Zur Geschichte der Rechtschreibung Überblick zur Sprachgeschichte des Deutschen Ca. 1400 Jahre deutsche Sprache, ausgegliedert aus dem Westgermanischen als • Althochdeutsch (ca. 650-1050) • Mittelhochdeutsch (ca. 1050-1350) • Frühneuhochdeutsch (ca. 1350-1650) • Neuhochdeutsch einschließlich der Gegenwartssprache Sprachgeschichte als • Gesprochene Sprache: vom Dialekt zur regionalen Umgangssprache und über die Bühnensprache zur mündlichen Hochsprache / Standardsprache / Gemeinsprache • Schriftsprache: vom Dialekt über regionale Druckernormen zur Hochsprache / Standardsprache / Gemeinsprache Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 1 Zur Geschichte der Rechtschreibung ca. 800 bis Mitte 15. Jh.: nur handgeschriebene Texte in Dialekten Schulen in Klöstern, Schreibstuben auch an Höfen ca. 1450 Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern Gutenberg-Bibel bis ca. 1650: Niederdeutsch wird nicht mehr gedruckt bis ca. 1750: 1774-86 Entwicklung der Hochsprache als Schriftsprache Wörterbuch von Johann Christoph Adelung (5 Bde.) im 19. Jh.: 1876 Bemühungen um eine einheitliche Rechtschreibung 1. Orthographische Konferenz in Berlin 1901 1902/3 2. Orthographische Konferenz in Berlin: Normierung Konrad Duden als Sekretär beauftragt, der DUDEN-1 seitdem maßgeblich für Norm bis 1996 Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 2 Zur Geschichte der Rechtschreibung 20. Jh. Immer wieder Diskussiobn um Reform und Vorschläge 1983-1996 01.07.1996 01.08.1998 01.08.1999 Arbeit an einer Neuregelung, Wiener Gespräche Internationales Abkommen in Wien unterzeichnet Neuregelung tritt in Kraft mit Übergangszeit bis 2005 Die deutsche Presse übernimmt die Neuregelung nach Kodifizierung unter Federführung von dpa Frankfurter Allgemeine Zeitung kehrt zur alten Schreibung zurück Sommer 2002 seit 1996 Eine Zwischenstaatliche Kommission mit der Geschäftsstelle beim Institut für Deutsche Sprache Mannheim (IDS) ist zuständig für Zweifelsfragen, nichtmehr die DUDEN-Redaktionen. www.ids-mannnheim.de/reform www.rechtschreibkommission.de Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 3 4 Zur Geschichte der Rechtschreibung Abrogans - das erste deutsche Wörterbuch; St. Gallen, 2. Hälfte 8. Jh. Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 4 Zur Geschichte der Rechtschreibung Handschriften des Mittelalters Abrogans: ein Wörterbuch (911) Handschrift des 15. Jh. Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 5 Zur Geschichte der Rechtschreibung ca. 1400 Jahre deutsche Sprache, ausgegliedert aus dem Westgermanischen als • Althochdeutsch (ca. 650-1050) • Mittelhochdeutsch (ca. 1050-1350) • Frühneuhochdeutsch (ca. 1350-1650) • Neuhochdeutsch einschließlich der Gegenwartssprache Merseburger Zauberspruch Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 6 Zur Geschichte der Rechtschreibung 7 Das Trutzlied der Mädchen (ca. 1050) Swaz hie gât umbe, daz sind alles megede, die wellent ân man allen disen sumer gân. Was hier geht um, das sind alles Mädchen, die wollen ohne Mann allen diesen Sommer gehen. Von Carl Orff in die “Carmina burana” (“Ländlichen Lieder”) aufgenommen. Was hier im Kreis geht, das sind alles junge Mädchen, die wollen den ganzen Sommer nicht mit einem Jungen gehen. (Sie wollen noch nicht heiraten.) http://www.tu-dresden.de/slub/proj/sachsenspiegel/sachs.html Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 7 Zur Geschichte der Rechtschreibung 8 Manessische Handschrift eine Handschrift des 14. Jahrhunderts Kurze Zeit einer Literatursprache »Ich saz ûf eime steine...« Walther von der Vogelweide (um 1170-um1230) Ich saz ûf eime steine, und dahte bein mit beine: dar ûf sazt ich den ellenbogen: ich hete in mîne hant gesmogen daz kinne und ein mîn wange. Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 8 Zur Geschichte der Rechtschreibung Johannes Gutenberg: Die Erfindung des Buchdrucks • Buchdrucker wollen konsistente Texte • Buchdrucker wollen verdienen, also überregional verstanden werden Standardnorm wie DIN kommunikative Norm Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 9 Zur Geschichte der Rechtschreibung Entwicklungen im 15. und 16. Jahrhundert Bevölkerungszuwachs führt u.a. zu • Siedlung im Osten, Sprachausgleich, Rückwirkung auf Altreich kommunikative Norm • größere Städte, Arbeitsteilung, Zunftwesen Standardnorm Zeitalter der Entdeckungen und des Handels: merkantile Interessen, Banken, Buchhaltung überregionale Verkehrssprache kommunikative Norm Einführung eines neuen Rechtssystems • “Der ewige Landfriede” durch Kaiser Maximian (1459-1519) • dazu neue Prozessordnung durch Karl V. (1500-1519) • schriftliche Verhandung u. Zeugenaussagen Standardnorm Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 10 Zur Geschichte der Rechtschreibung Zeitalter der Entdeckungen aus eurozentrischer Sicht. Columbus reiste nach Westen, um nach Indien im Osten zu gelangen. Am 10. Oktober 1492 ereichte er Land; er war überzeugt, in Indien zu sein, daher die Namen “Westindische Inseln” und die “Indianer”. Die vier Reisen des Columbus Bildquelle: Zeitalter der Entdeckungen, von John R. Hale. Time-Life International 1973, S50, 54, 88 Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 11 Zur Geschichte der Rechtschreibung Den Namen »Amerika« erhielt der neue Kontinent nach dem italienischen Geografen, Astronomen und Seefahrer Amerigo Vespucci . Den Namen ‘Amerika’ hatte 1507 ein Lothringer Kartograph namens Martin Waldseemüller für den neuen Kontinent vorgeschlagen. Er hatte Aufzeichnungen und genaue Messungen vom Amerigo Vespucci ausgewertet und danach eine erste Karte des neuen Kontinent gezeichnet. Amerigo Vespucci 1454 - 1512 Amerigo Vespucci hatte auf mindestens zwei ausgedehnten Reisen im Auftrag der die Küste Südamerikas erforscht. Bildquelle: Encyclopedia Americana vol. 28, 1973, S. 55 The Bettman Archive Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 12 Zur Geschichte der Rechtschreibung Die Aufteilung der Welt zwischen den beiden großen Seefahrt-Ländern durch Päpstliche Bullen (lat. bulla ‘versiegelte Urkunde‘) Vespucci war einmal im Auftrag Spaniens und einmal im Auftrag Portugals gereist. Beide Länder hatten großes Interesse an genauen Messungen. Der Papst hatte 1481 eine Demarkationslinie festgelegt, nach der Portugal alle Länder südlich der Kanarischen Inseln zusprach. Dem Papst ging es um Missionsraum. Nach der Rückkehr von Kolumbus wurde 1493 eine neue Linie festgelegt, jetzt eine Nord-SüdLinie Das Land westlich des 50. Längengrads sollte Spanien und östlich Portugal zufallen. Bildquelle: Time-Life, .a.O. S. 57 Portugal protestierte, es wurde zäh verhandelt und 1494 wurde eine neue, nun geltende Linie festgelegt. Brasilien ragt nach Osten heraus und spricht heute deshalb Portugiesisch. Die lange Küste war von Vespucci als neuer Kontinent erkannt worden. Asien konnte es nicht sein. Er hatte auch errechnet, dass da ein weiterer Ozean sein müsse. Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 13 14 Zur Geschichte der Rechtschreibung Ostkolonisation und Handel nahmen zu Handels-Landweg: Hellweg von Aachen nach Nishnij Nowgorod Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 14 Zur Geschichte der Rechtschreibung 15 Rennaissance und Humanismus lösten die kirchliche Scholastik im Wissenschaftsparadigma ab. Phillip von Hessen Universität Marburg 1521 Gaileo Galilei Die Gründung von Schulen in Städten und von Universitäten durch Landesfürsten führte zu einem Berufsstand von Lehrern und Professoren, die sich sofort auch um die deutsche Sprache bemühten, Grammatiken ind Orthographien schrieben - übrigens auch Briefsteller. Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 15 Zur Geschichte der Rechtschreibung 16 Einführung eines neuen Rechtssystems durch Kaiser Maximilian. Der ewige Landfriede 1459-1519 Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 16 17 Zur Geschichte der Rechtschreibung Einführung eines neuen Prozessordnung durch Kaiser Karl V. 1530/32, genannt die “peinlich gerichts ordnung” 1500-1519 Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 17 Zur Geschichte der Rechtschreibung Martin Luther: Die Luther- Bibel von 1545 • Martin Luther übersetzt (mit Mitarbeitern) die Bibel, richtet sich in der Orthografie nach der sächsisch-meißnischen Kanzlei. • Luthers Sprach- und Rechtschreibnormierungen beeinflussen die Sprachentwicklung und Normierung. • Er benutzt das Mitteldeutschend bezieht das Oberdeutsche ein. überregionale Norm Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 18 Zur Geschichte der Rechtschreibung Deutsch im 16. Jahrhundert: Dialekte Aus Luthers »Tischreden« Deutschland hat so viele Dialekte, dass die Leute in einem Abstand von 30 Meilen einander nicht verstehen. Die Österreicher und Bayern behalten keine Diphthonge, denn sie sagen e-ur, fe-ur, bro-edt für feuer, euer, brodt. Die Franken reden so eintönig und dick, dass die Sachsen besonders die Sprache in Antwerpen nicht verstehen ... die Oberlendische sprache ist nicht die rechte teutzsche sprache, denn sie hat sehr offene und starke Laute, aber die sächsische Sprache ist sehr leicht, sie wird mit fast zusammengepressten Lippen gesprochen. (Original auf Lateinisch) Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 19 Zur Geschichte der Rechtschreibung Situation im 16. Jahrhundert Christoph Walter: Von vnterscheid der Deudschen Biblien (Wittenberg 1563) Das aller vornemist vnd notigst in allen Sprachen ist / das man man Orthographiam helt / das ist / das man alle worter mit jren eigenen vnd geburlichen Buchstaben schreibe oder drucke / das man keinen Buchstaben aussen lasse / keinen zu viel neme / keinen fur den andern neme / Das einer die worter mit Buchstaben schreibe / gleich wie der ander / Item / das man die gleichlautende worter / welche zwey ding bedeuten in jrem laut / mit sonderlichen Buchstaben vnterscheide / wie die Ebreische / Griechische vnd Latinische Sprache geordnet vnd gefasset ist. Aber in der Deudsche sprache / schreibt ein jder die worter mit Buchstaben / wie es jm einfellet vnd in sinn komet / das / wenn hundert Brieue / vnd gleich mehr / mit einerley worter geschrieben worden / so worde doch keiner mit den Buchstaben vberein stimmen/ das einer mit buchstaben geschrieben worde wie der ander. Derhalb ist die Sprache auch so vnuerstendlich / dunckel vnd verworren/ Ja gantz verdrieslich vnd vnlustig zu lesen. Vnd sonderlich komet sie den frembden vndeudschen Leuten sehr schwehr vnd sawer an zuuerstehen / vnd vnmuglich recht zu lernen. Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 20 21 Zur Geschichte der Rechtschreibung Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 21 Zur Geschichte der Rechtschreibung Vô der Orthographia ein kleyne vnderweisung Orthographia ist ein Ghriechisch wort / heißt recht buchstäbisch schreibê / da sich die teütschê schwärlich reformieren werdê lassen / dañ das vnrecht schreibê der wörter vñ buchstabê / ist in diser sprach so gemein / das der gemein brauch nû muß kunst sein / darzu so ists den Teütschê nit wol müglich recht zuschreibê / diewil si / wi gsagt / nicht wenigers ´vstehn / dañ jre teütsche sprach. Man solt sich aber souil ymer müglich / d´ Orthographia befleissen / dañ auß keinr ãdern vrsach / ist die teütsche sprach so gãtz vnkendtlich / vñ jr selbs vngleich worden / als durch dz falsch schreibê / Aber es möchten die zwu nachuolgende Regel etwas zu solcher Orthograpia thun. Die erst / Wer den verstand eins worts / dasselb recht zuschreibê habê will / der mercke auff die bedeütung vñ Composition des selbê worts / das ist / er sehe vñ merck / was es sei vnd heisse. Die ander / das er dasselb wort oder seine theyl / das ist / die buchstabê zuuor in seinen mund neme / vnd frag seine oren / was vñ wie es laute. (Valentin Ickelsamer: Eine Teütsche Grammatica, 1534) Notieren Sie, was Ihnen an der Schreibung auffällt. Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 22 Zur Geschichte der Rechtschreibung Der Buchdruck als Triebkraft zur Vereinheitlichung der deutschen Sprache sowohl in der Rechtschreibung als auch in Wortschatz und Grammatik • Buchdrucker wollen konsistente Texte Standardnorm • Buchdrucker wollen verdienen, also überregional verkaufen und verstanden werden. kommunikative Norm Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 23 Zur Geschichte der Rechtschreibung Sprachentwicklung bis Mitte des 18. Jahrh. zum Hochdeutschen als Schriftsprache Niederdeutsche Dialekte ca. 1650 nicht mehr gedruckt Mitteldeutsch führend Oberdeutsch einbezogen Hochdeutsch als überregionale Standardorm und kommunikative Norm Unter dem Einfluss des Bildungsbürgertums Hochdeutsch als Wertenorm Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 24 Zur Geschichte der Rechtschreibung 25 • Im 17. Jahrhundert wurden Sprachgesellschaften gegründet, nach Vorbildern in Italien und in den Niederlanden . • Sie wollten der deutschen Sprache gegenüber dem an den Höfen dominierenden Französisch zu ihrem eigenen Recht verhelfen. • Man leistete theoretische und praktische Spracharbeit: - Grammatiktheorie und Grammatiken - Theorie der Orthografie und Orthografielehren - Theorie der Lexikographie führten zu Wörterbüchern (sprachbezogen) Lexika (sachbezogen) - Mischtypen wie den Orbis pictus von Comenius (einem zweisprachigen Bildwörterbuch Deutsch und Lateinisch • Opitz erarbeitete eine auf die deutsche Sprache abgestimmte Poetik. • Die Dichter des Barock schrieben dazu die Gedichte. Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) Georg Schottel (Schottelius) 1612-1676 25 Zur Geschichte der Rechtschreibung 26 Martin Opitz 1597-1639 Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 26 Zur Geschichte der Rechtschreibung 27 Andreas Gryphius 1616-1664 Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 27 28 Zur Geschichte der Rechtschreibung Im 18. Jahrhundert war die Entwicklung zu einer gemeinsamen Sprache abgeschlossen. Adelung spricht in seinem großen Wörterbuch noch von den hochdeutschen Mundarten und meint den Zusammenfall des Mittel- und Oberdeutschen • Johann Christoph Adelung : Versuch eines grammatisch-kritischen Wörterbuches der Hochdeutschen Mundarten (5 Teile, Leipzig 1774-1786) Adelung (17...- Schick mir den Adelung, den Hund! Ich habe einige Fragen an dieses Orakel zu tun. (aus dem Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe) Wir haben uns nden Adekung aufgesackt ... (Heinrich Heine) Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 28 29 Zur Geschichte der Rechtschreibung Skizze von Entwicklungen im 19. Jahrhundert • Im 19. Jahrh. wurden neue Disziplinen der Sprach- und auch der Literaturwissenschaft entwickelt, die Indogermanistik als historisch orientierte Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft und die Philologie als historisch orientierte Germanistik. • Die Indogermanistik erforschte die historischen Zusammenhänge zwischen Sprachen als Sprachfamilien, allen voran die indogermanischen Sprachen, zu denen als große Gruppen die germanischen, romanischen, slawischen, arabischen, persischen und altindischen Sprachen gehören. • Die Germanistik wendete sich älteren deutschen Texten und damit Sprachstufen zu. Wir kennen viele der Texte nur, weil die Handschriften ab dem 19.Jh. in den Bibliotheken gesucht und sorgfältig entziffert und ediert wurden. • Diese historische Sicht führte zu einer zugleich beschreibenden (deskriptiven) als auch diachronischen (Entwicklungen über Zeitstufen hinweg verfogenden) Sprach- und Textwissenschaft. • Mit diesem Interesse an der Geschichte von Landes-Sprachen und Volks-Kulturen war man Teil der romantischen Bewegung einer Hinwendung zum Volk, zu mündlichen Überlieferungen, zum Sammeln mündlicher Texte wie Volkslieder und Märchen. • Zwei bedeutsame Wissenschaftler, die als Mit-Begründer der Germanistik als Universitätsfach anzusehen sind, waren die Brüder Jakob und Wilhelm Grimm. Sie beeinflussten nicht nur die Sprach- und Textwissenschaft, sondern die Sprachentwicklung. Deshalb wird ihr Wirken hier exemplarisch vorgestellt. Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 29 Zur Geschichte der Rechtschreibung 30 Jakob Grimm (1785-1863) Wilhelm Grimm (1786-1859) Geboren in Steinfurt bei Giessen, Studium in Marburg u.a. bei dem bedeutenden Juristen Savigny (Jakob als Wiss. Hilfskraft), im Marburger Kreis um Achim und Bettina von Arnim, beteilgt an den Volksliedsammlungen zu Des Knaben Wunderhorn, Bibliothekare in Kassel, Herausgeber alter Texte, u.a. Hildebrandlied, Nibelungenlied, Rechtsaltertümer (s.u.). Sammlung und Herausgabe von Märchen und Sagen. Schließlich Professoren in Göttingen. Bildquelle: Kolorierte Originalfotografien Berlin 1857, entnommen dem Katalog der Ausstellung Kassel 1985 “200 Jahre Brüder Grimm. Dolumente ihres Lebens und Werkes.” Verlag Weber & Weidemeyer Kassel, S. 371 Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 30 Zur Geschichte der Rechtschreibung 31 Dorothea Viehmann aus Oberzwehren bei Kassel, die einige der Märchen erzählt hat längst nicht alle, es gab auch schriftliche Vorlagen und andere Quellen. Grimms Märchen wurden von beiden Brüdern gesammelt, zunächst als trockene wissenschaftliche Dokumente herausgegeben - wirtschaftlich kein Erfolg - , dann mehrfach von Wilhelm überarbeitet und als Kinder- und Hausmärchen zum Welterfolg. Wilhems romantisch-biedermeierliche Überarbeitung und seine Stilelemente wie Es war einmal ... prägten die allgemeine Auffassung davon, was Volksmärchen seien, wie sie zu seien hatten. Dabei enthält die Sammlung viel mehr: Sagen, Legenden, Fabelgeschichten, ... Bildquelle: Radierung Dorothea Viehman von Ludwig Eil Grimm (der 3. Bruder) aus:Gabriele Seitz: Die Brüder Grimm. Leben – Werk – Zeit. Winkler Verlag München1984 S. 61; die anderen Titel Katalog a.a.O. S,398 Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 31 Zur Geschichte der Rechtschreibung 32 1810 Urfassung 1812 Druckfahnen 1857 Ausgabe letzter Hand Aus : Gabriele Seitz: a.a.O., S. 89 Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 32 33 Zur Geschichte der Rechtschreibung 1. Schreiben Sie so viele Märchentitel aus Grimms Märchen auf, wie Ihnen einfallen. 2. Können Sie den Spruch von Rumpelstilzchen aufschreiben? 3. Was sagen die Täubchen in Aschenputtel? Es gibt mehrere Sprüche. 4. Schneewittchen a) Was sagt die Königin vor dem Spiegel? b) Wovon fällt Schneewittchen in den tiefen Schlaf? Und wie wacht sie wieder auf? Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 33 • • • • • 34 Die Grimms waren ... - ... Professoren in Göttingen. ... protestierten sie als zwei der “Göttinger Sieben” gegen eine verfassungswidrige Verfügung des Hannoverschen Landesherrn und wurden des Amtes, Jakob auch des Landes verwiesen. Sie gingen zurück nach Kassel, hatten durchaus finanzielle Probleme. Die Weidmannsche Buchhandlung in Berlin bot Ihnen an, ein Wörterbuch zu schreiben. So hatten Sie regelmäßigesGeld. Schließlich bekamen sie Professuren in Berlin. Bettina von Arnim hatte sich sehr eingesetzt. Jakob Grimm heiratete ... und hatte Kinder. Wilhelm lebte stets in seinem Haushalt. Zur Geschichte der Rechtschreibung Jakob Grimm als Professor in Göttingen gezeichnet vom Bruder Ludwig Emil Grimm Bild: Radierung von Ludwig Emil Grimm datiert 28. Mai 1830; aus : Gabriele Seitz: a.a.O., S. 111 Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 34 35 Zur Geschichte der Rechtschreibung • Jakob Grimm schrieb eine historische Grammatik der deutschen