Ingo Rechenberg PowerPoint-Folien zur 11. Vorlesung „Bionik I“ Pseudobionik kontra wissenschaftliche Bionik Die 7 Denkschritte der Bionik Nachträge 1,5 m/s Wasserläufer (Gerris lacustris.) Vorbild für eine technische Wasserlaufmaschine ? Auch Spinnen können übers Wasser laufen Eindellung der Wasseroberfläche Robostrider (MIT) Harbin University (China) Original Carnegie Mellon University MIT Künstliche Wasserläufer Carnegie Mellon University Carnegie Mellon University Pressemitteilung AUTOMATISIERUNG IM MIKROBEREICH Transportmaschine IPA.FluidSorting hat Wasserläufer als Vorbild Mit Hilfe der Oberflächenspannung von Wasser lassen sich winzige Bauteile vereinzeln und zur Montagestation transportieren. Selbst Staubkörner könnten sortiert werden. Mikrozahnrad im Größenvergleich: Fraunhofer Forscher haben eine Maschine namens IPA.FluidSorting entwickelt, mit der sich selbst die kleinsten Teilchen vereinzeln und an den Montageplatz schwemmen lassen. Wasserläufer: Beinhaare mit Superhydrophoben Nano-Rillen Cassie-Baxter-Effekt ! Nano-Rillen Xuefeng Gao & Lei Jiang, Beijing 20 μm 200 nm 20 m 2 cm Biologisches Vorbild Technische Nachahmung 1000-fache Vergrößerung Entwurf einer Passagier-Wasserlauffahrzeugs Nein, Bionik ist Ähnlichkeitsgesetz Quatsch? ignoriert Es gilt: Geometrische Ähnlichkeit zwischen biologischem Vorbild und technischer (Groß-)Ausführung ist zwar eine notwendige aber keine hinreichende Bedingung für gleiche physikalische Vorgänge. Zusätzlich müssen auch die voneinander unabhängig wirkenden Kräfte im gleichen Verhältnis zueinander stehen (Dynamische Ähnlichkeit). Wenn diese Kräfte verschiedene physikalische Ursachen haben, kann sich bei Änderung des Maßstabes dieses Verhältnis ändern. Änderung der Kräfte-Resultierenden ! Oberflächenkraft Ko Wasserläuferfuß Ko Eingedellte Wasseroberfläche Versuch mit Flüssigkeitslamelle KG Gewichtskraft Stichwort für Suche im Internet: Oberflächenspannung K G g 3 g 2 Eötvös - Zahl KO Wasser 0,07 N / m Quecksilber 0,4 7 N / m Dynamische Ähnlichkeitskennzahlen: Eötvös-Zahl g 2 Eo v 2 (Gewichtkräfte – Oberflächenspannung) Weber-Zahl We Cauchy-Zahl Ca Froude-Zahl 2 v Fr g (Trägheitskräfte – Gewichtskräfte) Reynolds-Zahl Re v / (Trägheitskräfte – Reibungskräfte) (Trägheitskräfte – Oberflächenspannung) v E / (Trägheitskräfte – Elastische Kräfte) Abbesche Zahl (V) Archimedes-Zahl (Ar) Arrhenius-Zahl (γ) Atwood-Zahl (At) Begasungszahl (NB) Biot-Zahl (Bi) Bodenstein-Zahl (Bo) Bond-Zahl (Bo) Brinkmann-Zahl (Br) Cauchy-Zahl (Ca) Colburn-Zahl (J) Damköhler-Zahl (Da) Dean-Zahl (De) Deborah-Zahl (De) Eckert-Zahl (Ec) Ekman-Zahl (Ek) Elsasser-Zahl Eötvös-Zahl (Eo) Ericksen-Zahl (Er) Euler-Zahl (Eu) Fourier-Zahl (Fo) Froude-Zahl (Fr) Galilei-Zahl (Ga) Graetz-Zahl (Gz) Grashof-Zahl (Gr) Hagen-Zahl (Hg) Hatta-Zahl (Ha) Helmholtz-Zahl (He) Jakob-Zahl (Ja) Kapillarzahl Karlovitz-Zahl (Ka) Kavitationszahl Keulegan-Carpenter-Zahl (KC) Knudsen-Zahl (Kn) Laplace-Zahl (La) Lewis-Zahl (Le) Ljascenko-Zahl (Lj) Mach-Zahl (Ma) Marangoni-Zahl (Mg) Markstein-Zahl Morton-Zahl (Mo) Nahme-Zahl (Na) (auch Griffith Zahl) Newton-Zahl (Ne) Nusselt-Zahl (Nu) Ohnesorge-Zahl (Oh) Péclet-Zahl (Pe) Phasenübergangszahl (Ph) Prater-Zahl (β) Prandtl-Zahl (Pr) Rayleigh-Zahl (Ra) Reynolds-Zahl (Re) Richardson-Zahl Rossby-Zahl (Ro) Schmidt-Zahl (Sc) Sherwood-Zahl (Sh) Siedekennzahl (Bo, boiling number) Stanton-Zahl (St) Stefan-Zahl (Ste, Kehrwert von Ph) Stokes-Zahl (St) Strouhal-Zahl (Sr) Taylor-Zahl (Ta) Thiele-Modul (φ) Thring-Zahl Weber-Zahl (We) Weisz-Modul (Φ) Weissenberg-Zahl (Ws) Ähnlichkeitskennzahlen im Internet Anschauliche Ableitung der Reynoldschen Kennzahl Strömungsmedium: 2 l 2 Zentripetalm v K Träg r Kraft ( 2 )3 v 2 K Träg 1 v Dichte Zähigkeit 1 l y Newtonsche K Reib dv F Schubspannung dy K Reib v ( 2)2 1 v=0 l K Träg 1 2 v K Reib 1 1 / Konstant bei geometrischer Ähnlichkeit Kinematische Zähigkeit wasser = 1·10-6 m2/s luft = 15·10-6 m2/s K Träg v Re K Reib Reynoldszahl Größe Airbus 380 Andere Strömungsphysik andere Lösungen ! Libelle Re K Träg v K Reib Federflügler 0,25 mm Strömungsphysik (Reynoldszahl) Verkehrsflugzeug B-747 Re = 2·10 8 Segelflugzeug ASH-25 Re = 2·10 6 Flugmodell Zahnstocher Re = 8·10 4 Wegen der zunehmenden Reibungskraft (im Verhältnis zur Trägheitskraft) bewegt sich ein Saalflugmodel wie im zähen Honig, während im Vergleich der A380 in einem sehr dünnflüssigen Medium fliegt. Saalflugmodell Mikro Air Vehikel Re = 4·10 3 Vogel Weißstorch Re = 1·10 5 10 8 Verkehrsflugzeug Re 10 7 Segelflugzeug Reynoldszahl und Flügelprofil Die unterschiedliche Strömungsphysik führt zu unterschiedlichen optimalen Flügelprofilen 10 6 a 10 5 d c A2-Flugmodell 10 4 Saalflugmodell 10 3 a b c d Adler Bussard Habicht Sperber b 1 Biologisches Funktionsprinzip Fb 2 Technisches Funktionsprinzip Ft stopp 3 4 stopp nein Fb ähnlich Ft ? ja Biologische Randbedingungen Rb Technische Randbedingungen Rt nein Rb ähnlich Rt ? ja 5 Biologisches Gütekriterium Gb 6 Technisches Gütekriterium Gt stopp 7 nein Man sollte bei einer bionischen Innovation prüfen, ob wirklich eine Evolutions-Leistung in die Technik übertragen wurde Gb ähnlich Gt ? ja Nutzung der evolutiven Lösung Die 7 Denkschritte in der Bionik Fb = Schmetterlingsschuppen Ft = Dachziegel Fb ≠ F t Ft Fb Pseudo-Bionik: Unterschiedliche Funktionen in Biologie und Technik Storch Rb Adler Rb = Flügelprofil Vogel Rt = Flügelprofil Flugzeug Flugzeug NACA 662-615 Rb ≠ Rt Rt Wegen Reynoldszahl Pseudo-Bionik: Unterschiedliche Randbedingungen in Biologie und Technik Gb = Mohnkapsel Gt = Salzstreuer Gb ≠ Gt Gt Gb Pseudo-Bionik: Unterschiedliche Gütekriterien in Biologie und Technik Trivial-Bionik 1 Trivial-Bionik 2 Trivial-Bionik 3 Trivial-Bionik 4 Trivial-Bionik 5 Trivial-Bionik 6 Trivial-Bionik 7 Die Unterwassernase erzeugt ein zweites Wellensystem, das die Bugwelle durch Interferenz verkleinert. Delfin-Schnauze Trivial-Bionik 8 Schiff-Bugwulst 50 μm Kieselalge Autofelge Trivial-Bionik ? - Darüber wird noch diskutiert 1. Nachtrag: Weitere Beweise für die Optimierung in der biologischen Evolution Mimese Imitation von Tieren Zoomimese Pflanzen oder Pflanzenteilen Phytomimese Leblosen Gegenständen Allomimese Dornzikaden an einem Rosenstamm Interpretation der Formgebung einer Dornzikade als Optimierungsproblem Dorn Ur- Zikade x Problem der Kurvenanpassung x 