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Aufbau der Großhirnrinde
Der Kortex lässt sich in motorischen, sensorischen und
Assoziationskortex einteilen. Sensorischer und motorischer
Kortex nehmen im Vergleich zum Assoziationskortex nur einen
kleinen Teil der Kortexoberfläche ein.
Wir unterscheiden:
die primär sensorischen Kortexareale, die ausschließ
lich auf eine Sinnesmodalität reagieren;
die primär motorischen Kortexareale, die direkt die
Willkürmotorik steuern;
die sekundären (oder auch unimodalen) sensorischen
bzw. motorischen Kortexareale, meist in der Umgebung der
primären Kortexareale liegen
die (polymodalen) Assoziationskortizes, die mit höheren
kognitiven, motorischen und emotionalen Funktionen befasst
sind
Der phylogenetische und ontogenetische Zuwachs an Hirnrinde
beim Menschen ist primär auf die enorme Ausdehnung der
polymodalen Assoziationsfelder zurückzuführen.
Kortexschichten
Der Kortex ist in sechs Schichten aufgebaut. Neuronal unterscheidet man zwei
Hauptzelltypen: Pyramiden-und Sternzellen
Neurone des Kortex:
2 Haupttypen-die erregende (exzitatorische) Pyramiden (80%)- und die
überwiegend hemmende (inhibitorische) Sternzellen
Die Kortex Schichten:
-Die spezifischen Eingänge aus den Sinnessystemen gelangen über die
thalamischen Fasern in die Schichten III, IV und V, in denen die Zellkörper
der Pyramidenzellen liegen. Assoziationsfasern, Kommissurenfasern und
unspezifische thalamische Fasern führen an die Dendriten von den
Schichten I und II. Die Schichten I-V empfangen primäre Afferenzen
-Die Schichten V und VI sind dagegen Ausgangsschichten (Efferenzen)
Überträgersubstanzen:
Die Pyramidenzellen benutzen als Überträgersubstanz (Transmitter) meist
eine erregende Aminosäure, vor allem Glutamat.
Obwohl die meisten Sternzellen hemmende Transmitter, gammaAminobuttersäure (GABA) ausschütten, enthalten einige der erregenden
Sternzellen Neuropeptide (CCK, VIP). Viele der afferenten Fasern benutzen
die Monoamine Noradrenalin und Dopamin, andere Acetylcholin, Serotonin
und Histamin. NO (Stickoxid) spielt eine Rolle bei der anhaltenden
Aktivierung von Zellensembles
Die biologischen Grundlagen I.
Die Neuropsychologie
Analysiert die Interaktion von
Gehirn und Verhalten
Descartes -Leib-Seele-Problem
Läsionsstudien
Die bildgebenden Verfahren-Positronen-Emissions-Tomographie (PET)
funktionale Magnetresonanztomographie (fMRT),
Elektroenzephalogramm (EEG),
Der Vorteil von PET und fMRI liegt in der guten räumlichen Auflösung.
Gleichzeitig ist die zeitliche Auflösung schlecht. Das EEG liefert gute
zeitliche Auflösung, aber kaum räumliche Informationen
Repräsentationen psychischer Funktionen im Gehirn
Hirnstamm
Zerebellum
Basalganglien, limbisches System, Hypothalamus
Die emotionale Bewertung von Information findet in der Amygdala
statt. Der Hippocampus spielt dagegen eine zentrale Rolle bei der
Einspeicherung neuer Gedächtnisinhalte
Die biologischen Grundlagen II.
Neokortex
Der Frontallappen (Stirnlappen),-Broca-Areal
Die zentrale Rolle des Frontallappens liegt in
der Planung und Steuerung von Verhalten.
Der Temporallappen (Schläfenlappen) -(WernickeAphasie)
Der Temporallappen ist für alle Prozesse
relevant, die mit der Wahrnehmung
auditorischer Information und dem
Langzeitgedächtnis zusammenhängen.
Der Parietallappen (Scheitellappen)
Im Parietallappen liegen die Areale der
sensorischen Repräsentation des Körpers und
steuert gnostische Funktionen
Der Okzipitallappen
Aufgabe der okzipitalen Kortexareale ist die
visuelle Informationsverarbeitung.
Physiologie des Kortex I.
Die Synapsen der Pyramidenzellen sind aktivitätsabhängig modifizierbar
(plastisch). Dies führt zur Bedeutung des Kortex als einem großen
assoziativen Speicher, d. h. dort ist das Wissen niedergelegt, das im
Laufe eines Lebens erworben und beim Denken genutzt wird.
Die kollektive elektrische Aktivität der Kortexneurone kann mithilfe von
Elektroden auf der Kopfhaut registriert werden,die als
Elektroenzephalogramm, EEG, bezeichnet werden.Ihre Frequenzen
liegen zwischen 0-80 Hz und ihre Amplituden in der Größenordnung von
1-100 μV
Mit der Magnetoenzephalographie, MEG, können magnetische Felder
erfasst werden. Diese entstehen durch die elektrische Hirnaktivität.
Das EEG entsteht überwiegend durch extrazelluläre Ströme der
Pyramidenzellen in der Hirnrinde, das MEG resultiert aus intrazellulären
Strömen
-der a-Rhythmus wird durch rhythmisch entladende Schrittmacherzellen
des Thalamus in den Kortex übertragen
-&-Wellen, die nicht wie üblich im Schlaf, sondern bei gespannter
Aufmerksamkeit in vorderen Kortexbereichen auftreten, dürften vom
Hippokampus generiert werden
Die Neurotransmitter und
das Verhalten
Die Neurotransmitter können
je nach dem Ort ihrer Wirkung
und dem Zusammenspiel mit
anderen Neurotransmittern
eine unterschiedliche Wirkung
haben.
