Grundlagen der Theoretischen Festkörperphysik Vorlesungsskript Prof. Dr. Reinhold Egger Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Zum Selbststudium empfohlene Literatur: • N.W. Ashcroft, N.D. Mermin: Solid State Physics, Saunders College 1976. Klassisches Lehrbuch der Festkörperphysik. • H. Bruus, K. Flensberg: Many-Body Quantum Theory in Condensed Matter Physics, Oxford Graduate Texts, Oxford University Press 2004. • R. Gross, A. Marx, Festkörperphysik, Oldenbourg, 2012. • A. Altland, B. Simons: Condensed Matter Field Theory, Cambridge Univ. Press, 2010 (2nd edition). Anspruchsvollere moderne Darstellung. • M. Tinkham, Introduction to Superconductivity, McGraw Hill, 2nd edition (1996), bietet eine gute Einführung in Supraleitung. Vorausgesetzte Kenntnisse: Grundvorlesungen der Theoretischen Physik. Inhaltsverzeichnis 1 Zweite Quantisierung 2 1.1 Erste Quantisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1.2 Besetzungszahldarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.2.1 Bosonen-Leiteroperatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1.2.2 Fermionen-Leiteroperatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Operatoren in zweiter Quantisierung . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.3.1 Feldoperator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.3.2 Harmonischer Oszillator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.4 Quantisierung des Strahlungsfeldes: Photonen . . . . . . . . . . . 10 1.5 Quantisierung des Schrödingerfelds: Elektronen . . . . . . . . . . 11 1.3 2 Nichtwechselwirkende Elektronengase 15 2.1 Blochtheorie: Statisches Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.2 Freies Fermigas: Jellium-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.3 Elektronengase in reduzierten Dimensionen . . . . . . . . . . . . . 19 2.3.1 Zweidimensionales Elektronengas (2DEG) . . . . . . . . . 19 2.3.2 Quantendrähte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.4 Kohlenstoff–basierte Leiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2.4.1 Graphene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2.4.2 Nanoröhrchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3 Coulomb-Wechselwirkungseffekte 36 3.1 Erste Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 3.2 2. Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 0 INHALTSVERZEICHNIS 4 Phononen 1 41 4.1 Phononen einer 1D Kette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 4.2 3D Phononen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 4.3 Debyemodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 4.4 Elektron-Phonon-Kopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 5 Magnetismus 5.1 5.2 52 Mean-field Theorie (MFT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 5.1.1 Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 5.1.2 Ordnungsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 5.1.3 Hartree-Fock (HF) Näherung . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Ferromagnetismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 5.2.1 Heisenbergmodell: Ionische Ferromagneten . . . . . . . . . 57 5.2.2 Stoner Modell: Itinerante Ferromagneten . . . . . . . . . . 58 6 Lineare Antworttheorie 63 6.1 Wechselwirkungsbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 6.2 Lineare Antworttheorie: Kuboformel . . . . . . . . . . . . . . . . 65 6.3 Elektrische Leitfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 6.4 Leitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 6.5 Abschirmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 7 Supraleitung 7.1 73 BCS Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 7.1.1 Bogoliubov-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 7.1.2 BCS Gap Equation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 7.1.3 Zustandsdichte der BCS Quasiteilchen Ds (E) . . . . . . . 78 7.2 Ginzburg-Landau Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 7.3 Josephson Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 7.4 Ungeordnete Supraleiter: Bogoliubov-DeGennes Gleichung . . . . 88 8 Quanten-Hall-Effekt 91 8.1 Landau-Niveaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 8.2 Ganzzahliger Quanten-Hall-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 8.3 Fraktionaler Quanten-Hall-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Kapitel 1 Zweite Quantisierung Vorbemerkung: Wir behandeln zunächst den Formalismus der Zweiten Quantisierung, der für Vielteilchenprobleme eine wesentlich elegantere und effizientere Methode als die übliche (Erste) Quantisierung über explizit (anti-)symmetrisierte Vielteilchenwellenfunktionen ergibt. (Allerdings physikalisch nichts anderes!) 1.1 Erste Quantisierung Startpunkt ist Einteilchen-Schrödingergleichung ih̄∂t |ψ(t)i = H|ψ(t)i Betrachte zunächst Einteilchensysteme, z.B. Elektron mit Ladung −e, Masse m, im Eichfeld ϕ(r, t), A(r, t) 2 e 1 −ih̄∇ + A(r, t) H= 2m c − eϕ(r, t) Ohne externe Felder: Lösungen sind ebene Wellen |ψk,σ i = |k, σi, Ortsdarstellung σ =↑, ↓ 1 ψk,σ (r) = hr|k, σi) = √ eik·r χσ V mit Normierungsvolumen V und Spinoren χ↑ = (1, 0)T und χ↓ = (0, 1)T . Allgemeine Notation: ν bezeichne kompletten Satz von Quantenzahlen, z.B. ν = (kx , ky , kz , σ). Ortsdarstellung des Zustands: ψν (r) = hr|νi 2 3 KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG Normierungsbedingung: Vollständigkeitsrelation: R dr|ψν (r)|2 = 1. X ν Dabei bedeutet Quantenzahlen. P ν |νihν| = 1 Integration über kontinuierliche und Summation über diskrete Betrachte nun N identische (ununterscheidbare!) Teilchen (Fermionen/Bosonen). Diese werden beschrieben durch N -Teilchen Wellenfunktion Ψ(r1 , . . . , rN ) (zunächst ohne Spin), d.h. komplexwertige Funktion von 3N Variablen (im zeitunabh. Fall). Wahrscheinlichkeit für das Antreffen von N Teilchen im Volumenelement dr1 · · · drN bei (r1 , · · · , rN ) ist |Ψ(r1 , . . . , rN )|2 dr1 · · · drN Ununterscheidbarkeit (Konsequenz der Unschärferelation) erzwingt dass zwei identische Teilchen (gleicher Spin, gleiches Isotop) prinzipiell nicht ‘markierbar’ sind. Erlaubte Zustände müssen bei Vertauschen zweier Teilchen daher erfüllen: Ψ(r1 , · · · , rj , · · · , rk , · · ·) = λΨ(r1 , · · · , rk , · · · , rj , · · ·) = λ2 Ψ(r1 , · · · , rj , · · · , rk , · · ·) mit Phasenfaktor λ, da gleicher physikalischer Zustand nur durch globale Phase differieren kann! Zweite Gleichung bedeutet λ2 = 1, d.h. nur λ = ±1 ist möglich. Für Bosonen ist λ = +1, für Fermionen λ = −1. Spin-Statistik-Theorem (o.B.) besagt dass dann Bosonen ganzzahligen Spin haben, während Fermionen halbzahligen besitzen. Für Fermionen: Ψ(r, r) = 0, Pauliprinzip, effektive Abstossung (ohne echte Wechselwirkung!). Für Bosonen: effektive Anziehung, Clustering, Bose-Einstein Kondensation. Formalismus der 1. Quantisierung ist unhandlich, da Symmetrieeigenschaften der Wellenfunktion extra eingebaut werden müssen. Besser: Zweite Quantisierung, im folgenden eingeführt. 1.2 Besetzungszahldarstellung N Teilchen-Besetzungszahlzustand sei definiert als |nν1 , nν2 , · · ·i, X j nν j = N 4 KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG wobei die ganzzahligen nν Eigenwerte des Besetzungszahl-Operators n̂ν sind, n̂ν |nν i = nν |nν i Wir starten mit willkürlicher (aber fester) Ordnung der Einteilchenorbitale, die als Basis gewählt wurde: |ν1 i|ν2 i|ν3 i · · · und geben dann an, wieviele Teilchen (nνj ) den Einteilchen-Zustand |νj i besetzen sollen. Fermionen : Bosonen : nν = 0, 1 (Pauli − Prinzip) nν = 0, 1, 2, 3, · · · Diese Forderung enthält bereits die Symmetrieeigenschaften Da Teilchenzahlen oft geändert werden (s.u.), ist es günstig, den Fockraum F als verallgemeinerten Hilbertraum zu definieren: F= ∞ X N =0 ⊕FN mit FN = span{|nν1 , nν2 , · · ·i| X j nν j = N } Zustände in F mit N 6= N ′ sind daher immer orthogonal. 1.2.1 Bosonen-Leiteroperatoren Vgl. QM Harmonischer Oszillator: definiere nicht-Hermitesche Erzeugungsoperatoren b†νj | · · · , nνj−1 , nνj , nνj+1 , · · ·i = B+ (nνj )| · · · , nνj−1 , nνj + 1, nνj+1 , · · ·i mit zu bestimmender Normierungskonstante B+ (n). Einziges nichtverschwindendes Matrixelement im Fockraum ist 6 0 hnνj + 1|b†νj |nνj i = Adjungierter Operator: hnνj + 1|b†νj |nνj i∗ = hnνj |bνj |nνj + 1i d.h. wir erhalten bνj | · · · , nνj−1 , nνj , nνj+1 , · · ·i = B− (nνj )| · · · , nνj−1 , nνj − 1, nνj+1 , · · ·i KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG 5 Im Folgenden Kurzschreibweise bj ≡ bνj . Da wir Bosonen betrachten, soll unter Teilchenaustausch j mit k Symmetrie des Zustandes gelten. Dies impliziert [b†j , b†k ]− = 0 Für j 6= k fordern wir auch [bj , b†k ]− = 0 Für k = j getrennte Überlegung. Zunächst beachten wir, dass der leere Zustand durch b vernichtet wird: b|0i = 0 6= |0i. Daraus folgt B− (0) = 0. Für B+ (0) wählen wir als Konvention B+ (0) = 1, d.h. b† |0i = |1i. Dann muss aber gelten: B+ (0) = h1|b† |0i∗ = h0|b|1i = B− (1) = 1, also b† b|0i = 0, bb† |0i = |0i Dies führt zur Annahme des Kommutators: [bj , b†k ]− = δjk Konsequenz: Hermitescher Besetzungszahloperator ist n̂ν = b†ν bν mit √ b†ν |nν i = nν + 1|nν + 1i √ nν |nν − 1i bν |nν i = n̂ν |nν i = nν |nν i Symmetrieforderung steckt bereits in Algebra der Bosonenoperatoren bν , b†ν . Viel bequemer! 1.2.2 Fermionen-Leiteroperatoren Analoges Vorgehen für Fermionen: c†νj | · · · , nνj , · · ·i = C+ (nνj )| · · · , nνj + 1 · · ·i mit Erzeugungsoperatoren c†ν . Vernichter erfüllt cνj | · · · , nνj , · · ·i = C− (nνj )| · · · , nνj − 1 · · ·i Antisymmetrie bei Vertauschen von j und k: Fordere statt Kommutatoren jetzt Antikommutatoren als Algebra der c, c† : [cj , ck ]+ = 0, [c†j , c†k ]+ = 0 6 KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG mit [A, B]+ = AB + BA. Wieder fordert man für j 6= k die Relation [cj , c†k ]+ = 0, Vorsicht bei j = k. Konvention C+ (0) = 1 wird beibehalten, ebenso muss C− (0) = 0 wie oben gelten. Hermitesche Konjugation ergibt C− (1) = C+ (0) = 1 wie zuvor, also cc† |0i = |0i, c† c|0i = 0 Dies ist konsistent mit der Annahme [cj , c†k ]+ = δjk Diese Operatorrelationen definieren eine fermionische Algebra. Insbesondere ist c2j = (c†j )2 = 0: Pauli-Prinzip! Teilchenzahloperator für Fermionen erfüllt n̂ν = c†ν cν , n̂2ν = n̂ν d.h. nur Eigenwerte nν = 0, 1 möglich. Durch fermionische Algebra ist dies automatisch sichergestellt, und Zustände sind automatisch antisymmetrisch. Keine explizite Antisymmetrisierung (Slaterdeterminanten etc.) notwendig! Also c† |0i = |1i, c|0i = 0, Schematisch: c† |1i = 0 c|1i = |0i c† c† |0i −→ |1i −→ Vakuum c c Vakuum ←− |0i ←− |1i 1.3 Operatoren in zweiter Quantisierung Alle Operatoren können jetzt durch die {bν , b†ν } bzw. {cν , c†ν } ausgedrückt werden. Notation: aν = bν für Bosonen, aν = cν für Fermionen. Einteilchenoperator: T = X νi ,νj Tνi νj a†νi aνj mit Übergangsmatrixelement (falls T = T † , hermitesche Matrix) Tνi νj . Beispiel: kinetische Energie, s.u. Zweiteilchenoperator: Vtot = 1 X Vν ,ν ;ν ,ν a† a† aν aν 2 νi ,νj ,νk ,νl i j k l νi νj l k 7 KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG Abbildung 1.1: Elementare Feynman-Diagramme für Einteilchen- und Zweiteilchenoperatoren. Reihenfolge der Indizes Wechselwirkung, s.u.! wichtig bei Fermionen! Beispiel: Coulomb- Graphische Veranschaulichung (‘Feynman-Diagramm’) siehe Abb. 1.1 Basiswechsel Es seien 2 vollständige Orthonormalsysteme (Einteilchenbasissysteme) vorgegeben: {|ψν i} bzw. {|ψ̃µ i} X |ψ̃µ i = |ψν i hψν |ψ̃µ i | ν {z } =hψ̃µ |ψν i∗ Diese Einteilchenzustände können zur Einführung der Operatoren aν bzw. ãµ verwendet werden: |ψν i = a†ν |0i, |ψ̃µ i = ㆵ |0i Damit konsistente Transformation vorliegt, muss gelten ㆵ |0i = X ν hψ̃µ |ψν i∗ a†ν |0i Daher fordern wir Operatoridentität ㆵ = X ν hψ̃µ |ψν i∗ a†ν bzw. hermitesch konjugiert: ãµ = X ν hψ̃µ |ψν iaν Dabei bleibt Algebra intakt: [ãµ1 , ㆵ2 ]± = = X ν1 ,ν2 X ν hψ̃µ1 |ψν1 ihψ̃µ2 |ψν2 i∗ [aν1 , a†ν2 ]± | {z =δν1 ν2 } hψ̃µ1 |ψν ihψν |ψ̃µ2 i = hψ̃µ1 |ψ̃µ2 i = δµ1 ,µ2 8 KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG Auch Gesamt-Teilchenzahl ist invariant unter Basiswechsel: X µ 1.3.1 X ㆵ ãµ = ν1 ,ν2 ,µ hψ̃µ |ψν2 ihψν1 |ψ̃µ ia†ν1 aν2 = X a†ν aν ν Feldoperator Ortsdarstellung ergibt Feldoperator: Erzeugungs- bzw. Vernichtungsoperator für Teilchen am Ort r ψ̂ † (r) = X ν hr|νi∗ a†ν = X ψν∗ (r)a†ν ν mit den Einteilchenwellenfunktionen ψν (r) ∈ L2 , und Operator im Fockraum ψ̂ † . Vorsicht: Notation erinnert an Wellenfunktion aus Erster Quantisierung, ist aber Operator im Fockraum! Genauso Vernichtungsoperator: ψ̂(r) = P ν ψν (r)aν Algebra für Bosonen (ξ = 1) bzw. Fermionen (ξ = −1) [ψ̂(r1 ), ψ̂ † (r2 )]−ξ = δ(r1 − r2 ) Nachweis wie oben, mit X ν ψν (r1 )ψν∗ (r2 ) = δ(r1 − r2 ) Teilchen-Welle Dualität angedeutet durch Notation: • ψ Notation weist auf Wellencharakter hin (vgl. Schrödingergl.) • Operator erzeugt/vernichtet ein Teilchen: Teilchencharakter, steckt in Operatoralgebra! Ortsdarstellung von Operatoren: z.B. ist die gesamte kinetische Energie mit den Koeffizienten ! Z h̄2 2 ∗ Tνν ′ = drψν (r) − ∇ ψν ′ (r) 2m r gegeben durch T = X νi ,νj Tνi ,νj a†νi aνj !" = dr = Z h̄2 2 dr ψ̂ (r) − ∇ ψ̂(r) 2m r X νi † ψν∗i (r)a†νi " # h̄2 2 X − ψνj (r)aνj ∇ 2m r νj Z # 9 KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG zweitquantisierte Form der gesamten kinetischen Energie des Vielteilchensystems. Allgemein erhält man zweitquantisierte Form eines Einteilchenoperators durch ‘Sandwichen’ des entsprechenden Einteilchenoperators zwischen ψ̂ † und ψ̂, und Integration über r. Impulsdarstellung durch Fouriertransformation 1 X −ik·r † X ∗ ψk (r)a†k e ak = ψ̂ † (r) = √ V k k bzw. umgekehrt a†k 1.3.2 1 Z =√ dreik·r ψ̂ † (r) V Harmonischer Oszillator Erstquantisierte Darstellung des 1D Oszillators: H= mω 2 2 p2 + x, 2m 2 [p, x]− = −ih̄ Zweitquantisiert durch Übergang zu Leiteroperatoren (ℓ = 1 a = √ 2 1 a† = √ 2 umgekehrt ! p x +i ℓ h̄/ℓ ! x p −i ℓ h̄/ℓ q h̄/mω) √ ih̄ † (a − a)/ 2 ℓ Kanonischer Kommutator [p, x] = −ih̄ impliziert bosonische Algebra √ x = ℓ(a + a† )/ 2, p= [a, a† ]− = 1 Zweitquantisierte Darstellung H = h̄ω(a† a + 1/2) Eigenfunktionen H|ni = En |ni mit n = 0, 1, 2, . . . sind für En = (n + 1/2)h̄ω gegeben durch Hermite Polynome, ψn (x) = √ 1 1 hx|(x/ℓ − ipℓ/h̄)n |0i = √ (x/ℓ − ℓd/dx)n ψ0 (x) n n 2 n! 2 n! (1.1) Vielteilcheninterpretation: n Schwingungsquanten (Phononen) im Zustand |ni vorhanden. Teilchenzahl nicht erhalten! 10 KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG 1.4 Quantisierung des Strahlungsfeldes: Photonen Quantisierung des Strahlungsfeldes führt auf einen Satz ungekoppelter harmonischer Oszillatoren. Herleitung am einfachsten in Strahlungseichung, d.h. Coulombeichung ∇ · A = 0 mit ϕ = 0. Dann A rein transversal, zwei Polarisationsrichtungen ǫ̂λ ⊥ k, λ = 1, 2. Dabei sollen {ǫ̂1 , ǫ̂2 , k/|k|} einen rechtshändigen Satz orthonormierter Einheitsvektoren bilden. Mit B = ∇ × A und E = − 1c Ȧ folgt aus Maxwellgleichungen (∆ − 1 2 ∂ )A(r, t) = 0 c2 t Lösungen sind ebene Wellen. Klassisch folgt also (da A reellwertige Einträge haben muss) für periodische Randbedingungen im Volumen V die allgemeine Lösung 1 A(r, t) = √ V X k,λ=1,2 h i ǫ̂λ Ak,λ ei(k·r−ωk t) + h.c. mit beliebigen komplexen Koeffizienten Ak,λ und ωk = ck = c|k|. Klassische Hamiltonfunktion (= Energie) ist dann durch Einsetzen dieses Ansatzes gegeben durch (Rechnung vgl. Bruus/Flensberg) 1 Z dr |E|2 + |B|2 8π 1 X 2 = ω |Ak,λ |2 2π k,λ k H = = 1 X 2 Pk,λ + ωk2 Q2k,λ 2 k,λ Generalisierte Impulse bzw. Koordinaten sind Qk,λ = π −1/2 AR k,λ , Pk,λ = π −1/2 ωk AIk,λ Photonen bilden Satz von entkoppelten harmonischen Oszillatoren, die durch k und λ = 1, 2 numeriert werden. Dieses Problem können wir direkt quantisieren, siehe 1D Fall: nk,λ = 0, 1, 2, . . . gibt dann die Zahl der Photonen mit Wellenvektor k und Polarisation λ an. Quantisierung durch [Qk,λ , Pk′ ,λ′ ]− = −ih̄δkk′ δλλ′ 11 KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG Wieder Leiteroperatoren für jede Mode: Qk,λ = s h̄ † (a + ak,λ ), 2ωk k,λ mit bosonischer Algebra Pk,λ = i s h̄ωk † (ak,λ − ak,λ ) 2 [ak,λ , a†k′ ,λ′ ]− = δkk′ δλλ′ Zweitquantisierter Hamiltonoperator des Photonenfeldes X H= h̄ωk (a†k,λ ak,λ + 1/2) k,λ Aus obiger klassischer Darstellung ergibt sich Feldoperator des Photonenfeldes (Operator des Vektorpotentials, Hütchen hier weggelassen) 1 A(r, t) = √ V X k,λ=1,2 s i 2πh̄ h ǫ̂λ ak,λ ei(k·r−ωk t) + h.c. ωk Dieser Operator enthält Erzeuger und Vernichter von Photonen. Vektorpotential aus klassischer Elektrodynamik folgt als Mittelwert (qm. Erwartungswert). 