vgl. 1 Joh 3, 16), dann werden auch wir
Apostel des Friedens, Boten einer Freude, die den Schmerz nicht fürchtet, der Auferstehungsfreude. Diese
österliche Gabe erwirke uns Maria, die Mutter des auferstandenen Christus. Frohe Ostern Euch allen!
Ostern 2008 (Benedikt XVI., Generalaudienz, 19. März 2008)
Dieser Samstag des Schweigens, der Betrachtung, der Vergebung und der Versöhnung mündet ein in die
Osternacht, die uns in den wichtigsten Sonntag der Geschichte eintreten läßt, den Sonntag des Pascha
Christi. Die Kirche wacht neben dem gesegneten neuen Feuer und betrachtet die große, im Alten und im
Neuen Testament enthaltene Verheißung der endgültigen Befreiung von der alten Knechtschaft der Sünde
und des Todes. Im Dunkel der Nacht wird am neuen Feuer die Osterkerze entzündet, Symbol für Christus,
der glorreich aufersteht. Christus, Licht der Menschheit, vertreibt die Finsternis des Herzens und des
Geistes und erleuchtet jeden Menschen, der auf die Welt kommt. Neben der Osterkerze erklingt in der
Kirche die große österliche Verkündigung: Christus ist wahrhaft auferstanden, der Tod hat keine Macht
mehr über ihn. Durch seinen Tod hat er das Böse für immer besiegt und allen Menschen das Leben Gottes
geschenkt. Während der Osternacht empfangen nach einer alten Tradition die Katechumenen die Taufe,
um die Teilhabe der Christen am Geheimnis des Todes und der Auferstehung Christi hervorzuheben. Von
der strahlenden Osternacht breiten sich die Freude, das Licht und der Friede Christi im Leben der Gläubigen
jeder christlichen Gemeinde aus und erreichen jeden Punkt des Raumes und der Zeit.
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Ostern 2008 (Benedikt XVI., Osternacht, 22. März 2008)
In seinen Abschiedsreden hat Jesus den Jüngern seinen bevorstehenden Tod und seine Auferstehung mit
einem geheimnisvollen Satz angekündigt. Er sagt: „Ich gehe und ich komme zu euch“ (Joh 14, 28). Sterben
ist ein Weggehen. Auch wenn der Körper des Toten noch bleibt, er selbst ist weggegangen ins Unbekannte,
und wir können ihm nicht folgen (vgl. Joh 13, 36). Aber bei Jesus gibt es etwas einzigartig Neues, das die
Welt verändert. Das Weggehen in unserem Tod ist definitiv, es gibt keine Rückkehr. Jesus aber sagt über
seinen Tod: „Ich gehe und ich komme zu euch.“ Gerade indem er geht, kommt er. Sein Gehen eröffnet eine
ganz neue und größere Weise seiner Anwesenheit. Er geht mit seinem Sterben hinein in die Liebe des
Vaters. Sein Sterben ist ein Akt der Liebe. Die Liebe aber ist unsterblich. Deshalb verwandelt sich sein
Weggehen in ein neues Kommen, in eine tiefer reichende und nicht mehr endende Form von Gegenwart. In
seinem irdischen Leben war Jesus wie wir alle an die äußeren Bedingungen unseres körperlichen Daseins
gebunden: an diesen Ort, an diese Zeit. Die Leibhaftigkeit beschränkt unser Dasein. Wir können nicht
gleichzeitig an einem und an einem anderen Ort sein. Unsere Zeit ist endlich. Und zwischen ich und du steht
die Wand der Andersheit. Gewiß, in der Liebe können wir irgendwie in die Existenz des anderen eintreten.
Dennoch bleibt die unüberschreitbare Schranke des Andersseins. Jesus aber, der nun ganz durch den Akt
der Liebe umgewandelt ist, ist frei von diesen Schranken und Grenzen. Er kann nicht nur äußerlich Türen
durchschreiten, die verschlossen sind, wie uns die Evangelien erzählen (vgl. Joh 20, 19). Er kann die innere
Tür von ich und du durchschreiten, die verschlossene Tür zwischen gestern und heute, zwischen damals
und morgen. Als am Tag seines feierlichen Einzugs in Jerusalem eine Gruppe von Griechen gebeten hatte,
ihn zu sehen, hat er mit dem Gleichnis vom Weizenkorn geantwortet, das durch den Tod hindurchgehen
muß, um viele Frucht zu tragen. Er hatte damit sein eigenes Geschick vorausgesagt: Nicht jetzt für ein paar
Minuten wollte er mit diesem oder jenem Griechen reden. Durch sein Kreuz hindurch, durch sein Gehen,
durch sein Sterben als Weizenkorn kam er wirklich zu den Griechen, so daß sie ihn sehen konnten und ihn
berühren durften im Glauben. Sein Gehen wird zum Kommen in der universalen Weise der Gegenwart des
Auferstandenen – gestern, heute und in Ewigkeit. Auch heute kommt er und umspannt alle Zeiten und
Orte. Er kann nun auch die Wand der Andersheit durchschreiten, die ich und du voneinander trennt. So ist
es Paulus geschehen, der den Vorgang seiner Bekehrung und seiner Taufe mit den Worten beschreibt: Ich
lebe, doch nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir (Gal 2, 20). Durch das Kommen des Auferstandenen
hat Paulus eine neue Identität erhalten. Sein verschlossenes Ich ist aufgebrochen. Er lebt nun in der
Gemeinschaft mit Jesus Christus, in dem großen Ich der Glaubenden, die mit Christus – wie er es ausdrückt
– ein einziger geworden sind (Gal 3, 28).
Liebe Freunde, so wird sichtbar, daß die geheimnisvollen Worte Jesu im Abendmahlssaal jetzt, bei euch –
durch die Taufe – wieder Gegenwart werden. In der Taufe tritt der Herr durch die Tür eures Herzens in
euer Leben ein. Wir stehen nicht mehr nebeneinander oder gegeneinander. Er durchschreitet all diese
Türen. Das ist Taufe: Er, der Auferstandene, kommt, kommt zu euch und verbindet sein Leben mit dem
eurigen, hält euch in die offene Flamme seiner Liebe hinein. Ihr werdet eins, ja einer mit ihm und so eins
untereinander. Das mag zunächst sehr theoretisch und unwirklich klingen. Aber je mehr ihr das Leben als
Getaufte lebt, desto mehr könnt ihr die Wahrheit dieses Wortes erfahren. Getaufte, gläubige Menschen
sind nie wirklich fremd füreinander. Kontinente können uns voneinander trennen, Kulturen und soziale
Situationen, geschichtliche Entfernungen. Aber wenn wir einander treffen, kennen wir uns durch den
gleichen Herrn, den gleichen Glauben, die gleiche Hoffnung, die gleiche Liebe, die uns formen. Dann
erfahren wir, daß unsere Lebensgrundlage dieselbe ist. Daß wir vom Innersten her in der gleichen Identität
verankert sind, von der her alle noch so großen äußeren Unterschiede zweitrangig werden. Glaubende sind
nie ganz fremd füreinander. Uns verbindet unsere tiefste Identität: Christus in uns. So ist Glaube eine Kraft
des Friedens und der Versöhnung in der Welt: Die Ferne ist überwunden, im Herrn sind wir einander nahe
geworden (vgl. Eph 2, 13).
Dieses innerste Wesen der Taufe als Geschenk einer neuen Identität stellt die Kirche im Sakrament in
sinnlichen Elementen dar. Das Grundelement der Taufe ist das Wasser; neben ihm steht an zweiter Stelle
das Licht, das in der Liturgie der Osternacht mit großer Eindruckskraft hervortritt. Werfen wir nur einen
kurzen Blick auf diese beiden Elemente. Im Schlußkapitel des Briefs an die Hebräer steht ein Wort über
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Christus, in dem das Wasser nicht vorkommt, das aber durch seine Bindung an das Alte Testament doch das
Geheimnis des Wassers, seine zeichenhafte Bedeutung durchscheinen läßt. Da heißt es: „Der Gott des
Friedens hat Jesus, den großen Hirten der Schafe, von den Toten heraufgeführt, durch das Blut eines
ewigen Bundes“ (13, 20). In diesem Satz klingt ein Wort aus dem Jesaja-Buchdurch, in dem Mose als der
Hirte bezeichnet wird, den der Herr aus dem Wasser, aus dem Meer herausgeführt hat (63, 11). Und Jesus
erscheint jetzt als der neue, der endgültige Hirte, der zur Vollendung führt, was Mose getan hat: Er führt
uns aus den tödlichen Wassern des Meeres, aus den Wassern des Todes heraus. Dabei können wir uns
daran erinnern, daß Mose von seiner Mutter in einem Körblein in den Nil gelegt worden war und daß er
durch Gottes Fügung aus dem Wasser gezogen worden war, aus dem Tod ins Leben gebracht und so - selbst
aus den Wassern des Todes gerettet - andere durch das Todesmeer hindurchführen konnte. Jesus ist für
uns in die dunklen Wasser des Todes hinabgestiegen. Aber durch sein Blut, so sagt uns der Hebräer-Brief,
ist er heraufgeführt worden aus dem Tod: Seine Liebe hat sich geeint mit der des Vaters, und so konnte er
aus der Tiefe des Todes heraufsteigen ins Leben. Nun zieht er uns aus den Wassern des Todes ins wirkliche
Leben herauf. Ja, dies geschieht in der Taufe: Er zieht uns herauf zu sich, er zieht uns ins wirkliche Leben
hinein. Er führt uns durch das oft so dunkle Meer der Geschichte, in dessen Verwirrungen und
Gefährdungen wir oft zu versinken drohen. In der Taufe nimmt er uns gleichsam an die Hand und führt
uns den Weg durch das Rote Meer dieser Zeit hindurch in das bleibende, in das wirkliche und rechte
Leben hinein. Halten wir seine Hand fest. Was immer geschieht oder auf uns zukommt: Lassen wir seine
Hand nicht los. Dann gehen wir den Weg zum Leben.
An zweiter Stelle steht das Symbol des Lichts und des Feuers. Gregor von Tours (4. Jahrhundert) erzählt
uns von dem Brauch, der sich da und dort lange erhalten hat, für die Feier der Osternacht das neue Feuer
mit einem Kristall von der Sonne zu holen: Licht und Feuer gleichsam vom Himmel her neu zu empfangen,
um daran dann alle Lichter und Feuer des kommenden Jahres zu entzünden. Dies ist ein Sinnbild für das,
was wir in der Osternacht feiern. Jesus Christus hat mit der Radikalität seiner Liebe, in der sich das Herz
Gottes und des Menschen berührten, wirklich das Licht vom Himmel auf die Erde geholt – das Licht der
Wahrheit und das Feuer der das Menschsein verwandelnden Liebe. Er hat das Licht gebracht, und nun
wissen wir, wer Gott ist und wie Gott ist. So wissen wir auch, was es um den Menschen ist; was wir sind
und wozu wir sind. Getauft werden bedeutet, daß das Feuer dieses Lichts in unser Inneres eingesenkt
wird. Die Taufe wurde daher in der alten Kirche auch Sakrament der Erleuchtung genannt: Das Licht Gottes
tritt in uns herein; so werden wir selbst zu Kindern des Lichts. Dieses Licht der Wahrheit, das uns den Weg
zeigt, wollen wir in uns nicht erlöschen lassen. Wir wollen es hüten gegen all die Mächte, die es auslöschen,
uns wieder ins Gottesdunkel und in das Dunkel über uns selbst zurückwerfen möchten. Das Dunkel kann
zeitweise bequem erscheinen. Ich kann mich verstecken und kann mein Leben verschlafen. Aber wir sind
nicht zum Dunkel berufen, sondern zum Licht. In den Taufgelübden zünden wir gleichsam Jahr um Jahr
dieses Licht neu an: Ja, ich glaube daran, daß die Welt und mein Leben nicht aus dem Zufall stammen,
sondern aus der ewigen Vernunft und der ewigen Liebe, von Gott dem Allmächtigen geschaffen. Ja, ich
glaube daran, daß in Jesus Christus, in seiner Menschwerdung, seinem Kreuz und seiner Auferstehung sich
das Gesicht Gottes gezeigt hat. Daß in ihm Gott da ist, mitten unter uns und uns zueinander, an unser Ziel,
zur ewigen Liebe führt. Ja, ich glaube daran, daß der Heilige Geist uns das Wort der Wahrheit schenkt und
unser Herz erleuchtet; daß in der Gemeinschaft der Kirche wir alle mit dem Herrn ein Leib werden und so
auf die Auferstehung und das ewige Leben zugehen. Der Herr hat uns das Licht der Wahrheit geschenkt.
Dieses Licht ist zugleich Feuer, Kraft von Gott her, die nicht zerstört, sondern unsere Herzen umwandeln
will, damit wir wahrhaft Menschen Gottes werden und sein Friede in dieser Welt wirksam werde.
In der alten Kirche war es üblich, daß der Bischof oder der Priester den Gläubigen nach der Predigt zurief:
„Conversi ad Dominum“ – wendet euch nun auf den Herrn zu. Das bedeutete zunächst, daß sie sich nach
Osten wendeten – in die Richtung der aufgehenden Sonne als Zeichen des wiederkehrenden Christus, dem
wir in der Feier der Eucharistie entgegengehen. Wo aus irgendwelchen Gründen dies nicht möglich war,
wendeten sie sich jedenfalls dem Christusbild in der Apsis oder dem Kreuz zu, um so inwendig die Richtung
auf den Herrn hin einzunehmen. Denn letztlich ging es um dies Innere: um die Conversio, um die Wendung
unserer Seele auf Jesus Christus und so auf den lebendigen Gott hin, auf das wahre Licht. Damit hing dann
der andere Ruf zusammen, der auch heute noch vor dem Hochgebet an die gläubige Gemeinde ergeht:
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„Sursum corda“ – das Herz nach oben, heraus aus allen Verquerungen in unsere Sorgen, in unser Begehren,
in unsere Ängste, in unsere Gedankenlosigkeit – das Herz, euer Innerstes in die Höhe! In beiden Rufen
werden wir gleichsam zu einer Erneuerung unserer Taufe aufgefordert: Conversi ad Dominum – immer
wieder müssen wir uns herauswenden aus den verkehrten Richtungen, in die wir so oft mit unserem
Denken und Handeln gehen. Immer neu müssen wir uns hinwenden zu ihm, der Weg, Wahrheit und Leben
ist. Immer neu müssen wir Bekehrte werden, mit dem ganzen Leben auf den Herrn zugewandt. Und immer
neu müssen wir unser Herz aus der Schwerkraft, die nach unten zieht, herausholen lassen und inwendig
nach oben heben: in die Wahrheit und in die Liebe hinein. In dieser Stunde danken wir dem Herrn, daß er
durch die Kraft seines Wortes und der heiligen Sakramente uns in die rechte Richtung wendet und unser
Herz in die Höhe zieht. Und wir bitten ihn: Ja, Herr, laß uns österliche Menschen werden, Menschen des
Lichts, erfüllt vom Feuer deiner Liebe. Amen.
Urbi et Orbi 2008
Resurrexi, et adhuc tecum sum. Alleluia! – Ich bin erstanden und bin immer bei dir. Halleluja! Liebe Brüder
und Schwestern, der gekreuzigte und auferstandene Jesus ruft uns heute von neuem diese Nachricht der
Freude zu: es ist die Osterbotschaft. Nehmen wir sie mit innerem Staunen und mit Dankbarkeit an.
Resurrexi et adhuc tecum sum. – „Ich bin erstanden und bin noch und immer bei dir.“ Diese Worte, die
einer alten Version des Psalms 139 [138] (Vers 18b) entnommen sind, erklingen am Beginn der heutigen
heiligen Messe. In diesen Worten erkennt die Kirche beim Aufgang der Ostersonne die Stimme Jesu selbst,
der bei der Auferstehung vom Tod sich voller glückseliger Liebe an den Vater wendet und ausruft: Mein
Vater, hier bin ich! Ich bin erstanden, ich bin noch bei dir und werde es für immer sein; dein Geist hat mich
niemals verlassen. So können wir auch andere Aussagen des Psalms in neuer Weise verstehen: „Steige ich
hinauf in den Himmel, so bist du dort; bette ich mich in der Unterwelt, bist du zugegen. … Auch die
Finsternis wäre für dich nicht finster, die Nacht würde leuchten wie der Tag, die Finsternis wäre wie Licht“
(Ps 139 [138], 8.12). Es ist wahr: In der feierlichen Osternacht wird die Finsternis Licht, die Nacht weicht
dem Tag, der keinen Untergang kennt. Der Tod und die Auferstehung des menschgewordenen Wortes
Gottes sind ein Ereignis unübertrefflicher Liebe, der Sieg der Liebe, die uns von der Knechtschaft der Sünde
und des Todes befreit hat. Es hat den Lauf der Geschichte verändert, indem es dem Leben des Menschen
einen unauslöschlichen und erneuerten Sinn und Wert eingegossen hat.
„Ich bin erstanden und bin noch und immer bei dir.“ Diese Worte laden uns ein, den auferstandenen
Christus zu betrachten, indem wir seine Stimme in unserem Herz widerhallen lassen. Mit seinem
Erlösungsopfer hat Jesus von Nazareth uns zu Kindern Gottes gemacht, so daß nun auch wir uns in den
geheimnisvollen Dialog zwischen Ihm und dem Vater einbringen können. Es kommt uns wieder in den Sinn,
was er eines Tages seinen Zuhörern sagte: „Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand
kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn
offenbaren will“ (Mt 11, 27). In dieser Sicht merken wir, daß die Aussage, die der auferstandene Jesus
heute an den Vater richtet – „Ich bin noch und immer bei dir“ –, unwillkürlich auch uns betrifft, die wir
„Kinder Gottes sind und Miterben Christi, wenn wir mit ihm leiden, um mit ihm auch verherrlicht zu
werden“ (vgl. Röm 8, 17). Dank des Todes und der Auferstehung Christi erstehen auch wir heute zu neuem
Leben; wir vereinen unsere Stimme mit der seinen und verkünden, immer bei Gott bleiben zu wollen,
unserem Vater, der unendlich gut und barmherzig ist.
