Pessach Kaschrut 2007.03.20

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RABBINERIN GESA S. EDERBERG
SYNAGOGE ORANIENBURGER STRASSE
DER JÜDISCHEN GEMEINDE ZU BERLIN
SYNAGOGE ORANIENBURGER STRASSE
JÜDISCHE GEMEINDE ZU BERLIN
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Berlin, den 20.März 2007
1.Nissan 5767
Pessach Kaschrut – eine Anleitung
übersetzt und adaptiert von
Rabbinerin Gesa S. Ederberg1
Vorbemerkung:
Am einfachsten ist es, den Bedarf für Pessach in Läden einzukaufen, die Produkte mit der
Auszeichnung „koscher für Pessach“ anbieten.2 Wenn eine solche Auszeichnung jedoch
nicht zur Verfügung steht, kann man sich nach allgemeinen Regeln richten, um Produkte
ohne Kaschrutzertifikat für Pessach zu erwerben und sie an Pessach zu benutzen.
Was ist Chametz?
Während Pessach ist nicht nur offensichtliches Chametz verboten, sondern auch alle
Nahrungsmittel, die Chametz enthalten, oder enthalten könnten.
Alle Nahrungsmittel, die aus den fünf Getreidearten (Weizen, Gerste, Hafer, Dinkel,
Roggen) hergestellt werden sind Chametz – ausgenommen selbstverständlich Mazza, und
aus Mazzemehl hergestellte Produkte, die „koscher für Pessach“ sind.
Verboten sind unter anderem: Brot, Kuchen, Kekse, Müsli, und alle Nahrungsmittel, die
Getreidezutaten enthalten, sowie alle Lebensmittel, die aus den fünf Getreidearten
gewonnen werden, wie z.B. Flüssigkeiten, die Bestandteile oder Geschmacksstoffe von
aus Getreide hergestelltem Alkohol enthalten.
Kitnijot: Die meisten aschkenasischen Autoritäten haben Kitnijot (Hülsenfrüchte) als
verboten hinzugefügt: Reis, Mais, Hirse, Bohnen, Erbsen, Sojabohnen und andere
Hülsenfrüchte.
Manche aschkenasische Autoritäten erlauben Produkte, die aus Kitnijot gewonnen
wurden, wie z.B. Maisöl oder Sojaöl, oder Süßstoff aus Mais, andere verbieten sie.
Umstritten sind z.B. Erdnüsse.
In der sephardischen Tradition sind alle Kitnijot an Pessach erlaubt.
Zur Frage, wie sich eine Familie mit Wurzeln in beiden Traditionen verhalten soll, sollte
der/die RabbinerIn konsultiert werden.
Der Besitz von Chametz:
Die Tora verbietet nicht nur das Essen, sondern auch den Besitz von Chametz (Hefe/
Gesäuertem) während Pessach. Deshalb wird die Wohnung geputzt, und alles Chametz
wird möglichst aufgebraucht. Es ist auch üblich, Chametz (bzw. Dinge, die
möglicherweise Chametz enthalten, wie Geschirr) vor Pessach zu verkaufen (Mechirat
1
„The Rabbinical Assembly Pesah Guide“ wurde von Rabbiner Mayer Rabinowitz für das Committee of Jewish
Law and Standards (CJLS) der Rabbinical Assembly of America erstellt und am 12. Dezember 1984
verabschiedet. Es wurde zwischenzeitlich mehrfach aktualisiert und von Rabbinerin Gesa S. Ederberg an die
Verhältnisse in Deutschland angepasst.
2
Dann muß man – je nach eigener Tradition – nur noch auf Kitnijot achten: Manche Produkte sind
ausgezeichnet als „koscher le-Pessach le-ochlej Kitnijot“, d.h. für diejenigen, die an Pessach Kitnijot essen.
Chametz). Da es sich hierbei um eine komplizierte halachische Transaktion handelt,
beauftragt man normalerweise den Rabbiner/die Rabbinerin damit. (Siehe separates
Dokument)
Falls tatsächliches Chametz nicht vor den Feiertagen verkauft wurde und übersehen
wurde (also z.B. die Pizza im Tiefkühler (!) oder die Kekse im Bücherregal), ist sein
Gebrauch auch nach den Feiertagen verboten (Chametz sche-awar alaw ha-Pessach).