1.5 Quantisierung des Schrödingerfelds: Elektronen Hier a = c da Fermioperatoren (Elektronen). Kinetische Energie Minimalsubstitution p → p − (q/c)A zur Einkopplung des magnetischen Feldes bei Ladung des Teilchens q ergibt T̂ = 1 XZ drψ̂σ† (r) [−ih̄∇r − (q/c)A(r)]2 ψ̂σ (r) 2m σ Spin Erste Quantisierung: Spin wird durch Vektor von Paulimatrizen dargestellt, s= mit τx = 0 1 1 0 ! , h̄ τ, 2 τy = entsprechen Einteilchenoperatoren. τ = (τx , τy , τz ) 0 −i i 0 ! , τz = 1 0 0 −1 ! , 12 KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG Zweite Quantisierung: Darstellung in Einteilchenbasis |νi = |µi|σi, wobei |µi orbitale Freiheitsgrade bezeichnet. Da diese vom Spinraum entkoppeln, ist Spinoperator des Vielteilchensystems S= h̄ X Z drψ̂σ† (r)τσσ′ ψ̂σ′ (r) 2 σ,σ′ analog in Impulsdarstellung. Dies ist der Gesamtspin. R Spindichte folgt aus S = drs(r) als s(r) = h̄ X † ψ̂ (r)τσσ′ ψ̂σ′ (r) 2 σ,σ′ σ Im Vielteilchenzustand |Φi ∈ F ist hΦ|s(r)|Φi dann der Erwartungswert der Spindichte. Ladungsdichte folgt analog aus erstquantisierter Form ρµ,σ (r) = |ψµ,σ (r)|2 (Wahrscheinlichkeitsdichte für Einteilchenzustand |µ, σi) : ρµ,σ (r) = Z ∗ dr′ ψµσ (r′ )δ(r′ − r)ψµσ (r′ ) d.h. erstquantisierter Operator ist δ(r − r′ ), und durch Erhöhung der Wellenfunktion erhalten wir die die entsprechende zweitquantisierte Form des Ladungsdichteoperators ρ̂σ (r) = ψ̂σ† (r)ψ̂σ (r) Gesamt-Ladungsdichte ρ̂ = P σ ρ̂σ Impulsdarstellung: Einsetzen von 1 X ik·r e akσ ψσ (r) = √ V k ergibt (q = k − k′ ist Impulsübertrag) ρ̂σ (r) = = 1 X −i(k−k′ )·r † 1 X −iq·r † e ak+q,σ akσ e ak,σ ak′ ,σ = V k,k′ V k,q 1 X ρ̂q,σ e−iq·r , V q Stromdichteoperator Zwei Möglichkeiten der Definition ρ̂q,σ = X k a†k+q,σ akσ 13 KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG • über Kontinuitätsgleichung aus Ladungsdichteoperator, ∂t ρ̂ + ∇ · Ĵ(r) = 0 • als kanonisch konjugierte Grösse zu A, Ĵ(r) = − 1 ∂H q ∂A beide führen auf gleiches Ergebnis (ohne Herleitung, siehe Bruus/Flensberg) Ĵσ (r) = h̄ † q ψ̂σ (r)∇ψ̂σ (r) − [∇ψ̂σ† (r)]ψ̂σ (r) − Aψ̂σ† (r)ψ̂σ (r) 2mi m erster Term: paramagnetischer Beitrag, zweiter Term: diamagnetischer Beitrag. Folgt wieder durch Erhöhung der erstquantisierten Wellenfunktion zum zweitquantisierten Operator. Hermitescher Operator im Fockraum, lässt Teilchenzahl invariant! Coulombwechselwirkung Analog folgt zweitquantisierte Form des Wechselwirkungsbeitrages, als V̂ = e2 1 XZ dr1 dr2 ψ̂σ† 1 (r1 )ψ̂σ† 2 (r2 ) ψ̂σ (r2 )ψ̂σ1 (r1 ) 2 σ1 σ2 |r1 − r2 | 2 Impulsdarstellung: Einsetzen von 1 X ik·r ψσ (r) = √ e akσ V k ergibt V̂ = 1 2V X σ1 ,σ2 ,k1 ,k2 ,k3 ,k4 V ({ki }, σ1,2 )a†k3 ,σ1 a†k4 ,σ2 ak2 ,σ2 ak1 ,σ1 mit dem Matrixelement (wobei q = k2 − k4 ) V (. . .) = e2 Z dr1 dr2 i[k1 ·r1 +k2 ·r2 −k3 ·r1 −k4 ·r2 ] e V |r1 − r2 | |i(k +k −k −k{z)·r iq·(r −r }) e 2 = e V Z 1 2 3 4 dr1 ei(k1 +k2 −k3 −k4 )·r1 × 1e 2 1 Z dr iq·r e | r{z } =4π/q 2 = 4πe2 δk1 +q,k3 q2 Mit Vq = 4πe2 /q 2 folgt also V̂ = X † 1 X X ak1 +q,σ1 a†k2 −q,σ2 ak2 ,σ2 ak1 ,σ1 Vq 2V σ1 ,σ2 q k1 ,k2 14 KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG Feynmandiagramm: einlaufende Teilchen mit Wellenvektor k1 und k2 sowie Spin σ1 und σ2 werden durch Vq gestreut, auslaufende Teilchen haben k1 + q bzw. k2 − q aber gleichen Spin. Gesamtimpuls erhalten (nur Impulsaustausch!). Siehe Abb. 1.2. # !" Abbildung 1.2: Coulomb Wechselwirkungsdiagramm in 2. Quantisierung, siehe Text. Kapitel 2 Nichtwechselwirkende Elektronengase Metall: positiv geladene Ionen, elektr. Eigenschaften dominiert von schwach gebundenen Valenzelektronen. Bei T = 0 (bis auf Vakuumfluktuationen) ist Kristallgitter starr, entspricht periodischem Potential (Phononen sind Anregungen darauf, zunächst ignoriert). Zwei wichtige Zugänge: • Phänomenologische Gittermodelle (Parameter: Gitterkonstanten, Federkonstanten entsprechen Elastizitätsmoduln, können aus Experiment bzw. ab-initio Simulation berechnet werden.) • Jellium Modell: verschmiere Ionen-Hintergrund, positive Hintergrundladung wichtig um Elektroneutralität zu garantieren! Wir werden zunächst Elektron-Elektron-Wechselwirkungen vernachlässigen, und betrachten daher das Problem eines einzelnen Elektrons in einem periodischen Potential (Bloch-Problem). Als konkrete Anwendung wird am Ende des Kapitels die Bandstruktur von Graphene und daraus die von KohlenstoffNanoröhrchen diskutiert. 2.1 Blochtheorie: Statisches Gitter Betrachte zunächst idealisierten perfekten Kristall (keine thermischen oder Quanten-Fluktuationen, keine Unordnung): perfekt periodisches Gitter führt zum Einteilchen-Hamiltonoperator H = T + V (r), 15 T =− h̄2 ∆ 2m KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE Periodisches Potential erfüllt: des Gitters: 16 V (r) = V (r + R) für alle Translationsvektoren R= 3 X ni ai , ni ∈ Z i=1 wobei das Gitter durch primitive Gittervektoren {a1 , a2 , a3 } aufgespannt wird. Reziprokes Gitter Im reziproken Raum (k) wird durch alle G mit eiG·R = 1 (für alle mgl. R) das reziproke Gitter aufgespannt. Reziproke Gittervektoren : G= 3 X mi bi , i=1 ai · bj = 2πδij gilt für primitive reziproke Gittervektoren b1 = 2π a2 × a3 a1 · (a2 × a3 ) + zykl.Perm. Erste Brillouin Zone Alle k im reziproken Raum, die näher an G = 0 als zu irgendeinem anderen G 6= 0 liegen, bilden die erste Brillouin Zone (Wigner-Seitz-Zelle im reziproken Raum) {k ∈ 1.BZ | |k| < |k − G| ∀ G 6= 0} D.h. beliebiges q kann eindeutig geschrieben werden als q = k + G, k ∈ 1.BZ Gitterperiodische Funktionen lassen sich durch Entwicklung in G darstellen, z.B. periodisches Potential V (r) = V (r + R) ∀ R = X i ni ai ⇔ V (r) = X eiG·r VG G da exp(iG · R) = 1. Schrödingergleichung Erstquantisierte (Einteilchen) Schrödingergleichung Hψ = Eψ, in ebene Wellen Basis |k, σi mit komplexen ck ist Wellenfunktion gegeben durch ψσ (r) = 1 X ik·r e ck χσ V k KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 17 Hier muss über alle k summiert werden, nicht nur die 1.BZ. Anwenden von H auf diesen Ansatz ergibt mit ǫk = h̄2 k 2 /2m: ǫk c k + X VG ck−G = Eck (2.1) G Schrödingergleichung in ebene-Wellen-Basis. Jedes ck koppelt an alle ck−G , aber nicht an andere k′ . Daher kann man k ∈ 1.BZ wählen, es entsteht keine neue Gleichung für k ausserhalb 1.BZ. Für gegebenes k ∈ 1.BZ habe die Schrödingergl. (2.1) die Eigenlösungen (Energiebänder) E = ǫn (k), k ∈ 1.BZ, n = 1, 2, 3, . . . mit Eigenfunktion ψn,k,σ (r) = 1 X i(k+G)·r (n) e ck+G χσ V G entspricht Lösung eines (unendlich-dimensionalen) Lineare-Algebra Matrixpro(n) blems! Die ck+G entsprechen den Eigenvektoren (mit Einträgen durch G numeriert, und Eigenwerten durch n numeriert.) Beachte: alle k′ = k + G tragen bei dieser Eigenfunktion bei. Gleichzeitiges Spezifizieren von r und k: kein Konflikt mit Heisenbergscher Unschärferelation, da k die Eigenfunktion nur parametrisiert (Kristallimpuls k ∈ 1.BZ). Ab jetzt sei k ∈ 1.BZ. Zusammenfassung: Bloch’sches Theorem: Eigenfunktionen im periodischen Kristall sind ebene Wellen, moduliert durch gitterperiodische Funktion, ψn,k,σ (r) = eik·r unk (r)χσ mit un,k (r) = un,k (r + R) = 1 X iG·r (n) e ck+G V G Elektronen im periodischen Potential (sog. ‘Blochelektronen’) können darum im wesentlichen ungehindert propagieren (Ausnahme: k nahe am Rand der 1.BZ, s.u.), einzige Änderung ist Renormierung der Masse zur effektiven Masse m → m∗ . Elektrischer Widerstand im perfekten Kristall ist daher Null (aber kein Supraleiter!), oder unendlich (falls Fermienergie in Bandlücke). Endlicher Widerstand durch Streuung an Gitterschwingungen (Phononen) oder Defekten. Effektive Massen Näherung: (bricht für k am Zonenrand zusammen!) 1 ψn,k,σ (r) → √ eik·r χσ , V m → m∗ , KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 18 wobei dann k beliebig (aber ggf. mit geeigneter Bandbreite um Divergenzen zu vermeiden!) 2.2 Freies Fermigas: Jellium-Modell Im Jellium-Modell werden die Ionen durch ausgeschmierte homogene Ladungsdichte +Zρjel beschrieben, d.h. Gitter wird durch konstanten Hintergrund ersetzt, so dass unter der Randbedingung der Elektroneutralität Hjel = Tel kinetische Energie der Elektronen. Daher sind die Lösungen zu Hjel ψ = Eψ ebene Wellen (per. Randbedingungen), 1 ψk,σ = √ eik·r χσ , V E = ǫk = h̄2 k 2 /2m mit ki = 2πni /Li , V = Lx Ly Lz . Entspricht Effektive-Masse-Näherung für Bewegung im periodischen Potential weg von Bandlücken, dann effektiv freie Bewegung! Zweitquantisierte Form: Ĥjel = XZ σ ! X h̄2 k 2 † h̄2 ∆ † drψ̂σ (r) − ψ̂σ (r) = ckσ ckσ 2m kσ 2m Kontinuumslimes: X k → V Z dk (2π)3 Konvention: Ordne Einteilchenbasis nach aufsteigenden Energien, |k1 , ↑i|k1 , ↓i|k2 , ↑i|k2 , ↓i · · · , ǫ k1 ≤ ǫ k2 ≤ · · · Grundzustand (T = 0) für N Elektronen durch sukzessives Auffüllen der N tiefsten Zustände: Fermisee bzw. Fermikugel. Energie des höchsten besetzten Zustandes ist die Fermienergie ǫF (dies ist das chemische Potential bei T = 0). |F Si = c†kN/2 ,↑ c†kN/2 ,↓ · · · c†k1 ,↑ c†k1 ,↓ |0i gefüllter Fermisee, in Literatur oft auch als Grundzustand wie |0i bezeichnet. Achtung: hier ist |F Si Grundzustand des N Teilchensystems, und |0i der Zustand mit null Teilchen (aber Vakuumfluktuationen). Hilfgrössen: Fermi-Wellenzahl kF , Fermi-Wellenlänge λF , Fermi-Temperatur TF , Fermi-Geschwindigkeit vF aus ǫF = kTF = h̄2 kF2 /2m, λF = 2π/kF , vF = h̄kF /m KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 19 Alle Zustände mit ǫk,σ ≤ ǫF sind bei T = 0 einfach besetzt, alle darüber unbesetzt. Zusammenhang Teilchendichte n = N/V zu Fermienergie ǫF : N = hF S|N̂ |F Si = X kσ hF S|n̂k,σ |F Si = 2V Z dk (2π)3 |k|<kF also für die Dichte n = kF3 /(3π 2 ) Typ. Grössenordnung in Metallen (Cu): λF ≈ 0.5 nm, TF = 81000 K, vF /c ≈ 0.005 (nichtrelativistisch) Grundzustandsenergie: E (0) = hF S|Ĥjel |F Si = 2 Z kF 3 V h̄2 4π k 4 dk = N ǫF 3 (2π) 2m 5 0 Als Folge des Pauliprinzips extrem hohe Energie pro Teilchen. Zustandsdichte: Zahl der verfügbaren Zustände dN bei Energie ǫ . . . ǫ + dǫ: D(ǫ) = Normiert auf Volumen: Aus ǫ = h̄2 (3π 2 n)2/3 2m dN dǫ d(ǫ) = D(ǫ)/V = dn/dǫ folgt beim Fermigas n(ǫ) = 1 (2m/h̄2 )3/2 ǫ3/2 3π 2 und damit die Zustandsdichte d(ǫ) = √ 1 dn = 2 (2m/h̄2 )3/2 ǫΘ(ǫ) dǫ 2π wichtige Vereinfachung um vom k Raum zu Energien überzugehen, z.B. gilt dann N= 2.3 2.3.1 Z dǫD(ǫ)nF (ǫ), E (0) = Z dǫǫD(ǫ)nF (ǫ), Elektronengase in reduzierten Dimensionen Zweidimensionales Elektronengas (2DEG) GaAs-GaAlAs Heterostrukturen sind besonders gut geeignet, um hohe Mobilitäten zu erzeugen, da beide Teile praktisch die gleiche Gitterkonstante besitzen, und somit fast ohne Defekte Grenzflächen bilden können. KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 20 Abbildung 2.1: Schematische Bandstruktur bei GaAs-GaAlAs Heterostrukturen. Aluminium ist Elektronen-Donor, d.h. direkt nach dem Zusammenbringen (vor Einstellung eines Gleichgewichtes) hätte man die Situation in Abb. 2.1(b). Im Gleichgewicht muss aber die Fermienergie (chemisches Potential!) überall gleich sein, sonst würde spontaner Ladungstransfer einsetzen um dies sicherzustellen. Elektronen aus der dotierten Seite (links) gehen daher in die Grenzfläche, und lassen positiv geladene Al-Ionen zurück. Elektronen können nicht in rechte Seite hinein diffundieren, da sie durch die Ionen in der Grenzschicht gehalten werden. Dies ergibt starke elektrostatische Felder, siehe Abb. 2.1(c), d.h. Bandkrümmung. Dadurch entsteht eine starke Transversalquantisierung (in z Richtung). In x, y Richtung ebene Wellen (keine Einschnürung), aber Potentialtopf entlang z Richtung. Es gibt daher gebundene Zustände, typischer Energieabstand ca. 0.1 eV. Bei geeigneter Wahl der Gatespannungen kann nun erreicht werden, dass nur das KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 21 niedrigste Transversalniveau unterhalb der Fermienergie liegt (d.h. besetzt wird), und alle höheren Zustände nicht besetzt werden. Dann liegt ein (in x-y Ebene frei bewegliches) 2DEG vor. Typ. Ausdehnung in z Richtung: ≈ 10 nm. Es ergibt sich ein 2DEG mit hoher Mobilität, µ ≈ 106 cm2 /V s, bei Elektronendichten ne ≈ 1012 cm−2 . Die Mobilität im Drude-Bild folgt aus Driftgeschwindigkeit vd : vd = µE Zusammenhang zu mittlerer freier Weglänge l bzw. elastischer Streuzeit τ = l/vF aus dem klassischen Drude-Bild (effekt. Masse m∗ ): µ= eτ m∗ Elektronen haben eigentlich Geschwindigkeit vF , diffundieren aber wie Brownsches Teilchen aufgrund von Stössen mit Defekten viel langsamer, mit vd ≪ vF linear in E. Hohe Mobilität im 2DEG deutet auf sehr schwache Unordnung hin. Einteilchenbeschreibung (effektive-Masse-Näherung): Potential U (z) gibt ! h̄2 − ∗ ∆ + U (z) − E ψσ (x, y, z) = 0 2m Lösungsansatz: 1 ψσ (x, y, z) = √ ei(kx x+ky y) χσ ξn (z) A mit Spinor χσ und Fläche A. Dabei folgt Transversalfunktion aus (− h̄2 d2 + U (z) − ǫn )ξn (z) = 0 2m∗ dz 2 d.h. ǫn sind die gebundenen Zustände (n = 1, 2, 3, . . .). Gesamtenergie des Elektrons: E = h̄2 (kx2 2m∗ + ky2 ) + ǫn Wir betrachten effektiv den Fall ǫn>1 > EF , so dass nur n = 1 relevant. Der z Freiheitsgrad ist dann ausgefroren. Jetzt kann zusätzliches Potential V (x, y) vorliegen (viel schwächer als U (z)), das durch weitere Gatter erzeugt werden kann. Damit können im 2DEG Strukturen erzeugt werden, z.B. Einschnürung in 1D Quantendraht oder in isolierten Quantenpunkt. Dann sind allerdings Elektron-Elektron-Wechselwirkungen oft nicht mehr vernachlässigbar! Zustandsdichte D(E) = 2 Z dk δ(E − Ek ) (2π)d 22 KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE (Faktor 2: Spin!). Für d = 2 folgt D(E) = 2 Z ∞ 0 h̄2 k 2 kdk δ(E − ) 2π 2m∗ Mit ξ = h̄2 k 2 /2m∗ und kdk = m∗ dξ/h̄2 : m∗ Z ∞ m∗ D(E) = dξδ(E − ξ) = πh̄2 0 πh̄2 Zustandsdichte des 2DEG ist konstant. 2.3.2 Quantendrähte Ein Quantendraht (engl.: quantum wire) kann im 2DEG durch geeignete Schottky-Gates erzeugt werden, die lithographisch auf der Oberfläche der Probe aufgebracht werden und dann auf negative Spannung gelegt werden (Elektronenverarmung in der Schicht darunter!). Elektrostatische Potentiale im 2DEG dann in guter Näherung in parabolischer Approximation beschreibbar, 1 V (x, y) = m∗ ω02 y 2 2 Transportrichtung sei hier x, es liegt also Einschnürung entlang der y Richtung vor, vgl. Abb. 2.2. u b "! "#$%& '(*)!+%),! .-/ 0 # 1,23 45687 "! 9*:*60 # ! a J Abbildung 2.2: Schematischer Versuchsaufbau für einen eindimensionalen Quantendraht. 2D Schrödinger Gleichung wird dann durch Separationsansatz gelöst: 1 ψσ (x, y) = √ eikx χσ ψn (y) L KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 23 wobei transversale Eigenfunktionen der Gleichung ! 