Treten wir so in das Innerste des Ostergeheimnisses ein. Das erstaunliche Ereignis der Auferstehung Jesu ist
im wesentlichen ein Ereignis der Liebe: Liebe des Vaters, der den Sohn zum Heil der Welt hingibt; Liebe des
Sohnes, der sich dem Willen des Vaters für uns alle überläßt; Liebe des Geistes, der Jesus in seinem
verklärten Leib von den Toten erweckt. Und weiter: Liebe des Vaters, der den Sohn „wieder umarmt“,
indem er ihn in seine Herrlichkeit hüllt; Liebe des Sohnes, der in der Kraft des Geistes mit unserer
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verklärten Menschengestalt zum Vater zurückkehrt. Vom heutigen Festtag, der uns die unbedingte und
einzigartige Erfahrung der Auferstehung Jesu neu erleben läßt, ergeht also an uns ein Aufruf, daß wir uns zu
der Liebe bekehren; eine Einladung, den Haß und den Egoismus von uns zu weisen und gelehrig der Spur
des Lammes, das zu unserem Heil geopfert wurde, zu folgen, den „gütigen und von Herzen demütigen“
Erlöser nachzuahmen, der „Ruhe für unsere Seelen“ ist (vgl. Mt 11, 29).
Christliche Brüder und Schwestern in allen Teilen der Welt, Männer und Frauen, die wirklich offen sind für
die Wahrheit! Niemand möge das Herz vor der Allmacht dieser Liebe verschließen, die erlöst! Jesus Christus
ist für alle gestorben und auferstanden: Er ist unsere Hoffnung! Wahre Hoffnung für jeden Menschen.
Heute sendet der auferstandene Jesus, wie er es vor seiner Rückkehr zum Vater mit seinen Jünger in Galiläa
tat, auch uns als Zeugen seiner Hoffnung überall hin und versichert uns: Ich bin immer bei euch, alle Tage,
bis zum Ende der Welt (vgl. Mt 28, 20). Wenn wir im Geiste auf die verherrlichten Wundmale seines
verklärten Leibes schauen, können wir den Sinn und den Wert des Leidens verstehen und die vielen
Wunden verbinden, die auch in unseren Tagen die Menschheit weiter mit Blut überziehen. In seinen
verherrlichten Wundmalen erkennen wir die unauslöschlichen Zeichen der unendlichen Barmherzigkeit
Gottes, von der der Prophet spricht: Er ist es, der alle heilt, deren Herzen zerbrochen sind, der die
Schwachen verteidigt und den Gefangenen die Freiheit verkündet, der alle Trauernden tröstet und ihnen
Freudenöl statt Trauergewand, Jubel statt der Verzweiflung bringt (vgl. Jes 61, 1.2.3). Wenn wir uns Ihm mit
demütigem Vertrauen nähern, begegnen wir in seinem Blick der Antwort auf das Verlangen tief in unserem
Herzen: Gott zu erkennen und mit Ihm eine lebendige Beziehung in einer echten Gemeinschaft der Liebe zu
schließen, die unser Dasein wie auch unsere zwischenmenschlichen und sozialen Beziehungen mit seiner
Liebe selbst erfüllt. Darum braucht die Menschheit Christus: in Ihm, unserer Hoffnung, „sind wir gerettet“
(vgl. Röm 8, 24).
Wie oft aber sind die Beziehungen zwischen Mensch und Mensch, zwischen Gruppe und Gruppe, zwischen
Volk und Volk nicht von Liebe, sondern von Egoismus gekennzeichnet, von Ungerechtigkeit, von Haß, von
Gewalt! Es sind die Wunden der Menschheit, offen und schmerzend in jedem Winkel des Planeten, wenn
auch oft unbeachtet oder zuweilen absichtlich verborgen; Wunden, die die Seelen und Leiber unzähliger
unserer Brüder und Schwestern zerreißen. Sie warten darauf, durch die verherrlichten Wundmalen des
auferstandenen Herrn verbunden und geheilt zu werden (vgl. 1 Petr 2, 24-25) und durch die Solidarität
derer, die auf seinen Spuren und in seinem Namen Werke der Liebe vollbringen, sich tatkräftig für die
Gerechtigkeit einsetzen und um sich herum leuchtende Zeichen der Hoffnung verbreiten an den von
blutigen Konflikten heimgesuchten Orten und überall dort, wo die Würde der menschlichen Person
weiterhin mißachtet und verletzt wird. Mein Wunsch ist, daß genau dort sich die Zeugnisse von Milde und
Vergebung vervielfachen!
Liebe Brüder und Schwestern, lassen wir uns vom strahlenden Licht dieses Festtages erleuchten; öffnen wir
uns in aufrichtigem Vertrauen dem auferstandenen Christus, damit die erneuernde Kraft des
Ostergeheimnisses sich auch in einem jeden von uns, in unseren Familien, in unseren Städten und in
unseren Nationen zeigt. In allen Teilen der Welt möge sie sichtbar werden. Wie sollte man in diesem
Augenblick nicht insbesondere an einige Regionen Afrikas wie Darfur und Somalia, an den gepeinigten
Nahen Osten – vor allem an das Heilige Land, an den Irak und den Libanon – und schließlich an Tibet
denken; für diese Regionen unterstütze ich die Suche nach Lösungen, die das Wohl und den Frieden
schützen! Erflehen wir auf die Fürsprache Mariens, die nach der Teilnahme an den Leiden der Passion und
der Kreuzigung ihres unschuldigen Sohnes auch die unaussprechliche Freude seiner Auferstehung erfahren
hat, die Fülle der österlichen Gaben. Maria, die in die Herrlichkeit Christi aufgenommen worden ist, möge
uns beschützen und auf dem Weg der brüderlichen Solidarität und des Friedens geleiten. Dies sind meine
Osterwünsche an euch, die ihr hier zugegen seid, und an die Männer und Frauen jeder Nation und auf
jedem Kontinent, die durch Radio und Fernsehen mit uns verbunden sind. Gesegnete, frohe Ostern!
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Ostern 2009 (Benedikt XVI., Osternacht, 11. April 2009)
Der heilige Markus erzählt uns in seinem Evangelium, daß die Jünger beim Herabsteigen vom Berg der
Verklärung miteinander darüber diskutierten, was das bedeute: „von den Toten auferstehen“
(vgl. Mk 9, 10). Der Herr hatte ihnen zuvor sein Leiden und die Auferstehung nach drei Tagen angekündigt.
Petrus hatte Einspruch gegen die Ankündigung des Todes erhoben. Aber nun fragten sie sich, was denn mit
Auferstehung gemeint sein könne. Geht es uns nicht auch so? Weihnachten, die Geburt des göttlichen
Kindes, ist uns irgendwie unmittelbar zugänglich. Das Kind können wir lieben, uns die Nacht zu Bethlehem
vorstellen, die Freude Marias, die Freude des heiligen Josefs und der Hirten und den Jubel der Engel. Aber
Auferstehung – was ist das? In unserem Erfahrungskreis kommt das nicht vor, und so bleibt die Botschaft
häufig irgendwie unbegriffen in der Vergangenheit stehen. Die Kirche versucht, uns zum Verstehen zu
führen, indem sie dieses geheimnisvolle Ereignis in die Sprache der Symbole übersetzt, in denen wir
irgendwie das Wesen dieses umwälzenden Geschehens anschauen können. In der Osternacht zeigt sie uns
vor allem in drei Symbolen an, was dieser Tag bedeutet: das Licht, das Wasser und das neue Lied – das
Halleluja.
Da ist zunächst das Licht. Gottes Schöpfung – so sagt uns der eben gehörte biblische Bericht – beginnt mit
dem Wort: „Es werde Licht!“ (Gen 1, 3). Wo Licht ist, da entsteht Leben, da kann aus Chaos Kosmos
werden. Für den biblischen Bericht ist das Licht das unmittelbarste Abbild Gottes selbst: Er ist ganz
Helligkeit, Leben, Wahrheit, Licht. Die Kirche liest den Schöpfungsbericht in der Osternacht als Prophetie. In
der Auferstehung geschieht auf größere Weise das, was dieser Text als Anfang aller Dinge schildert. Gott
sagt neu: Es werde Licht! Die Auferstehung Jesu ist eine Eruption des Lichts. Tod wird überwunden, das
Grab aufgerissen. Der Auferstandene selbst ist Licht, das Licht der Welt. Mit der Auferstehung tritt der Tag
Gottes in die Nächte der Geschichte hinein. Von der Auferstehung her verbreitet sich Gottes Licht durch die
Welt und die Geschichte. Es wird Tag. Erst dieses Licht – Jesus Christus – ist das wahre Licht, mehr als das
physikalische Phänomen Licht. Er ist das reine Licht: Gott selbst, der eine neue Schöpfung mitten in der
alten werden läßt, Chaos zu Kosmos gestaltet.
Versuchen wir, das noch etwas näher zu verstehen. Wieso ist Christus Licht? Im Alten Testament wurde die
Tora als das von Gott kommende Licht für die Welt und für die Menschen angesehen. Sie scheidet in der
Schöpfung Licht und Finsternis, das heißt gut und böse. Sie zeigt dem Menschen, wo der rechte Weg
verläuft, um wirklich zu leben. Sie zeigt ihm das Gute, zeigt ihm die Wahrheit und führt ihn zur Liebe, die ihr
tiefster Inhalt ist. Sie ist „Leuchte für den Fuß und Licht für den Pfad“ (Ps 119, 105). Und nun wußten die
Christen: In Christus ist die Tora, in ihm ist Gottes Wort als Person da. Gottes Wort ist das eigentliche Licht,
das der Mensch braucht. Dieses Wort ist in ihm, dem Sohn, gegenwärtig. Der Psalm 19 hatte die Tora mit
der aufgehenden Sonne verglichen, die Gottes Herrlichkeit über die weite Welt hin sichtbar zeigt. Die
Christen begreifen: Ja, Gottes Sohn ist als Licht aufgegangen über der Welt in der Auferstehung. Christus ist
das große Licht, von dem alles Leben kommt. Er läßt uns Gottes Herrlichkeit erkennen von einem Ende der
Erde bis zum anderen. Er zeigt uns den Weg. Er ist Gottes Tag, der sich nun wachsend ausbreitet über die
Erde. Nun können wir im Licht leben, indem wir mit ihm und für ihn leben.
In der Osternacht stellt die Kirche das Lichtgeheimnis Christi im Zeichen der Osterkerze dar, deren
Flamme zugleich Licht und Wärme ist. Die Symbolik des Lichts ist mit der des Feuers verbunden: Helligkeit
und Wärme, Helligkeit und Energie der Verwandlung, die im Feuer liegt – Wahrheit und Liebe gehören
zusammen. Die Osterkerze brennt und verzehrt sich dabei: Kreuz und Auferstehung sind untrennbar. Aus
dem Kreuz, dem Sichgeben des Sohnes, kommt das Licht, kommt die wahre Helligkeit in die Welt. An der
Osterkerze entzünden wir alle unsere Kerzen, besonders die Kerzen der Neugetauften, denen in diesem
Sakrament das Licht Christi ins Herz gesenkt wird. Die alte Kirche hat die Taufe als Photismos, als Sakrament
der Erleuchtung, als Licht-Mitteilung bezeichnet und sie untrennbar mit der Auferstehung Christi
verbunden. In der Taufe sagt Gott zum Täufling: Es werde Licht! Der Täufling wird ins Licht Christi
hineingehalten. Christus scheidet nun zwischen Licht und Finsternis. An ihm erkennen wir, was wahr und
was falsch, was Helligkeit und was Dunkel ist. Mit ihm geht uns das Licht der Wahrheit auf. Als Christus
einmal die Menschen sah, die zusammengekommen waren, um ihn zu hören, und von ihm Orientierung
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erwarteten, hatte er Mitleid mit ihnen, weil sie wie Schafe ohne Hirten waren (vgl. Mk 6, 34). Inmitten der
einander widerstreitenden Strömungen ihrer Zeit wußten sie nicht, woran sich halten. Wieviel Mitleid muß
er auch mit unserer Zeit empfinden – ob all des großen Geredes, in dem sich doch eine große
Orientierungslosigkeit verbirgt. Wohin sollen wir gehen? Was sind die Werte, an die wir uns halten können?
Die Werte, nach denen wir erziehen dürfen, ohne den jungen Menschen aufzuerlegen, was vielleicht nicht
standhält und nicht auferlegt werden darf? Er ist das Licht. Die Taufkerze ist Sinnbild für die Erleuchtung,
die uns in der Taufe geschenkt wird. So spricht in dieser Stunde auch der heilige Paulus ganz unmittelbar zu
uns. Im Philipper-Brief sagt er, in einer verkehrten und verwirrten Generation sollten die Christen als Lichter
in der Welt leuchten (vgl. Phil 2, 15). Bitten wir den Herrn, daß das kleine Licht der Kerze, das er in uns
entzündet hat, das leise Licht seines Wortes und seiner Liebe in uns in den Wirren dieser Zeit nicht
ausgelöscht, sondern heller und größer wird. Daß wir mit ihm Menschen des Tages seien, Lichter für unsere
Zeit.
Das zweite große Symbol der Osternacht – der Taufnacht – ist das Wasser. Es erscheint in der Heiligen
Schrift und so auch im inneren Aufbau des Taufsakraments in zwei gegensätzlichen Bedeutungen. Da ist
zum einen das Meer, das als die Gegenmacht zum Leben auf der Erde erscheint, als deren immerwährende
Bedrohung, der Gott freilich eine Grenze gesetzt hat. Deshalb sagt die Apokalypse von der neuen Welt
Gottes, daß es da das Meer nicht mehr gebe (vgl. 21, 1). Es ist das Element des Todes. Und so wird es zur
symbolischen Darstellung von Christi Tod am Kreuz: Christus ist in das Meer, in die Wasser des Todes
hinabgestiegen wie Israel in das Rote Meer. Aus dem Tod auferstanden schenkt er uns das Leben. Das
bedeutet, daß die Taufe nicht nur Waschung ist, sondern Neugeburt: Wir steigen gleichsam mit Christus in
das Meer des Todes hinunter, um als neue Geschöpfe heraufzusteigen.
Die zweite Weise, in der uns das Wasser begegnet, ist die frische Quelle, die Leben gibt oder auch der
große Strom, von dem Leben ausgeht. Die Taufe sollte nach der frühen Ordnung der Kirche mit frischem,
quellendem Wasser gespendet werden. Ohne Wasser kein Leben. In der Heiligen Schrift fällt auf, welche
Bedeutung die Brunnen haben. Sie stehen als Quellorte des Lebens da. Christus kündet der Samariterin am
Jakobsbrunnen den neuen Brunnen, das wirkliche Lebenswasser an. Er zeigt sich ihr als der neue,
endgültige Jakob, der der Menschheit den Brunnen öffnet, auf den sie wartet: das Wasser, das nie
versiegendes Leben gibt (vgl. Joh 4, 5–15). Der heilige Johannes erzählt uns, daß ein Soldat die Seite Christi
mit der Lanze durchstieß und daß aus der geöffneten Seite des Herrn – aus seinem durchbohrten Herzen –
Blut und Wasser kamen (vgl. Joh 19, 34). Die alte Kirche hat darin ein Sinnbild für Taufe und Eucharistie
gesehen, die aus dem durchbohrten Herzen Jesu kommen. Jesus ist im Tod selbst zur Quelle geworden. Der
Prophet Ezechiel hatte in einer Vision den neuen Tempel gesehen, aus dem eine Quelle entspringt, die zum
großen, lebenspendenden Strom wird (vgl. Ez 47, 1–12) – in einem Land, das immer unter Dürre und
Mangel an Wasser litt, eine große Vision der Hoffnung. Die frühe Christenheit begriff: In Christus ist diese
Vision wahr geworden. Er ist der wahre, der lebendige Tempel Gottes. Und er ist Quell lebendigen Wassers.
Von ihm geht der große Strom aus, der in der Taufe die Welt befruchtet und erneuert; der große Strom
lebendigen Wassers, sein Evangelium, das die Erde Frucht tragen läßt. Jesus hat aber noch Größeres
prophezeit. Er sagt: „Wer an mich glaubt…, aus dessen Innerem werden Ströme lebendigen Wassers
fließen“ (Joh 7, 38). In der Taufe macht uns der Herr nicht nur zu Lichtmenschen, sondern auch zu
Quellen, von denen lebendiges Wasser ausgeht. Wir alle kennen solche Menschen, von denen wir
irgendwie erfrischt und erneuert weggehen. Von denen etwas ausgeht wie frisches Quellwasser. Wir
brauchen da gar nicht an die Großen zu denken wie Augustinus, Franz von Assisi, Teresa von Avila, Mutter
Teresa und so fort, von denen wirklich Ströme lebendigen Wassers in die Geschichte gekommen sind. Im
Alltag finden wir sie gottlob immer wieder, Menschen, die Quelle sind. Und freilich kennen wir auch das
Umgekehrte: Menschen, von denen eine Atmosphäre kommt wie von einem Tümpel mit abgestandenem
oder gar vergiftetem Wasser. Bitten wir den Herrn, der uns die Gnade der Taufe geschenkt hat, daß wir
immer Quellen reinen, frischen, lebendigen Wassers aus der Quelle seiner Wahrheit und Liebe seien!