Das dopaminerge System, mesolimbische,nigrostriatale,tuberoinfundibulare
Das serotonerge System Schlaf-Wach-Rhythmus Stimmung
Das noradrenerge System –
arousal-, Stimmung
Das Elektroenzephalogramm I
Das Elektroenzephalogramm (EEG) Hans Berger (1929) misst
mit Oberflächenelektroden an standardisierten Ableitpunkten
auf der Kopfhaut die bioelektrische Aktivität bestimmter
Gehirnregionen.
Das Spontan-EEG zeigt die Potenzialschwankungen, die ohne
einen Einfluss von außen im Wachzustand oder im Schlaf zu
messen sind.
Vier Typen von Frequenzbändern nach ihrer dominierenden
Frequenz :
Alpha-Wellen -synchronisiertes EEG.
Beta-Wellen-Alpha-Blockade-EEG- Desynchronisation
Theta-Wellen -und Delta-Wellen
Das EEG-Muster unterscheidet sich
je nach Lebensalter
Das Elektroencephalogramm II
Die evozierten Potenziale (ereigniskorrelierte Potenziale, EKP) sind
Veränderungen der elektrischen Aktivität, die durch ein Reizereignis
hervorgerufen (= evoziert) werden.
nach auslösendem Reiz spricht man:von visuellen-,akustischen-und
somatosensorischen evozierten Potenziale
Contingent Negative Variation" - Bereitschaftspotenzial
P300-Aufmerksamkeitsprozessen
Im Allgemeinen ist eine Negativierung im EEG ein Indikator für eine
kortikale Mobilisierung und eine Positivierung auf eine Deaktivierung hinweist
Physiologie des Kortex II.
PET. Eine analoge Methode, bei der
aus Radioisotopen freigesetzte
Positronen erfasst werden, nennt
man Positron-EmissionsTomographie (PET)
Funktionelle
Magnetresonanztomographie
(fMRT)
Aktive Hirnareale werden durch die
funktionelle Magnetresonanztomographie
(Kernspintomographie), ein örtlich besonders gut auflösendes
bildgebendes Verfahren dargestellt; in diesen Bereichen ist der
Gehalt an oxygenisiertem Blut, das weniger paramagnetisch ist,
besonders hoch
Zerebrale Asymmetrie I.
Die beiden Hemisphären des Neokortex weisen zwar unterschiedliche
Arten von Informationsverarbeitung auf, für Verhalten und Denken ist aber
die Zusammenarbeit der rechten und linken Hemisphäre unerlässlich
Hemisphärenasymmetrien. Menschen mit einseitigen Hirnläsionen, von
Patienten mit durchtrenntem Corpus callosum (Split Brain)
Evolution der zerebralen Asymmetrie
Die zerebrale Asymmetrie entwickelt sich möglicherweise in utero; die
Lateralität von Händigkeit, Sprache und visuell-räumlicher Funktionen
könnte dennoch weitgehend unabhängig voneinander auftreten
Ursache der zerebralen Asymmetrien.
ca. 75 % der Erdbevölkerung anzutreffende Bevorzugung
der rechten Hand hat mit dem aufrechten Gang des
Menschen zu tun
Darwin: die zerebrale Asymmetrie ist eine evolutionäre
der Sprachentwicklung
Die Ausprägung unterschiedlicher Talente könnte
mit der Lateralisierung für bestimmte Verhaltensweisen
zusammenhängen
Vorbedingung
Zerebrale Asymmetrie II.
Geschlechtsunterschiede der Lateralisierung
Gemeinsamer anatomischer Unterschied:
die variablere intrakortikale axonale Kommunikation der linken
Hirnhemisphäre, bedingt durch variablere Myelinisierung der
intrahemisphärischen Verbindungen auf der linken Seite
Die rechte und die linke Hirnhemisphäre unterscheiden sich in
ihrem makro- und mikroanatomischen Aufbau. Bestimmte
Denkmuster und Bewegungsprogramme werden dabei von
einer Hemisphäre bevorzugt:
von der rechten Hemisphäre wird eine auf Ähnlichkeit und
visuell-räumliche Gestalten ausgerichtete
Informationsverarbeitung,
von der linken syntaktisch-sprachliche und sequenziellkausale Verarbeitung praktiziert.
Die Lateralisation und die Hemisphärendominanz
Die Lateralisation von Funktionen wird einerseits von genetischen Faktoren
wie Händigkeit und Geschlecht und andererseits von Faktoren der Umwelt
(z. B. Anregungsgrad, spezielle Anforderungen) beeinflusst.
Dominanz der linken Hemisphäre
Sprache,-Analyse schneller sequenzieller Informationen
Dominanz der rechten Hemisphäre
räumliche Prozesse -Verarbeitung nicht-sprachlicher Informationen mit einer
Spezialisierung auf visuellräumlichen Funktionen
Die neuronale Plastizität
Die Fähigkeit des Gehirns, sich zu reorganisieren und
ausgefallene Funktionen auf verschiedene Weise zu
kompensieren
Die neuronale Plastizität als Grundlage des Lernens
Neubildung von Neuronen,-die Anzahl der Synapsen und
der synaptischen Dornen (Spines) nimmt zu
anregende Umgebung -Deprivation -Hebb-Synapsen
Die neuronale Plastizität und die Regeneration
„Sprouting" - das Aussprossen von Axonkollateralen
Plastizität des Gehirns und Lernen I
Entwicklung und Lernen
Frühe Erfahrungen und Interaktion mit der Umgebung steuern
Wachstum und Verbindung von Nervenzellen
Lernen und Reifung.
