Die holozäne Temperatur- und Niederschlagsvariabilität in Europa (Quelle: NASA) Programm 1.Motivation 2.Grundlagen 3.Stand des Wissens Holozäne Temperaturvariabilität Europas Holozäne Niederschlagsvariabilität Europas 4. Mögliche Ursachen der Variabilität 1. Motivation • Globale Erwärmung: Überlagerung vom anthropogenen Treibhauseffekt und natürlicher Variabilität (zB Änderung der Sonnenaktivität) • Trennung dieser Effekte um menschlichen Anteil dieser Erwärmung zu bestimmen • im vorindustriellen Holozän natürliche Einflüsse dominant • holozäne Temperatur- und Niederschlagsrekonstruktion liefert Abschätzung über -Größenordnung -Geschwindigkeit -Häufigkeit -(Ir-)Reularität von natürlichen Klimavariationen einer Warmzeit Schluss auf anthropogenen Anteil 2. Grundlagen Temperatur • Maß für die mittlere kinetische Energie der Luftmoleküle • Definition der World Meteorological Organization (WMO) für die Tagesmitteltemperatur: Messung in weißen Klimahütten, die: • sich 2m über einer Grasfläche befinden • mindestens 10m vom nächsten Baum entfernt sind • ungehindert vom Wind getroffen werden können Klimahütte (Quelle: Heribert Fleer) Niederschlag Niederschlag: Regen, Schnee, Hagel, aber auch Nebel und Tau Niederschlagsmenge: Höhe der Wasserschicht, die sich durch Niederschlag auf ebener Fläche gebildet hätte Messstandards: Regenmesser mit 200qcm Auffangöffnung, an windarmer aber freier Stelle Probleme: Regenmesser (Quelle: Hellmann) • keine zufriedenstellende Methode zur quantitativen Erfassung • Frage der Übertragbarkeit auf die Umgebung • Ablenkung der Niederschlagspartikeln bei Starkregenereignissen durch Messaufbau • Schnee, Hagel, Tau, Nebel besonders schlecht zu messen, nur in gesonderten Geräten (unterschiedliche Messfehler!) Zusammenhang zwischen Niederschlag und Temperatur - Transport latenter Wärme • mehr Niederschlag höhere Temperatur • aber: Umkehrschluss höhere Temperatur gesteigerte Verdunstung im allgemeinen noch nicht gezeigt Wärmeaufnahme mehr Niederschlag Wärmeabgabe Verdampfungsenthalpie von Wasser: ~2450kJ/kg Bei 800mm Jahresniederschlag entspricht das: ~2GJ/(qm*y) ~ 60W/qm Messreihen Anforderungen: • Standort der Messstationen weitab von urbanen Gebieten um wechselnden anthropogenen Einfluss zu vermeiden Stichwort Stadtklima: höhere Temperatur niedrigere Luftfeuchte länger anhaltender Starkregen (viele Kondensationskeime) • homogene Messverfahren wegen Vergleichbarkeit Heterogenität zB durch: Verwendung der Messergebnisse verschiedener Stationen von verschiedenen Perioden als eine Messreihe Ortsänderung von Stationen Austausch von Messinstrumenten • wünschenswert: hohe räumliche Dichte an Messstationen Räumliche Temperaturvariabilität in Europa (Quelle: Sweklim) Jahresmitteltemperaturen gemittelt über die WMO-Standardperiode 1961-1990 Räumliche Jahresniederschlagsvariabilität in Europa (Quelle: IIASA) Jahresniederschläge gemittelt über die WMO-Standardperiode 1961-1990 Verlängerung der Messreihen • verlässliche Messreihen reichen nur etwa 100-150 Jahre zurück •„Verlängerung“ der Messreihen durch Proxies • Kalibrierung der Proxies anhand der Messreihen) • Rekonstruktion von T&P aus (Multi-)Proxydaten Mögliche Paläoarchive: Eisbohrkerne Baumringdicken Baumgrenzen Sedimente Grundwasser Stalagmiten Seespiegel und viele mehr … Sedimentkerne (Quelle: Pier der Wissenschaft) Eisbohrkern (Quelle: L. Augustin) 3. Stand des Wissens Holozäne Temperaturvariabilität in Europa Holozäne Temperaturvariabilität der Nordhemisphäre Vergleich mit den Temperaturvariationen vor dem Holozän wärmer kälter weit geringere Temperaturschwankungen im Holozän als in der Zeit davor hohe Anforderung an zeitliche Auflösung von Proxy-Daten Gemittelte Anomalien europäischer Temperaturaufzeichnungen (Quelle: Brohan et al.) • Hälfte des Anstiegs von 1890-1950 möglicherweise durch Verstädterung • Trends in Zusammenhang mit Variabilität regionaler Zirkulationsmuster der oberen Atmosphäre des europäischen Luftdrucks der North Atlantic Oscillation Temperaturtrend pro Dekade gemittelt über die Periode von 1851-1991, auf Monate aufgeschlüsselt (Quelle: Balling et al.) Holozäne Niederschlagsvariabilität in Europa Pollen aus Sedimenten (österr. und schweiz. Alpen) Baumringe Eisbohrkern Seeleveländerungen (Schweiz) (Grönland) (Polen) Sedimentationraten 2000BP (Deutschland) Relative feuchte Zeiträume (in grau): 3000 - 2500 BP 3600 - 3400 BP 4100 - 3900 BP 5400 - 4800 BP 6400 - 6000 BP 7500 - 7000 BP 8200 - 7900 BP 9500 - 8600 BP 10500-13000BP 11000BP (Quelle: Haas et al. und Zolitschka 1998) Vergleich mit einer anderen Niederschlagsstudie Phasen höhere von Eisbergen transportierter Trockenphasen Winterniederschlag Seespiegel in in Westnorwegen Gletscherschutt im N-Atlantik in Südspanien Mitteleuropa 0BP 11000BP nach Norden nach Süden (Quelle: Magny et al.) kalt/trocken warm/feucht Niederschlagstrends in holozänen Kältephasen Grenzen des niederschlagsreicheren Bereichs während schwächerer Kältephasen Feuchterer Bereich beim 8,2k Event (Quelle: Magny et al.) Variation der niederschlagsreichen Zone wahrscheinlich Ergebnis von wechselnder Stärke der Westlagen (Änderungen im Temperaturgradienten zwischen hohen und niederen Breiten) Flächengemittelte Niederschlagsaufzeichnungen Deutschlands (Quelle: Schönwiese und Trömel) 4. Ursachen der Klimaschwankungen im Holozän Auslöser von Temperaturschwankungen : Externe Variabilität: Interne Variabilität Solare Variabilität Änderung der Sonnenaktivität Änderung der atmosphärischen Zusammensetzung Änderungen in der Zirkulation (Wärmetransport!) Treibhausgase Aerosole (Vulkanausbrüche) Änderung der Erdbahnparameter (Exzentrizität, Neigung und Ausrichtung der Rotationsachse) Atmosphärische Zirkulation (zB North Atlantic Oscillation) Ozeanische Zirkulation (Thermohaline Zirkulation) Variabilität der Sonnenaktivität • Zusammenhang zwischen Temperaturschwankungen und Variabilität der Sonnenaktivität • Effekte der Variationen alleine zu schwach Verstärkung dieser Effekte durch Klimasystem Thermohaline Zirkulation (THZ) Strahlungsbilanz Strahlungsbilanz erfordert Wärmetransport nach Norden, dort Wärmeabgabe an die Atmosphäre Wärmetransport von 1,2 PW im Atlantik nach Norden (deutsche Kraftwerke: 122 GW) Massenbilanz erfordert Rückströmung nach Süden Tiefenwasserbildung (Quelle: Bundesministerium für Umwelt) Tiefenwasserbildung im Nordatlantik (Quelle: Rick Williams) • ozeanische Zirkulation von Erwärmung der Atmosphäre beeinflusst • Störung der Dichtezunahme hat Abnahme der Zirkulation zur Folge • Stärke der THZ im Nordatlantik hat an Stärke verloren: 1957: 20Sv 2004: 14Sv Hysteresisverhalten der THZ • Verschiedene Gleichgewichtszustände der THZ: mehr oder minder Starke Zirkulation Zirkulation hört komplett auf • werden gewisse Grenzwerte überschritten, kann System sprunghaft in anderen Zustand übergehen • beim 2-4fachen der vorindustriellen Konzentration an CO2 wird die THZ komplett aufhören, Übergang möglicherweise irreversibel Aber: Nicht nur Endkonzentration entscheidender Parameter bezüglich der Irreversibilität, sondern auch die Rate des Anstiegs. Atmosphäre Atmosphäre erwärmte Wasserschicht kühleres Wasser (Quelle: T.F. Stocker) Mögliche Störungen der THZ im Holozän • 8,2ky Event: Aufgestautes Schmelzwasser des restlichen kan. Eisschildes fließt in den NA ab „leichtes“ Süßwasser verhindert Tiefenwasserbildung Ende der THZ für mehrere hundert Jahre • 6ky Coldevent: nicht durch Schmelzwasser erklärbar, Tiefensedimentkerne aber weisen auf verminderte Tiefenwasserbildung hin • Little Ice Age ? North Atlantic Oscillation (NAO) NAO+ (Quelle: Visbeck&Cullen, NOAA) stark neg. SST Anomalien vor Grönland und positive bei den Azoren starkes Islandtief und Azorenhoch NAO- positive SST Anomalien vor Grönland negative bei den Azoren Druckzentren nicht voll entwickelt NAO - Index NAO-Index = Differenz der normierten Luftdruckanomalien von Islandtief und Azorenhoch gemittelt über die Wintermonate (DJF) NAO in der Vergangenheit Zusammenfassung • Holozän Zeitraum mit langzeitigen Temperaturschwankungen von ungefähr bis zu 1°C (viel geringer als in Kaltzeiten) • Temperaturamplituden der teilweise noch strittig, Trends einigermaßen sicher • über Niederschlag meist eher qualitative Aussagen möglich • Antrieb der Variabilität: genaue Ursachen noch unklar (Wechselwirkungen der verschiedenen Klimaantriebe) Ansatz: Änderungen der solaren Aktivität, verstärkt durch terrestrische Zirkulationen (wohl am zutreffensten, trotzdem Vereinfachung) aber auch: Vulkanausbrüche, Wechsel in der Flächennutzung… • viele unterschiedliche Meinungen und Ansätze zu den Schwankungen Ziel noch nicht erreicht, den anthropogenen Treibhauseffekt von den Effekten natürlicher Variabilität zu trennen • Zukunft ? (NAO, THC, Flächennutzung…)