Meningeosis blastomatosa

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DEUTSCHES
ÄRZTEBLATT
Meningeosis blastomatosa
Erwin Stark
ie meningeale Aussaat
eines soliden Tumors
wurde von dem Pathologen Eberth erstmals
vor mehr als 120 Jahren beschrieben (1). Die Diagnosestellung ante mortem wurde erst mit
der Perfektionierung liquorzytologischer Untersuchungstechniken in
den letzten Jahrzehnten möglich.
Kennzeichen der Meningeosis blastomatosa sind Tumorzellen im Subarachnoidalraum. Im englischen
Schrifttum ist auch der Begriff karzinomatöse Meningitis gebräuchlich.
Der Tumor kann die Leptomenix auf
verschiedene Weise erreichen: entweder primär hämatogen oder durch
Einwachsen von Tumorzellen aus
epiduralen oder in der Hirnrinde gelegenen Metastasen. Ausgehend von
diesen meningealen Mikrometastasen kommt es dann entlang der liquorführenden Räume zur Tumorausbreitung. Ähnlich wie bei Meningitiden kommt es häufig entlang der
Gefäßscheiden zur Infiltration des
Gehirns (Abbildung 1). Die Meningeosis blastomatosa tritt vor allem
bei fortgeschrittenem Tumorleiden
auf, selten kann sie auch Erstsymptom eines Karzinoms sein.
Die Häufigkeit hängt stark von
der Art des Tumors und der Effektivität der systemisch durchgeführten
Chemotherapie ab. Da die meisten
Zytostatika die Blut-Hirn-Schranke
kaum durchdringen können, führt eine durch Chemotherapie verbesserte
Prognose zu einer deutlichen Zunahme intrakranieller Metastasen. Bei
den soliden Tumoren tritt meningeA1 -1200
Leptomeningeale Aussaat ist bei systemischen Tumorleiden im Zunehmen begriffen. Das klinische Bild ist sehr variabel und in der Frühphase oft ausgesprochen symptomarm. Besonders bei Patienten mit Lymphomen, Leukämien, Melanomen, Bronchial- und Mamma-Karzinomen
sollte deshalb immer auch an diese Tumorkomplikation gedacht werden und der Liquor cerebrospinalis zytologisch untersucht werden.
Obwohl alle Therapiemaßnahmen nicht kurativ sind, kann durch Bestrahlung und lokale Chemotherapie in vielen Fällen eine über Wochen
und Monate anhaltende klinische Besserung erzielt werden.
ale Beteiligung am häufigsten bei
Bronchial- und Mammakarzinomen
auf, gefolgt von den malignen Melanomen. Bei bis zu fünf Prozent aller
Patienten mit solchen Tumoren ist
mit meningealer Aussaat zu rechnen.
Komplizierter ist die Situation bei
Leukämien und Lymphomen, da hier
die Häufigkeit des Hirnhautbefalls
noch stärker vom histologischen Tumortyp und der Effektivität der Chemotherapie abhängt. Am eindrucksvollsten war dies bei den akuten
Leukämien im Kindesalter zu beobachten. Hier war früher ein meningealer Befall selten. Mit der Verlängerung der Überlebenszeit von Wochen auf wenige Jahre nahm die
Häufigkeit sogenannter ZNS-Rezidi-
ve drastisch zu und erreichte Anfang
der 60er Jahre in manchen Zentren
bis zu 75 Prozent. Durch regelmäßige prophylaktische Intrathekale
Chemotherapie ist die Häufigkeit bei
akuten lymphastischen Leukämien
unter fünf Prozent gefallen. Bei Erwachsenen ist er bei nahezu allen
Formen von Non-Hodgkin-Lymphomen und Leukämien zu erwarten.
Beim Morbus Hodgkin kommt es dagegen kaum zu einer meningealen
Beteiligung; hier sind erst wenige
(gesicherte?) Einzelfälle in der Literatur mitgeteilt worden. Der Nachweis maligner Zellen im Liquor bei
einem M. Hodgkin sollte deshalb in
erster Linie dazu Anlaß geben, die
Diagnose zu überprüfen.