Sprache. • Er gab - er war schließlich Schüler von Savigny - historische Texte zur Rechtsgeschichte heraus, die viel Aufsehen erregten. • Auch als einer der führenden Professoren aus dem Kreis der “Göttinger Sieben” hatte er hohes Ansehen in Deutschland als Mann, der eine Verfassung wollte. • Er war zwar durchaus monarchistisch gesinnt, aber trat auch für neine Verfassung ein. 1848 wurde Jakob Grimm in die Verfassungs-Versammlung in der Paulskirche dewählt als Abgeordneter des Wahlkreises Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 35 Dinslaken-Essen-Mühlheim/R. Zur Geschichte der Rechtschreibung Entwicklungen im ausgehenden 18. und 19. Jahrhundert • Germanistik als Philologie entsteht, maßgeblich beeinflusst durch Wilhelm und Jakob Grimm. Historische Sicht auf Sprache führt zu historischer Norm. • Zeitungen, ein Pressewesen, Jounalisten als Normträger bringen Festigung der Standardnorm und der kommunikativen Norm. • Allgemeine Schulpflicht führt zu Alphabetisierung und zur Festigung der Standardnorm und Entwicklung der Wertenorm. • Gründung des Deutschen Reiches 1871 in Versdailles (!) führt zu Vereinheitlichungsbestrebungen. • 1876 1. Orthographische Konferenz in Berlin “scheitert”. • Konrad Duden gibt für seine Schule ein Wörterbuch heraus, das nach 1876 für preußische Schulen bearbeitet wird und gilt. Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 36 Zur Geschichte der Rechtschreibung 37 Grimms Wörterbuch Gemäßgte Kleinschreibung: Ein Jahrhundertwerk Vorwort von Jakob Grimm Schluss Band 1 >ß< als >zs< Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 37 38 Zur Geschichte der Rechtschreibung Näher ist uns, mir noch biografisch, die Zeit des Nazionalsozialismus, der nicht nur wegen seiner und der in seinem Namen verübten Taten den Namen Deutsch und Deutschland für lange Zeit mit Bedeutungen und Erinnerungen belegt hat, denen niemand entgehen kann, der die Sprache als Muttersprache spricht und das Land als Lebens- und Kulturraum Heimat nennt. Ein Propagandaministerium und die Nutzung des Massenmdediums Volksempfänger (Radio) belasteten die Sprache als öffentliche Sprache nachhaltig. Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 38 39 Eintrag im Wörterbuch DUDEN: Deutsches Universwalwörterbuch, 3. Auflage 1996 Konzentrationslager, das [wohl LÜ von engl, concentration camp, Bez. Für die erstmals 1901 vom brit. Feldmarschall H.H. Kitchener (1850-1916) eingerichteten Internierungslager im Burenkrieg (1899bis 1902)](bes. ns.): Lager, in das Menschan aus politischen, relogiösen od. rassischen Gründen verbracht u. in dem sie unter menschenunwürdigen Bedingungen gefangen gehalten [bzw. einer Massenvernichtung ausgeliefert] werden: ins K. kommen; jmdn. in ein K. einweisen; jmdm mit K. drohen Mackensen: Großes deutsches Wörterbuch, 1977 Konzentrationslager s (-s;-) Internierungslager für feindl. Bevölkerung; Straflager (Abk.: KZ) Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 39 Zur Geschichte der Rechtschreibung Konrad Duden 1829-1911 Geburthaus Hof Bossigt bei Wesel am Niederrhein Gymnasium in Schleiz (Thüringen) Direktor 1869-1905, danach in Bad Hersfeld 1876-1905 Duden: Wörterbuch 1880, S. 1 Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 40 41 Zur Geschichte der Rechtschreibung • Zur Erinnerung: 1901 wurde die Rechtschreibung normiert. Mit dem Namen Konrad Dudens verbindet sich seither die Vorstellung, was korrekter Sprachgebrauch sei, obwohl er und sein Wörterbuch, das von den DUDEN-Redaktionen nach seinem Tod 1912 fortgeführt wurde, nur für die Rechtschreibung maßgebend waren. Noch einmal zwei (Zitate in neuer Rechtschreibung): Die Schrift ist nicht für die Gelehrten, sondern für das ganze Volk da [...], und dies verlangt nichts, als dass sie genau und dass sie leicht zu handhaben sei. Das zunächst und vor allen Dingen zu erstrebende Ziel war die E i n h e i t der Rechtschreibung ... Indem ich von Fortschritt spreche, deute ich schon an, dass ... jetzt keineswegs und für alle Zeiten ein Stillstand eintreten soll. Nur ein Zwischenziel ist erreicht worden. • Auch das ist Geschichte, mit der Reform von 1998 ist eine internationale Kommission für die Rechtschreibung zuständig. Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 41 Zur Geschichte der Rechtschreibung Entwicklungen im ausgehenden 18. und 19. Jahrhundert bis 1901-3 Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 42 Zur Geschichte der Rechtschreibung Entwicklungen im 20. Jahrhundert • 1901 2. Orthographische Konferenz in Berlin • Konrad Duden als Sekretär der Konferenz: Das zunächst und vor allen Dingen zu erstrebende Ziel war die E i n h e i t der Rechtschreibung ... Indem ich von Fortschritt spreche, deute ich schon an, daß ... jetzt keineswegs und für alle Zeiten ein Stillstand eintreten soll. Nur ein Zwischenziel ist erreicht worden. • Bis 1914 parallel Schul-DUDEN und Buchdrucker-DUDEN • DUDEN-Redaktionen führten ständig Änderungen durch. Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 43 Zur Geschichte der Rechtschreibung Entwicklungen im 20. Jahrhundert • Im Jahr 1903 wird die Einheitsrechtschreibung in den deutschen Schulen eingeführt. • Auch damals gab es viele kritische Stimmen. • Der DUDEN-1 (Rechtschreibduden) ist “in Zweifelsfällen” maßgebend bis zur Neuregelung 1996. • Die amtlichen Regeln von 1901 werden bald nicht mehr gedruckt. Im DUDEN werden zunächst systematische didaktisierte Regeln, zuletzt eine alphabetische Liste von Regeln veröffentlicht. • Nach 1949 gab es einen DUDEN-West (Mannheim) und einen DUDEN-Ost (Leipzig) auf der Grundlage der Regeln von 1901 mit Unterschieden nur im Wortschatz. • Im Jahr 1990 erschien der erste gesamtdeutsche DUDEN. Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 44 Zur Geschichte der Rechtschreibung Entwicklungen im 20. Jahrhundert Entwicklungen im 20. Jahrhundert • Es hat im 20. Jahrhundert immer eine Reformdiskussion gegeben. Bedeutende Reformversuche: • 1944 Einführung der gemäßigten Kleinschreibung, mit dem Ende des Krieges und des Nazi-Reiches untergegangen • 1954 “Stuttgarter Empfehlungen”, Protest der Schriftsteller • 1958 “Wiesbadener Empfehlungen” mit gemäßigter Kleinschreibung auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges nicht umgesetzt, weil die DDR nicht mitmachen wollte • 1983-1996 Arbeit an der jetzt eingeführten Neuregelung Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 45 Zur Geschichte der Rechtschreibung Entwicklungen im 20. Jahrhundert Die Schweiz hatte und hat bis heute eine Sonderregel: Statt ß wird ss geschrieben: Omnibusse die Busse = Buße, Sühne • Österreich hatte und hat ein Österereichisches Wörterbuch • Österreichische Wörter werden in deutschen Wörterbüchern als Austriazismen geführt. • Beispiele, die in die EU-Verträge eingegangen sind: Ribiseln = Johannisbeeren Marillen = Aprikosen Kukuruz = Mais Fisolen = grüne Bohnen Karfiol = Blumenkohl Topfen = Quark Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 46 Zur Geschichte der Rechtschreibung Der Weg zur Neuregelung 1996 • Im Jahr 1983 Anfrage Österreichs auf diplomatischem Weg an die deutschsprachigen Länder, ob Rechtschreibung zu überarbeiten sei • Zuständig in der BRD: - Außenminister, weil international - Bundesinnenminister für die Amtssprache - Kultusministerkonferenz für die Schulspache, KMK war federführend • Einsetzen von Fachkommissionen in BRD, DDR, Schweiz, Österreich in der BRD u.a. beteiligt: Institut für deutsche Sprache (IdS) in Mannheim, DUDEN-Redaktion, Gesellschaft für Deutsche Sprache • Regelmäßige Treffen der Kommissionen der vier Länder, die einen gemeinsamen Vorschlag erarbeiteten Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 47 Zur Geschichte der Rechtschreibung Der Weg zur Neuregelung 1996 • • • • • 1986, 1992 