1 h̄2 d2 − ∗ 2 + m∗ ω02 y 2 − En ψn (y) = 0 2m dy 2 genügen. Lösung (1D harmonischer Oszillator): ψn sind Hermite Polynome (1.1), En = h̄ω0 (n + 1/2), wobei n = 0, 1, 2, . . .. Der Index n numeriert die Bänder bzw. Transportkanäle im Draht. Insgesamt ist die Energie eines Zustandes mit Quantenzahlen (n, k, σ) dann En (k) = (n + 1/2)h̄ω0 + h̄2 k 2 2m∗ vgl. Abb. 2.3. Abbildung 2.3: Bandstruktur eines Quantendrahtes. Typische Werte im 2DEG-Quantendraht: h̄ω0 ≈ 5 meV, also viel kleiner als zQuantisierungsenergie (≈ 100 meV) Gruppengeschwindigkeit: vn (k) = h̄1 ∂k En (k) = h̄kF,n /m∗ Die Zahl der gefüllten Bänder N (n = 0, . . . , N − 1) ist dabei durch EF festgelegt, und insbesondere hat jeder besetzte Kanal n < N einen separaten FermiWellenvektor kF,n Bei T = 0 sind alle Zustände mit |k| < kF,n im Band n besetzt, und die Gesamtdichte ist (Faktor 2 für Spin) ρ=2 X kF,n n<N π KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 24 Wir betrachten einen Quantendraht der Länge L, adiabatisch verbunden auf beiden Seiten mit 2DEG ohne Einschnürung (Reservoir). Im linken bzw. rechten Reservoir (sehr gross, hat vom Draht unbeeinflusste Temperatur und chemisches Potential) liege chem. Potential µL/R vor, mit angelegter Spannung eV = µL −µR . Wir interessieren uns nun für den elektrischen Strom I, welcher durch den Draht fliessen kann. Einschnürpotential ist nun mit x-abhängiger Einschnürfrequenz: V (x, y) = m∗ 2 ω (x)y 2 2 0 Form von ω0 (x): siehe Abb. 2.4. Abbildung 2.4: Einschnürpotential: Frequenz als Funktion von x. Adiabatische Verbindung bedeutet: d ω0 (x) ≈ 0 dx d.h. langsam veränderlich auf Skala λF , keine abrupte Änderung des Potentials. Da dieses elektrostatisch erzeugt wird, ist dies oft eine sehr gute Näherung (adiabatische Verbindung). Adiabatische Näherung bedeutet, dass Eigenfunktionen in diesem Potential faktorisieren, x wirkt in y-Part nur wie Parameter, ψσ (x, y) = Ψn (x)ψn (y; ω0 = ω0 (x))χσ wobei ! h̄2 d2 1 − ∗ 2 + m∗ ω02 (x)y 2 − Vn (x) ψn (y) = 0 2m dy 2 KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 25 Abbildung 2.5: Transversaleigenzustände Vn (x), siehe Text. mit Vn (x) = h̄ω0 (x)(n + 1/2), d.h. einfach durch x reparametrisierter 1D Oszillator. Die Vn (x) sind in Abb. 2.5 gezeigt. Dann folgt für die propagierenden Eigenzustände Ψn (x): ! h̄2 d2 − ∗ 2 + Vn (x) − En Ψn (x) = 0 2m dx Betrachten wir diese Gleichung am linken Kontakt, vgl. Abb. 2.5, so sehen wir dass (von links her, also vom Reservoir her) zuerst der Kanal n = 2 reflektiert wird, dann auch n = 1, während n = 0 auch im Draht noch unterhalb der Fermienergie liegt. Also wird in diesem Draht nur der Kanal n = 0 durch den Quantendraht propagieren, die anderen (n > 0) werden alle am Kontakt reflektiert. Berechnung des Leitwertes G = I/V am elegantesten durch Landauer-Büttiker Streuformalismus (siehe Bruus/Flensberg). Hier vereinfachte Form; Wir betrachten die Zwei-Terminal-Geometrie wie oben, ohne Streuung im Draht, und entwickeln den Streuformalismus bzw. Streuzustände für dieses Problem. Grundannahme der Landauer-Büttiker (LB) Theorie: Elektron-ElektronWechselwirkung sei vernachlässigbar. Dann kann effektiv im Einteilchenbild gerechnet werden. Für die betrachtete Geometrie (linkes/rechtes Reservoir für sich im therm. Gleichgewicht, mit chemischem Potential µL/R , und gleicher Temperatur T ) setzt sich Strom zusammen aus links- (k < 0) und rechts-(k > 0) laufendem Anteil: I = I+ − I− = I(k > 0) − I(k < 0) = IR − IL Zustände mit k > 0 sind mit Fermifunktion besetzt, die im linken Reservoir KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 26 determiniert ist (β = 1/kB T ) f+ (Ek ) = 1 1 + exp[β(Ek − µL )] Entsprechend: Linksläufer kommen vom rechten Reservoir: 1 1 + exp[β(Ek − µR )] f− (Ek ) = Da verschiedene chemische Potentiale, und wir keinen Streumechanismus zwischen Rechts- und Linksläufern haben, liegen diese auf verschiedenen chemischen Potentialen, kein Gleichgewicht! Der Rechtsläufer (Linksläufer) wird dann vom rechten (linken) Reservoir verschluckt, ohne Reflexion falls adiabatischer Kontakt vorliegt. Jeder Zustand k > 0 gibt dann einen Beitrag ρevn (k) zum Strom I+ , wobei die Dichte ρ = 1/L fürR ein P dk gegebenes Band. Wir betrachten zunächst den spinlosen Fall, mit L1 k → 2π . Dann folgt I+ = e X vn (k)f+ (En (k)) L n,k>0 −1 Z ∞ e NX dEn (k) dk f+ (En (k)) 2πh̄ n=0 0 dk e XZ = dEf+ (E) h n<N = Genauso für I− : I− = e XZ dEf− (E) h n<N Also eZ dE(f+ (E) − f− (E)) h Nun ist mit Fermifunktion f (E): I=N g(eV ) ≡ Z dE(f (E − µL ) − f (E − µR )) = Z dE(f (E − eV ) − f (E)) Beachte: g(0) = 0 und dg(x)/dx = −f (∞) + f (−∞) = +1, d.h. g(eV ) = eV Also folgt (formal für beliebige Temperatur) I=N e2 V, h G=N e2 h KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 27 Also folgt: G = N e2 /h Leitwertquantisierung Widerstand: R = RK /N Einheit der Quantisierung: Von-Klitzing Konstante, enthält nur Naturkonstanten, materialunabhängig! h RK = 2 ≈ 25.8kΩ e Jeder transmittierte Kanal bringt Leitwert 2e2 /h (mit Spin). Leitwertquantisierung kann in kurzen Drähten schön beobachtet werden (erstmalig: 1988), vgl. Abb. 2.6. Dabei wird durch eine backgate Spannung das Einschnürpotential und die Ladungsträgerkonzentration (also EF ) durchgestimmt, d.h. man bekommt eine Sequenz von quantisierten Plateaus. Vgl. auch Abb. 2.7 für den Fall eines (kurzer Quantendraht). Quantenpunktkontaktes v kM = Km M`Q j# clMVkAZXDkiAe*O2kAZ%#12`MVUig.XDk*U*e*[email protected]'x\TMe*m*mJM`Q n M`]tZm@O2kTM n j# _bOPm Abbildung 2.6: Experimentelle Bestätigung der Leitwertquantisierung in (kurzen) Quantendrähten, sogenannten Quantenpunktkontakten. Siehe z.B. B. van Wees et al., Phys. Rev. Lett. 60, 848 (1988) und D. Wharam et al., J. Phys. C 21, L209 (1988). Plateau-Werte sind materialunabhängig. Aber: Quantisierung wird durch Unordnungseffekte bzw. Abweichungen von der perfekten Adiabatizität zerstört. Defekte koppeln R und L Läufer, und geben reduzierte Transmissionswahrscheinlichkeiten! Dennoch beobachtbar, für langen Quantendraht aber schwierig. Wo kommt der Widerstand h/e2 her? Im Quantendraht wurden keine Streuer angenommen, d.h. gemäss Bloch Theorem würden wir Widerstand Null erwarten. Dies ist in der Tat der intrinsische Widerstand: Im Draht selbst fällt keine Spannung ab, und eine 4-Terminal Anordnung mit schwach gekoppelten KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 6 K 28 Closed channel Energy Gate E ε n+1(x) ε n(x) Gate x Open channel x Abbildung 2.7: Schematisch: Quantenpunktkontaktquantisierung. Spannungsgreifern würde tatsächlich bei den Hilfskontakten µ1 = µ2 und daher R4t = (µ1 − µ2 )/I = 0 liefern. Achtung: Kein Supraleiter, obwohl Widerstand Null. Dagegen ist 2-Terminal Leitwert endlich, G = N (2e2 /h) (mit Spin). Grund: Kontaktwiderstand Durch die Reflektion von Moden aus dem Reservoir an dem Kontakt (vgl. Abb. 2.5) entsteht ein Spannungsabfall (Widerstand) am Kontakt. Dissipation hier nur in den Reservoiren, nicht im Draht! Die intrinsische Leitfähigkeit ist im Draht ∞, trotzdem wird endlicher (und quantisierter) Leitwert gemessen. Falls Verunreinigungen (Störstellen etc.) im Draht: Allgemeiner Landauer-Büttiker Formalismus ergibt (mit Spin) G= 2e2 X Tn h n<N Landauerformel, 2-Terminal Leitwert mit Transmissionswahrscheinlichkeit Tn des n.ten Kanals, 0 ≤ Tn ≤ 1. In diesem Kapitel hatten wir den perfekten Fall Tn = 1 diskutiert. Daraus folgt die Landauerformel für den 4-Terminal Leitwert G4t . Falls N = 1: Kontaktwiderstand ist Rk = h/2e2 , d.h. 4-Terminal-Leitwert folgt aus Serienschaltung der Widerstände G−1 = Rk + G−1 4t also mit T = T1 1/T = 1 + 2e2 /h G4t KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE d.h. G4t = 2e2 T h 1−T R4t = h 1−T 2e2 T bzw. 2.4 29 Kohlenstoff–basierte Leiter Im folgenden betrachten wir die Bewegung von Elektronen im periodischen Gitter-Potential, das durch Kohlenstoffatome in einer Graphene-Monolage erzeugt wird, siehe Abb. 2.8. Durch Aufwickeln auf einen Zylinder entstehen Nanoröhrchen (carbon nanotubes). Nanoröhrchen wurden 1991 entdeckt, wichtiges Beispiel für eindimensionalen molekularen Leiter. Aufbau siehe Abb. 2.8, aufgeGraphitschicht (Graphen). m rollte ! K a Abbildung 2.8: Kohlenstoffnanoröhrchen. Links: Ideales Graphene-Gitter (Honigwabenstruktur). Mitte: Aufgerolltes Gitter einer Kohlenstoffnanoröhre. Rechts: Rasterkraftmikroskopaufnahme einer elektrisch kontaktierten Nanoröhre. 2.4.1 Graphene Honigwabengitter: Nächster Nachbar-Abstand zweier Kohlenstoffatome: d = 1.42 Å √ Gitterkonstante: a = 3d Primitive Bravais-Gittertranslationen: a1 = a(1, 0), a2 = a(1/2, √ 3/2). Dabei hat Basis zwei Atome (keine einatomare Basis wählbar!). Gitter wird aufgespannt durch primitive Translationsvektoren (n1 , n2 ganzzahlig) T = n1 a1 + n2 a2 (2.2) b KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 30 Reziprokes Gitter des Honigwabengitters wird aufgespannt durch b1 und b2 mit bi · aj = 2πδij also √ 2π (1, −1/ 3) a √ 2π b2 = (0, 2/ 3) a b1 = Reziproker Gittervektor G = m1 b1 + m2 b2 Abbildung 2.9: Erste Brillouinzone des Honigwabengitters. Erste Brillouinzone ist Hexagon, siehe Abb. 2.9. Spezielle Punkte: Γ : (0, 0), M: √ 2π (1/2, 1/2 3), a K : (4π/3a, 0) Bandstruktur folgt in guter Näherung aus einfachem Tight-Binding Modell, mit einem Leitungselektron (π-Elektron) pro C Atom. Mit n = (n1 , n2 ) und Basisindices p = A, B bezeichnet der Zustand |Tn , A/Bi die Besetzung dieses Gitterplatzes auf Untergitter A/B. Beim Hüpfen zwischen nächsten Nachbarn wird immer das Untergitter gewechselt, mit t ≈ 2.7 eV. Effektiv folgt Tight-Binding Modell: H = −t X n,δ (|Tn , AihTn + δ, B| + h.c.) 31 KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE wobei die drei Vektoren δ1,2,3 den Gitterplatz A mit den verbinden: √ √ a a δ1 = (1, 1/ 3), δ2 = (−1, 1/ 3), δ3 = 2 2 drei nächsten Nachbarn √ a (0, −2/ 3) 2 Diagonalisiere durch Fouriertransformation: (Ā ist Normierungsfläche) 1 X ik·Tn |k, A/Bi e |Tn , A/Bi = √ Ā k∈1.BZ Dabei ist für k, k′ in der ersten Brillouinzone 1 X i(k−k′ )·Tn X = e δk,k′ +G = δk,k′ Ā Tn G und es folgt H = − = t X ik·T−ik′ ·(T+δ) e |kAihk′ B| + h.c. Ā T,δ,k,k′ X k∈1.BZ ξk |kAihkB| + h.c. mit ξk = −t X e−ik·δ δ √ = −2t cos(kx a/2)e−iky a/(2 3) − teiky a/ √ 3 In der (A, B) Basis ist damit H= X Hk , Hk = k 0 ξk ξk∗ 0 ! Dispersionsrelation: v u u Ek = ±|ξk | = ±tt1 + 4 cos2 ! ! kx a kx a + 4 cos cos 2 2 √ 3ky a 2 ! vgl. Abb. 2.10 für einen Weg von M nach K über Γ zurück nach K in der 1. Brillouinzone. Ohne Dotierung hat man pro C Atom ein freies Elektron, d.h. Elektron-LochSymmetrie. Dies bedeutet: EF = 0 Alle Zustände mit E < 0 bilden dann das Valenzband, und das Leitungsband wird für E > 0 realisiert. Fermi-Fläche besteht dann aus isolierten Punkten (in 2D Graphene!), den K Punkten. Davon sind immer drei identisch, da sie nur durch KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 32 Abbildung 2.10: Dispersionsrelation einer 2D Graphene-Schicht. reziproke Gittervektoren verschieden sind. Es gibt also zwei nicht-äquivalente Fermipunkte (bzw. K Punkte). Um einen solchen K Punkt herum kann man auf niedrigen Energieskalen |E| ≪ t ≈ 2.7 eV (was auch Raumtemperatur umfasst!) die Dispersionsrelation in guter Näherung linearisieren Eq = v|q|, q = k − K mit Fermigeschwindigkeit v= √ 3at ≈ 106 m/sec ≈ c/300 2 Dirac-Kegel, entspricht effektiv masselosen Dirac-Fermionen (Lichtkegel). Elektronen in Graphene bilden nahe bei EF = 0 aufgrund der Gitterstruktur effektiv masselose Diracteilchen, die mit der Geschwindigkeit v propagieren. Analogie zu Licht bzw. QED. Graphene wurde 2004 von A. Geim und K. Novoselov (Manchester) erstmals in Monolagen präpariert, extrem aktives Feld der aktuellen Festkörperphysik (Nobelpreis für Physik, 2010). KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 33 Grundlagenphysik: Realisierung von Diractheorie in Festkörperphysik, mit etlichen interessanten Effekten (Klein-Paradoxon, unkonventionelle Quantisierungseffekte, etc.) 2.4.2 Nanoröhrchen Um 2D Gitter auf Zylinder abzuwickeln, wird ein Gitterpunkt durch einen Übergittervektor Tnm wieder auf sich selbst abgebildet, d.h. Tnm geht einmal um den Umfang des Zylinders, 2πR = |Tnm | ergibt dann den Radius der Nanoröhre. Die chiralen Indices n und m (wir wählen o.B.d.A. n ≥ m ≥ 0) legen nun fest, wie sich die C Atome um den Umfang wickeln. Mit Gl. (2.2) folgt a√ 2 R= n + nm + m2 2π Beispiele: • Zig-zag Nanoröhre, (n, 0), stabil für n > 5 • Armchair Nanoröhre, (n, n), stabil für n > 3. Häufig kommt n = 10 vor, dann R = 1.4 nm. • Chirale Nanoröhren haben 0 < m < n, dann gibt es Helizität (rechts- oder linksdrehend). Zig-zag und Armchair Nanoröhren sind die einzigen nichtdrehenden. Haupteffekt des Übergittervektors: Transversalquantisierung der erlaubten Impulse. Periodische Randbedingungen der Zustände bei Umlauf des Zylinders erfordert für ganzzahliges N0 : Tnm · k = 2πN0 Damit die Nanoröhre metallisch ist, muss notwendigerweise der K Punkt noch ein erlaubter Impuls sein, d.h. dieser Bedingung genügen. Einsetzen von K = (4π/3a, 0) ergibt die Bedingung 2n + m = 3N0 (2.3) • Zig-zag Nanoröhren sind für n = 3k metallisch, aber sonst isolierend. • Armchair Nanoröhrchen sind immer metallisch. • Üblicherweise wird bei Fabrikation ein Zufallsgemisch von Chiralitäten (n, m) vorliegen. Dann sind im Mittel 1/3 der Nanoröhrchen metallisch, und der Rest isolierend. KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 34 • Die Gültigkeit von (2.3) wurde experimentell verifiziert: an der gleichen Nanoröhre wurde mit Rastertunnelmikroskopie eine direkte Bestimmung der chiralen Indices (n, m) vorgenommen, und der Leitwert gemessen. Energielücke ∆E bei halbleitenden bzw. isolierenden Nanoröhrchen? Falls Bedingung (2.3) verletzt ist, liegt eine Energielücke ∆E = 2v ≈ 1eV 3R vor. Nachweis allgemein möglich, hier für den Fall einer Zig-zag Nanoröhre mit N0 6= 3k. Bezeichne x als Transportrichtung, und y als um den Umfang. Erlaubte ky genügen dann ky R = N0 während mit R = na/2π auch Ky = 4π/3a = 2n/3R. Die minimale Abweichung des K Punktes von einem erlaubten Wellenvektor für n 6= 3k ist also |qy | = 1 3R und mit der linearisierten Dispersionsrelation folgt ∆E = E+ − E− = 2E+ = 2v|qy | = 2v ∝ 1/R 3R Die Chiralität ist also von entscheidender Wichtigkeit für elektronische Eigenschaften! Anschaulich: Dirac-Kegel wird von Ebenen ky = constant (erlaubte transversale Wellenvektoren) geschnitten. Falls K Punkt im Schnitt liegt, metallische Nanoröhre. Dann 2 Kopien (da 2 K Punkte) von 1D masselosen Diracfermionen. Entspricht einem Quantendraht mit 2 (spin-entarteten) Bändern bei EF . Ultrasaubere Nanoröhren mit mittl. freien Weglängen weit über 1µm können fabriziert und studiert werden. Bei guten (adiabatischen) Kontakten zu Zuleitungen erwarten wir dann den Leitwert (Spin- und K-Entartung!) G = 4e2 /h experimentell beobachtet Anwendungen • Rastertunnelmikroskopie-Spitzen KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 35 • Flat panel displays, Feldemission • Wasserstoffspeicherung (allerdings nicht sehr erfolgreich) • Molekulare Elektronik • Nanomechanik (höchster bekannter Young-Modul!) Weitere Literatur: M.S. Dresselhaus et al., Science of Fullerenes and carbon nanotubes, Academic Press, 1996. Kapitel 3 Coulomb-Wechselwirkungseffekte Betrachte weiterhin Jellium-Modell, d.h. effektiv kein periodisches Potential. Bisher wurden Coulombwechselwirkungen vernachlässigt, jetzt betrachtet wir diese im Rahmen der Störungstheorie. Mit Vq = 4πe2 /q 2 ist Ĥ = T̂ + V̂ , V̂ = X † 1 X X c c† ck ,σ ck ,σ Vq 2V σ1 ,σ2 q6=0 k1 ,k2 k1 +q,σ1 k2 −q,σ2 2 2 1 1 Die q = 0 Mode ist ausgeschlossen wg. neutralem Hintergrund, Ladungsneutralität: Ionenladung kompensiert gesamte Elektronenladung! Wann lässt sich V̂ perturbativ behandeln? Einfache Abschätzung durch Vergleich von kinetischer und potentieller Energie: ǫkin E (0) ≈ = (3/5)ǫF ∝ n2/3 N Mit mittl. Abstand d¯ ∝ n−1/3 zwischen nächsten Nachbarn: e2 ǫpot ≈ ¯ ∝ n1/3 d also gilt ǫpot /ǫkin ∝ n−1/3 . Für n → ∞ (hohe Dichte) dominiert also die kinetische Energie, und Störungstheorie ist gerechtfertigt. Pauliprinzip erhöht kinetische Energie so sehr, dass durch hohe Dichte Wechselwirkungseffekte kleiner werden! (Beim klassischen bzw. Bose-Gas genau andersrum!) Alternativ (und meist in der Literatur gebräuchlich) erfasst man dieses Argument mit einem dimensionslosen Entwicklungsparameter, dem Bruecknerparameter rs , der durch das Verhältnis vom typischen (halben) Elektronenabstand zum Bohrradius a0 bestimmt ist. Letzterer ist beim H Atom (vgl. Coulombpotential!) gegeben als h̄2 a0 = ∗ 2 = 0.053 nm falls m∗ = me me 36 KAPITEL 3. COULOMB-WECHSELWIRKUNGSEFFEKTE also 37 V 1 3π 2 4π (rs a0 )3 = = = 3 3 N n kF ergibt rs = (9π/4)1/3 1 ∝ n−1/3 kF a0 Für rs ≪ 1 haben wir hohe Dichte, Ekin ≫ Epot , gut durch Modell des Fermigases beschrieben. Für rs ≫ 1 haben wir niedrige Dichte, Ekin ≪ Epot , Quanteneffekte klein gegen elektrostatische Effekte. Wignerkristall. Betrachte kleine rs : Entwicklung der Grundzustandsenergie E (also bei T = 0) in rs Nullte Ordnung gibt Fermigas: (benutze a0 = h̄/[m∗ e2 ]) 2 2 1 2.21 3 3 h̄2 kF2 3 E (0) 2 (a0 kF ) 2/3 e = 2 [Ry] = = = (a e ) (9π/4) 0 2 ∗ 2 N 5 2m 10 a0 2a0 rs rs {z } |{z} |5 =2.21 =1 Ry Energieeinheit: 1 Rydberg = 13.6 eV. 3.1 Erste Ordnung Störungstheorie X E (1) 1 1 X X hF S|c†k1 +q,σ1 c†k2 −q,σ2 ck2 ,σ2 ck1 ,σ1 |F Si Vq = hF S|V̂ |F Si = N N 2N V σ1 ,σ2 q6=0 k1 ,k2 Wann ist Matrix Element von Null verschieden? Notwendige Bedingung ist |k1 | < kF und |k2 | < kF . Ausserdem kann wegen q 6= 0 nur der Austausch (Fock) Beitrag mitgenommen werden, d.h. k2 = k1 + q, σ1 = σ2 damit wir wieder zu |F Si zurückkommen. Es gibt hier keinen direkten (Hartree) Beitrag! Also gilt hF S|c†k1 +q,σ1 c†k2 −q,σ2 ck2 ,σ2 ck1 ,σ1 |F Si = −δσ1 σ2 δk2 ,k1 +q hF S|n̂k1 +q,σ1 n̂k1 ,σ1 |F Si = −δσ1 σ2 δk2 ,k1 +q Θ(kF − k1 )Θ(kF − |k1 + q|) KAPITEL 3. COULOMB-WECHSELWIRKUNGSEFFEKTE 38 Spinsummation gibt einfach Faktor 2. Im Kontinuumslimes folgt E (1) V Z d3 q Z d3 k 4πe2 = − Θ(kF − k)Θ(kF − |k + q|) N N (2π)3 (2π)3 q 2 d3 k ′ 4πe2 d3 k Z V Z = − N |k|<kF (2π)3 |k′ |<kF (2π)3 |k − k′ |2 Benutze Polarkoordinaten, mit dem Winkel θ zwischen k und k′ . Winkelintegrationen geben dann Faktor 2(2π)2 , Z 3 dk Z 3 ′ 2 d k → 2(2π) Z kF 0 2 k dk Z kF 0 ′2 k dk ′ Z 1 −1 d cos θ und somit V 4e2 Z kF 2 Z kF ′ 2 ′ Z 1 1 E (1) = − k dk k dk d cos θ 2 2 3 ′ N N (2π) 0 0 −1 k + k + 2kk ′ cos θ Z Z Z kF 1 1 e2 kF 1 ′ ′ = − kdk k dk dy 2 ′2 3 k n 4π 0 0 −1 y + +k′ =ln = − Z kF e2 Z kF kdk 2π 3 n 0 0 | 2kk {z } ′ +k 2kk′ +k2 +k′ 2 =2 ln kk′ −k −2kk′ +k2 +k′ 2 k′ + k ′ ′ k dk ln ′ k − k | | Jetzt reskalieren: k = kF x, k ′ = kF x′ Z 1 x′ + x e2 k 4 Z 1 E (1) = − 3F xdx x′ dx′ ln ′ N 2π n 0 x − x 0 = − | e2 · 2a 0 |{z} =1 Ry = − {z =1/2 (a0 kF ) | {z } =(9π/4)1/3 rs−1 0.916 [Ry] rs · kF3 3 |2π{z n} } =3/2π Insgesamt Vgl. Abb. 3.1. E (0) + E (1) = (2.211rs−2 − 0.916rs−1 + · · ·) [Ry] N rs →0 Sagt Minimum (besondere Stabilität!) der Energie bei rs ≈ 4.8 voraus (dies ist eigentlich aber ausserhalb der Störungstheorie!). Durch repulsive Elektron-Elektron Wechselwirkung kommt es zu Stabilisierung des Elektronengases. Grund: Austauschkräfte bringen Vorzeichenänderung (Fockterm). Bindung in Metallen durch repulsive Wechselwirkungen möglich! ! KAPITEL 3. COULOMB-WECHSELWIRKUNGSEFFEKTE 39 ©È¾¬§# Àɧ À¼°£#¦ ­¨§· Ï ¤ ® ® ! « ® ¦#© ¤ Ï ¾·¾¨Ã¦²#«¬ ¤#¤ ° ¤ ¡¬ Abbildung 3.1: Gesamtenergie pro Teilchen im Grundzustand eines schwach wechselwirkenden Fermigases: Störungstheorie in 1. Ordnung. 3.2 2. Ordnung Nächste Ordnung in V̂ ?? Überraschung: es treten Divergenzen auf, auch in allen weiteren Ordnungen... Korrektur in Störungstheorie 2. Ordnung : E (2) 1 = N N hF S|V̂ |νihν|V̂ |F Si E (0) − Eν |νi6=|F Si X durch Summation über alle Zwischenzustände |νi (ausser |F Si) mit Energie Eν . Diese enthalten immer 2 Elektron-Loch Paare, vgl. Abb. 3.2. Direkter Term (Hartree) verursacht Infrarot (IR) Divergenz, der indirekte Term ist wohldefiniert und gibt endliche Korrektur. Betrachte nur direkten Beitrag: |νi = Θ(|k1 +q|−kF )Θ(|k2 −q|−kF )Θ(kF −k1 )Θ(kF −k2 )c†k1 +q,σ1 c†k2 −q,σ2 ck2 ,σ2 ck1 ,σ1 |F Si Energiedifferenz (zur Erzeugung des Elektron-Loch Paars) E (0) − Eν = h̄2 2 (k + k22 − (k1 + q)2 − (k2 − q)2 ) 2m 1 Für q → 0 verhält sich dies wie E (0) − Eν ∝ q. Damit folgt Energiekorrektur: (2) Edirekt = 1 V2 X X q6=0,k1 ,k2 σ1 ,σ2 (Vq /2)2 Θ(|k1 +q|−kF )Θ(|k2 −q|−kF )Θ(kF −k1 )Θ(kF −k2 ) E (0) − Eν u KAPITEL 3. COULOMB-WECHSELWIRKUNGSEFFEKTE 40 ! "K#&%('*)5+K. ! "L0324'M)5+$. !" # )5 +K . ! " 0 )5 +K. 8J 9 ;TCU?ONPBH?/@,=,Q<G&G&@OCSB5;>R&IJ? C ! "$#&%('* ),+-#/. ! "10324'*)5+607. ! " # )5 + # . ! " 0 ), + 0 . 8& 9 ;DCEBF:<?A=5;>=5G&?A@/@/BHB ;DIJC w Abbildung 3.2: Prozesse in 2. Ordnung. Abschätzung für q → 0: X k1 Θ(|k1 + q| − kF )Θ(kF − k1 ) ∝ q ebenso für k2 Summe. Beachte: verschwindet für q = 0 ! Damit folgt: (2) Edirekt ∝ Z 0 dq q 2 |{z} Integrationsmass logarithmische IR Divergenz ! · 1 q4 |{z} Potential Vq · 1 q |{z} ·q · q ∝ Z 0 dq →∞ q Nenner Direkte Störungstheorie für Coulomb-Wechselwirkung unmöglich. Nichtperturbatives Problem, langreichweitiger Schwanz des Coulombpotentials erfordert immer Aufsummation aller Ordnungen: Abschirmung. (siehe später!) Kapitel 4 Phononen Phononen = quantisierte Schwingungsmoden des Ionengitters Verantwortlich u.a. für • Schallausbreitung in Festkörpern • Elastische Eigenschaften • Elektrischer Widerstand • Supraleitung entsprechen harmonischen Oszillatoren (Bosonen), Bose-Einstein Verteilung mit µ = 0. 4.1 Phononen einer 1D Kette Betrachte 1D Kette mit Länge L = N a (a: Gitterkonstante, period. Randbed.), mit N gleichen Ionen der Masse M . Siehe Abb. 4.1. Ruhelagen seien Rj0 , mit 0 Rj+1 − Rj0 = a. Auslenkungen aus Ruhelage seien uj (t). Wieder: uN +1 = u1 . Kräfte zwischen Ionen sind elektrostatischer Natur, durch Entwickeln um Ruhelage wird für kleine Auslenkungen immer eine lineare (harmonische) Rückstellkraft bewirkt: Federmodell mit Federkonstante K (Hooke’sches Gesetz). Dies ergibt Hamiltonian ! N X p2j K 2 Hph = + (uj − uj−1 ) 2 j=1 2M Quantisierung durch [pj , uj ′ ]− = −ih̄δjj ′ 41 KAPITEL 4. PHONONEN ` 6 Eu 42 u @ @ !" 1342 A 31 =4 2 <>: A %& +, -. /0/ ? 49587 ? 94 5;: ?4 ? 4=<>: DCFEHGJILKNMPONQSRUT6VXWZY\[][ Z^_Ia`cb Z`Fdfehg Z[JikjlYceJe +nm WZY\[][ Z^_Io^_`Fd8e][JYcdp[ m YcdfqrYsdHI9Y\GJI9eJ[tdHI DCFivuw`cG #$ @ @ @ A 132 A 132 A 46587 495;: '( )* Abbildung 4.1: 1D Kette schwingender Ionen, siehe Text. Da Gleichgewichtsproblem periodisch, gehen wir zum reziproken Raum über. Erste Brillouinzone: π π π π 1.BZ = {− + ∆k, − + 2∆k, . . . , = − + N ∆k} a a a a mit ∆k = 2π/L = 2π/N a. Enthält genau N Wellenzahlen kj , j = 1, . . . , N . Diskrete Fouriertransformation 1 pj = √ N 1 uj = √ N umgekehrt: X p̃k eikRj X ũk eikRj 0 k∈1.BZ 0 k∈1.BZ N 1 X 0 √ pj e−ikRj p̃k = N j=1 usw., wobei δk,0 N 1 X 0 = e−ikRj N j=1 Einsetzen ergibt diagonalisierten Hamiltonoperator: Hph = + = N X 1 X ′ 0 ei(k+k )Rj p̃k p̃k′ 2M N j=1 k,k′ N X K X ′ 0 ′ ′ ei(k+k )Rj 1 + e−ika−ik a − e−ika − e−ik a ũk ũk′ 2N j=1 k,k′ 1X 1 X p̃k p̃−k + M ωk2 ũk ũ−k 2M k 2 k 43 KAPITEL 4. PHONONEN Frequenzen q ωk = 2 K/M | sin(ka/2)| Quantisierungsbedingung bedeutet nun: [p̃k , ũk′ ]− = 1 X −i(k+k′ )Rj0 1 X −ikRj0 −ik′ Rj0′ e e [pj , uj ′ ]− = −ih̄ e | {z } N jj ′ N j =−ih̄δjj ′ also [p̃k , ũ−k′ ]− = −ih̄δkk′ Dabei ist p̃k nicht Hermitesch, obwohl pj hermitesch ist: p̃†k = 1 X ikRj0 pj e = p̃−k N j ebenso: ũ†k = ũ−k . Wir bilden Bosonen-Leiteroperatoren bk , b†k daher über 1 bk = √ 2 mit lk = q ũk p̃k +i lk h̄/lk ! h̄/M ωk = l−k . Dies ergibt b†k p̃−k ũ−k −i lk h̄/lk 1 =√ 2 ! und damit 1 ũk p̃−k′ i p̃k ũ−k′ [bk , b†k′ ]− = [ + i −i ]− = − [ũk , p̃−k′ ]− = δkk′ , 2 lk h̄/lk lk′ h̄/lk′ h̄ Ausserdem gilt 1 b†k bk = (ũk ũ−k /lk2 + (lk2 /h̄2 )p̃k p̃−k ) + const. 2 Gitterschwingungen entsprechen einem quantisierten Satz von harmonischen Oszillatoren: Phononen X h̄ωk (b†k bk + 1/2) Hph = k∈1.BZ mit fundamentaler Algebra siehe Abb. 4.2(a). [bk , b†k′ ]− q = δkk′ . Frequenz: ωk = 2 K/M | sin(ka/2)|, Niederenergielimes (langwellig): lineare Dispersion ωk = vs |k|, Schallwelle mit Schallgeschwindigkeit s K a vs = M 44 KAPITEL 4. PHONONEN M "!$# M A3ff &%'# )+* )+* / ww "( # )+* / , )+* / / -., , B DCFEHGJIlKNMPKNQhifIo{8if`FdH`Fdq Ze]{wI6Gye D`FdGJI9WZY\[ Z`Fdb`cG3[JiHGyI6Iq I6GyI9dp[zT6VWZY\[][ Z^_I9e6M µ Yp¶ËRXeJNe][]I9j µ µ µ + Abbildung 4.2: Phononendispersionsrelation einer 1D Kette. “akustisches Phonon” Besetzungszahlen nk = 0, 1, 2, . . . sind dann durch Bose-Einstein Verteilung (mit µ = 0) geregelt. Analoge Rechnung mit 2 verschiedenen Atomen pro Elementarzelle, siehe Abb. 4.2, ergibt zusätzliches “optisches Phonon” (gegenphasige Schwingung), siehe Abb. 4.3, d.h. 2 Phononenzweige, entsprechend a → 2a (halbierte Brillouinzone). Hier Dispersionsrelation d.h. relativ flach, 6 ωk→0 = E cst. DCFEHGJIaKNM HQ µ Yp¶SRËdYc^_`FEfe][ Z^6YcW>Ycdfq µ u¶¢Ycd`c{f[ |^6YcW;{8iH`FdH`Fdi8Y9 ZdHC[JiHI SgSY9cIoWZI9dHCc[Jibx`cG Abbildung 4.3: Optisches vs akustisches Phonon. Da diese Schwingung ionischen Charakter hat (Dipolmoment), koppelt sie an elektromagnetische Wellen (Licht), und kann optisch angeregt werden. Analog bei p Ionen pro Elementarzelle: p Zweige, λ = 1, . . . , p 1 akustischer Zweig (λ = 1) p-1 optische Zweige (λ = 2, . . . , p) Hph = X h̄ωkλ (b†kλ bkλ + 1/2) k,λ [bkλ , b†k′ λ′ ]− = δλλ′ δkk′ 45 KAPITEL 4. PHONONEN 4.2 3D Phononen Wichtigste Neuerung in 3D: Polarisation, vgl. Photon. Bisher nur longitudinale Schwingung (in der 1D Richtung), jetzt kann Auslenkung u(R0j ) des Ions bei Ruhelage R0j auch in andere Richtung als k gehen! Betrachte der Einfachheit halber einatomares Bravaisgitter (d.h. nur akustische Moden, p = 1, 1 Ion pro Elementarzelle). Entwicklung der potentiellen Energie um Ruhelagen bis zur quadratischen Ordnung (lineare Ordnung verschwindet da wir um Gleichgewicht herum entwickeln!) U = U0 + X 1 X uα (R01 )Dαβ (R01 − R02 )uβ (R02 ) 2 R0 ,R0 α,β=x,y,z 1 2 mit Kraftmatrix (entspricht Federkonstanten) Dαβ (R01 − ∂ 2U = ∂uα (R01 )∂uβ (R02 ) u=0 R02 ) Hängt nur von Differenz R01 − R02 ab, da Potential invariant unter globaler Translation R01 → R01 + X, R02 → R02 + X. Fouriertransformation: f (R0j ) = 1 N X 0 f˜(k)eik·Rj , f˜(k) = X 0 f (R0j )e−ik·Rj R0j k∈1.BZ Also D̃αβ (k) = X Dαβ (R0 )e−ik·R 0 R0 Symmetrien von D? 1. Vertauschbarkeit gemischter Ableitungen impliziert (D(R0 ))T = D(R0 ) 2. Da unter Verschiebung aller Koordinaten um gleichen Vektor Energie invariant, muss für u(R0 ) = d (für alle R0 ) gelten: 0= X R01 ,R02 Da d beliebig, folgt X R0 bzw. D̃αβ (k = 0) = 0. dT · D(R01 − R02 ) · d Dαβ (R0 ) = 0 46 KAPITEL 4. PHONONEN 3. Falls Kristall Inversionssymmetrie besitzt, folgt auch D(−R0 ) = D(R0 ) Dann folgt, dass D̃(k) eine symmetrische reelle 3 × 3 Matrix ist: D̃(k) = 1X 1 X ik·R0 0 0 (D(R0 )+D(−R0 ))e−ik·R = (e + e−ik·R − 2) D(R0 ) {z } 2 R0 2 R0 | =−4 sin2 (k·R0 /2) wobei die zweite Relation verwendet wurde. Im Folgenden sei Inversionssymmetrie angenommen. Dann kann D̃(k) durch reelle Eigenwerte Kk,λ mit λ = 1, 2, 3 und orthonormierte Eigenvektoren {ǫ̂k,1 , ǫ̂k,2 , ǫ̂k,3 } (Polarisations-Einheitsvektoren) dargestellt werden: D̃(k)ǫ̂k,λ = Kk,λ ǫ̂k,λ (4.1) mit ǫ̂k,λ · ǫ̂k,λ′ = δλλ′ Bewegungsgleichung der Ionen: M ∂t2 uα (R0 ) = − Lösungsansatz: ergibt X ∂U =− 0 ∂uα (R ) R0 ,β 1 u(R0 , t) ∝ ǫ̂k,λ ei(k·R 0 −ωt) Dαβ (R0 − R01 ) | 1 =N P k {z uβ (R01 ) } ik·(R0 −R0 ) 1 D̃(k) e M ω 2 ǫ̂k,λ = D̃(k)ǫ̂k,λ Wahl der ǫ̂ Vektoren als Lösungen des Eigenwertproblems (4.1) ergibt Eigenfrequenzen q ωk,λ = Kk,λ /M mit Eigenmode uk,λ (R0 , t) = ǫ̂k,λ ei(k·R 0 −ω k,λ t) Jetzt zweite Quantisierung, wie bei 1D Phonon: Mit lk,λ = q h̄/M ωk,λ lk,λ uk,λ = √ (b†−k,λ + bk,λ ) 2 mit Algebra [bk,λ , b†k′ ,λ′ ]− = δλλ′ δk,k′ Hamiltonoperator des freien Phononensystems (noch ungekoppelt an Elektronen) Hph = X k,λ h̄ωk,λ (b†k,λ bk,λ + 1/2) KAPITEL 4. PHONONEN 6 E 47 µ m Abbildung 4.4: Phononenspektrum eines 3D Kristalls mit p > 1. Verallgemeinerung: mit p Ionen pro EZ gibt es in D = 3 Dimensionen insgesamt 3p Phononenzweige, λ = 1, . . . , 3p. Davon sind 3 akustisch, ωk→0,λ = vλ k, und 3(p − 1) optische Zweige. Weitere Klassifikation: 1 Longitudinal Akustische (LA) Mode 2 Transversal Akustische (TA) Moden p − 1 Longitudinal Optische (LO) Moden 2(p − 1) Transversal Optische (TO) Moden vgl. Abb. 4.4. Da in longitudinaler Richtung i.a. grössere Rückstellkraft (und daher grössere Federkonstante), gilt meist vLA > vT A bzw. ωLO > ωT O . 4.3 Debyemodell Niederenergetische Anregungen: akustische Phononen, ωλ (k) ≈ vλ k (λ = 1, 2, 3). Spezifische Wärme mittelt über die drei Zweige, betrachte daher einfacheres Debye-Modell mit ǫ = h̄vD k, vλ = vD plus Bandbreite (Cutoff) k < kD so dass Gesamtzahl der Moden korrekt: Nion = X k∈1.BZ 3 V Z V 4πkD 3 = d k = (2π)3 k<kD (2π)3 3 (pro Polarisation λ) Debyeenergie: h̄ωD = h̄vD kD = kB TD , typischer Wert ist TD ≈ 10 bis 1000 K in Metallen. 48 KAPITEL 4. PHONONEN Dies ergibt 6π 2 Nion (h̄vD )3 = V (kB TD )3 , (4.2) 1/3 d.h. TD ∝ Nion . Vgl. mit Skalierung der Fermienergie - anderer Exponent wegen geänderter Dispersionsrelation. Zustandsdichte der Phononen (Faktor 3 da λ = 1, 2, 3): Dph (ǫ) = 3 mit Nion = V (ǫ/h̄vD )3 . 6π 2 dNion (ǫ) dǫ Also 3V ǫ2 Dph (ǫ) = 2 Θ(kB TD − ǫ) 2π (h̄vD )3 Debye’sche Phononenzustandsdichte. Damit folgt mit Bose-Einstein-Verteilung die innere Energie: E(T ) = Z dǫ ǫDph (ǫ) 1 eǫ/kB T | {z − 1} =nBE (ǫ) 3V ǫ3 1 dǫ 2π 2 (h̄vD )3 0 eǫ/kB T − 1 Z TD /T x3 3V 3 4 (k T /h̄v ) k T (T /T ) dx = B D D B D D 2 ex − 1 0 |2π {z } Z = kB TD =9Nion Dabei im letzten Schritt Substitution x = ǫ/kB T und Benutzen von Gl. (4.2). Beachte: vD taucht nicht mehr auf, E ist universelle Funktion von T /TD . Analog folgt spez. Wärme der Phononen: CV (T ) = ∂E ∂T Falls T ≫ TD , folgt nach kurzer Rechnung das Dulong-Petit Gesetz CV = 3Nion kB . Falls T ≪ TD , ergibt sich das Debye’sche CV ∼ T 3 Gesetz. Beitrag der optischen Phononen exponentiell klein bei kB T ≪ h̄ωO , kann durch Einsteinmodell (Zustandsdichte δ-peak) gut beschrieben werden. 4.4 Elektron-Phonon-Kopplung Im perfekt periodischen Gitter findet keine Streuung eines Blochelektrons statt. Bei Auslenkung der Ionen entsteht aber lokales elektrisches Dipolmoment, das dann |k, σi → |k′ , σi streut. 