Grundzüge des Rechts der Lebensversicherung §§ 150-171 VVG (AVB: ALB 2014 / ARVB 204) (Fundstelle: www.gdv.de) A. Formen der Lebensversicherung. Wirtschaftliche Bedeutung. Regelungsgrundlagen 1.Formen Mit dem Abschluss einer Lebensversicherung wird – grundsätzlich – das Risiko des Todes einer versicherten Person durch das Versprechen einer bestimmten Versicherungsleistung abgesichert. Allerdings tritt die Lebensversicherung heute in zahlreichen unterschiedlichen Formen auf. Zu unterscheiden (Versicherungsfall: sind Tod) ganz und allgemein die ie Risikolebensversicherung kapitalbildende Lebensversicherung (Versicherungsfall: Tod oder Erleben eines bestimmten Alters). Die kapitalbildende Lebensversicherung kennt wiederum verschiedene „Unterarten“, bei denen man nach der Art der Leistung des Versicherers unterscheiden kann (Kapital oder Rente) oder nach der Art der Anlage des Teils der Prämie, der nicht die Absicherung des Risikos Tod (und nicht die Vertragsabschluss- und Verwaltungskosten) betrifft (Anlage in Fonds oder andere Kapitalanlagen). Eine besonders gewichtige Bedeutung hat die Lebensversicherung als Teil der Altersversorgung vor allem (aber nicht nur) im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung als „Direktversicherung“ Versicherungsnehmers zugunsten des Arbeitgebers seiner Arbeitnehmer als der als des versicherten Personen, für die das Gesetz gewisse Sonderregelungen bereithält (§ 150 Abs. 2 VVG, § 211 VVG). Verschiedene Sonderformen der Lebensversicherung dienen der staatlich geförderten Vorsorge für das Alter. Dabei handelt es sich insbesondere um Altersvorsorgeverträge („Riester-Renten“), die nach dem Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorgeverträgen (AltZertG) detaillierten Sonderregelungen unterliegen. Allerdings unterliegen die steuerlichen Vergünstigungen derartiger Produkte im Laufe der Zeit erheblichem Wandel (vgl. zu Näherem Beckmann/Matusche-Beckmann/Brömmelmeyer, § 42 Rn.306 ff.). 2.Bedeutung Die primäre Bedeutung der Risikolebensversicherung besteht (regelmäßig) in der Absicherung von Angehörigen. Von ihr abgesehen dient der Abschluss von Lebensversicherungsverträgen der private Altersversorgung, vor allem in den spezifischen Formen der Riester-Rente und der Rürup-Rente sowie der betrieblichen Altersversorgung. Der hohe Bestand an Versicherungsverträgen (ca. 94 Millionen €), die Erwirtschaftung eines besonders hohen Anteils der Prämieneinnahmen (ca. 86 Milliarden € im Jahr) und die Funktion als Kapitalsammelbecken (Kapitalanlagebestand ca. 850 Milliarden €) zeigen die hohe ökonomische Relevanz dieser Versicherungssparte. Allerdings führt gegenwärtig das dauerhaft niedrige Zinsniveau zu einem Ausweichen von Kapitalanlegern auf andere Anlageformen. 3.Regelungsgrundlagen a. Der Vertrag über eine Lebensversicherung ist ein privatrechtlicher, durch §§ 150-177 VVG geregelter Versicherungsvertrag. Versicherungsnehmer aber auch zur Er wird Sicherung – der zur Sicherung der Gesamtwirtschaft vor funktionellen Defiziten dieses Wirtschaftsbereichs – begleitet von umfangreichen aufsichtsrechtlichen Regelungen des VAG zur Spartentrennung (§ 8 Abs. Ia Satz 1 VAG), zur Prämienkalkulation (§ 11 VAG), zur Deckungsrückstellung (§§ 11, 65 VAG), zur Kapitalausstattung (§ 53c VAG) und zum Sicherungsfonds (§ 124, § 127 VAG). Hintergrund der aufsichtsrechtlichen Kontrolle ist die Langfristigkeit der Verträge, die Notwendigkeit einer Insolvenzsicherung sowie eine faire (verfassungsrechtlich gebotene) Gewinnbeteiligung und Gewinnverteilung. [BVerGE 114,1- Bestandsübertragung; BVerfGE 114, 73 - Überschussbeteiligung] Sicherungsmaßnahmen wurden getroffen durch das Gesetz zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte vom 01.08.2014 BGBl. I 2014, 1330). Darüber hinaus finden sich ergänzende Regelungen in auf der Grundlage des VAG ergangenen Verordnungen und im Bilanzrecht (§§ 341 