Polyarthritis chronica progressiva dr Förhécz Zsolt “Rheuma“ (‘‘rheumatisch‘‘) Nicht verwertbare Sammelbezeichnung für ätiologisch und pathogenetisch völlig verschiedenartige Erkrankungen mit unterschiedlichster Prognose, die sich ausschließlich, vorrangig oder auch nur zeitweise am Binde- und Stützgewebe des Bewegungsapparates manifestieren. „Gelenkbeschwerden“ sind zu differenzieren in: Arthralgie (reiner Gelenkschmerz) Arthritis (Arthralgie plus objektivierbar Zeichen der Entzündung) Ursache: statisch, funktionell, Psychogen, Frühstadium von Entzündung und Arthrose, Ungeklärt passager Ursache: bakteriell, viral, reaktiv, immunologisch, kristallinduziert, Reizzustand anderer Genese Differentialdiagnose Monarthritis • • • • • Posttraumatisch • Aktivierte Arthrose • Septische Arthritis • Akute Arthritis urica • Reaktive Arthritis • Anamnese Anamnese, Röntgen, Gelenkpunktat Entz.-parameter, Gelenkpunktat Anamnese, Harnsäure, Gelenkpunktat Anamnese (Harnwegsinfekt, Diarrhoe, Angina) Zeckenstich?, Erythema migrans? Konjunktivitis, Urethritis? Erreger-Serologie, Kultur/Abstrich,ASO • Spondarthropathie • Sacroiliitis?, HLA-B27 • Paraneoplastisch • Tumorsuche Differentialdiagnose Oligoarthritis • Reaktive Arthritis (inkl. Borreliose) • • • • • • Infektanamnese Zeckenstich Serologie, PCR Sarkoidose (Löfgren) • Erythema nodosum Röntgen-Thorax Paraneoplasie • Tumor? Allgemeinsymptomatik? Arthritis psoriatica • PS Haut? Nägel? Familie? Befallsmuster (Rö) SPA und seronegative • Rückenschmerz, Sakroiliitis Spondarthritiden HLA B27 Chron. Arthritis urica • HS, Kristallnachweis Weichteil/ Knorpeltophi Differentialdiagnose Polyarthritis • Rheumatoide Arthritis • Morgensteifigkeit, Symmetrie RF, Anti-CCP-AK, (Rö) • Arthritis psoriatica • PS Haut? Nägel?, Familie? Befallsmuster (Rö) • Flüchtig, weitere Symptomatik cave: Hepatitis B, C • ANF, weitere Symptomatik • HS-Kristalle, Tophi, (HS i.S.??) • Tumor, Allgemeinsymptomatik • Virusarthritiden • Kollagenosen • Chron. Arthritis urica • Paraneoplasien Rheumatologisches Basislabor • BSG, CrP • Blutbild – Hb / HK – Leukoz. – Thromboz. • Kreatinin • Fermente • Harnsäure • PTT • Urinstatus – Hämaturie – Proteinurie – (Leukozyturie) Entzündungsaktivität Anämie (chron.-entz., hämolytisch) SLE,Septische A., Gicht, Vasculitis, Steroidth. SLE, Entzündung Nierenbeteiligung, Arzneimittel-NW ALAT, GGT AM-NW CK Myositis Hyperurikämie Antiphospholipidsyndrom Nierenbeteiligung, AM-NW Spezielle Rheuma-Serologie für verschiedene entz.-rheumat. Erkrankungen (Auswahl) Rheumatoide Arthritis Rheumafaktoren, ANF, Anti-CCP-AK SLE Sjögren-Syndrom ANF, dsDNS (ELISA, Crithidia luciliae) ENA ( z.B. Sm ) Kardiolopin-AK, Lupus-Antikoagulans Komplement (C3, C4, CH50) (Rheumafaktoren) ENA (Ro, La ) Sklerodermie ANF, ACA, Scl70, nRNP (PM-Scl, Jol, Fibrillarin) Vaskulitis ANCA, Komplement M. Wegener cANCA (PR3-ELISA) Histokompatibilitätsantigene (HLA) • Assoziation mit SPA u.a. Spondarthropathien: Spondylitis ancylosans 95 % Reiter – Syndrom 80 % Reaktive Arthritiden 70 % intestinale Spondarthropathie 60 % (Spond-) Arthritis psoriatica 70 % Rheumatoide Arthritis 5-10 % Bevölkerung 7% -> Diagnosemarker! Wichtig bei „entzündlichem Schmerztyp“! • HLA-DR4 – Assoziation mit Rheumatoider Arthritis RA-Patienten: 55 %, Bevölkerung: 19 % bei DR4-Homozygotie schwerer Verlauf -> rel. unsicherer Prognosemarker, für Praxis nicht zu empfehlen !! Bildgebende Diagnostik I. Sonografie • Dynamisches