49 KAPITEL 4. PHONONEN Coulombenergie des Elektrons durch Ionenfeld Ve−ion = −e Z d3 rρel (r) N ion X j=1 Vion (r − R0j − uj ) Summation über el. Potentiale der verschiedenen Ionen. Taylorentwicklung für kleine uj : Nullte Ordnung gibt einfach das periodische Potential der Blochtheorie, (0) Ve−ion = −e Z d3 rρel (r) X j Vion (r − R0j ) Führende Elektron-Phonon Wechselwirkung kommt aus linearem Term: Ve−ph = +e Z d3 rρel (r) X j uj · ∇r Vion (r − R0j ) Fouriertransformation: q sei Phononenvektor ∈ 1.BZ. Potential eines Ions ist Vion (r) = 1 X Vp eip·r V p Summe über alle p, nicht nur 1.BZ! Also p = q + G mit rez. Gittervektoren G darstellbar, ∇r Vion (r − R0j ) = Mit uj = 1 N 1 V X 0 i(q + G)Vq+G ei(q+G)·r e−iq·Rj q∈1.BZ,G lk,λ 0 √ (bk,λ + b†−k,λ )ǫ̂k,λ eik·Rj 2 k∈1.BZ,λ X und k = q aus j Summation: e X j uj · ∇r Vion (r − R0j ) = 1 V X X q∈1.BZ,λ G gq,G,λ (bq,λ + b†−q,λ )ei(q+G)·r mit Kopplungsmatrixelement ielq,λ gq,G,λ = √ Vq+G [(q + G) · ǫ̂q,λ ] 2 Einsetzen in H, mit (k beliebig) ρel (r) = 1 X −ip·r † e ck+p,σ ck,σ V k,p,σ 50 KAPITEL 4. PHONONEN ergibt Fröhlich-Hamiltonoperator der Elektron-Phonon Wechselwirkung: Ve−ph = 1 X X X gq,G,λ (bq,λ + b†−q,λ )c†k+p,σ ck,σ V k,p,σ q∈1.BZ,λ G 1 Z 3 −ip·r i(q+G)·r d re e × |V {z } =δp,q+G = 1 X X X gq,G,λ c†k+q+G,σ ck,σ (bq,λ + b†−q,λ ) V kσ q∈1.BZ,λ G 3f 6 m N Q 6 m )* ,+-$#% &(' ! "$#% &(' ! " Abbildung 4.5: Elementarprozess des e-ph Wechselwirkungs-Hamiltonoperators nach Fröhlich. Graphische Veranschaulichung (Feynman-Vertex): siehe Abb. 4.5. Entweder Phononenemission mit Impuls −q oder Phononenabsorption mit Impuls q (falls Phononenzustand besetzt). Beachte: Impuls des auslaufenden Elektrons kann um G geändert werden, falls entsprechende Kopplungskonstante gG 6= 0. Konsequenz des periodischen Gitters. Klassifikation: N-Prozess (Normal-Prozess): G = 0 U-Prozess (Umklapp-Prozess): G 6= 0 Normalerweise sind U-Prozesse unterdrückt, da Kopplungselement ∝ Vq+G ∝ |q + G|−2 . Ausserdem ist Phasenraum für U Prozesse i.a. klein; manche Grössen sind aber nur durch U Prozesse beeinflusst! Im Folgenden nur N Prozesse: Dann √ gq,λ = ie(lq,λ / 2)Vq q · ǫ̂q,λ 6= 0 KAPITEL 4. PHONONEN 51 nur für longitudinal polarisierte Phononen, λ = λL . Behält man zusätzlich nur akustische (niederenerg.!) Phononen, koppeln Elektronen nur an die LA Mode an (eine einzige!). Einfachster aber wichtiger Fall: N Ve−ph = 1 X X gq c†k+q,σ ck,σ (bq + b†−q ) V k,σ q∈1.BZ Kapitel 5 Magnetismus 5.1 Mean-field Theorie (MFT) Idee: Betrachte echte Wechselwirkung angenähert durch ein effektives “externes” Feld, das dann selbstkonsistent zu bestimmen ist. Alle Wechselwirkungseffekte darüber hinaus heissen Korrelationen. Spezielle Formulierungen: • Allg. Phänomenologie: Landautheorie • Elektronengas: Hartree-Fock Theorie • Für lokalisierten Ferromagnet: Molekularfeldtheorie • Für itinerante (metallische) Ferromagneten: Stonertheorie • Supraleitung: BCS Theorie 5.1.1 Beispiel Betrachte zunächst zwei fermionische Teilchensorten mit Operatoren {aν , bµ }, wobei wir nur Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Spezies erlauben: H = H0 + VI H0 = X ξνa a†ν aν + ν VI = X X ξµb b†µ bµ µ Vνµ;ν ′ µ′ a†ν b†µ bµ′ aν ′ νν ′ µµ′ 52 53 KAPITEL 5. MAGNETISMUS Wir schreiben nun a†ν aν ′ = ha†ν aν ′ i + dνν ′ b†µ bµ′ = hb†µ bµ′ i + eµµ′ wobei dνν ′ und eµµ′ klein seien (d.h. Fluktuationen um Mittelwert seien klein). Dabei sind die Mittelwerte zunächst unbekannt und selbstkonsistent zu bestimmen. Schematisch haben wir also die Situation VI = AB = [hAi + (A − hAi)] · [hBi + (B − hBi)] = δAδB + VIM F {z | mit } δA VIM F = AhBi + BhAi − hAihBi Damit gilt auch hVIM F i = hAihBi. Subtraktion der Konstanten, damit keine Doppelzählungen entstehen. Übertragen auf unser Problem folgt VM F = X νν ′ µµ′ Vνµ;ν ′ µ′ a†ν aν ′ hb†µ bµ′ i + ha†ν aν ′ ib†µ bµ′ − ha†ν aν ′ ihb†µ bµ′ i Wenn die Fluktuationsquadrate weggelassen werden (MFT), so verbleibt ein effektives Einteilchenproblem, da immer elementar lösbar ist! Einzige Komplikation: Selbstkonsistenzforderung: Die Erwartungswerte ha†ν aν ′ i etc. sind Input in HM F = H0 + VM F , und müssen selbstkonsistent bestimmt werden, d.h. es muss gelten ha†ν aν ′ iM F ≡ 1 ZM F Tr e−βHM F a†ν aν ′ = ha†ν aν ′ i Diese Forderung folgt aus Minimierung der freien Energie FM F = −kB T ln ZM F des MFT Hamiltonoperators, z.B. 0 = −kB T = 1 ZM F −1 = ZM F d ln ZM F dha†ν aν ′ i −βHM F Tr e X µµ′ = X µµ′ dHM F dha†ν aν ′ i ! Vνµ;ν ′ µ′ Tr e−βHM F (b†µ bµ′ − hb†µ bµ′ i) Vνµ;ν ′ µ′ hb†µ bµ′ iM F − hb†µ bµ′ i 54 KAPITEL 5. MAGNETISMUS Das muss für jedes Paar νν ′ gelten, daher folgt Selbstkonsistenzforderung hb†µ bµ′ iM F = hb†µ bµ′ i Um die Qualität der MFT Vorhersage abzuschätzen, muss man den Erwartungswert der Fluktuationen unter Mitnahme der vernachlässigten Terme berechnen. 5.1.2 Ordnungsparameter Physikalische Einsicht muss Wahl der MFT Parameter ha†ν aν ′ i etc. bestimmen, da sonst zu viele freie Parameter. Symmetrien des Problems helfen hierbei. Allerdings: gebrochene Symmetrien, Ordnungsparameter müssen erkannt werden. Beispiel: Translationssymmetrie impliziert hc†k ck′ i = nk δkk′ d.h. MF Parameter nur für k = k′ von Null verschieden. Dies sieht man aus hc†k ck′ i = 1 Z 3 3 ′ −ik′ ·r′ ik·r † d rd r e e hψ̂ (r)ψ̂(r′ )i | {z } V =f (r−r′ ) wg. Homogenität. Integration über r + r′ ergibt dann k = k′ . Vorsicht: Spontane Symmetriebrechung kann vorliegen, d.h. Korrelationsfunktion bzw. Grundzustand besitzt ggf. nicht mehr kontinuierliche Translationssymmetrie (Homogenität). Dann: geordneter Zustand, Kristallbildung, z.B. Wignerkristall, Ladungsdichtewelle hψ̂ † (r)ψ̂(r′ )i = h(r, r′ ) mit h(r, r′ ) = h(r + R, r′ + R) für reziproke Gittervektoren R des (spontan entstandenen) Kristallgitters! Dann ist mit R · Q = 2π ein Satz reziproker Gittervektoren Q definiert, für die entsprechend bei Q 6= 0 gilt X 6 0 ρQ = hc†k+Q,σ ckσ i = k,σ Ordnungsparameter für Kristallbildung. Also: Vorsicht bei Wahl der MF Parameter. 55 KAPITEL 5. MAGNETISMUS Vorteil MFT: Spontane Symmetriebrechung kann in den Standardformalismus der Statistischen Mechanik eingebaut werden, durch Wahl geeigneter MF Parameter, welche Ordnungsparametern entsprechen. Beispiele für Ordnungsparameter in der Festkörperphysik: • Kristallbildung: Dichtemodulation (Gitter!) ρQ • Ferromagnet: Magnetisierung M = P k,σ σhc†kσ ckσ i • Supraleiter: Cooperpaar-Kondensat Ψ = P k hck↑ c−k↓ i • Bose Einstein Kondensation: Besetzung des k = 0 Zustandes, nk=0 /N 5.1.3 Hartree-Fock (HF) Näherung Jetzt nur eine Teilchenspezies (Elektronen), ν, µ geht also über gleichen Satz von Einteilchen-Zuständen. Dann leichte Komplikation: Wechselwirkungen können von direktem (Hartree) oder von Austausch (Fock) Typ sein. Austausch Wechselwirkung nur bei identischen Teilchen! Für diesen Fall wird MFT auch Hartree-Fock Theorie genannt. Hamiltonoperator H = H0 + VI ist jetzt mit ν = (k, σ), ξν = ǫν − µ und ǫν = h̄2 k 2 /2m gegeben als X H0 = ξν c†ν cν ν VI = 1 X 2 νν ′ µµ′ Vνµ;ν ′ µ′ c†ν c†µ cµ′ cν ′ Wahl der MF Parameter? Schliessen wir anomale Erwartungswerte (d.h. Supraleitung) aus, so kommt in Frage: n̄νν ′ = hc†ν cν ′ i Mit c†ν cν ′ = n̄νν ′ + (c†ν cν ′ − n̄νν ′ ) folgt wie oben VIM F = VIHartree + VIFock Hartree-Beitrag wie oben: VIHartree = 1 X Vνµ;ν ′ µ′ n̄µµ′ c†ν cν ′ + n̄νν ′ c†µ cµ′ − n̄νν ′ n̄µµ′ i 2 νν ′ µµ′ Zusätzlich kommt jetzt aber Austauschbeitrag durch Paarung “über Kreuz”, d.h. c†ν c†µ cµ′ cν ′ → −c†ν cµ′ c†µ cν ′ . 56 KAPITEL 5. MAGNETISMUS Ergibt Fockterm: VIFock = − 1 X Vνµ;ν ′ µ′ n̄νµ′ c†µ cν ′ + n̄µν ′ c†ν cµ′ − n̄µν ′ n̄νµ′ 2 νν ′ µµ′ wichtig: Minus-Vorzeichen, ergibt effektiv attraktive Wechselwirkung! Gesamter MF Hamiltonoperator: HM F = H0 + VIHartree + VIFock Effektives Einteilchenproblem plus Selbstkonsistenzforderung. Jetzt: betrachte homogenes Elektronengas Annahme: keine Kristallbildung (d.h. Wignerkristall oder LadungsdichtewellenInstabilität sei ausgeschlossen). Einteilchen-Quantenzahlen ν = (k, σ), MF Parameter sind unter dieser Annahme n̄kσ = hc†kσ ckσ i d.h. n̄νν ′ ∝ δνν ′ . Damit folgt [ohne detaillierte Rechnung, ergibt sich aus obigen Gleichungen] Hartree Fock Hamiltonoperator HHF = X HF † ckσ ckσ + cst. ξk,σ kσ mit HF ξk,σ = ǫk − µ + X k′ σ ′ (V (0) − δσσ′ V (k − k′ ))n̄k′ σ′ Hartree Beitrag ergibt also N V (0). Dieser Beitrag wird vom positiven IonenLadungshintergrund weggehoben (naiv divergent!), Elektroneutralität! Dabei ist n̄k,σ selbstkonsistent zu bestimmen. Oft wird angenommen, dass n̄k,↑ = n̄k,↓ , bricht aber zusammen wenn Ferromagnet vorliegt (s.u.). 5.2 Ferromagnetismus In der Natur tritt Ferromagnetismus im wesentlichen in 2 Varianten auf: • Ionische Ferromagneten sind Isolatoren, magnetische Momente sind lokalisiert, durch freie Elektronen in innere Schalen (z.B. f-Schale). Wechselwirkung verschiedener Spins Si (quantenmechanische Spinoperatoren, z.B. Paulimatrizen für S = 1/2) kann effektiv durch Heisenbergmodell bzw. anisotrope Version (Isingmodell) beschrieben werden. • Itinerante Ferromagneten sind Metalle, gute Leiter, d.h. die frei beweglichen Leitungselektronen werden spinpolarisiert. Beide müssen separat beschrieben werden. 57 KAPITEL 5. MAGNETISMUS 5.2.1 Heisenbergmodell: Ionische Ferromagneten Bemerkung: Isingmodell ist extrem anisotrope Variante des Heisenbergmodells. Austauscheffekte zwischen nächste-Nachbar Spins ergeben bei niedrigen Energieskalen (dort nur Spinanregungen) das Heisenbergmodell (hier: S = 1/2) H = −2J X i,j Jij Si · Sj mit Si = h̄2 σi (Paulimatrizen) des Ions am i.ten Gitterplatz. Austauschwechselwirkung ist extrem kurzreichweitig, daher setzen wir Jij = J0 für (i, j) nächste Nachbarn, und Jij = 0 sonst. Falls J0 < 0, antiferromagnetisch, für J0 > 0 ferromagnetische Wechselwirkung. Wir nehmen J0 > 0 an. Heisenbergmodell nur in 1D exakt lösbar. Hier: MFT (Molekularfeldtheorie). HM F = −2 X ij Jij (hSi i · Sj + hSj i · Si − hSi i · hSj i) Annahme spontan gebrochener Spinrotations-Symmetrie (ferromagn. Phase): hSi i = 6 0 Translationssymmetrie (nicht beim Antiferromagneten!) impliziert dass dies unabh. vom Gitterplatz ist. Wähle Quantisierungsachse êz : hSi i = hSz iêz Effektives magn. Feld (Molekularfeld) auf Platz i, gleich auf allen Gitterplätzen: B(i) = B = 2 X j Jij hSz iêz = 2nJ0 hSz iêz = Bêz für Koordinationszahl n (Zahl nächster Nachbarn eines Gitterplatzes, für kubisches Gitter in D Dimensionen ist n = 2D). Hier wird angenommen, dass kein externes Magnetfeld anliegt. Dann ist bei N Gitterplätzen (Faktor 2, da 2 Terme in HM F !) HM F = −2B · X i Si + BN hSz i | {z } =B/2nJ0 Effektives Ein-Spin-Problem, elementar lösbar (werte Spur mit Eigenzuständen |σz = ±1i aus): ZM F = Tre−β[−2B·S+B B − βN 2nJ = e 2 0 2 /2nJ 0] N (2 cosh(βB))N 58 KAPITEL 5. MAGNETISMUS also freie Energie pro Gitterplatz fM F = − kB T B2 1 ln ZM F = − ln[2 cosh(βB)] N 2nJ0 β Minimieren ergibt Selbstkonsistenzforderung an B: ∂B fM F (B) = 0 = B − tanh(βB) nJ0 Dimensionslose Grössen: α = B/nJ0 , b = nJ0 /(kB T ) α = tanh(bα) Lösung wie beim Isingmodell. Für b < 1 nur α = 0 als Lösung (paramagn. Phase), für b > 1 entsteht α 6= 0 als stabile Lösung. Spontane Symmetriebrechung (eines der Vorzeichen wird realisiert!), während dann α = 0 instabil. Vgl. Abb. 5.1. %"V" ",+", ? K Df% "W ~ (? ? IH"0%" ? ? Dg Abbildung 5.1: Spontane Symmetriebrechung. Kritische Temperatur folgt aus b = 1: Tc = nJ0 Nahe Tc verschwindet B für T → Tc von unten wie B∝ q Tc − T wie beim Ising-Modell. 5.2.2 Stoner Modell: Itinerante Ferromagneten Jetzt delokalisierte Leitungselektronen, z.B. Fe, Ni. Elektronen in d, f Orbitalen, die miteinander Leitungsband bilden. Wechselwirkungen sind aber auf einem Orbital viel stärker als zwischen verschiedenen, daher Coulomb-Wechselwirkung in guter Näherung effektiv kurzreichweitig. 59 KAPITEL 5. MAGNETISMUS Dies führt zum Hubbard-Modell: Wechselwirkung nur auf einem Gitterplatz, VI = U X ni,↑ ni,↓ i Kontinuumsmodell: V (q) wird effektiv konstant (= U ), da im Ortsraum Delta Funktion. H= X ξk c†kσ ckσ + k,σ U XX † ck+q,σ c†k′ −q,σ′ c†k′ ,σ′ ckσ 2V kqk′ σσ′ HF-Theorie für Ferromagnet muss Spin-Abhängigkeit der MF Parameter mitnehmen, d.h. wir wählen als MF Parameter getrennt für σ =↑ und σ =↓: hc†kσ ck′ ,σ i = n̄k,σ δk,k′ Dies ergibt MF Näherung (Faktor 2, da 2 identische Terme!) VIHF = U X U X U n̄k′ ,σ′ c†kσ ckσ − n̄k′ σ c†kσ ckσ − V kk′ ,σσ′ V kk′ ,σ 2V X kk′ ,σσ ′ (n̄kσ n̄k′ ,σ′ −δσσ′ n̄kσ n̄k′ ,σ ) Erster Term: Hartree, nur q = 0 trägt bei. Zweiter Term: Fock, nur q = k′ − k und σ = σ ′ trägt bei. Dichte für Spin σ: n̄σ = 1 X † hc ckσ i V k kσ Damit: VIHF = U XX k,σ σ ′ Also: | (n̄σ′ − δσσ′ n̄σ ) c†kσ ckσ − {z } =n̄−σ HHF = X k,σ mit HF ξkσ UV [(n̄↑ + n̄↓ )2 − (n̄2↑ + n̄2↓ )] 2 HF † ξk,σ ckσ ckσ − V U n̄↑ n̄↓ = ξk + U n̄−σ . Energie des ↑ Elektrons hängt von Spindichte des ↓ Elektrons ab (und umgekehrt). Selbstkonsistenzforderung: 1 X † hc ckσ iHF = n̄σ V k kσ 60 KAPITEL 5. MAGNETISMUS Bei T = 0: Z ! d3 k kF3 σ h̄2 k 2 + U n̄ ] = n̄ = Θ µ − [ −σ σ (2π)3 2m 6π 2 wobei µ gleich für beide Spins. Mit kF σ definiert durch h̄2 kF2 σ + U n̄−σ = µ 2m folgen 2 gekoppelte Selbstkonsistenzgleichungen aus n̄σ = kF3 σ 6π 2 Damit folgt durch Elimination der kF σ : h̄2 (6π 2 )2/3 n̄2/3 σ + U n̄−σ = µ 2m (5.1) Relative Spinpolarisation P wirkt als Ordnungsparameter: P = n̄↑ − n̄↓ , n̄ n̄ = n̄↑ + n̄↓ Also 1+P n̄↓ 1−P n̄↑ = , = , 0≤P ≤1 n̄ 2 n̄ 2 (im Prinzip auch Lösung P → −P , gleiche Energie!) Dimensionslose Wechselwirkungsstärke γ= 2mU n̄1/3 (3π 2 )2/3 h̄2 Subtraktion der beiden Gleichungen (5.1) ergibt 2/3 2/3 n̄↑ − n̄↓ = 2mU (6π 2 )−2/3 (n̄↑ − n̄↓ ) | {z } h̄2 =P n̄ Zusätzliche Gleichung aus Summe der Gl.(5.1), entspricht MF Gleichung des Standard-HF Gases, fixiert Gesamtteilchendichte n̄. Also folgt Selbstkonsistenzgleichung für P in kompakter Form: (1 + P )2/3 − (1 − P )2/3 = γP Dies hat immer die Lösung P = 0 (paramagnetischer Zustand), aber auch andere? Stabilität? 61 KAPITEL 5. MAGNETISMUS Betrachte P ≪ 1: Linearisieren ergibt 2 2 4 γP = (1 + P + · · ·) − (1 − P + · · ·) = P + O(P 3 ) 3 3 3 Daraus folgt: für γ < 4/3 gibt es nur die Lösung P = 0. Betrachte nun starke Wechselwirkung, γ > 4/3. Ohne Beweis: Dann ist P = 0 eine instabile Lösung, und zwei stabile Lösungen ±P mit P 6= 0 existieren. Hier: P > 0. Ansatz: P = 1 − ǫ mit ǫ → 0+ ergibt γ(1 − ǫ) = 22/3 − ǫ2/3 d.h. P = 1 (voll polarisierter Ferromagnet) wird erreicht bei Wechselwirkungsstärke γ = 22/3 ≃ 1.5787. Für γ > 22/3 bleibt P = 1, und Änderung von U führt nur zur Anpassung von n̄ (Teilchendichte) so dass γ auf diesem Wert bleibt. Schwacher Ferromagnetismus (0 < P < 1) realisiert für 1.3333 . . . = 4/3 < γ < 22/3 ≃ 1.5787 Anschauliches Verständnis: Verschiebung der effektiven Bänder für Spin-σ Elektronen relativ zueinander. Vgl.Abb. 5.2. Phys. Ursache ist spin-abh. mean-field Energie: Effektive Einteilchen-Energien hängen von Dichte der anderen Spinein stellung ab! ; () * ,+, * -* /. !"$#%&' : ; +*" , @ %"J%","DS : 57698 01 +2/ * -3* . "4$#%&' ; : " 57698 KY%" ",a#MU" 57698 @ %"JDS Abbildung 5.2: Stoner-Theorie itineranter Ferromagneten: Bandschema. %( KAPITEL 5. MAGNETISMUS 62 Da lokale (kurzreichweitige) Wechselwirkung: Pauliprinzip erzwingt hier nur Wechselwirkung zwischen verschiedenen Spins (gleiche Spins wechselwirken dann wg. Pauliverbot nicht!) Stoner-Ferromagnetismus ist Konsequenz des Zusammenspiels von kurzreichweitiger Wechselwirkung und Pauliverbot. Völlig anderer Mechanismus als beim Heisenbergmodell lokalisierter (ionischer) Ferromagneten! Kapitel 6 Lineare Antworttheorie 6.1 Wechselwirkungsbild Gemischtes Bild (zwischen Heisenberg und Schrödinger-Bild). Betrachte H = H0 + V (t) wobei H0 exakt lösbar und zeitunabhängig sei, mit bekanntem Spektrum, H0 |n0 i = ǫn0 |n0 i und V (t) eine zeitabh. Störung. (Wir setzen hier immer h̄ = 1.) Gemischte Darstellung: Zeitentwicklung der Zustandsvektoren durch V , Operatoren werden also im Heisenbergbild bzgl. H0 genommen! |ψI (t)i = eiH0 t |ψ(t)i AI (t) = eiH0 t Ae−iH0 t Bei V = 0 ist dies grade das Heisenbergbild! Falls V 6= 0, ergibt sich langsame (jedenfalls bei kleinen Störungen) Zeitentwicklung in |ψI (t)i durch V . i∂t |ψI (t)i = (i∂t eiH0 t )|ψ(t)i + eiH0 t (i∂t |ψ(t)i) = eiH0 t (−H0 + H) |ψ(t)i = VI (t)|ψI (t)i | {z =V −iH0 t VI (t) = eiH0 t V e } Kompakt: Schrödingergleichung im Wechselwirkungsbild i∂t |ψI (t)i = VI (t)|ψI (t)i 63 (6.1) 64 KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE Zeitentwicklung von |ψI (t)i durch VI (t) verursacht. Entspricht unitärem Zeitentwicklungsoperator U (t, t0 ), der nur von VI (t) abhängt. |ψI (t)i = U (t, t0 )|ψI (t0 )i (6.2) Bewegungsgleichung von U (t, t0 ): Einsetzen von Gl. (6.2) in Schrödingergleichung im Wechselwirkungsbild (6.1) liefert i∂t U (t, t0 ) = VI (t)U (t, t0 ) mit Anfangsbedingung U (t0 , t0 ) = 1. Die Anfangsbedingung wird durch Formulierung als Integralgleichung automatisch erfüllt: Z U (t, t0 ) = 1 − i t t0 dt′ VI (t′ )U (t′ , t0 ) (6.3) Lösung von Gl.