ff. HGB sowie den dazu ergangenen Verordnungen. b. Einfluss auf das Recht der Lebensversicherungsverträge nimmt ferner (und vor allem) das Europäische Recht, die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Art. 49, 56 AEUV sowie die Richtlinie 2002/83/EG des EP und des Rates vom 05.11.2002 über Lebensversicherungen (Abl. EG Nr. L 345 S. 1) c. Die konkreten vertraglichen Beziehungen werden durch AVB näher geregelt. Dabei handelt sich um die verschiedenen Generationen der ALB (und versichererspezifische andere AVB). B. Wichtige Grundbegriffe Bewertungsreserven: Die Beteiligung an den Bewertungsreserven ist ein Teil der Überschussbeteiligung in Versicherungsnehmer muss Vertragsdauer der entstandenen bei Lebensversicherung in Deutschland. Der Vertragsbeendigung an den der Bewertungsreserven der während Kapitalanlagen des Versicherers beteiligt werden. Die betreffenden Bewertungsreserven sind die Differenz des Zeitwertes der Kapitalanlagen (aktueller Wert) gegenüber den nach dem Niederstwertprinzip in der Bilanz des Versicherers ausgewiesenen sogenannten Buchwerten (Kaufpreis - gegebenenfalls gemindert um Abschreibungen). Nach § 153 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) erhalten die Versicherungsnehmer in Deutschland spätestens bei Vertragsende wenigstens die Hälfte des auf ihren Vertrag entfallenden Anteils an den Bewertungsreserven aus den Kapitalanlagen des Versicherers, soweit dem nicht aufsichtsrechtliche Vorschriften entgegen stehen. Deckungskapital: Summe der verzinslich angelegten Sparanteile eines bestimmten Vertrages. Rechnungszinssatz/Garantiezins: VR nimmt bei der Kalkulation der Prämie einen bestimmten langfristig anzunehmenden Zinssatz für die Anlage der Kapitalanteile der Prämie am Markt an; um diesen Zinssatz wird die Prämie (weil die Auszahlung einer bestimmten Versicherungsleistung reduziert(diskontiert). Dieser versprochen wird) Rechnungsbestandteil wird von für den vornherein jeweiligen Versicherungsvertrag auf die Dauer seines Bestehens garantiert. Rückkaufswert: Der Rückkaufswert ist der Betrag, den der VR dem VN bei „Rückkauf“ des Versicherungsvertrages, in aller Regel bei der vorzeitigen Kündigung zahlt. Tatsächlich ist es der „Zeitwert“, den der Vertrag unter Berücksichtigung des Aufwandes für seinen Abschluss und der zwischenzeitlich gezahlten Prämien sowie deren Verzinsung zum Zeitpunkt des (vorzeitigen) Vertragsendes hat. § 169 VVG gewährt dem VN einen Anspruchs auf Auszahlung eines Mindesrückkaufswerts. Sicherungsvermögen (Deckungsstock): Vollstreckungsrechtlich gesichertes Sondervermögen aus Deckungsrückstellung und weiteren Vermögensbeständen. Sicherungsfonds: Sondervermögen bei der Protektor-Lebensversicherungs AG als beliehenem Unternehmer zum Schutz der Ansprüche der VN bei Insolvenz des VR. Überschussbeteiligung (§ 153 VVG): Überschüsse aus günstigem Kapitalanlageverlauf und nicht benötigten, in die Prämienkalkulation einfließenden Sicherheitsmargen. Zillmerung: Mathematisches Rechenverfahren, nach dem die vom VR vorfinanzierten Abschluss- und Vertriebskosten auf die Prämien der ersten Jahre der Vertragslaufzeit verteilt verrechnet werden.§ 4 der DeckRV formuliert: "Im Wege der Zillmerung werden die Forderungen auf Ersatz der geleisteten, einmaligen Abschlusskosten einzelvertraglich bis zur Höhe des Zillmersatzes ab Versicherungsbeginn aus den höchstmöglichen Prämienteilen gedeckt, die (...) weder für Leistungen im Versicherungsfall noch zur Deckung von Kosten für den Versicherungsbetrieb bestimmt sind. Der Zillmersatz darf 40 vom Tausend der Summe aller Prämien nicht überschreiten." C. Vertragsrechtliche Besonderheiten kraft Gesetzes 1. Rechtsstellung des Versicherers (a) Besondere Informationspflichten nach § 7 Abs. 2 VVG i.V.m. § 2 VVG-InfoVO, § 154 VVG (b) Anpassung der Versicherungsleistung bei unrichtiger Altersangabe in Abweichung von § 19 VVG nach § 157 