Alle Lernprozesse sind Ausdruck der Plastizität des Nervensystems,
aber nicht jeder plastische Prozess bedeutet Lernen.
Reifung- genetisch programmierte Wachstumsprozesse zu
Veränderungen des zentralen Nervensystems führen, die als
unspezifische Voraussetzung für Lernen fungieren.
Inaktivierung und Absterben unbenutzter Neurone.
Durch simultanes Feuern wird nicht nur die Stärke der Verbindung
der kooperierenden Synapsen erhöht, sondern gleichzeitig die der
inaktiven benachbarten Synapsen geschwächt. Durch die simultan
aktiven Synapsen wird aktivitätsabhängig der
Nervenwachstumsfaktor (Nerve Growth Factor, NGF) von den
benachbarten Synapsen »abgezogen«. Bei nicht Vorhandensein des
Nervenwachstumsfaktors oder eines ähnlichen, auf den
postsynaptischen Zellen aktivierten Wachstumsfaktors sterben die
benachbarten nicht-aktiven Zellen ab (»pruning«).
Plastizität des Gehirns und Lernen II
Hebb-Synapsen (Donald Hebb)
Die Hebb-Regel stellt die neurophysiologische
Grundlage der Bildung von Assoziationen dar.
Hebb-Synapsen haben die Eigenheit, bei
simultaner Erregung ihre Verbindung zu
verstärken
Die Aktivation und das Bewusstsein
Aktivierung oder „Arousal" meint eine allgemeine Funktionsanregung des
Organismus mit dem Ziel der Handlungsvorbereitung.
Indikatoren:
erhöhte Aktivität des aufsteigenden retikulären Aktivierungssystems (ARAS),
erhöhte Sympathikusaktivität
Je höher die Frequenzen des EEGs, desto höher der Grad des
Bewusstseins.
Die Aktivierung und die Leistung -Yerkes-Dodson-Gesetz – umgekehrte UForm Die umgekehrte U-Form wird je nach Schwierigkeitsgrad der Aufgabe
verzerrt
Die Orientierungsreaktion und die Aktivierung
Orientierungsreaktion verändert das Aktivierungsniveau des gesamten
Organismus und versetzt ihn so in die Lage, Reize, die für ihn bedeutsam
sein könnten, zu erfassen und auf sie reagieren zu können.
Die Orientierungsreaktion richtet die Aufmerksamkeit auf Reize, die neu und
unerwartet sind.
Die Habituation und Defensivreaktion
Habituation oder Gewöhnung.
Defensivreaktion hat eine Abwendung vom schädigenden Reiz (Flucht) oder
ein Abwenden der Bedrohung (Angriff) zum Ziel.
Neurobiologie der Aufmerksamkeit
Formen der Aufmerksamkeit:
Automatisierte (nicht-bewusste) Aufmerksamkeit findet im sensorischen
Gedächtnis und im Langzeitgedächtnis statt. Die Reaktion auf einen
Reiz erfolgt automatisch, wenn der ankommende Reiz in ein gespeichertes
Reiz-Reaktionsmuster passt
Kontrollierte (bewusste) Aufmerksamkeit spielt sich im limitierten
Kapazitätskontrollsystem(LCCS) ab. Diese Form der Aufmerksamkeit tritt
nur nach neuen, nicht eindeutigen oder biologisch bedeutsamen Reizen und
vor Willenshandlungen in Aktion und führt zu einer Begrenzung
der Reizverarbeitung und Reaktionsausführung.
Kortikale Mechanismen
Der bewussten Aufmerksamkeit liegt die synchrone Depolarisation der
apikalen Dendriten des Neokortex zugrunde. Diese tritt als Folge der
Aktivierung eines ausgedehnten neuronalen Netzwerks, einschließlich
präfrontaler und assoziativer Kortexareale.
Die Aufzeichnung langsamer Hirnpotentiale (Negativierung bei
Aufmerksamkeitsmobilisierung), ereigniskorrelierter Potentiale (zum
Erfassen des Zeitablaufs) und der lokalen Hirndurchblutung erlauben die
Aufzeichnung dieser Vorgänge beim Menschen.
Subkortikale Aktivierungssysteme I.
Retikulärformation
Die Retikulärformation stellt
die anatomische und
physiologische Basis des
Wachbewusstseins dar
Abtrennung des Hirnstamms
vom Zwischenhirn (Cerveau
isole (isoliertes Vorderhirn)Durchtrennung der Medulla
oblongata (Encephale isole,
isoliertes Hirn)
Subkortikale Aktivierungssysteme II.
Aktivierungssysteme
Ein anatomisch und neurochemisch heterogenes System des
medialen Hirnstamms ist für die Steuerung tonischer (länger
anhaltender) Wachheit verantwortlich. Dieses System ist die
Retikulärformation des Mittelhirns.
Die dienzephalen Ausläufer der Retikulärformation, vor allem
der Nucleus reticularis thalami und Teile der Basalganglien sind
mit selektiven Aufmerksamkeitsprozessen befasst.