Klinik der Meningeosis
basissymptome, das heißt Funktionsstörungen der verschiedenen Hirnnerven. Treten sie bei einem Patienten mit polytopen oder womöglich in
Verbindung mit spinalen radikulären
Symptomen auf, darf eine meningeale
Blastomatose als fast gesichert angesehen werden. Differentialdiagnostisch kommen hier allenfalls chronisch proliferative Meningitiden
durch Borrelien, Lues, Tbc oder Pilze
in Frage. Verläßliche Daten zur Spontanprognose der Meningeosis gibt es
nicht. Auf eine Behandlung wird man
heutzutage nur in finalen Krankheitsstadien verzichten.
Die klinische Symptomatik ist so
vielgestaltig, daß ein typisches Bild
oder gar ein Leitsymptom nicht genannt werden kann. Die häufigsten
in der Literatur angegeben Symptome und klinischen Befunde sind in
Tabelle 1 zusammengestellt. Wichtigstes Einzelsymptom ist der Kopfschmerz, ein eindeutiger Meningismus tritt selten auf. Relativ häufig
sind außerdem Paresen an Armen
und Beinen, diese können spastisch
(zentral) bedingt sein oder als schlaffe (periphere) Lähmungen durch Infiltration von Nervenwurzeln auftreten. Bei diffuser Infiltration der
Hirnrinde können psychische Veränderungen auftreten. Von besonderem diagnostischem Wert sind Hirn-
(60) Dt. Ärztebl. 90, Heft 16, 23. April 1993
Neurologische Klinik (Direktor: Prof.
Dr. med. R. Dengler),
Medizinische Hochschule Hannover
Abbildung 1 a: Liquorpräparat einer Patientin mit massiver Meningeosis carcinomatosa bei Brustkrebs, bei der klinisch eine zerebeläre Ataxie im Vordergrund stand. Tumorzellen dominieren; im vorliegenden Bild ist
nur eine nichtmaligne Zelle (Monozyt, Pfeil)
zu sehen.
Diagnostik
Im Mittelpunkt der diagnostischen Verfahren steht die zytologisehe Untersuchung des Liquor cerebrospinalis. Die Trefferquote beim
Tumorzellnachweis hängt von der
Erfahrung und der Leistungsfähigkeit der Untersuchungsstelle ab. Bei
einer einmaligen Lumbalpunktion
wird die Nachweisquote mit 60 bis 80
Prozent angegeben. Bei jeder weiteren Lumbalpunktion reduziert sich
die Quote falsch negativer Befunde
um rund 50 Prozent. Diese hohe
Nachweisquote trifft vor allem für
Karzinome und Melanome zu, also
Tumoren, bei denen bereits eine einzige Tumorzelle sicher als bösartig
erkennbar ist (Abbildungen 2 und 3).
Bei Lymphomen und Leukämien
muß der Anteil an Tumorzellen höher sein, damit diese Zellen bei rein
morphologischen Untersuchungen
erkannt werden können. Am schwierigsten ist die Situation bei hochdifferenzierten und bei kleinzelligen
Lymphomen sowie bei myeloischen
Leukämien mit monoblastischer Differenzierung.
In einem Teil der Fälle, das
heißt, immer dann, wenn die neoplastischen Zellen tumorspezifische Antigene produzieren, kann die immunzytochemische Untersuchung des Liquors auch hier die Sensibilität er-
heblich steigern (2, 15). Immunzytochemische Verfahren sind auch bei
Abbildung 1 b: Sektionspräparat vom Kleinhirn, gleiche Patientin wie Abbildung 1 a. Im
pialen Netzwerk besteht eine massive Infiltration durch Tumorzellen (heller Pfeil), an
einer Stelle kommt es entlang eines Gefäßes zur Infiltration des Himparenchyms
(dunkler Pfeil).