VVG (c) Geltung der Regelungen über die Gefahrerhöhung nur bei ausdrücklicher und in Textform erfolgender Vereinbarung von Gefahrerhöhungen (d) Kein ordentliches Kündigungsrecht des VR (keine gesetzliche Regelung aber Folge des Vertragszwecks), lediglich in bestimmten Fällen gesetzliches Kündigungsrecht des VR mit der Folge der Umwandlung in eine „prämienfreie“ Versicherung (§ 166 VVG) (e) Recht zur Prämien- und Bedingungsanpassung in einem besonderen Verfahren (§ 163 VVG) (f) Recht zur Ersetzung unwirksamer AVB (§ 164 VVG) 2. Rechtsstellung des Versicherungsnehmers (a) Widerrufsrecht innerhalb von 30 Tagen (§ 152 Abs. 1 VVG) (b) Kündigungsrecht des VN (§ 168 Abs. 1 VVG) bei Vereinbarung laufender Zahlungen oder bei Gewissheit des Eintritts der Verpflichtung des VR (Ausnahme: Reine RisikolebensV gegen Einmalzahlung) mit Ausnahme von Altersvorsorgeverträgen (c) Anspruch auf Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung (§ 165 VVG) (d) Anspruch auf Zahlung des (nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik … berechneten) Rückkaufswerts bei Auflösung des Vertrages (§ 169 VVG); Sicherung eines Mindestbetrages bei früher Stornierung (§ § 169 Abs. 3 Satz 1 2.Halbs.VVG) (e) Anspruch auf Zahlung einer Überschussbeteiligung Bewertungsreserven (§ 153 VVG, § 169 Abs. 7 VVG) einschließlich der 3. Ansprüche des Versicherungsnehmers Bezugsberechtigtem bei (vorzeitiger / Rechtsnachfolgers und endgültiger) / Beendigung des Vertrages a.Anspruch auf die vereinbarte Leistung Der Versicherungsnehmer, sein Rechtsnachfolger oder der Bezugsberechtigte hat zunächst einen Anspruch auf die im Vertrag ausbedungene Leistung zu dem dort vorgesehenen Zeitpunkt. Dabei gibt es unterschiedliche Varianten (Zahlung eines Kapitalbetrages, Zahlung einer Rente, Zahlung zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls oder zu einem festen Termin). b.Anspruch auf eine Überschussbeteiligung (§ 153 Abs. 1 VVG) Das Gesetz gewährt dem Berechtigten nach § 153 Abs. 1 VVG einen Anspruch auf eine Beteiligung an dem Überschuss und an den Bewertungsreserven (Überschussbeteiligung), es sei denn, eine solche Überschussbeteiligung wäre in dem Vertrag durch eine ausdrückliche Vereinbarung ausgeschlossen. Hintergrund ist, dass der Versicherer Überschüsse durch die Anlage der Prämien erzählt und der Versicherungsnehmer an deren Ergebnis beteiligt werden soll, zugleich aber auch durch Sicherheitszuschläge (§ 11 VAG) Überschüsse erzielen kann, wenn die Sicherheitszuschläge wegen eines guten Geschäftsverlaufs nicht benötigt werden. Das Gesetz enthält lediglich rudimentäre Regelungen: die Beteiligung an den Überschüssen ist nach einem „verursachungsorientierten Verfahren“ durchzuführen; andere vergleichbare angemessene Verteilungsgrundsätze können allerdings vereinbart werden. Maßgeblich ist zunächst der nach den handelsrechtlichen Vorgaben ermittelte Jahresabschluss. Im übrigen ist entscheidend welche Grundsätze und Maßstäbe der Vertrag vorsieht (§ 2 ALB 2008). Versicherer fassen gleichartige Versicherungsverträge zu Gruppen zusammen (Gewinnsgruppen). Die Verteilung des Überschusses orientiert sich dann daran, in welchem Umfang die Gruppen zu seiner Entstehung beigetragen haben die einzelnen Schritte zur Ermittlung und Erfüllung des Anspruchs auf die Überschussbeteiligung regelt – neben den Vorschriften des HGB – das VAG. [Leseempfehlung zur Vertiefung: Beckmann/Matusche-Beckmann/Brömmelmeyer, § 42 Rn. 273 -301]. Zu dem Anspruch auf eine Überschussbeteiligung gehört auch der Anspruch auf Beteiligung an den Bewertungsreserven (stillen Reserven). Dabei handelt es sich um eine zunächst nur rechnerische Differenz zwischen dem Buchwert von Kapitalanlagen des VR und ihrem Zeitwert. Sie sind jährlich neu (nach §§ 54 ff. der Versicherungsunternehmen-Rechnungslegungsverordnung RechVers-VO) zu ermitteln. Allerdings erwirbt der VN erst