(6.3) durch Iteration: Z t1 1Zt 1Z t dt1 dt2 VI (t1 )VI (t2 ) + · · · dt1 VI (t1 ) + 2 i t0 i t0 t0 U (t, t0 ) = 1 + Reihenfolge der Operatoren wichtig! Zeitgeordnete Integration. Kompakte Schreibweise mittels des Zeitordnungsoperators Tt : Tt [VI (t1 )VI (t2 )] = Θ(t1 − t2 )VI (t1 )VI (t2 ) + Θ(t2 − t1 )VI (t2 )VI (t1 ) (Bemerkung: bei fermionischen Operatoren VI wäre im 2.Term ein Vorzeichenwechsel!) Dies erlaubt eine symmetrische Darstellung: Z t t0 dt1 Z t1 t0 Z t 1Z t dt2 VI (t1 )VI (t2 ) = dt1 dt2 Tt [VI (t1 )VI (t2 )] 2 t0 t0 Damit folgt eine Kompaktform für U : U (t, t0 ) = ∞ X (−i)n Z n=0 n! t t0 dt1 Z t t0 dt2 · · · Z t t0 −i dtn Tt [VI (t1 ) · · · VI (tn )] = Tt e Rt t0 dt′ VI (t′ ) Zeitgeordnete Exponentialfunktion ist durch die Taylorreihe definiert, entspricht der Verallgemeinerung von e−iHt auf zeitabhängige Probleme! Startpunkt für Feynmandiagramme. Falls die Störung VI (t) klein ist, kann Störungstheorie verwendet werden, d.h. in diesem Fall verwendet man die Näherung U (t, t0 ) = 1 − i Z t t0 dt′ VI (t′ ) Dies führt zur Linearen Antworttheorie (Kubo), s.u. (6.4) 65 KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE 6.2 Lineare Antworttheorie: Kuboformel Betrachte nun Störung V (t) (im Schrödingerbild), die sehr klein sei. Wir interessieren uns für die lineare Antwort, d.h. den Effekt auf beliebigen OperatorErwartungswert hA(t)i in führender Ordnung in V . Die Störung werde bei t = t0 eingeschaltet, d.h. H(t) = H0 + Θ(t − t0 )V (t) wobei H0 = P Für t < t0 gilt n ǫn |nihn|. A0 = hAi0 ≡ 1 1 X −βǫn Tr(e−βH0 A) = hn|A|ni e Z0 Z0 n Für t > t0 ist dann unter Verwendung des Diracbildes: hA(t)i = 1 X −βǫn hnI (t)|AI (t)|nI (t)i e Z0 n (6.5) Die Verteilung der Zustände ist hierbei durch das ungestörte Problem definiert (bei t → −∞). Zeitabhängigkeit entsteht nun durch |ni → |nI (t)i = U (t, t0 ) |nI (t0 )i | {z } =|ni Wir betrachten nun die niedrigste Ordnung, Gl. (6.4), d.h. U (t, t0 ) = 1 − i Z t t0 dt′ VI (t′ ), VI (t) = eiH0 t V (t)e−iH0 t wobei V (t) die explizite Zeitabhängigkeit (im Schrödingerbild) bezeichnet. Dann ist hA(t)i = A0 + δA(t) wobei die lineare Antwort δA(t) durch einen Gleichgewichtserwartungswert berechnet werden kann (Kuboformel). Einsetzen von (6.4) in (6.5) liefert δA(t) = −i Z t t0 dt′ h[AI (t), VI (t′ )]− i0 Gleichgewichtserwartungswert des Kommutators bei t > t′ (retardierte Korrelationsfunktion), d.h. ausgewertet bzgl. H0 : dramatische Vereinfachung ! Def.: Retardierte Korrelationsfunktion der Operatoren A, B: R CAB (t, t′ ) ≡ −iΘ(t − t′ )h[AI (t), BI (t′ )]− i0 66 KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE Wichtig: Auswertung im Wechselwirkungsbild. Damit folgt Allgemeine Kuboformel δA(t) = hA(t)i − A0 = Z ∞ t0 ′ R dt′ e−η(t−t ) CAV (t, t′ ) wobei η = 0+ (Antwort muss für t − t′ → ∞ abklingen, Selektion der korrekten Randbedingung!). Frequenzdarstellung Fourierdarstellung V (t) = liefert Z dω −iωt e Vω 2π Z dω −iωt e Vω,I (t) 2π und damit folgt aus der Definition der retardierten Korrelationsfunktion: VI (t) = R CAV (t, t′ ) = Z dω −iωt′ R e CAVω (t − t′ ) 2π wobei R (t − t′ ) = −iΘ(t − t′ )h[AI (t), Vω,I (t′ )]− i0 CAV ω Da Vω zeitunabhängig ist, und wir auch A als nicht explizit zeitabhängig annehR nur von Zeitdifferenz ab! men, hängt Korrelationsfunktion CAV ω Wir setzen nun t0 → −∞ (Transientenverhalten interessiert meist nicht), so dass δA(t) = Z ∞ −∞ ′ dt Z dω −iωt −i(ω+iη)(t′ −t) R ′ e e {z } CAVω (t − t ) 2π | −η(t−t′ )−iωt′ =e Fouriertransformierte der retardierten Korrelationsfunktion (τ = t − t′ ) R (ω) C̃AV ω = damit: Z ∞ Z ∞ −∞ R (τ ) dτ ei(ω+iη)τ CAV ω dω −iωt R e C̃AVω (ω) −∞ 2π Im folgenden wird die Tilde weggelassen (einfachere Notation). Im Frequenzraum gilt daher direkt: R (ω) δA(ω) = CAV ω δA(t) = (Kuboformel in Frequenzdarstellung) Die retardierte Korrelationsfunktion des Operators A (der Observablen!) mit dem Störoperator Vω legt direkt die lineare Antwort δA(ω) fest. Berechnung von Antwortgrössen reduziert sich auf Auswertung einer Gleichgewichts-Korrelationsfunktion. Gilt nur im linearen Bereich (kleine Störung!). 67 KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE 6.3 Elektrische Leitfähigkeit Das Ohmsche Gesetz verknüpft el. Stromdichte Je (r, t) (mit Komponenten Jeα , α = x, y, z) mit dem externen elektrischen Feld E(r, t) = −∇φext (r, t) − ∂t Aext (r, t) über einen linearen Zusammenhang. I.a. Tensor, raumzeitlich nichtlokaler Leitfähigkeitstensor σ αβ (r, t; r′ , t′ ): Jeα (r, t) = XZ dr′ dt′ σ αβ (r, t; r′ , t′ )E β (r′ , t′ ) β allgemeinster linearer Zusammenhang, d.h. Tensor σ muss aus einer Kuboformel berechenbar sein! Da Kuboformel mit Bezug auf Gleichgewicht, hängt σ nur von t − t′ ab, d.h. wir werden wieder im Frequenzraum arbeiten, Jeα (r, ω) = XZ dr′ σ αβ (r, r′ ; ω)E β (r′ , ω) β Betrachte nun Elektronen, Je = −ehJi, mit Teilchenstrom J(r, t). Störung V steckt nun in Kopplung ans externe elektromagnetische Feld (φext , Aext ): Hem (t) = −e Z drρ(r)φext (r, t) + e Z drJ(r) · A(r, t) wobei A(r, t) = A0 (r) + Aext (r, t) Hier beschreibt A0 magnetische Felder, die bereits im Gleichgewicht vorhanden sind. Teilchenstrom setzt sich aus para- und diamagnetischem Anteil zusammen, vgl. Kapitel 1: e J(r, t) = Jp (r) + Aρ(r) m Eichfreiheit erlaubt φext = 0 (immer!), und wir betrachten nun periodische Störung mit Frequenz ω, (beachte: ∂t → −iω) Aext (r, ω) = E(r, ω) iω Damit folgt e Z Vω = drJ(r) · E(r, ω) (6.6) iω Da durch E bereits Linearität gegeben ist, können wir den Aext Beitrag zu J vernachlässigen, d.h. effektiv ist in (6.6) J zu ersetzen durch J0 (r) = Jp (r) + e ρ(r)A0 (r) m KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE 68 Erwartungswert des Teilchenstroms: hJ(r, ω)i = hJ0 (r, ω)i + e Aext (r, ω)hρ(r)i0 m Hier wird n(r) = hρ(r)i0 in Abwesenheit der Störung berechnet, da der Ausdruck schon linear in der Störung ist. Da im Gleichgewicht kein Strom vorliegt, ist hJ0 i = δJ0 , d.h. Kuboformel ergibt hJ(r, ω)i = CR J0 (r),Vω (ω) + wobei (ω) CJα,R 0 (r),Vω en(r) E(r, ω) imω X e Z = CJRα (r),J β (r′ ) (ω)E β (r′ , ω) dr′ 0 0 iω β Beachte nun Je = −eJ: Also folgt Leitfähigkeitstensor aus der retardierten Stromdichte-Stromdichte Korrelationsfunktion (Kuboformel im engeren Sinn) ie2 n(r) ie2 R Παβ (r, r′ ; ω) + δ(r − r′ )δαβ (6.7) σ αβ (r, r′ ; ω) = ω mω mit β ′ ′ ′ ′ ′ α ΠR αβ (r, r ; t − t ) = −iΘ(t − t )h[J0 (r, t), J0 (r , t )]− i0 Der erste (zweite) Beitrag in Gl. (6.7) entspricht dem paramagnetischen (diamagnetischen) Term. 6.4 Leitwert Leitfähigkeit σ ist intrinsische, lokale Grösse. Transportexperiment misst aber normalerweise eine globale Grösse, den Widerstand R bzw. den Leitwert G = I/V = 1/R. Diese Grösse hängt von der Geometrie der Probe ab (wir betrachten dc Grenzfall, ω → 0). Strom I ist Stromdichte Je integriert über den Querschnitt, vgl. Abb. 6.1. Stromerhaltung (Kontinuitätsgleichung) besagt, dass I unabhängig vom Ort ist. ˆ â1 , â2 ), mit EinWähle Äquipotentialflächen mit lokaler orthonormaler Basis (ξ, ξ ξ heitsvektor ξˆ parallel zum lokalen elektrischen Feld, ˆ ˆ E(r) = ξE(ξ, aξ ) = ξE(ξ) da konstantes ξ einer Äquipotentialfläche entspricht. Beachte: die beiden Einheitsvektoren âξ1,2 sind senkrecht zu E. - 69 KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE ! x Abbildung 6.1: Koordinatenwahl für Berechnung des Leitwertes, siehe Text. Damit folgt für den el. Strom: I(ξ) = I = = = Z Z Z daξ dξ ′ daξ ξˆ · Je (ξ, aξ ) Z Z dr′ ξˆ · σ(r, r′ ; ω = 0) · E(r′ ) daξ daξ′ ξˆ · σ(r, r′ ; ω = 0) · ξˆ′ E(ξ ′ ) Dabei brauchen wir nur den Realteil von σ; der Strom I ist reell, diamagnetischer Anteil bringt keinen Beitrag! Einsetzen der Stromdichte-Korrelationsfunktion (Kuboformel für Leitfähigkeit) und Integration über aξ bzw. aξ′ (dies konvertiert die Stromdichten in Ströme) ergibt I(ξ) = lim ω→0 Z Z i R ′ dξ Re CI(ξ),I(ξ′ ) (ω) E(ξ ) ≡ dξ ′ G(ξ, ξ ′ )E(ξ ′ ) ω ′ Aus Definition folgt G(ξ, ξ ′ ) = G(ξ ′ , ξ) (symmetrisch). Da I(ξ) unabhängig von ξ, muss G(ξ, ξ ′ ) auch unabhängig von ξ, und damit auch von ξ ′ sein! Es folgt I=G Z dξ ′ E(ξ ′ ) = G(−φ(∞) + φ(−∞)) = GV mit Spannung V als Differenz der elektrostatischen Potentiale auf beiden Seiten. Der lineare dc Leitwert (conductance) folgt damit aus der Kuboformel als Strom-Strom Korrelator i R G = lim Re CII (ω) (6.8) ω→0 ω mit R CII (t − t′ ) = −iΘ(t − t′ )h[II (t), II (t′ )]− i0 70 KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE Beachte: I ist hier Ladungsstrom, enthält Faktor −e. 6.5 Abschirmung Im elektromagn. Feld wird eine Ladungsumverteilung (Polarisation) beweglicher Ladungen einsetzen, die wiederum das Feld beeinflusst. φext → φtot = φext + φind ρext → ρtot = ρext + ρind mit Poisson Gleichung (X =tot,ext,ind) ∆φX = −4πρe,X bzw. divEX = 4πρe,X Definition: Dielektrische Funktion φtot = ǫ−1 φext allg. Annahme eines linearen Zusammenhangs, bzw. D = ǫEtot = Eext , siehe Elektrodynamik. Im allgemein ist Zusammenhang raumzeitlich nichtlokal, d.h. Tensor Z φtot (r, t) = dr′ dt′ ǫ−1 (r, t; r′ , t′ )φext (r′ , t′ ) bzw. mit inverser Funktion φext (r, t) = Z dr′ dt′ ǫ(r, t; r′ , t′ )φtot (r′ , t′ ) Da linearer Zusammenhang, muss dielektrische Funktion aus Kuboformel berechenbar sein! Lineare Antworttheorie, mit Störung V (t) = Z drρe (r)φext (r, t) Induzierte Ladungsdichte folgt aus Kuboformel ρe,ind (r, t) = Z dr′ Z ∞ −∞ ′ dt′ CρRe ρe (r, t; r′ , t′ )e−η(t−t ) φext (r′ , t′ ) | {z =χR (r,t;r′ ,t′ ) } 71 KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE Polarisationsfunktion: retardierte Ladungsdichte-Ladungsdichte-Korrelationsfunktion im Gleichgewicht! χR (r, t; r′ , t′ ) = −iΘ(t − t′ )h[ρe,I (r, t), ρe,I (r′ , t′ )]− i0 Damit folgt aus Poissongleichung mit Vc (r − r′ ) = φind (r, t) = Z 1 |r−r′ | dr′ Vc (r − r′ )ρe,ind (r′ , t) also aus φtot = φext + φind = ǫ−1 · φext : Z −1 ǫ ·φext = φtot (r, t) = φext (r, t)+ dr1 dr2 Z ∞ −∞ dt′ Vc (r−r1 )χR (r1 , t; r2 , t′ )φext (r2 , t′ ) Daher ist die (inverse) dielektrische Funktion in allgemeiner Form gegeben, wenn die Polarisationsfunktion bekannt ist: −1 ′ ′ ′ ′ ǫ (r, t; r , t ) = δ(r − r )δ(t − t ) + Z dr1 Vc (r − r1 )χR (r1 , t; r′ , t′ ) Bei translationsinvarianten Systemen kann χR nur von Differenzen r−r′ bzw. t−t′ abhängen. Nach Übergang zum Frequenz-Impulsraum werden die Konvolutionen einfach Multiplikationen, d.h. φtot (q, ω) = ǫ−1 (q, ω)φext (q, ω) und die Fouriertransformierte der dielektrischen 1/ǫ−1 (q, ω) ≡ ǫ(q, ω). Mit Vc (q) = 4π/q 2 folgt Funktion ist einfach 4π 1 = 1 + 2 χR (q, ω) ǫ(q, ω) q Zusammenhang zur (optischen) Leitfähigkeit Sowohl ǫ wie auch σ geben Antwort auf elektromagnetische Felder, d.h. es sollte einen Zusammenhang zwischen beiden Grössen geben. Wir betrachten dies für den translationsinvarianten Fall, wobei σ ein Tensor ist, Je (q, ω) = σ(q, ω)Eext (q, ω) = −iσ(q, ω) · qφext (q, ω) Benutze nun Kontinuitätsgleichung: −iωρe (q, ω) + iq · Je (q, ω) = 0 KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE 72 Dies ergibt iq · Je (q, ω) = q · σ(q, ω) · qφext (q, ω) = iωρe (q, ω) = iωχR (q, ω)φext (q, ω) Für isotrope homogene Systeme ist der Tensor σ einfach ein Skalar, und da φext beliebig, folgt q2 R χ (q, ω) = −i σ(q, ω) ω Damit folgt sofort der gesuchte Zusammenhang 1 4πi =1− σ(q, ω) ǫ(q, ω) ω d.h. falls die dielektrische Funktion bekannt ist, folgt damit sofort die optische Leitfähigkeit, und umgekehrt. Kapitel 7 Supraleitung Was charakterisiert einen Supraleiter? • Widerstand verschwindet bei T < Tc , keine Dissipation • Meissner Effekt: Magnetfeld wird aus dem Supraleiter gedrängt, perfekter Diamagnetismus • Isotopeneffekt: kritische Temperatur Tc hängt von Isotop ab, d.h. Phononen spielen wichtige Rolle. • Frühe phänomenologische Theorien: Two-fluid model, London-Gleichungen. Mikroskopischer und sehr erfolgreicher Zugang: BCS Theorie (Bardeen, Cooper, Schrieffer, 1957). 7.1 BCS Theorie BCS Theorie ist Mean-Field Theorie, mit ungewöhnlichem (komplexwertigem) Ordnungsparameter bk = hc−k,↓ c+k,↑ i = 6 0 (7.1) Cooper-Paar Amplitude In einem Supraleiter paaren sich demzufolge die Elektronenzustände (−k, ↓) und (+k, ↑) zu einem phasenkohärenten Cooperpaar-Zustand. (Hier nehmen wir den einfachsten Fall der s-Wellen Singlet-Supraleitung an.) Für die Paarbildung ist eine attraktive Elektron-Elektron Wechselwirkung verantwortlich. Üblicher Mechanismus: Phononen induzieren eine attraktive retardierte (zeitabh.) Wechselwirkung, die für niedrige Energieskalen anziehend ist und die Effekte der repulsiven Coulomb-Wechselwirkung übertrifft. 73 74 KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 7.1.1 Bogoliubov-Transformation Wir starten vom zweitquantisierten Hamiltonian im grosskanonischen Ensemble: H= X ξk c†k,σ ck,σ + k,k′ k,σ mit ξk = h̄2 k 2 /2m − µ und Vk,k′ = X ( Vk,k′ c†k,↑ c†−k,↓ c−k′ ,↓ ck′ ,↑ −V0 , |ξk |, |ξk′ | ≤ h̄ωc 0, sonst Dies ist ein einfaches effektives Modell für die durch Elektron-Phonon-Kopplung induzierten attraktiven (V0 > 0) Wechselwirkungen auf Energieskalen unterhalb der Grenzenergie h̄ωc , welche der Debyeenergie entspricht. CoulombWechselwirkungen sind hier ignoriert (bzw. in der Grösse von V0 verarbeitet). Tiefergehende Diskussion dieser Wechselwirkung (welche auf Cooper zurückgeht): siehe Tinkham. Mean field Theorie ist hier extrem gut (viel besser als in Ferromagneten!), da Kohärenzlängen oft sehr hoch sind (Ausnahmen: Hochtemperatursupraleiter, manche Typ-II Supraleiter). Schreibe dazu c−k,↓ ck,↑ = bk + [c−k,↓ ck,↑ − bk ] Einsetzen in H und Vernachlässigen von Fluktuationsquadraten [. . .]2 ergibt Mean-Field Hamiltonian HM F = X ξk c†k,σ ck,σ + k,σ X k,k′ Vk,k′ [c†k,↑ c†−k,↓ bk′ + c−k′ ,↓ ck′ ,↑ b∗k − b∗k bk′ ] Dabei müssen die bk aus der Selbstkonsistenzgleichung bestimmt werden, d.h. in Gleichung (7.1) muss der Erwartungswert mittels HM F berechnet werden. Zunächst nehmen wir an, diese Gleichung sei gelöst, und kommen später auf die tatsächliche Lösung zurück. Achtung: Während volles H mit Gesamtteilchenzahloperator kommutiert, ist dies bei HM F nicht mehr der Fall (Paarerzeugung und Paarvernichtung!), d.h. N ist keine Erhaltungsgrösse der Mean-field Theorie. Dies ist im grosskanonischen kein Problem, da N nur im Mittel vorgegeben wird. Statt der bk verwenden wir die (komplexwertige) Linearkombination ∆k = − X Vk,k′ bk′ k,k′ welche später auf BCS Energielücke (BCS gap) führt, so dass HM F = X k,σ ξk c†k,σ ck,σ − X k [∆k c†k,↑ c†−k,↓ + ∆∗k c−k,↓ ck,↑ − b∗k ∆k ] 75 KAPITEL 7. SUPRALEITUNG diagonal im k Raum wird. Dadurch lässt sich H diagonalisieren, indem wir über eine lineare BogoliubovTransformation zu neuen Fermi-Operatoren übergehen, den BCS Quasiteilchen: † ck,↑ = u∗k γk,0 + vk γk,1 † c†−k,↓ = −vk∗ γk,0 + uk γk,1 wobei die komplexen Koeffizienten uk , vk der Bedingung |uk |2 + |vk |2 = 1 genügen. O.B.d.A. können wir uk reell annehmen. Die γk,i=0,1 sind unter der Bedingung |u|2 + |v|2 = 1 auch Fermioperatoren. Einsetzen der Bogoliubovtransformation in HM F liefert (unter Ausnutzen der Fermialgebra) HM F = X k + X k + ξk (u2k − |vk |2 ) " Xh k ∆k b∗k + (∆k vk∗2 X i=0,1 (∆k uk vk∗ − † γk,i γk,i + + 2|vk |2 + 2{uk vk∗ γk,1 γk,0 + h.c.} ∆∗k u∗k vk ) ∆∗k u2k )γk,1 γk,0 −1 + i X † γk,i γk,i i !# + h.c. Wir wählen nun uk und vk so, dass die ungewünschten Terme γ1 γ0 bzw. γ0† γ1† verschwinden. Dies kann erreicht werden durch 2ξk uk vk + ∆∗k vk2 − ∆k u2k = 0 Multiplikation mit ∆∗k /u2k ergibt quadratische Gleichung für ∆∗ v/u, 2ξ∆∗ v/u + (∆∗ v/u)2 = |∆|2 Lösung (zweite Lösung führt zu maximaler statt minimaler Energie) ∆∗k vk q 2 = ξk + |∆k |2 − ξk ≡ Ek − ξk uk mit Ek = q ξk2 + |∆k |2 (7.2) Also gilt: Komplexe Phase von vk ist wie in ∆k zu wählen, und Betrag erfüllt |vk /uk | = Ek − ξk |∆k | 76 KAPITEL 7. SUPRALEITUNG Mit Normierung u2 + |v|2 = 1 folgt (E − ξ)2 (E − ξ)2 1 1 = |v| = (1 − |v| ) = = (1 − ξ/E) 2 |∆| 2 |∆| 2E(E − ξ) 2 1 + (E−ξ)2 2 2 also 2 |vk | = 1 − u2k ξk 1 1− = 2 Ek ! Für ∆ = 0 erhalten wir u = 1 und v = 0. Insgesamt folgt der diagonalisierte BCS Hamiltonian X HBCS = E0 + † Ek γk,i γk,i (7.3) k,i=0,1 mit BCS Grundzustandsenergie durch Kondensation der Cooperpaare E0 = X k (ξk − Ek + ∆k b∗k ) Dies ist Grundzustand für fermionische Anregungen der Quasiteilchen γ0,1 mit Einteilchenanregungsenergie Ek (manchmal als Bogoliubonen bezeichnet). Diese Einteilchenenergien besitzen Energielücke (BCS gap, man mache sich die Dispersion graphisch klar) Ek ≥ |∆k | > 0 und sind als Fermionen gemäss der Fermi-Dirac Verteilung besetzt. Die Cooperpaare sind extra (bei Fermienergie). 