Karzinomen von Nutzen, wenn reaktiv eine erhebliche Reizpleozytose
besteht und die Tumorzellen deshalb
nicht auffallen (12). Stellt die Meningeosis blastomatosa die Erstmanifestation des Tumorleidens dar,
kann durch immunmorphologische
Verfahren die Art des Primärtumors
sicherer festgestellt und damit die
Suche nach dem Ausgangstumor erleichtert werden (Abbildung 3). In
vielen Fällen ist auch der Nachweis
Tabelle 1: Symptome und klinische Befunde bei Meningeosis carcinomatosa (nach 4, 16, 20)
■ Meningeale Symptome und Hirndruckzeichen
—Kopfschmerz
- Ubelkeit, Erbrechen
—Meningismus
III Ausfälle im Bereich von Gehirn und Rückenmark
—Paresen in den Extremitäten
—Parästhesien
—hinorganisches Psychosyndrom
—dementielle Störungen
—Ataxie
—epileptische Anfälle
—Schwindel
—aphasische Störungen
- Singultus
■ Radikuläre und Hirnnervensymptome
—Rückenschmerzen
—Fazialisparesen
—Kaudasymptome
—Doppelbilder
—Sehstörungen
—Hörstörungen
—Hypoglossusparesen
—Trigeminusstörungen
—Heiserkeit
36%*
29%*
25%
18%
18%
8%
7%
4%
2%
20%
19%
12%
12%
12%
10%
6%
6%
2%
* siehe hierzu auch Text
Dt. Ärztebl. 90, Heft 16, 23. April 1993 (65)
A1-1201
von Tumormarkern im Liquor von
großem Nutzen. Besonders geeignet
ist nach unserer Erfahrung als universeller Marker die Phosphohexoisomerase (PHI). Dieses auch Glucosephosphatisomerase oder Phosphoglucoisomerase genannte Enzym
(PHI beziehungsweise PGI) ist im
Liquor sowohl bei meningealer Metastasierung von soliden Tumoren
als auch bei Meningeosis leucaemia
meist erhöht (8, 19). Auch bei bakteriellen Meningitiden sind diese Enzyme vermehrt im Liquor nachweisbar, was differentialdiagnostisch
aber selten ein Problem ist. Der
Nachweis einer intrathekalen Synthese onkofetaler Antigene, wie
dem carcinoembryonalen Antigen
(CEA), ist ähnlich empfindlich und
weitaus spezifischer. Die dabei notwendigen Nachweismethoden sind
jedoch so aufwendig, daß ein Einsatz
in der Praxis kaum möglich ist.
Bildgebene Verfahren sind bislang zum Nachweis einer Meningealkarzinose nicht geeignet. Computertomographie oder Kernspintomographie sind nur von geringer Bedeu-
Abbildung 2: Meningeosis carcinomatosa mit nur geringem
Tumorzellanteil. Die
gekennzeichnete Zelle (Pfeil) ist durch ihre Zytoplasmaausstülpungen und Kernanomalien so typisch, daß das Auftreten dieser Zelle
zur Diagnosestellung
ausreicht.
tung; allenfalls mit Hilfe von Kontrastmittelanfärbung liefern diese
Methoden in einigen Fällen diagnostische Informationen. Dabei kommt
es zur Signalanhebung in den Meningen. Häufiger als diese relativ spezifische Anfärbung tritt eine unspezifische Anfärbung der Dura auf. Die
Quote spezifisch positiver Befunde
liegt unter 30 Prozent (10, 14, 21),
wobei die Kernspintomographie der
Computertomographie etwas überlegen ist.
Tabelle 2: Therapieschemata bei Meningeosis blastomatosa
Lymphome und Leuk- Karzinome
ämien
1. Induktionstherapie
15 mg MTX*, 40 mg
AraC*, 8 mg Dexa
2 x pro Woche bis zur
zytologischen Sanierung
15 mg MTX
2 x pro Woche bis
zur klinischen/zytologischen Besserung
2. Konsolidierungstherapie
1 x monatlich obiges
Therapieschema für
etwa ein halbes Jahr
15 mg MTX
alle 14 Tage,
insgesamt 4 x
34. Erhaltungstherapie
wie unter 2.
15 mg MTX
alle 4 Wochen,
insgesamt 4 x
3. Strahlentherapie
30 Gy Ganzhirnbestrahlung, wenn möglich zusätzlich Rükkenmark bestrahlen
bei klinischem/radiologischem Nachweis
solider Metastasen
Herdbestrahlung mit
30 Gy
* Die Konzentration sollte bei MTX 2,5 mg/ml nicht überschreiten. MTX und Ara-C müssen
nacheinander und nicht als Mischung appliziert werden.