zum Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungsvertrages einen „konkreten“ Anspruch auf eine hälftige Zuteilung des zu diesem Zeitpunkt ermittelten Differenzbetrages (§ 153 Abs.3 VVG). c.Anspruch auf den Rückkaufswert Nach § 169 VVG hat der Versicherungsnehmer bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages durch seine Kündigung oder durch Rücktritt oder Anfechtung des Versicherers einen Anspruch auf den Rückkaufswert. Die Höhe des Rückkaufswert bestimmt sich nach § 169 Abs. 3 VVG. 4. Besonderheiten bei Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages als Anlagegeschäft am Beispiel „Clerical Medical“ Komplexe Versicherungsprodukte, die im Wesentlichen der Anlage von Kapital und der Gewinnerzielung dienen sollen, unterliegen der Verpflichtung zur anlegergerechten Beratung (vgl. bspw. BGH 11.07.2012 IV ZR 271/10 WM 2012, 1577; D. Die Bezugsberechtigung VN sind – zumindest in der Risikolebensversicherung – bedauerlicherweise regelmäßig tot, wenn der Versicherungsfall eintritt. Den Anspruch auf die Versicherungsleistung erwerben dann an sich die Gesamtrechtsnachfolger (§ 1922 BGB). Das liegt häufig nicht im Interesse der VN, die bei Abschluss des VV auch meist nicht zugleich eine letztwillige Verfügung zur „Vererbung“ des Anspruchs auf die Versicherungsleistung treffen. Zur Bewältigung dieser und weiterer (vor allem den Zugriff von Gläubigern) regeln die AVB die „Bezugsberechtigung“.in den §§ 159 – 160 VVG. Die Regelung einer „Bezugsberechtigung“ macht einen VV zu einem „Vertrag zugunsten Dritter“ im Sinne der §§ 328 ff. BGB. Ihre Anordnung wendet das Recht auf die Versicherungsleistung einer begünstigten Person, dem Bezugsberechtigten, zu. Dabei handelt es sich um ein (im Falle der Widerruflichkeit bedingtes) Verfügungsgeschäft, das, fehlt eine causa, kondizierbar ist. Zu unterscheiden: Widerrufliche Bezugsberechtigung: § 159 Abs. 2 VVG (Erwerb des Rechts auf die Versicherungsleistung erst mit Eintritt des Versicherungsfalls) BB hat im VersFall ein eigenes Forderungsrecht gegen den VR; das Recht fällt nicht in den Nachlass; Gläubiger des VN haben weiterhin – bis zum VersFakk - ein Zugriffsrecht. Von dem Deckungsverhältnis (VN/VR) ist das Valutaverhältnis (VN/BB)zu unterscheiden. Es kann Mängel aufweisen, die den Erben des VN einen Bereicherungsanspruch gegen den BB gewähren können. Unwiderrufliche Bezugsberechtigung: § 159 Abs. 3 VVG (Erwerb des Rechts mit der Einräumung der Bezugsberechtigung) BB erwirbt den Anspruch gegen den VR sofort, tritt allerdings nicht in die Rechtsstellung des VN aus dem VV ein. ALB 2008 § 13: (1) Die Leistung aus dem VV erbringen wir an Sie als unseren VN oder an Ihre Erben, falls Sie uns keine andere Person benannt haben, die bei Eintritt des Versicherungsfalls die Ansprüche aus dem VV erwerben soll (Bezugsberechtigter). Bis zum Eintritt des Versicherungsfalls können Sie das Bezugsrecht widerrufen. (2) Sie können ausdrücklich bestimmen, dass der Bezugsberechtigte sofort und unwiderruflich die Ansprüche aus dem Versicherungsfall erwerben soll. Sobald wir ihre Erklärung erhalten haben, kann dieses Bezugsrecht nur noch mit Zustimmung des von Ihnen Benannten aufgehoben werden. … (4) Die Einräumung und der Widerruf eines Bezugsrechts … sind uns gegenüber nur und erst dann wirksam, wenn sie uns vom bisherigen Berechtigten angezeigt worden sind. „Die widerrufene Botschaft der Witwe an die Geliebte“ BGH 21.05.2008 – IV ZR 238/06 – NJW 2008, 2702 VN war mit B verheiratet. Er unterhielt bei VR eine kapitalbildende LV, für die B widerruflich bezugsberechtigt war. Ab 02/2004 lebte VN mit K nichtehelich zusammen. Er widerrief mit einem Schreiben an VR am 02.03.2004 die ursprüngliche Bezugsberechtigung und setzte K als Bezugsberechtigte ein; er wollte sich von B scheiden lassen. Am Abend des 16.05.2004 stürzte sich VN nach einer Aussprache mit K, die sich von ihm trennen wollte, von