Präfrontaler und parietaler Kortex und Gyrus cinguli sind die
obersten Entscheidungsinstanzen für die Auswahl biologisch
bedeutsamer und für die Hemmung irrelevanter Information
(Top-down-Aufmerksamkeit)
Neurochemie des Bewusstseins
Monoaminerge, glutamaterge und cholinerge Systeme des
Hirnstamms modulieren dieTätigkeit vieler Hirnregionen und
des Rückenmarks
Formen von Lernen und Gedächtnis I.
Nicht-assoziatives Lernen
Habituation (Gewöhnung) und Sensitivierung sind die einfachsten Formen
von (nicht-assoziativem) Lernen
Associatives Lernen
Lernen durch Konditionierung
Bei der klassischen Konditionierung wird ein neutraler Reiz mit einem vital
bedeutsamen Reiz assoziiert; bei der operanten Konditionierung wird ein zu
lernendes Verhalten verstärkt bzw. gehemmt
Prägung ist eine spezielle Form von assoziativem Lernen. Sie beruht auf
einer angeborenen Sensibilität für bestimmte Reiz-Reaktions-Verkettungen
in einem bestimmten Abschnitt der Entwicklung eines Lebewesens. (Konrad
Lorenz)
Formen von Lernen und Gedächtnis II.
Lernen durch Biofeedback
Durch assoziative Lernvorgänge können autonome und
zentralnervöse Vorgänge verändert werden. Operantes Lernen
von physiologischen Reaktionen wurde zu einer wichtigen
Behandlungsmethode
Der fundamentale Mechanismus, der allem Lernen zugrunde liegt,
ist die Assoziation.
Beim klassischen Konditionieren wird die Assoziation über
zeitlich simultan auftretende Reize erworben (Kontiguität).
Beim instrumentellen Konditionieren erfolgt die Assoziation
über Kontiguität und die Verursachung einer Konsequenz nach
einer Verhaltensweise (Kontingenz).
Deklaratives und Prozedurales Gedächtnis
Zwei Gedächtnissysteme werden unterschieden: Das prozedurale (Verhaltens-)
Gedächtnis und das deklarative (Wissens-) Gedächtnis oder implizites und
explizites Gedächtnis
Das Verhaltensgedächtnis wird auch implizites Lernen und Gedächtnis
genannt. Implizit, d. h. auch ohne Beteiligung des Bewusstseins, werden
Verhaltensweisen erworben und wiedergeben.
Das Wissensgedächtnis bezeichnet man auch als explizites Lernen und
Gedächtnis. Zum Erwerb und zur Wiedergabe von Wissen und Ereignissen
braucht man meist expliziten, bewussten Zugriff zum Gedächtnismaterial.
Sensorisches Gedächtnis-Die sehr kurze, nichtbewusste Speicherung aller
ankommenden Information erfolgt durch das sensorische Gedächtnis
Kognitives Lernen
Das Wissensgedächtnis ist für die Speicherung von Episoden und Wissen
zuständig; man unterteilt es grob in Kurz- und Langzeitgedächtnis
Einfluss der Umgebung I.
Lernen und Erfahrung sind auf Reize aus der Umgebung
angewiesen und führen zu verschiedenen strukturellen
Änderungen, vor allem an kortikalen Dendriten
Ort und Art des Lernens: die apikalen dendritischen Synapsen
und Spines können als ein wesentlicher Ort des Lernens
betrachtet werden.
Kortikale Karten
Durch Lernprozesse kommt es zur Ausbreitung oder
Reduktion kortikaler Repräsentationen und Karten
Phantomempfindungen und -schmerzen
Einfluss der Umgebung II.
Lernprozess
Für einen erfolgreichen Lernprozess sind verschiedene
Parameter notwendig:
Genetisch bestimmte Reifung des Nervensystems,
Ausbildung spezifischer synaptischer Verbindungen unter dem
Einfluss von Umwelteinflüssen,
Abbau »überflüssiger« synaptischer Verbindungen (Pruning)
unter dem Einfluss von Umwelteinflüssen.
Da eine stimulierende Umgebung die Voraussetzung für die
Modifikation der synaptischen Verbindungen darstellt, gelingt
diese in anregender Umgebung besser als in verarmter.
Neuronale Grundlagen Die makroskopischen und
mikroskopischen Veränderungen des Gehirns durch Lernen
folgen der Hebb-Regel: gleichzeitige Aktivierung einer Zelle
verstärkt die mitbeteiligte Synapsen und die benachbarten,
nicht aktivierten Synapsen werden gleichzeitig abgeschwächt.
Proteinbiosynthese und Langzeitgedächtnis I.
Konsolidierung und Langzeitgedächtnis sind mit Änderungen
der Genexpression und Proteinsynthese verbunden
Gedächtnisinhalte haben immer in neuronalen Netzen oder
Assemblies ihre Entsprechung und sind nicht auf molekulare
Kaskaden reduzierbar
Proteinexpression
Die Expression neuer Proteine nach simultaner Erregung
hängt von der Aktivierung von cAMP-Reaktions-ElementBindungsproteinen (CREB) ab
Second Messengers, welche durch die
anhaltende Erregung oder Hemmung der postsynaptischen
Zelle synthetisiert werden, regen über die RNA-Synthese die
Expression von Proteinen an.
Proteinbiosynthese und Langzeitgedächtnis II.
Molekulare Lernprozesse: Kurzzeitgedächtnis
Einfache Assoziationsbildungen entstehen durch eine Verstärkung
der synaptischen Verbindungen zwischen denjenigen sensorischen
Neuronen, die konditionalen (CS) und unkonditionalen (US) Reiz an
die efferenten Neurone leiten. Die Gleichzeitigkeit der beiden
ankommenden Erregungen löst eine Kaskade intrazellulärer
Vorgänge aus, die zu verstärkter Ca2+-Konzentration und erhöhter
Transmitterausschüttung führen.
