Charakteristische Röntgenstrahlung von Wolfram TEP 5.4.2801 Verwandte Begriffe Röntgenröhren, Bremsstrahlung, charakteristische Röntgenstrahlung, Energieniveaus, Kristallstrukturen, Gitterkonstante, Absorption von Röntgenstrahlung, Absorptionskanten, Interferenz, Bragg-Gleichung. Prinzip Eine Röntgenröhre mit einer Wolframanode erzeugt Röntgenstrahlung, die mit Hilfe eines Einkristalls als Funktion des Bragg-Winkels selektiert wird. Ein Geiger-Müller-Zählrohr registriert die Intensität der Strahlung. Aus den Glanzwinkelwerten der charakteristischen Röntgenlinien wird deren Energie bestimmt. Material 1 1 1 1 1 1 1 1 XR 4.0 expert unit, Röntgengerät 35 kV X-ray Goniometer für Röntgengerät 35 kV X-ray Einschub mit Wolfram-Röntgenröhre Zählrohr Typ B X-ray LiF-Einkristall in Halter XR measure 4.0 software Datenkabel USB Steckertyp A/B X-ray Blendentubus d = 2 mm 09057-99 09057-10 09057-80 09005-00 09056-05 14414-61 14608-00 09057-02 Zusätzlich erforderlich PC, Windows® XP oder höher Dieser Versuch ist in den Erweiterungssets: XRP 4.0 X-ray Festkörper, XRC 4.0 X-ray Charakterisierung und XRS 4.0 X-ray Strukturanalyse enthalten. Abb. 1: P2542801 www.phywe.com P2542801 PHYWE Systeme GmbH & Co. KG © All rights reserved 1 TEP 5.4.2801 Charakteristische Röntgenstrahlung von Wolfram Aufgaben 1. Nehmen Sie mit Hilfe des LiF-Einkristalls als Analysator das von der Wolframanode ausgehende Röntgenspektrum als Funktion des Bragg-Winkels auf. 2. Bestimmen Sie die Energien der charakteristischen Wolfram-Röntgenstrahlen aus den Spektren und vergleichen Sie Ihre Werte mit den aus dem entsprechenden Termschema ermittelten Werten. Aufbau Schließen Sie das Goniometer und das Geiger-Müller-Zählrohr an die entsprechenden Buchsen im Experimentierraum an (siehe Kennzeichnung in Abb. 2). Der Goniometerblock mit eingesetztem Analysatorkristall soll sich in der rechten Endposition befinden. Das Geiger-Müller-Zählrohr mit seiner Halterung wird am hinteren Anschlag der Führungsstangen arretiert. Vergessen Sie nicht, die Zählrohr-Blende vor dem Zählrohr zu montieren (Siehe Abb. 3). Der Blendentubus mit 2-mmDurchmesser wird zur Kollimierung des Röntgenstrahls in den Strahlausgang des Röhreneinschubs eingesetzt (Abb. 3). Um den Aufbau zu kalibrieren, stellen Sie zunächst sicher, dass der richtige Kristall in den Goniometer-Parametern eingegeben ist. Wählen Sie dann „Menü“, „Goniometer“, „Autokalibrierung“. Nun ermittelt das Gerät die optimale Stellung von Kristall und Goniometer zueinander und im Anschluss die Position des Peaks. Hinweis Details zur Bedienung des Röntgengeräts und des Goniome- Abb. 2 Anschlüsse im Experimentierraum ters sowie zum Umgang mit den Einkristallen entnehmen Sie bitte den entsprechenden Bedienungsanleitungen. GMZählrohr Goniometer in der rechten Endposition Lochblende Zählrohrblende Montierter Kristall Abb. 3: Aufbau am Goniometer 2 PHYWE Systeme GmbH & Co. KG © All rights reserved P2542801 Charakteristische Röntgenstrahlung von Wolfram TEP 5.4.2801 Durchführung - - - - - - - Der