einer Autobahnbrücke zu Tode. Der Vater des VN unterrichtete K am 17.05.2004 über ihre Bezugsberechtigung und machte die Versicherungsleistung im Auftrag von K für diese bei VR geltend. VR verlangte von K zunächst weitere Unterlagen an. B und S fochten am 25.05.2014 die Einsetzung von K als Bezugsberechtigte an. VR teilte K am 09.06.2004 die Einräumung der Bezugsberechtigung erstmals mit. Als sowohl K als auch B Anspruch auf die Versicherungsleistung erhoben, hinterlegte VR sie zugunsten von K und von B und S. Prüfungsschema: Anspruch der K gegen B aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Einwilligung in die Herausgabe des hinterlegten Betrages (erlangtes Etwas: Hinterlegungsberechtigung)! Rechtsgrundlosigkeit? VN hat K ein Bezugsrecht i.S.d. §§ 328, 331 BGB eingeräumt (Deckungsverhältnis): Mit dem VersFall hat K eine unentziehbare Rechtsposition erworben, Erben können sie nicht mehr ändern oder widerrufen! Ob BB die Versicherungsleistung im Verhältnis zum Erben behalten darf, ist eine Frage des Valutaverhältnisses (VN/BB). In Betracht kommt insoweit eine Schenkung. Schenkungsvertrag ist als solcher zwischen VN/BB vor dem Tod des VN nicht abgeschlossen worden. Schenkungsangebot ist nicht durch den Vater der K an K übermittelt worden, sondern erst nach dem in der Anfechtung liegenden Widerruf durch VR. Die Übermittlung eines Schenkungsangebots des VN durch den VR als Boten ist nicht erfolgt. Sie erfolgt zwar regelmäßig durch Auszahlung der Versicherungsleistung oder Benachrichtigung des BB durch den VR. Hier ist jedoch der Übermittlungsauftrag durch die (in das Auftragsverhältnis einrückende Erbin B) widerrufen worden, bevor das Schenkungsangebot der K übermittelt worden ist. Ein Schenkungsvertrag ist folglich nicht zustande gekommen. Dem Erwerb der Forderung liegt folglich keine causa zugrunde. Zur Auslegung einer Erklärung über die Bezugsberechtigung: BGH 22.07.2015 IV ZR 437/14 NJW 2015, 3303 Die Kl verlangt die Auszahlung der Versicherungsleistung aus einer von ihrem verstorbenen Ehemann E bei der Bkl gehaltenen LV; der E war in erster Ehe mit der F verheiratet. Der Arbeitgeber des E hatte die LV auf das Leben des E abgeschlossen. Die AVB entsprachen den ALB 2008. In der Police war bestimmt, dass das Bezugsrecht dem E zustehe und der Anspruch im Todesfall übergeht „auf den verwitweten Ehegatten“. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses übertrug der Arbeitgeber die Lv auf E als neuen VN. In einer von der Bekl angeforderten Erklärung vom 09.07.1997 kreuzte E in der Zeile „Für die Versicherung gilt folgendes Bezugsrecht: Solange die versicherte Person lebt, der VN, nach dem Tode der versicherten Person (x) der verwitwete Ehegatte.“ Am 16.04.2002 wurde die Ehe des E mit der F geschieden, wenige Monate später heiratete er die Kl und fragte seinen Versicherungsvertreter, wer bezugsberechtigte Person sei, worauf die Bekl antwortete: Ihre verwitwete Ehegattin. E verstarb 2012. Die Bekl zahlte die Lv-summe an die F aus. Die Bestimmung eines Bezugsrechts stellt eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung dar. Für ihre Auslegung gelten §§ 133, 157 BGB. Maßgeblich für die Auslegung ist der Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung. Spätere Änderungen des Bezugsrechts bedürfen der schriftlichen Anzeige gegenüber dem VR. E. Versicherung fremden Lebens Versicherte Person kann der VN und ein Dritter sein. Im zweiten Fall bedarf es bei ins Gewicht fallenden Versicherungsleistungen (mit Ausnahme der Fälle der betrieblichen Altersversorgung) zur Wirksamkeit des Vertrages der schriftlichen Einwilligung des VN (§ 150 Abs. 2 VVG). Grund ist der Schutz vor dem Spiel mit dem Leben anderer. „Ein rätselhafter Fachmann für Judaica“ BGH 09.12.1998 – IV ZR 306/97 – BGHZ 140, 167 K verlangt als Bezugsberechtigte 6 Millionen USD aus einer Lebensversicherung, als deren VN und VP der jüdische