Kapitel 3 Ein adäquater Kalkül der Prädikatenlogik Teil 1 Der Shoenfield-Kalkül für PL: Axiome und Regeln, Korrektheit, Zulässige Regeln Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 1 / 52 Übersicht 3.1 Shoenfields Kalkül der Prädikatenlogik: Axiome und Regeln 3.2 Korrektheit des Shoenfield-Kalküls der Prädikatenlogik 3.3 Zulässige Regeln Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 2 / 52 3.1 Shoenfields Kalkül der Prädikatenlogik: Axiome und Regeln Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 3 / 52 Im Folgenden ist L = L((Ri | i ∈ I ), (fj | j ∈ J), (ck | k ∈ K )) eine beliebige (aber feste) Sprache der Prädikatenlogik mit Signatur σ = ((ni | i ∈ I ), (mj | j ∈ J), K ). Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 4 / 52 Der Shoenfield-Kalkül für PL: Axiome und Regeln Bei den Axiomen und Regeln unterscheiden wir zwischen den aussagenlogischen und prädikatenlogischen Axiomen und Regeln: Die aussagenlogischen Axiome und Regeln umfassen die wesentlichen Gesetze zur Beschreibung der Bedeutung (Semantik) der (aussagenlogischen) Junktoren ¬ und ∨. (Diese werden vom Shoenfieldkalkül der Aussagenlogik direkt übernommen.) Die prädikatenlogischen Axiome und Regeln umfassen die wesentlichen Gesetze zur Beschreibung der Bedeutung (Semantik) des Existenzquantors und des Gleichheitszeichens. Hier rufen wir den Substituierbarkeitsbegriff in Erinnerung: ϕ[t/x] ist die Formel, die aus ϕ entsteht, wenn alle freien Vorkommen der Variablen x durch den Term t ersetzt werden. Wir nennen hierbei t für x in ϕ substituierbar, falls keine in t vorkommende Variable y 6= x in ϕ gebunden vorkommt. Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 5 / 52 Der Shoenfield-Kalkül für PL: aussagenlogische Axiome und Regeln AXIOME ¬ϕ ∨ ϕ (≡ ϕ → ϕ) “tertium non datur” (Ax) REGELN ψ ϕ∨ψ Expansion (E) ϕ∨ϕ ϕ Kürzung (Kü) Mathematische Logik (WS 2016/7) ϕ ∨ (ψ ∨ δ) (ϕ ∨ ψ) ∨ δ Assoziativität (A) ϕ ∨ ψ, ¬ϕ ∨ δ ψ∨δ Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) Schnitt (S) 6 / 52 Der Shoenfield-Kalkül für PL: prädikatenlogische Axiome und Regeln SUBSTITUTIONSAXIOME (S1) ϕ[t/x] → ∃xϕ falls t in ϕ für x substituierbar ist (SB = Substituierbarkeitsbedingung). GLEICHHEITSAXIOME (G 1) (G 2) (G 3) (G 4) x =x x1 = y1 ∧ . . . ∧ xmj = ymj → fj (x1 , . . . , xmj ) = fj (y1 , . . . , ymj ) x1 = y1 ∧ . . . ∧ xni = yni ∧ Ri (x1 , . . . , xni ) → Ri (y1 , . . . , yni ) x1 = y1 ∧ x2 = y2 ∧ x1 = x2 → y1 = y2 ∃-EINFÜHRUNGSREGELN (∃1) ϕ→ψ ∃xϕ → ψ falls x in ψ nicht frei vorkommt (VB = Variablenbedingung). Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 7 / 52 Der Shoenfield-Kalkül für PL: Beweise und Beweisbarkeit Im Folgenden schreiben wir SPL oder kurz S für den Shoenfieldkalkül der Prädikatenlogik und SAL für den früher eingeführten Shoenfieldkalkül der Aussagenlogik. Beweise und Beweisbarkeit sind wie in jedem Kalkül definiert (siehe: die Diskussion des allgemeinen Kalkülbegriffs im Abschnitt über die Aussagenlogik). Im Folgenden steht ` für die Beweisbarkeit in SPL , d.h. T ` ϕ ⇔ ϕ ist aus T im Kalkül SPL beweisbar, und wir schreiben wiederum ϕ1 , . . . , ϕn ` ϕ statt {ϕ1 , . . . , ϕn } ` ϕ `ϕ Mathematische Logik (WS 2016/7) statt ∅ ` ϕ Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 8 / 52 Der Shoenfield-Kalkül für PL: Beweise und Beweisbarkeit Wie bereits für beliebige Kalküle gezeigt, gilt für den Beweisbarkeitsbegiff in SPL : I MONOTONIELEMMA für `: Falls T ⊆ T 0 und T ` ϕ, so gilt auch T 0 ` ϕ. I TRANSITIVITÄTSLEMMA für `: Gelte T ` ϕ und T 0 ` ψ für alle ψ ∈ T . Dann gilt T 0 ` ϕ. I ENDLICHKEITSSATZ für `: Falls T ` ϕ gilt, so gibt es eine endliche Teilmenge T0 von T mit T0 ` ϕ. Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 9 / 52 Ziel: Adäquatsheitssatz für den Shoenfield-Kalkül für PL Unser Ziel ist zu zeigen, dass der Kalkül SPL adäquat ist, d.h. dass Beweisbarkeitsbegriff und Folgerungsbegriff zusammenfallen: T `ϕ ⇔ T ϕ In den nächsten beiden Abschnitten zeigen wir zunächst die Korrektheit (⇒) und weisen dann zur Vorbereitung des Beweises der Vollständigkeit (⇐) die Zulässigkeit einer Reihe von Axiomen und Regeln in SPL an. Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 10 / 52 3.2 Korrektheit des Shoenfield-Kalküls der Prädikatenlogik Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 11 / 52 Korrektheitssatz KORREKTHEITSSATZ. T ` ϕ ⇒ T ϕ Wie wir im Teil über die Aussagenlogik gezeigt haben, genügt es die Korrektheit der Axiome und Regeln von SPL zu zeigen, d.h. nachzuweisen, dass gilt: Jedes Axiom ϕ ist allgemeingültig, d.h. ϕ. Jede Regel ϕ1 , . . . , ϕn ϕ ist korrekt bzgl. Folgerungen, d.h. ϕ1 , . . . , ϕn ϕ. Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 12 / 52 Korrektheit der Axiome I Die aussagenlogischen Axiome (Ax) sind Tautologien, also nach dem Tautologielemma allgemeingültig. Die Substitutionsaxiome (S1) sind allgemeingültig nach dem Substitutionslemma (s. 2.5.4). Die Allgemeingültigkeit der Gleichheitsaxiome (G1) - (G3) haben wir bereits in Abschnitt 2.5.3 gezeigt. Die Allgemeingültigkeit von (G4) zeigen wir auf der nächsten Folie. Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 13 / 52 Korrektheit der Axiome II Die Allgemeingültigkeit der Axiome ϕ :≡ x1 = y1 ∧ x2 = y2 ∧ x1 = x2 → y1 = y2 vom Typ (G4) zeigt man wie folgt: Gegeben eine L-Struktur A und eine Belegung B : {x1 , x2 , y1 , y2 } → A. Zu zeigen: WBA (ϕ) = 1. Da WBA (ϕ) = 1 unmittelbar aus WBA (x1 = y1 ∧ x2 = y2 ∧ x1 = x2 ) = 0 folgt, können wir o.B.d.A. WBA (x1 = y1 ∧ x2 = y2 ∧ x1 = x2 ) = 1 annehmen. Also: WBA (x1 = y1 ) = WBA (x2 = y2 ) = WBA (x1 = x2 ) = 1. A A A Nach Definition von WBA folgt: (x1 )A B = (y1 )B und (x2 )B = (y2 )B und A A (x1 )B = (x2 )B . A A A A Also (y1 )A B = (x1 )B = (x2 )B = (y2 )B und damit WB (y1 = y2 ) = 1. Aber hieraus folgt WBA (ϕ) = 1 unmittelbar. Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 14 / 52 Korrektheit der Regeln Die aussagenlogischen Regeln (E), (A), (Kü) und (S) sind aussagenlogisch korrekt, d.h. aussagenlogische Folgerungen. Nach dem Lemma über aussagenlog. Folgerungen sind die Regeln daher auch (prädikatenlogisch) korrekt. Es genügt daher die Korrektheit der ∃-Einführungsregel (∃1) zu zeigen. Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 15 / 52 Korrektheit von (∃1): Vorbemerkung - Notwendigkeit von VB Bevor wir die Korrektheit des Regelschemas (∃1) ϕ→ψ ∃xϕ → ψ wobei x 6∈ FV (ψ) (VB) nachweisen, beobachten wir, dass die Variablenbedingung x 6∈ FV (ψ) notwendig ist: Zum Beispiel ist für ϕ :≡ ψ :≡ x = y die Variablenbedingung verletzt. Hierfür gilt: Die Formel ϕ → ψ ≡ x = y → x = y ist offensichtlich allgemeingültig. Die Formel ∃xϕ → ψ ≡ ∃x(x = y ) → x = y gilt dagegen nur in 1-elementigen Strukturen. Also: ϕ → ψ 6 ∃xϕ → ψ Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 16 / 52 Korrektheit von (∃1): Beweis ANNAHME: A ϕ → ψ ZU ZEIGEN: A ∃xϕ → ψ Sei FV (∃xϕ → ψ) = {x1 , . . . , xn } und B : {x1 , . . . , xn } → A. Dann genügt es WBA (∃xϕ → ψ) = 1 zu zeigen. Ist WBA (ψ) = 1, so ist die Behauptung trivial. Wir können also o.B.d.A. WBA (ψ) = 0 annehmen. Zu zeigen genügt dann: WBA (∃xϕ) = 0. Hierzu wiederum genügt es (nach Definition von WBA ), für jede gegebene Fortsetzung B 0 : {x, x1 , . . . , xn } → A von B (d.h. B 0 stimmt mit B auf {x1 , . . . , xn } überein) zu zeigen: WBA0 (ϕ) = 0. Dies zeigt man wie folgt: I I Aus der Annahme A ϕ → ψ folgt: WBA0 (ϕ → ψ) = 1. Aus WBA (ψ) = 0 folgt mit dem Koinzidenzlemma (da x 6∈ FV (ψ)) WBA0 (ψ) = WBA (ψ) = 0. Aus diesen beiden Fakten folgt aber WBA0 (ϕ) = 0. q.e.d. Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 17 / 52 3.3 Zulässige Regeln Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 18 / 52 Zulässige Regeln 3.3.1 Aussagenlogische Schlüsse 3.3.2 Generalisierung und Distribution 3.3.3 Ersetzung und Substitution I 3.3.4 Umbenennung gebundener Variablen 3.3.5 Substitution II 3.3.6 Gleichheit Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 19 / 52 Aussagenlogische Vollständigkeit von SPL In Kapitel 2.5.2 haben wir Tautologien und den aussagenlogischen Folgerungsbegriff für PL eingeführt und gezeigt, dass Tautologien allgemeingültig sind (Tautologielemma) und dass aussagenlogische Folgerungen auch Folgerungen im Sinne von PL sind (Lemma über al. Folgerungen). Wir werden nun zeigen, dass alle Tautologien im Shoenfieldkalkül SPL beweisbar sind und dass die aussagenlogischen Folgerungen zulässige Regeln sind. Wir folgern dies aus der Vollständigkeit des Shoenfieldkalkül SAL der Aussagenlogik, indem wir prädikatenlogischen Formeln “al. äquivalente” aussagenlogische Formeln (und umgekehrt) zuordnen. Hierbei werden die elementaren Teilformel einer L-Formel durch Aussagenvariablen ersetzt. (Wir begnügen uns damit, den Beweis zu skizzieren.) Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 20 / 52 Tautologien (Wiederholung) Eine Formel ϕ ist elementar, falls ϕ atomar oder eine Existenzformel ϕ ≡ ∃xψ ist. Eine aussagenlogische Belegung B von L ist eine Abbildung B : {ϕ : ϕ elementar} → {0, 1}. Eine al. Belegung B lässt sich durch B(¬ϕ) := 1 − B(ϕ) und B(ϕ1 ∨ ϕ2 ) := max(B(ϕ1 ), B(ϕ2 )) induktiv auf alle Formeln fortsetzen. Eine Formel ϕ ist eine Tautologie (oder aussagenlogisch gültig, AL ϕ), falls B(ϕ) = 1 für alle al. Belegungen B gilt. Eine Formel ϕ ist eine tautologische (oder aussagenlogische) Folgerung aus einer Formelmenge T (T AL ϕ), falls für alle al. Belegungen B gilt: Falls B(ψ) = 1 für alle ψ ∈ T , dann B(ϕ) = 1. Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 21 / 52 Al. Vollständigkeit von SPL : Tautologiesatz TAUTOLOGIESATZ. (i) AL ϕ ⇒ ` ϕ (ii) ϕ1 , . . . , ϕn AL ϕ ⇒ ϕ1 , . . . , ϕn ` ϕ Beim Beweis des Satzes greifen wir auf die Menge ETF (ϕ) der elementaren Teilformeln von ϕ zurück, die wir zur Erinnerung nochmals (durch Ind(ϕ)) definieren: Ist ϕ elementar, so ist ETF (ϕ) = {ϕ}. Ist ϕ die Negationsformel ϕ ≡ ¬ψ, so ist ETF (ϕ) = ETF (ψ). Ist ϕ die Disjunktionsformel ϕ ≡ ϕ1 ∨ ϕ2 , so ist ETF (ϕ) = ETF (ϕ1 ) ∪ ETF (ϕ2 ). Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 22 / 52 Beweis(idee) des Tautologiesatzes: Teil (i) Annahme: AL ϕ. Zu zeigen: ` ϕ Ersetze die PL-Formel ϕ durch eine “al. gleichwertige” AL-Formel ϕAL durch Ersetzen der (verschiedenen) elementaren Teilformeln ε von ϕ durch (verschiedene) Aussagenvariablen Xε . Aus AL ϕ folgt dann, dass die AL-Formel ϕAL allgemeingültig (im Sinne von AL) ist. Mit dem Vollständigkeitssatz der Aussagenlogik folgt `SAL ϕAL . D.h. es gibt einen Beweis ψ1 , . . . , ψn von ϕAL im Kalkül SAL der Aussagenlogik. Ersetzt man die in diesen Formeln vorkommenden Aussagenvariablen durch elementare Formeln, wobei Xε durch die zugehörige elementare Formel ε ersetzt wird (also die im ersten Schritt vorgenommenen Ersetzungen rückgängig gemacht werden), so erhält man so einen Beweis ψ1PL , . . . , ψnPL von ϕ ≡ (ϕAL )PL im Kalkül SPL , da - modulo dieser Ersetzungen - alle Axiome/Regeln von SAL auch Axiome/Regeln von SPL sind. Also: `SPL ϕ d.h. ` ϕ. Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 23 / 52 Beweis(idee) des Tautologiesatzes: Teil (ii) Unter Verwendung des ersten Teiles des Satzes (i) AL ϕ ⇒ ` ϕ zeigen wir (ii) ϕ1 , . . . , ϕn AL ϕ ⇒ ϕ1 , . . . , ϕn ` ϕ Man zeigt zunächst wie in der AL, dass der Modus Ponens (MP) eine zulässige Regel ist. Dann kann man wie folgt argumentieren: ϕ1 , . . . , ϕn AL ϕ ⇒ ⇒ ⇒ ... ⇒ Mathematische Logik (WS 2016/7) AL ϕ1 → ϕ2 → · · · → ϕn → ϕ ` ϕ1 → ϕ2 → · · · → ϕn → ϕ (mit (i)) ϕ1 ` ϕ2 → · · · → ϕn → ϕ (mit (MP)) ϕ1 , . . . , ϕn ` ϕ Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) (mit (MP)) 24 / 52 Zulässigkeit aussagenlogischer Schlüsse: Zusammenfassung Aus dem Tautologiesatz ergibt sich die Zulässigkeit von Aussagenlogische Schlüsse (AL) ψ1 , . . . , ψn AL ϕ (n ≥ 0) ⇒ ψ1 , . . . , ψ n ϕ in SPL . Für n = 0 ist hierbei (AL) das Axiomenschema (AL) Mathematische Logik (WS 2016/7) ϕ (falls AL ϕ) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 25 / 52 Zulässige Regeln 3.3.1 Aussagenlogische Schlüsse 3.3.2 Generalisierung und Distribution 3.3.3 Ersetzung und Substitution I 3.3.4 Umbenennung gebundener Variablen 3.3.5 Substitution II 3.3.6 Gleichheit Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 26 / 52 ∀-Einführungsregel (Hintere Generalisierung) ∀-Einführungsregel (Hintere Generalisierung): (∀1) ϕ→ψ ϕ→∀x ψ falls x 6∈ FV (ϕ) (VB) NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT: 1. 2. 3. 4. ϕ→ψ ¬ψ → ¬ϕ ∃x¬ψ → ¬ϕ ϕ → ¬∃x¬ψ ≡ ϕ → ∀xψ Mathematische Logik (WS 2016/7) Voraussetzung AL: 1 ∃1: 2 (VB erfüllt: x 6∈ FV (¬ϕ)) AL: 3 Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 27 / 52 Generalisierungsregel Generalisierung: (∀2) ϕ ∀x ϕ NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT: 1. 2. 3. 4. ϕ ¬∀xϕ → ϕ ¬∀xϕ → ∀xϕ ∀xϕ Mathematische Logik (WS 2016/7) Voraussetzung AL: 1 ∀1: 2 (VB erfüllt: x 6∈ FV (¬∀xϕ)) AL: 3 Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 28 / 52 Distributionsregeln (D∃ ) ϕ→ψ ∃x ϕ→∃x ψ (D∀ ) ϕ→ψ ∀x ϕ→∀x ψ NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT VON D∃ (D∀ analog): 1. 2. ϕ→ψ ψ → ∃xψ 3. 