LEITLINIEN DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR GYNÄKOLOGIE UND GEBURTSHILFE ZUR FRAUENÄRZTLICHEN VERSORGUNG GEWALTBETROFFENER FRAUEN Univ.-Prof. Dr.med. Dr.h.c. Alexander T. Teichmann 1 • STELLUNGNAHME DER AG MEDIZINRECHT DER DGGG ZUM VORGEHEN NACH MUTMASSLICHER SEXUELLER GEWALTANWENDUNG (Berg) • STELLUNGNAHME DER DGGG ZUM PROBLEM DER HÄUSLICHEN GEWALTANWENDUNG (Teichmann) 2 SEMANTIK • SEXUELLE GEWALT • HÄUSLICHE GEWALT SEXUELL SONSTIGE KÖRPERLICHE GEWALT PSYCHISCH SOZIAL • AKUT / CHRONISCH 3 FRAUEN ALS OPFER KÖRPERLICHER GEWALT • JEDE VIERTE FRAU IN DEUTSCHLAND WIRD MINDESTENS EINMAL JENSEITS IHRER KINDHEIT OPFER SEXUELLER ODER ANDERER KÖRPERLICHER GEWALT, 42 % WAREN IN EINER REPRESENTATIVEN STUDIE DARÜBER HINAUS AUCH VON PSYCHISCHEN REPRESSIONEN BETROFFEN. (SCHRÖTTLE UND MÜLLER 2004, SCHRÖTTLE ET AL. 2006) 4 FOLGEN HÄUSLICHER UND SEXUELLER GEWALT GEGEN FRAUEN • DEUTLICH ERHÖHTE ALLGEMEINE MORBIDITÄT • VEGETATIVE STÖRUNGEN • DEPRESSIVITÄT; ANGSTSTÖRUNGEN; SUIZIDALITÄT • REPRODUKTIVE PATHOLOGIE (KRUG ET AL. 2002, CAMPBELL 2002, SCHRÖTTLE UND KHELAIFAT 2008 u.a.) 5 MUTMASSLICHE SEXUELLE/HÄUSLICHE GEWALT • VORFÜHRUNG DURCH POLIZEIBEAMTE • IM RAHMEN EINES ERMITTLUNGSVERFAHRENS • AUF INITIATIVE DER PATIENTIN • ALS VERDACHTSBEFUND BEI KONSULTATION • INFORMATION DURCH DRITTE 6 MUTMASSLICHE SEXUELLE GEWALT • KO – TROPFEN: BENZODIAZEPINE, CHLORALHYDRAT, BARBITURATE, MUSKELRELAXANTIEN, LIQUID EXSTASY, GAMMA-HYDROXYBUTTERSÄURE • WIRKUNGSEINTRITT NACH 15 MINUTEN • WIRKUNGSDAUER ca. 4 STUNDEN • NACHWEIS IM BLUT (2 ml) BIS 6h; IM URIN (100 ml) BIS 12h 7 ERKENNEN HÄUSLICHER UND SEXUELLER GEWALT • UNMITTELBARE GEWALTFOLGEN • FUNKTIONELLE SYMPTOMATIKEN • CHRONIFIZIERTE KRANKHEITSZUSTÄNDE (M.MÜNCHHAUSEN) IM EINZELNEN: CHRONISCHE BESCHWERDEN OHNE OFFENSICHTLICHE URSACFHE VERLETZUNGEN, DIE NICHT HINREICHEND ERKLÄÖRT WERDEN GENITALE RISSE UND SCHÜRFUNGEN, CHRON. ENTZÜNDUNGEN, NARBEN TRAUMATA IN UNTERSCHIEDLICHEN STADIEN DER ABHEILUNG PARTNER, WELCHE DIE PAT. NICHT ALLEINE LASSEN UND DEN EINDRUCK ERWECHEN SIE ZU KONTROLLIEREN VERLELTZUNGSZEICHEN IN DER SCHWANGERSCHAFT HÄUFIGE ABORTE SUIZIDALITÄT LANGE LATENZ ZWISCHEN TRAUMA UND SUCHEN NACH ÄRZTLICHER HILFE CHRONISCHE INTESTINALE STÖRUNGEN UNKLARE PELVINE SCHMERZEN 8 GESPRÄCHSFÜHRUNG • • • • GESCHÜTZTE ATMOSPHÄRE UNTER VIER AUGEN PROFESSIONELLE OFFENHEIT WISSEN UM DEN SCHAMBESETZTEN UND BISWEILEN DEMÜTIGEN CHARAKTER DES GESPRÄCHES • KEINE PRÄJUDIZIELLEN VERMUTUNGEN • KEINE SOLIDRITÄTSBEKUNDUNGEN • KEINE INVASIVE EXPLORATION 9 UNTERSUCHUNG VERMEIDUNG ZUSÄTZLICHER TRAUMATISIERUNG DURCH : • GESCHÜTZTE ATMOSPHÄRE • ZEIT ! • VERSTÄNDLICHE ERKLÄRUNG DER UNTERSUCHUNGSSCHRITTE • KEINE VOLLSTÄNDIGE ENTKLEIDUNG 10 DOKUMENTATION (FORENSIK !) • GENAUE DESKRIPTION KÖRPERLICHER BEFUNDE (ANZAHL, LOKALISATION, ALTER) • PHOTODOKUMENTATION (SENKRECHT ZUR KÖRPEROBERFLÄCHE, METRIK, ÜBERSICHT ZUR PATIENTENIDENTIFIZIERUNG) • ASSERVATE • VERWENDUNG VON ERHEBUNGSBÖGEN (DGGG, VIVANTES, UFK GÖTTINGEN, UFK KÖLN u.a.) 11 DOKUMENTATIONSBOGEN BEI HÄUSLICHER GEWALT Angaben