Das dritte große Symbol der Osternacht ist ganz eigener Art; es bezieht den Menschen mit ein. Es ist das
Singen des neuen Liedes – Halleluja. Wenn ein Mensch von einer großen Freude getroffen wird, dann kann
er sie nicht für sich behalten. Er muß sie aussprechen, sie weitergeben. Was aber geschieht, wenn der
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Mensch vom Licht der Auferstehung berührt wird und dadurch das Leben selbst, die Wahrheit, die Liebe
anrührt? Davon kann er nicht einfach nur sprechen. Das Reden reicht nicht mehr aus. Er muß singen. Die
erste Erwähnung des Singens finden wir in der Bibel nach dem Durchzug durch das Rote Meer. Israel ist aus
der Knechtschaft heraufgestiegen. Es ist heraufgestiegen aus der drohenden Tiefe des Meeres. Es ist wie
neu geboren. Es lebt, und es ist frei. Die Bibel beschreibt die Reaktion des Volkes auf dieses große Ereignis
der Rettung mit dem Satz: „Sie glaubten an den Herrn und an Mose, seinen Knecht“ (Ex 14, 31). Darauf folgt
dann eine zweite Reaktion, die aus der ersten mit einer Art innerer Notwendigkeit aufsteigt: „Damals sang
Mose mit den Israeliten dem Herrn dieses Lied…“ In der Osternacht stimmen wir Christen nach der dritten
Lesung Jahr um Jahr in dieses Lied ein, singen es als unser Lied, weil auch wir durch Gottes Macht „aus dem
Wasser“ gezogen sind, zum wirklichen Leben befreit.
Zu der Geschichte vom Lied des Mose nach der Rettung Israels aus Ägypten und nach dem Aufstieg aus
dem Roten Meer gibt es eine merkwürdige Parallele in der Apokalypse des heiligen Johannes. Vor dem
Beginn der letzten sieben Plagen, die über die Erde verhängt sind, erscheint dem Seher „etwas, das einem
gläsernen Meer glich und mit Feuer durchsetzt war. Und die Sieger über das Tier, über sein Standbild und
über die Zahl seines Namens standen auf dem gläsernen Meer und trugen die Harfen Gottes. Sie sangen
das Lied des Mose, des Knechtes Gottes, und das Lied zu Ehren des Lammes…“ (Apk 15, 2f). Mit diesem Bild
wird die Situation der Jünger Jesu Christi zu allen Zeiten, die Situation der Kirche in der Geschichte dieser
Welt beschrieben. Menschlich gesehen ist sie widersprüchlich. Einerseits steht diese Gemeinschaft im
Exodus, mitten im Roten Meer. In einem Meer, das paradoxerweise zugleich Eis und Feuer ist. Und muß
nicht die Kirche sozusagen immer über das Meer wandern, durch Feuer und Kälte? Sie muß – menschlich
gesprochen – untergehen. Aber während sie noch mitten in diesem Roten Meer wandert, singt sie, singt sie
das Loblied der Gerechten: das Lied des Mose und des Lammes, in dem Alter und Neuer Bund
zusammenklingen. Während sie eigentlich untergehen muß, singt sie das Danklied der Geretteten. Sie steht
auf den Todeswassern der Geschichte und ist doch schon auferstanden. Singend greift sie nach der Hand
des Herrn, der sie über den Wassern hält. Und sie weiß, daß sie damit aus der sonst unentrinnbaren
Schwerkraft des Todes und des Bösen hinausgehoben ist in die neue Schwerkraft Gottes, der Wahrheit und
der Liebe hinein. Noch ist sie, sind wir alle zwischen beiden Gravitationsfeldern. Aber seit Christus
auferstanden ist, ist die Gravitation der Liebe stärker als die des Hasses; die Schwerkraft des Lebens stärker
als die des Todes. Ist das nicht wirklich die Situation der Kirche aller Zeiten, unsere Situation? Immer
scheint sie untergehen zu müssen, und immer ist sie schon gerettet. „Wir sind wie Sterbende und seht:
wir leben“, hat der heilige Paulus diese Situation formuliert (2 Kor 6, 9). Die rettende Hand des Herrn hält
uns, und so können wir jetzt schon das Lied der Geretteten, das neue Lied der Auferstandenen singen:
Halleluja. Amen.
Urbi et Orbi 2009
Von Herzen bringe ich Euch allen meine österlichen Glückwünsche mit den Worten des heiligen Augustinus
zum Ausdruck: „Resurrectio Domini, spes nostra – die Auferstehung des Herrn ist unsere Hoffnung“
(Augustinus, Sermo 261, 1). Mit dieser Aussage erklärte der große Bischof seinen Gläubigen, daß Jesus für
uns auferstanden ist, damit wir, obwohl wir sterben müssen, nicht verzweifeln sollten in dem Gedanken,
daß mit dem Tod das Leben völlig beendet sei; Christus ist auferstanden, um uns Hoffnung zu geben (vgl.
ebd.).
Tatsächlich ist eine der Fragen, die das Leben des Menschen am meisten quälen, genau diese: Was ist nach
dem Tod? Das heutige Hochfest erlaubt uns, auf dieses Rätsel zu antworten, daß der Tod nicht das letzte
Wort hat, denn schließlich ist es das Leben, das siegt. Und diese unsere Gewißheit gründet sich nicht auf
bloße menschliche Überlegungen, sondern auf eine geschichtliche Gegebenheit des Glaubens: Jesus
Christus, der gekreuzigt und begraben wurde, ist mit seinem verherrlichten Leib auferstanden. Jesus ist
auferstanden, damit auch wir, wenn wir an ihn glauben, das ewige Leben haben können. Diese
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Verkündigung ist das Herz der evangelischen Botschaft. Das erklärt der heilige Paulus mit Nachdruck: „Ist
aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos.“ Und
er fügt hinzu: „Wenn wir unsere Hoffnung nur in diesem Leben auf Christus gesetzt haben, sind wir
erbärmlicher daran als alle anderen Menschen“ (1 Kor 15, 14. 19). Seit dem Morgengrauen des Ostertags
erfaßt ein neuer Frühling der Hoffnung die Welt; mit jenem Tag hat unsere Auferstehung schon begonnen,
denn Ostern ist nicht bloß ein Moment der Geschichte, sondern der Beginn eines neuen Zustands: Jesus ist
nicht etwa auferstanden, damit die Erinnerung an ihn im Herzen seiner Jünger lebendig bleibt, sondern
damit er selbst in uns lebt und wir in ihm schon die Freude des ewigen Lebens erfahren können.
Die Auferstehung ist deshalb nicht eine Theorie, sondern eine von dem Menschen Jesus Christus durch sein
„Pascha“, durch seinen „Übergang“ offenbarte geschichtliche Realität – ein Übergang, der einen „neuen
Weg“ zwischen der Erde und dem Himmel eröffnet hat (vgl. Hebr 10, 20). Es ist weder ein Mythos noch ein
Traum, es ist weder eine Vision noch eine Utopie, es ist kein Märchen, sondern ein einmaliges und
unwiederholbares Ereignis: Jesus von Nazareth, der Sohn Marias, der am Freitag bei Sonnenuntergang vom
Kreuz abgenommen und begraben worden ist, hat siegreich das Grab verlassen. Tatsächlich haben Petrus
und Johannes bei Anbruch des ersten Tages nach dem Sabbat das Grab leer vorgefunden. Magdalena und
die anderen Frauen sind dem auferstandenen Jesus begegnet; auch die beiden Jünger von Emmaus haben
ihn erkannt, als er das Brot brach; am Abend ist der Auferstandene den Aposteln im Abendmahlssaal
erschienen und danach vielen anderen Jüngern in Galiläa.
Die Verkündigung der Auferstehung des Herrn trägt Licht in die dunklen Zonen der Welt, in der wir leben.
Ich beziehe mich insbesondere auf den Materialismus und den Nihilismus, auf jene Weltanschauung, die
nicht über das experimentell Feststellbare hinauszublicken vermag und sich trostlos in ein Gefühl des Nichts
zurückzieht, das der definitive Endpunkt der menschlichen Existenz wäre. In der Tat: Wenn Christus nicht
auferstanden wäre, würde die „Leere“ unweigerlich die Oberhand gewinnen. Wenn wir Christus und die
Auferstehung ausblenden, gibt es für den Menschen kein Entrinnen, und jede Hoffnung bleibt eine Illusion.
Doch gerade heute bricht die Botschaft von der Auferstehung des Herrn mit Macht hervor und stellt die
Antwort auf die immer wiederkehrende Frage der Skeptiker dar, die auch im Buch Kohelet wiedergegeben
ist: „Gibt es etwa ein Ding, von dem man sagen könnte: Sieh dir das an, das ist etwas Neues?“ (vgl. Koh 1,
10). Ja, antworten wir: Am Ostermorgen ist alles neu geworden. „Tod und Leben, die kämpften
unbegreiflichen Zweikampf; des Lebens Fürst, der starb, herrscht nun lebend“ (Ostersequenz). Das ist das
Neue! Eine Neuheit, die das Leben dessen, der sie annimmt, verändert, wie es bei den Heiligen geschah. So
erging es zum Beispiel dem heiligen Paulus.
Mehrmals haben wir im Zusammenhang des Paulusjahres die Gelegenheit gehabt, über die Erfahrung des
großen Apostels zu meditieren. Saulus von Tarsus, der erbitterte Christenverfolger, begegnete auf dem
Weg nach Damaskus dem auferstandenen Christus und wurde von ihm „ergriffen“. Alles weitere ist uns
bekannt. In Paulus vollzog sich das, was er später an die Christen von Korinth schrieb: „Wenn also jemand
in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden“ (2 Kor 5, 17).
Schauen wir auf diesen großen Missionar, der mit der kühnen Begeisterung seines apostolischen Wirkens
das Evangelium zu vielen Völkern der damaligen Welt gebracht hat. Seine Lehre und sein Beispiel regen uns
an, Jesus, den Herrn zu suchen. Sie ermutigen uns, ihm zu vertrauen, denn das Gefühl des Nichts, das dazu
neigt, die Menschheit zu vergiften, ist überwältigt worden durch das Licht und die Hoffnung, welche von
der Auferstehung ausgehen. Jetzt haben sich die Worte des Psalms bewahrheitet und sind ganz real
geworden: „Auch die Finsternis ist für dich nicht finster, die Nacht leuchtet wie der Tag“ (vgl. 139 [138], 12).
Nicht mehr das Nichts hüllt alles ein, sondern die liebende Gegenwart Gottes. Sogar das Reich des Todes
selbst ist befreit, denn getragen vom Hauch des Geistes ist das WORT des Lebens auch in der „Unterwelt“
angekommen (vgl. V. 8).
So wahr es ist, daß der Tod keine Macht mehr über den Menschen und die Welt hat, bestehen doch noch
viele, zu viele Zeichen seiner alten Herrschaft fort. Wenn Christus auch durch sein Pascha die Wurzel des
Übels ausgerottet hat, so braucht er doch Männer und Frauen, die ihm zu jeder Zeit und an jedem Ort
helfen, seinen Sieg mit seinen eigenen Waffen zu behaupten: mit den Waffen der Gerechtigkeit und der
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Wahrheit, mit den Waffen der Barmherzigkeit, der Vergebung und der Liebe. Das ist die Botschaft, die ich
unlängst anläßlich meiner Apostolischen Reise nach Kamerun und Angola dem gesamten afrikanischen
Kontinent überbringen wollte, der mich mit großer Begeisterung und hörbereitem Herzen empfangen hat.
Tatsächlich leidet Afrika über alle Maßen aufgrund grausamer und endloser – oft vergessener – Konflikte,
die verschiedene seiner Nationen zerreißen und mit Blut überströmen, und aufgrund der zunehmenden
Anzahl seiner Söhne und Töchter, die dem Hunger, der Armut und der Krankheit zum Opfer fallen. Dieselbe
Botschaft werde ich mit Nachdruck im Heiligen Land wiederholen, das ich zu meiner Freude in wenigen
Wochen besuchen werde. Die schwierige, aber unerläßliche Versöhnung, welche die Vorbedingung für eine
Zukunft in gemeinsamer Sicherheit und in friedlichem Zusammenleben ist, kann nur durch die erneuten,
ausdauernden und aufrichtigen Bemühungen zur Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts
Wirklichkeit werden. Vom Heiligen Land richtet sich dann der Blick weiter auf die angrenzenden Länder, auf
den Mittleren Osten, auf die ganze Welt. In einer Zeit weltweiter Lebensmittel-Knappheit, finanzieller
Verworrenheit, alter und neuer Formen der Armut, besorgniserregenden Klimawandels, in einer Zeit, in der
Gewalt und Elend viele zwingen, auf der Suche nach weniger unsicheren Überlebens-Chancen die eigene
Heimat zu verlassen, in einer Zeit ständig bedrohlichen Terrorismus’ und wachsender Ängste angesichts der
Unsicherheit der Zukunft ist es dringend notwendig, erneut Perspektiven zu eröffnen, die in der Lage sind,
wieder Hoffnung zu vermitteln. Niemand sollte sich aus diesem friedlichen Kampf, der mit dem Pascha
Christi begonnen hat, zurückziehen. Er – ich wiederhole es – sucht Männer und Frauen, die ihm helfen,
seinen Sieg mit seinen eigenen Waffen zu behaupten: mit den Waffen der Gerechtigkeit und der Wahrheit,
mit den Waffen der Barmherzigkeit, der Vergebung und der Liebe.
Resurrectio Domini, spes nostra! Christi Auferstehung ist unsere Hoffnung! Das ruft die Kirche heute mit
Freude aus: Sie verkündet die Hoffnung, die Gott gefestigt und unüberwindlich gemacht hat, indem er Jesus
Christus von den Toten auferweckt hat; sie verbreitet die Hoffnung, die sie im Herzen trägt und mit allen
teilen möchte, an jedem Ort, besonders dort, wo die Christen wegen ihres Glaubens und ihres Einsatzes für
Gerechtigkeit und Frieden Verfolgung erleiden; sie beruft sich auf die Hoffnung, die den Mut zum Guten zu
erwecken vermag, auch und gerade dann, wenn das Opfer verlangt. Heute besingt die Kirche den „Tag, den
der Herr gemacht hat“, und lädt zur Freude ein. Heute ruft die Kirche bittend Maria, den Stern der
Hoffnung an, damit sie die Menschheit zum sicheren Hafen des Heils geleite, zum Herzen Christi, des
Pascha-Opfers, des Lammes, das „die Welt erlöst“ hat, des Unschuldigen, der „uns Sünder mit dem Vater
versöhnt“ hat. Ihm, dem siegreichen König, ihm, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, rufen wir mit
Freude unser Halleluja zu!
Ostern 2010 (Benedikt XVI., Osternacht, 3. April 2010)
Eine alte jüdische Legende aus dem apokryphen Buch „Das Leben Adams und Evas“ erzählt, daß Adam in
seiner Todeskrankheit seinen Sohn Set zusammen mit Eva in die Gegend des Paradieses ausgeschickt habe,
um das Öl der Barmherzigkeit zu holen; um damit gesalbt und so geheilt zu werden. Nach allem Beten und
Weinen der beiden, die auf der Suche nach dem Lebensbaum sind, erscheint ihnen der Erzengel Michael,
um ihnen zu sagen, daß sie das Öl vom Baum der Barmherzigkeit nicht erhalten werden und daß Adam
sterben müsse. Christliche Leser haben später an diese Rede des Erzengels ein Wort des Trostes angefügt.
Der Engel habe gesagt: Nach 5.500 Jahren werde der liebreiche König Christus, der Sohn Gottes, kommen
und mit dem Öl seiner Barmherzigkeit alle die salben, die an ihn glauben. „Das Öl der Barmherzigkeit wird
von Ewigkeit zu Ewigkeit denen zuteil werden, die aus Wasser und Heiligem Geist wiedergeboren werden
müssen. Dann fährt der liebreiche Sohn Gottes, Christus, in die Erde hinunter und führt deinen Vater ins
Paradies, zum Baum der Barmherzigkeit.“ In dieser Legende wird die ganze Trauer des Menschen über das
Verhängnis von Krankheit, Schmerz und Tod sichtbar, das uns auferlegt ist. Es wird sichtbar der Widerstand,
den der Mensch dem Tod entgegensetzt: Irgendwo, so haben die Menschen immer wieder gedacht, müsse
es doch das Kraut gegen den Tod geben. Irgendwann müsse sich die Medizin nicht nur gegen diese oder
jene Krankheit finden lassen, sondern gegen das eigentliche Verhängnis – gegen den Tod. Es müsse doch
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die Medizin der Unsterblichkeit geben. Die Menschen sind gerade auch heute auf der Suche nach diesem
Kräutlein. Auch die heutige Medizin sucht zwar nicht gerade den Tod auszuschalten, aber möglichst viele
seiner Ursachen zu beseitigen, ihn immer weiter hinauszuschieben. Immer mehr und längeres Leben zu
geben. Aber denken wir einmal nach, wie wäre das eigentlich, wenn es gelänge, vielleicht zwar nicht den
Tod ganz auszuschalten, aber ihn endlos hinauszuschieben, ein Alter von mehreren hundert Jahren zu
erreichen? Wäre das gut? Die Menschheit würde überaltern, für Jugend würde es keinen Platz mehr geben.
Die Fähigkeit zum Neuen würde erlöschen, und ein endloses Leben würde kein Paradies, sondern eher eine
Verdammnis sein. Das wirkliche Kräutlein gegen den Tod müßte anders sein. Es dürfte nicht einfach
endlose Verlängerung dieses jetzigen Lebens bringen. Es müßte unser Leben von innen her umarbeiten. Es
müßte in uns ein neues Leben schaffen, das wirklich ewigkeitsfähig ist: Es müßte uns auf eine Weise
umgestalten, daß es mit dem Tod nicht aufhören, sondern erst vollends beginnen würde. Das Neue und
Aufregende der christlichen Botschaft, des Evangeliums Jesu Christi war und ist es, daß uns gesagt wird: Ja,
dieses Kraut gegen den Tod, diese wirkliche Medizin der Unsterblichkeit gibt es. Sie ist gefunden. Sie ist
zugänglich. In der Taufe wird uns diese Medizin geschenkt. Ein neues Leben beginnt in uns, das im
Glauben reift und durch den Tod des alten Lebens nicht aufgehoben, sondern erst vollends freigelegt wird.