und 1994 “Wiener Gespräche” auf politischer Ebene 1988 Teilvorschlag veröffentlicht; lebhafte, meist positive Reaktion 1990 DDR der Bundesrepublik beigetreten, Fachleute blieben 1992 “Deutsche Rechtschreibung - Vorschläge zu ihrer Neuregelung” 1993 Hearing in Bonn, 30 Verbände nahmen teil, brachten Änderungswünsche vor, die eingearbeitet wurden • November 1994 werden beim 3. Wiener Gespräch letzte Unklarheiten beseitigt; eine Redaktionsgruppe wird eingesetzt • August 1995 veröffentlicht der internationalen Arbeitskreis: Deutsche Rechtschreibung - Regeln und Wörterverzeichnis. Vorlage für die amtliche Regelung (Narr Verlag Tübingen) Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 48 Zur Geschichte der Rechtschreibung Der Weg zur Neuregelung 1996 • Geringfügige Änderungswünsche der Kultusminister und einiger Ministerpräsidenten, von Österreich und der Schweiz akzeptiert • Dezember 1995 redigierte Fassung von der KMK beschlossen, von den Ministerpräsidenten, dem Bundeskabinett und dem Bundesinnenminister zustimmend zur Kenntnis genommen • 01. Juli 1996 in Wien eine Gemeinsame Absichtserklärung zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung unterzeichnet von Belgien, Deutschland, Italien, Liechtenstein, Österreich, Rumänien der Schweiz und Ungarn • Zum 01.08.1998 sollte die Neuregelung in Kraft treten mit einer Übergangszeit bis 2005 • Presse, TV, Radio berichten, kommentieren weitgehend positiv Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 49 Zur Geschichte der Rechtschreibung Der Weg zur Neuregelung 1996 • Wichtige rechtliche Neuerung: DUDEN verliert sein Monopol als Normsetzer in Zweifelsfragen. • Eine internationale Kommission mit Geschäftsstelle beim IdS in Mannheim begleitet die Einführung der Neuregelung. • Die Kultusminister konnten im Vorgriff in Schulen die neuen Regeln einführen. • Ab Mitte 1996 erste Wörterbücher: Bertelsmann, DUDEN, auch bei ALDI (von uns in Essen entwickelt) mit geringfügigen Unterschieden bei der Umsetzung, insbesondere bei Getrennt- und Zusammenschreibung und Trennung am Zeilenende, letzteres weil DUDEN nicht alle Möglichkeiten angibt. Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 50 Zur Geschichte der Rechtschreibung Der Weg zur Neuregelung 1996 • Auf Betreiben eines fränkischen Lehrers, Friedrich Denk, eine Protestaktion vieler Schriftsteller am Rande der Buchmesse 1996. • Presse zunehmend kritisch, allen voran FAZ und SPIEGEL, BILD; Untertsützung durch Dieter Zimmer in der ZEIT. DIE WOCHE stellt schon 1996 um, Schweizer Printmedien ebenfalls • Neue Schulbücher erscheinen nur noch in der neuen RS. • Die Kultusminister konnten im Vorgriff in Schulen die neuen Regeln einführen. Einzelne Eltern wollen die neue RS nicht, strengen Prozesse vor Verwaltungsgerichten an. • Die Presse berichtet von negativen Urteilen auf S. 1, von positiven in kleinen Meldungen. Die positiven waren immer in Überzahl, aber die Öffentlichkeit musste denken, die Gerichte stoppen die neue RS. Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 51 Zur Geschichte der Rechtschreibung Der Weg zur Neuregelung 1996 • Am 14. Juli 1998 entscheidet das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, dass die Einführung einer neuen RS als Verordnung rechtens sei. Zugleich wird vorab entschieden, dass ein Ausscheren einzelner Bundesländer (“Insellösung”) kein Grund sei, die Neuregelung in anderen Bundesländern zurückzunehmen. • Dadurch wird eine Volksbefragung mit negativem Ausgang in Schleswig-Holstein uninteressant; dort hat inzwischen der Landtag mit den Stimmen aller Parteien beschlossen, die Neuregelung doch einzuführen. • Die Presse, die ursprünglich 1998 umstellen wollte, stellt zum 01. August 1999 um, auch SPIEGEL und zunächst FAZ. • Federführend für die Presseregelungen war dpa. Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting (Univ. Duisburg-Essen, Campus Essen) 52