Makroökonomik - Universität Passau

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Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2011/12
y,
s.y
y*
f(k)
7. Zinssatz und Gütermarkt bei
(n+d)k
konstanter Inflation
c*
s.f(k)
s.y*
k*
Makroökonomik WS 2011/2012, Prof. Dr. J. Graf Lambsdorff
k
Folie 238
Pflichtlektüre:
Lambsdorff, J. Graf und C. Engelen (2007), Das
Keynesianische Konsensmodell, WiST,
Wirtschaftswissenschaftliches Studium, August, S. 387394.
Jarchow, H.-J. (2010), Grundriss der Geldtheorie, 12.
Aufl. S. 217-229.
Keynes, J.M. (2008), On Air – Der Weltökonom am
Mikrofon der BBC. S. 71-77.
Romer, D. (2006), Short-Run Fluctuations. Manuskript,
University of California, Berkeley, S. 1-19,
http://elsa.berkeley.edu/~dromer/
Blanchard, O. (2009), Macroeconomics. S. 505-512.
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Folie 239
• Die vorherigen Abschnitte hatten gezeigt, dass
Investitionen sich die zu ihrer Finanzierung notwendigen
Ersparnisse selbst erzeugen aufgrund des
Multiplikatorprozesses.
• Wie wird dann aber der Realzins bestimmt?
• Wir hatten in Abschnitt 3 bereits gesehen, dass der
nominale Zinssatz von der Zentralbank bestimmt wird.
• Die Zentralbank beobachtet permanent die laufende und
in der Zukunft erwartete Inflation.
• Wird dieser Wert vom nominalen Zinsniveau
subtrahiert, so ergibt sich das reale Zinsniveau.
• Die Zentralbank führt die Geldpolitik durch mit dem
Ziel, makroökonomische Größen optimal zu steuern.
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Folie 240
III. Fallstudie Eurozone
III. Fallstudie Eurozone
Eurozone, 2009
BIP: 8959 Mrd. €
Bevölkerung: 329 Mio.
Pro-Kopf-Produktion: 27200 €
Preis Big-Mac: 3,38 €
Wechselkurs: 1,41 US $/€
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III. Fallstudie Eurozone
• 1992: Mit dem Vertrag von Maastricht verpflichten sich die
Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf die Einrichtung
einer Währungsunion.
• 1998: 11 Mitgliedstaaten erfüllen die notwendigen
Konvergenzkriterien. Dänemark, Schweden und
Großbritannien nehmen Ausnahmen für sich in Anspruch.
• 1999: 1. Januar 1999 startet die Eurozone.
• 2000: Griechenland qualifiziert sich
• 2002: Physische Münzen und Banknoten werden emittiert.
• 2007-2011: Weitere Länder treten bei; Slowenien (2007),
Zypern und Malta (2008), Slowakei (2009), Estland (2011).
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III. Fallstudie Eurozone
5.000
90.000
4.000
85.000
3.000
2.000
80.000
1.000
0.000
75.000
-1.000
-2.000
Q1 1999
70.000
Q1 2000
Q1 2001
Q1 2002
Q1 2003
Q1 2004
Q1 2005
Q1 2006
Q1 2007
Q1 2008
Q1 2009
Q1 2010
Realer Zinssatz
Inflation
Nominaler Zinssatz
Auslastungsgrad (minus
(rechte 80)
Skala)
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Folie 243
• Da hohe Realzinsen die Investitionen dämpfen und
niedrige Realzinsen zu einem expansiven Impuls führen,
wird die Zentralbank der Höhe der Realzinsen besondere
Aufmerksamkeit schenken.
• Sie wird daher direkt das Realzinsniveau steuern.
• Ist das reale Inlandsprodukt, Y, niedriger als das
potentielle Inlandsprodukt, so resultiert Arbeitslosigkeit und
vorhandene Kapazitäten an Sachkapital sind ungenutzt. Die
Zentralbank steuert dem durch Senkung des Realzinses
entgegen.