Darauf werden manche, viele antworten: Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Und auch
wer glauben will, wird fragen: Ist es wirklich so? Wie sollen wir uns das vorstellen? Wie geht diese
Umarbeitung des alten Lebens vor sich, daß sich in ihm das neue Leben bildet, das keinen Tod kennt?
Noch einmal kann uns eine alte jüdische Schrift helfen, eine Vorstellung zu gewinnen von dem
geheimnisvollen Vorgang, der mit der Taufe in uns beginnt. Da wird uns erzählt, wie der Urvater Henoch
zum Thron Gottes entrückt wurde. Aber er erschrak vor den herrlichen Engelmächten, und in seiner
menschlichen Schwachheit konnte er das Angesicht Gottes nicht schauen. „Da sprach Gott zu Michael – so
fährt das Henoch-Buch weiter fort -: Nimm Henoch und ziehe ihm die irdischen Kleider aus. Salbe ihn mit
lindem Öl und kleide ihn in Gewänder der Glorie! Und Michael zog mir meine Gewänder aus und salbte
mich mit lindem Öl, und dieses Öl war mehr als strahlendes Licht… Sein Glanz glich den Sonnenstrahlen. Als
ich mich besah, war ich wie einer der Glorreichen“ (Ph. Rech, Inbild des Kosmos, II 524).
Genau dies, das Umgekleidetwerden in das neue Gewand Gottes, geschieht in der Taufe, so sagt uns der
christliche Glaube. Freilich ist dieses Umkleiden ein Vorgang, der sich das Leben hindurch erstreckt. Was in
der Taufe geschieht, ist der Anfang eines Prozesses, der unser ganzes Leben umspannt – uns ewigkeitsfähig
macht, so daß wir im Lichtgewand Jesu Christi vor das Antlitz Gottes treten und mit ihm für immer leben
können.
Im Ritus der Taufe gibt es zwei Elemente, in denen sich dieses Geschehen ausdrückt und auch als Anspruch
an unser weiteres Leben sichtbar wird. Da gibt es zunächst den Vorgang der Absage und der Zusage. In der
frühen Kirche wandte sich der Täufling gegen Westen, Sinnbild der Finsternis, des Sonnenuntergangs, des
Todes und so der Herrschaft der Sünde. Der Täufling wendet sich dorthin und sagt ein dreifaches Nein: zum
Teufel, zu seinem Pomp und zur Sünde. Mit dem merkwürdigen Wort vom „Pomp“, vom Prunk des Teufels
wurde der Glanz des antiken Götterkultes und des antiken Theaters bezeichnet, in dem man die
Zerfleischung lebender Menschen durch wilde Tiere genoß. So war dieses Nein die Absage an einen Typus
von Kultur, die den Menschen an die Anbetung der Macht, an die Welt der Begierde, an die Lüge, an die
Grausamkeit kettete. Es war ein Akt der Befreiung vom Diktat einer Lebensform, die sich als Genuß darbot
und doch zur Zerstörung des Besten im Menschen drängte. Diese Absage bildet – mit weniger dramatischer
Gebärde – auch heute einen wesentlichen Teil der Taufe. In ihr legen wir die „alten Kleider“ ab, mit denen
man nicht vor Gott stehen kann. Besser gesagt: Wir beginnen damit, sie abzulegen. Denn diese Absage ist
ein Versprechen, bei dem wir Christus die Hand geben, damit er uns führe und er uns umkleide. Welche
„Kleider“ wir da ablegen, welches Versprechen wir da geben, wird deutlich sichtbar, wenn wir im 5. Kapitel
des Galater-Briefes lesen, was Paulus „Werke des Fleisches“ nennt, womit genau die alten abzulegenden
Gewänder gemeint sind. Paulus benennt sie so: „Unzucht, Unsittlichkeit, ausschweifendes Leben,
Götzendienst, Zauberei, Feindschaften, Streit, Eifersucht, Jähzorn, Eigennutz, Spaltungen, Parteiungen, Neid
und Mißgunst, Trink- und Eßgelage und ähnliches mehr“ (Gal 5, 19ff). Diese Gewänder legen wir ab; es
sind Gewänder des Todes.
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Dann wandte sich in der alten Kirche der Täufling nach Osten – Sinnbild des Lichts, Sinnbild für die neu
aufgehende Sonne der Geschichte, für Christus. Der Täufling legt die neue Richtung seines Lebens fest: den
Glauben an den dreifaltigen Gott, dem er sich übereignet. So zieht Gott uns selbst das Lichtgewand an, das
Gewand des Lebens. Paulus nennt diese neuen „Gewänder“ „Frucht des Geistes“ und beschreibt sie mit
den folgenden Worten: „Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und
Selbstbeherrschung“ (Gal 5, 22f).
In der alten Kirche wurde der Täufling dann wirklich entkleidet. Er stieg in den Taufbrunnen hinunter und
wurde dreimal untergetaucht – ein Todessymbol, das die ganze Radikalität dieser Entkleidung und
Umkleidung ausdrückt. Der Täufling gibt das ohnedies todgeweihte Leben mit Christus in den Tod hinein
und läßt sich von ihm mitziehen und hinaufziehen in das neue Leben, das ihn umgestaltet auf die Ewigkeit
hin. Dann, aufsteigend aus dem Taufwasser, wurden die Neugetauften mit dem weißen Gewand bekleidet,
dem Lichtgewand Gottes und empfingen die brennende Kerze als Zeichen des neuen Lebens im Licht, das
Gott selbst in ihnen angezündet hatte. Sie wußten: Sie hatten die Medizin der Unsterblichkeit erhalten,
die nun im Empfangen der heiligen Eucharistie vollends Gestalt annahm. In ihr empfangen wir den Leib
des auferstandenen Herrn und werden selbst in diesen Leib hineingezogen, so daß wir schon an dem
festgehalten sind, der den Tod überwunden hat und uns durch den Tod hindurchträgt.
Im Lauf der Jahrhunderte sind die Symbole karger geworden, aber das wesentliche Geschehen der Taufe ist
doch das Gleiche geblieben. Sie ist nicht nur Abwaschung, schon gar nicht eine etwas umständliche
Aufnahme in einen neuen Verein. Sie ist Tod und Auferstehung, Wiedergeburt ins neue Leben hinein.
Ja, das Kraut gegen den Tod gibt es. Christus ist der wieder zugänglich gewordene Baum des Lebens. Wenn
wir uns an ihm anhalten, dann sind wir im Leben. Deswegen werden wir in dieser Nacht der Auferstehung
von ganzem Herzen Alleluja singen, das Lied der Freude, das keine Worte braucht. Deswegen kann Paulus
zu den Philippern sagen: „Freut euch im Herrn allezeit! Noch einmal sage ich: Freut euch!“ (Phil 4, 4).
Freude kann man nicht befehlen. Man kann sie nur schenken. Der auferstandene Herr schenkt uns die
Freude: das wahre Leben. Wir sind für immer geborgen in der Liebe dessen, dem alle Macht im Himmel
und auf Erden gegeben ist (vgl. Mt 28, 18). So bitten wir erhörungsgewiß mit dem Gabengebet der Kirche in
dieser Nacht: Nimm, o Herr, wir bitten dich, die Gebete deines Volkes mit seinen Ostergaben an, damit das,
was mit den österlichen Geheimnissen begonnen hat, durch dein Wirken für uns zur Medizin des ewigen
Lebens werde.“ Amen.
Urbi et Orbi 2010
„Cantemus Domino: gloriose enim magnificatus est.”
„Dem Herrn will ich singen, machtvoll hat er sich kundgetan.“
(Stundengebet, Ostern, Lesehore, 1. Antiphon).
Liebe Brüder und Schwestern!
Mit diesen Worten der Liturgie, in denen der uralte Lobgesang der Hebräer nach dem Durchzug durch das
Rote Meer anklingt, überbringe ich euch die Botschaft von Ostern. Das Buch Exodus (vgl. 15,19-21) erzählt,
daß, nachdem die Israeliten auf trockenem Boden durch das Meer gezogen waren und die Ägypter im
Wasser untergehen sahen, Mirjam – die Schwester Moses und Aarons – und die anderen Frauen mit Tanz
dieses Jubellied anstimmten: „Singt dem Herrn ein Lied, denn er ist hoch und erhaben! Rosse und Wagen
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warf er ins Meer.“ Die Christen in aller Welt wiederholen diesen Gesang in der Osternacht, und ein
besonderes Gebet erläutert seine Bedeutung: „Gott, deine uralten Wunder leuchten noch in unseren
Tagen. Was einst dein mächtiger Arm an e i n e m Volk getan hat, das tust du jetzt an allen Völkern: Einst
hast du Israel aus der Knechtschaft des Pharao befreit und durch die Fluten des Roten Meeres geführt; nun
aber führst du alle Völker durch das Wasser der Taufe zur Freiheit. Gib, daß alle Menschen Kinder
Abrahams werden und zur Würde des auserwählten Volkes gelangen.“
Das Evangelium hat uns die Erfüllung der alten Bilder offenbart: Mit seinem Tod und seiner Auferstehung
hat Jesus Christus den Menschen von der tiefgreifenden Knechtschaft der Sünde befreit und ihm den Weg
in das verheißene Land, in das Reich Gottes, in das universale Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des
Friedens aufgetan. Dieser „Auszug“ geschieht zunächst im Menschen selbst und besteht in einer neuen
Geburt im Heiligen Geist, einer Wirkung der Taufe, die Christus uns im Ostergeheimnis geschenkt hat. Der
alte Mensch weicht dem neuen; das frühere Leben liegt hinter einem, man kann in einem neuen Leben
wandeln (vgl. Röm 6,4). Der geistige „Auszug“ ist aber Anfang einer umfassenden Befreiung, die fähig ist,
jede menschliche, persönliche und soziale Dimension zu erneuern.
Ja, Brüder und Schwestern, Ostern ist das wahre Heil der Menschheit! Wenn Christus – das Lamm Gottes –
nicht sein Blut für uns vergossen hätte, hätten wir keine Hoffnung, wäre unser Schicksal und das der ganzen
Welt unausweichlich der Tod. Aber Ostern hat diese Tendenz umgekehrt: Die Auferstehung Christi ist eine
neue Schöpfung, wie ein Pfröpfling, der die ganze Pflanze regenerieren kann. Es ist ein Geschehen, das die
tiefe Richtung der Geschichte verändert hat, indem es ein für alle Mal das Gewicht zugunsten des Guten,
des Lebens, der Vergebung verschoben hat. Wir sind frei, wir sind gerettet! Das ist der Grund, warum wir
aus innerstem Herzen jubeln: „Dem Herrn will ich singen, machtvoll hat er sich kundgetan.“
Aus dem Wasser der Taufe hervorgekommen, ist das christliche Volk in die ganze Welt gesandt, um dieses
Heil zu bezeugen, um allen die Frucht von Ostern zu bringen, die in einem neuen Leben besteht, das von
der Sünde befreit ist und das in seiner ursprünglichen Schönheit, seiner Güte und Wahrheit wieder
hergestellt wurde. Ununterbrochen im Lauf von zweitausend Jahren haben die Christen – besonders die
Heiligen – die Geschichte mit der lebendigen Ostererfahrung befruchtet. Die Kirche ist das Volk des
Auszugs, da sie ständig das Ostergeheimnis lebt und dessen erneuernde Kraft zu jeder Zeit und an allen
Orten verbreitet. Auch in unseren Tagen bedarf die Menschheit eines „Auszugs“, nicht oberflächlicher
Verbesserungen, sondern einer geistigen und moralischen Verwandlung. Sie bedarf des Heils des
Evangeliums, um aus einer Krise herauszukommen, die tief ist und als solche tiefe Veränderungen verlangt,
angefangen von den Gewissen der Menschen.
Jesus, den Herrn, bitte ich, daß im Nahen Osten, und besonders in dem durch seinen Tod und seine
Auferstehung geheiligten Land, die Völker einen wahren und endgültigen „Auszug“ aus dem Krieg und der
Gewalt zum Frieden und zur Eintracht vollziehen mögen. An die christlichen Gemeinschaften, die
insbesondere im Irak Prüfungen und Leid erleben, richte der Auferstandene erneut sein trostvolles und
ermutigendes Wort, das er zu den Aposteln im Abendmahlssaal gesprochen hat: „Friede sei mit euch!“ (Joh
20,21).
Für jene Länder Lateinamerikas und der Karibik, in denen die Kriminalität im Zusammenhang mit dem
Rauschgifthandel gefährlich zunimmt, bedeute Ostern der Sieg des friedlichen Zusammenlebens und der
Achtung des Gemeinwohls. Die geschätzte Bevölkerung Haitis, das von der ungeheueren Erdbebentragödie
verwüstet wurde, vollziehe seinen „Auszug“ aus der Trauer und Verzweiflung zu einer neuen Hoffnung, die
von der internationalen Solidarität gestützt wird. Die geliebten Bürger Chiles, die von einer weiteren
schweren Katastrophe gebeugt sind, aber vom Glauben aufrecht gehalten werden, mögen mit
Beharrlichkeit den Wiederaufbau in Angriff nehmen.
In der Kraft des auferstandenen Jesus möge in Afrika den Konflikten ein Ende bereitet werden, die weiter
Zerstörung und Leid verursachen, um zu jenem Frieden und zu jener Versöhnung zu gelangen, die Gewähr
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für die Entwicklung bieten. Dem Herrn vertraue ich im besonderen die Zukunft der Demokratischen
Republik Kongo, Guineas und Nigerias an.
Der Auferstandene stütze die Christen, die wie in Pakistan wegen ihres Glaubens Verfolgung und sogar Tod
erleiden. Er gebe den Ländern, die vom Terrorismus und von sozialen oder religiösen Diskriminierungen
betroffen sind, die Kraft, Wege des Dialogs und des friedvollen Zusammenlebens einzuschlagen. Den
Verantwortlichen aller Nationen bringe das Osterfest Christi, seine Auferstehung, Licht und Kraft, damit das
Wirtschaftsleben und die Finanzaktionen endlich nach Kriterien der Wahrheit, der Gerechtigkeit und der
brüderlichen Hilfe gestaltet werden. Die rettende Kraft der Auferstehung Christi stärke die ganze
Menschheit, daß sie die vielfachen und tragischen Äußerungen einer sich ausbreitenden „Kultur des Todes“
überwinde, um eine Zukunft der Liebe und Wahrheit aufzubauen, in der jedes menschliche Leben geachtet
und angenommen wird.
Liebe Brüder und Schwestern! Ostern vollbringt keine Zauberei. Wie die Hebräer jenseits des Roten Meeres
die Wüste vorfanden, so findet die Kirche nach der Auferstehung stets die Geschichte mit ihren Freuden
und Hoffnungen, Leiden und Ängsten vor. Und dennoch hat sich diese Geschichte verändert, ist sie von
einem neuen und ewigen Bund geprägt, ist sie wirklich offen für die Zukunft. Deswegen setzen wir, gerettet
auf Hoffnung hin, unsere Pilgerreise fort und tragen dabei das alte und stets neue Lied im Herzen: „Dem
Herrn will ich singen, machtvoll hat er sich kundgetan!“.
Ostern 2011 (Benedikt XVI., Osternacht, 23. April 2011)
Zwei große Zeichen prägen die liturgische Feier der Osternacht. Da ist zunächst das Feuer, das zum Licht
wird. Das Licht der Osterkerze, das in der Prozession in der nächtlichen Kirche zu einer Flut von Lichtern
wird, spricht uns von Christus als dem wahren Morgenstern, der in Ewigkeit nicht untergeht – von dem
Auferstandenen, in dem das Licht über die Finsternis gesiegt hat. Das zweite Zeichen ist das Wasser. Es
erinnert einerseits an die Flut des Roten Meeres, an Untergang und Tod, an das Geheimnis des Kreuzes.
Dann aber erscheint es uns als Quellwasser, als Element, das in der Dürre Leben gibt. So wird es zum Bild
für das Sakrament der Taufe, das uns an Tod und Auferstehung Jesu Christi beteiligt.
Zur Liturgie der Osternacht gehören aber nicht nur die großen Schöpfungszeichen Licht und Wasser. Ganz
wesentlich ist für sie auch, daß sie uns in eine umfassende Begegnung mit dem Wort der Heiligen Schrift
führt. Vor der Liturgiereform gab es zwölf alttestamentliche und zwei neutestamentliche Lesungen. Die
neutestamentlichen Lesungen sind geblieben. Die Zahl der alttestamentlichen Lesungen ist auf sieben Texte
festgelegt, kann aber nach den örtlichen Verhältnissen auch drei Lesungen reduziert werden. Die Kirche
will uns in einer großen Überschau den Weg der Heilsgeschichte führen von der Schöpfung über die
Erwählung und die Errettung Israels bis zu den prophetischen Zeugnissen, mit denen diese ganze
Geschichte immer deutlicher auf Jesus Christus zugeht. In der liturgischen Überlieferung wurden alle diese
Lesungen Prophetien genannt. Auch wenn sie nicht direkt Voraussagen künftigen Geschehens sind, haben
sie prophetischen Charakter, zeigen sie uns den inneren Grund und die Richtung der Geschichte. Sie lassen
Schöpfung und Geschichte durchsichtig werden auf das Wesentliche. So nehmen sie uns an die Hand und
führen uns zu Christus hin, zeigen uns das wahre Licht.