Verfahren! • Besonders Weichteilstrukturen beurteilbar . neu: mit Doppler auch Intensität der Durchblutung (d.h. Entzündungsreaktion nachweisbar) • Intraartikulär: Erguß, Synovialmembran • Extraartikulär: Bursen, Hämatom, Weichteiltumoren, Bakerzyste • Wichtig: bei allen Arthritiden und periartikulären Weichteilprozessen Bildgebende Diagnostik II. Konventionelle Röntgendiagnostik Weichteilzeichen (Erguß, Weichteilschwellung) Paraartikuläre Osteoporose Gelenkspaltverschmälerung Knöcherne Erosionen, Usuren, Zysten Destruktion / Osteolysen Achsabweichungen, Luxationen Knochenanbau / Reparation Wichtig z. B. bei RA, Ap, Au, Spa, Arthrose Synovial-Zytologie, Histologie, Histomorphometrie Die Synovia-Zytologie kann wesentliche Hinweise auf Akuität (Zellzahl, Anteil der Granulozyten) und Diagnose (Reiter-Zellen, Rhagozyten, Kristallphagozyten, LE-Zellen u.a.) bringen. Trotz Immunzytologie bis heute keine pathognomonischen zytologischen Befunde. Direkte Arthroskopie • „Kniebinnenschäden“ klären • (Meniscusschäden, freie Gelenkkörper u. a.) • Synovialisveränderung en, Pannuswachstum • Destruktion von Knorpel und Knochen • Möglichkeit der Gewebeentnahme/Histo logie Pathogenetische Prinzipien rheumatischer Erkrankungen pararheumatisch degenerativ- rheumatisch (Arthrose- Spondylose) metabolisch genetisch paraneoplastisch Fehlstatistik reaktiv endokrin u.a. Fehlfunktion Überlastung u.a. Weichteil- rheumatisch Entzündlich- rheumatisch Muskel, Sehnen/Sehnenscheide, (akut / chronisch, Sehnenansatz u.a.) limitierend/ progredient, nicht erosiv/ destruierend) ischämisch wesentlich Fehlbelastung immunologisch psychoregulativ u.a. vermittelt Postinfektiöse und reaktive Arthritiden Rheumatisches Fieber Reaktive Arthritiden im engeren Sinne ß-hämolys. Streptokokken Gr. A Yersinien Campylobacter jejuni Salmonellen Shigellen Chlamydia trachomatis AST Anti-DNAse Stuhl/Serologie Urethral-/Zervixabstrich, Serologie Lyme-Borreliose Borrelia burgdorferi ELISA Westernblot (PCR im Punktat) Erst Anamnese und klinischen Befund erheben, dann u.U. Serologie ansetzen !!! Rheumatoide Arthritis • Die rheumatoide Arthritis ist eine systemische Autoimmunerkrankung, die bei unzureichender– das heißt auch verzögert beginnender – Behandlung durch Befall der Gelenke zu • chronischen Schmerzen, Funktionseinschränkungen • und eingeschränkter Lebensqualität führt. Epidemiologie • Die rheumatoide Arthritis (RA) hat eine Prävalenz von 0,5–1%, wobei Frauen etwa doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Angaben zur Inzidenz schwanken zwischen 34/100.000 proJahr bis zu 83/100.000 pro Jahr (Angaben für Frauen). • Es gibt Hinweise darauf, dass die Inzidenz der rheumatoiden Arthritis abgenommen hat. • Der Gipfel der Neuerkrankungsrate liegt bei Frauen im Alter zwischen 55 und 64 Jahren, bei • Männern im Alter von 65–75 Jahren (Symmons 2002). • Die rheumatoide Arthritis führt zu schmerzhaften, geschwollenen Gelenken mit Bewegungseinschränkungen und fortschreitender Gelenkzerstörung. • In den ersten 10 Jahren der Erkrankung erleiden etwa die Hälfte aller Patienten schwere Einschränkungen ihrer Funktionsfähigkeit (Young 2000). • Zwar scheint der Schweregrad der Erkrankung insgesamt abgenommen zu haben, dennoch besteht weiter eine erhöhte Mortalität (Meune 2009;Radovits 2010). • Der Verlust sozialer und finanzieller Selbständigkeit stellt für die Patienten ein großes Problem dar. Prognostisch ungünstige Faktoren sind • – positiver Rheumafaktor