• Ist das Inlandsprodukt höher als sein potentielles Niveau,
so müssen Arbeitskräfte Überstunden machen. Sachkapital
wird übermäßig verschlissen. Um die Wirtschaft zu
dämpfen wird die Zentralbank den Realzins erhöhen.
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• Bei einem hohen Inlandsprodukt droht auch eine
zukünftige Finanzkrise.
• Eine hohe gesamtwirtschaftliche Nachfrage kann durch
einen Boom beim privaten Konsum oder den Investitionen
ausgelöst werden.
• Der Boom hält dabei an, weil hohe Einkommen den
privaten Haushalten einen hohen Konsum ermöglichen und
den Investoren eine gute Kapazitätsauslastung.
• Geht das Inlandsprodukt aber auf sein potentielles Niveau
zurück, so erkennen die privaten Haushalte, dass
Konsumentenkredite nicht abbezahlt werden können.
• Investoren erkennen, dass ihre Projekte unrentabel sind.
Sie müssen Insolvenz anmelden. Insgesamt kann so eine
Finanzkrise aufkommen.
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• Um diese Gefahren einer Überhitzung zu vermeiden, wird
die Zentralbank den Realzins erhöhen:
“[It’s the Fed’s job] to take away the punch bowl just as
the party gets going.”
William McChesney Martin, Jr.
Fed Chairman 1951-1970
• In der Rezession gilt das Gegenteil:
“The Fed also has the job of spiking the punch with
grain alcohol when the party starts to flag“
N. Gregory Mankiw,
New York Times, 2007
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Quelle: New York Times, 21. Dezember 2007
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Folie 247
• Die Zentralbank wird darüber hinaus auch der Höhe der
Inflationsrate eine große Bedeutung beimessen. Die EZB
hält eine Inflationsrate zwischen 1 und 2 Prozent für
angemessen.
• Bei hoher Inflation wird die Zentralbank den Realzins
erhöhen. Hierdurch soll der Preisauftrieb gedämpft werden.
• Bei zu niedriger Inflation wird der Realzins gesenkt, damit
zusätzliche gesamtwirtschaftliche Nachfrage entsteht.
• Es ergibt sich eine geldpolitische Reaktionsfunktion, die
positiv vom realen Inlandsprodukt und ebenfalls positiv von
der Inflationsrate abhängig ist.
• Diese Regel wird als Taylor-Regel bezeichnet:
r  r ' P Y  Y   I  ;
r ', P , I  0
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Folie 248
• Hierbei bezeichnen P das Ausmaß mit dem die
Zentralbank auf Schwankungen des Inlandsprodukts
reagiert. Je ausgeprägter der Wunsch nach einer
Stabilisierung des Inlandsprodukts, desto größer fällt dieser
Parameter aus.
• Analog fällt I groß aus, falls bereits kleine
Schwankungen der Inflationsrate vermieden werden sollen.
• Der letzte Term ließe sich auch in der Form I    
schreiben, wobei  der Zielwert der Inflationsrate ist.
• Wir können diesen Zielwert aber weglassen. Ein höherer
Zielwert, also eine inflationäre Politik, wird hier stattdessen
durch den Term r' erfasst.
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• Der Term r' bezeichnet einen von der Zentralbank im
langfristigen Mittel für geeignet angesehenen Realzins.
• Eine Änderung von r' bringt eine bewusste Änderung der
geldpolitischen Ausrichtung zum Ausdruck.
• Mit einem Anstieg von r' wird der Übergang zu einer
restriktiveren geldpolitischen Regel ausgedrückt.
• Mit einem Senken von r' wird ausgedrückt, dass die
Zentralbank eine laxere geldpolitische Regel verfolgt.
• Hiervon ist eine fehlerhafte Realzinssteuerung der
Zentralbank zu unterscheiden, die durch ein Abweichen von
der MP-Kurve dargestellt wird.