zur Patientin Name: Straße: PLZ Wohnort: Datum: Uhrzeit: Name der Ärztin/des Arztes: (in Druckbuchstaben u. Tel.Nr.) Unterschrift: Stempel Schilderung des Zustandes der Patientin (psychische Befindlichkeit, Verdacht auf Alkoholgenuss, Drogen, Medikamente) Anlass der Konsultation, Besonderheiten im Erscheinungsbild bzw. Gesprächsführung Anamnese Anlass der Untersuchung / Beschwerdebild Gynäkologische Anamnese Letzte Regel Zyklus Parität Geburten letzter GV Befunde Kognitiver und emotionaler Zustand Körperlicher Befund Kopf und Hals: Brust: Bauch und Becken: Rücken: Arme: Beine: Hormoneinnahme gynäk. Operationen Gynäkologischer Befund Äußeres Genitale: Anus: Spekulumeinstellung: Vagina Portio Palpation: Uterus Adnexe Parametrien Parakolpien Mammae und Lymphabflussgebiete Sonographie kleines Becken Sonographie Mamma Spurensicherung Fotodokumentation Untersuchung durch die Gerichtsmedizin Kleidung asserviert durch Kripo bei Untersuchung Schamhaare ausgekämmt Watteträgerabstriche von der Vulva aus dem hint. Scheidengew. aus der Cervix vom Anus Trocken lagern! (z. B. Briefumschlag) ja ○ nein ○ ja ○ nein ○ ja ○ nein ○ ja ○ nein ○ ja ja ja ja nein nein nein nein ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ Sonstiges: ………………………………………………………………………………………… Serologische Untersuchungen ○ ○ ○ ○ ○ HIV- Test TPHA ß-HCG anti-HBs ……………………………… Untersucher: Assistenz bei der Untersuchung: Datum: Uhrzeit: Spurensicherung Fotodokumentation Untersuchung durch die Gerichtsmedizin Kleidung asserviert durch Kripo bei Untersuchung Schamhaare ausgekämmt Watteträgerabstriche von der Vulva aus dem hint. Scheidengew. aus der Cervix vom Anus Trocken lagern! (z. B. Briefumschlag) ja ○ nein ○ ja ○ nein ○ ja ○ nein ○ ja ○ nein ○ ja ja ja ja nein nein nein nein ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ Sonstiges: ………………………………………………………………………………………… Serologische Untersuchungen ○ ○ ○ ○ ○ HIV- Test TPHA ß-HCG anti-HBs ……………………………… Untersucher: Assistenz bei der Untersuchung: Datum: Uhrzeit: BEHANDLUNG NACH MUTMASSLICHER GEWALTANWENDUNG • VERSORGUNG AKUTER TRAUMATA • INFEKTIOLOGISCHE DIAGNOSTIK UND THERAPIE ggf. PRAEVENTIV • SCHWANGERSCHAFTSVERHÜTUNG • POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNG • PRÜFUNG DES SCHUTZBEDÜRFNISSES • SUIZIDVERHÜTUNG 18 GRENZEN ÄRZTLICHER SCHWEIGEPFLICHT • PATIENTEN GEHEIMNIS vs. PFLICHT ZUR VERHINDERUNG RELEVANTER STRAFTATEN • SCHWEIGEPFLICHT BETRIFFT GRUNDSÄTZLICH BEREITS DIE IDENTITÄT DER PATIENTIN UND DIE TATSACHE DES ARZT bzw. KRANKENHAUSBESUCHES • BRUCH DER SCHWEIGEPFLICHT NUR BEI KONKRETER GEFAHR FÜR LEIB UND LEBEN UND SCHWERWIEGENDEN DAUERFOLGEN • VERPFLICHTUNG ZUR VERBRECHENSVERHÜTUNG • KEIN BRUCH DER SCHWEIGEPFLICHT BEI ZURÜCKLIEGENDEN GEWALTTATEN • BEAUFTRAGUNG DURCH POLIZEI • ERMITTLUNGSVERFAHREN 19 WAS TUN MIT DER PATIENTIN ? • • • • • • • • • • • FRAUENHÄUSER FRAUENDOTRUFEINRICHTUNGN RECHTSANWÄLTE (FAMILIENRECHT) AMTSGERICHTE POLIZEI PSYCHOLOGEN / PSYCHOTHERAPEUTEN AKUTKRANKENHÄUSER KINDERHÄUSER SEELSORGE GERICHTSMEDIZINISCHE INSTITUTE REGIONALE NETZWERKE 20