Toxoplasma gondii Toxoplasma gondii: Makrophage mit Tachyzoiten Allgemeine Angaben Name (Synonym): Toxoplasma (syn. Isospora) gondii; griech. toxon: Bogen, plasma: Körper; Gundi: afrikanische Nagerart Stamm: Alveolata (früher Sporozoa, Apicomplexa), Klasse: Coccidea; Erstbeschreibung: Nicolle und Mancaux 1908 Pathovarietäten: pathogen (z. B. BK-Stamm), nicht pathogen (DX-Stamm) Risikogruppe: RG 2 (EU, BiostoffV, GenTSV) Konsiliar-/Referenzlabor: Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie, Universität Bonn (Prof. A. Hörauf) Molekularbiologie, Morphologie und Physiologie Morphologie: Lebenszyklus in Katzen als Endwirt und in vielen Säugern sowie einigen Vögeln als Zwischenwirte Auftreten von 2 Formen im Zwischenwirt: Tachyzoiten von 6 – 7 µm Länge – schnelle Zweiteilungen (Endodyogenie) in Vakuolen in Makrophagen; Bradyzoiten von 6 – 7 µm Länge – langsame Zweiteilung mit Bildung von Gewebezysten (= intrazellulär) in der Muskulatur und Gehirn (!) per Endodyogenie Auftreten im Endwirt: 2 ungeschlechtliche Phasen und Gamogonie im Darmepithel; Ausscheidung von Oozysten (Ø 9 – 14 µm), die im Freien im Inneren die beiden Sporozysten mit den jeweils 4 infektiösen Sporozoiten entwickeln. Im End- und Zwischenwirt obligat intrazellulär Physiologie: Natürlicher Standort Nicht freilebend/parasitär Wirtsbereich: Endwirt: Katzen; Zwischenwirte: fast alle Säugetiere, Vögel; weltweite Verbreitung Pathogenität Opportunistisch pathogen für: Mensch und verschiedene Wirbeltiere hohe Pathogenität für immunkompromittierte Zwischenwirte (u. a. Mensch), für Foeten im Mutterleib bei Erstinfektion der Mutter und bei Einnahme von Immunsuppressiva Niedrige Pathogenität bei immunkompetenten Personen bzw. Tieren Infektiöse Stadien: Oozysten aus Katzenkot, Tachy- und Bradyzoiten in ungenügend gegartem Fleisch von Tieren Krankheit Bezeichnung: Inkubationszeit: Präpatenz: Patenz: Symptome: Diagnose: Therapie: Toxoplasmose (pränatal, connatal, postnatal) 1 – 4 Wochen (postnatal), evtl. Monate oder Jahre (pränatal, connatal) Tage (Mensch), 5 – 7 Tage (Katze) Jahre (Mensch), 4 – 6 Wochen (Katze). Schweregrad abhängig vom Immunsystem: Gesunde Personen: geringgradige Symptome, z. B. leichte Lymphknotenschwellungen, leichtes Fieber, Muskelschmerzen; immunschwache Personen: häufig Befall des ZNS: Encephalomyelitis, Augenbefall, (Retinochorioiditis), was zur Erblindung führen kann; Myocarditis, Hepatitis, Pneumonie; pränatale Toxoplasmose: Abort, Hydrocephalus, intrazerebrale Verkalkung in schweren Fällen; nach Monaten/Jahren Milz/Lebervergrößerung, Herzmuskelentzündung, Enzephalitis, Chorioetinitis. Katze: Mikroskopischer Nachweis von Oozysten im Kot Mensch: Serologie (ELISA, KBR, Serofarbtest nach Sabin & Feldman, Immunofluoreszenz) Katze: Toltrazuril; Mensch: Sulfonamide, Pyrimethamin, Trimethoprim, Atovaquon 1 02/2011 Prophylaxe (Prophylaxe): Katze: kein rohes Fleisch füttern; Mensch: kein rohes Fleisch essen, im Falle einer Schwangerschaft ohne Antikörper gegen Toxoplasma Umgang mit Katzen meiden, Katzentoilette heiß reinigen bzw. mit Handschuhen anfassen. Epidemiologie Übertragungswege und Eintrittspforten: fäkal, oral: Oozysten aus Katzenkot (im Freien lange lebensfähig); oral mit der Nahrung: rohes Fleisch; diaplazentar bei einer Erstinfektion der Mutter während der Schwangerschaft; Schmierinfektion, z. B. mit Zellkulturen Erregerreservoire: faktisch alle Haus- und Nutztiere, die verspeist