Rabbiner S, ein Fachmann für Judaica, genannt sind. S war dem VR nie persönlich gegenüber in Erscheinung getreten. Das Antragsformular wurde nach den Angaben des K bei einem Versicherungsvertreter ausgefüllt. Es wies nur in der Rubrik für die zu versichernde Person als Unterschrift S auf. K behauptet, die Unterschrift habe sich schon bei der Aufnahme des Antrages auf dem Formular befunden. S habe das Formular zuvor blanko unterschrieben und K zur weiteren Ausfüllung bei dem Versicherungsvertreter übergeben. K will den Versicherungsschein S übergeben und ihn von ihm zurückerhalten haben und hat die Prämien, die ihm von S zur Verfügung gestellt worden sein sollen, bezahlt. Wenig später wurde in einem Hotel eine Person aufgefunden, bei der es sich um S gehandelt haben soll. Sie war getötet worden. 1. (Anspruchsgrundlage, Anspruchsvoraussetzungen) Anspruch auf die Versicherungsleistung setzt wirksamen Abschluss des VV voraus. Schriftliche Einwilligung des S nach § 150 Abs. 2 VVG als VP erforderlich (obwohl S auch VN sein sollte? Entsprechende Anwendung, wenn VN am Vertragsschluss (wie auch bei Blankounterschrift, weil VN keinen Einfluss auf den Vertragsschluss mehr nehmen kann) nicht unmittelbar beteiligt war. 2. (Einwilligung der VP?) Einwilligung als VP? § 126 Abs. 1 BGB ist an sich gewahrt; jedoch ergibt sich aus Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses des § 150 Abs. 2 VVG Anderes: Schriftliche Einwilligung muss Umstände erfassen, von denen das Risiko der VP abhängt (Höhe der Versicherungssumme, Person des VN und des Bezugsberechtigten, Dauer der Versicherung). Nachträgliche Genehmigung? (Einwilligung ist die vorherige Zustimmung: § 183 BGB). F. Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung Dem Interesse des VN, der aus welchen Gründen auch immer, die nach seinem Vertrag zu zahlenden Prämien nicht mehr aufbringen kann oder will, kann es entsprechen, davon – zumindest vorübergehend – befreit zu werden, ohne sich von dem Versicherungsvertrag selbst zu trennen, Versicherungsschutz zu verlieren und an der Überschussentwicklung nicht mehr beteiligt zu sein. Dem entspricht der von § 165 VVG unter bestimmten Mindestversicherungsleistung durch Voraussetzungen die bisherigen (Erreichen Beiträge) der gewährleistete Anspruch auf Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung. Als Rechtsfolge bestimmt das Gesetz: Der Versicherungsvertrag bleibt bestehen. Die Leistungspflicht beschränkt sich auf die erreichte Versicherungssumme. Manche AVB sehen vor, dass der VN verlangen kann, dass der Versicherungsvertrag „wieder in Kraft gesetzt“ wird, manche machen das von einer erneuten Gesundheitsprüfung abhängig. Das Gesetz verlangt das nicht. Im Hinblick auf die gravierenden Rechtsfolgen der Geltendmachung des Anspruchs stellt die Rechtsprechung allerdings erhöhte Anforderungen an das Begehren nach § 165 VVG. „Ein nicht verlangtes Umwandlungsverlangen“ OLG Köln 15..03.2013 20 U 230/12 r+s 2013, 397 K war seit 1992 versicherte Person eines von seinem Arbeitgeber (VN) im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrages mit einer durch Entgeltumwandlung finanzierten Versicherungssumme von rund 58.000€. Als K längerfristig erkrankte und keine Lohnfortzahlung erhielt, bat VN im März 2008 „um Beitragsfreistellung“ und teilte mit, sobald K wieder Lohn erhalte, werde er die Beitragszahlungen wieder aufnehmen. Daraufhin stellte VR den Vertrag, der bislang eine Versicherungssumme von rund 26.000€ erreicht hatte, betragsfrei und sagte eine Wiederinkraftsetzung innerhalb von zwei Jahren nach einer Gesundheitsprüfung zu. Im Mai 2009 teilte VN mit, sie wolle die Beitragszahlung wieder aufnehmen. Nach einer Gesundheitsprüfung lehnte VR „die Wiederinkraftsetzung“ ab. K erhebt Klage auf Feststellung, dass der Versicherungsvertrag zu unveränderten Bedingungen fortbesteht. Prüfung: Das Feststellungsbegehren