Langzeitgedächtnis: Für die Überführung der einmal gelernten
Information ins Langzeitgedächtnis wird Langzeitpotenzierung im
Hippokampus und Kortex verantwortlich gemacht. Die abschließende
Fixierung der Information im Langzeitgedächtnis erfolgt schließlich
durch Anregung oder Hemmung der vom genetischen Apparat
gesteuerten Synthesen von Kanalproteinen der Zellmembran. Die
Bildung von Langzeit-Gedächtnisspuren hängt von der Synthese
neuer Proteine ab, welche die Erregbarkeit der postsynaptischen
Zellmembran dauerhaft modifizieren. Durch die Neustrukturierung der
postsynaptischen Membran wird eine dauerhafte Modifikation der
Erregbarkeit dieser Zelle in einem Zellensemble erreicht und die
Entladungswahrscheinlichkeit und Oszillation eines spezifischen
Zellensembles verändert.
Neuropsychologie von Lernen und Gedächtnis I.
Lernen von Fakten und Ereignissen
Das Gedächtnissystem des medialen Temporallappens ist für die
Herstellung von assoziativen Verbindungen bei deklarativem (explizitem)
Lernen verantwortlich
Deklaratives Lernen ist von der Intaktheit des Hippokampus, des
entorhinalen Kortex und der darüberliegenden perirhinalen und
parahippocampalen Kortizes abhängig
Kontextlernen: Das hippokampale System verbindet im Kortex isolierte
Gedächtnisinhalte zu einem größeren Kontext
Lernen von Fertigkeiten:Prozedurales (implizites) Lernen ist von der
Funktionstüchtigkeit motorischer Systeme und der Basalganglien abhängig
Neuropsychologie von Lernen und Gedächtnis II.
Neurobiologische Grundlagen
Deklaratives Lernen: Die bewusste Speicherung und das
Abrufen von Wissen benötigt das mediale Temporalsystem und
den Hippokampus.
Implizietes Lernen: Klassische Konditionierung und der
Erwerb von Fertigkeiten ist auf die Intaktheit der beteiligten
sensomotorischen Systeme und der Basalganglien
angewiesen.
Neuropsychologie von Gedächtnis
Anterograde Amnesien treten nach der beidseitigen
Entfernung oder Zerstörung des medialen Temporallappens
und der darunter liegenden Strukturen wie Hippokampus und
Teilen des limbischen Systems auf. Die Patienten können
keinerlei neue explizite Informationen behalten und
wiedergeben, lernen aber durchaus motorische und kognitive
Fertigkeiten implizit neu.
Retrograde Amnesie: Die Patienten können Ereignisse, die
vor einer Hirnschädigung liegen nicht erinnern.
Sprachentwicklung
Sprache hat sich vermutlich im Laufe der Evolution des
Menschen aus dem Gebrauch von (nicht mehr ausreichender)
Gestik entwickelt
Koppelung von Sprachentwicklung und Werkzeuggebrauch in
der Entwicklung des Kindes
Sprachkortizes
Aphasien und Lokalisation:
präfrontale „motorische Sprachregion” Broca-Region
(Brodmann Areae 44 und 45),
postzentrale „sensorische” Wernicke-Region (Area 22),
perisylvischer Kortex (gyrus angularis, supramarginalis)
Die Broca- und Wernicke-Regionen sind nicht auf motorische
bzw. sensorische Sprachfunktionen beschränkt; auch
rechtshemisphärische Prozesse sind an der sprachverarbeitung
beteiligt
Klinisch häufige Aphasieformen I
Beim Aphasiker sind in der Regel alle sprachlichen
Modalitäten von der Störung betroffen (Sprachproduktion,
Sprachverständnis, Nachsprechen, Schreiben, Lesen etc.).
Selektive organische Sprachstörungen, die nur eine
Modalität betreffen, sind selten. Alle Aphasien beinhalten
also Störungen des Benennens von Objekten, der
Produktion und des Verständisses von Sätzen, sowie des
Lesens (Alexie) und Schreibens (Agraphie). Bei
umschriebenen Läsionsorten im Gehirn können eine Reihe
aphasischer Syndrome durch ihre jeweils charakteristischen
Symptome voneinander abgegrenzt werden:
Broca-Aphasie: Sprachproduktionsprobleme stehen im
Vordergrund. Artikulationen erfolgen meist sehr mühevoll
und ohne Prosodie. Wörter sind phonematisch entstellt. In
komplexen Sätzen fehlen häufig die grammatikalischen
Funktionswörter. Das Verständnis vieler Satztypen (z.B.
Passivsätze) ist oft nicht möglich. Probleme beim
Nachsprechen von Sätzen treten auf. Organische
Grundlage: Schädigung der Broca-Region und
angrenzender Gebiete.
Klinisch häufige Aphasieformen II.
Wernicke Aphasie: Sprachproduktion ist zwar
»flüssig«, jedoch oft unverständlich. Viele
Wörter sind phonematisch entstellt, sodass
noch verständliche phonematische Paraphasien
(z.B. »Spille« statt »Spinne«) oder ganz
unverständliche Neologismen auftreten. Oft
werden Wörter durch bedeutungsverwandte
ersetzt (semantische Paraphasien). Das
Sprachverständnisdefizit ist sehr ausgeprägt. Das
Verständnis einzelner Wörter gelingt häufig nicht. Das
Nachsprechen von Wörtern und Sätzen ist beeinträchtigt.
