ABCD Infektiöse Durchfallerreger in der Ferkelerzeugung und Mast Alte Bekannte und neue Herausforderungen Dr. Ricarda Steinheuer Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH Zeitliches Auftreten von infektiösen Durchfallerkrankungen Infektion Viren TGE EVD Rotavirus ABCD Saugferkel Absatzferkel Vormast Endmast Parasiten Kokzidien Bakterien Cl.perfr.C Cl.perfr.A E.coli Dysenterie Salmonellen Ileitis Haupterkrankungszeit 1 Gliederung des Vortrags ABCD • Durchfälle in der Aufzucht und Mastperiode verursacht durch: - E.coli Salmonella Brachyspira Lawsonia intracellularis E. coli: Relevante Antigene 2 F-Antigene (Fimbrien, für für Anheftung) ABCD 3 Toxine (bewirken Durchfallsymptome) hitzelabil (LT) 1 O-Antigene (Zellwand, für Vermehrung) 2 E. coli – ein Name, viele (Sero)typen StammStammgruppe indirekte direkte Virulenzmarker Virulenzmarker ETEC O-Antigene 8,9,20,45,64,10 1,115,138,139, 141,147,149, 157 EHEC O-Antigene 8,9,20,45,64,10 1,115,138,139, 141,147,149, 157 O-Antigene 138,139,141 STEC ABCD KrankheitsKrankheitsbezeichnung Colidiarrhoe Fimbrienantigene der SaugferF4 (K88ab,ac,ad), F5 (K99), F6 (987p), kel F41, hitzelabiles Enterotoxin (LT), hitzestabiles Enterotoxin (ST) Colidiarrhoe F4, F18ae, LT, der AbsatzST ferkel Stx2e, F18ab nicht definierte Stämme Kolienterotoxämie (1) (EPEC) Oedemkrankheit MMA-Syndrom und Zystitis ABCD • Ursache ist übermäßige Vermehrung von enteropathogenen E.coliE.coli-Stämmen (EPEC) • Vermehrung wird durch plötzlichen Futterwechsel bzw. übermäßige Aufnahme von eiweißreichen/rohfaserarmen Futter begünstigt • Auftreten der Enterotoxämie („Ödemkrankheit“) meist kurz nach dem Absetzen oder Umstallen in die Mast • Ödembildung durch das ShigaShiga-like Toxin (subkutane Ödeme insbes. der Augenlider, Nasenrücken, Magenwand und Darmgekröse) mit nachfolgenden ZNSZNS-Störungen • Meist erkranken die kräftigsten Tiere 3 Kolienterotoxämie (2) ABCD • Durchfall kann gleichzeitig auftreten oder einige Tage vorher beobachtet worden sein • Therapie erkrankter Tiere parenteral mit Chemotherapeutika (Resistenztest!) • Metaphylaxe über strikte Futterrationierung mit langsamer Steigerung der Menge bei reichlichem Wasserangebot • Prophylaxe über diätetische Maßnahmen langfristig am erfolgreichsten • Impfstoffe (stallspezifisch oder Prototypen) bisher bezüglich Wirksamkeit unbefriedigend Salmonellen – Infektionen ABCD …ein „latentes“ Problem 4 Salmonellen - Infektionen ABCD • Salmonelle ist nicht gleich Salmonelle (> 3000 Serotypen)! • Stark wirts-(schwein-)adaptierte Arten: ÓS. choleraesuis und S. typhisuis ÓKlinische Infektionen beim Schwein Ókaum Übertragung auf andere Arten • Kaum/nicht wirtsadaptierte Arten ÓS. typhimurium ÓÜbertragung zwischen verschiedenen Wirten ÓInfektion häufig latent/subklinisch • Salmonellen dringen in Enterozyten und Makrophagen der Darmschleimhaut ein (wichtig bei Therapie!) Salmonelleninfektionen ABCD • Septikämischer Verlauf (blaurote Ohren, Rüssel, Unterbauch) sowie Darmentzündung und Lebernekrosen • • im t ODER chronisch mit nekrotisierender Darmentzündung n e und Pneumonie t !! (40,5 -42,0°C) ! Inkubationszeit 2424-48fStunden t la -> Fieber d -> Durchfall n O a t hauptsächlich durch Durchfall (wässrig, graugelb)swird e Enterotoxine verursachtB (ähnlich E.coli) • Betroffen sind Tiere zwischen 4 Wochen und 4 Monaten, selten Zuchttiere • Im