Toxoplasma gondii 02-2011

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Toxoplasma gondii
Toxoplasma gondii: Makrophage mit
Tachyzoiten
Allgemeine Angaben
Name (Synonym): Toxoplasma (syn. Isospora) gondii; griech. toxon: Bogen, plasma: Körper; Gundi:
afrikanische Nagerart
Stamm:
Alveolata
(früher
Sporozoa,
Apicomplexa),
Klasse:
Coccidea;
Erstbeschreibung: Nicolle und Mancaux 1908
Pathovarietäten: pathogen (z. B. BK-Stamm), nicht pathogen (DX-Stamm)
Risikogruppe:
RG 2 (EU, BiostoffV, GenTSV)
Konsiliar-/Referenzlabor: Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie, Universität Bonn
(Prof. A. Hörauf)
Molekularbiologie, Morphologie und Physiologie
Morphologie:
Lebenszyklus in Katzen als Endwirt und in vielen Säugern sowie einigen Vögeln als
Zwischenwirte
Auftreten von 2 Formen im Zwischenwirt:
Tachyzoiten von 6 – 7 µm Länge – schnelle Zweiteilungen (Endodyogenie) in Vakuolen
in Makrophagen;
Bradyzoiten von 6 – 7 µm Länge – langsame Zweiteilung mit Bildung von
Gewebezysten (= intrazellulär) in der Muskulatur und Gehirn (!) per Endodyogenie
Auftreten im Endwirt:
2 ungeschlechtliche Phasen und Gamogonie im Darmepithel; Ausscheidung von
Oozysten (Ø 9 – 14 µm), die im Freien im Inneren die beiden Sporozysten mit den
jeweils 4 infektiösen Sporozoiten entwickeln.
Im End- und Zwischenwirt obligat intrazellulär
Physiologie:
Natürlicher Standort
Nicht freilebend/parasitär
Wirtsbereich:
Endwirt: Katzen; Zwischenwirte: fast alle Säugetiere, Vögel; weltweite Verbreitung
Pathogenität
Opportunistisch pathogen für: Mensch und verschiedene Wirbeltiere
hohe Pathogenität für immunkompromittierte Zwischenwirte (u. a. Mensch), für Foeten
im Mutterleib bei Erstinfektion der Mutter und bei Einnahme von Immunsuppressiva
Niedrige Pathogenität bei immunkompetenten Personen bzw. Tieren
Infektiöse Stadien: Oozysten aus Katzenkot, Tachy- und Bradyzoiten in ungenügend gegartem Fleisch
von Tieren
Krankheit
Bezeichnung:
Inkubationszeit:
Präpatenz:
Patenz:
Symptome:
Diagnose:
Therapie:
Toxoplasmose (pränatal, connatal, postnatal)
1 – 4 Wochen (postnatal), evtl. Monate oder Jahre (pränatal, connatal)
Tage (Mensch), 5 – 7 Tage (Katze)
Jahre (Mensch), 4 – 6 Wochen (Katze).
Schweregrad abhängig vom Immunsystem: Gesunde Personen: geringgradige
Symptome, z. B. leichte Lymphknotenschwellungen, leichtes Fieber, Muskelschmerzen;
immunschwache Personen: häufig Befall des ZNS: Encephalomyelitis, Augenbefall,
(Retinochorioiditis), was zur Erblindung führen kann; Myocarditis, Hepatitis, Pneumonie;
pränatale Toxoplasmose: Abort, Hydrocephalus, intrazerebrale Verkalkung in schweren
Fällen; nach Monaten/Jahren Milz/Lebervergrößerung, Herzmuskelentzündung,
Enzephalitis, Chorioetinitis.
Katze: Mikroskopischer Nachweis von Oozysten im Kot
Mensch: Serologie (ELISA, KBR, Serofarbtest nach Sabin & Feldman,
Immunofluoreszenz)
Katze: Toltrazuril; Mensch: Sulfonamide, Pyrimethamin, Trimethoprim, Atovaquon
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Prophylaxe (Prophylaxe): Katze: kein rohes Fleisch füttern; Mensch: kein rohes Fleisch essen, im Falle
einer Schwangerschaft ohne Antikörper gegen Toxoplasma Umgang mit Katzen
meiden, Katzentoilette heiß reinigen bzw. mit Handschuhen anfassen.
Epidemiologie
Übertragungswege und Eintrittspforten: fäkal, oral: Oozysten aus Katzenkot (im Freien lange lebensfähig);
oral mit der Nahrung: rohes Fleisch; diaplazentar bei einer Erstinfektion der Mutter
während der Schwangerschaft; Schmierinfektion, z. B. mit Zellkulturen
Erregerreservoire: faktisch alle Haus- und Nutztiere, die verspeist werden; Katzen.