Vor Pessach wird „Bedikat Chametz“ – das Suchen von Chametz – und „Biur Chametz“ –
das Ungültigmachen von Chametz“ durchgeführt. Eine genaue Anleitung findet sich am
Anfang der meisten Haggadot.
„Chametz be-maschehu“:
Während des Jahres gilt hinsichtlich der Kaschrut die Regel „batel be-schischim“: wenn
eine Speise weniger als 1/60 einer verbotenen Substanz enthält und diese für Geschmack
und Konsistenz der Speise nicht relevant ist, ist die Speise im Nachhinein trotzdem
koscher.
Diese Regel gilt nicht bezüglich Chametz an Pessach: Während der acht Pessachtage
macht die kleinste Menge Chametz die ganze Mischung zu Chametz und ihr Besitz und
Gebrauch ist an Pessach verboten.
Anders ist es, wenn die (unbeabsichtigte) Mischung vor Pessach stattfand – dann gilt die
Regel von „batel be-schischim“. (Siehe Schulchan Aruch, Orach Chajim 447.2)
Wenn es also schwierig ist, Lebensmittel mit einem Hechscher für Pessach zu erwerben,
kann man zwischen den Lebensmitteln, die vor Pessach und denen, die während Pessach
gekauft wurden, unterscheiden. Wer an dieser Stelle streng (machmir) sein möchte,
sollte dies selbstverständlich tun.
Zulässige Lebensmittel:
Bei der folgenden Zusammenstellung wird vorausgesetzt, dass die genannten
Lebensmittel koscher für das Jahr sind, d.h. einen Hechscher haben, bzw. auf der
Kaschrut-Liste zu finden sind!
Was folgt ist eine allgemeine Anleitung. Wenn ein Zweifel besteht, sollte ein
Rabbiner/eine Rabbinerin konsultiert werden.
A. Kann vor oder während Pessach gekauft werden, auch ohne koscher lePessach Zertifikat:
Frisches Obst und Gemüse (Kitnijot je nach Tradition), Eier, frischer Fisch und frisches
Fleisch.
B. Kann vor Pessach gekauft werden, auch ohne koscher le-Pessach Zertifikat:
Bei diesen Produkten ist auf jeden Fall die Liste der Inhaltstoffe zu überprüfen.
Zusatzstoffe können Getreide (=Chametz) enthalten (auch z.B. Vitamine, Farbstoffe,
Gewürze, Aroma)! Dann sind diese Produkte möglicherweise nicht koscher für
Pessach.
Nach allgemeinem Lebensmittelrecht macht ein Hersteller sich strafbar, wenn
Inhaltsstoffe in entsprechender Menge nicht deklariert sind. Und wir sind der
Meinung, dass in diesem Fall die Regel „ejn choscheschim le-miuta“ (man
berücksichtigt für eine Entscheidung nicht eine Minderheit der Fälle) anzuwenden ist.
Wie oben erklärt, gilt die Regel „batel be-schischim“ („weniger als ein Sechzigstel ist
ungültig“) nur für Produkte, die vor Pessach gekauft werden.
Während Pessach dürfen sie nur mit „koscher le-Pessach“ Zertifikat gekauft werden.
Pessach Kaschrut – eine Anleitung von Rabbinerin Gesa S. Ederberg, Pessach 2007/5767
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In all diesen Fällen ist es notwendig, zu Pessach neue, ungeöffnete Packungen
anzufangen!
•
Reiner Kaffee
•
Zucker
•
Reiner schwarzer Tee
•
Reine Kräutertees (keine Mischungen!)
•
Salz (ohne Jodzusatz),
•
Pfeffer, natürliche reine Kräuter und Gewürze,
•
Fruchtsaft (100%) ohne Zusatzstoffe,
•
gefrorenes rohes Gemüse (Kitnijot je nach eigener Tradition),
•
reine Milch, reine Butter, Cottagekäse, Naturjoghurt, Frischkäse ohne Aromen,
•
Käse (gemäß den allgemeinen Kaschrut-Regeln)
•
gefrorenes rohes Obst (ohne Zusätze)
•
Backpulver.