akuten Stadium auch Pneumonie und gegebenenfalls Aborte bei tragenden Sauen 5 Dysenterie ABCD …ein ungelöstes Problem? Dysenterie - ein alter Erreger auf dem Vormarsch ABCD • Brachyspira hyodysenteria → Dysenterie • B. pilosicoli → Spirochätendiarrhoe • B. innocens, B. murdochii, B. intermedia → apathogen 6 Brachyspira ABCD • Spiraliges, hoch bewegliches Bakterium • Cleverer Erreger: • hüllt sich in fäkalen Schleim - übersteht Magenpassage • dringt in Becherzellen ein • Erosion, Exsudation, Malabsorption, Hypersekretion • persistiert in Becherzellen • Schubweise Ausscheidung bei Streß möglich Dysenterie - Klinik ABCD • Inkubationszeit - 2 Tage - 3 Monate • Inappetenz, Fieber (40,5) • plötzliches „Abmagern“ = schlagartiges Entleeren des Dickdarms • „Typische“ Kotveränderung • grau - zementfarben • dunkelbraun-rot • „Typisches“ Verteilungsmuster • Läufer, Absetzer, häufig nach Umstallung • langsame, gruppenweise Ausbreitung • Morbidität - 90%, Mortalität - bis 30% 7 Infektionsquelle, Risiken ABCD • Zukauf • Sau - Ferkel, • insb. Muttersauen, die keine Klinik zeigen • Gülle • bei Stalltemperatur bis 8 Monate • Kot • Schadnager • • • • Maus - bis 180 dpi Hund - bis 13 dpi Spatz - bis 8 hpi Fliege - bis 4 hpi Dysenterie – Auslöser? ABCD • Faktorenkrankheit • Umwelt, Management • Reinfektionsmöglichkeit (Erreger wird noch 10 Wochen nach klinischer Genesung ausgeschieden) • Immunsuppression (PCV-2!, Mykotoxine) • Resistenzminderung • mangelnde Nahrungsaufnahme • zu rohfaserreiche Fütterung (Pulske 96, Reis/Tiermehl - Sorghum - Gerste) 8 Diagnostik ABCD • Erreger ist sauerstoffempfindlich • Rektaltupfer in Anaerobier-Medium • Caecum/Colon-Proben • Einzelproben bevorzugt • Cave - Erreger wird nicht kontinuierlich ausgeschieden! Dysenterie - Bekämpfung (1) ABCD • Medikamentelle Behandlung alleine reicht nicht aus! • Managementmaßnahmen • Futter • keine abrupte Umstellungen, u.U. Rohfasergehalt reduzieren, cave bei ColiProblemen • Reduktion der Bestandsdichte • passiert oft von alleine • • • • • Minderung des Kotkontaktes Sperrung von Auslauf/Weide Minimierung innerbetrieblichen Tierverkehrs Reinigung und Desinfektion, Hygienemanagement Temperatur • u.U. leicht erhöhen, um Brachyspiren umzubringen 9 ABCD Temperatursensitivität der Brachyspiren Temperatur in Grad 0 Überlebensdauer in Tagen 14-48 5 28-61 20 6-12 56 0 Dysenterie - Bekämpfung (2) ABCD • Antibiotische Therapie • • • • • Resistenztest vorschalten Alle Tiere behandeln hohe Dosis anwenden ausreichend lange dosieren - 2-3 Wochen Minimum Futter-/Wassermedikation, u. U. Einzeltiere • Therapieversager • falscher Wirkstoff, nicht ausreichend lange, schwerkranke Tiere ausgelassen, Dosis zu niedrig 10 ABCD Porzine Proliferative Enteritis – PIA, PHE, Ileitis etc. Weit verbreitet – unterschätzt?? Lawsonia intracellularis ABCD Charakteristika • • • • Gram negativ gebogenes Stäbchen Obligat intrazellulär Anaerob oder mikroaerophil wächst nur auf Zellkulturen – nicht in zellfreien Medien!! 