7.1.2 BCS Gap Equation Wir müssen nun noch die Selbstkonsistenzgleichung betrachten. Dazu berechnen wir die rechte Seite von ∆k = − X k′ Vk,k′ hc†−k′ ,↓ c†k′ ,↑ i mit dem BCS Hamiltonian: ∆k = − = − = − X k′ Vk,k′ uk′ vk′ h[1 − γk† ′ ,0 γk′ ,0 − γk† ′ ,1 γk′ ,1 ]i X Vk,k′ uk′ vk′ [1 − 2nF (Ek′ )] X Vk,k′ k′ k′ | {z =tanh(βEk′ /2) ∆ k′ tanh(βEk′ /2) 2Ek′ } 77 KAPITEL 7. SUPRALEITUNG ∆ mit β = 1/kB T und uv = uv v 2 = 21 (1 − ξ/E) E−ξ = ∆/2E. BCS-Näherung für Vk,k′ = −V0 impliziert ∆k = ∆ = ∆(T ) und daher die Selbstkonsistenzgleichung in der Form: 1 1 X tanh[βEk /2] = , V0 2 k Ek Ek = q ξk2 + |∆|2 BCS gap equation R P Wir nehmen nun ein reelles gap ∆ an. Mit 21 k → D(0) 0 dξ (Faktor 1/2 da Integral auf positive ξ beschränkt) können wir auf Energieintegration übergehen, wobei D(0) die Zustandsdichte des nichtwechselwirkenden Elektronengases an der Fermikante bezeichnet. Da attraktive Wechselwirkung nur bis h̄ωc vorliegt: √ Z h̄ωc tanh[ 12 β ξ 2 + ∆2 ] 1 √ 2 (7.4) dξ = D(0)V0 ξ + ∆2 0 Zunächst betrachten wir T = 0, d.h. tanh[] = 1. Das Integral lässt sich dann elementar ausführen, 1 = Arsinh[h̄ωc /∆] D(0)V0 d.h. h̄ωc ∆(T = 0) = ≈ 2h̄ωc e−1/D(0)V0 sinh[1/D(0)V0 ] da typisch schwache Kopplung, D(0)V0 < 0.3 in realen Supraleitern. Beachte nichtperturbative Abhängigkeit von V0 , Grund für 50 Jahre erfolgloser Suche nach Supraleitungstheorie! Die Lösung der gap equation ergibt ∆(T ). Zunächst berechnen wir die kritische Temperatur Tc , bei der ∆(T > Tc ) = 0 gilt. Dann ist mit x = βξ/2 Z h̄βc ωc /2 1 2eγ tanh(x) = ln h̄βc ωc = dx D(0)V0 x π 0 mit Eulerkonstante γ = 0.577. Daraus folgt 1 − D(0)V kB Tc = βc−1 = 1.13h̄ωc e 0 Vergleich mit ∆(T = 0) ergibt ∆(0) = 1.764kB Tc experimentell verifiziert in vielen Supraleitern. Ähnlich kann man aus der BCS gap equation ableiten: q ∆(T ) = 1.74 1 − T /Tc , ∆(0) T → Tc − 0+ 78 KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 7.1.3 Zustandsdichte der BCS Quasiteilchen Ds (E) Im normalleitenden Zustand ist in der Nähe der Fermikante die Zustandsdichte D(E) konstant, und mit D(0) bezeichnet. Im supraleitenden Zustand gibt es nun eine Eins-zu-Eins Korrespondenz zwischen nichtwechselwirkenden Elektronen und den BCS Quasiteilchen (bei V0 > 0), d.h. Ds (E)dE = D(ξ)dξ mit E = √ ξ 2 + ∆2 . Daher: dξ 1 Ds (E) = = = D(0) dE dE/dξ ( √D(0)E , E 2 −∆2 0, E>∆ E<∆ BCS Zustandsdichte hat Energielücke und sehr scharfen Peak bei E = ∆ + 0+ . Sehr nützlich für energieaufgelöstes Tunneln: Elektronentunneln Die BCS Zustandsdichte wird sehr wichtig beim Tunneln zwischen Supraleitern oder für N-S Kontakte (Normal-Supraleiter). Modellierung durch Tunnel-Hamiltonian: Bei punktförmigem Kontakt zweier Elektroden/Leiter bei x (sonst Integration über Kontaktfläche) HT = X † (x)ψ̂R,σ (x) + h.c. tLR ψ̂L,σ σ mit Tunnelamplitude tLR . Dadurch werden Elektronen vom linken (L) in den rechten (R) Leiter (und umgekehrt) transferiert. Der Strom durch den Kontakt wird (in niedrigster Ordnung) dann ∝ |tLR |2 sein. Der Strom in Störungstheorie in tLR kann direkt im zweitquantisierten Formalismus hergeleitet werden. Hier gehen wir dagegen heuristisch vor, d.h. das Resultat wird angegeben und physikalisch motiviert. Der Strom von L → R ist mit einer Proportionalitätskonstanten A IL→R = A|tLR |2 Z ∞ −∞ dEDL (E)nF (E)DR (E + eV )[1 − nF (E + eV )] wobei das chemische Potential µL = 0 gewählt ist (Wahl der Energieskala!) und µR = −eV , d.h. µL − µR = eV ist die angelegte Spannung, die am Tunnelkontakt abfällt. Interpretation: Zustände in der linken Elektrode sind mit Fermifunktion nF (E) gefüllt, und durch Zustandsdichte DL (E) mal Fermifunktion beschrieben. Beim Tunneln wird effektiv (da alle Niveau rechts um eV verschoben) dann ein leeres Niveau auf der rechten Seite gefordert, d.h. Faktor 1 − nF (E + eV ). Ebenso ist Z IR→L = A|tLR |2 dEDL (E)[1 − nF (E)]DR (E + eV )nF (E + eV ) 79 KAPITEL 7. SUPRALEITUNG Gesamter Tunnelstrom durch Kontakt: I = IR→L − ZIL→R = A|tLR |2 dEDL (E)DR (E + eV ) × (nF (E)[1 − nF (E + eV )] − nF (E + eV )[1 − nF (E)]) = A|tLR |2 Z dEDL (E)DR (E + eV )[nF (E) − nF (E + eV )] N-N Kontakt Betrachte zunächst zwei normalleitende Elektroden. Dann ist DL (E) und DR (E) in der Nähe von EF in guter Näherung konstant, d.h. wir erhalten I N N = A|tLR |2 DL (0)DR (0)eV Ohmsches Verhalten, 2 eA|t| DL (0)DR (0). temperaturunabhängiger Leitwert GN N = Abbildung 7.1: Effektives Bändermodell für Tunnelkontakt zwischen N und S Leitern bei T = 0, mit Spannung eV zwischen beiden Leitern. N-S Kontakt DL (E) ≃ DL (0), DR (E) = Ds (E). Wir skalieren Ds (E) = DR (0)ds (E) mit normalleitender Zustandsdichte DR (0), d.h. wenn wir den eV Term in die metallische Seite legen, INS = GN N Z dEds (E)[nF (E) − nF (E + eV )] e KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 80 also differentieller Leitwert Z dI N S = GN N dEds (E)(−∂E nF (E + eV )) GN S (V ) = dV Für T → 0 gilt −∂E nF (E + eV ) = δ(E + eV ), also GN S (V ) = GN N ds (|eV |) ∝ Ds (|eV |) Dies erlaubt die direkte Messung der Zustandsdichte des Supraleiters über den differentiellen Leitwert durch Variation der Spannung V . Vgl. “HalbleiterBanddiagramm” in Abb. 7.1. Abbildung 7.2: Strom-Spannungs-Kennlinie (schematisch) eines N-S Kontaktes. Eingezeichnet ist auch das Verhalten bei T > 0. Man beachte dass I = 0 für eV < ∆ und T = 0. Insbesondere fliesst kein Strom falls |eV | < ∆ wegen Bandlücke der BCS Quasiteilchen! Vgl. Abb. 7.2. S-S Kontakt Betrachten wir nun zwei Supraleiter auf beiden Seiten, mit Bandlücken ∆L bzw. ∆R , siehe Abb. 7.3. Bei T = 0 kann ein Quasiteilchen-Strom nur fliessen wenn eV > ∆L + ∆R Zusätzlich gibt es aber noch den Josephsonstrom durch Cooperpaare (siehe unten), wir diskutieren hier nur den dissipativen Quasiteilchenstrom. Bei T > 0 kommt es zu einem Peak bei eV = |∆L − ∆R |, dadurch auch negative differentielle Widerstände möglich! Bei eV = ∆L + ∆R kommt es selbst bei endlichem T noch zu einem Sprung in der Ableitung wegen des singulären Verhaltens der supraleitenden Zustandsdichte. Vgl. Abb. 7.4. KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 81 Abbildung 7.3: Effektives Bändermodell für Tunnelkontakt zwischen S und S Leitern bei T > 0, mit Spannung eV zwischen beiden Leitern. 7.2 Ginzburg-Landau Theorie Falls räumlich inhomogene Probleme vorliegen, ist BCS Theorie unhandlich. Dies ist besonders wichtig bei Typ-II Supraleitern, bei denen Fluss-Schläuche in den Supraleiter eindringen, oder bei der Beschreibung von N-S oder S-N-S Kontakten. Dann bietet sich die Ginzburg-Landau (GL) Theorie an, die bereits 1950 entwickelt wurde. GL Theorie kann rigoros aus BCS Theorie hergeleitet werden (Gorkov, 1959), wenn T nahe an Tc . Qualitativ nützlich aber selbst bei T = 0. Zentrale Grösse der GL Theorie: Komplexe Pseudo-Wellenfunktion Ψ(r) = |Ψ(r)|eiϕ(r) ist Ordnungsparameter der üblichen Landau-Theorie der Phasenübergänge. Ein von Null verschiedener Wert von Ψ definiert einen Supraleiter. In GL Theorie betrachtet man nur die Cooperpaare (die durch ∆ bzw. Ψ beschrieben sind), und ignoriert die Quasiteilchen! Aus Gorkov’s Herleitung ergibt sich, dass der GL Ordnungsparameter Ψ proportional zum BCS Ordnungsparameter ∆ (beide komplexwertig!) ist. Mikroskopisch: Ψ(r) ist Wellenfunktion für die Schwerpunktsbewegung der Cooperpaare. Dichte der Elektronen im supraleitenden Zustand (d.h. als Cooperpaar gebunden): ns (r) = |Ψ(r)|2 82 KAPITEL 7. SUPRALEITUNG Abbildung 7.4: Strom-Spannungs-Kennlinie (schematisch) eines S-S Kontaktes (nur Quasiteilchenstrom). Eingezeichnet ist das Verhalten bei T > 0. Man beachte dass I = 0 für eV < ∆L + ∆R und T = 0. Landau-Theorie der Phasenübergänge (vgl. Bachelor Modul 5) impliziert dann eine freie Energie, die Terme bis Ordnung |Ψ|4 enthält, mit LandauEntwicklungsparametern α(T ) und β. Minimieren der freien Energie führt auf die Ginzburg-Landau Gleichung 1 e∗ 2 [−ih̄∇ − A] Ψ(r) + β|Ψ(r)|2 Ψ(r) = −α(T )Ψ(r) ∗ 2m c mit Cooperpaarladung e∗ = 2e. Dabei wird der Effekt eines Magnetfeldes durch Vektorpotential A beschrieben. NB. Diese Gleichung wird auch für wechselwirkende Bose-Einstein-Kondensate verwendet, und heisst dann Gross-Pitaevskii Gleichung. Die Gleichung ähnelt einer nichtlinearen Schrödingergleichung. Suprastrom (der durch Cooperpaare getragen wird) ist dann Js (r) = h̄e∗ (e∗ )2 2 ∗ ∗ [Ψ ∇Ψ − (∇Ψ )Ψ] − |Ψ| A 2m∗ i m∗ c (7.5) Betrachte zunächst den homogenen Fall ohne Magnetfeld (A = 0). Dann ist Ψ(r) = Ψ∞ , und kann reell gewählt werden. Aus GL-Gleichung folgt bei T < Tc als stabile Lösung Ψ2∞ = −α(T )/β > 0 83 KAPITEL 7. SUPRALEITUNG während für T > Tc die Lösung Ψ = 0 stabil ist. Mit (für T hinreichend nahe an Tc , vgl. Landautheorie!) T ′ −1 α(T ) = α Tc mit α′ > 0 und T -unabhängig, wird dieses Verhalten korrekt beschrieben. Wir definieren für T < Tc die GL Kohärenzlänge ξ(T ) = q h̄ 2m∗ |α(T )| die anschaulich in etwa der Grösse eines Cooperpaars entspricht. Betrachte nun GL Gleichung bei T < Tc für 1D Draht, mit A = 0 und der komplexen Amplitude f (x) = Ψ(x)/Ψ∞ . Dann folgt GL Gleichung in der einfachen Form d2 f (7.6) ξ2 2 + f − f 3 = 0 dx Dies erlaubt das Studium von inhomogenen Problemen, z.B. Josephsonstrom. 7.3 Josephson Effekt Wir betrachten nun den Suprastrom Is , der durch einen Tunnelkontakt zwischen zwei Supraleitern fliesst. Hier kommt es zu den beiden Josephson-Effekten (B. Josephson, 1962): • dc Josephson Effekt Im Gleichgewichts-Fall (V = 0) fliesst ein Suprastrom, der von der Phasendifferenz ∆ϕ = ϕL − ϕR der GL Phasen der beiden Supraleiter abhängt Is = Ic sin(∆ϕ) mit kritischem Strom Ic (maximal möglicher Suprastrom). • ac Josephson Effekt Bei angelegter Spannung V wird die Phasendifferenz ∆ϕ zeitabhängig gemäss der Josephson-Relation d(∆ϕ) 2eV = ≡ ωJ dt h̄ Dies impliziert einen zeitabhängigen (ac) Suprastrom mit Amplitude Ic und Frequenz ωJ . Dabei ist h̄ωJ die Energieänderung, die zum Transfer eines Cooperpaars benötigt wird. 84 KAPITEL 7. SUPRALEITUNG Beide Effekte sind experimentell verifiziert, und in der Metrologie wichtig. Die Natur des Kontakts (Isolator, normalleitender Bereich, oder enge supraleitende Brücke zwischen grossen supraleitenden Elektroden) ist dabei unwesentlich und beeinflusst lediglich den kritischen Strom. Aus den Josephson-Relationen folgt auch die freie Energie, welche im Tunnelkontakt gespeichert ist, indem wir die Arbeit integrieren, F = Z Is V dt = Z Is h̄ d(∆ϕ) = F0 − EJ cos(∆ϕ) 2e mit irrelevanter Konstante F0 und der Josephsonenergie EJ = h̄Ic 2e Beachte: F ist minimal bei ∆ϕ = 0. Suprastrom nur beobachtbar wenn Temperaturskala klein gegen EJ /kB ist, sonst ausgewaschen durch thermisches Rauschen. Typische Grössenordnung: Ic ≈ mA (bis hinunter zu nA für molekulare Kontakte), entsprechend EJ ≈ meV Herleitung der 1. Josephson-Relation aus GL Gleichung Josephson-Relationen sind universell (hängen nicht von Natur des Kontaktes ab), und können z.B. für kurze Brücke der Länge L ≪ ξ zwischen zwei grossen supraleitenden Elektroden hergeleitet werden. (Wir nehmen gleiche Supraleiter an, ∆L = ∆R = ∆.) Wir starten von 1D GL Gleichung (7.6). In den Elektroden ist |f | = 1, mit Phasen 0 (links, x < 0) bzw. ∆ϕ (rechts, x > L). Wir haben also für 0 < x < L die GL Gleichung ξ 2 f ′′ (x) + f − f 3 = 0 mit Randbedingung f (0) = 1 und f (L) = ei∆ϕ . Da L ≪ ξ, erwarten wir dass der erste Term die beiden anderen komplett dominiert (selbstkonsistente Annahme, d.h. muss am Ende geprüft werden!), so dass effektiv die Laplace Gleichung resultiert f ′′ (x) = 0 Allgemeinste Lösung in 1D: f (x) = z1 + z2 x mit komplexen z1,2 . Mit Randbedingungen folgt f (x) = (1 − x/L) + x i∆ϕ e L Erster Term beschreibt das Eindringen des Ordnungsparameters von der linken Seite, zweiter Term das Eindringen des Ordnungsparameters von der rechten 85 KAPITEL 7. SUPRALEITUNG Seite. Man sieht nun auch, dass f − f 3 gegen ξ 2 f ′′ (x) vernachlässigbar ist, d.h. unsere Lösung ist selbstkonsistent und korrekt in führender Ordnung in L/ξ ≪ 1. Setze Lösung der GL Gleichung nun in den Ausdruck (7.5) für den Suprastrom ein. Da (7.5) die Stromdichte ist, multiplizieren wir noch mit der Querschnittsfläche W der Brücke, Is = W df ∗ 2eh̄ 2 ∗ df Ψ [f − f ] 2m∗ i ∞ dx dx 1 Ic [−(1 − x/L[1 − e−i∆ϕ ])(1 − ei∆ϕ ) + (1 − x/L[1 − ei∆ϕ ])(1 − e−i∆ϕ )] 2i = Ic sin(∆ϕ) = mit kritischem Strom Ic = Beachte: |f |2 (x) = 1 − 4 2eh̄Ψ2∞ W m∗ L x x 1− sin2 (∆ϕ/2) L L mit |f |2 (L/2) = cos2 (∆ϕ/2). Da GN N ∝ 1/L (Ohmsches Gesetz) im normalleitenden Zustand, folgt dass das Produkt Ic RN N konstant ist (wobei RN N der Widerstand des normalleitenden Kontaktes ist). Durch Anlegen eines hohen Magnetfeldes kann Supraleitung immer unterdrückt werden, d.h. diese Vorhersage ist nachprüfbar (und verifiziert worden). Mikroskopische Herleitung liefert Konstante (für Tunnelkontakt) Ic R N N = π∆ ∆ tanh 2e 2kB T Ambegaokar-Baratoff Beziehung (1963) Um die zweite Josephson Relation herzuleiten, sowie ac Josephson Effekt, muss elektromagnetisches Feld (angelegte Spannung!) hinzugefügt werden. (Wird hier nicht gezeigt.) RCSJ Modell Um Josephsonkontakte unter experimentellen Bedingungen zu studieren, muss neben dem idealen Suprastrom auch der dissipative Quasiteilchenstrom mitgenommen werden. Dazu betrachtet man ein Ersatzschaltbild (“resistively and capacitively shunted junction”, RCSJ Modell), vgl. Abb. 7.5. Dabei steht der Widerstand R für Dissipation durch den Quasiteilchenstrom, und die Kapazität C berücksichtigt, dass die beiden Elektroden elektrostatisch gegeneinander geladen werden können. 86 KAPITEL 7. SUPRALEITUNG Abbildung 7.5: Ersatzschaltbild des RCSJ Modells. Wir betrachten nun einen Josephsonkontakt bei vorgegebenem konstantem Strom I (“current-biased Josephson junction”). Dann gilt als Strombilanz als Summe der drei Kanäle: (wir schreiben nun ∆ϕ → ϕ) I = Ic sin ϕ + dV V +C R dt h̄ dϕ wobei V = 2e aus der 2. Josephsonrelation folgt. Damit folgt die Bewegungsdt gleichung der Phasendifferenz ϕ̈ + Q−1 ϕ̇ + sin ϕ = I/Ic (7.7) wobei wir als Zeit die dimensionslose Grösse τ = ωp t mit der Plasmafrequenz ωp = (2eIc /h̄C)1/2 verwenden. Der Qualitätsfaktor Q ist definiert als Q = ωp RC Die Bewegungsgleichung der Phasendifferenz (7.7) hat ein mechanisches Analogon, nämlich die Bewegung eines 1D Teilchens (Koordinate q = ϕ) mit Masse m = (h̄/2e)2 C im gekippten Waschbrett-Potential: U (q) = −EJ cos q − (h̄I/2e)q 87 KAPITEL 7. SUPRALEITUNG Abbildung 7.6: Gekipptes Waschbrettpotential. unter dem Einfluss einer Reibungskraft γmdq/dt mit Reibungskonstante γ = 1/RC. Vgl. Abb. 7.6. Wir berechnen nun die IV Kennlinie eines solchen Kontaktes, bei T = 0, d.h. ohne thermische Fluktuationen. Auch (makroskopische) quantenmechanische Effekte sind in dieser Beschreibung nicht berücksichtigt (ausser natürlich dem Fakt, dass ϕ eine quantenmechanische Ursache hat). Für I < Ic und V = 0 erwarten (und erhalten) wir einen dc JosephsonSuprastrom, der der statischen Lösung ϕ = arcsin(I/Ic ) entspricht. Falls I > Ic , gibt es keine zeitunabhängige Lösung mehr, d.h. das Waschbrettpotential ist so stark verkippt, dass q das Potential hinunterlaufen muss (es gibt keine lokalen Minima mehr!). Wir betrachten hier den überdämpften Fall, Q ≪ 1, d.h. kleine Kapazitäten C, den sogenannten Smoluchowski-Limes. Dann kann der Inertialterm ϕ̈ vernachlässigt werden, und wir erhalten für I > Ic dϕ 2eIc R I = − sin ϕ > 0 dt h̄ Ic Also folgt 2eIc R dϕ = dt I/Ic − sin ϕ h̄ R Integration über eine Periode dt = T = πh̄/eV (mit ωJ = 2π/T ) ergibt Z 0 2π 2πIc R dϕ = I/Ic − sin ϕ V 88 KAPITEL 7. SUPRALEITUNG Abbildung 7.7: IV Kennlinie des RCSJ Modells. Der Quasiteilchenzweig ist hier nur phänomenologisch via R enthalten, und muss noch hinzugefügt werden. Der vertikale Zweig bei V = 0 mit I < Ic entspricht dem dc Josephson Effekt. Das Integral ist elementar ausführbar, und man findet q V (I > Ic ) = R I 2 − Ic2 Beachte: I wird vorgegeben, V ist hier als Mittel über eine Periode definiert! Für I ≫ Ic ergibt sich wieder das Ohm’sche Gesetz. Vgl. Abb. 7.7. Im unterdämpften Fall (hier nicht besprochen), d.h. Q ≫ 1, kommt es zu hysteretischem Verhalten bzw. einem sehr komplexen Verhalten. Aktuelles Forschungsgebiet! Wichtige Anwendung von Josephsonkontakten: SQUID (Superconducting Quantum Interference Device), mit 2 Kontakten in einem Ring kann sehr sensitive Magnetfeldmessung erfolgen. Mechanisches Analogon ist nun ein Doppeltopfpotential ! 