Wissenschaftliche Integrität Wissenschaftliche Integrität Wissenschaftliche Integrität ist eine moralische Grundhaltung. Wissenschaftliche Integrität im umfassenden Sinn kann nicht vom verantwortungsvollen Umgang mit dem menschlichen Wissensdrang und der menschlichen Neugier losgelöst werden. Wissenschaftliche Integrität • setzt ethische Reflexion, Selbstdisziplin und ein selbstkritisches Urteil voraus • ist für Forschende und ihre Institutionen unerlässlich • ist Voraussetzung für einen nachhaltigen Diskurs zwischen Wissenschaft und Gesellschaft • fördert das Ansehen der Forschung, das Verständnis für neue Entwicklungen und die Akzeptanz von Innovationen 3 Fälle von nicht integrem Verhalten • Cyrill Burt, 1976, Psychologie: ‚Nachweis‘ für vererbte Intelligenz aufgrund weitgehend erfundener Daten. Fölsing A.: Der Mogelfaktor. Hamburg 1984, 31ff. • Francois Dermange, 2001, Theologische Ethik: Zwei Publikationen mit Plagiaten. Uni Genf belässt ihn im Amt als ‚Professor auf Bewährung‘. La Liberté 05.12.01 Fälle von nicht integrem Verhalten • Friedhelm Herrmann/Marion Brach, 1997, Biomedizin: Krebsforscher fälschen jahrelang Ergebnisse, in 94 Publikationen wurde Manipulation der Daten nachgewiesen; Verwenden als Gutachter Resultate anderer Forscher; F.H. ist Mitglied im Senatsausschuss der DFG, bezog Fr. 800‘000 Forschungsgelder, als Professor der Uni Ulm suspendiert. Die Zeit 10.06.98 • Karl Illmensee, 1977-84, Zoologie: Klont 1981 erstmals Mäuse. Mängel im Forschungsantrag, Ungenauigkeiten, Ungereimtheiten. Suspendierung als Professor der Uni Genf aufgehoben, Forschungsförderung aber eingestellt. Frankfurter Allgemeine Sonntags Zeitung 21. 10. 07 Fälle von nicht integrem Verhalten • Jon Sunbo, 2005, Biomedizin: ‚Nachweis‘, dass entzündungshemmende Medikamente die Inzidenz von Mundkrebs vermindern. Als Grundlagen wurde eine Datenbank angegeben, die nichts mit der Publikation zu tun hatte. Die Studienpopulation war vom Autor gänzlich erfunden. The Lancet 2005; 366:1359-1366 • Woo Suk Hwang, 2005, Stammzellenforschung: ,Klonung‘ menschlicher Blastozysten, aus welchen angeblich embryonale Stammzellen gezüchtet wurden. Die Daten waren gefälscht. Zudem waren die Eizellen von eigenen Laborangestellten gespendet worden. Science 2004; 303: 1669 ff. und 2005, 2308: 1777ff. Wissenschaftlich integres Verhalten Wissenschaftlich integres Verhalten verlangt: • Respektierung der Grenzen der Forschungsfreiheit • Wahrhaftigkeit • Offenheit innerhalb der Forschungsgruppe • Transparenz und Dialog mit der wissenschaftlichen Gemeinschaft und der Öffentlichkeit Forschungsprojekte in der Planungsphase • Nachvollziehbarkeit des Forschungsplanes • Definition der Rollen der beteiligten Personen • Aufschluss über die Finanzierung und deren Quellen • Aufschluss über den Umgang mit Daten und Materialien • Aufschluss über Interessenkonflikte • Schriftliches Festhalten von Vereinbarungen Forschungsprojekte in der Durchführung • Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Dokumentation • Aufbewahrung von Daten und Materialien derart, dass ein Verlust oder eine Manipulation ausgeschlossen sind • Offenlegung von Projektinformationen innerhalb der Forschungsgruppe • Hilfestellung bei einer Überprüfung der Projektergebnisse Publikation von Forschungsergebnissen • Rechtzeitige Regelung der Autorschaft und der spezifischen Verantwortung der Autoren • Unvoreingenommene und vollständige Publikation der Ergebnisse • Keine Aufteilung der Ergebnisse in separate Publikationen zwecks Vermehrung der publizierten Titel • Originalität, Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Relevanz gilt mehr als Raschheit der Ergebnisse und Anzahl Publikationen Wissenschaftliches Fehlverhalten Vorsätzliche oder fahrlässige Täuschung • • • • • • • Datenfälschung Datenfabrikation Plagiat Ungerechtfertigte Autorschaft Nichterwähnung von wesentlichen Beiträgen Dritter Schädigung und Behinderung von Forschungsarbeiten Absichtliche Fehlbeurteilung von Projekten und Ergebnissen • Verletzung von Diskretionspflichten • usw. Wissenschaftliches Fehlverhalten darf nicht toleriert werden • Besteht Verdacht auf einen Verstoss gegen die wissenschaftliche Integrität, soll in einem spezifischen Verfahren geprüft werden, ob ein Fehlverhalten vorliegt. • Forschungsinstitutionen und Institutionen der Forschungsförderung sollten über eine IntegritätsschutzOrganisation verfügen, also eine Ombudsperson und einen Integritätsschutzbeauftragten. Zentrale Verfahrensregeln • Anhörung der angeschuldigten Person • Vertraulichkeit für alle am Verfahren Beteiligten • Schutz der Anzeige erstattenden Person • Keine Mitwirkung von Personen, die befangen sein können, am Verfahren • Dokumentation der einzelnen Verfahrensschritte • Rekursmöglichkeit Vorschlag für eine Verfahrensorganisation • Ombudsperson • Integritätsbeauftragter • Ermittlungsinstanz • Entscheidungsinstanz • Rekursinstanz Die Akademien der Wissenschaften Schweiz SAGW, SAMW, SATW, SCNAT • verstehen sich als Bindeglied zwischen Wissenschaft und Gesellschaft • engagieren sich für die Wahrnehmung ethisch begründeter Verantwortung in Gewinnung und Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse. • engagieren sich in den Bereichen Früherkennung, Ethik und Dialog • setzen sich ein für wissenschaftliche Integrität Die Akademien der Wissenschaften Schweiz setzen sich ein für wissenschaftliche Integrität • Sie verfügen über eine eigene Integritätsschutzorganisation. • Sie haben ein «Memorandum» und «Grundsätze und Verfahrensregeln zur wissenschaftlichen Integrität» verfasst, welches sich an öffentlichrechtliche und private Forschungsinstitutionen und Institutionen der Forschungs-Förderung richten (www.akademien-schweiz.ch). • Sie haben eine «Kommission wissenschaftliche Integrität» eingesetzt, welche Forschungsinstitutionen und Institutionen der Forschungsförderung in Fragen der wissenschaftlichen Integrität beratend zur Verfügung steht.