du und das tier Tierschutz aus erster Hand SONDERDRUCK Rinder als Klimasünder? Wie Tierschutz den Wandel stoppen kann DÜNGEMITTEL INTENSIVE TIERHALTUNG FUTTERMITTEL Klimawirksame Gase entweichen Steigender Wasserverbrauch Waldflächen werden vernichtet DUDT_Sonderdruck_Klima.indd Abs1:1 25.11.2008 16:29:57 Uhr [ K L I M AW A N D E L UND TIERSCHUTZ] Waldflächenrodung, Wasserverschwendung, Futterimporte Klimasünder Land Die Gefahren und Folgen der globalen Erwärmung gehören zurzeit zu den dominier Temperaturwerte und eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Naturkatastrophen lenken wie aktuelle Berichte von Wissenschaftlern, welche die Datenlagen genauestens an Treibhauseffekt dokumentieren. Doch nicht nur die bekannten Übeltäter Transportwesen aus. Auch die Nutztierhaltung mit all den mit ihr zusammenhängenden Strukturen trägt DUDT_Sonderdruck_Klima.indd Abs1:2 25.11.2008 16:30:02 Uhr enden Themen in den Medien. Abnorme unsere Aufmerksamkeit genauso auf das Weltklima alysieren und die Beteiligung des Menschen am und Industrie üben einen negativen Einfluss auf das Klima nachweislich zum Klimawandel bei. Beim Austragen von Gülle aus intensiver Viehwirtschaft und beim Ausbringen von Düngemitteln auf intensiv genutzten Ackerflächen gelangen verschiedene klimawirksame Gase in die Atmosphäre. Die „rülpsenden“ Kühe machten im letzten Jahr als Klimakiller Schlagzeilen. dern noch ganz andere Faktoren der Landwirtschaft. Zum einen werden klimaschädliche Gase durch Gülle, Düngemittel und Verdauungsvorgänge von Nutztieren ausgestoßen (siehe Kasten Seite 13), zum anderen tragen der hohe Wasser- und Energieverbrauch, einseitige Bewirtschaftungsformen und Brandrodungen für Weide- und Futteranbauflächen zu einer Veränderung des Klimas bei. Wassernutzung und -verschmutzung Eine einzelne Hochleistungsmilchkuh trinkt am Tag bis zu 170 Liter Wasser. Insgesamt verbrauchen Nutztiere derzeit 8% des global verfügbaren Trinkwassers. Sie zählen weltweit zu den größten Wassernutzern. Neben dem Eigenverbrauch der Tiere werden du und das tier Sonderdruck 3 DUDT_Sonderdruck_Klima.indd Abs1:3 TITELFOTOS: FOTOLIA,/PHOTOFRANCK, AGRARFOTO (2), WWW.ISTOCKPHOTO; FOTOS: AGRARFOTO d wirtschaft F ür viele klang die Meldung der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) überraschend: In dem Bericht „Der lange Schatten der Viehwirtschaft“ wurde verkündet, dass die Nutztierhaltung mit einem Anteil von 18% mehr klimawirksame Gase produziert als das gesamte Transportwesen zu Lande. Damit gehört der Nutztiersektor neben Industrie und Transportwesen zu den drei bedeutendsten Verursachern der schwerwiegendsten Umweltprobleme! Der Nachricht im November 2006 folgten Zeitungsüberschriften wie „Klimakiller Kuh“ oder „Abgasfilter für rülpsende Rinder“, wobei die Sachlichkeit und das Tier selbst zeitweise aus den Augen verloren wurden. Was verbirgt sich hinter den von der FAO aufgeführten 18%? Natürlich nicht nur die „Rülpser der Rinder“, son- ▶ 25.11.2008 16:30:10 Uhr [ K L I M AW A N D E L UND TIERSCHUTZ] der wie z.B. Brasilien exportiert. Das Futter, mit dem die in Europa gehaltenen Tiere ernährt wurden, stammt jedoch zu einem großen Teil aus Brasilien. Die europäischen Landwirte ernähren ihre Tiere also mit Futter aus anderen Kontinenten, um dann die überzähligen Tierprodukte in die gleichen Länder abzugeben. Rückgang der Artenvielfalt Bis zu 170 Liter Wasser pro Tag trinkt eine Hochleistungsmilchkuh; dazu kommt der Wasserverbrauch für den Futteranbau. auch bedeutende Wassermengen für die Produktion von Nutztierfutter verwendet. Um ein Kilogramm