werden; Katzen. Inzidenz/Prävalenz: Katze: Ausscheidung gering, serologischer Nachweis oft über 50%; Fleischtiere: oft hoch; Mensch: hoch: 80 bis 100% bei über 60-Jährigen in Deutschland, 50% bei 30Jährigen Mortalität/Letalität: abhängig von der aufgenommenen Dosis von Erregern und vom Immunzustand: gering bei Immungesunden, hoch bei HIV-Patienten (30% sterben evtl. daran); hoch bei pränataler Toxoplasmose (ca. 1.500 Foeten pro Jahr (!) sind in Deutschland signifikant geschädigt) Widerstandsfähigkeit – Tenazität Resistenzen (Trocknungs-, Chemo-,Thermo-, Strahlenresistenz): Oozysten aus Katzenfäzes: 1 Jahr im Freien lebensfähig; Gewebezysten im Fleisch (im Kühlschrank) überleben für Wochen Arbeits- und Gesundheitsschutz/Gefährdungsbeurteilung Schutz-/Sicherheitsstufe: Schutzstufe 2 nach BioStoffV bzw. Sicherheitsstufe 2 nach GenTSV Gefährdende Tätigkeiten/Expositionssituationen: Abschmecken von rohem Fleisch, Labortätigkeiten mit Erregern, Laborhaltung infizierter Katzen, beruflicher Kontakt mit Katzen Spezielle tätigkeitsbezogene Sicherheitsmaßnahmen: Technische Sicherheitsmaßnahmen: Alle Arbeiten in sterilisierbarer flachrandiger Wanne durchführen. Spritzen mit LuerLock-Sicherung verwenden Desinfektion/ Entwesungsmaßnahmen: Tote Zwischenwirte katzensicher aufbewahren und auf mindestens 60 °C Kerntemperatur erhitzen oder einfrieren bzw. einer Tierkörperbeseitigungsanstalt zuleiten; oozystenhaltiges Material, z. B. in Einstreu, Futterreste, auf mindestens 60 °C Kerntemperatur erhitzen; Oozystensuspensionen, Kotkästen und andere Arbeitsmittel autoklavieren. Stallungen von Endwirten mit Dampfstrahlgerät desinfizieren; Käfige, Roste, Futternäpfe usw. auf mindestens 60 °C Kerntemperatur erhitzen. Persönliche Schutzausrüstungen (PSA): Schutzhandschuhe und Atemschutz bei Umgang mit Kot infizierter Katzen; bei Tätigkeiten mit Endozoiten zusätzlich Schutzbrille tragen Berufsbedingte Erkrankungen/gefährdete Personen und Berufsgruppen: Personen mit beruflichem Katzen- bzw. Schlachtviehkontakt (evtl. bei Laborhaltung) Sofortmaßnahmen bei Unfällen/Erste Hilfe: bei Spritzern in den Mund mit Wasser spülen und ausspucken; bei Spritzern ins Auge das Auge Augendusche benutzen Arbeitsmedizinische Vorsorge: siehe ArbMedVV; Personen unter immunsuppressiver Therapie bzw. durch Infektionen immunsupprimierte Personen sind vom Umgang mit Erregern möglichst zu entbinden; seronegative Frauen sind auf die Risiken einer intrauterinen Infektion in der Schwangerschaft hinzuweisen. Andere gesetzliche Regelungen: bei konnatalen Infektionen Meldepflicht nach § 7 IfSG (direkter oder indirekter Nachweis des Erregers); werdende oder stillende Mütter dürfen nicht mit Arbeiten mit Toxoplasma beschäftigt werden, außer in Fällen, in denen nachgewiesen wird, dass die Arbeitnehmerin durch Immununisierung ausreichend gegen Toxoplasma geschützt ist (siehe § 4 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 2 MuSchArbV). Literatur Mehlhorn, H., Eichenlaub, D., Löscher, T., Peters, W: Diagnose und Therapie der Parasitosen des Menschen, 2. Aufl., G. Fischer, Stuttgart bzw. Urban und Fischer, München 1995 Mehlhorn, H., (ed): Encyclopedia of parasitology, 3rd ed., Springer, Heidelberg, New York 2008 Ockert, G.: Diagnostik der Protozoen – Infektionen. In: F. Hofmann (ed.): Handbuch der Infektionskrankheiten, Kap III, 5 (16), Ecomed, Landsberg 2005 Piekarski, G: Medizinische Parasitologie. 3. Aufl., Springer, Heidelberg 1988 2 02/2011