Organische Grundlage: Schädigung der WernickeRegion und angrenzender Gebiete.
Globale Aphasie: Schwerste Sprachproduktionsstörung, bei
der oft nur noch stereotype Silben oder Wortfolgen
geäußert werden können.
Ebenso stark ausgeprägtes Defizit im Sprachverständnis
und im Nachsprechen. Organische Grundlage:
Schädigung der gesamten perisylvischen Region.
Klinisch häufige Aphasieformen III.
Amnestische Aphasie: Leichte Sprachstörung, bei der
semantische Paraphasien auffallen und Benennstörungen im
Vordergrund stehen. Probleme treten vor allem mit
bedeutungstragenden Inhaltswörtern auf. Das
Sprachverständnisdefzit ist schwach ausgeprägt. Organische
Grundlage: Schädigung des Gyrus angularis oder anderer
Areale, die dem linken perisylvischen Kortex eng benachbart
sind. Gelegentlich führt bei Rechtshändern Schädigung der
rechten Hemisphäre zu amnestischer Aphasie (»gekreuzte
Aphasie«).
Aphasien treten auch bei subkortikalen Läsionen in der weißen
Substanz, in den Basalganglien oder im Thalamus auf. Diese
subkortikalen Aphasien mit einem anfänglichen Mutismus
bilden sich in der Regel rasch zurück
Neuronale Grundlagen von Sprache. Beim Menschen sind
syntaktische Regeln und Funktionswörter primär links in der
perisylvischen Region lokalisierbar (sprachdominante
Hemisphäre). Sprachverständnis, vor allem von Inhaltswörtern
findet sich aber auch rechts.
Die Assoziationsareale des Neokortex:
Höhere geistige Funktionen I
Assoziationsareale sind Rindenfelder, die keine
eindeutigen sensorischen, sensiblen oder
motorischen Funktionen aufweisen,
sondern das Zusammenwirken zwischen den
einzelnen Sinnessystemen und den
motorischen
Arealen integrieren (»assoziieren«).
Exekutive Funktionen
Der präfrontale Assoziationskortex ist für die
zielorientierte, exekutive Planung des
Verhaltens und das Arbeitsgedächtnis wichtig
Evolution des präfrontalen Kortex- »spezifisch
menschlichen« Eigenschaften
Das Ausüben von Selbstkontrolle ist eine beim
Menschen am weitesten fortgeschrittene
Funktion, die an präfrontale Hirnregionen
gebunden ist
Läsion der Integrationsleistung –
»pseudopsychopathisches« Zustandsbild –
fehlende Empathie - Schizophrenie
Die Assoziationsareale des Neokortex: Höhere
geistige Funktionen II
Perzeptive Funktionen
Der parietale Assoziationskortex ist mit der Steuerung komplexer,
sensorischer Reizverarbeitung, der visuellen Aufmerksamkeit, mit
Handlungsplanung und mit räumlichen Funktionen befasst
Läsionen des Parietallappens
Kontralateraler Neglekt
Agnosien (»Seelenblindheit«) Taktile oder visuelle Agnosie
Prosopagnosie bedeutet das Nichterkennen von Gesichtern.
Der parietale Assoziationskortex ist mit der Steuerung sensorischer
Reizverarbeitung (optisch, taktil, akustisch, vestibulär) befasst. Die
parietalen Felder ermöglichen Aufmerksamkeit und Lokalisierung (»Wo«?)
sensorischer Reizquellen.
Der Temporalkortex ist dabei in seinem unteren Abschnitt mit Erkennen und
Bedeutungsanalyse vor allem visueller Reize (bei Ausfall Agnosie), in
seinem medialen Teil mit explizitem Gedächtnis und superior mit
akustischen Funktionen und Sprache verbunden.
Der anteriore Pol und Amygdala dienen höheren emotional-sozialen
Funktionen.
Emotionen als physiologische Anpassungsreaktionen
Psychische Kräfte und psychische Funktionen
Das Auftreten, die Intensität und die Richtung psychischer Funktionen
(Denken, Wahrnehmung, Lernen) wird durch Motivation (Trieb) und
Emotionen bestimmt. Verhaltensweisen werden durch positive oder negative
Verstärker gefördert oder unterdrückt.
Motivationen sind Antriebszustände (psychische Kräfte), die von zentralen
Erregungsschwellen im Gehirn abhängen und die Wahrscheinlichkeit
bestimmter Verhaltensweisen erhöhen oder senken. Sie werden auch als
Triebe bezeichnet und sind im Gehirn entweder homöostatisch oder
nichthomöostatisch organisiert.
Emotionen sind kurzzeitige vom Gehirn organisierte Reaktionen (psychische
Kräfte), die alle Verhaltensweisen mitbestimmen; sie bestehen aus subjektiv
benennbaren Gefühlen und vegetativen, neuroendokrinen und
somatomotorischen Reaktionen.
Die sechs verschiedenen Basisemotionen (primär): Angst, Furcht, Trauer,
Abscheu, Freude und Überraschung können psychophysiologisch
unterschieden werden. Sie sind durch die parallel ablaufenden subjektiven
Gefühle, motorischen Reaktionen und vegetativen Reaktionen
charakterisiert.
