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Veränderung von Einstellungen
Vorlesung Winter, 2011/12
Thomas Kessler
Überblick
• Veränderung von Einstellungen
– Der Yale Ansatz zur Einstellungsänderung
– Das Informationsverarbeitungsmodell der
Einstellungsänderung
– Konditionierung vs. Überzeugung?
• Zwei Prozess Modelle
– Modell der Elaborationswahrscheinlichkeit
– Das heuristisch-systematische Modell
Leitfragen
• Durch welche Prozesse können Einstellungen
geändert werden?
• Sind es Prozesse der Konditionierung oder des
Nachdenkens über Argumente, durch die
Einstellungen geändert werden?
The Yale approach to communication
and persuasion
(Janis & Hovland, 1959)
Factors
Message
• Order of arguments
• One- vs. two-sided arguments
• Type of appeal
• Explicit vs. implicit conclusion
Source
• Expertise
• Trustworthiness
• Likeability
• Status
• Race
Audience
• Persuasibility
• Initial position
• Intelligence
• Self-esteem
• Personality
Process
Outcome
Opinion change
Attention
Perception change
Comprehension
Affect change
Acceptance
Action change
Source based on Janis and Hovland, 1959
Einflüsse der Quelle
• Experten sind überzeugender als Laien, weil die
gleichen Argumente als bedeutender
wahrgenommen werden, wenn sie von Experten
stammen.
(Hovland and Weiss, 1952)
• Der Einfluss von Kommunikatoren steigt mit ihrer
Popularität und Attraktivität.
(Kiesler and Kiesler, 1969)
• Je schneller Menschen sprechen, desto
überzeugender sind sie, weil der Eindruck entsteht,
sie wüssten worüber sie sprechen. (Miller et al., 1976)
Einflüsse der Kommunikation
• Zweiseitige Argumentation ist wirkungsvoller,
wenn Zuhörer anderer Meinung sind und in der
Lage, die Argumente zu verarbeiten. Einseitige
Argumentation ist wirksamer, wenn Zuhörer der
gleichen Meinung sind.
(Lumsdaine & Janis, 1953)
• Je häufiger eine Botschaft dargeboten wird,
desto eher wird sie als richtig bewertet, weil sie
uns vertrauter vorkommt.
(Arkes, Boehm & Xu, 1989)
Amount of attitude change
Relation zwischen Angst und
Einstellungsänderung
Increase in fear
based on Hogg and Vaughan, 2005
Einflüsse auf Seiten der Zuhörer
• Zwischen Selbstbewusstsein und Persuasion
besteht ein umgekehrt U-förmiger
Zusammenhang.
(Rhodes & Wood, 1992)
• Die Auswirkungen einer Reihe von
Einstellungen und Motiven auf der Seite der
Zuhörer wurden nachgewiesen: z.B. need for
cognition, need for closure, Wichtigkeit der
Einstellung.
Konditionierung von Einstellungen
• Pawlows Hund: Ein klassisches Experiment
– Einem Hund wird Fressen immer durch ein Ton angekündigt.
Unkonditionierte Reaktion auf Fressen ist vermehrter
Speichelfluss. Nach einigen Paarungen von Ton und Fressen löst
schon der Ton alleine einen erhöhten Speichelfluss aus.
• Staats und Staats (1958)
– Nationalitätsnamen (schwedisch vs. holländisch) wurden mit
positiven (heilig, Geschenk) oder mit negativen Wörtern (bitter,
Misserfolg) gepaart. Die mit positiven Wörtern gepaarten
Nationalitätsnamen wurden positiver eingeschätzt als die mit
negativen Wörtern gepaarten.
Konditionierung von Einstellungen
• Kritik: Die Versuchspersonen lernen die
Kontingenz und verwenden sie als „demand
characteristic“
– Muss der Zusammenhang zwischen affektiven Wörtern
und neutralen Wörtern bewusst sein?
• Spätere Untersuchungen (Krosnick et al., 1992)
zeigten, dass affektive Konditionierung auch mit
unbewussten unkonditionierten Reizen
funktioniert.
Konditionierung von Einstellungen
• Operante Konditionierung von Einstellungen:
– Wenn man für eine bestimmte Einstellungen positive
Konsequenzen erhält, werden diese verstärkt.
– Wenn man für bestimmte Einstellungen negative
Konsequenzen erhält, werden diese reduziert.
• Untersuchung von Verplanck (1955)
– Frequenz positiv verstärkter Äußerungen steigt, die
Frequenz bestrafter Einstellungen sinkt.
– Hildum und Brown (1956) konnten auch die Stärke von
Einstellungen durch operante Verstärkung verändern.
Systematische
Informationsverarbeitung
• 2-Faktoren Modell (McGuire, 1968)
• Einstellungsänderung ist das Ergebnis von
mindestens 5 Schritten:
– Aufmerksamkeit
– Verstehen
– Akzeptieren (der Argumente und die Veränderung
der Einstellung)
– Beibehalten (der geänderten Einstellung)
– Verhalten (entsprechend der neuen Einstellung)
2-Faktoren Modell
• Aufmerksamkeit und Verstehen (= Rezeption) sind
der erste Faktor und das Akzeptieren einer
überredenden Botschaft ist der zweite Faktor
(McGuire, 1968).
• Alle Variablen, die in einer positiven Beziehung zu
Rezeption und Akzeptanz stehen, sollten eine
