Struktur-Funktions-Modelle von Pflanzen - Sommersemester 2014 - Winfried Kurth Universität Göttingen, Lehrstuhl Computergrafik und Ökologische Informatik 2. Vorlesung: 8. 5. 2014 letztes Mal: • Modelldreieck für Pflanzenmodelle • reine Strukturmodelle, Motivation • 3 Ebenen der Strukturbeschreibung • 2 Arten der statischen Beschreibung - tabellarisch (dtd-Format) - imperativ (turtle geometry) (noch nicht behandelt) heute: • Einstieg in GroIMP (Grundfunktionen der 3D-Ansicht) • Laden von dtd-Dateien • erste Analysen von Verzweigungssystemen • Programmierparadigmen • Turtle-Geometrie • Ausführung von Turtle-Geometrie-Befehlsfolgen mit GroIMP Laden von dtd-Dateien in GroIMP • File / Open: dtd-Datei wählen (öffnen) • Verzweigungsstruktur erscheint in der 3D-Ansicht • ggf. Kameraeinstellungen ändern • Verändern der Datei und speichern Änderung wird im Display sichtbar Einfache Analysen einige Möglichkeiten wurden aus der Vorgängersoftware GROGRA übernommen • Panels / RGG Panels / GROGRA functions / Analysis • dort: - list of all shoots (erzeugt komplette Liste) - elementary analysis - basic tree parameters - topological analysis (später mehr) Paradigmen der Programmierung Der Begriff "Programmierparadigma" Paradigma: grundlegende Denkweise, beispielorientierte Vorstellung Paradigma: "Beschreibt eine Menge von Theorien, Standards und Methoden, die gemeinsam einen Weg repräsentieren, Wissen zu organisieren" Thomas Kuhn 1970: The Structure of Scientific Revolutions Paradigma: "Beschreibt eine Menge von Theorien, Standards und Methoden, die gemeinsam einen Weg repräsentieren, Wissen zu organisieren" Thomas Kuhn 1970: The Structure of Scientific Revolutions Paradigmenwechsel: schwierig. Revolution im Denken! wurde aufgegriffen von Robert Floyd 1978: Turing Award Lecture "The Paradigms of Programming" Robert W. Floyd (1936-2001) Welche Paradigmen werden nahegelegt durch Probleme... ... bei der Simulation natürlicher Objekte ? ... bei deren computergrafischer Darstellung ? Ökologie: Ökologie: Organismen Ökologie: Organismen Aufbau beschreiben Ökologie: Verhalten Organismen Aufbau beschreiben (unter bestimmten Bedingungen) Ökologie: Verhalten Organismen (unter bestimmten Bedingungen) Aufbau beschreiben Gesetzmäßigkeiten (Regeln) bestimmen Ökologie: Verhalten Organismen (unter bestimmten Bedingungen) Aufbau beschreiben Prozesse Gesetzmäßigkeiten (Regeln) bestimmen Ökologie: Verhalten Organismen (unter bestimmten Bedingungen) Aufbau beschreiben Prozesse Ablauf berechnen Gesetzmäßigkeiten (Regeln) bestimmen Grafisches System: Grafisches System: Objekte Grafisches System: Objekte (mit Attributen) Grafisches System: Objekte (mit Attributen) regelmäßige Strukturen Grafisches System: Objekte (mit Attributen) regelmäßige Strukturen Prozesse Einige wichtige Programmierparadigmen - für numerische Simulation von Prozessen: imperatives Paradigma Einige wichtige Programmierparadigmen - für numerische Simulation von Prozessen: imperatives Paradigma (auch: von-Neumann-Paradigma, Kontrollfluss-Paradigma) John von Neumann (1903-1957) imperativ: "Befehls-Programmierung" Computer = ? "Befehls-Programmierung" Computer = Maschine zur Veränderung von Variablenwerten. "Befehls-Programmierung" Computer = Maschine zur Veränderung von Variablenwerten (diese Veränderungen können Seiteneffekte