„Akteure – Tiere – Dinge. Verfahrensweisen der Naturgeschichte in der Frühen Neuzeit“ Interdisziplinäre Tagung 11.-13.06.2015, Ottoneum Kassel Konzeption und Organisation: Dr. Silke Förschler und Dr. Anne Mariss Die Tagung ist eine Kooperation zwischen dem DFG-Graduiertenkolleg „Religiöses Wissen im vormodernen Europa“, Universität Tübingen und dem LOEWE-Forschungsschwerpunkt „Tier-MenschGesellschaft“, Universität Kassel Die Frage nach der Bedeutung von Natur, ihrer Erforschung in vergangenen Epochen, sowie der Beziehung zwischen Menschen und ihrer Umwelt und nicht-menschlichen Lebewesen ist in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus der Geistes- und Kulturwissenschaften gerückt – sei es in Form der Umweltgeschichte, der Wissenschaftsgeschichte, der material culture studies oder auch der animal studies. Als Erklärungsmuster mit einer hohen explanativen Wirkmacht besaß ‚Natur‘ eine große Bedeutung für die frühneuzeitliche Gesellschaft. Gleichzeitig wurde ihre Erforschung und Erklärbarkeit weiter vorangetrieben – die Frühe Neuzeit zeitigte eine geradezu enthusiastische Begeisterung für die Naturkunde, die zu einer beliebten Beschäftigung nicht nur für Naturkundler in einem engeren Sinne wurde. Auf öffentlichen Spektakeln führte man neugierigen Zuschauern die Wirkung der wundersamen Elektrizität vor, in Studierzimmern häuften sich Sammlungen von Naturalien; der Besuch von Naturalienkabinetten wurde ebenso zur Mode wie bei Streifzügen durch die Natur einheimische Insekten und Vögel zu fangen, Pflanzen zu herbarisieren und in Steinbrüchen und auf Bergen nach Fossilien zu suchen. Über die Erforschung der Natur in ihrer Gesamtheit, aber auch in ihren kleinsten Teilchen – der Aufschwung der Geognosie belegt dies ebenso wie das ansteigende Interesse an der Entomologie – wollte man aber auch zu einer tieferen Gotteserkenntnis gelangen. Das ›Lesen‹ im Buch der Natur als einem zweiten Medium der Offenbarung neben der Bibel war ein Mittel der Gotteserkenntnis und diente der religiösen Erbauung. Auf der Tagung werden die Verfahrensweisen historischer Akteure der Naturgeschichte, d.h. Naturhistoriker_innen und naturkundliche ‚Laien’ in den Blick genommen. Praktiken der Naturgeschichte sowie die Rolle der Bilder sollen ausführlich beschrieben werden. Ausgehend vom Tun und Handeln der Akteur_innen geht es darum, das ‚Machen‘ von Wissen über Natur und den Zugriff auf Phänomene, die als natürlich gelten, in der Frühen Neuzeit herauszustellen und zu kontextualisieren. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf dem Umgang mit den ‚Dingen‘ des Wissens wie Tieren, Pflanzen, Mineralien, sowie ihrer künstlerischen Darstellung liegen. Insbesondere wird nach deren Ästhetisierung gefragt und den damit einhergehenden Ordnungsvorstellungen von Natur. Auf der interdisziplinären Tagung werden kultur-, wissens- und kunsthistorische Beiträge zur Geschichte der Naturgeschichte in ein produktives Gespräch gebracht. Ein interdisziplinärer Ansatz trägt dem historischen Umstand Rechnung, dass die Erforschung der Natur in der Frühen Neuzeit in einer inhaltlichen Gemengelage stattfand, fernab jedweder moderner disziplinärer Grenzziehungen. Praktiziert wurde die Naturgeschichte vor allem über Netzwerke und den Austausch von Briefen, Texten, Naturalien und Bildern. Letzteren kommt eine besondere Stellung zu. Bilder exotischer Tiere und Pflanzen stellten oftmals die einzige Möglichkeit dar, fremde Naturwelten, die im Zuge der europäischen Expansion ‚entdeckt‘ wurden, zu erfahren und zu studieren. Die frühneuzeitliche Naturkunde besaß einen hohen künstlerischen Anspruch, Natur ‚wahrheitsgemäß‘ abzubilden. Gleichzeitig wurden Naturobjekte oder -phänomene in einem hohen Maße ästhetisiert. Eröffnet wird die Tagung am 11. Juni 2015 um 18 Uhr mit einem Podiumsgespräch. Frank Fehrenbach, Karin Leonhard, Franz Mauelshagen und Anne-Charlott Trepp werden unsere Gäste sein.