Y - Universität Passau

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Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
WS 2011/12
y,
s.y
y*
5. Die Aktivität des Staatesf(k)
c*
(n+d)k
s.f(k)
s.y*
k*
Makroökonomik WS 2011/2012, Prof. Dr. J. Graf Lambsdorff
k
Folie 188
Pflichtlektüre:
Blanchard, O. (2009), Macroeconomics. S. 65-81.
Frenkel, M. und K.D. John (2006), Volkswirtschaftliche
Gesamtrechnung, 6. Aufl. S. 25-27, 41-45, 52-53, 55.
Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. Worth
Publishers: S. 262-266.
McDowell, M. et al. (2006), Principles of Economics, S.
717-729.
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Folie 189
• Zu den öffentlichen Haushalten zählen die
Gebietskörperschaften und die Sozialversicherungen. Alle
öffentlichen Haushalte bilden den Sektor „Staat“.
• Im Rahmen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ist
zu berücksichtigen, dass öffentliche Haushalte Güter
produzieren.
• Dies sind z.B. Dienstleistungen, wie Landesverteidigung,
Rechtssicherheit und Bildung.
• Hierbei können keine Lagerbestandsänderungen entstehen,
da Dienstleistungen nicht lagerfähig sind.
• Zur Produktion werden vom Staat Güter und
Dienstleistungen von Unternehmen und privaten Haushalten
gekauft (V) und Arbeitsleistungen unselbständig Beschäftigter
bezogen (F).
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• Der Staat investiert auch, z.B. in Straßen, Brücken oder
Gebäude (Infrastruktur) und muss hierauf Abschreibungen
vornehmen.
• Als „Staatskonsum“ definieren wir alle nicht-investiven
Ausgaben des Staates plus Abschreibungen.
Produktionskonto des öfftl. Haushalts
Käufe v. Vorleist. (V) 70
225
Staatskonsum (G)
Abschreibungen (D)
30
Wertschöpfung (F)
125
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Folie 191
• Es existieren keine Verkäufe der Produktion an andere
Wirtschaftssubjekte.
• Stattdessen ist
- der Empfänger der Leistung häufig nicht bekannt,
- die Produktion unentgeltlich bereitgestellt und
- einzelne sollen oder können von der Nutzung solcher
Güter nicht ausgeschlossen werden.
• Die Bezeichnung „Staatskonsum“ unterstellt daher, dass
die Endverbraucher kollektiv die Produktion konsumieren.
• Reine Transferzahlungen werden hiervon ausgenommen,
da diese nicht im Austausch für gegenwärtig produzierte
Güter oder Dienste geleistet werden.
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Folie 192
• Manche Dienstleistungen des Staates gehen auch als
Vorleistung in den Produktionsprozess der Unternehmen
und privaten Haushalte ein.
• Eine statistische Abgrenzung zwischen Konsum und
Vorleistungen ist aber nicht möglich.
• Daher wird die gesamte Produktion vereinfachend als
Konsum bezeichnet.
• Es ergibt sich ferner die Schwierigkeit der Bewertung der
staatlichen Leistungen. Da keine Marktpreise existieren,
wird die Bewertung zu Herstellungskosten vorgenommen.
• Durch die Bewertung zu Herstellungskosten kann das
Produktionskonto keinen Gewinn ausweisen.
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Folie 193
• Die Finanzierung erfolgt weitgehend über
Zwangsabgaben (direkte und indirekte Steuern,
Sozialbeiträge).
• Über die öffentlichen Haushalte vollzieht sich der
überwiegende Teil der Einkommensumverteilung in der
Volkswirtschaft.
• Zinszahlungen auf ausstehende Verbindlichkeiten werden
als reine Einkommensumverteilung betrachtet, nicht als
Faktoreinkommen, welches aus dem Produktionsprozess
resultiert.
• Das Einkommen wird verwendet für Transferzahlungen
an die privaten Haushalte (Sozialleistungen; R) und an
Unternehmen (Subventionen; Z).
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• Nach Abzug von R und Z ergibt sich das Einkommen des
öffentlichen Haushalts, welches er für Konsum, Zinszahlung
auf ausstehende Verbindlichkeiten und Ersparnis verwenden
kann.
Einkommenskonto des öfftl. Haushalts
Transferzahlungen (R) 45
Staatskonsum (G)
Zinszahlungen
Ersparnis (Sst)
195
225
Direkte Steuern und
Sozialabgaben (Td)
5
20
100
Indirekte Steuern
abzgl. Subventionen (Ti-Z)
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• Die Gegenbuchungen zum Eingang der indirekten Steuern
erfolgen im Produktionskonto der Unternehmen oder
privaten Haushalte, da diese Zahlungen unmittelbar mit der
Produktion und dem Absatz eines Gutes verbunden sind.
• Die Gegenbuchungen zum Eingang der direkten Steuern
erfolgen im Einkommenskonto der Unternehmen oder
privaten Haushalte, da diese Zahlungen eine
Einkommensumverteilung darstellen.