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Folie 250
• Wir setzen dabei den Wert für das potentielle
Inlandsprodukt, Y , auf 100 und passen den Wert der
Güternachfrage, Y, dementsprechend an.
• Bei einem Produktionspotential von 2500 Mrd. € und
einer Güternachfrage von 2400 Mrd € schreiben wir dann:
2400  2500
Y Y 
 100  96  100
2500
• Wir bringen somit zum Ausdruck, dass die Güternachfrage
4% unterhalb des Produktionspotentials liegt.
• Taylor schlägt als Werte für P und I jeweils 0,5 vor.
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Folie 251
• Damit erhalten wir eine Kurve, welche die monetäre
Politik der Zentralbank beschreibt. Diese Kurve
bezeichnen wir als MP-Kurve.
• Sie hat eine positive Steigung.
• Ein Anstieg der Inflation oder ein Übergang zu einer
restriktiveren geldpolitischen Regel (r' steigt) verschieben
die MP-Kurve nach oben.
r
MP-Kurve
; r'
Y
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Folie 252
• Die IS-Kurve sei durch die folgende Gleichung
charakterisiert (b0 bezeichnet die in den vorherigen
Abschnitten identifizierten Einflüsse).
Y  b0  b1r; b0 , b1  0.
• Die geldpolitische Regel und die IS-Kurve können
zusammengefasst werden, um das gleichgewichtige
Inlandsprodukt und den hierzu gehörigen Realzins zu
bestimmen.
r
IS
MP
r0
P0
Y0
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Y
Folie 253
• Im Gleichgewicht muss die nominale Geldmenge, Ln,
mit der Inflationsrate steigen.
• Dies zeigt ein Blick auf die Geldnachfragegleichung,
Ln  P  L(Y , r   e ) .
• Da im Gleichgewicht der Realzins, die erwartete
Inflationsrate und das Inlandsprodukt konstant sind, ist
auch die reale Geldnachfrage konstant.
• Dies ergibt sich nur bei einer proportionalen
Entwicklung von Geldmenge und Preisniveau.
• So lange somit der Zinssatz konstant ist, gilt die
Quantitätsgleichung.
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Folie 254
Erhöhung des Staatskonsums
IS1
r
IS0
b0
MP
rA
r0
P0
Y0
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PA
YA
Y
Folie 255
• Die Erhöhung des Staatskonsums auf ein dauerhaft höheres
Niveau verschiebt die IS-Kurve nach rechts.
• Aufgrund des Anstiegs des Inlandsprodukts ergibt sich eine
Überauslastung der Kapazitäten.
• Die Zentralbank wird gemäß ihrer Reaktionsfunktion den
Realzins erhöhen.
• Die Inflationsrate ist kurzfristig konstant. Daher bleibt die
MP-Kurve unverändert in ihrer Lage. Es ergibt sich ein neues
Gleichgewicht im Punkt PA.
• Das Inlandsprodukt ist angestiegen, allerdings ist der
Anstieg gedämpft, da die höheren Realzinsen die
Investitionen reduzieren.
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Folie 256
• Der Anstieg des Inlandsprodukts fällt insgesamt geringer aus
als bei der bisherigen Multiplikatoranalyse.
• Die Zentralbank wirkt stabilisierend einer Ausweitung des
Inlandsprodukts entgegen.
• Dies wird auch in der Literatur als „Dämpfungseffekt des
Geldmarkts“ oder genauer als „Dämpfungseffekt der
Zentralbankpolitik “ bezeichnet.
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Folie 257
Straffere geldpolitische Regel
MP1
r
IS0
rA
r0
r'
PA
MP0
P0
YA
Y0
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Y
Folie 258
• Eine straffere geldpolitische Regel verschiebt die MP-Kurve
nach oben.
• Der Realzins erhöht sich.
• Aufgrund des steigenden Realzinses sinkt das
Inlandsprodukt.
• Dies wiederum bewirkt, dass die Erhöhung des Realzinses
etwas gedämpft wird.