Ara-C = Cytosinarabinosid (Alexan®), Dexa § Dexamethason. MTX = Methotrexat (Methotrexat Lederle®)
A1 1202 (66) Dt. Ärztebl. 90, Heft 16, 23. April 1993
-
Therapie
der Meningeosis
Basis jeder Behandlung ist eine
zytostatische Therapie, die ausreichende Medikamentenspiegel im
Subarachnoidalraum erreicht. Dies
geschieht in der Regel dadurch, daß
zytostatische Substanzen intrathekal
appliziert werden. Bislang stehen
nur wenige Substanzen zur Verfügung, die intrathekal verabreicht
werden können. Am wichtigsten ist
Methotrexat, daneben können Thiotepa, Alexan und Dexamethason auf
diese Weise appliziert werden. Kombinationen aus diesen vier Substanzen bilden seit vielen Jahren die
Grundlage der intrathekalen Behandlung von Neoplasien, Versuche
mit anderen vielen Zytostatika blieben vorwiegend wegen schlechter
Verträglichkeit wenig erfolgreich.
Einige Substanzen befinden sich zur
Zeit in der Erprobung. Bei einer klinischen Studie mit intrathekaler Gabe eines Nitrosoharnstoffderivats
(ACNU) erwies sich dieses als gut
verträglich, die Therapie war in einem Teil der Fälle erfolgreich. Die
intrathekale Applikation von ACNU
kann man dann versuchen, wenn die
gängigen Substanzen ohne Effekt
bleiben (6). Eine weitere Therapieform, die in Zukunft Bedeutung erlangen könnte, ist die lokale Applikation von radioaktiv markierten, tumorspezifischen monoklonalen Antikörpern (7).
Von Bedeutung ist auch der Applikationsweg. Als Alternative stehen die intrathekale Gabe im engeren Sinne, das heißt die Instillation
über eine normale Lumbalpunktion,
und die intraventrikuläre Gabe über
ein sogenanntes Ommayareservoir
zur Verfügung. Theoretisch ist die
Gabe über das Ventrikelsystem sinnvoller, weil auf diese Weise entsprechend dem normalen Fluß der gesamte Liquorraum erreicht wird. Da
jedoch der normale Liquorfluß besonders bei meningealer Aussaat von
Karzinomen gestört ist (3), ist es unsicher, ob dieser theoretische Vorteil
zum Tragen kommt. Beim Vergleich
beider Applikationswege ist auch zu
berücksichtigen, daß die perioperative Letalität bei der Implantation des
Reservoirs zwar nur 0,5 Prozent beträgt (9), im Laufe der Behandlung
können jedoch schwerwiegende bakterielle Infektionen in bis zu 15 Prozent der Fälle vorkommen (11).
Die mediane Überlebenszeit bei
Meningeosis durch Brustkrebs lag in
mehreren Studien mit intraventrikulärer Behandlung bei rund sechs Monaten (16, 17, 20). Obwohl in unserer
Klinik fast ausschließlich die lumbale
Applikation der Chemotherapie erfolgte, war die Überlebenszeit nicht
kürzer (18).
Da das Liquorgesamtvolumen
bei Erwachsenen und älteren Kindern nahezu konstant ist, erfolgt die
Dosierung, anders als bei der sonst
angewendeten zytostatischen Therapie, hier unabhängig von Größe und
Gewicht. Früher wurden die Substanzen einmal pro Woche intrathekal verabreicht. Theoretisch am günstigsten wäre eine kontinuierliche Infusion der Zytostatika in den Liquorraum, was jedoch nur mit einem Ommayareservoir durchführbar ist. Wir
führen die Behandlung anfangs zwei
bis drei mal pro Woche, dann in grö-
Abbildung 3: Die in der Bildmitte liegende
Zelle ist aufgrund ihrer zytologischen Kriteri-,
en eindeutig als maligne zu klassifizieren
(a). Die pseudopodienartigen Zytoplasmaausläufer lassen zunächst an ein Adenokarzinom denken. Die immunzytochemische
Färbung mit einem melanomspezifischen
Antikörper bringt hier die diagnostische Klärung (b).
ßeren Zeitabständen durch (siehe
Therapieschemata in Tabelle 2).
Bei der lumbalen Applikation ist
darauf zu achten, daß die Nadelspitze sicher intrathekal liegt. Vor der
Instillation der Zytostatika sollten
mindestens zehn ml Liquor entnommen werden. Keinesfalls sollte bei
der Entnahme das danach bei der
Therapie wieder zugeführte Volumen unterschritten werden. Von
großer Bedeutung ist die zusätzliche
Durchführung einer Strahlentherapie. Bei den in den Liquorraum verabreichten Zytostatika ist anzunehmen, daß die Tumorzellen, die im
Netzwerk der Arachnoida wachsen,
zwar sehr gut erreicht und zerstört
werden. Grundsätzlich ist aber bei
jeder Meningeosis davon auszugehen, daß es entlang der Gefäße zum
Eindringen von Tumorzellen ins Gehirn kommt.