positive Wirkung auf Überredung haben.
2-Faktoren Modell
• Individuelle Unterschiede der Beeinflussbarkeit:
– Intelligenz beeinflusst positiv die Rezeption von Argumenten
– Intelligenz beeinflusst negativ die Akzeptanz von Argumenten
– Kurvilinearer Zusammenhang zwischen Intelligenz und
Überredung (wenig Überredung bei geringer Intelligenz und wenig
bei sehr hoher Intelligenz)
• Prinzip der situationsbezogenen Gewichtung
– Komplexe und gut begründete Argumente überzeugen eher
intelligentere Vpn
– Einfache Botschaften mit wenig Argumenten überzeugen
intelligentere Vpn weniger
Einstellungsänderung
Einstellungsänderung als umgekehrtU-förmige Funktion
Ansteigende Angst, Selbstwert, oder Intelligenz
based on Hogg and Vaughan, 2005
Systematische Infoverarbeitung
• Untersuchungen zur systematischen
Informationsverarbeitung variierten Faktoren, die
das Ausmaß der Infoverarbeitung beeinflussen
sollten (z.B. kognitive Doppelbelastung,
Ablenkung, Botschaftswiederholung usw.)
• Zusätzlich wurden starke und schwache
Argumente variiert.
Systematische Infoverarbeitung
• Untersuchungen von Petty et al. (1976)
• UV1: Starke versus schwache Argumente
• UV2: geringe versus hohe Ablenkung
• AV: Einstellung zum Thema
Systematische Infoverarbeitung
• Ergebnisse (Petty et al., 1976)
1.2
Starke Argumente
Zustimmung
0.6
0
-0.6
-1.2
Schwache
Argumente
Ablehnung
4
12
Anzahl der visuellen Reize pro Minute
Problem
• Untersuchungen zum klassischen und operanten
Konditionieren zeigen, dass Einstellungen durch
diese Prinzipien erworben und verändert werden
können.
• Theorien zur systematischen Verarbeitung
zeigen, dass durch gute Argumente
Einstellungen verändert werden können.
• Was ist jetzt richtig? Argumente oder
Verstärkung?
Modell der Elaborationswahrscheinlichkeit (ELM)
• Zentrale Route der Überredung
– Zeitintensives, gründliches Nachdenken über
Argumente
• Periphere Route der Überredung
– Oberflächliche Rezeption der Botschaften
• Relevanz und Involviertheit als
Determinanten dafür, welche Route gewählt
wird
Modell der Elaborationswahrscheinlichkeit (ELM)
• Untersuchung von Petty et al., 1981
– UV1: starke versus schwache Argumente
– UV2: Quelle der Info mit hoher versus niedriger
Sachkenntnis
– UV3: Hohe versus niedrige Involviertheit
– AV: Einstellung zu Studiengebühren
Modell der Elaborationswahrscheinlichkeit (ELM)
• Ergebnisse von Petty et al., 1981
0.4
0.4
0.2
Einstellung nach Kommunikation
Positiv
0.6
Einstellung nach Kommunikation
Positiv
0.6
Sachkenntnis hoch
0
-0.2
Starke Argumente
0.2
0
-0.2
Sachkenntnis gering
-0.4
Schwache Argumente
-0.4
Negativ
Hohe
Involviertheit
Niedrige
Involviertheit
Hohe
Involviertheit
Niedrige
Involviertheit
Heuristisch-systematische Modell der
Einstellungsänderung (HSM)
• Systematische Verarbeitung
• Heuristische Verarbeitung
• Grad der Verarbeitungsmotivation und
Fähigkeit als Moderator
Sehr ähnliche Untersuchungen und
Ergebnisse wie für ELM
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
des HSM und ELM
• Die systematische oder zentrale
Verarbeitungsroute impliziert eine hohe Fähigkeit
und Motivation zur gründlichen
Argumentverarbeitung.
• Die heuristische oder periphere Route impliziert
weder Motivation noch hohe Fähigkeit.
• Personen verarbeiten Botschaften mit geringem
Aufwand, es sei denn sie wären motiviert sich
genauer mit dem Thema zu beschäftigen.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
des HSM und ELM
• Nach HSM können heuristische und
systematische Verarbeitungsanteile gleichzeitig
wirken.
– Selbst unter hoher Involviertheit wirken heuristische
Cues
• Das ELM nimmt im wesentlichen Akkuratheit als
Motivation an, das HSM nimmt dagegen
verschiedene Motivationen an (Akkuratheit,
Selbstschutz, Impression Management usw.).
Zusammenfassung

Einstellung können durch Prozesse mit geringem
kognitiven Aufwand verändert werden (klassisches
konditionieren) wie auch durch systematische kognitive
Prozesse (analytisches Denken).

Beide Prozesse können (und wurden) in Konkurrenz
gegeneinander geprüft, wurden aber später als ZweiProzess Modelle in ein Modell integriert.

Je stärker man an einem Thema interessiert ist, desto
intensiver ist auch das Nachdenken über Argumente
zum Thema.
Literatur
• Hogg, M.A. & Vaughan, G.M. (2005). Social Psychology
(4th Edition). Essex: Pearson. Kap. 6.
• Bohner (2001). Einstellungen. In Stroebe et al. (Hrsg.),
Sozialpsychologie, 4. Auflage, Kap. 8,
Zugehörige Unterlagen
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