Ingo Rechenberg PowerPoint-Folien zur 3. Vorlesung „Bionik I“ Evolutionistische Bionik auf dem Prüfstand Der Fundamentalbeleg der Bionik Am Anfang war die Bionik Evolution Synthetische Evolutionstheorie Ernst Mayer 1904 - 2005 Mutation Rekombination Gentransfer Isolation Migration Gendrift Synthetische Theorie der Evolution Genpool der Population Selektion Eine einfache Theorie der Evolution Nur Mutation und Selektion Evolutionsstreit Windkanal Flexible Stahlhaut Formgebungsproblem Tragflügelprofil Idee für ein mechanisches Evolutionsexperiment (1964) „Darwin“ im Windkanal Schlüsselexperiment mit der Evolutionsstrategie 1964 Zahl der Einstellmöglichkeiten: 515 = 345 025 251 xi 2 3 1 4 5 x1 x2 x3 x5 x4 5 4 3 2 1 0 +1 + 2 +3 + 4 + 5 Fiktive Mutationsmaschine GALTONsches Nagelbrett 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 W id e rs ta n d 6 E rg e b n is 4 2 0 0 40 80 120 160 200 240 280 M u ta tio n e n 320 Künstliche Evolution: Gelenkplatte im Windkanal Ändern der Umwelt W id e rs ta n d 6 5 E rg e b n is 4 3 2 1 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 M u ta tio n e n 200 Künstliche Evolution: Angewinkelte Gelenkplatte im Windkanal 18. November 1964 Google: Der Spiegel Zickzack nach Darwin Evolution eines 90°-Rohrkrümmers Sechs verschiebliche Stangen bilden die Variablen der flexiblen Rohrumlenkung Start Ergebnis 9% weniger Umlenkverluste Optimaler 90°- Strömungskrümmer Zur Herstellung der Varianten Heißwasserdampfdüse für das Evolutionsexperiment mutierbar gemacht h = 45% 0 1 16 31 2 17 32 3 18 33 4 19 34 5 20 35 6 21 36 7 22 37 8 23 38 9 24 39 10 25 40 11 26 41 12 27 42 13 28 43 14 29 44 15 30 Evolutionsexperiment mit einer Heißwasserdampfdüse h = 79% 45 Evolution des Pferdefußes Vom Eohippus zum Equus (60 Millionen Jahre) Bionik Evolution Fundament Fundamentalbeleg der Bionik Wie effektiv arbeitet die biologische Evolution ? Ist es nur die lange Zeit oder ist es die Raffinesse der Evolutionsstrategie ? Herrmann von Helmholtz „Einen Naturvorgang verstehen heißt, ihn in Mathematik Mechanik zu übersetzen“ (1 + 1)-ES DARWINs Theorie in maximaler Abstraktion Algorithmus der zweigliedrigen Evolutionsstrategie xNg x gE z g g 1 xE xNg für Q( xNg ) Q( xEg ) xEg sonst x = Variablenvektor z.B. 5 Gelenkwinkel = Mutationsschrittweite z = Normalverteilter Zufallsvektor Q = Qualität (Tauglichkeit) N = Index Nachkomme E = Index Elter g = Generationenzähler z.B. Galtonsches Nagelbrett Wie schnell ist bei der Problemlösung … Der Mathematiker Die Biologische Evolution Komplexität ? Objekt Eingangs-Ausgangs-Verhalten eines Objekts in der Biologie und der Technik Behauptung Das Eingangs-Ausgangs-Verhalten eines technischen oder biologischen Objekts ist im Bereich kleiner Änderungen voraussehbar Ausgang: Stärke des Kaffeestroms Eingang: Neigung der Kaffeekanne Starke Kausalität Normalverhalten der Welt Es gibt eine universelle Weltordnung Kausalität Gleiche Ursache, gleiche Wirkung Schwache Kausalität Kleine Ursachenänderung, große Wirkungsänderung Starke Kausalität Kleine Ursachenänderung, kleine Wirkungsänderung ! Normales Verhalten der Welt Starke Kausalität y y x nicht so x sondern so Suchfeld Experimentator Schwache Kausalität Suche nach dem höchsten Gipfel Suchfeld Experimentator Starke Kausalität Suche nach dem höchsten Gipfel Dünenwanderung mit verbundenen Augen Folgen des steilsten Anstiegs Definition der Fortschrittsgeschwindigkeit im Fall der starken Kausalität j Bewegte Strecke bergauf Zahl Zahlder derGenerationen Versuche nichtlinear Lokales Klettern linear Lokales Klettern Dünenwanderung mit verbundenen Augen Folgen des steilsten Anstiegs Strecke bergan j Bewegte Zahl der Versuche Fortschritt Z y Fortschritt x Linearitätsradius Lokale deterministische Suche Wandern entlang des steilsten Anstiegs j (2) grad ( n) grad j 3 Versuchszahl