haben). "Befehls-Programmierung" Computer = Maschine zur Veränderung von Variablenwerten. Programm = ? "Befehls-Programmierung" Computer = Maschine zur Veränderung von Variablenwerten. Programm = Plan für den Berechnungsprozess mit Angabe der Befehle und des Kontrollflusses (z.B. Schleifen). "Befehls-Programmierung" Computer = Maschine zur Veränderung von Variablenwerten. Programm = Plan für den Berechnungsprozess mit Angabe der Befehle und des Kontrollflusses (z.B. Schleifen). Programmfindung: ? "Befehls-Programmierung" Computer = Maschine zur Veränderung von Variablenwerten. Programm = Plan für den Berechnungsprozess mit Angabe der Befehle und des Kontrollflusses (z.B. Schleifen). Programmfindung: Elementare Einzelschritte finden und in passende, flexible Reihenfolge bringen. "Befehls-Programmierung" Computer = Maschine zur Veränderung von Variablenwerten. Programm = Plan für den Berechnungsprozess mit Angabe der Befehle und des Kontrollflusses (z.B. Schleifen). Programmfindung: Elementare Einzelschritte finden und in passende, flexible Reihenfolge bringen. Programmiersprachen, die dieses Paradigma unterstützen: Fortran, Pascal, C, ..., Teile von Java, ... Beispiel: x = 0; while (x < 100) x = x + 1; Inhalt der Variable x wird verändert Schleife legt Kontrollfluss fest Beispiel: x = 0; while (x < 100) x = x + 1; Inhalt der Variable x wird verändert Schleife legt Kontrollfluss fest Beachte: "=" steht hier nicht für math. Gleichheit, sondern für Zuweisung (prozesshaft)! Nachteil des imperativen Paradigmas: simultane, parallele Zuweisung wird nicht unterstützt Nachteil des imperativen Paradigmas: simultane, parallele Zuweisung wird nicht unterstützt Beispiel (Floyd 1978): Räuber-Beute-System, beschrieben durch Rneu = f(R, B), Bneu = g(R, B) Anfängerfehler beim Programmieren: for (i = ... ) { R = f(R, B); B = g(R, B); } Nachteil des imperativen Paradigmas: simultane, parallele Zuweisung wird nicht unterstützt Beispiel (Floyd 1978): Räuber-Beute-System, beschrieben durch Rneu = f(R, B), Bneu = g(R, B) Anfängerfehler beim Programmieren: for (i = ... ) { R = f(R, B); B = g(R, B); } Programmiersprachen, die das imperative Paradigma unterstützen: Fortran, Pascal, C, ..., Teile von Java, Befehlssprache der Turtle-Geometrie Turtle: zeichnende Schildkröte, die auf Befehle hört Turtle: zeichnende Schildkröte, die auf Befehle hört F0 F0 F0 RU(90) F0 RU(90) F0 RU(90) F0 F0 RU(90) F0 F0 RU(90) F0 RU(90) LMul(0.5) F0 F0 RU(90) F0 RU(90) LMul(0.5) F0 (später mehr) zurück zum Beispiel: Objekte (mit Attributen) Objektorientiertes Paradigma Computer = Umgebung für virtuelle Objekte Programm = Auflistung von (Objekt-) Klassen, d.h. allgemeiner Spezifikationen von Objekten, die zur Laufzeit des Programms (ggf. mehrfach) erschaffen und wieder vernichtet werden können und miteinander kommunizieren. Programmfindung: Spezifikation der Klassen (Daten und Methoden), die Objektstruktur und -verhalten festlegen. Programmiersprachen: Smalltalk, Simula, C++, Java, ... Beispiel: public class Auto extends Fahrzeug { public String marke; public int plaetze; public void anzeigen() { System.out.println("Das Auto ist ein " + marke); System.out.println("Es hat " + plaetze + "Sitze."); } } typisch: Klassen (Auto) mit Daten (marke, plaetze) und Methoden (anzeigen) Beispiel: Vererbung von Attributen und