11 Ätiologie und Epidemiologie ABCD • Vorkommen und Verbreitung • Geographisch • Lawsonia intracellularis kommt in allen Ländern mit intensiver Schweineproduktion vor • Verbot von Leistungsförderern hat großen Einfluss auf die Prävalenz des Erregers in den Beständen Diagnostik - Ante mortem ABCD • Symptome der Chronischen Ileitis • Diarrhoe, Kotkonsistenz variiert von dickbreiig bis wässrig • Meistens bei Gruppen zwischen 8. und 16. LW • Auseinanderwachsen, Kümmern • Mortalität ist gering • Langsamer Verlauf innerhalb einer Gruppe resultiert in wiederkehrenden klinischen Erkrankungen über die gesamte Mastphase • Häufigste Form der chronischen Ileitis • PIA 12 Diagnostik - Ante mortem ABCD • Symptome der Akuten Ileitis • Blutroter bis schwarzer Kot • Tiere sind blass, matt oder sehr unruhig • Hohe Mortalität (15% bis 50%) • Schweine im Alter zwischen 4 und 6 Monaten betroffen • Jungsauen stärker betroffen • Verlauf innerhalb einer Gruppe sehr akut mit hoher Mortalität zu Beginn des Ausbruchs • Klinische Form der akuten Ileitis • PHE Diagnostik - Ante mortem ABCD • Anzeichen der subklinischen Ileitis • Futterverwertung verschlechtert sich • Schlechtere tgl. Zunahme pro Tier und Tag • Höhere Variabilität zum Schlachtzeitpunkt • Positive Serologie oder PCR • Keine klinischen Symptome im Sinne von Durchfall. 13 Diagnose - ante mortem • ABCD Serologische Blutuntersuchungen • Indirekter Fluoreszenz Antikörper Test • Nachweis von IgG • Bestimmung der Infektionsdynamik • Methoden aus dem Kot oder aus Gewebe • • Polymerase Chain Reaction (PCR) mikroskopischer Nachweis des Erregers Ökonomie ABCD • Folgen einer Ileitis • • • • • • • ↓ Wachstums pro Tier und Tag (10 bis 20%) ↑ der Futterverwertung (0 bis 10%) ↑ der Variabilität der Gruppe zum Schlachtzeitpunkt ↑ der Mortalität (0 bis 20%) ↑ nicht vermarktungsfähiger Tiere (0 bis 20%) ↑ des Alters bei Schlachtung (+ 3 Tage bis + 3 Wochen) ↓ des Belegungsgrades des Stalls (1 bis 3%) 14 ABCD Kosten einer hohen Variabilität der Schlachtcharge Gruppe 2: x = 100 kg Gruppe 1: x = 100 kg 112 kg 100 kg 101 kg 80 kg 99 kg 110 kg 98 kg 83 kg 102 kg 115 kg 100.0 kg Schlachgewicht 100.0 kg 1.40 € Preis pro kg 1.27 € 140 € 0,00 € Preis pro Kopf Abzüge aufgrund Variation Therapie 127 € - 13 € ABCD • Management Maßnahmen • Regulierung der Bestandsdichte • Hygiene, Desinfektion, etc. • Antibiotika (Futtermedikation/Trinkwassermedikation/ Injektion) • Timing ist wichtig • Tiere sollten Kontakt zu Erreger haben, ohne zu erkranken • Klinik und Serologie zur Terminierung heranziehen 15 Therapieversagen - warum?! ABCD • Reduzierte Futteraufnahme • reduzierter Appetit führt zur Aufnahme subtherapeutischer Dosen • Stressfaktoren • zusätzliche Stressfaktoren wirken sich günstig auf Infektion und ungünstig auf Behandlungserfolg aus • Timing • Behandlung sollte VOR massivem klinischem Ausbruch erfolgen • Unzureichende Diagnose von Begleitinfektionen • z.B. gleichzeitig Dysenterie, Auswahl eines dysenterieunwirksamen Antibiotikums/Resistenzen • Falsche Applikationsform • bei akuten Ausbrüchen ist Trinkwassermedikation oder Einzeltierbehandlung vorzuziehen • Unzureichende Dosierung • Nicht alle Tiere behandelt Fazit ABCD • E.coli nach wie vor in den Betrieben • Einflussnahme über die Fütterung möglich, Therapie mit antibiotisch wirksamen Substanzen • Salmonellen eher ein latentes als ein klinisches Problem • Dysenterie ist nach wie vor ein „ungelöstes“ Problem • „Früher“ eher in schlecht gemanageten Betrieben • Gewinnt heute in allen Betrieben an Bedeutung • Ileitis/PIA ist auf dem Vormarsch • Ileitis kommt weltweit vor und ist eine der bedeutendsten Krankheiten, die zu suboptimalen Resultaten in der Schweineproduktion führt. 16 ABCD 17