Sorgerechtsentzug und Fremdplatzierung_mm2

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Sorgerechtsentzug und
Fremdplatzierung
Nicole
Ader
&
Insa
Schulze
1. Gewalt in der Familie
Studie Schall/Schirrmacher 1995

das Risiko Opfer einer Gewalttat zu werden,
ist innerhalb des sozialen Nahraums mit
Abstand am höchsten

sexuelle und körperliche Kindesmisshandlung
und Vernachlässigung stellen die gravierendsten
Missstände in der Erziehung dar
1. Gewalt in der Familie
Studie Bussmann 2005

mind. 20% aller Kinder und Jugendlichen haben
während ihrer Erziehung mindestens einmal
schwerste Gewalt durch einen Elternteil erfahren

von derzeit 12,2 Millionen Kindern und
Jugendlichen in Deutschland haben mind. 2
Millionen Misshandlungserfahrungen gemacht
1. Gewalt in der Familie
Artikel 6 Abs. 2 Satz 1 GG

„Pflege und Erziehung der Kinder sind das
natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst
ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung
wacht die staatliche Gemeinschaft.“
1. Gewalt in der Familie
§ 1666 Abs. 1 Satz 1 BGB

„Wird das körperliche, geistige oder seelische
Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet
und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der
Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das
Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die
zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.“
2. Begriffsklärung
a) Sorgerechtsentzug
b) Fremdplatzierung
a) Sorgerechtsentzug

erfolgt gemäß § 1666, 1666 a BGB auf Antrag
des Jugendamtes

nur zulässig, wenn die Gefahr für das Kindeswohl
in der Zukunft liegt
b) Fremdplatzierung
1. Private Fremdbetreuung:

Betreuung erfolgt durch Privatpersonen, außerhalb
der Herkunftsfamilie

benötigt eine Bewilligung der örtlichen
Vormundschaftsbehörde
b) Fremdplatzierung
2. Institutionelle Fremdbetreuung:

Betreuung erfolgt in einer professionellen
Institution

z.B. Großfamilien, Heime, andere Institutionen
3. Wichtige Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor
Gewalttaten und Nachstellungen (GewSchG)

Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG)

Freiwilligengerichtsbarkeitsgesetz (FGG)

Strafgesetzbuch (StGB)
4. Kinder haben ein Recht...

auf Förderung ihrer Entwicklung

auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und
gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit

sich an das Jugendamt zu wenden und beraten
zu lassen
5. teilstationäre und
stationäre Maßnahmen