Die Wanderung durch die Wege der Heiligen Schrift beginnt in der Osternacht mit dem Schöpfungsbericht.
Auch der Schöpfungsbericht ist Prophetie, will uns damit die Liturgie sagen. Er ist nicht eine Information
über den äußeren Hergang des Werdens von Kosmos und Mensch. Den Vätern der Kirche war das sehr
bewußt. Sie haben den Bericht nicht als Erzählung über den Verlauf der Entstehung der Dinge verstanden,
sondern als Weisung zum Wesentlichen, zum wahren Ursprung und zum Ziel unseres Seins. Nun kann man
fragen: Ist es wirklich wichtig, in der Osternacht auch von der Schöpfung zu sprechen? Könnte man nicht
mit den Ereignissen beginnen, in denen Gott den Menschen ruft, sich ein Volk bildet und seine Geschichte
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mit den Menschen auf der Erde schafft? Die Antwort muß lauten: nein. Die Schöpfung wegzulassen, würde
bedeuten, die Geschichte Gottes mit den Menschen selbst mißzuverstehen, sie zu verkleinern, ihre
wahre Größenordnung nicht mehr zu sehen. Der Radius der Geschichte, die Gott gestiftet hat, reicht bis zu
den Ursprüngen, bis zur Schöpfung hin. Unser Glaubensbekenntnis beginnt mit den Worten: „Ich glaube an
Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.“ Wenn wir diesen Anfang
des Credo weglassen, wird die ganze Heilsgeschichte zu eng und zu klein. Die Kirche ist nicht irgendeine
Vereinigung, die sich um die religiösen Bedürfnisse der Menschen kümmert, aber eben ihr beschränktes
Vereinsziel hat. Nein, sie bringt den Menschen in Berührung mit Gott und so mit dem Ursprung aller
Dinge. Deshalb geht Gott uns als Schöpfer an, und deswegen tragen wir Verantwortung für die Schöpfung.
Unsere Verantwortung reicht bis auf die Schöpfung hin, weil sie vom Schöpfer herkommt. Nur weil Gott das
Ganze geschaffen hat, kann er uns Leben geben und unser Leben führen. Das Leben im Glauben der Kirche
umfaßt nicht nur einen Bereich von Empfindungen und Gefühlen und vielleicht von moralischen
Verpflichtungen. Es umfaßt den Menschen ganz, von seinem Ursprung her und auf die Ewigkeit hin. Nur
weil die Schöpfung Gott gehört, können wir bis ins Letzte auf ihn bauen. Und nur weil er Schöpfer ist, kann
er uns Leben in Ewigkeit geben. Freude über die Schöpfung, Dankbarkeit für die Schöpfung und
Verantwortung für sie gehören zusammen.
Die zentrale Aussage des Schöpfungsberichts läßt sich noch genauer bestimmen. Der heilige Johannes hat
in den ersten Worten seines Evangeliums den wesentlichen Sinn des Schöpfungsberichts in dem einen Satz
zusammengefaßt: „Im Anfang war das Wort.“ In der Tat ist der Schöpfungsbericht, den wir vorhin gehört
haben, durch den gleichmäßig wiederkehrenden Satz bestimmt: „Und Gott sprach…“. Die Welt ist Produkt
des Wortes, des Logos, wie Johannes mit einem Zentralwort der griechischen Sprache sagt. Logos bedeutet
Vernunft, Sinn, Wort. Er ist nicht bloß Vernunft, sondern sprechende, sich selbst mitteilende, schöpferische
Vernunft. Er ist Vernunft, die Sinn ist und selbst wiederum Sinn stiftet. So sagt uns also der
Schöpfungsbericht: Die Welt ist Produkt der schöpferischen Vernunft. Und er sagt uns damit: Am Anfang
aller Dinge stand nicht das Unvernünftige, das Unfreie, sondern der Ursprung aller Dinge ist die
schöpferische Vernunft, ist die Liebe, ist die Freiheit. Hier stehen wir vor der letzten Alternative, um die es
im Disput zwischen Glaube und Unglaube geht: Ist die Unvernunft, das Unfreie und der Zufall der
Ursprung aller Dinge, oder ist der Ursprung des Seins Vernunft, Freiheit, Liebe? Gilt der Primat der
Unvernunft oder der Vernunft? Um diese Frage geht es letztlich. Als Gläubige antworten wir mit dem
Schöpfungsbericht und mit dem heiligen Johannes: Am Anfang steht die Vernunft. Am Anfang steht die
Freiheit. Deshalb ist es gut, ein Mensch zu sein. Es ist nicht so, daß in dem sich ausdehnenden Universum
am Ende in irgendeinem kleinen Winkel des Alls zufällig auch eine Art von Lebewesen entstand, die denken
kann und versuchen kann, Vernunft in der Schöpfung zu finden oder in sie hineinzubringen. Wäre der
Mensch nur ein solches Zufallsprodukt der Evolution irgendwo am Rand des Alls, dann wäre sein Leben
sinnlos oder gar eine Störung der Natur. Aber nein – die Vernunft ist zuerst, die schöpferische, die
göttliche Vernunft. Und weil sie Vernunft ist, hat sie auch Freiheit geschaffen, und weil Freiheit
mißbrauchbar ist, darum gibt es auch das Schöpfungswidrige; darum zieht sich gleichsam ein dicker dunkler
Strich durch den Bau des Universums und durch das Wesen des Menschen. Aber diesem Widerspruch zum
Trotz bleibt die Schöpfung als solche gut, bleibt das Leben gut, weil am Anfang die gute Vernunft, die
schöpferische Liebe Gottes steht. Darum ist die Welt erlösbar. Darum können und müssen wir uns auf die
Seite der Vernunft, der Freiheit und der Liebe stellen – auf die Seite des Gottes, der uns liebt, so sehr, daß
er für uns gelitten hat, damit aus seinem Tod neues, endgültiges, geheiltes Leben hervorgehen konnte.
Der alttestamentliche Schöpfungsbericht, den wir gehört haben, zeigt diese Ordnung der Wirklichkeiten
eindeutig an. Er führt uns aber noch einen Schritt weiter. Er hat den Vorgang der Schöpfung im Bild einer
Woche gestaltet, die auf den Sabbat zuläuft, in ihm ihre Erfüllung findet. Der Sabbat war für Israel der Tag,
an dem alle an der Ruhe Gottes teilnehmen durften, an dem Mensch und Tier, Herr und Sklave, Große und
Kleine in der Freiheit Gottes geeint waren. So war der Sabbat Ausdruck des Bundes zwischen Gott und
Mensch und der Schöpfung. Das Miteinander von Gott und Mensch aber erscheint so nicht als etwas
Nachträgliches, das in einer schon fertig geschaffenen Welt noch eingerichtet wurde. Der Bund, das
Miteinander von Gott und Mensch ist in der Schöpfung von Grund auf angelegt. Ja, der Bund ist der innere
Grund der Schöpfung, wie die Schöpfung die äußere Bedingung des Bundes ist. Gott hat die Welt gemacht,
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damit eine Stelle sei, an der er seine Liebe mitteilen kann und von der aus die Antwort der Liebe zu ihm
zurückkehrt. Vor Gott ist das Herz des Menschen, das ihm antwortet, größer und wichtiger als der ganze
gewaltige, materielle Kosmos, der uns freilich etwas von Gottes Größe ahnen läßt.
An Ostern und von der österlichen Erfahrung der Christen her müssen wir aber nun noch einen weiteren
Schritt tun. Der Sabbat ist der siebte Tag der Woche. Nach sechs Tagen, an denen der Mensch gleichsam
an der Schöpfungsarbeit Gottes teilnimmt, ist der Sabbat der Tag der Ruhe. Aber in der werdenden Kirche
ist etwas Unerhörtes geschehen: An die Stelle des Sabbats, des siebten Tags, tritt der erste Tag. Als Tag
der gottesdienstlichen Versammlung ist er der Tag der Begegnung mit Gott durch Jesus Christus, der am
ersten Tag, am Sonntag, den Seinen als Auferstandener begegnete, nachdem sie das Grab leer gefunden
hatten. Die Wochenstruktur ist nun umgekehrt. Sie läuft nicht mehr auf den siebten Tag zu, um dort an
Gottes Ruhe teilzunehmen. Sie beginnt mit dem ersten Tag als Tag der Begegnung mit dem
Auferstandenen. Diese Begegnung vollzieht sich immer neu in der Feier der Eucharistie, in der der Herr
wieder in die Mitte der Seinen tritt und sich ihnen schenkt, sich von ihnen gleichsam berühren läßt, sich mit
ihnen zu Tisch setzt. Diese Änderung ist ein unerhörter Vorgang, wenn man bedenkt, daß der Sabbat, der
siebte Tag als Tag der Begegnung mit Gott zutiefst im Alten Testament verankert ist. Wenn wir beachten,
wie sehr der Weg von der Arbeit zum Tag der Ruhe auch einer natürlichen Logik entspricht, wird das
Dramatische dieses Umschwungs noch deutlicher. Dieser revolutionäre Vorgang, der sich gleich zu Beginn
des Werdens der Kirche zugetragen hat, ist nur zu erklären aus der Tatsache, daß an diesem Tag
Unerhörtes geschehen war. Der erste Wochentag war der dritte Tag nach Jesu Tod. Es war der Tag, an
dem er sich den Seinen als der Auferstandene zeigte. Diese Begegnung hatte in der Tat etwas
Umstürzendes an sich. Die Welt hatte sich geändert. Der Tote lebte mit einem Leben, das von keinem Tod
mehr bedroht war. Eine neue Weise des Lebens, eine neue Dimension der Schöpfung hatte sich eröffnet.
Der erste Tag ist nach dem Genesis-Bericht der Tag, an dem die Schöpfung beginnt. Nun war er auf eine
neue Weise zum Schöpfungstag, zum Tag der neuen Schöpfung geworden. Wir feiern den ersten Tag. Wir
feiern damit Gott, den Schöpfer und seine Schöpfung. Ja, ich glaube an Gott, den Schöpfer des Himmels
und der Erde. Und wir feiern den Gott, der Mensch geworden ist, gelitten hat, gestorben ist und begraben
wurde und auferstand. Wir feiern den endgültigen Sieg des Schöpfers und seiner Schöpfung. Wir feiern
diesen Tag als Ursprung und zugleich als Ziel unseres Lebens. Wir feiern ihn, weil nun vom Auferstandenen
her endgültig gilt, daß die Vernunft stärker ist als die Unvernunft, die Wahrheit stärker als die Lüge, die
Liebe stärker als der Tod. Wir feiern den ersten Tag, weil wir wissen, daß der dunkle Strich, der die
Schöpfung durchzieht, nicht für immer bleibt. Wir feiern ihn, weil wir wissen, daß nun endgültig gilt, was
am Ende des Schöpfungsberichts gesagt ist: „Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut“
(Gen 1,31). Amen.
Urbi et Orbi 2011
„In resurrectione tua, Christe, coeli et terra laetentur – In deiner Auferstehung, Christus, freuen sich
Himmel und Erde“ (Stundengebet).
Liebe Brüder und Schwestern in Rom und auf der ganzen Welt!
Der Morgen des Ostertages hat uns die alte und stets neue Botschaft verkündet: Christus ist auferstanden!
Das Echo dieses Ereignisses, das vor zwanzig Jahrhunderten von Jerusalem ausging, klingt in der Kirche fort,
in deren Herzen der tiefe Glaube Marias, der Mutter Jesu, weiterlebt, der Glaube Magdalenas und der
anderen Frauen, die als erste das leere Grab gesehen haben, der Glaube des Petrus und der anderen
Apostel.
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Bis zum heutigen Tag – auch in unserer Zeit der ultratechnologischen Kommunikation – gründet der Glaube
der Christen auf der Verkündigung, auf dem Zeugnis der Schwestern und Brüder, die zunächst den
weggewälzten Stein und das leere Grab gesehen haben; dann die geheimnisvollen Boten, die bezeugten,
daß Jesus, der Gekreuzigte, auferstanden ist; hierauf ihn selbst, den Meister und Herrn, lebendig und
berührbar, der Maria von Magdala, den beiden Emmausjüngern und schließlich den im Abendmahlssaal
versammelten Elf erschienen ist (vgl. Mk 16,9-14).
Die Auferstehung Christi ist nicht das Ergebnis von Spekulation oder mystischer Erfahrung: Es ist ein
Geschehen, das gewiß die Geschichte überschreitet, sich aber zu einem exakten Zeitpunkt der Geschichte
zuträgt und in ihr eine unauslöschliche Spur hinterläßt. Das Licht, das die am Grab Jesu aufgestellten
Wachen blendete, hat Zeit und Raum durchdrungen. Es ist ein anderes, ein göttliches Licht, das die
Finsternis des Todes zerrissen und in die Welt den Glanz Gottes gebracht hat, den Glanz der Wahrheit und
des Guten.
Wie im Frühling die Strahlen der Sonne die Knospen an den Zweigen der Bäume sprießen und aufbrechen
lassen, so verleiht der Strahl, der aus der Auferstehung Christi hervorgeht, jeder christlichen Hoffnung,
jeder Erwartung, jeder Sehnsucht und jedem Vorhaben Kraft und Sinn. Deshalb freut sich heute der ganze
Kosmos, der in den Frühling der Menschheit einbezogen ist, die sich zum Sprachrohr des stummen
Lobgesanges der Schöpfung macht. Das österliche Halleluja, das in der auf Erden pilgernden Kirche
widerhallt, drückt den stillen Jubel des Universums aus und besonders das Verlangen einer jeden
menschlichen Seele, die aufrichtig auf Gott hin offen ist, ja, die sich seiner unendlichen Güte, Schönheit und
Wahrheit bewußt ist.
„In deiner Auferstehung, Christus, freuen sich Himmel und Erde.“ Auf diese Einladung zum Lob, das heute
vom Herzen der Kirche aufsteigt, antworten die „Himmel“ in ihrer ganzen Fülle: Die Scharen der Engel, der
Heiligen und Seligen vereinen sich einmütig mit unserem Jubel. Im Himmel ist alles Friede und Freude. Aber
auf Erden ist es leider nicht so! Hier in dieser Welt steht das österliche Halleluja noch im Gegensatz zum
Klagen und Schreien, das aus vielen schmerzvollen Situationen hervordringt: Elend, Hunger, Krankheit,
Krieg und Gewalt. Aber gerade deswegen ist Christus gestorben und auferstanden! Er ist gestorben auch
wegen unserer Sünden heute, und er ist auferstanden für die Erlösung unserer heutigen Geschichte.
Deshalb soll meine Botschaft alle erreichen und als Verheißung besonders den Völkern und
Gemeinschaften gelten, die gerade eine Zeit schweren Leids durchmachen, damit der auferstandene
Christus ihnen den Weg der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens öffne:
Es freue sich das Land, das als erstes vom Licht des Auferstandenen durchflutet wurde. Der Glanz Christi
erreiche auch die Völker des Nahen Ostens, damit das Licht des Friedens und der Menschenwürde die
Finsternis der Spaltung, des Hasses und der Gewalt überwinde. Mögen in Libyen die Diplomatie und der
Dialog an die Stelle der Waffen treten und in der augenblicklichen Konfliktsituation der humanitären Hilfe
der Zugang zu denen erleichtert werden, die unter den Folgen der Auseinandersetzung leiden. Mögen sich
in den Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens alle Bürger – und besonders die jungen Menschen –
dafür einsetzen, das Gemeinwohl zu fördern und Gesellschaften aufzubauen, in denen die Armut
überwunden wird und jede politische Entscheidung von der Achtung vor der menschlichen Person getragen
ist. Den vielen Vertriebenen und Flüchtlingen, die aus verschiedenen afrikanischen Ländern kommen und
die gezwungen waren, ihre liebsten Bindungen aufzugeben, gelte die Solidarität aller; mögen die Menschen
guten Willens angeregt werden, ihr Herz für die Aufnahme zu öffnen, damit der dringenden Notlage so
vieler Brüder und Schwestern in solidarischer und abgestimmter Weise begegnet werden kann; allen, die
sich in großherzigen Bemühungen aufopfernd einsetzen und in dieser Hinsicht ein vorbildliches Zeugnis
ablegen, gilt unsere Ermutigung und Anerkennung.
Möge sich in der Bevölkerung der Elfenbeinküste das zivile Zusammenleben wieder einstellen; dort muß
dringend ein Weg der Versöhnung und der Vergebung beschritten werden, um die tiefen Wunden zu
heilen, die die Gewalt in letzter Zeit geschlagen hat. Möge Japan Trost und Hoffnung finden, während es
sich den dramatischen Folgen des jüngsten Erdbebens stellt, und ebenso die Länder, die in den
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vergangenen Monaten durch Naturkatastrophen heimgesucht wurden, die Leid und Angst hervorgerufen
haben.
Himmel und Erde mögen sich freuen über das Zeugnis derer, die Widerspruch oder sogar Verfolgung wegen
ihres Glaubens an Jesus, den Herrn, erleiden. Die Botschaft seiner siegreichen Auferstehung schenke ihnen
Mut und Zuversicht.
Liebe Brüder und Schwestern! Der auferstandene Christus geht uns voran dem neuen Himmel und der
neuen Erde entgegen (vgl. Offb 21,1), in denen wir alle endlich als eine einzige Familie, als Söhne und
Töchter desselben Vaters leben werden. Er ist bei uns bis zum Ende der Zeiten. Laßt uns in dieser
verwundeten Welt hinter Ihm hergehen und das Halleluja singen. In unserem Herzen sind Freude und
Schmerz, auf unserem Gesicht Lächeln und Tränen. Das ist unsere irdische Wirklichkeit. Aber Christus ist
auferstanden, er lebt und geht mit uns. Deshalb wollen wir singen und treu unserem Auftrag in dieser Welt
mit dem Blick auf den Himmel gerichtet weitergehen.