n 1 (1 + 1)-ES DARWINs Theorie in maximaler Abstraktion 2. Kind Elter 1. Kind Z y x Linearitätsradius Lokale stochastische Suche Zufallsdriften entlang des steilsten Anstiegs ( 2) j evo ? (n) j evo ? Plus-Kind Schwerpunkt der Halbkreislinie Minus-Kind Elter Linearitätsradius Bestimmung des linearen Fortschritts + − Weil die Hälfte der Kinder Misserfolge sind ! Statistisches Mittel des Fortschritts j s/ 2 Schwerpunkt r r s 2 Dim. s2 r s s n Dim. 3 Dim. 1 s r 2 s n ( 2 ) r n 1 ( ) 1 2 Die 1. Guldinsche Regel Eine Kurve erzeugt durch Rotation um 360 Grad eine Rotationsfläche. Dann ist die Oberfläche der Rotationsfläche gleich der Länge der erzeugenden Kurve mal dem Weg des Schwerpunktes dieser Kurve. Paul Guldin (1577 – 1643) Die 1. Guldinsche Regel Eine Kurve erzeugt durch Rotation um 360 Grad eine Rotationsfläche. Dann ist die Oberfläche der Rotationsfläche gleich der Länge der erzeugenden Kurve mal dem Weg des Schwerpunktes dieser Kurve. Paul Guldin (1577 – 1643) Beispiel: Ein Halbkreis erzeugt durch Rotation um 360° eine Kugel. Dann ist die Oberfläche der Kugel gleich der Länge des Halbkreises ( r) mal dem Rotationsweg des Schwerpunkts des Halbkreises. s Halbkreis mit dem Radius r Halbkreisschwerpunkt Schwerpunktsweg Okugel = 2s ½ UKreis OKugel OKugel s UKreis 2 s 1 UKreis 2 Formel für die Oberfläche einer n-dimensionalen Hyperkugel Beispiel n = 2: ( n) OKugel n/2 2 r n1 (n/ 2) (m) = (m – 1)! für ganzzahlige m (x +1) = x (x), (1) = (2) = 1, (1/2) = (2) OKugel 2 r UKreis gedeutet als s (2) (3) OKugel ( 2) OKugel ( n 1) Allgemein (n) s OKugel (n) OKugel (n ) 2 1 r s n 1 ( 2 ) ( n) Was ist eine Hyperkugel ? Eine n-dimensionale Kugel ? Die Fortentwicklung einer konstruktiven mathematischen Idee a Beispiel: Volumenelement a a a a a a a 2 a 3 a n Genannt: Stecke Fläche Volumen Hypervolumen P2 Analoge Extrapolationsidee für die Entfernung zweier Punkte P1 P1 { x1 } P1 { x1 , y1 } P1 { x1 , y1 , z1 } P1 { x1 , y1 , z1 ,,1 } P2 { x2 } P2 { x2 , y2 } P2 { x2 , y2 , z2 } P2 { x2 , y2 , z2 ,,2 } ( x2 x1 )2 ( x2 x1 )2 ( y2 y1 )2 ( x2 x1 )2 ( y2 y1 )2 ( z2 z1 )2 ( x2 x1)2 ( y2 y1)2 ( z2 z1)2 (21)2 ( n) s n ( 1 2) r n 1 ( 2 ) Wichtige asymptotische Formel: n 2 2 Für n >> 1 gilt: n 1 n 2 = mittlere Eltern-Pluskind-Pfeillänge Richtung bergan im n-dimensionalen Raum Fortschrittsgeschwindigkeit j j ( n) Weg bergauf Versuchsza hl Asymptotische Näherung n ( 2) 1 r n 1 2 ( 2 ) ( n) s 2 j (n) r 2 1 n 2 1 n für n >> 1 2. Kind Elter 1. Kind Z y x Linearitätsradius Lokale stochastische Suche Zufälliges Folgen des steilsten Anstiegs j (2) evo (n n)) jevo evo n ( ) 1 2 n 1 n >> 1 (n 2 2 ) 2 Ausgeklügeltes Handeln kontra Evolution Für n >> 1 ( n) jgrad n (n) jevo 1 2 n 1/n 1/ n Gradientenstrategie Evolutionsstrategie Text Bionik Evolution Fundamentalbeleg Ende www.bionik.tu-berlin.de Ergebnis der linearen Theorie: Eine ausgeklügelte Strategie (hier die einfachste Form einer Gradientenstrategie) erzielt den größtmöglichen Fortschritt. Doch dazu muss die Umgebung durch Messungen (bei der Gradientenstrategie n +1 Messungen) erkundet werden. Bei 2 Dimensionen sind das lediglich 3 Messungen. Bei 1000 Dimensionen müssen aber 1001 Erkundungsmessungen durchgeführt werden, um optimalen Fortschritt zu erreichen. Anders bei der Evolutionsstrategie: Hier erbringt im linearen Funktionsbereich im Mittel schon jeder 2. Versuch einen Fortschritt. ½ mal dieser reduzierte Zufallsfortschritt erbringt mehr als 1/(n+1) mal der größtmögliche Gradientenfortschritt. Behauptung: Ausgeklügelte Optimierungsstrategien, auch wenn sie raffiniert über den linearen Funktionsbereich hinaus extrapolieren, werden mit wachsender Variablenzahl immer irgendwann von der Evolutionsstrategie überholt. Daraus folgt: Die Evolutionsstrategie ist für sehr, sehr viele Variablen die bestmögliche Optimierungsstrategie.