7.4 Ungeordnete Supraleiter: DeGennes Gleichung Bogoliubov- BCS Theorie betrachtet saubere Metalle, mit Paarung zwischen (k, ↑) und (−k, ↓). Reale Metalle enthalten Defekte, Verunreinigungen etc., die (i) elastische Streuung verursachen, und (ii) magnetische Verunreinigungen, die Supraleitung 89 KAPITEL 7. SUPRALEITUNG zerstören (hier nicht diskutiert). Wir zeigen im folgenden, dass elastische Streuung an Störstellen Supraleitung nicht zerstört (Anderson, 1959). Die Paarbildung findet hier zwischen zeitumgekehrten Zuständen statt. Zweitquantisierte Formulierung ist nun günstiger im Ortsraum, d.h. mit Feldoperator ψ̂σ (r) und dem selbstkonsistenten komplexen Paarpotential ∆(r) folgt H = + Z dr X σ !2 1 ψ̂σ (r) ∗ 2m ∆(r)ψ̂↑† (r)ψ̂↓† (r) h̄ e ∇− A i c ! ∗ + U (r) − µ ψ̂σ (r) + ∆ (r)ψ̂↓ (r)ψ̂↑ (r) mit dem Potential U (r), z.B. für gegebene Unordnungsrealisierung (über die am Schluss zu mitteln wäre). Bogoliubov Transformation: ψ̂↑ (r) = ψ̂↓ (r) = Xh n Xh † un (r)γn0 − vn∗ (r)γn1 † un (r)γn1 + vn∗ (r)γn0 n i i wobei n die Eigenfunktionen bzw. Energien indiziert. Verallgemeinerung der Bogoliubov Transformation für räumlich inhomogene Systeme. Einsetzen in H: Wähle u, v so, dass H diagonal wird, d.h. H= X † En γn,i γn,i n,i=0,1 Diese Forderung führt auf die Bogoliubov-DeGennes Gleichung: H0 ∆(r) ∆∗ (r) −H0∗ ! ! un (r) vn (r) = En un (r) vn (r) ! Beachte: H0∗ entspricht dem zeitumgekehrten Hamiltonoperator, B → −B. Hier ist der Einteilchen-Hamiltonian (in erstquantisierter Form) 1 H0 = 2m∗ !2 h̄ e ∇− A i c + U (r) − µ Dessen Spektrum sei H0 wn (r) = ǫn wn (r). Im ungeordneten Metall (ohne magnetische Störstellen) haben wir (unbekannte) elektronische Eigenfunktionen, die nicht einfach Blochwellen sind, also Einteilchenwellenfunktionen wn (r) zum Eigenwert ǫn . Der zeitumgekehrte Zustand zu 90 KAPITEL 7. SUPRALEITUNG ∗ wn,↑ (r) ist dann wn,↓ (r) (o.B.), d.h. diese beiden Zustände formen ein CooperPaar, als Verallgemeinerung des sauberen Falles. Beachte: falls ∆ = 0, impliziert BdG Gleichung H0∗ v = −Ev H0 u = Eu, d.h. u beschreibt Elektron, v beschreibt Lochzustand, mit Energien ±E. Paarpotential ist selbstkonsistent aus (V0 > 0 beschreibt Anziehung der Elektronen) E D ∆(r) = V0 ψ̂↑ (r)ψ̂↓ (r) zu bestimmen. Einsetzen der Bogoliubov Entwicklung ergibt nun ∆(r) = V0 X n vn∗ (r)un (r)[1 − 2nF (En )] Elektron- und Loch-Zustände sind durch Paarpotential in selbstkonsistenter Weise gekoppelt! Betrachte nun ungeordneten Supraleiter mit l ≪ ξ (wobei ξ die Kohärenzlänge ist). Auf Skalen ≫ l ist ∆(r) = ∆ homogen (Selbstmittelung!). Unter dieser Annahme lässt sich BdG Gleichung mit Ansatz un (r) = Un wn (r), vn (r) = Vn wn (r) mit reellen Zahlen Un , Vn lösen. Für A = 0 folgt dann ǫn − En ∆ ∆∗ −ǫn − En ! Un Vn ! =0 Dieses Eigenwertproblem führt zu En = q ǫ2n + |∆|2 in analogie zum Standard-BCS Fall. Spektrum, Energielücke und auch Tc bzw. ∆ sind praktisch nur wenig durch elastische Streuer / Unordnung beeinflusst. Kapitel 8 Quanten-Hall-Effekt 8.1 Landau-Niveaus Betrachte 2DEG in konstantem Magnetfeld B in z Richtung (senkrecht auf 2DEG). Wir ignorieren Spineffekte (nur Orbitaleffekt, d.h. LandauMagnetismus), und arbeiten zunächst auf dem Niveau der Effektiven-MasseBeschreibung (Einteilchenbeschreibung). Minimalsubstitution: Man erhält den kinetischen Impuls Π aus dem kanonischen Impuls −ih̄∇ aus e Π = −ih̄∇ + A c Dann ist Hamiltonoperator 1 H= Π2 2m∗ Charakteristische Skalen: Zyklotronfrequenz: ωc = eB m∗ c Magnetische Länge: lB = q h̄c eB 2 Dann gilt mit Flussquant Φ0 = hc/e gerade 2πlB B = Φ0 Klassische Bewegungsgleichungen: e m∗ r̈ = − ṙ × B c ergibt ẍ + ωc ẏ = 0, ÿ − ωc ẋ = 0 Mit komplexer Notation z = x + iy 91 92 KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT kompakt z̈ − iωc ż = 0 Lösung: Klassischer Zyklotronorbit z(t) = C − i v0 iωc t e ωc mit zwei Integrationskonstanten: (komplexwertig) • Schwerpunkt des Orbits C • Radius des Orbits, entspricht Geschwindigkeitsvektor v0 bei t = 0. Klassisch haben wir eine kreisförmige Bewegung um C in der x − y (bzw. komplexen z) Ebene, mit Radius |v0 |/ωc und Frequenz ωc . Zurück zur Quantenmechanik. Kommutatoralgebra: e h̄e e 2 [Πx , Πy ]− = [−ih̄∂x + Ax , −ih̄∂y + Ay ]− = −i (∂x Ay − ∂y Ax ) = −ih̄2 /lB {z } c c c | =(rotA)z =B Daher können wir bosonische Leiteroperatoren a, a† einführen: lB a† = √ (Πx + iΠy ) 2 h̄ mit [a, a† ]− = 1, [a, a]− = [a† , a† ]− = 0, da 2 2 lB lB [Π − iΠ , Π + iΠ ] = i [Πx , Πy ] = 1 x y x y − 2h̄2 h̄2 Also gilt H = h̄ωc (a† a + 1/2) harmonischer Oszillator, Eigenenergien sind Landauniveaus En = h̄ωc (n + 1/2), n = 0, 1, 2, . . . Diskretes Spektrum, statt h̄2 (kx2 + ky2 )/2m∗ für B = 0. Jedes Landau-Niveau Schwerpunktsoperator ist hochgradig C =z+ nicht in H auftaucht! entartet, i(Πx + iΠy ) m∗ ωc da der Zyklotron- 93 KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT Kommutatoralgebra: Mischterme in z und Π heben sich genau weg, daher [Cx , Cy ]− = − 1 ∗ m ωc 2 2 [Πx , Πy ]− = ilB Es gibt also einen zweiten bosonischen Leiteroperator b† = 1 √ (Cx + iCy ) lB 2 der der Schwerpunktsbewegung entspricht. Es gilt [b, b† ]− = 1, [b, b]− = [b† , b† ]− = 0 und [a, b† ]− = [a, b]− = 0 Insbesondere ist [b, H]− = 0, da H nicht von den b Operatoren abhängt. Eigenzustände lassen sich nun durch n (Landau-Niveau-Index) und m (Eigenwert von b† b) numerieren, wobei n, m = 0, 1, 2, . . . |n, mi = (a† )n (b† )m √ |0, 0i n!m! mit Energie Enm = h̄ωc (n + 1/2) (unabh. von m). Ortsraumdarstellung: erfordert Wahl der Eichung. Hier: Landau-Eichung, A = (0, Bx, 0), also " e 1 p2x + py + Bx H= ∗ 2m c 2 # mit kanonischem Impuls pi = −ih̄∂xi Eigenfunktionen: φ(x, y) ∼ eiky y χ(x) mit h̄2 d2 χ(x) m∗ ωc2 2 2 − ∗ + (x + ky lB ) χ(x) = Eχ(x) 2 2m dx 2 Für gegebenes ky entspricht dies verschobenem harmonischem Oszillator, mit 2 Minimum bei X = −ky lB . Eigenfunktionen: Quantenzahlen n = 0, 1, 2 . . . und ky , mit Hermite Polynomen Hn folgt 2 2 φn,ky (x, y) ∼ eiky y e−(x−X) /2lB Hn [(x − X)/lB ] d.h. ebene Welle in y Richtung und Gauss-lokalisierte Funktion in x, zentriert 2 um X = −ky lB . (Für diese Wahl der Eichung!) KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT 94 Entartungsgrad eines Landauniveaus Berechne Ns = Zahl der entarteten Zustände pro Landauniveau: Wir betrachten Probe mit Rechteckgeometrie Lx × Ly und periodischen Randbedingungen. Für Landau-Niveau En = h̄ωc (n + 1/2) liegt n in φn,ky fest, aber ky kann noch variieren, wobei ky = −2πny /Ly mit ganzzahligem ny . Dabei muss 2 2πny lB 0≤X= ≤ Lx Ly gelten, d.h. 0 < ny ≤ Ns mit Ns = Lx Ly 2 2πlB 2 Mit Φ0 = hc/e, lB = h̄c/eB und magnetischem Fluss Φ = BLx Ly können wir dies schreiben als Φ Ns = Φ0 Entartungsgrad eines Landauniveaus ist durch magnetischen Fluss in Einheiten des Flussquantums gegeben. Füllfaktor Bei gegebener 2D Elektronendichte n̄, bzw. Elektronenzahl N = n̄Lx Ly , werden nun ν = N/Ns Landauniveaus gefüllt sein. ν ist der Füllfaktor: ν= N 2 = 2πlB n̄ Ns 2 Jedes gefüllte Landau-Niveau entspricht damit einer Dichte 1/(2πlB ). Bei Erhöhen von B wird diese Dichte linear ansteigen! Beispiele: • Für ν = 1 ist das unterste Landau Niveau gerade gefüllt, und alle höheren unbesetzt. • Falls ν < 1, ist das unterste Landau-Niveau nur teilweise gefüllt. Hier kommt es zum fraktionalen QHE. • Für ν = 5/2 sind zwei Landau-Niveaus ganz gefüllt, das dritte halb. Hier kommt es zu einem exotischen QHE mit nichtabelschen Quasiteilchen (aktuelle Diskussion, von Interesse für topologische Quantencomputer) Zustandsdichte (T = 0) entspricht dann einer Sequenz von δ Peaks bei E = En mit Höhe Ns . Dies führt zu “klassischen” Bulk-Phänomenen in makroskopischen Proben: Shubnikov-De Haas Oszillationen im Magnetowiderstand. Hier konzentrieren wir uns auf den Quanten-Hall-Effekt (QHE). KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT 8.2 95 Ganzzahliger Quanten-Hall-Effekt Betrachte Hall Geometrie, siehe Abb. 8.1. Abbildung 8.1: Hallgeometrie. Im senkrechten Magnetfeld B bildet sich die Hallspannung eVH = µA − µB , während die Transportspannung eV = µL − µR einen Strom I durch die Probe treibt. Hallwiderstand: RH = VH /I Hall-Leitwert: GH = 1/RH Klassische Rechnung (Drude) liefert (ohne Herleitung, findet sich in jedem elementaren Lehrbuch der Festkörperphysik) klass RH = bzw. Gklass = H B n̄ec e2 n̄ec = ν B h direkt proportional zum Füllfaktor ν Beobachtet wird bei tiefen Temperaturen aber ultra-präzise Quantisierung in GH (ν) (von Klitzing 1980, Nobelpreis 1985) bei ganzzahligen GH = N e2 /h. Der longitudinale Widerstand verschwindet dabei auf den Plateaus. Schematisch: siehe Abb. 8.2. Ganzzahliger QHE Randzustände Der IQHE kann elegant über das Randzustandsbild (Büttiker, 1986) erklärt werden. In x Richtung (siehe Abb. 8.1) muss der Hall-Bar ja bei x = ±Lx /2 begrenzt KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT 96 Abbildung 8.2: Ganzzahliger Quanten-Hall-Effekt (IQHE) (schematisch). Bei ν < 1 kommt es zur Quantisierung bei rationalen ν = p/q (p < q ganzzahlig), dem fraktionalen Quanten-Hall Effekt (FQHE) (nicht gezeichnet). sein, d.h. es liegt ein Einschnürpotential vor, welches die Landauniveaus vom bulk Wert En nach oben biegt, En → En (x), siehe Abb. 8.3. Solange EF 6= En (bei EF = En kommt es grad zum Übergang zwischen Plateaus, soll hier nicht diskutiert werden), sind die einzigen Zusände bei der Fermienergie am Rand: Randzustände propagieren. Für Abb. 8.3 gibt es drei rechts- und drei linkslaufende Zustände, die räumlich getrennt sind (unterer bzw. oberer Rand). Siehe Abb. 8.4. Randzustände haben klassisches Analogon: Skipping Orbits. Im Bulk gibt es dagegen nur geschlossene Zyklotronorbits, kein Transport, Isolator (Energielücke!). Analogie zum 1D Quantendraht, aber wichtiger Unterschied ist durch räumliche Trennung von rechts/links-laufenden Zuständen gegeben. Daher gibt es (selbst bei nicht perfekten Rändern) keine Streuung von L → R oder R → L Läufern (d.h. keine Rückstreuung). Dies erklärt die hochpräzise Quantisierung im QHE, während Punktkontaktquantisierung (bzw. in Quantendrähten) nur recht ungenau erfüllt ist. Berechnung des Hall-Leitwerts: Hall Spannung ist eVH = µL −µR , da die L Läufer vom Reservoir mit µR kommen, d.h. µR = µA . Entsprechend µB = µL . 97 KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT Abbildung 8.3: Verbiegung der Landauniveaus in einer Hallprobe. Siehe Text. Strom I folgt dann aus Landauerformel, wie im 1D Draht. Nur Randzustände tragen den Strom, d.h. bei N Moden (in Abb. 8.3, N = 3) e I = N (µL − µR ) h Also e2 I =N VH h wieder quantisiert, mit von-Klitzing Konstante! Mit Spin: Zusatzfaktor 2. GH = Das Plateau N tritt grade bei N −1/2 < ν < N +1/2 auf (wobei Rundungseffekte z.B. durch thermische Effekte den Bereich ggf. verkleinern). QHE wird in Metrologie zur Definition des Widerstands benutzt. 8.3 Fraktionaler Quanten-Hall-Effekt Betrachte nun ν < 1, d.h. alle Elektronen sind im niedrigsten (partiell gefüllten!) Landau-Niveau. Dann ist die kinetische Energie konstant (d.h. für alle möglichen Anordnungen gleich), hochgradige Entartung kann nur durch Wechselwirkungseffekte gebrochen werden, e2 H = P̂0 P̂0 j<k |rj − rk | X KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT 98 Abbildung 8.4: Randzustände in der Hallprobe. wobei P̂0 auf das niedrigste Landauniveau projiziert. 2 Jetzt werden Plateaus bei GH = pq eh beobachtet (FQHE), wobei p < q natürliche Zahlen sind. (Tsui, Störmer, Laughlin, Nobelpreis 1998) Theoretische Erklärung? Analytische Lösung von H|Ψi = E|Ψi ist nicht bekannt. Störungstheorie unmöglich: es gibt keinen kleinen Entwicklungsparameter. Allgemein akzeptierte Theorie (mikroskopisch allerdings nicht sehr gut verstanden, ausser durch numerische Rechnungen) basiert auf dem Bild der Composite Fermions (CF) von Jain (siehe: J. Jain, Physics Today, April 2000, Seite 39) Grobe Struktur dieser Theorie: Man kann stark wechselwirkende Elektronen im starken Magnetfeld B durch eine sogenannte Chern-Simons-Transformation äquivalent ausdrücken als schwach wechselwirkende (bzw. nicht-wechselwirkende) CFs in schwachem Magnetfeld B ∗ . Ein CF ist dabei anschaulich als ein Elektron plus 2p (p = 1, 2, . . .) angeklebte Flussquanten (unendlich dünne masselose magnetische Solenoide, mit Fluss Φ0 entgegen B) zu verstehen. Ein CF ist demnach ein gebundender Zustand eines Elektrons mit 2p Flussquanten, hat fermionische Statistik, mit Ladung e und Spin 1/2. Auch Aharonov-Bohm Phasenfaktoren e2πiΦ/Φ0 bleiben unverändert, da jeder angeklebte Fluss-Schlauch Φ0 trägt. Neues Magnetfeld (das auf CFs wirkt): B ∗ = B − 2pn̄Φ0 Dieses Feld entspricht dem gesamten magnetischen Fluss der auf CFs wirkt. KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT Mit n̄ = νB/Φ0 folgt 99 B ∗ = (1 − 2pν)B Wir können damit einen Füllfaktor ν ∗ für CFs definieren ± 1 1 = (1 − 2pν) ∗ ν ν (plus/minus, da B ∗ positiv oder negativ sein kann) Der echte Füllfaktor ν ist also durch den Füllfaktor für CFs ausgedrückt als ν∗ 2pν ∗ ± 1 ν= Bei B = 0 bilden Elektronen Fermisee (EF ), bei B > 0 dagegen Landau-Niveaus. Betrachte nun CFs: Bei ν = 1/2 ist B ∗ = 0, d.h. CFs bilden Fermi See. Dann sollte metallischer Zustand ohne QHE vorliegen, Fermi-Flüssigkeit. Experimentell beobachtet! In der Nähe von ν = 1/2 liegen die klassischen Niederfeld-Phänomene vor (Shubnikov-De Haas Oszillationen, Zyklotronresonanz), aber für CFs! Der reduzierte Entartungsgrad der CFs legt nun nahe, dass CFs allgemein viel schwächere Wechselwirkungseffekte zeigen. Das Einfangen von 2p Flussquanten durch die Elektronen beschreibt in effizienter Weise den Abschirmungseffekt der Wechselwirkung im starken Magnetfeld, d.h. der Hauptteil der Wechselwirkung ist kodiert in der Formation der CFs! Vernachlässigen wir die Rest-Wechselwirkung, folgt bereits einfache Erklärung vieler fraktionaler Plateaus: FQHE = IQHE der CFs Falls ν ∗ = n, d.h. CFs haben n besetzte (gefüllte) Quasi-Landau-Niveaus und zeigen daher IQHE, gilt für das Elektronensystem ν= n 2pn ± 1 Dies sind die Plateaus mit ungeradem Nenner! Diese Formel erklärt bis auf ν = 5/2 alle bekannten FQHE Plateaus (ca. 30 an der Zahl!) Bemerkung: Bei ν = 5/2 erklärt man das Plateau durch eine Cooper-Instabilität der CFs, d.h. eine supraleitende Phase der CFs mit p-Wellen-Symmetrie übersetzt sich in den FQHE der Elektronen! Experimentell beobachtet, aber fragil. Laughlin-Wellenfunktion (Nobelpreis 1998) Der Vielteilchen-Zustand der Elektronen (ohne Spin) bei ν = n/(2pn + 1) kann nun geschrieben werden als (z = x + iy) Ψν ∼ Φν ∗ N Y j<k=1 (zj − zk )2p 100 KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT Dabei ist Φν ∗ die Slaterdeterminante der nichtwechselwirkenden CFs im Magnetfeld B ∗ (gebildet aus den oben diskutierten Landau-Eigenfunktionen!), und (o.B.) das Produkt beschreibt den Effekt der angeklebten Fluss-Schläuche (Vortices). Bei n = 1 und p = 1 folgt Laughlin’s Wellenfunktion für ν = 1/3: Ψν=1/3 ∼ Y j<k (zj − zk )3 e− P i 2 |zi |2 /2lB entspricht einem gefüllten Landau-Niveau von CFs. Coulomb-WW treibt Teilchen auseinander (bei ν = 1 wäre Wellenfunktion statt Exponent 3 mit Exponent 1). Komplett antisymmetrisch unter Teilchenaustausch! Fraktionale Ladung Die elementaren Anregungen eines FQH-Fluids haben fraktionierte Ladung e∗ = e/(2pn ± 1) (da kollektives Vielteilchensystem). Entsteht als Summe der intrinsischen Ladung e und einer Abschirmladung durch die angehängten Flussquanten. Dabei liegt auch Anyonen-Statistik (nur in 2D erlaubt) vor, d.h. die emergenten Teilchen sind weder Fermionen noch Bosonen! Aktuelles Forschungsgebiet!