• Es ergibt sich ein Gleichgewicht in PA bei kurzfristig
konstanter Inflationsrate.
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Folie 259
• Eine straffere geldpolitische Regel geht mit einer
einmaligen Reduktion der Geldmenge einher.
• Dies zeigt die Gleichung für die Geldnachfrage:
Ln  P  L(Y , r   e )
• Da das Inlandsprodukt sinkt und der Realzins steigt,
sinkt die reale Geldnachfrage.
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Folie 260
• Wieso geht eine einmalige Reduktion der Geldnachfrage
mit einem Sinken des Inlandsprodukts einher?
• Teilweise finden sich hier irreführende,
vulgärökonomische Argumente für diesen Zusammenhang,
z.B. : „Die Güternachfrage verringert sich, weil weniger
Geld für Konsumzwecke zur Verfügung steht“.
• Dieses Argument ist falsch, denn für Konsum ist
Einkommen notwendig. Geld wird zu
Transaktionszwecken gehalten. Konsumgüter werden
verbraucht, Geld nicht.
• Der Grund besteht vielmehr darin, dass durch den
höheren Realzins die Investitionen sinken und als
Begleiterscheinung auch die Geldnachfrage sinkt.
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Folie 261
Liquiditätsfalle
• Die Zentralbank kann keine negativen nominalen
Zinssätze am Markt durchsetzen.
• Ein Grund für dieses Versagen besteht darin, dass die
Geschäftsbanken keine Kredite mit negativen
Nominalzinsen vergeben, weil sie stattdessen die
Geldhaltung bevorzugen.
• Dies wird als Liquiditätsfalle bezeichnet, da alle
Wirtschaftssubjekte eine unbegrenzte Neigung zur Haltung
von Liquidität hätten.
• Bei einer Inflationsrate von Null kann die Zentralbank
dann keine negativen Realzinsen erreichen.
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Folie 262
Expansivere geldpolitische Regel mit Liquiditätsfalle
r
IS0
r0=0
MP
P0=P1
r'
Y
Y0=Y1
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Folie 263
• Statt Punkte auf der MP-Kurve zu erreichen, muss die
Zentralbank dann von dieser Kurve abweichen.
• Unterhalb von r=0 gilt die MP-Kurve nicht mehr.
• Eine expansivere geldpolitische Regel ist dann ohne
Einfluss auf r.
• Demzufolge kann sich auch kein Anstieg der Investitionen
und des Inlandsprodukts einstellen.
• Eine Änderung der geldpolitischen Regel ist in der
Liquiditätsfalle somit wirkungslos.
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Folie 264
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Folie 265
IV. Fallstudie Japan
IV. Fallstudie Japan
Japan, 2009
BIP: 487000 Mrd. Yen
Bevölkerung: 127 Mio.
Pro-Kopf-Produktion: 3830000 Yen
Preis Big-Mac: 320 Yen
Wechselkurs: 85 Yen/US $
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Folie 266
IV. Fallstudie Japan
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Folie 267
IV. Fallstudie Japan
• 1984-89: Trotz hohen Wachstums und niedriger Inflation
werden niedrige Zinsen gesetzt (um
Leistungsbilanzüberschuss abzubauen). Vermögenspreisblase
bei Aktien und Immobilien.
• 1989-1992: Nikkei büsst mehr als die Hälfte seines Wertes
ein. Viele faule Kredite liegen in den Bilanzen.
• 1992-1996: Trotz Rezession werden Zinsen nur langsam
gesenkt.
• 1996-2010: Japan ist in der Liquiditätsfalle. Nur mit hohen
Staatsausgaben gelingt eine Stabilisierung. Die Verschuldung
des Staates liegt mittlerweile bei 230% des BIP.
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Folie 268
IV. Fallstudie Japan
• Der Nikkei ist der bekannteste japanische Aktienindex.
Seine Messung basiert auf 225 ausgesuchten
Aktienwerten.
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