Ich wünsche euch allen ein gesegnetes Osterfest!
Ostern 2012 (Benedikt XVI., Osternacht, 7. April 2012)
Ostern ist Fest der Neuschöpfung. Jesus ist auferstanden und stirbt nicht mehr. Er hat die Tür zu einem
neuen Leben aufgestoßen, das keine Krankheit und keinen Tod mehr kennt. Er hat den Menschen in Gott
selbst hineingenommen. „Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht erben“, hatte Paulus im 1.
Korinther-Brief gesagt (15, 50). Der Kirchenschriftsteller Tertullian hatte im 3. Jahrhundert im Hinblick auf
die Auferstehung Christi und unsere Auferstehung die Kühnheit zu schreiben: „Seid nur getrost, Fleisch und
Blut, durch Christus habt ihr Platz gewonnen im Himmel und im Reich Gottes“ (CCL II 994). Eine neue
Dimension hat sich für den Menschen aufgetan. Die Schöpfung ist größer und weiter geworden. Ostern ist
der Tag einer Neuschöpfung, aber eben deshalb beginnt die Kirche an diesem Tag die Liturgie mit der alten
Schöpfung, damit wir die neue recht zu verstehen lernen. Deshalb steht am Anfang des Wortgottesdienstes
der Osternacht der Bericht von der Erschaffung der Welt. Zwei Dinge sind daran im Zusammenhang der
Liturgie dieses Tages besonders wichtig. Zum einen: Die Schöpfung wird als eine Ganzheit dargestellt, zu
der das Phänomen der Zeit gehört. Die sieben Tage sind ein Bild für eine Ganzheit, die sich in der Zeit
entfaltet. Sie sind hingeordnet auf den siebten Tag, den Tag der Freiheit aller Geschöpfe für Gott und
füreinander. Schöpfung ist also ausgerichtet auf das Miteinander von Gott und Geschöpf; sie ist da, damit
ein Raum der Antwort auf Gottes große Herrlichkeit sei, eine Begegnung der Liebe und der Freiheit. Zum
anderen hört die Kirche in der Osternacht vom Schöpfungsbericht vor allem den ersten Satz: „Gott sprach:
Es werde Licht“ (Gen 1, 3). Der Schöpfungsbericht beginnt zeichenhaft mit der Schöpfung des Lichts. Sonne
und Mond werden erst am vierten Tag erschaffen. Der Schöpfungsbericht nennt sie Lampen, die Gott am
Himmelsgewölbe aufgehängt hat. Er nimmt ihnen damit bewußt den göttlichen Charakter, den ihnen die
großen Religionen beigelegt hatten. Nein, sie sind keine Götter. Sie sind leuchtende Körper, die der eine
Gott geschaffen hat. Ihnen voraus aber geht das Licht, durch das Gottes Herrlichkeit sich im Wesen des
geschöpflichen Seins widerspiegelt.
Was will der Schöpfungsbericht damit sagen? Licht ermöglicht Leben. Es ermöglicht Begegnung. Es
ermöglicht Kommunikation. Es ermöglicht Erkenntnis, Zugang zur Wirklichkeit, zur Wahrheit. Und indem
es Erkenntnis ermöglicht, ermöglicht es Freiheit und Fortschritt. Das Böse verbirgt sich. Licht ist daher
auch Ausdruck für das Gute, das Helligkeit ist und schafft. Es ist Tag, an dem wir zu wirken vermögen. Daß
Gott das Licht geschaffen hat, bedeutet: Gott hat die Welt als einen Raum der Erkenntnis und der
Wahrheit, als einen Raum der Begegnung und der Freiheit, als Raum des Guten und der Liebe geschaffen.
Der Grundstoff der Welt ist gut, das Sein selber ist gut. Und das Böse kommt nicht aus dem von Gott
geschaffenen Sein, sondern es existiert nur aufgrund der Verneinung. Es ist das Nein.
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Zu Ostern, am Morgen des ersten Wochentages hat Gott von neuem gesagt: „Es werde Licht.“ Die Nacht
am Ölberg war vorausgegangen. Die Sonnenfinsternis der Passion und des Todes Jesu, die Nacht des
Grabes. Aber nun ist wieder der erste Tag – die Schöpfung beginnt ganz neu. „Es werde Licht“, sagt Gott,
„und es wurde Licht“: Jesus steht aus dem Grabe auf. Das Leben ist stärker als der Tod. Das Gute ist stärker
als das Böse. Die Liebe ist stärker als der Haß. Die Wahrheit ist stärker als die Lüge. Das Dunkel der
vergangenen Tage ist vertrieben in dem Augenblick, in dem Jesus aus dem Grab aufersteht und selbst
reines Licht Gottes wird. Dies aber bezieht sich nicht nur auf ihn allein und bezieht sich nicht nur auf die
Finsternis jener Tage. Mit der Auferstehung Jesu ist das Licht selbst neu geschaffen. Er zieht uns alle nach in
das neue Leben der Auferstehung hinein und besiegt alles Dunkel. Er ist der neue Tag Gottes, der uns allen
gilt.
Aber wie soll das geschehen? Wie soll all dies bis zu uns kommen, so daß es nicht nur Wort bleibt,
sondern Wirklichkeit wird, in die wir einbezogen sind? Durch das Sakrament der Taufe und das Bekenntnis
des Glaubens hat der Herr eine Brücke zu uns herübergebaut, durch die der neue Tag zu uns kommt. In der
Taufe sagt der Herr zu demjenigen, der sie empfängt: Fiat lux – Es werde Licht. Der neue Tag Gottes – der
Tag des unzerstörbaren Lebens kommt auch zu uns. Christus nimmt dich bei der Hand. Du wirst von nun an
von ihm gehalten und gehst so in das Licht, in das wirkliche Leben hinein. Deshalb hat die alte Kirche die
Taufe Photismos genannt – Erleuchtung.
Wieso? Das eigentlich bedrohliche Dunkel für den Menschen ist es doch, daß er zwar die greifbaren
materiellen Dinge sehen und untersuchen kann, daß er aber nicht sieht, wohin die Welt geht und woher sie
kommt. Wohin unser eigenes Leben geht. Was das Gute und was das Böse ist. Das Gottesdunkel und das
Wertedunkel ist die eigentliche Bedrohung unserer Existenz und der Welt überhaupt. Wenn Gott und die
Werte, der Unterschied von Gut und Böse dunkel bleiben, dann sind alle anderen Erleuchtungen, die uns
ein so unglaubliches Können ermöglichen, nicht nur Fortschritte, sondern zugleich Bedrohungen, die uns
und die Welt gefährden. Wir können heute unsere Städte so grell erleuchten, daß die Sterne des Himmels
nicht mehr sichtbar sind. Ist das nicht ein Bild für die Problematik unserer Aufgeklärtheit? Wir wissen und
können in den materiellen Dingen unerhört vieles, aber was darüber hinausgeht, Gott und das Gute,
vermögen wir nicht mehr zu identifizieren. Deshalb ist der Glaube, der uns das Licht Gottes zeigt, die wahre
Aufklärung, ist Einbruch von Gottes Licht in unsere Welt, Öffnung unserer Augen für das wirkliche Licht.
Liebe Freunde, noch einen Gedanken über Licht und Erleuchtung möchte ich am Ende hinzufügen. Die
Kirche stellt in der Osternacht, der Nacht der neuen Schöpfung, das Geheimnis des Lichts mit einem ganz
eigenen, sehr demütigen Symbol dar: mit der Osterkerze. Dies ist ein Licht, das vom Opfer lebt. Die Kerze
leuchtet, indem sie sich selber verbrennt. Sie gibt Licht, indem sie sich selber gibt. So stellt sie auf
wunderbare Weise das österliche Geheimnis Christi dar, der sich gibt und so das große Licht schenkt. Als
zweites können wir bedenken, daß das Licht der Kerze Feuer ist. Feuer ist Kraft der Gestaltung der Welt,
Macht der Verwandlung. Und Feuer gibt Wärme. Auch hier wird wieder das Geheimnis Christi sichtbar.
Christus, das Licht, ist Feuer, ist Flamme, die das Böse verbrennt und so die Welt und uns selber
umgestaltet. „Wer mir nahe ist, ist dem Feuer nahe“, lautet ein Wort Jesu, das uns Origenes überliefert hat.
Und dieses Feuer ist zugleich Wärme, nicht kaltes Licht, sondern Licht, in dem die Wärme und die Güte
Gottes auf uns zukommen.
Der große Hymnus des Exsultet, den der Diakon zu Beginn der Osterliturgie singt, weist uns ganz leise noch
auf einen weiteren Gesichtspunkt hin. Er erinnert daran, daß dieses Gebilde, die Kerze, zuallererst der
Arbeit der Bienen zu verdanken ist. So spielt die ganze Schöpfung herein. Die Schöpfung wird in der Kerze
zum Träger des Lichts. Aber irgendwie steckt darin nach dem Gedanken der Väter auch ein stiller Hinweis
auf die Kirche. Das Zusammenwirken der lebendigen Gemeinschaft der Gläubigen in der Kirche ist
gleichsam wie das Wirken der Bienen. Es baut die Gemeinschaft des Lichtes auf. So dürfen wir in der Kerze
auch einen Anruf an uns selbst und an unser Miteinander in der Gemeinschaft der Kirche sehen, die da ist,
damit das Licht Christi in die Welt hineinleuchten kann.
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Bitten wir den Herrn in dieser Stunde darum, daß er uns die Freude seines Lichts erfahren läßt, und bitten
wir ihn darum, daß wir selber Träger seines Lichts werden, daß das Leuchten von Christi Antlitz durch die
Kirche in die Welt hereintritt (vgl. LG 1). Amen.
Urbi et Orbi 2012
»Surrexit Christus, spes mea« - »Auferstanden ist Christus, meine Hoffnung« (Ostersequenz).
Möge euch alle die jubelnde Stimme der Kirche erreichen, mit den Worten, die der alte Hymnus Maria
Magdalena in den Mund legt, der ersten, die dem auferstandenen Jesus begegnete. Sie eilte zu den
anderen Jüngern, und während ihr das Herz im Halse schlug, verkündete sie ihnen: „Ich habe den Herrn
gesehen!“ (Joh 20,18). Auch wir, die wir die Wüste der Fastenzeit und die schmerzlichen Tage der Passion
durchlebt haben, geben heute dem Siegesruf Raum: „Er ist auferstanden! Er ist wahrhaft auferstanden!“
Für jeden Christen wiederholt sich die Erfahrung, die Maria Magdalena machte. Es ist eine Begegnung, die
das Leben verwandelt: die Begegnung mit einem einzigartigen Menschen, der uns die ganze Güte und
Wahrheit Gottes spüren läßt, der uns nicht oberflächlich und vorübergehend, sondern tiefgreifend vom
Bösen befreit, uns völlig heilt und uns unsere Würde zurückgibt. Das ist es, warum Maria Magdalena Jesus
„meine Hoffnung“ nennt: weil er es war, der sie zu neuem Leben erweckte, ihr eine neue Zukunft schenkte,
ein gutes Leben, frei vom Bösen. „Christus, meine Hoffnung“ bedeutet, daß all meine Sehnsucht nach dem
Guten in ihm eine reale Möglichkeit findet: Mit ihm kann ich hoffen, daß mein Leben gut sei, daß es erfüllt
und ewig sei, denn Gott selbst ist uns so nahegekommen, daß er sich in unser Menschsein hineinbegeben
hat.
Doch Maria Magdalena hat wie die anderen Jünger mit ansehen müssen, wie Jesus von den führenden
Männern des Volkes abgelehnt wurde, gefangengenommen, gegeißelt, zum Tode verurteilt und gekreuzigt
wurde. Es muß unerträglich gewesen sein zu sehen, wie die Güte in Person der menschlichen Schlechtigkeit
unterworfen wurde, die Wahrheit von der Lüge verhöhnt und die Barmherzigkeit von der Rache geschmäht
wurde. Mit dem Tod Jesu schien die Hoffnung aller, die auf ihn vertrauten, zu scheitern. Doch gänzlich
verlöschte jener Glaube nie: Vor allem im Herzen der Jungfrau Maria, der Mutter Jesu, brannte das
Flämmchen auch im Dunkel der Nacht lebendig weiter. Die Hoffnung muß in dieser Welt unweigerlich mit
der Härte des Bösen rechnen. Nicht nur die Mauer des Todes steht ihr im Weg, mehr noch behindern sie
die spitzen Stiche von Neid, Hochmut, Lüge und Gewalt. Jesus hat dieses tödliche Flechtwerk durchquert,
um uns den Weg in das Reich des Lebens zu bahnen. Einen Moment gab es, in dem er besiegt zu sein
schien: Finsternis war über die Welt hereingebrochen, Gott hatte sich völlig in Schweigen gehüllt, Hoffnung
schien nur noch ein leeres Wort zu sein.
Aber siehe da, im Morgengrauen des Tages nach dem Sabbat ist das Grab leer. Und dann zeigt sich Jesus
der Maria Magdalena, den anderen Frauen und den Jüngern. Da flammt der Glaube wieder auf, lebendiger
und stärker denn je, jetzt unbezwingbar, denn er gründet sich auf eine ausschlaggebende Erfahrung: »Tod
und Leben rangen / in wundersamem Zweikampf. / Der Fürst des Lebens starb, / als Lebender herrscht er
jetzt.« Die Zeichen der Auferstehung bestätigen den Sieg des Lebens über den Tod, der Liebe über den Haß,
der Barmherzigkeit über die Rache: »das Grab des auferstandenen Christus / die Herrlichkeit des
Auferstandenen / und die Engel als Zeugen, / das Schweißtuch und die Leinentücher«.
Liebe Brüder und Schwestern! Wenn Jesus auferstanden ist, dann – und nur dann – ist etwas wirklich Neues
geschehen, das die Lage des Menschen und der Welt verändert. Dann ist er – Jesus – jemand, dem wir
unumschränkt vertrauen können, nicht nur seiner Botschaft, sondern ihm selbst, denn der Auferstandene
gehört nicht der Vergangenheit an, sondern er ist gegenwärtig, heute, und lebt. Christus ist Hoffnung und
Ermutigung besonders für die christlichen Gemeinschaften, die aufgrund des Glaubens am meisten unter
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Diskriminierung und Verfolgung zu leiden haben. Und als Kraft der Hoffnung ist er durch seine Kirche
gegenwärtig, ist er jeder menschlichen Situation von Leid und Ungerechtigkeit nahe.
Möge der auferstandene Christus dem Mittleren Osten Hoffnung geben, damit alle ethnischen, kulturellen
und religiösen Gemeinschaften jener Region für das Gemeinwohl und für die Achtung der Menschenrechte
zusammenarbeiten. Besonders in Syrien sollte das Blutvergießen enden und unverzüglich der Weg der
Achtung, des Dialogs und der Versöhnung eingeschlagen werden, was auch dem Wunsch der
Internationalen Gemeinschaft entspricht. Mögen die zahlreichen Flüchtlinge, die aus jenem Land kommen
und humanitärer Hilfe bedürfen, die Aufnahme und die Solidarität erfahren, die imstande sind, ihre
schmerzlichen Leiden zu mindern. Der österliche Sieg ermutige das irakische Volk, keine Anstrengung zu
scheuen, um auf dem Weg der Stabilität und der Entwicklung voranzuschreiten. Im Heiligen Land mögen
Israeliten und Palästinenser mutig den Friedensprozeß wieder aufnehmen.
Der Herr, der über das Böse und den Tod gesiegt hat, stehe den christlichen Gemeinschaften des
afrikanischen Kontinents bei, er schenke ihnen Hoffnung, um die Schwierigkeiten zu bewältigen, mache sie
zu Friedensstiftern und lasse sie entscheidend zur Entwicklung der Gesellschaften beitragen, denen sie
angehören.
Der auferstandene Jesus stärke die leidenden Bevölkerungen am Horn von Afrika und begünstige ihre
Versöhnung; er helfe der Region der ostafrikanischen Seen, dem Sudan und dem Süd-Sudan, indem er den
jeweiligen Einwohnern die Kraft zum Verzeihen schenke. Dem Staat Mali, der einen politisch heiklen
Moment erlebt, schenke der glorreiche Christus Frieden und Stabilität. Nigeria war in letzter Zeit Schauplatz
blutiger terroristischer Überfälle; möge die österliche Freude ihm die nötigen Energien spenden, um den
Aufbau einer friedlichen Gesellschaft wieder aufzunehmen, die die Religionsfreiheit aller ihrer Bürger
respektiert.
Allen wünsche ich frohe Ostern!