Methoden von Oberan Unterklassen public class Auto extends Fahrzeug { public String marke; public int plaetze; public void anzeigen() { System.out.println("Das Auto ist ein " + marke); System.out.println("Es hat " + plaetze + "Sitze."); } } typisch: Klassen (Auto) mit Daten (marke, plaetze) und Methoden (anzeigen) Objekthierarchien sind auch in der Biologie sinnvoll zum Beispiel: Organ Blatt Blüte Laubblatt Nadel Internodium Wurzelsegment GrobWS FeinWS regelmäßige Strukturen Regelbasiertes Paradigma Computer = Transformationsmaschine für Strukturen Es gibt eine aktuelle Struktur, die solange transformiert wird, wie dies möglich ist. Regelbasiertes Paradigma Computer = Transformationsmaschine für Strukturen Es gibt eine aktuelle Struktur, die solange transformiert wird, wie dies möglich ist. Arbeitsprozess: Such- und Anwendungsprozess. matching: Suchen einer passenden Regel, rewriting: Anwendung der Regel, um die Struktur umzuschreiben. Regelbasiertes Paradigma Computer = Transformationsmaschine für Strukturen Es gibt eine aktuelle Struktur, die solange transformiert wird, wie dies möglich ist. Arbeitsprozess: Such- und Anwendungsprozess. matching: Suchen einer passenden Regel, rewriting: Anwendung der Regel, um die Struktur umzuschreiben. Programm = Menge von Transformationsregeln Regelbasiertes Paradigma Computer = Transformationsmaschine für Strukturen Es gibt eine aktuelle Struktur, die solange transformiert wird, wie dies möglich ist. Arbeitsprozess: Such- und Anwendungsprozess. matching: Suchen einer passenden Regel, rewriting: Anwendung der Regel, um die Struktur umzuschreiben. Programm = Menge von Transformationsregeln Programmfindung: Spezifikation der Regeln Regelbasiertes Paradigma Computer = Transformationsmaschine für Strukturen Es gibt eine aktuelle Struktur, die solange transformiert wird, wie dies möglich ist. Arbeitsprozess: Such- und Anwendungsprozess. matching: Suchen einer passenden Regel, rewriting: Anwendung der Regel, um die Struktur umzuschreiben. Programm = Menge von Transformationsregeln Programmfindung: Spezifikation der Regeln Programmiersprachen: L-System-Sprachen, KI-Sprachen, Prolog, ... Beispiel: L-Systeme (Lindenmayer-Systeme) Regelsysteme zur Ersetzung von Zeichenketten (in Kürze mehr) ebenfalls regelbasierter Mechanismus: Graph-Grammatiken ebenfalls regelbasierter Mechanismus: Graph-Grammatiken Regel: ebenfalls regelbasierter Mechanismus: Graph-Grammatiken Regel: Anwendung: Zusammenfassung: Programmierparadigmen Zusammenfassung: Programmierparadigmen ● imperativ Zusammenfassung: Programmierparadigmen ● imperativ - Veränderung von Variablen - Turtle-Geometrie Zusammenfassung: Programmierparadigmen ● imperativ - Veränderung von Variablen - Turtle-Geometrie ● objektorientiert Zusammenfassung: Programmierparadigmen ● imperativ - Veränderung von Variablen - Turtle-Geometrie ● objektorientiert ● regelbasiert Zusammenfassung: Programmierparadigmen ● imperativ - Veränderung von Variablen - Turtle-Geometrie ● objektorientiert ● regelbasiert - L-Systeme - Graph-Grammatiken Zusammenfassung: Programmierparadigmen ● imperativ - Veränderung von Variablen - Turtle-Geometrie ● objektorientiert ● regelbasiert - L-Systeme - Graph-Grammatiken ● weitere: funktional; nebenläufig; chemisch ... Anwendungsschwerpunkte: prozedural: Numerik, z.B. Lösen