Spindelerziehung beim Beerenobst Für den Anbau von Beerenobst im Kleingarten ist eine Spindelerziehung mit Stützvorrichtung vorteilhaft. Mit ihr kann man auf einer sehr geringen Fläche einen relativ hohen Ertrag erzielen, weil der Pflanzenabstand von ca. 0,50 bis 0,80 Meter innerhalb einer Reihe eine hohe Pflanzendichte ermöglicht. Im Vergleich zur Erziehung als Strauchform oder Hochstämmchen wird bei der Spindelerziehung der Raum besonders in der Höhe optimal ausgenutzt. Zudem lassen sich verschiedene Sorten für eine bessere Befruchtung in einer Reihe kultivieren und so einen stabilen Ertrag erzielen. Durch eine sehr gute Belüftung verbessert sich die Vitalität der Gehölze; insbesondere ist die Entwicklung von Pilzkrankheiten eingedämmt. Es bilden sich Früchte bis in einer Höhe von zwei Metern, wobei eine gleichmäßige Reife durch eine optimale Belichtung gewährleistet ist. Letztendlich ist für uns Gärtner die Beerenobstspindel arbeitstechnisch leichter zu bearbeiten. Auch bezüglich der Gartengestaltung lässt sich mit einer derartigen Spindelreihe der Garten strukturell besser aufteilen bzw. bietet diese Erziehungsform besonders im Reifestadium einen außerordentlichen attraktiven Anblick. Bei der Spindelerziehung ist jedoch Fachwissen erforderlich, um einen dauerhaften Erfolg zu bekommen. Hier einige Hinweise für die sehr effektive „Ein-Ast-Spindel“: Die Anzucht kann jeder selbst durch Stecklingsvermehrung im zeitigen Frühjahr durchführen. Dabei ist von gut wüchsigen und gesunden Johannisbeer- oder Stachelbeersorten in der Ruhephase, bis etwa Anfang März, vom einjährigen Holz, ein ca. 30 Zentimeter langer Steckling zu schneiden. Dieser wird zur Bewurzelung an einem schattigen Ort schräg, mindestens 20 Zentimeter tief in die Erde gesteckt, so dass eine Knospe über den Boden herausragt und austreiben kann. Wir benötigen nur einen Gerüsttrieb, der schnell und kräftig wachsen soll und künftig die Mittelachse der Beerenobstspindel bildet. Dieses gut bewurzelte, eintriebige Pflanzmaterial wird als Reihe im Abstand von 50 bis maximal 80 Zentimetern gepflanzt und jede Pflanze an einem Stab befestigt. Zur Vorbereitung dieser Pflanzreihe ist es zweckmäßig, ein etwa zwei Meter hohes Drahtgerüst mit ein oder zwei Spanndrähten zu setzen. Ich habe die Spanndrähte in Höhe von 1,20 und 1,80 Meter gezogen. Bei nur einem Draht empfiehlt sich die Höhe von 1,50 m zu wählen. Erziehung: Im ersten Jahr erreichen die Pflanzen bereits eine Wuchshöhe von 1,20 m und es bilden sich gleichzeitig die ersten Seitentriebe. Für die Bildung eines kleinen Stammes sollte man die Knospen im Frühjahr über den Boden auf eine Länge von ca. 30 cm ausbrechen. Ziel ist, die Mittelachse schnell und kräftig in die Höhe wachsen zu lassen. Deshalb werden ab Mitte Mai die neu gebildeten Seitentriebe auf maximal fünf Blätter eingekürzt. Diesen Vorgang nennt man „Pinzieren“ (Entspitzen) und er muss aufgrund des jugendlichen kräftigen Wachstums mehrmals in der ersten und zweiten Vegetationsperiode wiederholt werden, um das Wachstum der Mittelachse zu fördern. Junge Bodentriebe werden sofort beseitigt. Grundsatz ist, alle Kraft für eine starke Mittelachse (Gerüsttrieb), die 1,80 bis 2,00 Meter hoch wachsen soll. Der Gerüsttrieb wird an einem Stab senkrecht nach oben geführt und an dem Spanndraht geheftet. Bis zum Erreichen der endgültigen Höhe der Spindel erfolgt kein Anschnitt des Gerüsttriebes. Im zweiten Jahr soll sich der Gerüsttrieb nach allen Seiten hin gleichmäßig mit Fruchtholz bekleiden. Die Seitentriebe sollten möglichst waagerecht gestellt werden, um weniger kräftig zu wachsen dafür aber schneller Fruchtholz anzusetzen. Die flache Stellung der einjährigen Seitentriebe wird das beste Fruchtholz mit einer hohen Fruchtqualität ergeben. Wichtig ist deshalb, jetzt die ersten Seitentriebe ganz stehen zu lassen, damit sie im Folgejahr über die gesamte Länge Blüten bilden und somit Früchte tragen. Die Beerenobstspindel erreicht bald ihre vollständige Höhe am Gerüst. In den folgenden Jahren werden die abgetragenen Seitentriebe auf Zapfen geschnitten, d. h. es wird nur ein Aststummel mit ca. 2 bis 5 Knospen belassen. Nur die neu gebildeten, waagerecht stehenden Seitentriebe (1-jähriges Holz) werden ganz belassen. Diese bilden sich überwiegend in der unteren Hälfte der Spindel. Haben sich in den folgenden Jahren sehr viele einjährige Seitentriebe gebildet oder diese stehen sehr dicht übereinander, so werden einige davon vollständig weggeschnitten, d. h. ausgelichtet. Seitenäste, die zu steil nach oben wachsen und demzufolge zu kräftig und zu lang sind, werden auf Zapfen geschnitten. So befindet sich an der Spindel nur junges Holz, das Beeren von guter Qualität bringt. Im Winter werden Schnittkorrekturen durchgeführt und überalterte Seitentriebe ganz entfernt. Der Ertrag einer Spindel wird durch die hohe Anzahl der regelmäßig erneuerten einjährigen Fruchtäste entlang der Mittelachse bestimmt. Deshalb ist die wichtigste Aufgabe, eine jährliche Fruchtholzerneuerung durchzuführen! Viel Freude beim Ausprobieren. Gerhard Drossel Gartenfachberater Foto: Spindelerziehung von Johannisbeeren, hier zur Winterzeit in der Gartenakademie der Landesanstalt (LfULG) in Dresden-Pillnitz Fotos: Spindelerziehung, hier im Bereich des oberen Teils der Hauptachse (Spitze); im Winter und im Sommer zur Ertragszeit