Ostern 2013 (Franziskus, Osternacht, 30. März 2013)
1. Im Evangelium dieser lichtvollen Osternacht begegnen wir als ersten den Frauen, die sich mit den
wohlriechenden Salben zum Grab Jesu begeben, um seinen Leichnam zu salben (vgl. Lk 24,1-3). Sie gehen,
um eine Geste des Mitleids, der Zuneigung, der Liebe auszuführen, eine traditionelle Geste gegenüber
einem lieben Verstorbenen, wie auch wir sie zu tun pflegen. Sie waren Jesus gefolgt, hatten ihm zugehört,
hatten sich von ihm in ihrer Würde verstanden gefühlt und hatten ihn bis zum Ende begleitet, bis auf den
Kalvarienberg und bis zum Moment der Kreuzesabnahme. Wir können uns ihre Gefühle vorstellen,
während sie zum Grab gehen: eine gewisse Traurigkeit, der Schmerz, weil Jesus sie verlassen hatte, tot war;
seine Geschichte war zu Ende. Nun kehrte man zu dem vorigen Leben zurück. Doch in den Frauen blieb die
Liebe wach, und die Liebe zu Jesus ist es, die sie gedrängt hatte, zum Grab zu gehen. Doch an diesem Punkt
geschieht etwas völlig Unerwartetes, Neues, das ihre Herzen erschüttert und ihre Pläne umstößt und das
auch ihr Leben in andere Bahnen werfen wird: Sie sehen den Stein weggewälzt vom Grab, kommen näher
und finden den Leichnam des Herrn nicht. Das ist etwas, das sie ratlos macht, Zweifel aufkommen lässt, sie
mit Fragen erfüllt: „Was ist los?“, „Was soll das alles bedeuten?“ (vgl. Lk 24,4). Geht es nicht auch uns so,
wenn im täglichen Ablauf der Dinge etwas wirklich Neues geschieht? Wir halten inne, verstehen nicht,
wissen nicht, wie wir damit umgehen sollen. Das Neue macht uns häufig Angst, auch das Neue, was Gott
uns bringt, das Neue, das Gott von uns verlangt. Wir sind wie die Apostel aus dem Evangelium: Oft ziehen
wir es vor, unsere Sicherheiten beizubehalten, bei einem Grab stehenzubleiben im Gedanken an den
Verstorbenen, der schließlich nur in der Erinnerung der Geschichte lebt wie die großen Persönlichkeiten der
Vergangenheit. Wir haben Angst vor den Überraschungen Gottes; liebe Brüder und Schwestern, in unserem
Leben haben wir Angst vor den Überraschungen Gottes! Er überrascht uns immer! So ist der Herr.
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Brüder und Schwestern, verschließen wir uns nicht dem Neuen, das Gott in unser Leben bringen will! Sind
wir oft müde, enttäuscht, traurig, spüren wir die Last unserer Sünden, meinen wir, es nicht zu schaffen?
Verschließen wir uns nicht in uns selbst, verlieren wir nicht die Zuversicht, geben wir niemals auf: Es gibt
keine Situation, die Gott nicht ändern kann, es gibt keine Sünde, die er nicht vergeben kann, wenn wir uns
ihm öffnen.
2. Doch kehren wir zum Evangelium zurück, zu den Frauen, und gehen wir einen Schritt weiter. Sie finden
das leere Grab, der Leichnam Jesu ist nicht da, etwas Neues ist geschehen, aber all das besagt noch nichts
Klares – es löst Fragen aus, Ratlosigkeit, ohne eine Antwort zu bieten. Und siehe da, plötzlich zwei Männer
in leuchtenden Gewändern, die sagen: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier,
sondern er ist auferstanden“ (Lk 24,5-6). Was eine einfache Geste, eine Tat, sicher aus Liebe getan – das
Gehen zum Grab – verwandelt sich jetzt in ein Ereignis, in ein Geschehnis, das wirklich das Leben verändert.
Nichts bleibt wie zuvor, nicht nur im Leben jener Frauen, sondern auch in unserem Leben und in unserer
Menschheitsgeschichte. Jesus ist nicht ein Toter, er ist auferstanden, er ist der Lebende! Er ist nicht einfach
ins Leben zurückgekehrt, sondern er ist das Leben selbst, denn er ist der Sohn Gottes, des Lebendigen (vgl.
Num 14,21-28; Dtn 5,26; Jos 3,10). Jesus ist nicht mehr in der Vergangenheit, sondern er lebt in der
Gegenwart und ist auf die Zukunft hin ausgerichtet, Jesus ist das ewige „Heute“ Gottes. So zeigt sich die
Neuheit Gottes vor den Augen der Frauen, der Jünger, vor unser aller Augen: der Sieg über die Sünde, über
das Böse, über den Tod, über alles, was das Leben belastet und ihm ein weniger menschliches Aussehen
verleiht. Und das ist eine Botschaft, die an mich, an dich, liebe Schwester, an dich lieber Bruder, gerichtet
ist. Wie oft brauchen wir es, dass die Liebe uns sagt: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Die
Probleme, die Sorgen des Alltags können uns leicht dazu bringen, uns in uns selbst, in der Traurigkeit, in der
Bitterkeit zu verschließen… und darin liegt der Tod. Suchen wir nicht dort den Lebenden!
Lass also zu, dass der auferstandene Jesus in dein Leben eintritt, nimm ihn auf als Freund, mit Vertrauen: Er
ist das Leben! Wenn du bis jetzt fern von ihm warst, tu einen kleinen Schritt: Er wird dich mit offenen
Armen empfangen. Wenn du gleichgültig bist, akzeptiere das Risiko: Du wirst nicht enttäuscht sein. Wenn
es dir schwierig erscheint, ihm zu folgen, hab’ keine Angst, vertrau’ dich ihm an, sei sicher, dass er dir nahe
ist, er ist auf deiner Seite und wird dir den Frieden geben, den du suchst, und die Kraft, so zu leben, wie er
will.
3. Da ist noch ein letztes Element im Evangelium dieser lichtvollen Osternacht, das ich hervorheben
möchte. Die Frauen begegnen der Neuheit Gottes: Jesus ist auferstanden, er ist der Lebende! Aber
angesichts des leeren Grabes und der beiden Männer in leuchtenden Gewändern ist ihre erste Reaktion ein
Erschrecken: Sie „blickten zu Boden“ – bemerkt der heilige Lukas –, hatten nicht einmal den Mut
aufzusehen. Als sie aber die Verkündigung von der Auferstehung hören, nehmen sie sie gläubig an. Und die
beiden Männer in leuchtenden Gewändern führen ein grundlegendes Verb ein: erinnern. „Erinnert euch an
das, was er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war …Da erinnerten sie sich an seine Worte“ (Lk 24,6.8).
Dies ist die Einladung, sich an die Begegnung mit Jesus, an seine Worte, seine Taten, sein Leben zu
erinnern; und gerade dieses liebevolle Sich-Erinnern an die Erfahrung mit dem Meister ist es, was die
Frauen dazu bringt, jegliche Furcht zu überwinden und die Verkündigung von der Auferstehung zu den
Aposteln und zu allen anderen zu bringen (vgl. Lk 24,9). Sich an das erinnern, was Gott für mich, für uns
getan hat und tut, sich an den zurückgelegten Weg erinnern – das öffnet das Herz für die Hoffnung auf die
Zukunft. Lernen wir, uns an das zu erinnern, was Gott in unserem Leben getan hat.
In dieser Nacht des Lichtes bitten wir auf die Fürsprache der Jungfrau Maria, die alle Ereignisse in ihrem
Herzen bewahrte (vgl. Lk 2,19.51), dass der Herr uns an seiner Auferstehung teilhaben lasse: Er öffne uns
für die verwandelnde Neuheit, für die Überraschungen Gottes, die so schön sind; er mache uns zu
Menschen, die fähig sind, sich an das zu erinnern, was er in ihrer persönlichen Geschichte und in der Welt
gewirkt hat; er mache uns fähig, ihn zu spüren als den Lebenden, der mitten unter uns lebt und wirkt; er
lehre uns, liebe Brüder und Schwestern, Tag für Tag, den Lebenden nicht bei den Toten zu suchen. Amen.
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Urbi et Orbi 2013
Welch eine große Freude für mich, euch diese Botschaft zu verkünden: Christus ist auferstanden! Ich
möchte, dass sie in jedes Haus, in jede Familie gelange und besonders dorthin, wo mehr Leid herrscht, in
die Krankenhäuser, in die Gefängnisse…
Vor allem möchte ich, dass sie in alle Herzen gelange, denn dort will Gott diese Frohe Botschaft hineinsäen:
Jesus ist auferstanden; es gibt die Hoffnung für dich, du bist nicht mehr unter der Herrschaft der Sünde, des
Bösen! Gesiegt hat die Liebe, gesiegt hat die Barmherzigkeit! Immer siegt die Barmherzigkeit Gottes!
Wie die Frauen, Jüngerinnen Jesu, die zum Grab gingen und es leer fanden, können auch wir uns fragen,
was dieses Ereignis zu bedeuten habe (vgl. Lk 24,4). Was heißt das, Jesus ist auferstanden? Es bedeutet,
dass die Liebe Gottes stärker ist als das Böse und als der Tod selbst; es bedeutet, dass die Liebe Gottes
unser Leben umwandeln, die Wüste, die sich in unserem Herzen befindet, zum Erblühen bringen kann. Dies
kann die Liebe Gottes vollbringen!
Die gleiche Liebe, aufgrund welcher der Sohn Gottes Mensch wurde und den Weg der Erniedrigung und der
Selbsthingabe bis zum Äußersten gegangen ist bis hinunter in die Unterwelt, in den Abgrund der Trennung
von Gott, diese gleiche barmherzige Liebe hat den toten Leib Jesu mit Licht durchflutet und ihn verklärt,
ließ ihn ins ewige Leben übergehen. Jesus ist nicht ins frühere Leben zurückgekehrt, ins irdische Leben,
sondern eingetreten in das Leben der Herrlichkeit Gottes, und er ist dort mit unserem Menschsein
eingetreten, er hat uns eine Zukunft der Hoffnung aufgetan.
Das also ist Ostern: Es ist der Auszug, der Übergang des Menschen von der Knechtschaft der Sünde, des
Bösen zur Freiheit der Liebe, des Guten. Denn Gott ist Leben, allein Leben, und sein Ruhm sind wir als
lebendige Menschen (vgl. hl. Irenäus, Adversus hæreses, 4,20,5-7).
Liebe Brüder und Schwestern, Christus ist ein für allemal und für alle gestorben und auferstanden, aber die
Kraft der Auferstehung, dieser Übergang von der Knechtschaft des Bösen zur Freiheit des Guten muss sich
in jeder Zeit vollziehen, in den konkreten Räumen unseres Lebens, in unserem täglichen Leben. Wie viele
Wüsten muss der Mensch auch heute durchqueren. Vor allem die Wüste in ihm selbst, wenn die Liebe zu
Gott und für den Nächsten fehlt, wenn das Bewusstsein fehlt, Hüter all dessen zu sein, was der Schöpfer
uns geschenkt hat und schenkt. Aber die Barmherzigkeit Gottes kann auch das trockenste Land erblühen
lassen, kann selbst ausgetrocknete Gebeine wieder lebendig machen (vgl. Ez 37,1-14).
Das ist also meine Einladung an alle: Nehmen wir die Gnade der Auferstehung Christi an! Lassen wir uns
von der Barmherzigkeit Gottes erneuern, lassen wir, dass Jesus uns liebt, dass die Macht seiner Liebe auch
unser Leben umwandle; und werden wir zu Werkzeugen dieser Barmherzigkeit, zu Kanälen, durch welche
Gott die Erde bewässern, die ganze Schöpfung behüten sowie Gerechtigkeit und Frieden erblühen lassen
kann.
Und so bitten wir den auferstandenen Jesus, dass er den Tod in Leben umwandle, den Hass in Liebe
verwandle, die Rache in Vergebung, den Krieg in Frieden. Ja, unser Frieden ist Christus und durch ihn flehen
wir um Frieden für die ganze Welt.
Um Frieden für den Nahen Osten, besonders zwischen Israelis und Palästinenser, die Mühe haben, den
Weg der Eintracht zu finden, dass sie mutig und bereitwillig die Verhandlungen wiederaufnehmen, um
einem Konflikt ein Ende zu setzen, der schon viel zu lange andauert. Um Frieden im Irak, dass endgültig jede
Gewalt aufhöre, und vor allem für das geschätzte Land Syrien, für seine von den Auseinandersetzungen
geschlagene Bevölkerung und für die vielen Flüchtlinge, die Hilfe und Trost erwarten. Wie viel Blut ist
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vergossen worden! Und wie viele Leiden müssen noch auferlegt werden, ehe es gelingt, eine politische
Lösung der Krise zu finden?
Um Frieden für Afrika, das immer noch Schauplatz blutiger Konflikte ist. Um Frieden in Mali, dass es wieder
Einheit und Stabilität erlange; und in Nigeria, wo die Anschläge leider nicht aufhören, die das Leben vieler
Unschuldiger schwer bedrohen, und wo nicht wenige Menschen, auch Kinder, in Geiselhaft von
terroristischen Gruppen sind. Um Frieden im Osten der Demokratischen Republik Kongo und in der
Zentralafrikanischen Republik, wo viele gezwungen sind, ihre Häuser zu verlassen, und weiter in Angst
leben.
Um Frieden in Asien, vor allem auf der Koreanischen Halbinsel, dass die Divergenzen überwunden werden
und ein neuer Geist der Versöhnung heranreife.
Um Frieden für die ganze Welt, die immer noch von der Gier nach schnellem Profit geteilt ist, die
verwundet ist vom Egoismus, der das menschliche Leben und die Familie bedroht, vom Egoismus, der den
Menschenhandel fortsetzt, die in diesem 21. Jahrhundert am weitesten verbreitete Sklaverei; der Handel
mit Menschen ist wirklich die am weitesten verbreitete Sklaverei unseres Jahrhunderts. Um Frieden für die
ganze Welt, die von der Gewalt im Zusammenhang mit dem Rauschgifthandel und von der ungerechten
Ausbeutung der natürlichen Ressourcen geplagt wird! Friede für diese unsere Erde! Der auferstandene
Jesus bringe Trost den Opfern der Naturkatastrophen und mache uns zu verantwortungsbewussten Hütern
der Schöpfung.
Liebe Brüder und Schwestern, an euch alle, die ihr mich in Rom oder in allen Teilen der Welt hört, richte ich
die Einladung des Psalmworts: „Danket dem Herrn, denn er ist gütig, denn seine Huld währt ewig. So soll
Israel sagen: Denn seine Huld währt ewig“ (Ps 118,1-2).
Ostern 2014 (Franziskus, Osternacht 19. April 2014)
Das Evangelium von der Auferstehung Jesu Christi beginnt mit dem Gang der Frauen zum Grab im
Morgengrauen des Tages nach dem Sabbat. Sie gehen zur Grabeshöhle, um den Leichnam des Herrn zu
ehren, doch sie finden sie geöffnet und leer. Ein mächtiger Engel sagt ihnen: »Fürchtet euch nicht!« (Mt
28,5) und beauftragt sie, zu gehen und den Jüngern die Nachricht zu bringen: »Er ist von den Toten
auferstanden. Er geht euch voraus nach Galiläa« (V. 7). Die Frauen laufen eilends fort, und unterwegs
kommt Jesus selbst ihnen entgegen und sagt: »Fürchtet euch nicht! Geht und sagt meinen Brüdern, sie
sollen nach Galiläa gehen, und dort werden sie mich sehen« (V. 10). „Habt keine Angst“, „fürchtet euch
nicht“: Das ist eine Stimme, die uns ermutigt, das Herz zu öffnen, um diese Verkündigung zu empfangen.
Nach dem Tod des Meisters waren die Jünger auseinandergelaufen; ihr Glaube war zerbrochen, alles schien
beendet, die Gewissheiten in sich zusammengefallen, die Hoffnungen erloschen. Jetzt aber drang diese
Verkündigung der Frauen, so unglaublich sie war, wie ein Lichtstrahl ins Dunkel ein. Die Nachricht verbreitet
sich: Jesus ist auferstanden, wie er vorhergesagt hatte… Und auch jener Auftrag, nach Galiläa zu gehen;
zweimal hatten ihn die Frauen gehört, zuerst vom Engel, dann von Jesus selbst: »Sie sollen nach Galiläa
gehen, dort werden sie mich sehen.« „Fürchtet euch nicht“ und „geht nach Galiläa!“
Galiläa ist der Ort der ersten Berufung, wo alles seinen Anfang genommen hatte! Dorthin zurückkehren,
zum Ort der ersten Berufung zurückkehren. Am Ufer des Sees war Jesus entlanggegangen, als die Fischer
gerade ihre Netze auswarfen. Er hatte sie gerufen, und sie hatten alles hinter sich gelassen und waren ihm
gefolgt (vgl. Mt 4,18-22).
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Nach Galiläa zurückkehren bedeutet, alles vom Kreuz und vom Sieg her neu zu lesen; ohne Angst, „fürchtet
euch nicht!“. Alles neu lesen – die Verkündigung, die Wunder, die neue Gemeinschaft, die Begeisterungen
und die Rückzieher, bis hin zum Verrat – alles neu lesen von dem Ende her, das ein neuer Anfang ist, von
diesem höchsten Akt der Liebe her.
Auch für jeden von uns steht ein „Galiläa“ am Anfang unseres Weges mit Jesus. „Nach Galiläa gehen“
bedeutet etwas Schönes; es bedeutet für uns, unsere Taufe wiederzuentdecken als eine lebendige Quelle,
neue Energie aus dem Ursprung unseres Glaubens und unserer christlichen Erfahrung zu schöpfen. Nach
Galiläa zurückkehren bedeutet vor allem, dorthin, zu jenem glühenden Augenblick zurückzukehren, in dem
die Gnade Gottes mich am Anfang meines Weges berührt hat. An diesem Funken kann ich das Feuer für das
Heute, für jeden Tag entzünden und Wärme und Licht zu meinen Brüdern und Schwestern tragen. An
diesem Funken entzündet sich eine demütige Freude, eine Freude, die dem Schmerz und der Verzweiflung
nicht weh tut, eine gute und sanfte Freude.
Im Leben des Christen gibt es nach der Taufe auch noch ein anderes „Galiläa“,ein noch existenzielleres
„Galiläa“: die Erfahrung der persönlichen Begegnung mit Jesus Christus, der mich gerufen hat, ihm zu
folgen und an seiner Sendung teilzuhaben. In diesem Sinn bedeutet nach Galiläa zurückkehren, die
lebendige Erinnerung an diese Berufung im Herzen zu bewahren, als Jesus meinen Weg gekreuzt hat, mich
barmherzig angeschaut und mich aufgefordert hat, ihm zu folgen; nach Galiläa zurückkehren bedeutet, die
Erinnerung an jenen Moment zurückzuholen, in dem sein Blick dem meinen begegnet ist, den Moment, in
dem er mich hat spüren lassen, dass er mich liebte.