•
geräucherter Fisch, oder Dosenfisch, der ausschließlich in Wasser verpackt wurde.
•
reine Öle (z.B. Olivenöl)
C. Lebensmittel, die in jedem Fall ein koscher le-Pessach Zertifikat benötigen:
Diese Liste ist nicht vollständig! D.h. alle Produkte, die nicht unter A und B aufgeführt
sind, müssen nachgefragt werden.
•
Alle Backwaren aus den fünf Getreidearten (und gegebenenfalls Kitnijot):
•
Matze, Kuchen, Matzemehl, sowie alle Produkte, die Matze beinhalten);
Fruchtsaftmischungen (diese Säfte werden häufig mithilfe von kitnijot „geklärt“, die
auf der Liste der Inhaltsstoffe nicht erscheinen).
•
Fisch in Dosen (auch ‚Thunfisch im eigenen Saft’, der häufig Aromen enthält)
•
Wein, Essig, Alkohol,
•
Trockenfrüchte, Schokoriegel, Milch mit Schokoladengeschmack, Schokolade,
Eiscreme, Joghurt mit Aroma, Limonade usw..
•
Alle verarbeiteten Nahrungsmittel mit einer Mischung von Zutaten
Medizin: Da in vielen Tabletten Bindemittel aus Chametz benutzt werden, sollte man die
folgenden Richtlinien befolgen: Falls die Medizin zur lebenserhaltenden Behandlung
benötigt wird, kann sie während Pessach benutzt werden. Wenn sie nicht einer
lebenserhaltenden Therapie dient, wird sie von manchen Autoritäten erlaubt, von
anderen verboten. In diesem Fall sollte der Rat eines Rabbiners/einer Rabbinerin
eingeholt werden.
In allen Fällen sind Kapseln Pillen vorzuziehen.
Pessach Kaschrut – eine Anleitung von Rabbinerin Gesa S. Ederberg, Pessach 2007/5767
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Das Kaschern von Geschirr und anderen Gegenständen:
Gemäß der Halacha gilt: ein Gegenstand wird auf die gleiche Art und Weise von Chametz
befreit, in der dieses vom Gegenstand vorher aufgenommen worden ist („ke-wol’o kach
polto“).
So werden Geräte, die zum Kochen benutzt werden, durch Kochen gekaschert, Geräte,
die zum Grillen benutzt werden, durch Feuer und Hitze und Geräte, die nur für kalte
Speisen benutzt werden, durch Abspülen gekaschert.
Grundsätzlich können nur Gegenstände, die aus einem Stück und einer Materialsorte
bestehen, gekaschert werden. Die Gegenstände werden jeweils gründlich geputzt, dann
24 Stunden lang nicht benutzt und dann wie jeweils beschrieben, gekaschert:
Im Einzelnen gilt folgendes:
A. Keramik (Porzellan, Steingut etc.) kann nicht gekaschert werden! Feines,
durchsichtiges Porzellan jedoch, das über ein Jahr nicht benutzt worden ist, kann benutzt
werden, wenn es in heißem Wasser geschrubbt und gereinigt wird.
B. Metallgegenstände, die in Feuer gebraucht werden (z.B. Spieß und Grill) müssen
zuerst gründlich gescheuert und gereinigt werden, 24 Stunden ruhen und dann so stark
wie möglich im Feuer erhitzt werden.
Metallgegenstände, die man zum Kochen oder zum Essen benutzt (Besteck, Töpfe),
müssen gründlich geschrubbt und gereinigt werden, dann 24 Stunden ruhen, und dann
vollständig in kochendes Wasser getaucht werden.
Geräte aus Metall zum Backen können nicht gekaschert werden.
C. Glasgeschirr: Die Autoritäten sind sich hinsichtlich des Kascherns von Glas, in dem
Essen aufbewahrt, serviert oder gegessen wird (z.B. Trinkgläser, Glasteller) nicht einig.