von Gleichungssystemen Bsp. Photosynthese; Baumwasserfluss (Darcy-Gesetz = DGL, diskretisiert, numerisches Lösungsverfahren) regelbasiert: Entwicklung verzweigter Strukturen (lokal 1-D) Bsp. Pflanzen logische Abhängigkeiten Bsp. Wissensbasierte Systeme objektorientiert: Ensembles interagierender Objekte Bsp. Tierindividuen Synthese: Die Sprache XL „eXtended L-system language“ Programmiersprache, die parallele GraphGrammatiken (RGG) einfach verfügbar macht imperativ objektorientiert Java XL regelbasiert Turtle-Geometrie F0 RU(90) F0 RU(90) LMul(0.5) F0 (Turtle geometry, "Schildkrötengeometrie") Turtle-Geometrie Turtle-Geometrie in GroIMP Wie man eine Turtle-Befehlsfolge mit GroIMP ausführt schreiben Sie in eine GroIMP-Projektdatei (oder in eine Datei mit Endung .rgg): protected void init() [ Axiom ==> Turtle-Befehlsfolge ] Beispiel: Zeichnen eines Dreiecks protected void init() [ Axiom ==> RU(30) F(10) RU(120) F(10) RU(120) F(10) ] siehe Datei sm09_b01.rgg Wiederholung von Abschnitten der Zeichenkette möglich mit "for" z.B. for ((1:3)) liefert ( A B C ) A B C A B C A B C was ist das Ergebnis der Interpretation von L(10) for ((1:6)) ( F0 RU(90) LMul(0.8) ) ? L(10) for ((1:6)) ( F0 RU(90) LMul(0.8) ) anderes Beispiel: for ((1:20)) ( for ((1:36)) ( F0 RU(165) F0 RU(165) ) RU(270) ) anderes Beispiel: for ((1:20)) ( for ((1:36)) ( F0 RU(165) F0 RU(165) ) RU(270) ) Erweiterung auf 3D-Grafik: Turtle-Rotationen um 3 Achsen Erweiterung auf 3D-Grafik: Turtle-Rotationen um 3 Achsen left head up Erweiterung auf 3D-Grafik: Turtle-Rotationen um 3 Achsen left head up Erweiterung auf 3D-Grafik: Turtle-Rotationen um 3 Achsen RL RH RU 3D-Befehle: RU(45) Drehung der turtle um die "up"-Achse um 45° RL(...), RH(...) analog um "left" und "head"-Achse up-, left- und head-Achse bilden ein rechtwinkliges, räumliches Koordinatensystem, das von der turtle mitgeführt wird RV(x)Rotation "nach unten" mit durch x vorgegebener Stärke RG Rotation ganz nach unten (Richtung (0, 0, -1)) Beispiel: L(100) D(3) RU(-90) F(50) RU(90) M0 RU(90) D(10) F0 F0 D(3) RU(90) F0 F0 RU(90) F(150) RU(90) F(140) RU(90) M(30) F(30) M(30) F(30) RU(120) M0 Sphere(15) erzeugt was ist das Ergebnis der Interpretation der Zeichenkette L(10) F0 RU(45) F0 RU(45) LMul(0.5) F0 M0 F0 ? Verzweigungen: Realisierung mit Speicher-Befehlen [ lege aktuellen Zustand auf Speicher ("Ablage", Stack) ] nimm obersten Zustand von der Ablage und mache diesen zum aktuellen Zustand (damit: Ende der Verzweigung) Verzweigungen: Realisierung mit Speicher-Befehlen [ lege aktuellen Zustand auf Speicher ("Ablage", Stack) ] nimm obersten Zustand von der Ablage und mache diesen zum aktuellen Zustand (damit: Ende der Verzweigung) F0 [ RU(-40) F0 ] RU(20) DMul(2) F0 Verzweigungen: Realisierung mit Speicher-Befehlen [ lege aktuellen Zustand auf Speicher ("Ablage", Stack) ] nimm obersten Zustand von der Ablage und mache diesen zum aktuellen Zustand (damit: Ende der Verzweigung) F0 [ RU(-40) F0 ] RU(20) DMul(2) F0 Mit welchen Turtle-Befehlsfolgen erzeugt man die folgenden Strukturen ? Hausaufgabe zum nächsten Mal: Bearbeiten Sie im ILIAS-Lernmodul „Einführung in GroIMP“ (verfügbar über StudIP): - Einführung - Lektionen 1 - 4 - Lektion 23 (beachten Sie, dass das Laden von dtd-Dateien in der aktuellen GroIMP-Version einfacher ist als dort dargestellt)