Heute, in dieser Nacht, kann jeder von uns sich fragen: Welches ist mein Galiläa? Es geht darum,
Gedächtnis zu halten, mit der Erinnerung zurückzugehen. Wo ist mein Galiläa? Erinnere ich mich daran?
Habe ich es vergessen? Suche es, und du wirst es finden! Dort erwartet dich der Herr. Bin ich Wege und
Pfade gegangen, die es mich haben vergessen lassen? Herr, hilf mir: Sag mir, welches mein Galiläa ist; weißt
du, ich will dorthin zurückkehren, um dich zu treffen und mich von deiner Barmherzigkeit umarmen zu
lassen. Habt keine Angst, fürchtet euch nicht, geht nach Galiläa zurück!
Das Evangelium ist klar: Man muss dorthin zurückkehren, um den auferstandenen Jesus zu sehen und
Zeuge seiner Auferstehung zu werden. Es ist kein Rückwärtsgehen, es ist keine Nostalgie. Es ist ein
Zurückkehren zur ersten Liebe, um das Feuer zu empfangen, das Jesus in der Welt entzündet hat, und es
allen zu bringen, bis an die Enden der Erde. Nach Galiläa zurückkehren ohne Angst.
Das »heidnische Galiläa« (Mt 4,15; Jes 8,23): Horizont des Auferstandenen, Horizont der Kirche; sehnliches
Verlangen nach Begegnung… Machen wir uns auf den Weg!
Urbi et Orbi 2014
In den Kirchen auf der ganzen Welt erklingt die Verkündigung des Engels an die Frauen: »Fürchtet euch
nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden … Kommt her
und seht euch die Stelle an, wo er lag« (Mt 28,5-6).
Das ist der Höhepunkt des Evangeliums, es ist die Frohe Botschaft schlechthin: Jesus, der Gekreuzigte, ist
auferstanden! Auf dieses Ereignis gründen sich unser Glaube und unsere Hoffnung: Wäre Christus nicht
auferstanden, würde das Christentum seine Bedeutung verlieren; die gesamte Mission der Kirche hätte
keinen Antrieb mehr, denn von dort ist sie ausgegangen und von dort geht sie immer neu aus. Die
Botschaft, welche die Christen der Welt überbringen, ist diese: Jesus, die menschgewordene Liebe, ist für
unsere Sünden am Kreuz gestorben, aber Gott, der Vater, hat ihn auferweckt und ihn zum Herrn über
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Leben und Tod gemacht. In Jesus hat die Liebe über den Hass gesiegt, die Barmherzigkeit über die Sünde,
das Gute über das Böse, die Wahrheit über die Lüge, das Leben über den Tod.
Darum sagen wir zu allen: »Kommt her und seht!« In jeder menschlichen Situation, die von der Hinfälligkeit,
der Sünde und dem Tod gekennzeichnet ist, ist die Frohe Botschaft nicht nur ein Wort, sondern sie ist ein
Zeugnis ungeschuldeter und treuer Liebe: Sie bedeutet, aus sich herauszugehen, um dem anderen
entgegenzukommen; sie bedeutet, dem nahe zu sein, der vom Leben verletzt ist; sie bedeutet, mit dem zu
teilen, dem das Nötige fehlt; sie bedeutet, bei dem zu bleiben, der krank oder alt oder ausgeschlossen ist…
„Kommt her und seht!“: Die Liebe ist stärker, die Liebe schenkt Leben, die Liebe lässt in der Wüste die
Hoffnung erblühen.
Mit dieser frohen Gewissheit im Herzen wenden wir uns heute an dich, du auferstandener Herr!
Hilf uns, dich zu suchen, damit wir alle dir begegnen und erfahren können, dass wir einen Vater haben, und
uns nicht als Waisen fühlen; dass wir dich lieben und dich anbeten können.
Hilf uns, die Plage des Hungers zu besiegen, die durch die Konflikte verschärft wird und durch die
ungeheure Verschwendung, an der wir oft selbst beteiligt sind.
Mach uns fähig, die Wehrlosen zu schützen, vor allem die Kinder, die Frauen und die Alten, die manchmal
ausgebeutet und verlassen werden.
Gib, dass wir den Brüdern und Schwestern helfen können, die in Guinea Conakry, in Sierra Leone und in
Liberia von der Ebola-Epidemie heimgesucht sind, sowie jene, die unter vielen anderen Krankheiten leiden,
die sich auch aufgrund der Nachlässigkeit und der extremen Armut verbreiten.
Tröste alle, die heute das Osterfest nicht mit ihren Lieben feiern können, weil sie ihnen zu Unrecht
entrissen wurden, wie die zahlreichen Menschen – Priester und Laien –, die in verschiedenen Teilen der
Welt entführt worden sind.
Ermutige diejenigen, die ihre Länder verlassen haben, um an Orte auszuwandern, wo sie sich eine bessere
Zukunft erhoffen, ihr Leben würdig leben und – nicht selten – ihren Glauben frei bekennen können.
Wir bitten dich, glorreicher Jesus, lass alle Kriege, jede große oder kleine, alte oder neue Feindseligkeit
aufhören!
Wir flehen zu dir besonders für Syrien, das geliebte Syrien, dass alle, die unter den Folgen des Konfliktes
leiden, die nötige humanitäre Hilfe erhalten können und dass die streitenden Parteien keine Gewalt mehr
anwenden – vor allen gegen die schutzlose Bevölkerung –, um Tod zu säen, sondern dass sie den Mut
aufbringen, über den Frieden zu verhandeln, der schon allzu lange erwartet wird!
Glorreicher Jesus, wir bitten dich, den Opfern der brudermörderischen Gewalt im Irak Trost zu spenden und
die Hoffnungen zu unterstützen, die durch die Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen Israelis und
Palästinensern aufkeimen.
Wir flehen dich an, dass den Auseinandersetzungen in der Zentralafrikanischen Republik ein Ende gesetzt
werde und dass die grausamen terroristischen Attentate in einigen Regionen Nigerias sowie die Gewaltakte
im Süd-Sudan aufhören.
Wir bitten dich, dass in Venezuela die Herzen sich der Versöhnung und der brüderlichen Einigkeit
zuwenden.
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Durch deine Auferstehung, die wir in diesem Jahr gemeinsam mit den Kirchen feiern, die dem Julianischen
Kalender folgen, bitten wir dich: Wecke und inspiriere Initiativen für eine Befriedung in der Ukraine, auf
dass alle Beteiligten mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft jede Anstrengung unternehmen,
um Gewalt zu verhindern und um die Zukunft des Landes in einem Geist der Einheit und des Dialogs zu
gestalten. Mögen sie heute als Brüder Xphctoc Bockpec singen können.
Für alle Völker der Erde bitten wir dich, o Herr: Der du den Tod besiegt hast, schenke uns dein Leben,
schenke uns deinen Frieden! Liebe Brüder und Schwestern, frohe Ostern!
Ostern 2015 (Franziskus, Osternacht, 4. April 2015)
Eine Nacht des Wachens ist diese Nacht.
Der Herr schläft nicht, es wacht der Hüter seines Volkes (vgl. Ps 121,4), um es aus der Knechtschaft
herauszuführen und ihm den Weg der Freiheit zu bahnen.
Der Herr wacht, und mit der Macht seiner Liebe lässt er das Volk das Rote Meer durchschreiten und lässt
Jesus den Abgrund des Todes und der Unterwelt durchschreiten.
Eine Nacht des Wachens war es für die Jünger und Jüngerinnen Jesu. Eine Nacht des Schmerzes und der
Angst. Die Männer verharrten im Abendmahlssaal hinter verschlossenen Türen. Die Frauen hingegen
gingen im Morgengrauen des Tags nach dem Sabbat zum Grab, um den Leichnam Jesu zu salben. Ihr Herz
war tief erschüttert, und sie fragten sich: „Wie können wir nur hineinkommen? Wer wird uns den Stein vom
Grab wegwälzen?...“ Doch siehe da, das erste Zeichen des Ereignisses: Der große Stein war bereits
umgestoßen, und das Grab war offen!
»Sie gingen in das Grab hinein und sahen auf der rechten Seite einen jungen Mann sitzen, der mit einem
weißen Gewand bekleidet war…« (Mk 16,5). Die Frauen waren die Ersten, die dieses große Zeichen sahen:
das leere Grab, und sie waren die Ersten, die dort eintraten…
„Tretet ein in das Grab!“ Es tut uns gut, in dieser Nacht des Wachens innezuhalten, um über die Erfahrung
der Jüngerinnen Jesu nachzudenken, die auch uns angeht. Dazu sind wir nämlich hier: um einzutreten –
einzutreten in das Geheimnis, das Gott mit seiner Wache der Liebe vollbracht hat.
Man kann Ostern nicht erleben, ohne in das Geheimnis einzutreten. Es ist keine intellektuelle
Angelegenheit, es bedeutet nicht nur erkennen, lesen… Es ist mehr, viel mehr!
„Ins Geheimnis einzutreten“ bedeutet die Fähigkeit zum Staunen, zur Betrachtung; die Fähigkeit, in die
Stille hineinzuhorchen und das klangvolle Säuseln zu hören, in dem Gott zu uns spricht (vgl. 1 Kön 19,12).
Ins Geheimnis einzutreten verlangt von uns, keine Angst vor der Wirklichkeit zu haben: sich nicht in sich
selbst zu verschließen, nicht vor dem zu fliehen, was wir nicht verstehen, nicht vor den Problemen die
Augen zu verschließen, sie zu leugnen, nicht die Rätsel beiseitezuschieben…
Ins Geheimnis einzutreten bedeutet, über die eigenen bequemen Sicherheiten, über die Trägheit und die
Gleichgültigkeit, die uns bremsen, hinauszugehen und sich auf die Suche nach der Wahrheit, der Schönheit
und der Liebe zu begeben, einen nicht von vornherein erwarteten Sinn zu suchen, eine nicht banale
Antwort auf die Fragen, die unseren Glauben, unsere Treue und unseren Verstand in Krise versetzen.
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Um ins Geheimnis einzutreten, bedarf es der Demut – der Demut, sich zu erniedrigen, vom Sockel unseres
so stolzen Ich, unserer Anmaßung herunterzusteigen; der Demut, bescheidener zu werden und
anzuerkennen, was wir wirklich sind: Geschöpfe mit Vorzügen und Mängeln, Sünder, die der Vergebung
bedürfen. Um ins Geheimnis einzutreten, bedarf es dieser Erniedrigung, die Ohnmacht ist, Entäußerung der
eigenen Vergötterungen… Anbetung. Ohne anzubeten kann man nicht ins Geheimnis eintreten.
All das lehren uns die Jüngerinnen Jesu. Sie wachten in jener Nacht, gemeinsam mit Maria. Und sie, die
jungfräuliche Mutter, half ihnen, nicht den Glauben und die Hoffnung zu verlieren. So blieben sie nicht in
Angst und Schmerz gefangen, sondern gingen beim ersten Aufscheinen des Morgengrauens hinaus, ihre
Salböle in der Hand und mit von Liebe gesalbtem Herzen. Sie gingen hinaus und fanden das Grab offen. Und
sie gingen hinein. Sie wachten, gingen hinaus und traten ins Geheimnis ein. Lernen wir von ihnen, mit Gott
und mit Maria, unserer Mutter, zu wachen, um in das Geheimnis einzutreten, das uns vom Tod zum Leben
übergehen lässt.
Urbi et Orbi 2015
Liebe Brüder und Schwestern, frohe Ostern!
Jesus Christus ist auferstanden!
Die Liebe hat den Hass überwunden, das Leben hat den Tod besiegt, das Licht hat die Finsternis vertrieben!
Jesus Christus hat sich aus Liebe zu uns seiner göttlichen Herrlichkeit entäußert; hat sich selbst ganz leer
werden lassen, ist wie ein Sklave geworden und hat sich erniedrigt bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz.
Darum hat Gott ihn erhöht und ihn zum Herrn des Universums gemacht. Jesus ist der Herr!
Mit seinem Tod und seiner Auferstehung weist Jesus allen den Weg zum Leben und zum Glück: Dieser Weg
ist die Demut, die Erniedrigung, die mit Demütigung verbunden ist. Das ist der Weg, der zur Herrlichkeit
führt. Nur wer sich erniedrigt, kann auf „das Himmlische“ (vgl. Kol 3,1-4) zugehen, Gott entgegen. Der
Stolze blickt „von oben herab nach unten“, der Demütige blickt „von unten nach oben“.
Am Ostermorgen liefen Petrus und Johannes, von den Frauen benachrichtigt, zum Grab und fanden es
offen und leer vor. Da gingen sie näher heran und „beugten“ sich, um ins Grab einzutreten. Um in das
Geheimnis einzutreten, muss man sich „beugen“, sich erniedrigen. Nur wer sich erniedrigt, versteht die
Verherrlichung Jesu und kann ihm folgen auf seinem Weg.
Die Welt schlägt vor, sich um jeden Preis durchzusetzen, zu wetteifern, sich zur Geltung zu bringen… Doch
die Christen sind durch die Gnade des gestorbenen und auferstandenen Christus die Sprosse einer anderen
Menschheit, in der wir versuchen, einander zu dienen, nicht arrogant, sondern verfügbar und respektvoll zu
sein.
Das ist nicht Schwäche, sondern wirkliche Kraft! Wer die Kraft Gottes, seine Liebe und seine Gerechtigkeit
in sich trägt, hat es nicht nötig, Gewalt anzuwenden, sondern spricht und handelt mit der Kraft der
Wahrheit, der Schönheit und der Liebe.
Vom auferstandenen Herrn erflehen wir heute die Gnade, nicht dem Stolz nachzugeben, der die Gewalt
und die Kriege schürt, sondern den demütigen Mut zur Vergebung und zum Frieden zu haben. Den
siegreichen Jesus bitten wir, die Leiden unserer vielen Brüder und Schwestern zu lindern, die seines
Namens wegen verfolgt werden, wie auch all derer, die zu Unrecht unter den Folgen der laufenden
Konflikte und Gewalttaten leiden. Es sind so viele!
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Frieden erbitten wir vor allem für das geschätzte Syrien und den Irak, dass das Getöse der Waffen ein Ende
nehme und das gute Zusammenleben der verschiedenen Gruppen, aus denen sich die Bevölkerung dieser
geschätzten Länder zusammensetzt, wiederhergestellt werde. Möge die internationale Gemeinschaft
angesichts der ungeheuren humanitären Tragödie im Inneren dieser Länder und des Dramas zahlreicher
Flüchtlinge nicht untätig bleiben.
Frieden erflehen wir für alle Bewohner des Heiligen Landes. Möge zwischen Israelis und Palästinensern die
Kultur der Begegnung wachsen und der Friedensprozess wieder aufgenommen werden, so dass den Jahren
des Leidens und der Teilungen ein Ende gesetzt wird.
Frieden erbitten wir für Libyen, dass das derzeitige sinnlose Blutvergießen aufhöre sowie jede barbarische
Gewalt und dass alle, denen das Geschick des Landes am Herzen liegt, sich dafür einsetzen, die Versöhnung
zu fördern und eine brüderliche Gesellschaft aufzubauen, welche die Würde der Person achtet. Auch für
den Jemen hoffen wir, dass sich dort ein allgemeiner Wille zur Befriedung und für das Wohl der gesamten
Bevölkerung durchsetzen möge.
Zugleich vertrauen wir voll Hoffnung dem Herrn, der so barmherzig ist, die in diesen Tagen in Lausanne
erreichte Vereinbarung an, damit sie ein endgültiger Schritt in Richtung auf eine sicherere und
brüderlichere Welt sei.
Vom auferstandenen Herrn erflehen wir das Geschenk des Friedens für Nigeria, für den Süd-Sudan und für
verschiedene Regionen des Sudan und der Demokratischen Republik Kongo. Ein inständiges Gebet aller
Menschen guten Willens erhebe sich für diejenigen, die ihr Leben verloren haben, die am vergangenen
Donnerstag in der Universität von Garissa in Kenia getötet wurden, für alle, die entführt wurden, und für
die, welche ihr Haus und ihre Lieben verlassen mussten.
Die Auferstehung des Herrn bringe der geschätzten Ukraine Licht, vor allem denen, die die Gewalt der
Konflikte der letzten Monate erlitten haben. Möge das Land dank dem Einsatz aller Beteiligten wieder zu
Frieden und Hoffnung finden.
Frieden und Freiheit erbitten wir für so viele Männer und Frauen, die durch kriminelle Menschen und
Organisationen neuen und alten Formen der Sklaverei unterworfen sind. Frieden und Freiheit für die Opfer
der Drogenhändler, welche oft mit den Mächten verbündet sind, die den Frieden und die Harmonie in der
Menschheitsfamilie schützen müssten. Und Frieden erbitten wir für diese, von den Waffenhändlern
unterjochte Welt – von Waffenhändlern, die am Blut von Männern und Frauen verdienen…
Zu den Ausgeschlossenen, den Gefangenen, den Armen und den Migranten, die so oft abgelehnt, schlecht
behandelt und ausgesondert werden; zu den Kranken und den Leidenden; zu den Kindern, besonders
denen, die Gewalt erleiden; zu denen, die heute trauern; zu allen Männern und Frauen guten Willens
gelange die tröstende und heilende Stimme Jesu, des Herrn: »Friede sei mit euch!« (Lk 24,36). „Fürchtet
euch nicht, ich bin erstanden und bin immer bei euch!“ (vgl. Römisches Messbuch, Eröffnungsvers vom
Ostersonntag).
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