Rindfleisch zu erhalten, benötigt man ca. 15.000, für ein Kilogramm Getreide nur 450 Liter Wasser. In vielen Regionen der Welt herrscht bereits Wasserknappheit, und die zu erwartende Erderwärmung wird diesen Prozess noch verstärken. Nicht nur Flüsse und Wasserreservoire werden austrocknen, sondern auch Gletscher verschwinden, die bisher kontinuierlich für Wassernachschub sorgen. Zusätzlich zum hohen Verbrauch trägt die Nutztierhaltung durch tierische Abfälle, Antibiotika, Hormone, Chemikalien, Düngemittel und Pestizide zur Wasserverschmutzung und Korallenriffzerstörung bei. Futtermittelimporte Futter für Nutztiere wird kaum noch regional angebaut. Der Hauptteil wird von weit her antransportiert. Nach Deutschland importierte Futtermittel kommen fast zur Hälfte aus dem nicht-europäischen Ausland. Brasilien z.B. produziert 26% der weltweit gehandelten Sojabohnen und exportiert diese größtenteils nach Europa. Zum einen verursachen die Transporte klimaschädliche Emissionen. Ebenso problematisch ist aber, dass das Tierfutter oft aus Gebieten stammt, in denen vorher Wälder gerodet wurden, um Platz für Anbauflächen zu schaffen. Nicht nur Futtermittel, sondern auch lebende Tiere, Eier, Sperma und Fleisch werden durch die ganze Welt transportiert. So werden tierische Erzeugnisse wie Fleisch oder Milch als „Überschüsse“ der EU in andere Län- Nutztiere bilden ca. 20% der gesamten Biomasse der Erde. Die intensive Grünlandnutzung der industrialisierten Landwirtschaft und der Anbau von Futtermitteln für Nutztiere in riesigen Monokulturen führen zu einem Verlust der Artenvielfalt. So ist inzwischen in Stadtgebieten ein höherer Tier- und Pflanzenreichtum zu finden als auf dem Lande. In Deutschland sind 91 der amtlich festgehaltenen 198 Lebensraum-Typen durch diese Art der Landwirtschaft bedroht. Zusätzlich führt die einseitige Hochleistungszucht dazu, dass nur noch wenige für die Intensivtierhaltung geeignete produktive Hybridlinien gezüchtet werden und alte robuste Haustierrassen in Vergessenheit geraten. Nur noch vier Konzerne versorgen die Welt mit Zuchtmaterial für Legehennen, Masthühner und Puten. Die Zuchtlinien von Schweinen liegen in der Hand von drei Firmen. In Deutschland liefern nur noch vier Schweinerassen 99% aller Schweine. Ein Rückgang der Artenvielfalt im Nutztierbereich ist dabei unumgänglich. Bedarf an Weideflächen für Nutztiere Ca. 30% der gesamten eisfreien Landfläche der Erde wird als Weideland für die Nutztierhaltung, zusätzlich 33% Prognosen Weltweite Fleischproduktion 2001 229 Millionen Tonnen 2050 (Schätzungen) 465 Millionen Tonnen Weltweite Milchproduktion 2001 580 Millionen Tonnen 2050 (Schätzungen) 1.043 Millionen Tonnen der weltweiten Anbauflächen zur Futtergewinnung verwendet. Dafür werden großflächig Wälder abgeholzt. Nach einem von der Weltbank 2003 veröffentlichten Bericht wurden bis zu 88% der abgeholzten Flächen am Amazonas zu Weideland für Rinder umgewandelt, der Rest dient dem Futtermittelanbau. Schätzungen zufolge werden in 20 Jahren ca. 40% der tropischen Regenwälder zerstört sein. Doch diese „grünen Lungen“ werden benötigt, um den hohen Ausstoß von CO2 in die Atmosphäre zu binden. Die beschriebenen Szenarien werden noch zunehmen, da die Weltbevölkerung stetig anwächst. Die Zunahme des weltweiten Fleisch- und Milchkonsums wird zwar zum größten Teil in den Entwicklungsländern stattfinden, der Pro-Kopf-Verbrauch von Fleisch wird aber weiterhin in den Industrieländern um ein Vielfaches höher sein. Sind Rinder die Hauptklimasünder? 