Daneben ist zusätzlich zur diffusen Metastasierung im SA-Raum
auch mit kleinen soliden Metastasen
in den Hirnhäuten, dem angrenzenden Hirngewebe und in Nervenwurzeln beziehungsweise Hirnnerven zu
rechnen. Bei Leukämien hat es sich
als sinnvoll erwiesen, besonders bei
jüngeren Patienten Gehirn und spinale Achse zu bestrahlen. Da bei
dieser Bestrahlung auch nahezu das
gesamte hämatopoetisch wirksame
Knochenmark mitbestrahlt wird, ist
diese Form der Bestrahlung bei älteren Patienten oft nicht durchführbar.
Hier erscheint es sinnvoll, Areale mit
größeren Metastasen gezielt zu bestrahlen. Der Nachweis solch umschriebener Metastasen erfolgt einerseits durch bildgebende Diagnostik, andererseits durch den klinischen Nachweis neurologischer Ausfallserscheinungen. So wird man
auch ohne den Nachweis von Metastasen in CT oder NMR beim Vorliegen spinaler und radikulärer Ausfälle oder Reizerscheinungen in der
entsprechenden Höhe bestrahlen.
Bei Vorliegen von Hirnnervenausfällen erfolgt die Bestrahlung der Schädelbasis, beim Vorhandensein einer
kortikalen Störung einschließlich
dem Auftreten eines hirnorganischen Psychosyndroms eine Ganzschädelbestrahlung.
Die akute Verträglichkeit der intrathekal applizierten Medikamente
ist meist relativ gut. Bei der intrathekalen Applikation von Thiotepa sind
Nebenwirkungen bisher nicht berichtet worden, bei der Instillation
von Methotrexat und von Cytosinarabinosid ist, selten, mit dem Auftreten von aseptischen Meningoenzephalitiden zu rechnen. Abhängig
von der kumulativen Gesamtdosis
kommt es bei beiden Substanzen
zum Auftreten disseminierter Leukenzephalopathien, besonders, wenn
gleichzeitig eine Strahlentherapie
durchgeführt wurde. Bei MTX steigt
das Risiko einer solchen Leukenzephalopathie bei Gesamtdosen über
200 mg deutlich an (5). Es wird deshalb teilweise empfohlen, die Ge-
samtdosis auf etwa 150 mg zu begrenzen. Da bei Meningeosis carci-
Dt. Ärztebl. 90, Heft 16, 23. April 1993 (69)
A1 1205
-
nomatosa diese Therapie ohnehin
nur palliativen Charakter hat, ist es
bei Patienten, die unter regelmäßiger intrathekaler Therapie eine Beschwerdebesserung erfahren, durchaus vertretbar, auch höhere Dosen
zu geben und damit das Auftreten einer Leukenzephalopathie in Kauf zu
nehmen.
Prognose
der Meningeosis
Verläßliche Daten zur Überlebenszeit ohne Therapie sind nicht
bekannt. Die Prognose hängt zunächst ganz wesentlich davon ab, ob
zusätzlich zur Meningealkarzinose
noch massive Metastasierung in anderen Organen besteht. Obwohl die
mediane Überlebenszeit ohne Therapie bei Karzinomen sicher unter
zwei Monaten liegt, wurden selbst
Fischöl
bei Colitis ulcerosa
Bei der Durchfallsymptomatik
und dem Entzündungsprozeß von
Patienten mit einer Colitis ulcerosa
können Arachidonsäuremetaboliten
eine Rolle spielen; in der Rektumschleimhaut lassen sich vermehrt
Leukotrine B4 nachweisen, deren
Höhe mit der Schwere des Krankheitsbildes korreliert.