ist (nur) begründet, wenn der Versicherungsvertrag nicht beitragsfrei gestellt wurde. Ist er das, so war VR befugt, die „Wiederinkraftsetzung“ auf der Grundlage einer neuen Gesundheitsprüfung abzulehnen. VN hat im März 2008 „um Beitragsfreistellung“ gebeten. Fraglich ist, wie diese WE nach §§ 133, 157 BGB auszulegen ist. Hat VN klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht, er wolle den Vertrag „umwandeln“? Das entspricht zunächst dem Wortlaut. Grund war aber ein – vorübergehender – Lohnausfall. VN hat erklärt, sie wolle die Prämienzahlungen wieder aufnehmen, wenn K wieder Lohn erhalte: Das wäre nicht so ohne Weiteres möglich, wenn ihr Verlangen i.S.d. § 165 VVG als „Umwandlungsverlangen“ zu betrachten wäre. Bitten um eine vorüber gehende Beitragsbefreiung sind nicht als Umwandlungsverlangen auszulegen! G. Verbundene Leben Vor allem Risikolebensversicherungen werden zuweilen von Ehepartnern oder Lebenspartnern (aber auch von nichtehelichen Partnern) gemeinsam abgeschlossen. Versicherungsnehmer sind dann beide Partner. Sinn und Zweck ist es vor allem, eine Risikoabsicherung bei langfristiger Kreditaufnahme vorzunehmen. In solchen Fällen der Beitrag zwar höher als bei einer vergleichbaren Versicherung auf ein Leben, jedoch geringer als bei zwei Einzelverträgen. AVB: Bei der Risikoversicherung auf zwei verbundene Leben (Partnerversicherung) zahlen wir die Versicherungssumme nur bei Tod der zuerst versterbenden Person. Bei gleichzeitigem Tod beider versicherter Personen wird die Versicherungssumme nur einmal fällig. Rechtsprobleme können daraus entstehen, dass ein Versicherungsvertrag von zwei Versicherungsnehmern abgeschlossen worden ist. Das hat zur Folge, dass der Versicherer Rechtshandlungen gegenüber einem jeden von ihnen vornehmen muss, beispielsweise eine Mahnung wegen Ausbleibens einer Folgeprämie, Rücktritts- oder Anfechtungserklärungen oder Belehrungen. Zu lesen: BGH Urt.v. 08.01.2014 IV ZR 206/13 NJW 2014, 1010 F. Leistungsausschluss Suizid Keine Deckung besteht bei vorsätzlicher Selbsttötung innerhalb von 3 Jahren nach Abschluss des VV (§ 163 Abs. 1 Satz 1 VVG). Deckung besteht indessen bei Tatbegehung in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit (§ 163 Abs. 1 Satz 2 VVG). „Der Selbstmörder, der offenbar nicht rechnen konnte“ OLG Saarbrücken 18.04.2012 – 5 U 293/11 – zfs 2013, 100 VN beantragte am 26.06.2006 eine RLV mit einer Versicherungssumme von 575.000 €. Mit Schreiben vom 28.06.2006 erklärte VR, VN genieße vorläufigen Versicherungsschutz. Der Versicherungsschein datiert vom 14.08.2006 und nennt als Versicherungsbeginn des 01.08.2006. Am 10.08.2009 beging der an Krebs leidende VN Selbstmord. Erbe des VN meint, hätte VR den Antrag zügiger bearbeitet, wäre die Police früher ausgestellt worden; dann wäre die Karenzfrist abgelaufen gewesen [Zusatzprobleme im Entscheidungsabdruck: Anfechtung wegen Verschweigens von Vorerkrankungen, Wiederaufleben der vorläufigen Deckung bei Arglistanfechtung]. Prüfungsschema: (1) Anspruch des Erben des VN ./. VR aus dem VV (Versicherungsfall Tod ist eingetreten) (Beweis: Erbe des VN) (2) Ausschluss des Anspruchs nach § 161 Abs. 1 Satz 1 VVG: (a) Vorsätzliche Selbsttötung (Indizienbeweisproblem) (b) Beginn der Karenzfrist: Abschluss des Vertrages (Ausstellung der Police) [und nicht Beginn des materiellen Versicherungsschutzes] (3) Tatbegehung in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit (§ 163 Abs. 1 Satz 2 VVG)? „Ein Ausschuss der freien Willensbestimmung liegt vor, wenn jemand nicht im Stande ist, seinen Willen unbeeinflusst von einer vorliegenden Geistesstörung zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Abzustellen ist darauf, ob eine freie Entscheidung nach Abwägung des Für und Wider noch möglich war oder ob umgekehrt infolge der Geistesstörung äußere Einflüsse den Willen übermäßig beherrschten… Eine allgemeine emotionale