und/oder Antikörper gegen citrullinierte Peptide/Proteine • – höheres Alter bei Beginn der Erkrankung (> 60 Jahre) • – weibliches Geschlecht: Frauen erleiden eine größere Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit und die krankheitsbedingte Mortalität ist höher • – fehlende soziale Bezugssysteme, schlechte ökonomische Bedingungen • – niedriges Bildungsniveau • – Rauchen • – bereits eingetretene knöcherne Destruktion (Erosionen, Knochenödem) • – und ein verzögerter Therapiebeginn mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten Revidierte ARA-Kriterien der rheumatoiden Arthritis 1987 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Morgensteifigkeit in und um Gelenke, Dauer mind. 1 Stunde vor maximaler Besserung Mindestens Arthritische Weichteilschwellung von 3 oder mehr 6 Wochen Gelenken, vom Arzt festgestellt bestehend Arthritische Schwellung proximaler Interphalangeal-, Metacarpophalangeal-, oder Handgelenke Symmetrische arthritische Schwellung Rheumaknoten Nachweisbarer Rheumafaktor Röntgenologisch nachgewiesene Erosionen u./o. periartikuläre Osteopenie in Hand- oder Fingergelenken Definitive Rheumatoide Arthritis: 4 oder mehr Kriterien er- füllt. Keine weiteren Qualifikationen, keine Exklusionen Literatur: F.C. Arnett et al: Arthritis and Rheumatism 31, 315 (1988) 2010 ACR / EULAR-Klassifikationskriterien für die rheumatoide Arthritis • Die 2010 ACR / EULAR Kriterien zur Klassifikation der rheumatoiden Arthritis erzeugen einen Punktewert zwischen 0 und 10. • Jeder Patient mit einem Punktewert von 6 oder mehr wird eindeutig als RA-Patient klassifiziert. Vier Bereiche werden bei der Befundung abgedeckt: – die Gelenkbeteiligung (je nach Art und Zahl der betroffenen Gelenke bis zu 5 Punkte) – serologische Parameter (neben den Rheumafaktoren nun auch ACPA – je nach Antikörper-Titerhöhe bis zu 3 Punkte), – die Akutphasereaktion (1 Punkt für erhöhte ESR oder CRP-Werte) – die Dauer der Arthritis (1 Punkt für Beschwerden, die sechs Wochen oder länger bestehen) Empfohlene Diagnostik • Anamnese und klinische Untersuchung von Patienten mit entzündlichen Gelenksymptomen Empfehlungen zur technischen Diagnostik der RA. • Labor Bildgebung Diagnostischer Algorithmus Medikamentöse Behandlung • Bei der medikamentösen Therapie rheumatischer Erkrankungen werden traditionell vier Hauptgruppen von Medikamenten unterschieden: • Analgetika (Schmerzmittel) • nicht-steroidale Antiphlogistika NSAID • Glucocorticoide • Basistherapeutika (Langwirksame Antirheumatika (LWAR), krankheitskontrollierende Medikamente (Disease modifying anti-rheumatic drugs, DMARD)) • Basistherapeutikum MTX (Methotrexat) eingesetzt, das aufgrund von Wirksamkeit und Verträglichkeit quasi der „Goldstandard“ der Basistherapie ist. • Weitere sogenannte konventionelle Basistherapeutika sind Leflunomid, Sulfasalazin, Chloroquin und Hydroxychloroquin (ursprünglich als Anti-Malaria-Medikamente entwickelt), Cyclosporin A, Azathioprin und Goldverbindungen, wie beispielsweise Auranofin. • Neuere Therapeutika sind Antikörper, lösliche Rezeptoren oder Antagonisten, die gegen proinflammatorische Zytokine wie IL-1, IL-6 oder TNF-alpha gerichtet sind und auch "Biologika"/"Biologicals" genannt werden. • Gegen TNF-alpha gerichtet sind die TNF-alphaHemmer Adalimumab, Certolizumab, Etanercept, Golimumab und Infliximab. • Der IL-1-Rezeptor-Antagonist heißt Anakinra. • Die B-Zell-Therapie mit Rituximab(monoklonaler CD20-Antikörper)