Die Autoren evaluierten die Effizienz von Fischöl (Omega-Fettsäuren) als Hemmstoffe für die Leukotriensynthese bei 11 Patienten mit
leichter bis mäßig aktiver Colitis ulcerosa. In der acht Monate dauernden plazebokontrollierten DoppelBlind-Crossover-Studie wurden täglich 4,2 g Omega-Fettsäuren gegeben. Die Leukotrien-B 4-Produktion
in der Schleimhaut wurde radioimmunologisch bestimmt. Der Aktivitätsindex nahm unter Fischöl um 56
Prozent, unter Plazebo nur um 4
Prozent ab; allerdings ergab sich
kein statistisch signifikanter Unterschied im histologischen Befund und
der Leukotrien-Konzentration. Die
Gabe von Fischöl wurde gut toleA1 1206
-
bei hochmalignen Tumoren wie Melanomen Fälle beobachtet, bei denen
zwischen Einsetzen der klinischen
Symptomatik einerseits und Diagnosestellung und Behandlungsbeginn
andererseits mehr als ein halbes Jahr
verging (13). Trotz dieser Vorbehalte ist anzunehmen, daß durch intrathekale Chemotherapie und Bestrahlung die mediane Überlebenszeit verlängert wird. Die medianen
Überlebenszeiten bei Karzinomen
liegen dann im Bereich von einem
halben Jahr. Berücksichtigt man die
Tatsache, daß es sich dabei um ein
vorselektiertes Krankengut handelt,
so ist der mittlere Gewinn an Lebenserwartung unter vier Monaten.
Das primäre Ziel der Therapie bei
Karzinomen kann derzeit deshalb
nur Beschwerdelinderung sein, sei es
in Form einer Rückbildung neurologischer Ausfallerscheinungen, sei es
in Form einer oft erstaunlich prompt
riert, eine Verschlechterung trat bei
keinem Patienten auf, die antiinflammatorische Basistherapie konnte bei acht Patienten (72 Prozent)
unter der Fischöl-Medikation reduziert oder ganz abgesetzt werden.
Unklar bleibt noch, wie die
Omega-Fettsäuren bei der Colitis ulcerosa wirken, zumal das Konzept
der Beeinflussung der Leukotrienkonzentration nicht aufgeht.
Aslan, A., G. Triadafilopoulus: Fish Oil
Fatty Acid Supplementation in Active Ulcerative Colitis: A Double-Blind, PlaceboControlled, Crossover Study. Am. Gastroenterol. 87: 432- 437 1992
Gastroenterology Section, Veterans Affairs Medical Center, Martinez, California
Ascaris —
ein hartnäckiger Wurm
Infektionen mit Ascaris lumbricoides sind in Entwicklungsländern
häufig. Die Autoren führten in Dhaka, Bangladesch, Untersuchungen
durch, die sich speziell mit der ReInfektionsrate beschäftigten. Insgesamt wurden 880 Personen mit Pyrantelpamoate dreimal in sechsmonatigem Abstand behandelt, jedes-
(70) Dt. Ärztebl. 90, Heft 16, 23. April 1993
einsetzenden Besserung heftigster
Schmerzen. Bei Lymphomen und
Leukämien ist der Effekt der Therapie wesentlich besser, hier sind sogar
Heilungen oder Langzeitremissionen
möglich.
Dt. Ärztebl. 90 (1993) A 1 -1200-1206
[Heft 16]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich
auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über den Verfasser.
Anschrift des Verfassers:
PD Dr. med. Erwin Stark
Oberarzt, Neurologische Klinik
mit Klinischer Neurophysiologie
Medizinische Hochschule Hannover
Konstanty-Gutschow-Straße 8
Postfach 61 01 80
W-3000 Hannover 61
mal sammelten die Patienten ihren
Stuhl für 48 Stunden und zählten
oder wogen die abgetriebenen Würmer. Die Prävalenz der Infektion
nach dem ersten Behandlungszyklus
betrug 89 Prozent, die durchschnittliche Menge an Würmern 18,5. Offensichtlich kam es zu einer raschen
Re-Infektion; die Prävalenz nach der
zweiten Runde lag bei 82 Prozent
und nach dem dritten Behandlungszyklus bei 80 Prozent, wobei wiederum durchschnittlich 14,0 beziehungsweise 11,5 Würmer abgingen. Insgesamt waren über 60 Prozent aller Patienten mindestens einmal schwer
verwurmt (mehr als 15 Parasiten).
Die Autoren empfehlen eine
breit gefächerte Chemotherapie,
nicht nur bei schwer infizierten Individuen.
A. Hall, K. S. Anwar, A. M. Tomkins: Intensity of reinfection with Ascaris lumbricoides and its implications for parasite
control. Lancet 339: 1253-1257, 1992
International Centre for Diarrhoeal Disease Research. Bangladesh, PO Box 128,
Dhaka 1000.
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