99% aller Schweine in Deutschland entstammen vier Zuchtrassen, deren „Erbmaterial“ drei Firmen gehört. Beim Verdauungsvorgang von Wiederkäuern wird durch im Pansen lebende Bakterien Methan freigesetzt. Die Mengen an pro Tier abgegebenem Methan variieren. In Deutsch- 4 du und das tier Sonderdruck DUDT_Sonderdruck_Klima.indd Abs1:4 25.11.2008 16:30:17 Uhr Riesige Waldflächen werden gerodet, um Weide- und Anbauflächen für die Rinderhaltung zu schaffen. Zudem werden bei der Rinderhaltung in der konventionellen Landwirtschaft beim Futtermittelanbau hohe Mengen an Düngemitteln verwendet, bei deren Herstellung viel CO2 freigesetzt und Energie verbraucht wird. Des Weiteren werden aus Gülle und Mist Ammoniak und Methan in die Luft abgegeben. Nach Ausbringung auf die Felder gelangen Stickstoff-, Nitrat- und Phosphorverbindungen in den Untergrund, tragen zur Versauerung des Bodens und der Gewässer bei und fördern das Absterben von Wäldern. Abgasfilter für rülpsende Rinder? Um die Methanemissionen von Wiederkäuern zu verringern, verfolgen Wissenschaftler unterschiedliche Übersicht: Klimawirksame Gase Die Landwirtschaft ist maßgeblich am Ausstoß der klimawirksamen Gase Methan, Distickstoffmonoxid, Kohlenstoffdioxid und Ammoniak beteiligt. ■ Methan (CH4) ist ein farb- und geruchloses Gas, das unter anderem Hauptbestandteil von Erdgas ist, aber auch beim Verdauungsvorgang von Wiederkäuern freigesetzt wird. Nach Kohlenstoffdioxid ist es das bedeutendste von Menschen freigesetzte Treibhausgas, wobei es ein 20- bis 30-mal stärkeres Klimagas als Kohlendioxid ist. Weltweit werden schätzungsweise 500 Millionen Tonnen Methan emittiert, etwa 70% davon sind auf den Menschen zurückzuführen. 37% dieser durch den Menschen induzierten Methan-Produktion entstammt hauptsäch- Rund 102 kg Methan setzt eine Hochleistungskuh pro Jahr frei. für den durch den Menschen verursachten Treibhauseffekt verantwortlich. 78% der CO2-Emissionen sind Folgen lich der Wiederkäuerverdauung, aber auch Ausdünstungen aus der Gülle. der Nutzung fossiler Brennstoffe, der Rest hingegen resultiert aus veränderter Landnutzung, wie z.B. Rodungen für ■ Distickstoffmonoxid (N2O, Lachgas) wird in der Medizin zu Narkosezwecken genutzt, findet aber auch beispielswei- Weideflächen. Die Landwirtschaft hat ohne Berücksichtigung der Atmung zu 9% Anteil am CO2-Ausstoß. se bei der Antriebstechnik von PKWs Verwendung. Freigesetzt in die Atmosphäre wird N2O unter anderem bei ■ Ammoniak (NH3) ist eine chemische Verbindung von Stickstoff und Wasserstoff. Es ist ein stark stechend der Verbrennung fossiler Rohstoffe und beim Einsatz von künstlichem Dünger. Es trägt in der Atmosphäre zum Abbau von Ozon bei und ist deswegen mit einer mittleren atmosphärischen Verweilzeit von 100 Jahren und einem relativ hohen molekularen Treibhauspotenzial ein klimarelevantes Gas (N2O hat 296- riechendes, farbloses und giftiges Gas, das Böden versauert, mit Stickstoff belastet und zu direkten Schäden an der Vegetation führen kann. Als eines der wichtigsten und häufigsten Produkte der chemischen Industrie wird Ammoniak unter anderem als Ausgangsstoff für die Herstellung von Stickstoffdünger verwendet, es entsteht aber auch, wenn Eiweiß oder Harnstoff in den Exkrementen von Nutztieren zersetzt wird. 64% der durch den Menschen verursachten Ammoniak-Emissionen stammen aus der Landwirtschaft und dabei vornehmlich aus der Nutztierhaltung. Die deutsche Landwirtschaft produzierte im Jahr 2005 23 Millionen Tonnen Methan, 41 Millionen Tonnen Lachgas und 44 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Damit hatten Emissionen aus der Landwirtschaft einen Anteil von rund 11% (ausgedrückt