pädagogische und therapeutische Leistungen

Erziehungsbeistand und Betreuungshelfer

sozialpädagogische Familienhilfe – Familienhelfer

Vollzeitpflege in einer Pflegefamilie

Heimerziehung

vorläufige Inobhutnahme von Kindern und
Jugendlichen
6. Fallbeispiel
Bis zum Zeitpunkt der Trennung der seit Jahren arbeitslosen Eheleute
Mühsam Anfang des Jahres 2003, die die leiblichen Eltern der jetzt
zehnjährigen Mandy sind, wurde das Mädchen sowohl vom Vater als auch
von der Mutter abwechselnd im gemeinsamen Haushalt versorgt.
Der Vater neigte seit Jahren zum Alkoholmissbrauch, der zwei- bis dreimal
jährlich dazu führte, dass er seine Tochter wochenlang wegen seiner
Trunkenheit nicht versorgen und betreuen konnte. In dieser Zeit stabilisierte
sich der Gesundheitszustand der oft depressiven und dann meist über
Monate tagsüber meist bettlägerigen Mutter regelmäßig derart, dass sie die
Pflege
des
Kindes
übernahm
Schulbesuch ihrer Tochter sorgte.
und
auch
für
einen
regelmäßigen
6. Fallbeispiel
Hatte der Vater seinen „Quartalssuff“ im Griff, der meist nach einigen
Wochen zu einer stationären Entgiftung in einer Klinik führte, und war er
als sog. trockener Alkoholiker wieder in der Lage, sich um seine Tochter zu
kümmern, zeigten sich häufig erneut die Depressionen der Mutter, die
dann abermals als Versorgerin des Kindes ausfiel.
Wiederholte Einsätze von Familienhelferinnen führten bei den miteinander
nur wenig kooperationsgeneigten Kindeseltern bisher nicht zu einer
Stärkung der elterlichen Autonomie.
Im Januar 2003 trennte sich schließlich der Vater in einer trockenen Phase
von seiner Ehefrau und nahm Mandy ihrem Willen entsprechend mit in die
neue Zwei-Zimmer-Wohnung, da die Mutter wiederum unter schweren
Depressionen litt.
6. Fallbeispiel
Der Vater reichte die Scheidung ein und beantragte nach § 1671 BGB die
elterliche Sorge für sich allein. Bereits während des Scheidungs- und
Sorgerechtsverfahrens fiel der Vater ein weiteres Mal wegen anhaltender
Trunkenheit als Betreuer und Versorger des Kindes aus. Diesmal klangen
die Depressionen der Mutter zunächst nicht ab und fesselten sie tagsüber
an das Bett, während sie in den späten Nachmittagstunden bzw. frühen
Abendstunden größere Aktivitäten entfalten konnte.
Das Jugendamt stellte fest, dass Mandy nur noch unregelmäßig die Schule
besuchte. Darüber hinaus war das Mädchen in einer Art Rollenumkehr
bemüht, beide Elternteile in jeweils ihren Haushalten zu versorgen, für sie
einzukaufen und ihnen den Haushalt zu machen.
6. Fallbeispiel
Deshalb nahm das Jugendamt das Mädchen gemäß § 42 KJHG in Obhut,
da die Eltern keine in Frage kommenden Bekannten und Verwandten
hatten, und beantragte nach erneuten erfolglosen Beratungsangeboten (§
17, 28 KJHG), beiden Kindeseltern die elterliche Sorge – hilfsweise das
Aufenthaltsbestimmungsrecht nach § 1666 BGB – zu entziehen und einem
Vormund bzw. Pfleger zu übertragen. Das Jugendamt brachte das
Mädchen wegen einer seiner Sicht nach akuten Kindesgefährdung
zunächst in den Kindernotdienst. Von dort wurde Mandy in einem
Kinderheim untergebracht.
7. Bearbeitung des Fallbeispiels
Bis zum Zeitpunkt der Trennung:

Eheleute sind seit Jahren arbeitslos

Mandy ist 10 Jahre alt

Depressionen der Mutter

Trunkenheit des Vaters

Mandy wurde sowohl vom Vater als auch von der
Mutter abwechselnd im gemeinsamen Haushalt
versorgt
7. Bearbeitung des Fallbeispiels
Zeitpunkt der Scheidung:

Einreichung der Scheidung und Antrag auf alleinige elterliche
Sorge (§ 1671 BGB)

Ausfall des Vaters als Betreuer und Versorger wegen
anhaltender Trunkenheit

anhaltende Depressionen der Mutter

unregelmäßiger Schulbesuch

Rollenumkehr  Mandy kümmerte sich um den Haushalt beider
Eltern und kaufte ein
7. Bearbeitung des Fallbeispiels
Weitere Verfahrensweise:

JA und FamG muss Eltern motivieren, sich in ärztliche
Behandlung zu begeben

Mutter:

Psychotherapie oder Langzeitbehandlung mit
Psychopharmaka

Vater:

stationären Alkoholentzug  Langzeitbehandlung in
einer Therapie- oder Selbsthilfegruppe
7. Bearbeitung des Fallbeispiels

Mandy:

Kurzzeitpflege, da in Frage kommende Bekannte und
Verwandte nicht vorhanden sind

ambulante Hilfen, um erneute Fremdunterbringung zu
vermeiden

Gericht:

Verfahrenspfleger § 50 FGG
7. Bearbeitung des Fallbeispiels

Gesetzeslage vor einer Fremdplatzierung:

Angebot zur Förderung der Erziehung

Angebot zur Förderung von Kindern in
Tageseinrichtungen und in Tagespflege

Hilfe zur Erziehung
7. Bearbeitung des Fallbeispiels

Beratung dient der:

Verwirklichung eines partnerschaftlichen
Familienmodells

Konfliktbewältigung

Sicherung der Kontinuität
7. Bearbeitung des Fallbeispiels
Tagespflege:

wird im Haushalt der Eltern durchgeführt

Ziel: bessere Koordination der Aufgaben in der Familie und
Erwerbstätigkeit

keine Hilfe zur Erziehung  familienergänzende Maßnahme
7. Bearbeitung des Fallbeispiels
Sozialpädagogische Familienhilfe:

pädagogische Dienstleistung

Ziel: Stärkung der Selbsthilfekompetenz

ambulante Hilfe, die sich auf die gesamte Familie erstreckt

Voraussetzung: Mitarbeit aller Familienmitglieder
7. Bearbeitung des Fallbeispiels
Inobhutnahme des Kindes:

vorläufige Maßnahme der Unterbringung

Beratung und Unterstützung gemäß § 42 KJHG

dient der Behebung einer akuten Gefährdung des
Kindeswohls
8. Unterbringung in einer
Pflegefamilie
Ergänzungsfamilie
Ersatzfamilie
= Die Gesamtheit aller
= Der Kontakt zur
Bindungen des Kindes sind
Herkunftsfamilie wird
von Bedeutung. Zur
aufgrund der schlechten
Pflegefamilie sowie zur
Erfahrungen abgebrochen
Herkunftsfamilie um
um die entstehenden
Entwicklungshemmungen
Bindungen nicht negativ zu
zu vermeiden
beeinflussen.
9. Beendigung der Pflegezeit

30-40% durch Formale Gründe

weitere 30-40% Rückkehr in die Herkunftsfamilie

20% durch Abbruch des Verhältnisses
10. Rückführung in die
Herkunftsfamilie

ist nur innerhalb eines die kindliche Zeitperspektive
erfassenden Zeitrahmen möglich  das Kind soll nicht
erneut entwurzelt werden

je jünger das Kind ist, desto kürzer ist der Zeitraum der
Kurzzeit Pflege

Rückführung muss angemessen vorbereitet werden 
geschieht oftmals nicht  jedes 3.-4. Kind wechselt
mehrmals die Familie
11.Heimunterbringung

Ende 1997 wurden 59.856 Kinder in einem Heim,
Wohngemeinschaften oder in einer eigenen Wohnung
betreut

91% Heimunterbringung;

7,5% Wohngemeinschaft;

1,3% eigene Wohnung

meistens ältere Kinder/Jugendlichen befinden sich in
Heimen
12. Heimunterbringung

soll gemessen am Alter und Entwicklungsstand die
Persönlichkeitsentwicklung und die Selbstständigkeit des
jungen Menschen fördern, um diese auf das weitere Leben
vorzubereiten

stellt nicht einen geeigneten Lebensort für Kinder dar,
aufgrund der fehlenden Betreuung und Unterstützung

aus diesen Gründen und Kosten hat die Unterbringung von
Jugendlichen in Pflegefamilien immer Vorrang vor der
Unterbringung in Heimen
13. Adoption
Die Annehmenden:

meist kinderlose Paare

können sich auf das „Elternwerden“ nicht angemessen
vorbereiten
Die Abgebenden:

oft alleinerziehende Mütter; der Vater bleibt meist unbekannt

1978 einzige umfassende und repräsentative Studie
veröffentlicht
13. Adoption
Alter der Mütter

11% der Abgebenden Mütter sind unter 20 Jahren

37,4% zwischen 20 und 26Jahren

21,5% zwischen 26 und 30Jahren

27,5% über 30Jahren

4,3% keine Angabe
13. Adoption
Beruflicher Werdegang

47,7% der Mütter hatten keine Berufsausbildung

12,3% waren angelernt worden

26,3% hatten eine Lehre abgeschlossen

8,1% hatten eine Fachschule besucht

1,0% hatten eine Fachhochschule oder Universität besucht

5,0% machten keine Angabe
14. Ablauf einer Adoption
1. Eignungsverfahren der „Adoptiveltern“
2. Adoptionspflege nach spätestens einem Jahr:
3. Gericht holt Stellungnahme von Vermittlungsstelle
4. Anhörung des Kindes vor Gericht
5. Annahme oder Ablehnung des Gerichts
Quellen

Balloff, R., 2004: Kinder vor dem Familiengericht.
München/Basel

Deegener, G./Körner, 2005: Kindesmisshandlung und
Vernachlässigung. Ein Handbuch. Göttingen u. a.

Ecarius, J., 2007: Handbuch Familie. Wiesbaden.

Peuckert, R., 72008: Familienformen im sozialen Wandel.
Wiesbaden.

www.gesetze -im-internet.de (Juli 2007)
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