2 ( ysoll yist ) Minimum Hier ist der Kopf ! Die Thailändische Langkopfzirpe Mondvogel (Phalera bucephala) Mimese eines abgebrochenen Astes durch einen Falter Kopf Rechte Flügelspitze Lonomia Motte Linke Flügelspitze Heikegani-Krabbe oder Samurai-Krabbe Eine gewagte Hypothese: Die Samurai-Krabbe ahmt einen SamuraiKrieger nach, weil Japanische Fischer Krabben, die einem SamuraiGesicht ähnelten, stets ins Meer zurückgeworfen haben. Krabben mit mehr Samurai-Gesicht haben sich so verstärkt vermehren können. Samurai-Maske Foto: Ingo Rechenberg Verborgen im Saharasand Biomimetik (modern) = Bionik ? Zum Schein so tun als ob … Äußerlichkeit nachahmen Täuschen Quadkopter Biomimetik Design So steht es auf der Verpackung Holz Parkett Laminat Fußboden Unimodale und multimodale Optimierung unimodal multimodal Multimodale Optimierung in der Natur Zwei Lösungen der Evolution Komplexauge Linsenauge Kameraaugen mit Hornhaut ausgestattete Augen der Landwirbeltiere Komplexaugen Superpositionsaugen Neurale Superposition Appositionsaugen Pfeilschwanzkrebs Spinnen Fischaugen Linsenauge der Kopffüßer Zwischenformen Augen mit Glaskörper Vorstufen der Komplexaugen TapetumBergrücken Augen mit Spiegeln Ruderfußkrebse Augen mit Detritus Nautilus engem Loch Augen mit engem Loch Becheraugen mit reflektierendem Pigment Becheraugen mit Pigment Einfache Lichtwahrnehmung Das sind alles Lösungen, die einen Berggipfel „erklommen“ haben Multimodalität der Augen-Evolution Unimodale Optimierung in der Natur Parallelevolution Placentalia (Placentatiere) und Marsupialia (Beuteltiere) Beutelmaus Die parallele Maus in der Evolution In Beutelratte Beutelhund Beutelbär Australien Beuteligel Beutelmaulwurf Unimodale Evolution (Optimierung) Beutelmensch Sandfisch Sandschleiche Sandboa Parallelevolution - Grundlage der Bionik 2. Nachtrag: Wasserpumpe ohne beweglich Teile Temperatur Wüstenboden: 70°C Temperatur Koloquintenblatt: 35°C Astragalus trigonus Blatt-Temperatur 35 40°C Bodentemperatur 70°C ! 7.7.56 Temperatur [ °C] 60 Temperatur abgeschnittenes Blatt 55 50 45 40 Temperatur unverletztes Blatt 35 Blatt abgeschnitten 30 10 12 14 16 18 20 h Kühlung von lebenden Koloquintenblättern Lange O.L . (1959). Untersuchungen über Wärmehaushalt und Hitzeresistenz mauretanischer Wüsten- und Savannenpflanzen. Flora 147, 595-651 Erstes Experiment zur Sichtbarmachung der Transpiration Geerntetes Transpirationswasser eines Tages Restfeuchte im Ton H 2O Spaltöffnung Wasserhäutchen Oberflächenspannung 9m Arbeitsprinzip der Transpirationspumpe H 2O Vorbild Natur Nachbildung Technik 9.Tag 8.Tag 7.Tag 6.Tag 5.Tag geerntet gesaugt 4.Tag 3.Tag 2.Tag 1.Tag Tonkugel-Transpirationspumpe Versuch in der Oase Tisserdmine 30. März bis 7. April 2013 Bionik-Pumpe mit Rückgewinnung der Kondensationswärme Vakuumdämmung Nachgebildetes Pflanzenblatt Rückgewinnung der Kondensationswärme Nachgebildete Spaltöffnungen Pro Tag geerntetes Trinkwasser: Kühles Bodenwasser Saugkerzen im Wüstenboden Theoretisch bis zu 20 Liter pro Quadratmeter künstlicher Blattoberfläche Treffen zum Praktikum Wedding Ackerstraße 76 1. Stock „Bionik“ Freitag 13 Februar 10 Uhr Ende www.bionik.tu-berlin.de