in CO2- mal so viel Erderwärmungspotenzial wie CO2). Sein Beitrag zum vom Menschen verursachten Treibhauseffekt beträgt etwa 5%. Die Landwirtschaft ist zu 65% an diesen Emissionen beteiligt. ■ Kohlenstoffdioxid, Kohlendioxid (CO2) ist ein natürlicher Bestandteil der Luft und entsteht bei Verbrennungsvorgängen sowie beim Zersetzen organischer Substanzen. Durch den hohen CO2-Ausstoß in den letzten Jahrzehnten wurde das natürliche Kohlenstoffgleichgewicht der Erde gestört. Kohlenstoffdioxid wird durch seine speziellen Eigenschaften zum bedeutsamsten Treibhausgas und ist zu mehr als 50% Äquivalenten) an den Gesamtemissionen Deutschlands. FOTOS: WWW.ANIMALS-DIGITAL.DE, ISTOCKPHOTO, AGRARFOTO, PHOTOS.COM, F. SCHMUTZER land produzierte eine Milchkuh im Jahr 2002 durchschnittlich 102,7 kg Methan. Global fallen jährlich etwa 260 Millionen Tonnen Methan an, wobei 86 Millionen der Verdauung von Wiederkäuern entstammen. In Deutschland tragen Wiederkäuer im Gegensatz zu Ländern mit großen Rinderbeständen, wie Argentinien oder Brasilien, nur mit etwa 2% zum Treibhausgasaufkommen bei. Doch nicht nur der Methanausstoß der Rinder ist problematisch, sondern auch der Energieaufwand für die Erzeugung von Milch und Rindfleisch. Der größte Teil der Energie, der von Rindern über die pflanzliche Nahrung aufgenommen wird, geht wieder verloren. Um ein Kilo Gewicht zuzulegen, muss ein Rind bis zu 6 kg Futter verzehren. Davon könnten mehr Menschen ernährt werden als von dem 1 kg Fleisch, das so erwirtschaftet wird. du und das tier Sonderdruck 5 ▶ DUDT_Sonderdruck_Klima.indd Abs1:5 25.11.2008 16:30:19 Uhr [ K L I M AW A N D E L UND TIERSCHUTZ] Ansätze und Ideen. Eine setzt bei der Futterzusammensetzung an. Methan wird v. a. beim Abbau rohfaserhaltiger Futtermittel wie Heu, Stroh und Silage gebildet. Aus dieser Erkenntnis bildete sich die Theorie, dass Wiederkäuer wie Nichtwiederkäuer ernährt werden sollten, um den Methanausstoß zu begrenzen. Eine solche Ernährung steht aber völlig im Gegensatz zur anatomischen und physiologischen Veranlagung von Wiederkäuern und ist aus gesundheitlichen, aber auch aus Tierschutzaspekten inakzeptabel. In der Diskussion sind auch komplett geschlossene Ställe, in denen Nutztiere völlig von der Umwelt abgeschirmt gehalten werden. Die entstehenden Ausdünstungen sollten durch besondere Filtersysteme aufgenommen werden, sodass keine Schadgase in die Umwelt gelangen. Eine solche Haltungsform ist keineswegs tiergerecht. Aus Tierschutzsicht gehören Tiere ins Freiland und nicht lebenslang in Ställe eingesperrt. Weitere Ansätze reichen von der Zugabe von Verdauungsenzymen, Fettquellen, Futterzusatzstoffen oder Tabletten bis hin zur Suche nach genetischen Angriffspunkten im Genom der Pansenmikroben. Auch eine Impfung gegen Methan bildende Einzeller und Bakterien wurde in Australien schon untersucht. Fleischproduktion Anteile der Wiederkäuer am weltweiten Methanausstoß 33 % Wiederkäuer 67 % Restliches Methan Die meisten Fleischrinder werden in Südamerika gezüchtet. Tierschutz ist Klimaschutz! Der ökologische Landbau leistet aufgrund geringeren Tierbesatzes, moderater Leistung der Tiere, dem Verzicht auf synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel sowie weitgehend geschlossener Betriebskreisläufe bedeutende Beiträge zum Klimaschutz. Bei einer extensiven Tierhaltung gelten genaue Vorgaben an die Anzahl von Tieren, die auf einem Hektar Land gehalten werden dürfen (z.B. schreibt die EU-Ökoverordnung maximal 14 Mastschweine pro Hektar vor). Bei einer artgerechten Haltung werden Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine auf Einstreu gehalten. Die Exkremente der Tiere werden von der Einstreu aufgefangen. Dieser Festmist verbreitet niedrigere Methan- und Ammoniak-Emissionen als reine Gülle. Untersuchungen haben ergeben, dass ökologische Betriebe beim Pflanzenbau bis zur Hälfte weniger Energie pro Hektar benötigen als konventionelle. Also produzieren ÖkoBetriebe pro Hektar auch nur halb so viel Treibhausgase. Zusätzlich bindet der Boden bei ökologischer Bewirtschaftung als Folge schonender Bodenbearbeitung, Stallmistdüngung und humusmehrender Fruchtfolgen 12–15% mehr Kohlenstoff – die Menge an CO2 in der Luft wird reduziert. Die Böden passen sich besser an Auswirkungen des Klimawandels an und speichern mehr und länger Wasser. Weltweit fließen jährlich ca. 90 Millionen Tonnen Erdöl in die Düngerherstellung für den konventionellen Landbau und setzen 250 Millionen Tonnen CO2 frei. Im ökologischen Landbau werden keine synthetischen Düngemittel verwendet. Eine Umstellung der Landwirtschaft auf Ökolandbau könnte in Deutschland eine Reduzierung von 65% der von der Landwirtschaft produzierten klimawirksamen Gase bedeuten. Besonders vorteilhaft für den Erhalt einer Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten ist die Haltung robuster Nutztiere in ganzjähriger Freilandhaltung auf Gelände, das sowohl von Wald als auch von offenen Weiden geprägt ist. Am 9. GEOTag der Artenvielfalt 2007 wurden auf einem solchen 2.500 ha großen Ge- lände in Thüringen, auf dem 500 Pferde und 1.500 Rinder gehalten werden, mehr Arten als je bei einem GEO-Tag zuvor gefunden (2.475 Spezies). Wichtig sind eine Tierbesatzdichte von maximal einer Großvieheinheit pro Hektar sowie die ganzjährige Freilandhaltung, damit die Tiere im Winter auch Eichen und Buchentriebe abfressen sowie andere nicht so attraktive Pflanzen und damit Verbuschung vorbeugen und anderen konkurrenzschwachen Pflanzen den Wuchs ermöglichen. Durch diese „Nichts wird die Chance auf ein Überleben auf der Erde so steigern wie der Schritt zur vegetarischen Ernährung.“ (Albert Einstein) Art Nutztierhaltung entstehen unterschiedlichste Landschaftstypen. Sie bieten zahlreichen Spezies, die in Deutschland zunehmend verschwinden, neuen Lebensraum. Was tut die Politik? Im Frühjahr 2007 haben die Staats- und Regierungschefs der EU einvernehmlich beschlossen, die Treibhausgasemissionen der EU bis 2020 um 20% zu senken. Laut Umweltminister Sigmar Gabriel sollen die durch die Landwirtschaft entstehenden Gase um insgesamt 40 Millionen Tonnen verringert werden. Um das zu erreichen, sollen Stickstoffeinträge in Böden verringert sowie Methanemissionen aus Wirtschaftsdünger und generell Energie einspart werden, z.B. durch nachwachsende Rohstoffe. Auch der Prozess hin zur Extensivierung der Landwirtschaft und zu geringeren Tierzahlen soll unterstützt werden. Leider ist von einer Extensivierung bislang nichts zu spüren. Propagiert wird die Steigerung der Produktivität und Wett- 6 du und das tier Sonderdruck DUDT_Sonderdruck_Klima.indd Abs1:6 25.11.2008 16:30:20 Uhr Was können Tierfreunde zum Klimaschutz beitragen? Wie Albert Einstein schon vor Jahrzehnten richtig festgestellt hat, ist die konsequenteste Maßnahme für den Klimaschutz auch heute der Verzicht auf Fleisch und andere tierische Erzeugnisse, also die vegane bzw. zumindest vegetarische Lebensweise. Auch wenn nicht jeder diese Konsequenz aufbringt, gibt es dennoch für jeden Einzelnen Möglichkeiten, bei der Ernährung einen persönlichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten: ■ Verzichten Sie häufiger auf Fleisch und andere tierische