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Folie 196
• Zur Vereinfachung bezeichnen wir die Unternehmen und
privaten Haushalten als privaten Sektor und verwenden zur
Kennzeichnung den Index „p“.
• Das vom Staat gebildete Vermögen wird im
Vermögensänderungskonto abgetragen.
• Der Staat kann Investitionsgüter vom privaten Sektor
kaufen. Diese Investitionen gehen nicht in der laufenden
Produktion unter. Hierfür muss der Staat allerdings
Abschreibungen vornehmen.
• Für die staatliche Ersparnis muss eine Gegenbuchung im
Vermögensänderungskonto erfolgen.
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Folie 197
• Im Gegensatz zu einem gesamtwirtschaftlichen
Vermögensänderungskonto einer geschlossenen
Volkswirtschaft muss das eines einzelnen Sektors nicht
ausgeglichen sein.
• Der Staat kann ein Defizit durch Kreditaufnahme
finanzieren. In diesem Fall weisen die
Vermögensänderungskonten der anderen Sektoren einen
Überschuss auf.
Vermögensänderungskonto des öfftl. Haushalts
Bruttoinvestitionen des
Staates (IBSt)
70
30
20
Abschreibungen (D)
Ersparnis (SSt)
20 Finanzierungsdefizit (BD)
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Folie 198
• Werden die jeweiligen Konten für alle Sektoren zu
gesamtwirtschaftlichen Konten zusammengefasst, so ergibt
sich das unten stehende Flussdiagramm.
Td - R 145
SSt 20
SP 100
Einkommenskonto
F
G
Ti-Z
C
915 670 225 100
Produktionskonto
Vermögensänderungskonto
IbP 220
IbSt 70
DP 140
DSt 30
V 400
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Folie 199
• Bei der Bestimmung des Nettoinlandsprodukts
können nun zwei verschiedene Preisniveaus zu Grunde
gelegt werden. Güter können zu Marktpreisen oder zu
Herstellungskosten bewertet werden.
• Werden indirekte Steuern (abzüglich Subventionen)
berücksichtigt, so ergibt sich das Nettoinlandsprodukt
zu Marktpreisen:
YM=C+G+IP+ISt = 1015
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Folie 200
• Werden alternativ die indirekten Steuern (abzüglich
Subventionen) herausgerechnet, so ergibt sich
derjenige Anteil des Inlandsprodukts, welcher dem
„Volk“ als Faktoreinkommen zufließt. Es resultiert das
Volkseinkommen:
Volkseinkommen=F = 915
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Folie 201
• Werden alle Produktionskonten zusammengefasst, so
ergibt sich das gesamtwirtschaftliche
Produktionskonto:
Gesamtwirtschaftliches Produktionskonto
Indirekte Steuern ./.
225
Staatskonsum (G)
Subventionen (Ti-Z)
100
Abschreibungen (D)
170
670 Privater Konsum (C)
Wertschöpfung (F)
915
220
Private Invest. (IbP)
70
Staatl. Invest. (IbSt)
YbM
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Folie 202
• Da gilt
YM=C+G+IP+ISt ,
folgt YM -Ti+Z-Td+R -C=G+IP+ISt - Ti+Z -Td+R .
F
• Der Term auf der linken Seite entspricht der privaten
Ersparnis. Damit folgt:
SP= IP+G+ISt- Ti+Z -Td+R.
BD
• Private Ersparnis und private Nettoinvestitionen können
im Ausmaß des Finanzierungsdefizits voneinander
abweichen.
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Folie 203
• Wird das Vermögensänderungskonto des Staates
(SSt+BD= ISt ) mit demjenigen des privaten Sektors (SP=
IP+BD ) aggregiert, so folgt:
S=SP+SSt= IP +ISt .
• Ein Anstieg des Staatskonsums (SSt sinkt) könnte also
entweder zu einem Anstieg der privaten Ersparnis oder zu
einem Rückgang der (privaten) Investitionen führen.
• Wir benötigen eine Theorie, mit der die Wirkung genau
bestimmt wird.
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Folie 204
• Für eine modelltheoretische Berücksichtigung des Staates
werden folgende Annahmen gemacht:
• Der Staat fragt das Güterbündel Y für öffentliche Zwecke
nach (G). Er erhebt Zwangsabgaben (T=Td). Dies sind die
Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Der Staat zahlt
Transferzahlungen an private Haushalte (R).
• Staatl. und private Investitionen werden zusammengefasst,
(I).
• Indirekte Steuern (Ti) und Subventionen (Z) werden
vernachlässigt. Diese können parallel zu den direkten Steuern
(Td) und Transferzahlungen an Haushalte (R) modelliert
werden.
• Haushalte planen ihren Konsum in Abhängigkeit vom
verfügbaren Einkommen Yv=Y-T+R.