PC und das Röntgengerät werden mit Hilfe des Datenkabels über die USB Buchse verbunden. Starten Sie nun das „Measure“-Programm: das Röntgengerät erscheint auf dem Bildschirm Indem Sie die verschiedenen Funktionen auf Abb. 4: Anschluss des Computers und unter dem abgebildeten Gerät anklicken, können Sie nun das Gerät vom Computer aus bedienen. Alternativ können die Parameter auch am Gerät geändert werden – das Programm übernimmt die entsprechenden Einstellungen automatisch. Wenn Sie auf den Experimentierraum klicken, können Sie die Parameter für das Experiment verändern. Wählen Sie die Einstellungen wie in Abb. 6 angegeben. Wenn Sie auf die Röntgenröhre klicken, können Sie Spannung und Strom der Röntgenröhre ändern. Wählen Sie die Einstellungen wie in Abb. 7 angegeben. Starten Sie das Experiment, indem Sie auf den Einstellung der Einstellung des Röntgenröhre Goniometers roten Kreis drücken Nach der Messung erscheint die Abfrage: Abb. 5: Teil der Bedienoberfläche in der Software Übersicht Einstellungen am Goniometer und Röntgengerät: 2:1-Kopplungsmodus Integrationszeit 5-6 s (Gate-Timer); Winkelschrittweite 0,1° Winkelbereich: 4°-80° ( LiF-Einkristall) Anodenspannung UA = 35 kV; Anodenstrom IA = 1 mA - Markieren Sie den ersten Punkt und bestätigen Sie mit OK. Die Messwerte werden nun direkt an die Software measure übertragen. Am Ende dieser Versuchsanleitung ist eine kurze Einführung in die Auswertung der erhaltenen Spektren angefügt. Hinweis Eine Bestrahlung des Geiger-Müller-Zählrohres durch den primären Röntgenstrahl sollte über einen längeren Zeitraum vermieden werden. www.phywe.com P2542801 PHYWE Systeme GmbH & Co. KG © All rights reserved 3 TEP 5.4.2801 Charakteristische Röntgenstrahlung von Wolfram Abb 6: Einstellungen für das Goniometer; LiF-Kristall Abb 7: Einstellung der Spannung und der Stromstärke Theorie Wenn Elektronen mit hoher kinetischer Energie auf die metallische Anode der Röntgenröhre treffen, werden Röntgenstrahlen mit einer kontinuierlichen Energieverteilung (Bremsstrahlung) erzeugt. Dem Spektrum der Bremsstrahlung sind zusätzlich diskrete Linien überlagert. Wird nämlich ein Atom des Anodenmaterials durch Elektronenstoß z.B. in der KSchale ionisiert, so kann ein Elektron aus einer höheren Schale den freigewordenen Platz unter Aussendung eines Röntgenquants einnehmen. Die Energie dieses Röntgenquants entspricht der Energiedifferenz der beiden am Prozess beteiligten Schalen. Da die Energiedifferenz jedoch atomspezifisch ist, nennt Abb. 8: Bragg-Streuung an einem Netzebenenpaar man die so erzeugte Strahlung auch charakteristische Röntgenstrahlung. Wenn ein Röntgenstrahl der Wellenlänge λ auf die einzelnen Netzebene eines Einkristalls unter dem Glanzwinkel ϑ trifft, so interferieren die an den Netzebenen reflektierten Strahlen konstruktiv miteinander, wenn ihr Gangunterschied Δ einem Ganzzahligen der Wellenlänge entspricht. Nach Abb. 8 gilt für konstruktive Interferenz die sog. Bragg-Gleichung: 2d sin n (1) (d = Netzebenabstand; n = 1, 2, 3,…) Ist