Erzeugnisse (Joghurt, Käse, Eier). ■ Seien Sie bereit, mehr für tierische Erzeugnisse zu zahlen. Damit ermöglichen Sie eine klimafreundlichere extensive Landwirtschaft. ■ Kaufen Sie Lebensmittel, die aus artgerechter und umweltschonender Nutztierhaltung stammen, wie z.B. Fleisch vom NEULAND-Verein für tiergerechte und umweltschonende Nutztierhaltung (www.neuland-fleisch.de). ■ Achten Sie auf Regionalität! Regionale Erzeugnisse vermeiden lange Transportwege. ■ Achten Sie auf Saisonalität! Saisonal im Freiland gezogenes Obst und Gemüse ist weniger klimabelastend als in Treibhäusern erzeugtes. ■ Meiden Sie Tiefkühlprodukte, denn diese benötigen bei der Verarbeitung, beim Transport, bei der Lagerung und Aufbereitung große Mengen an Energie. H E N R I E T T E M AC K E N S E N Die Kli ma-Al l i an z Der Deutsche Tierschutzbund ist der Klima-Allianz beigetreten, um gemeinsam mit diesem Verbund aus Vertretern der Kirche und der Entwicklungs- und Umweltorganisationen den Forderungen zu einem wirksamen Klimaschutz Nachdruck zu verleihen. Weitere Informationen zur Klima-Allianz finden Sie unter www.die-klima-allianz.de Konventionelle Landwirtschaft Wie die Nutztierhaltung dem Klima schadet ■ Die Nutztierhaltung produziert mit ■ Durch tierische Ausscheidungen, einem Anteil von 18% mehr klimawirksame Gase als das gesamte Trans- Antibiotika, Hormone, Düngemittel und Pestizide wird Wasser verschmutzt, portwesen zu Lande. und Korallenriffe werden zerstört. ■ Eine Kuh setzt während des Verdau- ■ Als Futter wird für Nutztiere häufig ungsvorganges im Jahr 102 kg des klimawirksamen Gases Methan frei. Soja aus dem Ausland importiert. Das bedeutet nicht nur lange Trans- ■ Um 1 kg Gewicht bei einem Mast- portwege, sondern auch die Rodung von u.a. Regenwald, was wiederum rind zu erhalten, müssen 5–6 kg Futter verfüttert werden. Bei der Schlachtung wird aber nur die Hälfte des Tieres für den Verzehr verwendet. Dabei geht viel aufgewendete Energie verloren. ■ Nutztiere verbrauchen 8% des global verfügbaren Trinkwassers und zählen somit zu den größten Wassernutzern weltweit. Um ein Kilogramm Rindfleisch zu erhalten, benötigt man insgesamt ca. 15.000 Liter Wasser, wohingegen für ein Kilogramm Getreide schon 450 Liter Wasser genügen. Treibhausgase freisetzt. ■ 88% der abgeholzten Flächen am Amazonas wurden zu Weideland für Rinder umgewandelt, und die restlichen Prozente dienen dem Futtermittelanbau. ■ In Deutschland sind 91 der amtlich festgehaltenen 198 LebensraumTypen durch die heute betriebene Landwirtschaft bedroht. Das führt zu einem Aussterben vieler Tier- und Pflanzenarten in Deutschland. Ökologische Landwirtschaft Vorteile einer artgerechten Tierhaltung für das Klima ■ Extensive Haltungsformen (z.B. Rinder in Weidehaltung, von denen keine Hochleistung erwartet wird) sind günstiger bezüglich der Treibhausgasemissionen als intensive Systeme (hoher Tierbesatz auf geringer Fläche, auf Hochleistung getrimmt). ■ Die Futtermittel für ökologisch gehaltene Tiere werden weitgehend ohne synthetische Dünge- und Spritzmittel angebaut. Weltweit fließen jährlich etwa 90 Millionen Tonnen Erdöl in die Herstellung von Dünger für den konventionellen Landbau und setzen 250 Millionen Tonnen CO2 frei. ■ Artgerechte Tierhaltung beinhaltet keine Langzeittiertransporte. Bei 5 Millionen Schweinen können durch kürzere Transportwege 20.000 Tonnen CO2 eingespart werden. ■ Ein konventionell erzeugtes Schnitzel verursacht mit 800 g CO2/kg viermal so viele Treibhausgase wie ein ökologisches (200 g CO2/kg). ■ Eine gesamte Umstellung der deutschen Landwirtschaft auf