Die Emotionen regulieren Anpassungen des Verhaltens bei wechselnden
Umweltkonstellationen, Annäherungs- und Vermeidungsverhalten und
lenken Entscheidungen (auch im sozialen Kontext).
Die zentralen Repräsentationen der Emotionen
Emotionen (Gefühle, motorische, vegetative und neuroendokrine
Reaktionen) sind in bestimmten Großhirnarealen (Cingulum
anterior et posterior, Insula, präfrontalen Kortexarealen),
Amygdala, Hypothalamus und Hirnstamm repräsentiert. Für
jede Emotion ist diese Repräsentation spezifisch. Die zentralen
Repräsentationen erhalten kontinuierliche afferente
Rückmeldungen aus den Körpergeweben.
Furchtverhalten
Bestimmte Kerngebiete der Amygdala steuern über afferente
Verbindungen von Thalamus und Kortexarealen und efferente
Verbindungen zu Hypothalamus und oberem Hirnstamm die
Emotion Furcht.
Störungen der neuronalen Regulation von Emotionen führen zu
psychopathologischen Veränderungen und/oder somatischen
Erkrankungen.
Die Emotionen Freude und Sucht
Positive Verstärkung im Gehirn
Belohnungssysteme im Hirnstamm und im limbischen System erzeugen
Gefühle der Freude und sind für positive Verstärkung wichtig Nach J. Olds
positives Verstärkungssystem genannt
Mesolimbisches Dopaminsystem
Dopamin des mesolimbischen Dopaminsystems
wirkt als universelles positives Antriebsignal vor
allem im Nucleus accumbens
Dopaminagonisten wie Amphetamin und Kokain (beides süchtig machende
Substanzen) fördern die positive Verstärkung. Opiate stimulieren indirekt die
dopaminergen Neurone im ventralen Tegmentumdes Mittelhirns,aber auch
Neurone in Nucleus accumbens, lateralem Hypothalamus, Pallidum und
periaquäduktalem Grau.Auch das noradrenerge System hat bei Reizung
meist positiv verstärkende Effekte.
Dopaminantagonisten, wie z. B. Neuroleptika, hemmen die positive
Verstärkung und führen zu Anhedonie (»Lustlosigkeit«)
Negative Verstärkersysteme I.
Hirnregionen, deren Reizung zu Aversion und Vermeidung
führen, werden als negative Verstärkersysteme
(Bestrafungssysteme) bezeichnet. Ihre neuronalen Strukturen
sind weniger gut lokalisiert, da sie mit den zentralen Systemen
zur endogenen Kontrolle von Schmerzen (Opioid und nicht
Opioid, und den Regionen, die Sättigung und Ekel auslösen,
überlappen. Sie befinden sich wahrscheinlich periventrikulär im
Mesenzephalon. Eine relativ einheitliche anatomische und
neurochemische zentralnervöse Struktur, wie wir sie für positive
Verstärkung finden, scheint nicht zu existieren.
Negative Verstärkersysteme II..
Pharmaka und negative Verstärkersysteme. Die negativen
Verstärkersysteme hemmen die mesolimbischen positiven
Verstärkersysteme. Transmitter in dem (dem positiven System
benachbart gelegenen) negativen periventrikulären System sind
Serotonin (5-HT), Cho-lezystokinin, Substanz P und andere an Sättigung
und Schmerz beteiligte Neuromodulatoren. Sie haben viele Funktionen
und sind nicht spezifisch für Aversion und Bestrafung. Dennoch
beeinflussen viele Substanzen über das serotonerge System unser
Verhalten:
Antidepressiva verbessern die Stimmung durch Hemmung der
Wiederaufnahme von 5-HT in die 5-HT-Neurone.
Ecstasy (3,4-Methylendioxymethamphetamin) stimuliert den 5-HT2Rezeptor und verbessert Stimmung und Antrieb.
Kokain hemmt sowohl die Wiederaufnahme von Dopamin wie auch
Serotonin und stimuliert somit beide Systeme.
Halluzinogene wie LSD (Lysergsäurediaethylamid) und Psilocybin
stimulieren den 5-HT2-Rezeptor. Sie erzeugen außer Hallizunationen
auch negative Gefühle (Panik, Paranoia).
Herabgesetzte Verfügbarkeit von Serotonin am Rezeptor ist häufig mit
gesteigerter Aggression und Autoaggression korreliert.
Sucht
Suchtverhalten ist eine extreme Form positiv motivierten
Verhaltens; es unterscheidet sich quantitativ von der positiven
Motivation durch verstärkte Aversionssymptome bei Entzug
und, je nach Sucht, durch Entwicklung von Toleranz
Suchtentstehung.
Erfolgt die Aktivierung des Verstärkungssystems nicht mehr
durch physiologische Reize, sondern werden Neurone des
positiven Antrieb erzeugenden Systems direkt (chemisch)
gereizt, kann, wenn die zeitlichen Abstände zwischen diesen
Aktivierungen kurz sind, Sucht entstehen.
Rolle der Umwelt.
Sucht kann in ihren biologischen Grundlagen ohne
Berücksichtigung der Umgebung, in der sie entsteht und
aufrecht erhalten wird, nicht verstanden werden. Die
biologischen Mechanismen, die einer Sucht zugrunde liegen,
werden nur in ganz bestimmten Umgebungsbedingungen und
nur bei umschriebenen Konsequenzen in dieser Umgebung
(z.B. unter Stress) aktiviert.
Sucht und mesolimbisches Dopaminsystem I.