4. ϕ → ∃xψ ∃xϕ → ∃xψ Mathematische Logik (WS 2016/7) Voraussetzung S1 (NB: ψ ≡ ψ[x/x] und x ist für x substituierbar) AL: 1,2 ∃1: 4 (NB: VB erfüllt, da x nicht frei in ∃xψ) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 29 / 52 Zulässige Regeln 3.3.1 Aussagenlogische Schlüsse 3.3.2 Generalisierung und Distribution 3.3.3 Ersetzung und Substitution I 3.3.4 Umbenennung gebundener Variablen 3.3.5 Substitution II 3.3.6 Gleichheit Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 30 / 52 Ersetzungsregel Ersetzungsregel (E ) ψ1 ↔ ψ10 , . . . , ψn ↔ ψn0 ϕ ↔ ϕ0 falls ϕ0 aus ϕ durch Ersetzen einzelner (von keinen bis allen) Vorkommen der Teilformeln ψi durch ψi0 entsteht (wobei die ersetzten Teilformeln nicht ineinander liegen). NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT: Man zeigt dies durch Induktion nach dem Aufbau von ϕ. Wir geben im Folgenden 2 Fälle (ϕ Disjunktions- bzw. Existenzformel) und lassen die anderen beiden Fälle (ϕ atomar oder Negationsformel) als Übung. Sei hierbei Ψ := {ψ1 ↔ ψ10 , . . . , ψn ↔ ψn0 }. Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 31 / 52 Ersetzungsregel: Nachweis der Zulässigkeit (1) Fall: ϕ ≡ ϕ1 ∨ ϕ2 Dann muss ϕ0 eine der folgenden Gestalten haben: 1 ϕ0 ≡ ϕ Dann ist ϕ ↔ ϕ0 ≡ ϕ ↔ ϕ eine Tautologie, also nach (AL) beweisbar. 2 ϕ0 ≡ ψi0 wobei ϕ ≡ ψi Dann ist ϕ ↔ ϕ0 ≡ ψi ↔ ψi0 ∈ Ψ, also trivialerweise aus Ψ beweisbar. 3 ϕ0 ≡ ϕ01 ∨ ϕ02 , wobei nach I.V. ϕ1 ↔ ϕ01 und ϕ2 ↔ ϕ02 aus Ψ beweisbar sind. Dann gilt ϕ1 ↔ ϕ01 , ϕ2 ↔ ϕ02 AL ϕ ↔ ϕ0 . Es folgt daher Ψ ` ϕ ↔ ϕ0 mit (AL) aus der I.V. Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 32 / 52 Ersetzungsregel: Nachweis der Zulässigkeit (2) Fall: ϕ ≡ ∃x ϕ̂ Dann muss ϕ0 eine der folgenden Gestalten haben: 1 ϕ0 ≡ ϕ Siehe den entsprechenden Fall für ϕ ≡ ϕ1 ∨ ϕ2 . 2 ϕ0 ≡ ψi0 wobei ϕ ≡ ψi Siehe den entsprechenden Fall für ϕ ≡ ϕ1 ∨ ϕ2 . 3 ϕ0 ≡ ∃x ϕ̂0 , wobei nach I.V. ϕ̂ ↔ ϕ̂0 aus Ψ beweisbar ist Dann gilt ϕ ↔ ϕ0 ≡ ∃x ϕ̂ ↔ ∃x ϕ̂0 . Die Behauptung folgt also aus der I.V. mit der Distributionsregel (D∃ ). Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 33 / 52 Substitutionsregel Substitutionsregel: (S2) ϕ ϕ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] falls ti für xi substituierbar in ϕ (SB) Hierbei bezeichnet ϕ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] die simultane Substitution der Terme ti für die (paarweise verschiedenen) Variablen xi in der Formel ϕ (i = 1, . . . , n). Zum Nachweis der Zulässigkeit von (S2) beweisen wir zunächst den Spezialfall n = 1. Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 34 / 52 Substitutionsregel: Spezialfall Spezialfall der Substitutionsregel: (S2spez ) ϕ ϕ[t/x] falls t substituierbar (SB) NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT: 1. 2. 3. 4. 5. ϕ ∀xϕ (≡ ¬∃x¬ϕ) ¬ϕ[t/x] → ∃x¬ϕ ¬∃x¬ϕ → ϕ[t/x] ϕ[t/x] Mathematische Logik (WS 2016/7) Voraussetzung ∀2: 1 S1 (SB nach Annahme erfüllt) AL: 3 (NB: (¬ϕ)[t/x] ≡ ¬(ϕ[t/x])) AL: 2,4 Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 35 / 52 Substitutionsregel: allgemeiner Fall Substitutionsregel: (S2) ϕ ϕ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] falls ti für xi substituierbar in ϕ (SB) NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT: Die Idee ist die simultane Substitution durch eine sequentielle Substitution - d.h. durch eine Folge einfacher Substitutionen - zu beschreiben und so (S2) auf (S2spez ) zurückzuführen. Hierzu wählen wir n neue Variablen, d.h. Variablen y1 , . . . , yn 6∈ {x1 , . . . , xn } ∪ V (ϕ) ∪ V (t1 ) ∪ · · · ∪ V (tn ). Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 36 / 52 Substitutionsregel: Forts. d. Nachweis der Zulässigkeit Für ϕ̂ :≡ ϕ[y1 /x1 , . . . , yn /xn ] ≡ (. . . ((ϕ[y1 /x1 ])[y2 /x2 ]) . . . )[yn /xn ] gilt dann ϕ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] ≡ ϕ̂[t1 /y1 , . . . , tn /yn ] ≡ (. . . ((ϕ̂[t1 /y1 ])[t2 /y2 ]) . . . )[tn /yn ]. Hiermit ergibt sich: 1. 2. 3. n + 1. n + 2. 2n + 2. Mathematische Logik (WS 2016/7) ϕ ϕ[y1 /x1 ] (ϕ[y1 /x1 ])[y2 /x2 ] ... ϕ̂ ϕ̂[t1 /y1 ] ... (. . . (ϕ̂[t1 /y1 ]) . . . )[tn /yn ] ≡ ϕ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) Voraussetzung S2spez : 1 S2spez : 2 S2spez : n S2spez : n + 1 S2spez : 2n + 1 (s.o.) 37 / 52 Zulässige Regeln 3.3.1 Aussagenlogische Schlüsse 3.3.2 Generalisierung und Distribution 3.3.3 Ersetzung und Substitution I 3.3.4 Umbenennung gebundener Variablen 3.3.5 Substitution II 3.3.6 Gleichheit Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 38 / 52 Umbenennung gebundener Variablen Umbenennung gebundener Variablen: (U) ϕ ↔ ϕ∗ falls ϕ∗ aus ϕ durch Umbenennung gebundener Variablen ensteht. Hierbei darf bei Ersetzung einer Teilformel ∃xψ durch ∃y ψ[y /x] die Variable y nicht in ψ vorkommen. Zum Nachweis der Zulässigkeit beweisen wir zunächst zwei Spezialfälle. Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 39 / 52 Umbenennung gebundener Variablen: 1. Spezialfall 1. Spezialfall der Umbenennungsregel für gebundene Variablen: (U∗spez ) ∃xϕ ↔ ∃y ϕ[y /x] falls y 6∈ V (ϕ) und x 6∈ GV (ϕ) NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT: Wir benutzen, dass wegen y 6∈ V (ϕ) gilt: (∗) (ϕ[y /x])[x/y ] ≡ ϕ Hiermit erhält man: 1. 2. ϕ[y /x] → ∃xϕ ∃y ϕ[y /x] → ∃xϕ S1 ∃1: 1 3. (ϕ[y /x])[x/y ] → ∃y ϕ[y /x] ≡ ϕ → ∃y ϕ[y /x] (s. (∗)) ∃xϕ → ∃y ϕ[y /x] ∃xϕ ↔ ∃y ϕ[y /x] S1 4. 5. Mathematische Logik (WS 2016/7) ∃1: 3 AL: 2,4 (SB erfüllt, da y 6∈ V (ϕ)) (VB erfüllt, da y 6∈ V (ϕ) also y 6∈ FV (∃xϕ)) (SB erfüllt, da x 6∈ GV (ϕ) = GV (ϕ[y /x])) (VB erfüllt: x 6∈ FV (∃y ϕ[y /x])) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 40 / 52 Umbenennung gebundener Variablen: 2. Spezialfall In (U∗spez ) ∃xϕ ↔ ∃y ϕ[y /x] falls y 6∈ V (ϕ) und x 6∈ GV (ϕ) ist die Forderung y 6∈ V (ϕ) notwendig: BEISPIEL: Für ϕ ≡ ∃y (y 6= x) ist die Formel ∃xϕ ↔ ∃y ϕ[y /x] ≡ ∃x∃y (y 6= x) ↔ ∃y ∃y (y 6= y ) nicht allgemeingültig, da die Seite links von ↔ in Strukturen mit mindestens zwei Individuen gilt, die Seite rechts von ↔ dagegen unerfüllbar ist. Auf die Forderung x 6∈ GV (ϕ) in (U∗spez ) kann dagegen verzichtet werden: 2. Spezialfall der Umbenennungsregel für gebundene Variablen: (Uspez ) ∃xϕ ↔ ∃y ϕ[y /x] falls y 6∈ V (ϕ) Die Zulässigkeit von (Uspez ) zeigt man durch Induktion nach der Länge von ϕ. Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 41 / 52 Umben. geb. Variablen: Zulässigkeit von (Uspez ) Nachweis der Zulässigkeit von (Uspez ) ∃xϕ ↔ ∃y ϕ[y /x] falls y 6∈ V (ϕ) durch Induktion nach der Länge von ϕ. Es genügt die beiden folgenden Fälle zu betrachten: 1 2 x 6∈ GV (ϕ). Dann gilt Uspez wegen U∗spez . x ∈ GV (ϕ). Dann enthält ϕ (eventuell ineinander geschachtelte) Teilformeln ∃xψi . Für neue Variablen zi 6= y ist dann nach I.V. ∃xψi ↔ ∃zi ψi [zi /x] beweisbar. Durch (eventuell iteriertes) Anwenden der Ersetzungsregel folgt, dass es eine Formel ϕ∗ gibt mit (∗) ` ϕ ↔ ϕ∗ und y 6∈ V (ϕ) ∪ V (ϕ∗ ) & x 6∈ GV (ϕ∗ ) Hiermit zeigt man Uspez durch Rückgriff auf U∗spez wie folgt. Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 42 / 52 Umben. geb. Variablen: Zulässigkeit von (Uspez ) (Forts.) ANNAHME (∗): ` ϕ ↔ ϕ∗ und y 6∈ V (ϕ) ∪ V (ϕ∗ ) & x 6∈ GV (ϕ∗ ) ZU ZEIGEN: ` ∃xϕ ↔ ∃y ϕ[y /x] 1. ϕ ↔ ϕ∗ Annahme 2. ∃xϕ ↔ ∃xϕ∗ AL, D∃ : 1 3. (ϕ ↔ ϕ∗ )[y /x] ≡ ϕ[y /x] ↔ ϕ∗ [y /x] S2spez : 1 4. ∃y ϕ[y /x] ↔ ∃y ϕ∗ [y /x] AL, D∃ : 3 5. ∃xϕ∗ ↔ ∃y ϕ∗ [y /x] U∗spez 6. ∃xϕ ↔ ∃y ϕ[y /x] AL: 2, 5, 4 Mathematische Logik (WS 2016/7) SB: y 6∈ V (ϕ) ∪ V (ϕ∗ ) = V (ϕ ↔ ϕ∗ ) y 6∈ V (ϕ∗ ) & x 6∈ GV (ϕ∗ )! Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 43 / 52 Umbenennung geb. Variablen: allgemeiner Fall Umbenennung gebundener Variablen: (U) ϕ ↔ ϕ∗ falls ϕ∗ aus ϕ durch Umbenennung gebundener Variablen ensteht. Hierbei darf bei Ersetzung einer Teilformel ∃xψ durch ∃y ψ[y /x] die Variable y nicht in ψ vorkommen. NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT: Man zeigt dies durch Induktion nach dem Formelaufbau von ϕ mit Hilfe von Uspez unter Verwendung aussagenlogischer Schlüsse und der Distributionsregeln: Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 44 / 52 Umben. geb. Variablen - allgemeiner Fall: Zulässigkeit 1 2 3 4 ϕ atomar. Dann gilt ϕ∗ ≡ ϕ, weshalb ϕ ↔ ϕ∗ eine Tautologie ist. ϕ ≡ ¬ψ. Dann gilt ϕ∗ ≡ ¬ψ ∗ , wobei ψ ↔ ψ ∗ nach I.V. beweisbar ist. Es folgt dann aber ϕ ↔ ϕ∗ (≡ ¬ψ ↔ ¬ψ ∗ ) mit AL. ϕ ≡ ϕ1 ∨ ϕ2 . Dann gilt ϕ∗ ≡ ϕ∗1 ∨ ϕ∗2 , wobei ϕ1 ↔ ϕ∗1 und ϕ2 ↔ ϕ∗2 nach I.V. beweisbar sind. Die Behauptung folgt hieraus wiederum mit AL. ϕ ≡ ∃xψ. Dann muss einer der beiden folgenden Unterfälle vorliegen: 1 2 ϕ∗ ≡ ∃xψ ∗ . Dann ist ψ ↔ ψ ∗ nach I.V. beweisbar. Mit AL und D∃ folgt die Behauptung. ϕ∗ ≡ ∃y ψ ∗ [y /x], wobei y 6∈ V (ψ ∗ ). Dann gilt: 1. 2. 3. 4. ψ ↔ ψ∗ ∃xψ ↔ ∃xψ ∗ ∃xψ ∗ ↔ ∃y ψ ∗ [y /x] ∃xψ ↔ ∃y ψ ∗ [y /x] (≡ ϕ ↔ ϕ∗ ) Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) I.V. AL, D∃ : 1 Uspez ; NB: y 6∈ V (ψ ∗ ) AL: 2,3 45 / 52 Zulässige Regeln 3.3.1 Aussagenlogische Schlüsse 3.3.2 Generalisierung und Distribution 3.3.3 Ersetzung und Substitution I 3.3.4 Umbenennung gebundener Variablen 3.3.5 Substitution II 3.3.6 Gleichheit Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 46 / 52 Substitutionssatz: zulässige Substitutionsaxiome (S2∃ ) ϕ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] → ∃ x1 . . . ∃ xn ϕ (falls SB erfüllt) (S2∀ ) ∀ x1 . . . ∀ xn ϕ → ϕ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] (falls SB erfüllt) NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT VON S2∃ : Durch (iterierte) Anwendung der Umbennenungsregel (U) auf ϕ erhalten wir zunächst eine Formel ϕ0 mit ` ϕ ↔ ϕ0 , in der x1 , . . . , xn nicht mehr als gebundene Variablen auftreten, sondern durch neue (auch nicht in t1 , . . . , tn vorkommende) Variablen ersetzt wurden. Seien nun y1 , . . . , yn neue Variablen, die in ϕ, ϕ0 , t1 , . . . , tn und {x1 , . . . , xn } nicht vorkommen. Die Formel ϕ0 [y1 /x1 , . . . , yn /xn ] enthält die Variablen x1 , . . . , xn dann überhaupt nicht mehr (weder in freier noch in gebundener Form), was wir am Ende des folgenden Beweises verwenden. Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 47 / 52 Gegeben: ϕ0 mit ` ϕ ↔ ϕ0 , wobei ϕ0 aus ϕ durch Umbenennen der gebundenen Variablen x1 , . . . , xn in z1 , . . . , zn entsteht und z1 , . . . , zn 6∈ V (ϕ) ∪ V (t1 ) ∪ · · · ∪ V (tn ). y1 , . . . , yn neue Variablen, die in ϕ, ϕ0 , t1 , . . . , tn und {x1 , . . . , xn } nicht vorkommen. Also: x1 , . . . , xn 6∈ V (ϕ0 [y1 /x1 , . . . , yn /xn ]) 1. n n n n n n. + 1. + 2. + 3. + 4. + 5. n + 6. n + 7. ϕ → ∃xn ϕ ... ∃x2 . . . ∃xn ϕ → ∃x1 ∃x2 . . . ∃xn ϕ ϕ → ∃x1 ∃x2 . . . ∃xn ϕ ϕ → ∃x1 ∃x2 . . . ∃xn ϕ0 ∃x1 ∃x2 . . . ∃xn ϕ0 ↔ ∃y1 ∃y2 . . . ∃yn ϕ0 [y1 /x1 , . . . , yn /xn ] ϕ → ∃y1 ∃y2 . . . ∃yn ϕ0 [y1 /x1 , . . . , yn /xn ] (ϕ → ∃y1 ∃y2 . . . ∃yn ϕ0 [y1 /x1 , . . . , yn /xn ])[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] ≡ ϕ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] → ∃ y1 . . . yn ϕ0 [y1 /x1 , . . . , yn /xn ] ϕ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] → ∃ x1 . . . ∃ xn ϕ0 ϕ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] → ∃ x1 . . . ∃ xn ϕ S1 S1 AL: 1, . . . , n E: n + 1 U, da y1 , . . . , yn 6∈ V (ϕ0 ) AL: n + 2, n + 3 S2: n + 2 AL: n + 3, n + 5 E: n + 6 NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT VON S2∀ : 1. 2. Mathematische Logik (WS 2016/7) ¬ϕ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] → ∃ x1 . . . ∃ xn ¬ϕ ∀ x1 . . . ∀ xn ϕ → ϕ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) S2∃ AL: 1 48 / 52 Allabschluss (∀31 ) ϕ ∀ϕ (∀32 ) ∀ϕ ϕ NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT VON (∀31 ) und (∀32 ): Sei FV (ϕ) = {x1 , . . . , xn } und ∀ϕ ≡ ∀x1 . . . ∀xn ϕ. (∀31 ) : (∀32 ) : 1. 2. n. ϕ ∀xn ϕ ... ∀x1 . . . ∀xn ϕ (≡ ∀ϕ) ∀2: n 1. 2. 3. (∀ϕ ≡) ∀x1 . . . ∀xn ϕ ∀x1 . . . ∀xn ϕ → ϕ[x1 /x1 , . . . , xn /xn ] ϕ[x1 /x1 , . . . , xn /xn ] (≡ ϕ) Voraussetzung S2∀ AL: 1,2 Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) Voraussetzung ∀2: 1 49 / 52 Zulässige Regeln 3.3.1 Aussagenlogische Schlüsse 3.3.2 Generalisierung und Distribution 3.3.3 Ersetzung und Substitution I 3.3.4 Umbenennung gebundener Variablen 3.3.5 Substitution II 3.3.6 Gleichheit Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 50 / 52 Weitere Gleichheitsaxiome: Symmetrie (G5) s=t→t=s NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT: 1. 2. 3. 4. x =x x =y ∧x =x ∧x =x →y =x x =y →y =x s=t→t=s (≡ (x = y → y = x)[s/x, t/y ]) Mathematische Logik (WS 2016/7) G1 G4 AL: 1,2 S2: 3 (SB trivialerweise erfüllt) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 51 / 52 Weitere Gleichheitsaxiome: Ununterscheidbarkeit (G6) t1 = t10 ∧ . . . ∧ tn = tn0 → s = s 0 falls s 0 aus s durch Ersetzen einiger (oder auch aller) Vorkommen der Terme ti durch die entsprechenden Terme ti0 entsteht. (G7) t1 = t10 ∧ . . . ∧ tn = tn0 → (ϕ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] ↔ ϕ[t10 /x1 , . . . , tn0 /xn ]) falls die Terme ti und ti0 für xi in ϕ substituierbar sind. NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT: Man zeigt dies durch Induktion nach dem Aufbau des Terms s (G6) bzw. der Formel ϕ (G7). Wir verzichten auf die einfachen Beweise (Übung!). Mathematische Logik (WS 2016/7) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 1) 52 / 52