Predigt zum 1. Advent zu Römer 13, 8-12 in der Heiligen-Geist-Kirche zu Rostock, Pastor Marcus Antonioli Die Gnade und die Güte Gottes sei mit uns allen. Amen Gestern am frühen Morgen haben sich die Konfirmanden mit Bäckermeister Kentzler in dessen Backstube getroffen. Der Tag war noch gar nicht so richtig angebrochen. Und die Konfis und ich waren uns einig: Es war für einen Sonnabendmorgen viel zu früh! Ich gebe zu, ohne das erfrischende und erweckliche Wasser des Morgens, mit dem ich mir den Schlaf aus dem Gesicht gewaschen habe, wäre ich nicht wirklich wach geworden! Doch darüber konnte der Bäckermeister nur müde lächeln, denn für ihn hatte die Schicht ja kurz nach Mitternacht begonnen. Wie übrigens fast jede Nacht in der Woche! – Wir wurden langsam wacher und wacher und das war auch nötig, um den Teig abzuwiegen und ihn zu Brotleibern zu walken. Auch um die Brote gut in und aus dem Backofen zu bekommen, sollte man gut ausgeschlafen sein, sonst verbrennt man sich schnell mal die Hände oder es fällt eines herunter! Zum Glück wusste der Bäckermeister genau, was zu tun war. Das Ausstechen der Plätzchen war dann ein reines Kinderspiel! – Ich hoffe, dass beides die Brote und die Plätzchen heute nach dem Gottesdienst vielen schmecken und natürlich manchen Spendeneuro für Kinder und Jugendliche einspielen, die sonst wenig zu hoffen hätten. So wie die Konfis gestern rechtzeitig aufstehen und wach werden mussten, so nötig ist es generell, sich klar zu werden, in welcher Zeit wir leben. Denn, wer das nicht weiß, ist wie ein Schlafender, er ist nicht fähig aus dem Wirrwarr seiner Ängste, seiner Gefühle und auch Träume zu treten. Dann laufen wir den Rattenfängern hinter her, die mit unseren Ängsten spielen. Das kann auch in einem Alptraum enden, wie wir es jüngst in Paris! Ja, der Glaube will uns die Augen und vor allem die Herzen öffnen, damit wir sehen und tun was nötig ist. Ja, im Glauben können wir selbst dem großen Licht entgegen leuchten, auch wenn unser kleines Licht kaum sichtbar erscheint, es hält die Hoffnung am Leben. Unser kleines Licht lässt uns den Schimmer eines neuen Morgen erhoffen; deshalb brauchen wir nicht zu verzweifeln! - Jochen Klepper sagt es in seinem Weihnachtslied so: Beglänzt von seinem Licht, hält uns kein Dunkel mehr, denn von Gottes Angesichte kommt uns Rettung her! (Jochen Klepper) Bei Paulus klingt das so: „Und das tut, weil ihr die Zeit erkennt, nämlich dass die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlaf, denn unser Heil ist jetzt näher als zu der Zeit, da wir gläubig wurden! Denn die Nacht ist vorgerückt, der Tag herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anziehen die Waffen des Lichts.“ Paulus greift auf ein Taufgedicht zurück und erinnert die Gemeinde in Rom damals und uns heute an unsere Taufe. Das Wasser der Taufe soll uns wach und munter machen, damit wir bereit sind für die Ankunft Gottes in unserem Leben. Denn die Taufe ist die große Einladung Gottes – er sagt „Ja“ zu dir und zu mir, heute auch besonders zu Hilde und Greta. Dieses Ja – eröffnet uns den lichten und weiten Horizont der Liebe! Er tritt in unser Leben, weil er uns stärken will, gegen die dunklen Mächte in uns und in dieser Welt. Wenn wir heute Greta und Hilde taufen, dann tun wir das im Vertrauen darauf, dass Gott sie segnet und sie mit einem Herz voller Liebe und einem wachen Gewissen beschenke. Später, darauf hoffen wir, wird Gott sie stark machen im Vertrauen auf ihn und die Menschen. Jeden Tag wieder sollen sie in der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes leben. Und wenn sie einmal scheitern sollten, dann dürfen auch sie immer wieder aus der Großzügigkeit Gottes schöpfen! So ist die Taufe das Tor zu einem neuen und wahren Leben. Liebe Gemeinde, der 1. Advent mit seinem ersten Licht am Kranz – erinnert uns mit dem Schein einer einzigen Kerze daran, dass Gott unsere Welt mit Licht erfüllen will. Er selbst kommt ins Dunkel dieser Welt, um sie durch das Licht seiner Liebe zu erhellen! - Und wir, können wir daneben sitzen, beschaulich und besinnlich? Darum kann Paulus schreiben: „Seid niemanden etwas schuldig, außer dass ihr euch untereinander liebt; denn wer den anderen liebt, der hat das Gesetz erfüllt. Denn was da gesagt ist. „Du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht begehren! und was sonst noch an Geboten ist, das wird in dem Wort zusammengefasst. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung.“ Der Advent ist von alters her immer auch eine Zeit der Umkehr. Im zarten Lichtschein dieses Morgensterns, kann ich mein Leben noch einmal ganz anders betrachten. Mir wird klar, wo ich selbst Schatten, ja Dunkelheit verursache. Und es ist eine hoffnungsfrohe Aussicht, dass er auch in meinem Leben ankommen und mich verwandeln will! Leider wird wohl noch so manche Nacht auf mein Leben und auf diese Welt fallen. Aber sein Licht lässt mich hoffen und so können wir immer wieder unsere kleinen Lichter entzünden, indem wir Brote für die Welt backen oder auch Brote für die Flüchtlinge schmieren, manchmal ist es auch ein freundliches Wort zur alten Nachbarin oder die Zeit für die Kinder der gestressten Nachbarin. Ein alter Rabbi fragte einst seine Schüler: „Wie bestimmt man die Stunde, in der die Nacht endet und der Tag beginnt?“ Ein Schüler antwortete: „Ist es, wenn man von weitem einen Hund von einem Schaf unterscheiden kann?“ – „Nein“, sagte der Rabbi. „Ist es, wenn man von weitem einen Feigenbaum von einem Dattelbaum unterscheiden kann?“ fragte ein anderer. „Nein“, sagte der Rabbi. „Aber wann ist es denn?“ fragten die Schüler. Der Rabbi sprach: „Es ist dann, wenn du in das Gesicht eines Menschen schaust und darin deine Schwester oder deinen Bruder siehst. Möge Gottes lichte Ankunft unsere Herzen und Augen erhellen, damit wir wach und bereit sind, um auch mit unserem bescheidenen Glänzen hier und da die Dunkelheiten unserer Welt zu erhellen. Vor allem aber möge er niemals unsere Sehnsucht, nach seiner Nähe und nach seinem Frieden, in uns verlöschen lassen. Amen