Ökolandbau würde eine Reduzierung von 65% der von der Landwirtschaft produzierten klimawirksamen Gase bedeuten, ein Einsparpotenzial von 50 Millionen Tonnen. ■ Durch vollständigen oder teilweisen Verzicht auf Fleisch und/oder die Verwendung ökologischer Lebensmittel können klimaschädliche Treibhausgase um 64% gegenüber einer fleischreichen konventionellen Kost eingespart werden (bei der Produktion von 1 kg Rindfleisch werden 6,5 kg CO2 freigesetzt, bei Obst nur 0,5 kg und bei Gemüse nur 150 g). FOTOS: AGRARFOTO, PHOTOS.COM, F. SCHMUTZER bewerbsfähigkeit von landwirtschaftlichen Betrieben durch Vergrößerung der Bestandszahlen und Intensivierung der Bewirtschaftung. Das Sterben kleinerer Höfe setzt sich fort. du und das tier Sonderdruck 7 DUDT_Sonderdruck_Klima.indd Abs1:7 25.11.2008 16:30:22 Uhr NEULAND Besonders artgerechte und umweltschonende Tierhaltung R egionale Herkunft und tiergerechte Haltung, Milch von glücklichen Kühen und Eier von frei laufenden Hühnern statt Fleisch aus Massentierhaltung und qualvollen Tiertransporten – Tierschutz beginnt beim Einkaufskorb. Bereits 1988 haben der Deutsche Tierschutzbund, der BUND, die AbL (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft) und BUKO gemeinsam den NEULAND-Verein für tiergerechte und umweltschonende Nutztierhaltung gegründet. Spezielle Richtlinien wurden festgelegt, nach denen die Tiere auf NEULAND-Höfen gehalten werden. Die Tiere erhalten hier Auslauf, viel Platz im Stall und Stroh , Futter ohne Gentechnik und ohne Leistungsförderer. Mutterkuhhaltung ist vorgeschrieben, und zusätzlich zur besonders artgerechten Tierhaltung wird auch auf Regionalität Wert gelegt. industriellen Haltung ertragen müssen. Auf NEULAND-Höfen haben alle Tiere einen natürlichen Tag-NachtRhythmus, ganzjährigen Auslauf, sie vertragen Wind und Wetter und sind deshalb besonders gesund. Regelmäßige Kontrollen bei den Landwirten, Fleischern und Schlachtbetrieben durch unabhängige Fachleute garantieren den Verbrauchern die Sicherung des hohen Qualitätsstandards. We ite re Infor m a t io ne n NEULAND-Verein für tiergerechte und umweltschonende Nutztierhaltung e.V. Geschäftsstelle NEULAND-Tiere kennen keine Spaltenböden und Güllegruben, keine Anbindung im Dunkelstall und kein Zähneabkneifen oder Schwanzkupieren, wie es ihre Artgenossen in der intensiven, agrar- Baumschulallee 15 53115 Bonn Tel.: 0228-604960 Fax: 0228-6049640 E-Mail: [email protected] www.NEULAND-fleisch.de Der Deutsche Tierschutzbund e.V. Jedes Mitgeschöpf hat einen Anspruch auf Unversehrtheit und ein artgerechtes Leben. Dies ist der Grundsatz, dem sich der Deutsche Tierschutzbund e.V. verschrieben hat. Der Deutsche Tierschutzbund wurde 1881 als Dachorganisation der Tierschutzvereine in Deutschland gegründet, um dem Missbrauch von Tieren wirksamer entgegentreten zu können. Heute ist er Europas größte Tier- und Naturschutzdachorganisation. Mit mehr als 700 angeschlossenen örtlichen Tierschutzvereinen und über 500 vereinseigenen Tierheimen vertritt er mehr als 800.000 Tierschützer. Der praktische Einsatz zum Wohle der Tiere und die Stärkung des Tier- und Naturschutzgedankens sind seine zentralen Aufgaben. du und das tier ist DUDT_Sonderdruck_Klima.indd Abs1:8 die Zeitschrift des Deutschen Tierschutzbundes. Fördermitglieder erhalten die Zeitschrift kostenlos. Weitere Informationen: Deutscher Tierschutzbund e.V., Baumschulallee 15 53115 Bonn Tel.: 0228-60496-0 Fax: 0228-6049640 E-Mail: www.tierschutzbund.de/kontakt.html www.tierschutzbund.de Spendenkonto Konto Nr. 40 444 Sparkasse KölnBonn BLZ 370 501 98 25.11.2008 16:30:23 Uhr