Psychose ist für eine Selbsttötung charakteristisch und noch keine krankhafte Störung… ebenso wenig eine bloße Willensschwäche, Erschöpfungszustände oder depressive Verstimmungen, solange der steuerbare Wille noch Einfluss auf die Entscheidung des Versicherten hat. Wichtiges Kriterium bei der Beurteilung der Frage ob unkontrollierbar Triebe und Vorstellungen in den Tod getrieben haben, ist in aller Regel des Fehlen nachfühlbarer Motive… Denjenigen, der sich auf den fehlenden freien Willen des Versicherungsnehmers beruft und die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens beantragt, treffen spezifische Anforderungen an die Substantiierung des Sachvortrags“ (4) Schadensersatz wegen verzögerter Bearbeitung (§§ 280 Abs. 1 BGB, § 241 Abs.2 BGB)? (Ggf. wegen Verletzung von Beratungspflichten bei Anschlussverträgen?) H.Auskunftsansprüche des VN 1.Berechnung des Rückkaufswerts BGH Beschl.v. 07.01.2014 – IV ZR 216/13 – VersR 2014, 822 BGH Urt.v. 11.09.2013 – IV ZR 319/ - VersR 2013,1429 VN verlangt von VR Rückzahlung geleisteter Beiträge zu einer mehrfach beitragsfrei gestellten und zwischenzeitlich gekündigten fondsgebundenen Lebensversicherung, die eine Zillmerung der Abschlusskosten vorsah. VN hat 3.457,20 € an Prämien gezahlt. VR hat einen Rückkaufswert von 36,97 € ermittelt. VN verlangt Auskunft über die Berechnung der Höhe des Mindestrückkaufswerts. „Besteht ein Anspruch auf den Rückkaufswert nach § 169 VVG, so kann ein Auskunftsanspruch nach Treu und Glauben in Betracht kommen, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Umfang und Inhalt der zu erteilenden Auskunft richten sich danach, welche Informationen der Berechtigte benötigt, um seinen Anspruch geltend machen zu können, soweit dem nicht Zumutbarkeitsgesichtspunkte oder andere Grenzen entgegenstehen. Der Auskunftsanspruch umfasst grundsätzlich nicht die Verpflichtung zur Vorlage der fiktiven versicherungstechnischen Bilanzen oder anderer Geschäftsunterlagen und auch kein Einsichtsrecht.“ Der BGH hat Ansprüche auf Auskunft, mit denen ein VN eine Begründung dafür verlangt hat, wie und auf welche Weise der VR die mit der Auskunft zur Verfügung zu stellenden Informationen ermittelt hat, verneint und der VN, der einen höheren Rückkaufswert als den gezahlten verlangt, die Umstände darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, die den weitergehenden Anspruch stützen sollen. Der BGH hat von dem VR verlangt, in geordneter Form Auskunft zu erteilen durch die Benennung folgender Beträge: der Hälfte des mit den Berechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten und gezimmerten Deckungskapitals bzw. des ungezielten Fondsguthabens, des Rückkaufswerts, der sich für den Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungsvertrages bei Zugrundelegung der Bestimmungen des jeweiligen Versicherungsvertrages ergibt der während der Vertragslaufzeit zugewiesenen laufenden Überschussbeteiligung und des anlässlich der Vertragsbeendigung zugewiesenen Schlussüberschussanteils, soweit etwaige Überschüsse Bestandteil der Berechnung des ungezillmerten Deckungskapitals und/oder der Berechnung des Rückkaufswerts sind, sowie der an die Finanzverwaltung abgeführten Kapitalertragssteuern und Solidaritätszuschläge auf die vorerwähnte Überschussbeteiligung. 2.Berechnung der Überschussbeteiligung Zu lesen: BGH 02.12.2015 – IV ZR 28/15 – juris „Macht der VN geltend, ihm stehe bei Ablauf einer kapitalbildenden Lebensversicherung eine höhere als die vom VR ausgezahlte Bewertungsreserve gemäß § 153 Abs. 3 VVG zu, kann sich für ihn ein Auskunftsanspruch gegen den VR aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben ergeben.“ Keine Verpflichtung zur Vorlage der fiktiven versicherungstechnischen Bilanzen Keine Verpflichtung zur Einsichtsgewährung in Geschäftsunterlagen Auskunft über die für seinen Vertrag maßgeblichen Parameter und Berechnungswege