Inzidenz/Prävalenz: Katze: Ausscheidung gering, serologischer Nachweis oft über 50%; Fleischtiere: oft
hoch; Mensch: hoch: 80 bis 100% bei über 60-Jährigen in Deutschland, 50% bei 30Jährigen
Mortalität/Letalität: abhängig von der aufgenommenen Dosis von Erregern und vom Immunzustand:
gering bei Immungesunden, hoch bei HIV-Patienten (30% sterben evtl. daran); hoch bei
pränataler Toxoplasmose (ca. 1.500 Foeten pro Jahr (!) sind in Deutschland signifikant
geschädigt)
Widerstandsfähigkeit – Tenazität
Resistenzen (Trocknungs-, Chemo-,Thermo-, Strahlenresistenz): Oozysten aus Katzenfäzes: 1 Jahr im
Freien lebensfähig; Gewebezysten im Fleisch (im Kühlschrank) überleben für Wochen
Arbeits- und Gesundheitsschutz/Gefährdungsbeurteilung
Schutz-/Sicherheitsstufe: Schutzstufe 2 nach BioStoffV bzw. Sicherheitsstufe 2 nach GenTSV
Gefährdende Tätigkeiten/Expositionssituationen: Abschmecken von rohem Fleisch, Labortätigkeiten mit
Erregern, Laborhaltung infizierter Katzen, beruflicher Kontakt mit Katzen
Spezielle tätigkeitsbezogene Sicherheitsmaßnahmen:
Technische Sicherheitsmaßnahmen:
Alle Arbeiten in sterilisierbarer flachrandiger Wanne durchführen. Spritzen mit LuerLock-Sicherung verwenden
Desinfektion/ Entwesungsmaßnahmen:
Tote Zwischenwirte katzensicher aufbewahren und auf mindestens 60 °C
Kerntemperatur erhitzen oder einfrieren bzw. einer Tierkörperbeseitigungsanstalt
zuleiten; oozystenhaltiges Material, z. B. in Einstreu, Futterreste, auf mindestens 60 °C
Kerntemperatur erhitzen; Oozystensuspensionen, Kotkästen und andere Arbeitsmittel
autoklavieren. Stallungen von Endwirten mit Dampfstrahlgerät desinfizieren; Käfige,
Roste, Futternäpfe usw. auf mindestens 60 °C Kerntemperatur erhitzen.
Persönliche Schutzausrüstungen (PSA): Schutzhandschuhe und Atemschutz bei Umgang mit Kot
infizierter Katzen; bei Tätigkeiten mit Endozoiten zusätzlich Schutzbrille tragen
Berufsbedingte Erkrankungen/gefährdete Personen und Berufsgruppen: Personen mit beruflichem
Katzen- bzw. Schlachtviehkontakt (evtl. bei Laborhaltung)
Sofortmaßnahmen bei Unfällen/Erste Hilfe: bei Spritzern in den Mund mit Wasser spülen und ausspucken;
bei Spritzern ins Auge das Auge Augendusche benutzen
Arbeitsmedizinische Vorsorge: siehe ArbMedVV; Personen unter immunsuppressiver Therapie bzw. durch
Infektionen immunsupprimierte Personen sind vom Umgang mit Erregern möglichst zu
entbinden; seronegative Frauen sind auf die Risiken einer intrauterinen Infektion in der
Schwangerschaft hinzuweisen.
Andere gesetzliche Regelungen: bei konnatalen Infektionen Meldepflicht nach § 7 IfSG (direkter oder
indirekter Nachweis des Erregers); werdende oder stillende Mütter dürfen nicht mit
Arbeiten mit Toxoplasma beschäftigt werden, außer in Fällen, in denen nachgewiesen
wird, dass die Arbeitnehmerin durch Immununisierung ausreichend gegen Toxoplasma
geschützt ist (siehe § 4 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 2 MuSchArbV).
Literatur
Mehlhorn, H., Eichenlaub, D., Löscher, T., Peters, W: Diagnose und Therapie der Parasitosen des
Menschen, 2. Aufl., G. Fischer, Stuttgart bzw. Urban und Fischer, München 1995
Mehlhorn, H., (ed): Encyclopedia of parasitology, 3rd ed., Springer, Heidelberg, New York 2008
Ockert, G.: Diagnostik der Protozoen – Infektionen. In: F. Hofmann (ed.): Handbuch der
Infektionskrankheiten, Kap III, 5 (16), Ecomed, Landsberg 2005
Piekarski, G: Medizinische Parasitologie. 3. Aufl., Springer, Heidelberg 1988
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