der Netzebenenabstand d bekannt, kann die Wellenlänge λ aus dem Glanzwinkel ϑ ermittelt werden. Die Energie der Strahlung ergibt sich dann aus: E h f hc (2) Mit (1) und (2) erhält man schließlich: E 4 n h c 2d sin (3) PHYWE Systeme GmbH & Co. KG © All rights reserved P2542801 Charakteristische Röntgenstrahlung von Wolfram Planck-Konstante Lichtgeschwindigkeit Netzebenenabstand LiF (200) Äquivalent h c d 1 eV TEP 5.4.2801 = 6,6256∙10-34 Js = 2,9979∙108 m/s = 2,014∙10-10 m = 1,6021∙10-19 J Abb. 9 zeigt das Energieniveauschema eines Wolframatoms. Da die Energie der K-Schale ungefähr 70 keV beträgt, die höchste Energie des primären Elektronenstrahls aber nur 35 keV ist, kann die KSchale mit diesem Gerät nicht angeregt werden. Es kann nur das L-Level ionisiert werden. Abb. 9 zeigt die nach den quantenmechanischen Auswahlregeln möglichen L-Übergänge für die Dipol-Strahlung bis zur O-Schale. Die Quadrupol-Strahlung kann wegen ihrer geringeren Intensität vernachlässigt werden. Auswahlregeln für die Dipolstrahlung: Δl = ±1 und Δj = 0, ±1 (l = Bahndrehimpuls, j= Gesamtdrehimpuls) Abb. 9: Energieniveauschema von Wolfram www.phywe.com P2542801 PHYWE Systeme GmbH & Co. KG © All rights reserved 5 TEP 5.4.2801 Charakteristische Röntgenstrahlung von Wolfram Auswertung Aufgabe1: Nehmen Sie mit Hilfe des LiF-Einkristalls als Analysator das von der Wolframanode ausgehende Röntgenspektrum als Funktion des Bragg-Winkels auf. In Abb. 10 ist das mit einem LiF-Einkristall analysierte Röntgenspektrum von Wolfram dargestellt. Dem kontinuierlichen Bremsspektrum sind scharf ausgeprägte Linien überlagert, deren Glanzwinkellagen bei Variation der Anodenspannung unverändert bleiben. Dieses deutet darauf hin, dass es sich hierbei um charakteristische Röntgenlinien handelt. In Abb 11 und 12 sind Ausschnitte des Spektrums dargestellt, die mit Hilfe der Zoom-Funktion der Measure-software erstellt wurden. So können dicht beieinander liegende und weniger intensive Linien besser erkannt werden. Insgesamt können bis zu 27 Linien unterschieden werden. Die Auswertung (siehe Tabelle) zeigt, dass im Winkelbereich von 10° < ϑ < 30 nur Linien erster Ordnung erhalten werden. Sie erreichen auch die höchste Intensität. Im Bereich von 30° < ϑ < 80° fallen die Linien mit n = 2 und n = 3. Die Aufspaltung der Linien 2 und 10 in α1 und α2 bzw. γ2 und γ3 ist nur im Bereich von n = 2 zu erkennen. Die Linie 11 kann eindeutig der Kα-Linie von Kupfer zugeordnet werden. Die kleine runde Wolfram Anode ist in einen zylindrischen Kupferstab eingelassen, der auch teilweise von den Elektronen getroffen wird. Abb. 10: Die Intensität der W-Röntgenstrahlung als Funktion des Glanzwinkels ϑ; Analysatorkristall: LiF n=1 7/8 ↓ ←10 3 ↓ 5/6 → 2→ ↑ 1 ↑ 4 9 ↓ 11 ↓ 12 ↓ Abb. 11: Ausschnitt aus dem Röntgenspektrum von 10° < ϑ < 30 6 PHYWE Systeme GmbH & Co. KG © All rights reserved P2542801 TEP 5.4.2801 Charakteristische Röntgenstrahlung von Wolfram 20 ↓ n = 2; 3 18 ↓ 26 ↓ 15 ↓ 16 → 17 ↓ ←19 ↑ 13/14 ←21 24 ↓ 25 ↓ 2223 ↓ ↓ 27 ↓ Abb. 12: Ausschnitt aus dem Röntgenspektrum von 30° < ϑ < 80 Aufgabe 2: Bestimmen Sie die Energien der charakteristischen Wolfram-Röntgenstrahlen aus den Spektren und vergleichen Sie Ihre Werte mit den aus dem entsprechenden Termschema ermittelten Werten. Spalte B der untenstehenden Tabelle enthält die aus den Abb. 6 bis 8 ermittelten Glanzwinkelwerte ϑ und die daraus mit Hilfe von (3) berechneten Energiewerte für die charakteristischen Röntgenlinien von Wolfram. Die Wellenlänge λ und die zugehörige Energie EExp, die mit Hilfe der Formeln 1 und 2 bestimmt wurden sind in den Spalten D und E aufgeführt. Spalte H zeigt die Energiewerte ELit, die mit Hilfe von Abb 3 errechnet wurden. Die Übereinstimmung zwischen den beiden Energiewerten belegt die Zuordnung der Linien zu den verschiedenen Übergängen. Wie erwartet, treten nur die Linien auftreten, die den Auswahlregeln entsprechen. Es sind nicht alle möglichen Übergänge zu erkennen, da bei einigen die Intensität zu gering ist. A B C D E F G H Line ϑ/° n λ / pm Eexp. / eV Linie Übergang ELit. / eV 1 14.69 1 102.15 12138 γ4 L1O3 12063 2 15.23 1 105.81 11717 γ 3/2 L1N3/L1N2 2 15.23 1 105.81 11717 γ 3/2 L1N3/L1N2 3 15.74 1 109.27 11346 γ1 L2N4 11286 4 16.28 1 112.92 10980 γ5 L2N1 10949 5 17.92 1 123.94 10003 β2 L3N5 9961 6 18.21 1 125.87 9849 β3 L1M3 9818 7 18.47 1 127.61 9716 β1 L2M4 9673 8 18.79 1 129.74 9556 L1M2 9525 9 20.60 1 141.72 8748 β4 η L2M1 8725 10 21.47 1 147.43 8409 α1/2 L3M5/L3M4 11 22.51 1 154.21 8040 12 24.57 1 167.49 7402 Cu-Kα1/2 l L3M1 7387 13 31.80 2 106.13 11682 γ3 L1N3 11674 14 32.01 2 106.76 11613 γ2 L1N2 11608 www.phywe.com P2542801 PHYWE Systeme GmbH & Co. KG © All rights reserved 7 TEP 5.4.2801 Charakteristische Röntgenstrahlung von Wolfram 15 33.03 2 109.79 11294 γ1 L2N4 11286 16 38.12 2 124.33 9972 β2 L3N5 9961 17 38.80 2 126.20 9824 β3 L1M3 9818 18 39.52 2 128.16 9674 β1 L2M4 9673 19 40.24 2 130.10 9529 β4 L1M2 9525 20 47.12 2 147.58 8401 α1 L3M5 8397 21 47.58 2 148.68 8339 α2 L3M4 8335 22 54.88 3 109.71 11300 11286 56.47 2 167.88 7385 γ1 l L2N4 23 L3M1 7387 24 67.90 3 124.28 9976 β2 L3N5 9961 25 70.09 3 126.12 9831 β3 L1M3 9818 26 72.66 3 128.04 9683 β1 L2M4 9673 27 75.79 3 130.03 9535 β4 L1M2 9525 Measure Mit der Software „Measure“ können die Peaks aus dem Spektrum mit wenig Aufwand bestimmt werden: - - - Klicken Sie auf den Button wollen. und markieren Sie den Bereich, in dem Sie die Peaks bestimmen Klicken Sie dann auf das Zeichen „Peakanalyse“. Es erscheint das Fenster „Peakanalyse“ (siehe Abb. 13). Klicken Sie nun auf „Berechnen“. Falls nicht alle gewünschten Peaks berechnet wurden (oder zu viele) stellen Sie die Fehlertoleranz entsprechend ein. Setzen Sie eine Haken in das Kästchen „Ergebnisse einzeichnen“, um die Daten der Peaks direkt im Spektrum anzeigen zu lassen. Unter der Hilfe-Funktion der Software „Measure“ finden Sie weitere, detaillierte Erklärungen der vielen Funktionen des Programms. Abb. 13: Automatische Peakanalyse mit „Measure“ 8 PHYWE Systeme GmbH & Co. KG © All rights reserved P2542801