Die neuronale Grundlage der Sucht liegt in der Förderung der
synaptischen Übertragung im mesolimbischen Dopaminsystem
Während das Verlangen (die Suche) nach der Droge
kontinuierlich ansteigt (die Sucht im engeren Sinne!), nimmt
gleichzeitig die erzeugte Euphorie (Suchtbefriedigung) ab.
Beiden Verhaltensweisen liegen unterschiedliche Mechanismen
zugrunde.Die Aktivität im Nucleus accumbens nimmt in der
Phase der Suche stark zu, nicht jedoch in der Phase der
Suchtbefriedigung (Euphorie).
Sucht und mesolimbisches Dopaminsystem II.
Rückfall in die Sucht. Für die gleich hohe Rückfallhäufigkeit bei
allen Süchten sind weniger Toleranz und Abstinenzreduktion
verantwortlich, sondern die gelernten Anreizwerte aller
Situationen und Gedanken, die in der Vergangenheit mit der
Substanzeinnahme assoziiert waren. Im Laufe wiederholter
Einnahme süchtig-machender Substanzen wird die Sensibilität
des dopaminergen Systems größer, was zum Anstieg des
Verlangens bei Auftritt von Hinweisreizen für die Aufnahme der
Substanz führt. Die Freude oder Lust, die durch das Suchtmittel
erzeugt werden, ist davon wenig berührt. Ebenso sind
Abstinenzerscheinungen für die meisten Rückfälle nicht
verantwortlich, die in der Regel lange nach Abklingen des
Entzugs auftreten. Um Süchte wieder zum Verschwinden zu
bringen (Extinktion), müssen dieselben Situationen, die mit der
Einnahme des Suchtmittels assoziiert waren, wiederholt ohne
Einnahme der Substanz dargeboten werden. Vermutlich nimmt
auf diese Weise die Verstärkung der synaptischen Übertragung
(z.B. im mesolimbischen Dopaminsystem), die sich bei der
Entstehung der Sucht gebildet hat, wieder ab.
Neuroadaptation des mesolimbischen Systems I.
Kurzzeit- und Langzeitwirkung von süchtig-machenden Substanzen
beruhen auf unterschiedlichen molekularen Mechanismen
Akute Einnahme einer süchtig-machenden Substanz. Die Bindung der
zugeführten Substanz an die Dopamin-oder Opiatrezeptoren der
Neurone des mesolimbischen Dopaminsystems aktiviert G-Proteine,
welche die Aktivität der Adenylatzyklase hemmen Dies führt zur
Abnahme der Aktivität von cAMP und cAMP-abhängigen
Proteinkinasen. Durch die Reduktion der cAMP-Aktivität wird auch
die Phosphorylierung von Ionenkanälen und vermutlich anderer
zellulärer Effektoren reduziert.
Chronische Einnahme einer süchtigmachenden Substanz. Die
intrazelluläre Signalübertragung ändert sich radikal bei chronischer
Einnahme: die Aktivität des Adenylatzyklase-cAMP-Systems nimmt
zu und die Aktivität der cAMP- oder Ca2+-abhängigen Proteinkinasen
führt zu Phosphorylierung von Transkriptionsfaktoren im Zellkern. Die
Transkriptionsvorgänge haben unter anderem eine Hochregulation
der Postrezeptorsignalkette für den dopaminergen D2Rezeptor und
eine Herunterregulation für den D2Rezeptor zur Folge (G-Protein,
Adenylatzyklase usw.,).
Neuroadaptation des
mesolimbischen Systems II.
Neuroadaptation. Im chronischen Zustand
schrumpfen die dopaminergen Neurone
des mesolimbischen Systems, während
die Neurone im Ncl. accumbens mit dem
kompensatorischen cAMP-Anstieg und der
beschleunigten Transkription überaktiv
werden, wenn nicht die an die Rezeptoren
bindende Substanz erneut zugeführt wird.
Die Affinität der D2-Rezeptoren für
Dopamin nimmt mit zunehmender
Drogeneinnahme ab. Diese Veränderung
verschwindet Wochen nach Entzug wieder,
während die durch Transkription erzeugten
intrazellulären Änderungen über längere
Zeit anhalten. Die biochemischen,
morphologischen und physiologischen
Veränderung der Neurone (hier des
mesolimbischen Systems), die bei
chronischer Einwirkung von
Suchtsubstanzen stattfinden, werden als
Neuroadaptation bezeichnet.
Sucht
Dopaminagonisten wie Amphetamin und Kokain (beides
süchtig machende Substanzen) fördern die positive
Verstärkung. Erfolgt die Aktivierung des Verstärkungssystems
nicht mehr durch physiologische Reize, sondern direkt
(chemisch), kann Sucht entstehen. Eine solche direkte
chemische Aktivierung kann durch viele Suchterzeugenden
Substanzen geschehen (wie z. B. Heroin, Morphin, Kokain,
Marijuana, Amphetamine, Barbiturate, Nikotin und Alkohol).
Das mesolimbische positive Verstärkungssystem bildet die
gemeinsame anatomische Endstrecke für die Entwicklung und
Aufrechterhaltung von Sucht. Blockade oder Zerstörung dieses
Systems nimmt allen Situationen, in denen hohe positive
Erregung (»Lust«) z. B. durch Drogeneinnahme erzeugt wird,
ihren Anreizwert und führt zum Erliegen der Sucht. Die Neurone
des mesolimbischen Systems verändern sich biochemisch,
anatomisch und physiologisch bei chronischer Einwirkung von
Drogen. Dieser Zustand wird als Neuroadaptation bezeichnet.
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