Eine Position verlangt dreitägiges Einweichen in Wasser, wobei das Wasser alle 24
Stunden gewechselt wird. Eine andere Position verlangt nur ein gründliches Schrubben
vor Pessach oder das Waschen in der Spülmaschine – nachdem es 24 Stunden nicht
benutzt wurde.
Die Autoritäten sind sich auch hinsichtlich des Kascherns von Glasgeschirr, in dem
gekocht wird nicht einig. Eine Meinung ist, dass es gekaschert werden muss. Nach einer
gründlichen Reinigung sollte Wasser in ihm gekocht werden, so dass es überläuft. Eine
andere Position verlangt nur ein gründliches Schrubben vor Pessach oder das Waschen in
der Spülmaschine – nachdem es 24 Stunden nicht benutzt wurde.
Glasgeschirr, in dem gebacken wird: Wie metallenes Backgeschirr, kann gläsernes nicht
gekaschert werden.
D. Öfen und Kochfelder: Alle Teile, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen,
müssen gründlich geschrubbt und gereinigt werden. Dann sollten Ofen und Herd so stark
wie möglich für eine halbe Stunde erhitzt werden. Wenn es einen Grill gibt, so soll man
ihn auf höchster Stufe anschalten. Selbstreinigende Öfen sollten geschrubbt und
gereinigt werden und dann durch den Selbstreinigungszyklus gefahren werden.
Glaskochfelder stellen ein Problem dar. Sie können weder mit Aluminiumfolie
abgedeckt, noch auf eine hohe Temperatur erhitzt und auch nicht mit einem aggressiven
Putzmittel gereinigt werden. Konsultieren Sie den Hersteller, wie das Gerät zu reinigen
ist. Danach besprechen Sie mit dem Rabbiner/der Rabbinerin, ob die Reinigungsmethode
zum Kaschern des Gerätes ausreicht. Manche Geräte wird man nicht kaschern können.
E. Mikrowellen werden gereinigt und dann 24 Stunden nicht benutzt. Darauf stellt man
eine Tasse Wasser ins Gerät und lässt die Mikrowelle laufen, bis das Wasser
verschwunden ist. Eine Mikrowelle mit Grill kann nicht für Pessach gekaschert werden.
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F. Spülmaschine: Nachdem die Spülmaschine 24 Stunden nicht genutzt wurde, lässt
man die leere Maschine einen kompletten Waschgang mit Spülmittel durchlaufen.
G. Elektrische Geräte: Falls die Teile, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, aus
einem Stück bestehen und abnehmbar sind (z.B. Rührhaken), können sie auf die jeweils
angemessene Weise gekaschert werden. (Bei Metallteilen folge man den Regeln für
Metallgegenstände, bei Glas denen für Glas). Die restliche Maschine sollte gründlich
gereinigt werden.
Falls die Teile nicht abnehmbar sind oder aus mehreren Materialien zusammengesetzt
sind, kann das Gerät nicht gekaschert werden.
H. Tische, Schränke und Oberflächen: Alle Oberflächen, die mit Lebensmitteln oder
Geschirr in Kontakt kommen, müssen gründlich gereinigt und dann abgedeckt werden,
z.B. mit neuem Schrankpapier, mit einem Wachstuch oder mit Tischdecken.
I. Küchenspüle: Eine Metallspüle kann gekaschert werden, indem sie gründlich
gereinigt und dann mit kochendem Wasser übergossen wird. Eine Keramikspüle sollte
gründlich gereinigt werden und dann sollte eine Plastikschüssel als Einsatz verwendet
werden. Wenn man üblicherweise das Becken nicht mit Wasser füllt, sondern Geschirr
oder Lebensmittel nur unter fließendem Wasser wäscht, genügt ein Einsatzkorb.
J. Chametzdike Gegenstände und Lebensmittel: Geschirr und Töpfe und
Lebensmittel, die nicht koscher für Pessach sind, werden in einen abschließbaren Schrank
geräumt (oder verdeckt und verklebt), der entsprechend gekennzeichnet wird, um eine
Benutzung aus Versehen zu verhindern.
Tatsächliches Chametz wird verbraucht oder weggegeben oder verkauft.
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