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Folie 205
Das Gütermarktmodell mit Staat
(1) Y=YD
(2) YD=C+I+G
Fünf Gleichungen und
fünf endogene Variablen:
(3) C=a+cYv ;(a>0, 0<c<1)
Y, YD, C, Yv, T
(4) Yv=Y–T+R
Exogene Variablen: G, T0,
R, I, t
(5) T=T0+tY ;(T0>0, 0t<1)
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Folie 206
• Zur Berechnung des Gleichgewichtseinkommens werden
die Verhaltenshypothesen, Definitionen und institutionellen
Beziehungen in die Gleichgewichtsbedingung (1)
eingesetzt:
Y = a + c(Y – T0 – tY + R) + I + G
 Yˆ 
1
 a  cT0  cR  I  G  .
1  c(1  t )
Multiplikator
autonome
Komponenten
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Folie 207
Y,
YD,
C
YD=C+I+G
P0
I
C+G
S
C=a+c(1-t)Y-c(T0-R)
45°
Y^0
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Y
Folie 208
• Im Rahmen einer komparativen Statik lässt sich die
Wirkung einer Veränderung einer autonomen
Komponente auf das Inlandsprodukt durch das totale
Differential bestimmen:
1
dY 
 da  cdT0  cdR  dI  dG  .
1  c(1  t )
Multiplikator
Veränderungen der
autonomen Komponenten
= Impulse
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Folie 209
• Der Anpassungsprozess zum neuen Gleichgewicht lässt
sich graphisch illustrieren:
G   Y  Yv  C
T
S
Sickerverluste
• Im Falle einer Erhöhung der autonomen Steuern oder
Senkung der Transferzahlungen ergibt sich folgende
Anpassung:
R
Y   Yv   C 
T
S
Sickerverluste
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Folie 210
• Eine Erhöhung des Staatskonsums geht mit einem
erhöhten Budgetdefizit einher. Dieser Anstieg wird jedoch
durch den Multiplikatorprozess gedämpft.
• Für das Budgetdefizit (BD) gilt:
BD= G + InSt+ R – T = G + InSt + R – T0 – tY.
• Das totale Differential (mit dInSt = dT0 = dR = dt = 0)
erbringt:
dBD= dG – tdY.
• Einsetzen für dY erbringt:
1  c 1  t 

dBD
1
 1 t

 0;  1.
dG
1  c(1  t )
1  c(1  t )
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Folie 211
Das Haavelmo Theorem
• Von einer gleichzeitigen Erhöhung des Staatskonsums und
der Steuern geht ein positiver Impuls aus, (Haavelmo 1945).
• Wir unterstellen eine vollständig durch Steuern finanzierte
Steigerung des Staatskonsums, d.h. dBD = 0; dG = dT0 > 0.
Mit da=dR=dI=0 folgt:
1
1 c
dY 
dG.
 cdT0  dG  
1  c(1  t )
1  c(1  t )
• Werden die Steuern nur pauschal erhoben, ist also der
Steuersatz (t) Null, so gilt dY=dG (Haavelmo-Theorem).
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Folie 212
• Der Staat hat hier zusätzlich die Möglichkeit, den
Steuersatz, t, zu variieren. Die Auswirkung lässt sich
mit Hilfe der zusammengefassten Gleichung
analysieren:
Y = a + c(Y – T0 – tY + R) + I + G
• Bei totaler Differentiation ist nun die Produktregel
anzuwenden. Mit da=dT0=dR=dI=dG=0 folgt:
dY = cdY – ctdY – cYdt
 dY(1 – c + ct) = – cYdt
1
dY 
 cYdt  .
1  c(1  t )
Multiplikator
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Impuls
Folie 213
• In einer Nachrichtenagenturmeldung vom 19. August 2010
heißt es:
„Nach dem temporeichen Aufschwung der deutschen Wirtschaft im
zweiten Quartal hat die Bundesbank ihre Wachstumsprognose für das
laufende Jahr deutlich erhöht. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP)
dürfte um rund 3 Prozent steigen, schreiben die Währungshüter in ihrem
neuen Monatsbericht. Noch im Juni hatte die Notenbank ein Plus von nur
1,9 Prozent für die deutsche Konjunktur vorhergesagt.“
• Eine Erhöhung des Wachstums um 1 Prozentpunkt bewirkt
Mehreinnahmen bei den Steuern i.H.v. ca. 4 Mrd. €. Noch
stärker fallen die Überschüsse bei den Sozialversicherungen
aus. Gemäß einer Faustregel beträgt der Überschuss bei der
Arbeitslosenversicherung 6 Mrd. €, weitere 4 Mrd. € bei der
Arbeitslosenhilfe sowie 1 Mrd. € bei der Rentenkasse.
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Folie 214
• Im umgekehrten Fall eines Konjunktureinbruchs resultieren
Defizite bei den öffentlichen Haushalten.
• Diese Defizite wirken stabilisierend auf die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Diese Stabilisierung ergibt
sich automatisch, ohne spezielle Gesetze mit denen
Staatsausgaben erhöht werden.
• Steuern und Sozialversicherungen erfüllen daher eine
Aufgabe als „automatischer Stabilisator“.
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Folie 215
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